L 10 R 1774/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 21 R 5080/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1774/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.04.2016 wird zurückgewiesen.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit.

Die am 1957 geborene Klägerin, t. Staatsangehörige, zog nach eigenen Angaben Anfang des Jahres 1976 in das Bundesgebiet zu. Sie erlernte keinen Beruf und war nach eigenen Angaben im Jahr 1980 in der Landwirtschaft (Sammeln und Ernten von Pilzen) sozialversicherungspflichtig beschäftigt, anschließend - mit Unterbrechungen - bis Anfang 1993 als Näherin bzw. Fabrikarbeiterin. Nach Zeiten der Arbeitslosigkeit arbeitete sie zuletzt sozialversicherungspflichtig als Maschinenarbeiterin von November 1994 (S. 22 Renten-VerwA) - wiederum mit Unterbrechungen - bis April 2012 bei der Fa. K. K. Ventilatorenbau GmbH. Seitdem ist sie arbeitsunfähig, ohne Beschäftigung und arbeitsuchend. Bei ihr ist nach eigenen Angaben ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt.

Im Februar/März 2013 nahm die Klägerin an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik Am schönen M. in Bad S. teil, aus der sie ausweislich des Entlassungsberichtes zwar arbeitsunfähig, aber mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung (ohne hohen Stresspegel, z.B. häufigem Publikumsverkehr, ohne besondere Anforderungen an das Umstellungs-, Kommunikations-, Konflikt- und Anpassungsvermögen, ohne Verantwortung für Personen, ohne Schichtarbeit bzw. Nachtschicht, ohne Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten, ohne besondere Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit des linken Arms, ohne Zwangshaltungen, ohne Überkopfarbeiten, ohne Nässe-, Kälte- und Zugluftexposition) entlassen wurde (Diagnosen: rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, Somatisierungsstörung, Sozialphobie, Schulter-Arm-Syndrom, Adipositas).

Am 18.11.2013 beantragte die Klägerin (erneut) die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog medizinische Unterlagen bei - u.a. das im vorangegangenen Rentenverfahren eingeholte Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. R. (Diagnosen nach Untersuchung der Klägerin Ende Juli 2013: rezidivierende LWS-Beschwerden bei Bandscheibenvorfällen und Spinalkanalstenose ohne Wurzelreizzeichen mit leichter Funktionseinschränkung, Nacken-, Schulter- und Armbeschwerden bei Zustand nach Fusion der Wirbelkörper C5 bis C7 ohne Wurzelreizzeichen mit leichter Funktionseinschränkung, Schulter-Arm-Beschwerden links nach Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion im April 2012; Leistungsvermögen: leichte Wechseltätigkeiten ohne häufige Überkopfarbeiten sechs Stunden und mehr täglich) und das Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapeutin und Sozialmedizinerin Dr. E. (Diagnosen nach Untersuchung der Klägerin Ende Juli 2013: Angst und depressive Störung gemischt, anhaltende somatoforme Schmerzstörung; Leistungsvermögen: leichte bis mittelschwere Arbeiten sechs Stunden und mehr täglich ohne erhöhten Zeitdruck und ohne Akkordtätigkeiten) und lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 03.02.2014 und der Begründung ab, dass die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne und daher im Sinne der gesetzlichen Regelungen nicht erwerbsgemindert sei; Berufsschutz genieße die Klägerin im Hinblick auf ihren beruflichen Werdegang nicht. Der dagegen erhobene Widerspruch, mit dem die Klägerin ihren Anspruch auf Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung i.S.d. § 43 Abs. 2 bzw. Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) weiterverfolgte (s. S. Wi 2 Renten-VerwA), hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 02.09.2014).

Hiergegen hat die Klägerin am 17.09.2014 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) mit dem Begehren Klage erhoben, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 bzw. Abs. 1 SGB VI zu gewähren (s. Bl. 2 SG-Akte). Sie hat geltend gemacht, dass sie wegen Krankheit/Behinderung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes keine drei Stunden täglich arbeiten könne.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Der Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde T. hat u.a. mitgeteilt, die Klägerin wegen einer akuten Bronchitis und des Verdachts auf ein Schlafapnoesyndrom behandelt zu haben. Hals-Nasen-Ohrenarzt Dr. W. hat von einer beidseitigen Innenohrschwerhörigkeit bei der Klägerin mit Hörgeräteversorgung ohne nachteilige Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit berichtet. Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. (Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Rehabilitationszentrums R. -Stift gGmbH) hat auf ihrem Fachgebiet folgende Diagnosen genannt: anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Angst und depressive Störung gemischt sowie rezidivierende depressive Störung (aktuell leicht- bis mittelgradig). Aus nervenärztlicher Sicht sei die Klägerin für "leichte bis mittlere" Arbeiten in Tagschicht leistungsfähig in einem Umfang von zwei bis vier Stunden täglich (ohne erhöhten Zeit- und Leistungsdruck). Das maßgebliche Leiden liege auf nervenärztlichem Gebiet. Facharzt für Neurochirurgie Dr. R. hat sich dem Gutachter Dr. R. angeschlossen. Auch seiner Meinung nach könne die Klägerin leichte Tätigkeiten ohne Überkopfarbeiten ausüben, jedoch nicht mehr die (körperlich schwere) Tätigkeit einer Maschinenbedienerin unter Zeitdruck.

