Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 2241/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4156/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Verdienstausfall auf Grund einer Maßnahme der Heilbehandlung kann nicht nach § 65a SGB I erstattet werden.
2. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann nicht zur Erstattung von Verdienstausfall für die Durchführung einer Heilbehandlungsmaßnahme führen, für die es keine sozialrechtliche Rechtsgrundlage gibt.
3. Im Berufungsverfahren entscheidet das Landessozialgericht nach § 17a Abs. 5 GVG auch über Ansprüche aus Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG), wenn das Sozialgericht unter Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG ausdrücklich oder konkludent über solche Ansprüche entschieden hat.
4. Ein Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB, Art. 34 GG) auf Grund eines unterlassenen Hinweises darauf, dass vorangegangene Erstattungen für Verdienstausfall nicht erneut gewährt werden, besteht allenfalls dann, wenn dem Leistungsträger vor der Entstehung der zu erstattenden Kosten bewusst wird oder bewusst werden muss, dass die früheren Erstattungen rechtswidrig waren.
2. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kann nicht zur Erstattung von Verdienstausfall für die Durchführung einer Heilbehandlungsmaßnahme führen, für die es keine sozialrechtliche Rechtsgrundlage gibt.
3. Im Berufungsverfahren entscheidet das Landessozialgericht nach § 17a Abs. 5 GVG auch über Ansprüche aus Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG), wenn das Sozialgericht unter Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG ausdrücklich oder konkludent über solche Ansprüche entschieden hat.
4. Ein Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB, Art. 34 GG) auf Grund eines unterlassenen Hinweises darauf, dass vorangegangene Erstattungen für Verdienstausfall nicht erneut gewährt werden, besteht allenfalls dann, wenn dem Leistungsträger vor der Entstehung der zu erstattenden Kosten bewusst wird oder bewusst werden muss, dass die früheren Erstattungen rechtswidrig waren.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Oktober 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt noch die Erstattung von Verdienstausfall im Zusammenhang mit einer b. Heilbehandlung.
Der 1963 geborene Kläger ist als angestellter Kfz-Mechaniker berufstätig. Am 10. Mai 2013 verletzte er sich während der Arbeit mit einem Schraubendreher an der linken Hand (Durchgangsarztbericht Prof. Dr. S. vom 13. Mai 2013). Er wurde bis zum 22. Mai 2013 in der b. Klinik T. stationär behandelt (Entlassungsbericht von Prof. Dr. S. und Dr. W., eingegangen bei der Beklagten am 23. Mai 2013). Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 17. Juli 2013 eine Belastungserprobung (stufenweise Wiedereingliederung) ab dem 29. Juli 2013. In dieser Zeit bezog der Kläger von seiner Krankenkasse, der A. Baden-Württemberg, zu Lasten der Beklagten Verletztengeld. Die Maßnahme wurde einmal verlängert. Ab dem 26. August 2013 war der Kläger wieder arbeitsfähig (vgl. Zwischenbericht von Prof. Dr. S. vom 26. August 2013). Nach einer erneuen Operation - eines posttraumatischen Karpaltunnelsyndroms (CPS) an der linken Hand - am 29. Oktober 2013 (Zwischenbericht von Dr. M. vom 31. Oktober 2013) absolvierte der Kläger bis zum 5. Januar 2014 erneut eine Belastungserprobung. In dieser Zeit bezog er zunächst nur Krankengeld, weil unklar war, ob das CPS unfallbedingt war.
Die Beklagte ließ über den Kläger bei Prof. Dr. F., Bundeswehrkrankenhaus U., ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten über die Unfallfolgen erstellen. Sie informierte den Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 2014 über diese Untersuchung und fügte ein Formular bei, mit dem er die dabei entstehenden Fahrtkosten und Verdienstausfälle zur Erstattung einreichen könne. Die erste Untersuchung bei Prof. Dr. F. fand am 27. März 2014 statt. Am Nachmittag desselben Tages rief der Kläger bei der Beklagten an, teilte mit, dass eine weitere Untersuchung anstehe, und bat um Übersendung "des Formulars für die Erstattung der Fahrkosten und des Verdienstausfalls". Die Beklagte übersandte den Vordruck - erneut - am selben Tag. Die weitere Untersuchung fand am 30. April 2014 statt. Das Gutachten von Prof. Dr. F. ging am 15. September 2014 bei der Beklagten ein. Ob und ggfs. wann dem Kläger die Fahrtkosten für die beiden Untersuchungstermine erstattet worden sind, kann den Akten der Beklagten nicht entnommen werden.