Das SG hat sodann von Amts wegen das Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. P. eingeholt, der nach Untersuchung der Klägerin rezidivierende depressive Störungen im Sinne von Anpassungsstörungen, eine somatoforme Schmerzstörung bei sozialer Kränkung sowie einen Zustand nach HWS-Operationen ohne wesentliche funktionelle neurologische Einschränkungen diagnostiziert hat. Leichte körperliche Arbeiten seien der Klägerin unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (Bezugnahme auf das Gutachten des Dr. R. ) noch mindestens sechs Stunden täglich möglich.

Mit Gerichtsbescheid vom 13.04.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf das Sachverständigengutachten des Dr. P. sowie auf das Gutachten des Dr. R. und das der Dr. E. gestützt, die die Leistungseinschätzung der Dr. H. widerlegten. Berufsschutz genieße die Klägerin als ungelernte Arbeiterin nicht.

Gegen den den klägerischen Prozessbevollmächtigten am 18.04.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 12.05.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Mit ihrem Rechtsmittel hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass nicht sämtliche Entlassungsberichte des R. -Stifts berücksichtigt worden seien. Außerdem habe sie - ausgenommen den Zeitraum von Mai bis Oktober 2015 wegen eines T. - durchgehend in (psychiatrischer) Behandlung gestanden. Dr. P. sei zu Unrecht von Unstimmigkeiten im Hinblick auf die nervenärztliche Behandlung ausgegangen.

Die Klägerin beantragt (s. Bl. 15 Senats-Akte),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.04.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 03.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab dem 01.12.2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die Behandlungsunterlagen der Klägerin bei der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Rehabilitationszentrums R. -Stift gGmbH beigezogen - insoweit wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die von der Klinik übersandten Unterlagen aus dem Zeitraum von Anfang 2013 bis Frühjahr 2016 Bezug genommen (Bl. 21 ff. Senats-Akte) - und anschließend beim Sachverständigen Dr. P. eine ergänzende Stellungnahme (Bl. 58 ff. Senats-Akte) eingeholt, in der er u.a. ausgeführt hat, dass sich keine Änderung seiner Beurteilung ergebe und es bei seiner Leistungseinschätzung bleibe.

Anschließend hat der Senat die behandelnden Neurologen und Psychiater der Klägerin, Neurologe und Psychiater Dr. R. (vormaliger Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Rehabilitationszentrums R. -Stift gGmbH) und Psychiaterin und Psychotherapeutin Irmak (beide Nervenarztpraxis O. ) schriftlich angehört. Sie haben unter Vorlage zweier Arztbriefe (Bl. 72 f. Senats-Akte) u.a. bekundet, die Klägerin viermal im Jahr 2016 (März, April, Juni und Dezember) wegen einer mittel- bis schwergradigen depressiven Störung nach Versterben der pflegebedürftigen Mutter behandelt zu haben, ohne dass ein Behandlungserfolg hätte erzielt werden können.

Dr. P. hat in seiner weiteren Stellungnahme (Bl. 83 ff. Senats-Akte) darauf hingewiesen, dass die Klägerin zwischen Mitte Juni und Mitte Dezember 2016 wohl nicht in psychiatrischer Behandlung gestanden habe und in der Lage gewesen sei, nach dem Tod der Mutter deren Haushalt (mit) aufzulösen. Über eine t. Psychotherapie sei nichts bekannt. Insgesamt könne (weiterhin) nicht von einer adäquaten fachspezifischen Behandlung bei der Klägerin gesprochen werden. Änderungen gegenüber seiner Leistungseinschätzung ergäben sich nach wie vor nicht.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch unbegründet.

Zulässiger Gegenstand des Verfahrens ist dabei der Bescheid der Beklagten vom 03.02.2014 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014, soweit die Beklagte damit die Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (vgl. § 43 Abs. 2 bzw. Abs. 1 SGB VI) ablehnte.

Soweit die Klägerin darüber hinaus mit ihrer Berufung (erstmals) auch die - mit Bescheid vom 03.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014 ebenfalls abgelehnte -Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (vgl. § 240 SGB VI) verfolgt, hat der Senat insoweit nicht auf Berufung, sondern auf Klage zu entscheiden, nachdem die Klägerin beim SG - wie auch bereits zuvor gegenüber der Beklagten mit ihrem Widerspruch (s. S. Wi 2 Renten-VerwA) - alleine und ausdrücklich nur die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI beansprucht hat (vgl. Bl. 2 SG-Akte). Das (erstmalig) im Berufungsverfahren angebrachte Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit stellt sich damit als Klageänderung i.S. einer Klageerweiterung dar. Diese geänderte Klage ist indes - unbeschadet der Voraussetzungen des § 99 SGG - (insoweit) unzulässig, weil die Ablehnung der Gewährung einer solchen Rente im Bescheid vom 03.02.2014 in Bestandskraft erwachsen ist (§ 77 SGG), nachdem die Klägerin schon ihren Widerspruch ausdrücklich auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI beschränkte; eine Klage gegen einen bestandskräftigen Verwaltungsakt ist unzulässig (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 09.12.2016, B 8 SO 1/15 R in juris, Rdnr. 16; Urteil vom 25.03.2015, B 6 KA 22/14 R in SozR 4-2500 § 85 Nr. 82 m.w.N.; Senatsurteil vom 25.02.2016, L 10 R 2509/15). Daran ändert sich auch nichts, wenn das klageweise prozessuale Begehren im Wege der Klageänderung bzw. -erweiterung nachträglich in den Prozess eingeführt wird, da auch die geänderte bzw. erweiterte Klage zulässig sein muss (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 99 Rdnr. 13a m.w.N.).

Rein vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Klage hinsichtlich der Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auch unbegründet wäre, da die Klägerin auf Grund ihres im Tatbestand wiedergegebenen beruflichen Werdeganges als ungelernte Arbeiterin zu qualifizieren ist und damit keinen Berufsschutz i.S.d. § 240 SGB VI genießt (vgl. nur BSG, Urteil vom 09.04.2003, B 5 RJ 36/02 R in juris, Rdnr. 14 m.w.N.), was das SG insoweit zutreffend dargelegt hat.

Die auf Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI gerichtete Klage hat das SG zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 03.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2014 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihr steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 und Abs. 1 SGB VI) im Einzelnen dargelegt und im Wesentlichen gestützt auf das Sachverständigengutachten des Dr. P. sowie die Gutachten der Dres. R. und E. zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht erfüllt, weil sie leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (wechselnde Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, keine häufigen Überkopfarbeiten) zumindest noch sechs Stunden täglich zumutbar verrichten kann und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Insoweit sieht der Senat deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.

Zu ergänzen sind die qualitativen Einschränkungen zugunsten der Klägerin um die von den Ärzten in Bad S. und von der Gutachterin Dr. E. zusätzlich aufgeführten Tätigkeiten (kein Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten, keine Zwangshaltungen, keine Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit des linken Arms, keine Arbeiten unter Nässe-, Kälte- und Zugluftexposition, keine Arbeiten mit hohem Stresspegel, z.B. unter erhöhtem Zeitdruck, im Akkord, im Schichtdienst bzw. in Nachtschicht, keine Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Umstellungs-, Kommunikations-, Konflikt- und Anpassungsvermögen wie z.B. häufiger Publikumsverkehr sowie keine Verantwortung für Personen).

Ebenso wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin durch Gesundheitsstörungen im Wesentlichen von orthopädisch-chirurgischer Seite sowie von Leiden auf dem psychiatrischen Fachgebiet, die die Klägerin mit ihrem Rechtsmittel ganz in den Vordergrund gerückt hat, eingeschränkt ist.

In orthopädisch-chirurgischer Hinsicht bestehen bei der Klägerin die vom Gutachter Dr. R. oben dargelegten Funktionsstörungen, die - wie von ihm in seinem Gutachten auf Grund der von ihm erhobenen Befunde im Einzelnen dargelegt - lediglich zu den bereits aufgeführten qualitativen Einschränkungen, nicht jedoch zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung führen. Nachdem sich der die Klägerin behandelnde Neurochirurg Dr. R. dem angeschlossen hat und die Klägerin eine Verschlimmerung ihrer orthopädisch-chirurgischen Leiden auch im Rechtsmittelverfahren nicht geltend gemacht hat, ist kein Raum für eine abweichende Leistungsbeurteilung.