Die Beklagte gewährte dem Kläger fortlaufend Heilbehandlung in Form von Physiotherapie, Ergotherapie und psychologischer Behandlung zur Verarbeitung der Unfallfolgen. Außerdem erfolgte mehrfach eine schmerztherapeutische Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus U ... Erstmals am 30. Oktober 2014 übersandte der Kläger der Beklagten eine Aufstellung der "angefallenen Arbeitszeitausfälle" für verschiedene Besuche bei behandelnden Ärzten und einer Ergotherapie-Praxis. Dabei beantragte er konkludent auch die Erstattung von Fahrtkosten, indem er die Entfernungen von seinem Wohnort zu den Orten der Ärzte und des Ergotherapeuten angab. Ob diesem Schreiben der genannte Vordruck beigefügt war, ist nicht zu erkennen. Auf dem Anschreiben findet sich ein handschriftlicher, von einem Mitarbeiter der Beklagten angebrachter Vermerk "erledigt".
Die Beklagte erhob das ergänzende neurologische von Dr. W., ebenfalls Bundeswehrkrankenhaus U., vom 18. Dezember 2014. Dem lag eine ambulante Untersuchung des Klägers am 17. Dezember 2014 zu Grunde. Ob und ggfs. in welcher Höhe Aufwendungen des Klägers für diesen Termin erstattet wurden, ist nicht erkennbar.
Mit Bescheid vom 23. März 2015 gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 6. Januar 2014 vorläufig eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. Den Widerspruch hiergegen vom 8. April 2015 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2015 zurück. Die hiergegen erhobene Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), mit der im Wesentlichen eine konkretere Bezeichnung der Unfallfolgen begehrt wurde, führte zu dem Vergleichsschluss vom 25. November bzw. 15. Dezember 2015 (S 6 U 1628/15).
Während dieser Zeit lief die Behandlung des Klägers weiter. Ab September 2015 trat - erneut - eine psychotherapeutische Behandlung bei Dipl.-Psych. S. hinzu. In den Akten findet sich aus dieser Zeit - nur - die direkt an die Beklagte ausgestellte Rechnung eines Seniorenfahrdienstes vom 25. August 2015 über eine Transportfahrt für den Kläger zum Bundeswehrkrankenhaus U. am 5. August 2015 über EUR 102,60. Der nächste aktenkundige Antrag des Klägers auf Erstattung von Verdienstausfall und Fahrtkosten ging am 23. Oktober 2015 ein. Ihm waren zahlreiche Bescheinigungen der Behandler über die Behandlungstermine von Januar bis Mai 2015 sowie für jeden der geltend gemachten Tage der Vordruck "Formular zur Fahrtkostenerstattung" der Beklagten beigefügt. In diesem Vordruck war durchgängig von dem "Untersuchten" und den Kosten der "Untersuchung" die Rede. Auf jedem Vordruck hatte der Arbeitgeber des Klägers für die "Untersuchungstage" Verdienstausfälle bescheinigt, und zwar überwiegend für fünf und einige Male für sechs Stunden pro Arbeitstag. Der zuständige Mitarbeiter der Beklagten schickte die Unterlagen am 5. November 2015 zurück und bat den Kläger, sie vollständig auszufüllen und "mit einem Hinweisschreiben" wieder einzureichen. Der Arbeitgeber übersandte der Beklagten am 11. November 2015 "erneut" die Unterlagen, wobei er die einzelnen Daten der Arbeitstage und der Behandlungen in Zusammenhang gebracht hatte. Da nunmehr einzelne Unterlagen fehlten, bat die Beklagte den Kläger am 16. November 2015 um erneute Kontaktaufnahme. Ob diese geschah, kann den Akten nicht entnommen werden.
Mit Bescheid vom 24. November 2015 gewährte die Beklagte Fahrtkosten von EUR 240,00 und "Verdienstausfall" von EUR 361,15, zusammen EUR 601,15. Beigefügt war eine Aufstellung über die Zeiträume dreier laufender Behandlungen und Verdienstausfälle vom 3. März bis zum 20. April 2015.
Am 22. Dezember 2015 ging erneut eine Rechnung des Seniorenfahrtdienstes über einen Transport des Klägers zu einer Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus U. am 25. November 2015 über insgesamt EUR 105,60 ein.
Zur Feststellung eines Rechts auf Rente für unbestimmte Zeit ließ die Beklagte den Kläger erneut begutachten. Am 28. Dezember 2015 informierte sie ihn darüber und fügte erneut den Vordruck "Fahrtkostenerstattung" bei.
Nach Eingang der Gutachten von Prof. Dr. Ludolph vom 17. Februar 2016 und Prof. Dr. F. vom 18. März 2016 erließ die Beklagte den Bescheid vom 26. April 2016, mit dem sie die Rente als vorläufige Entschädigung ab dem 1. Mai 2016 entzog und die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ablehnte. Die MdE betrage nicht mehr mindestens 20 v.H. Die notwendige Anhörung werde nachgeholt, wobei der Kläger beigefügte Erläuterungen beachten solle. Der Kläger erhob Widerspruch. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme erließ die Beklagte den Abhilfebescheid vom 24. Juni 2016, mit dem sie den Bescheid vom 26. April 2016 zurücknahm und ab dem 1. Mai 2016 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v.H. bewilligte. Der Kläger erklärte das Widerspruchsverfahren daraufhin für erledigt.
Am 2. Mai 2016 reichte der Kläger erneut umfangreiche Unterlagen über Verdienstausfälle und Fahrtkosten für die Behandlungen in der Zeit vom 15. Oktober 2015 bis zum 18. April 2016 ein. Wiederum war für jeden Behandlungstag der Vordruck "Fahrtkostenerstattung" mit den vom Arbeitgeber bescheinigten Verdienstausfällen beigefügt. Mit Bescheid vom 20. Juni 2016 bewilligte die Beklagte insoweit EUR 1.286,16 (EUR 390,00 Fahrtkosten und EUR 896,16 Verdienstausfall). Unter Bezugnahme auf denselben Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte ferner mit Bescheid vom 1. Juli 2016 weitere EUR190,00 "Fahrtkosten", wobei in den Erläuterungen auf Behandlungszeiträume bei Dipl.-Psych. S. und im "Klinikum U." verwiesen wurde, die auch schon in der Begründung des Bescheids vom 20. Juni 2016 erfasst worden waren.
Nachdem die Behandlungen des Klägers zu Lasten der Beklagten weiterliefen, reichte dieser am 4. Januar 2017 erneut einen Antrag auf Erstattung von Arbeitszeitausfall und Fahrtkosten ein. Wie bei den Anträgen zuvor lag für jeden Termin ein Vordruck "Fahrtkostenerstattung" bei. Dieses Mal hatte dort nicht nur der Arbeitgeber die jeweiligen Verdienstausfälle bescheinigt, sondern auch zwei der Behandler (Dipl.-Psych. S. und das Bundeswehrkrankenhaus U.) hatten den Behandlungstermin jeweils direkt dort eingetragen. Der Ergotherapeut hatte die Behandlungstermine wiederum gesondert bescheinigt.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2017 bewilligte die Beklagte auf diesen Antrag hin Erstattung von Fahrtkosten von EUR 540,00. Sie führte ergänzend aus, sie reiche die eingereichten Unterlagen für den Verdienstausfall zurück, eine Erstattung des Verdienstausfalls werde abgelehnt. Zur Begründung gab sie an: "Ersatz von entgangenem Arbeitsverdienst und Auslagen des Versicherten im Zusammenhang mit Mitwirkungspflichten (§ 65a SGB I) [Erstes Buch Sozialgesetzbuch]".
Am 27. Januar 2017 übersandte die Beklagte dem Kläger ein - anderes - "Nachweisblatt" für durchgeführte Fahrten von und zu ärztlichen Behandlungen und forderte ihn auf, die Fahrten dort einzutragen und sie sich durch Unterschrift des Arztes bestätigen zu lassen.
Der Kläger erhob am 21. Februar 2017 über seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten Widerspruch. Er führte aus, § 65a SGB I verweise zwar nicht auf die Regelung über Heilbehandlungen in § 63 SGB I, sei aber nach - beigefügter - Kommentarliteratur so zu verstehen, so zu verstehen, dass sämtliche Kosten, die den Versicherten träfen, zu erstatten seien. Dazu gehöre auch Verdienstausfall. Dies folge auch aus den Gesetzesmaterialien zu § 63 SGB I. Auch die Fahrtkosten, welche die Beklagte übernommen habe, könnten nach § 43 SGB VII (Siebtes Buch Sozialgesetzbuch) nur übernommen werden, wenn sie mit Leistungen der medizinischen Rehabilitation ständen. Während des Vorverfahrens gab er ergänzend an, die Behandlungen seien sehr wohl "auf Verlangen" der Beklagten durchgeführt worden, dies ergebe sich z.B. schon aus dem Behandlungsauftrag an Dipl.-Psych. S. und den Verordnungen über die Behandlungen im Bundeswehrkrankenhaus.
Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 17. August 2017. Nach den einschlägigen Vorschriften zur Heilbehandlung in § 43 SGB VII könnten - nur - Reisekosten übernommen werden, dazu gehörten Fahr- und Transportkosten. Verdienstausfall könne danach nicht erstattet werden. § 65a SGB I greife nicht ein, weil die Behandlungen nicht auf Verlangen der Beklagten durchgeführt worden seien bzw. nicht im Zusammenhang mit Maßnahmen nach §§ 61, 62 SGB I gestanden hätten. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass Behandlungen grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit möglich seien und für den Fall, dass eine solche Behandlung notwendigerweise in der Arbeitszeit liege und eine ganztägige Erwerbstätigkeit verhindere, nach der Sonderregelung in § 45 Abs. 1 Nr. 1 Teilsatz 2 SGB VII Verletztengeld gewährt werde. Die Voraussetzungen dieser Regelung lägen hier aber nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger am 12. September 2017 Klage zum SG erhoben. Er hat dabei den Verdienstausfall für die 16 Behandlungstermine (15 Termine im Bundeswehrkrankenhaus U., 1 Termin bei Dipl.-Psych. S.) vom 2. Mai bis zum 5. Juli 2016 auf EUR 825,61 beziffert und einzeln aufgeschlüsselt. Er hat sein Vorbringen aus dem Vorverfahren vertieft und ergänzend darauf hingewiesen, die Beklagte habe dadurch, dass sie mehrmals Verdienstausfall für ärztliche Behandlungen erstattet habe, einen Vertrauenstatbestand gesetzt.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung am 25. Oktober 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch folge nicht aus § 65a SGB I. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte die Behandlungen in U. und bei Dipl.-Psych. S. "verlangt" habe, wofür die Genehmigung einer Therapie oder die Übernahme der Behandlungskosten nicht genügten. Jedenfalls fielen Maßnahmen nach § 63 SGB I nicht in den Anwendungsbereich des § 65a SGB I. Hieran änderten auch die Ausführungen des Gesetzgebers in BT-Drs. 7/868 nichts. Der Verdienstausfall während einer Heilbehandlung sei in den Regelungen über Verletztengeld in § 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII abschließend geregelt, aber die Vor¬aussetzungen dieser Vorschrift lägen hier nicht vor, ferner sei Verletztengeld kein Streitgegenstand dieses Verfahrens. Letztlich sei die Klage auch nicht deshalb begründet, weil die Beklagte einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. § 242 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) sei zwar grundsätzlich anwendbar, ersetze aber keine Anspruchsgrundlage. Der Beklagten sei bewusst gewesen, dass der Bescheid vom 20.Juni 2016 rechtswidrig gewesen sei, sie habe ihn aber aus Vertrauensschutzgründen nicht zurückgenommen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 22. November 2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Er verweist darauf, ohne die Behandlungen vor allem in U. hätten sich die Sehnenschäden vergrößert und er hätte ggfs. operiert werden müssen, was unter Umständen zu einer höheren MdE geführt hätte. Er hält daran fest, insbesondere nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sei die Beklagte verpflichtet, den Verdienstausfall erneut zu erstatten. Es treffe zwar zu, dass er die Termine außerhalb seiner Arbeitszeit hätte wahrnehmen können, um keine Verdienstausfälle zu erleiden. Aber dies könne angesichts des Vorverhaltens der Beklagten nur für die Zeiten nach dem streitgegenständlichen Bescheid gelten. Er habe sein Handeln auf Grund des Bescheids vom 20. Juni 2016 auf die Erstattung von Verdienstausfall einstellen dürfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Oktober 2018 aufzuheben, den Bescheid vom 25. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2017 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm den Verdienstausfall für insgesamt sechzehn Behandlungen im Bundeswehrkrankenhaus U. und bei Dipl.-Psych. S. vom 2. Mai bis zum 17. November 2016 in Höhe von EUR 825,61 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist ergänzend darauf, dass ein Vertrauen in rechtswidrige Bescheide nicht gegeben sei.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, denn der Kläger begehrt eine Geldleistung von mehr als EUR 750,00. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie der Kläger form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG). Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers abgewiesen.
Die Klage ist zwar in der gewählten Form statthaft und zulässig.
Unabhängig von der Rechtsnatur des geltend gemachten Erstattungsanspruchs war die Beklagte befugt, durch Verwaltungsakt über den Anspruch des Klägers zu entscheiden. Der Kläger hat daher zu Recht kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG erhoben. Die Beteiligten stehen in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung (Subordination) zueinander. In einem solchen Verhältnis ist die Entscheidung durch Verwaltungsakt die Regel (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, Anhang zu § 54 Rz. 4). Auch die Ablehnung einer Leistung, die im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begehrt wird, geschieht durch Verwaltungsakt, sodass insoweit nicht etwa eine echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zu erheben ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 24. April 2014 – B 13 R 23/13 R –, Juris, Rz. 12).
Dies gilt jedoch nur, soweit der Kläger die Erstattung von Verdienstausfall verlangt, und sei es in Form von Aufwendungs- oder Schadensersatz. Der Kläger kann sich in diesem Verfahren nicht auf Anspruchsgrundlagen stützen, die zwar eine ähnliche Leistung betreffen oder einen ähnlichen Lebenssachverhalt regeln, die aber gleichwohl zu einem anderen Anspruch und damit zu einem anderen Streitgegenstand führen. Dies gilt vor allem für das Behandlungsverletztengeld nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 SGB VII. Verletztengeld errechnet sich zwar aus dem versicherten Verdienst (§ 47 SGB VII) und soll auch grundsätzlich entgangenen Verdienst ersetzen. Aber es ist dabei eine pauschalierende Leistung. Wie § 52 Nr. 1 SGB VII zeigt, kann Verletztengeld auch verlangt werden, wenn der fragliche Verdienst weiterhin bezogen wird. In diesem Fall wird das Einkommen lediglich angerechnet. Verletztengeld ist daher als ein anderer Streitgegenstand zu qualifizieren als Verdienstausfall. Da die Beklagte in dem angegriffenen Bescheid über Verletztengeld nicht entschieden hat, kann der Kläger einen solchen Anspruch in diesem Verfahren zulässigerweise nicht geltend machen.
Dagegen kann der Kläger seinen Anspruch im Rahmen dieses Streitgegenstandes auch auf eine Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 Grundgesetz [GG]) stützen, etwa unter der Annahme, die Beklagte hätte ihn darüber unterrichten müssen, dass die früheren Erstattungen des Verdienstausfalls rechtswidrig gewesen seien, damit er sein weiteres Verhalten darauf hätte einstellen können. Auch über diese mögliche Grundlage des geltend gemachten Anspruchs muss der Senat entscheiden.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, besteht ein Vorrang des § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) gegenüber § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 – B 1 KR 7/03 R –, SozR 4-1720 § 17a Nr. 1, Juris, Rz. 13). Danach verbleibt es zwar dabei, dass nach § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG die erste Instanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens einen Rechtsstreit nicht unter dem Gesichtspunkt eines Amtshaftungsanspruchs prüfen darf (so schon BSG, Urteil vom 15. Dezember 1999 – B 9 V 12/99 R –, SozR 3-1200 § 14 Nr. 28, Juris, Rz. 12), weil insoweit ein Vorrang der ordentlichen Gerichte (konkret des Landgerichts, vgl. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG) besteht. Aber nach § 17a Abs. 5 GVG ist es einem höheren Gericht verwehrt, über die Statthaftigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu entscheiden, wenn sich diese Frage im Rahmen eines Rechtsmittels gegen eine "Entscheidung in der Hauptsache" stellt. Hat demnach ein erstinstanzliches Gericht unter Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG auch über einen Amtshaftungsanspruch entschieden hat, muss das Rechtsmittelgericht auch diese Entscheidung überprüfen (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 – a.a.O., Rz. 15, dem folgend Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 7. Januar 2005 - L 3 AL 72/04 - Juris, Rz. 19). Es gilt dann wieder der Grundsatz des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach das Gericht eines zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten prüft. Eine Entscheidung in der Hauptsache im Sinne von § 17a Abs. 5 GVG wird dabei auch dann angenommen, wenn das erstinstanzliche Gericht den Rechtsweg ausdrücklich oder auch nur stillschweigend - durch Sachentscheidung - bejaht hat (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 4. November 1994 - LsZR 11/93 -, BGHZ 127, 297, 300, Juris; Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 8. Juni 1999 - 3 AZR 136/98 -, BAGE 92, 1, 3; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 22. November 1997 - 2 B 104/97 -, BayVBl 1998, 603). Dies gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren (BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 63/10 B –, SozR 4-1500 § 153 Nr. 11, Juris, Rz. 29). Eine solche Entscheidung ist selbst dann anzunehmen, wenn sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch die Beteiligten die sich aus dem Sachverhalt im Hinblick auf die Zulässigkeit des Rechtswegs ergebenden Rechtsfragen übersehen bzw. diese rechtsfehlerhaft beantwortet haben (BGH, Urteil vom 18. September 2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573, Juris). Nur wenn das erstinstanzliche Gericht die Zulässigkeit des geltend gemachten Rechtswegs verneint hat, kann das Berufungsgericht dies überprüfen (BSG, a.a.O., Rz. 28 m.w.N.).
Hier ist von einer Entscheidung des SG auch unter Amtshaftungsgesichtspunkten auszugehen. In dem angegriffenen Urteil finden sich keine Ausführungen, wonach insoweit der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben sein könnte. Vielmehr hat das SG die Klage uneingeschränkt für zulässig gehalten. Und aus seinen Ausführungen zu § 242 BGB und einer möglichen Anspruchsgrundlage für den Ersatz eines Vertrauensschadens bei dem Kläger (S. 6 f. des Urteils) ergibt sich, dass es sogar in der Sache eine Prüfung unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten vorgenommen hat.
Der geltend gemachte Anspruch besteht aber nicht. Keine mögliche Rechtsgrundlage für die Erstattung eines Verdienstausfalls ist hier gegeben.
Das SG hat zu Recht entschieden, dass § 65a Abs. 1 Satz 1 SGB I den Anspruch nicht trägt. Nach dieser Vorschrift kann auf Antrag Ersatz seines Verdienstausfalls verlangen, wer einem Verlangen des zuständigen Leistungsträgers nach § 61 oder § 62 SGB I nachkommt. § 61 SGB I statuiert die Obliegenheit eines Antragstellers oder Leistungsempfängers, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers zur mündlichen Erörterung des Antrags oder zur Vornahme anderer Verfahrenshandlungen zu erscheinen. Gemeint ist ein Erscheinen bei dem Leistungsträger selbst (Seewald, in: Kass¬Komm, § 61 SGB I, Stand Dezember 2010, Rz. 5). Nach § 62 SGB I muss ein Antragsteller auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers zu einer "verlangten" ärztlichen oder psychologischen Untersuchungsmaßnahme erscheinen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich ist. Beide Fallgruppen lagen hier nicht vor. Insbesondere handelte es sich bei den Terminen im Bundeswehrkrankenhaus U. und bei Dipl.-Psych. S. nicht um "Untersuchungen" zur Sachverhaltsaufklärung, also nicht um Begutachtungen, im Sinne von § 62 SGB I, zumal die Entscheidung über die fraglichen Leistungen schon gefallen war. Die Beklagte hatte die Schmerztherapie in U. und die psychologische Betreuung bereits genehmigt.
Auch eine analoge Anwendung des § 65a Abs. 1 Satz 1 SGB I unter Einbeziehung von Heilbehandlungsmaßnahmen nach § 63 SGB I scheidet aus.
Anders als der Kläger meint, fehlt es bereits an einer unbewussten Regelungslücke. Es trifft zwar zu, dass der Gesetzgeber im Jahre 1976 bei Erlass der §§ 60 bis 65 SGB I ausgeführt hat, dass auch Maßnahmen nach § 63 SGB I nicht mit Kosten für den Betroffenen verbunden sein sollten (vgl. BT-Drs. 7/868, S. 33). Eine Anspruchsgrundlage für Kostenerstattung war damals aber überhaupt nicht im SGB I enthalten, diese Frage stellte sich daher gleichermaßen für alle Maßnahmen. Als dann der Gesetzgeber bei Einführung des SGB X (Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) auch den § 65a SGB I einfügte (vgl. Art. 2 § 28 Nr. 5 des Gesetzes vom 18. August 1980, BGBl I S. 1469, 1499 f.), hat er eine Kostenerstattung bewusst auf die Fälle des § 61 und des § 62 SGB I beschränkt. Er hat hierzu ausgeführt, dass - gerade - die in diesen Vorschriften enthaltenen Obliegenheiten den Antragsteller oder Leistungsberechtigten wirtschaftlich unzumutbar belasten könnten (BT-Drs. 8/2034, S. 42). Im weiteren Gesetzgebungsverfahren hatte dann - im Gegenteil - der Bundesrat gefordert, § 65a SGB I im Ganzen wieder aus dem Entwurf zu streichen (BT-Drs. 8/2034, S. 58), konnte sich aber damit nicht durchsetzen (a.a.O., S. 64). Hieraus ergibt sich jedenfalls, dass der Gesetzgeber eine Erweiterung des Erstattungsanspruchs auf Fälle nach § 63 SGB I ausdrücklich nicht gewollt hat.
Unabhängig hiervon liegen auch die Voraussetzungen des § 63 SGB I nicht vor, sodass selbst eine analoge Anwendung des § 65a Abs. 1 SGB I in diesem Fall den Anspruch des Klägers nicht tragen kann. § 63 SGB I betrifft nicht jede Heilbehandlung, die zu Lasten eines Sozialleistungsträgers durchgeführt wird. Ohne besondere rechtliche Grundlage ist kein Versicherter oder sonstiger Leistungsempfänger verpflichtet, verordnete Heilbehandlungen auch wahrzunehmen (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz [GG]). Nach § 63 SGB I kann ein Leistungsträger einen Leistungsbezieher oder Antragsteller im Einzelfall auffordern, sich einer - duldungspflichtigen (vgl. § 65 Abs. 2 SGB I) - Behandlung zu unterziehen, um auf diese Weise die Voraussetzungen des Leistungsbezugs zu beseitigen. Nötig ist dazu eine ausdrückliche Aufforderung durch Bescheid, in dem die fragliche Maßnahme nach Inhalt, Ort und Dauer genau beschrieben sein muss (vgl. Seewald, a.a.O., § 63 Rz. 10a). Ferner ist es eine