Von psychiatrischer Seite leidet die Klägerin an rezidivierenden depressiven Störungen sowie an einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung bei sozialer Kränkung. Dies stützt der Senat auf das Sachverständigengutachten des Dr. P. , der auf Grund des von ihm erhobenen Befundes (pünktlich zur Untersuchung erschienen, wach, klar, in allen Qualitäten orientiert, kein florider Wahn, keine Halluzinationen, kein psychotisches Geschehen, affektive Schwingungsfähigkeit eingeschränkt, aber im Wesentlichen gleichbleibend, Kontakt, Rapport, Aufmerksamkeit, Konzentration, Einstellung und Umstellung im Rahmen, keine relevanten hirnorganischen Beeinträchtigungen, wenig modulationsfähig, sozial nicht isoliert, aggravierende Momente nicht zu übersehen, Bl. 88 SG-Akte) und der von der Klägerin ihm gegenüber geschilderten Alltagsaktivitäten (lebt in einer glücklichen Partnerschaft, pflegt Kontakte zu Freundinnen, Nachbarn und ihrer Schwester, sieht fern, interessiert sich für Sport, geht "etwas" spazieren, reist regelmäßig in ihre t. Heimat mit öffentlichen Verkehrsmitteln, fährt zu Arztterminen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Bl. 72, 83, 85 ff.) schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, dass bei der Klägerin keine schwere seelische Störung vorliegt - zumal die von der Klägerin als besonders belastend beschriebenen Arbeitsplatzkonflikte nach Ende der Beschäftigung nicht mehr bestehen - und dass die psychiatrischen Funktionsstörungen lediglich zu den oben genannten qualitativen Einschränkungen führen, jedoch nicht zu einer zeitlichen Leistungseinschränkung. Er hat damit die Beurteilung der Gutachterin Dr. E. und die der Ärzte in Bad S. bestätigt und im Übrigen überzeugend dargelegt, dass und warum der entgegenstehenden Leistungseinschätzung der Dr. H. (in ihrer Auskunft gegenüber dem SG) nicht gefolgt werden kann, zumal diese ihre Annahme eines zwei- bis vierstündigen Leistungsvermögens auch nicht weiter begründet und darüber hinaus dabei auch nicht nur leichte, sondern "leichte bis mittlere" Tätigkeiten zu Grunde gelegt hat.

Die Ermittlungen des Senats im Berufungsverfahren rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Auch insoweit hat der gerichtliche Sachverständige Dr. P. in seinen ergänzenden Stellungnahmen (Bl. 58 ff., 83 ff. Senats-Akte) unter Würdigung der beigezogenen ärztlichen Befundunterlagen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass eine (überdauernde) schwere seelische Störung bei der Klägerin nicht vorliegt und dass kein Raum besteht für eine - gegenüber seinem Gutachten - abweichende Leistungsbeurteilung, zumal die Klägerin ausweislich des letzten Entlassungsberichtes der Ärzte des R. -Stifts (Bl. 51 ff. Senats-Akte) von der stationären Behandlung profiziert hat, in der Lage gewesen ist, sich von den psychosozialen Belastungen zu distanzieren sowie positive Aktivitäten und Kontakte wiederaufzubauen und schließlich in gebessertem Zustand entlassen worden ist.

Nichts Anderes folgt - worauf der Sachverständige Dr. P. ebenfalls hingewiesen hat (Bl. 83 ff. Senats-Akte) - aus der Auskunft des Dr. R. und der Fachärztin Irmak gegenüber dem Senat, nachdem die Klägerin unwidersprochen im Jahr 2016 nur viermal und zwischen Mitte Juni und Dezember 2016 überhaupt nicht in fachpsychiatrischer Behandlung gestanden hat, in der Lage gewesen ist, in die T. zu reisen und dort namentlich an der Wohnungsauflösung ihrer Mutter mitzuwirken sowie die angeregte t. Psychotherapie nicht wahrgenommen hat. Auch insoweit hat der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt, dass die Annahme schwerer seelischer Funktionsbeeinträchtigungen nicht nachvollziehbar ist.

Die übrigen bei der Klägerin bestehenden, nicht nur vorübergehenden Erkrankungen führen - was das SG zutreffend dargelegt hat - nicht zu relevanten Auswirkungen auf das berufliche Leistungsvermögen; die Klägerin hat Diesbezügliches auch nicht konkret geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved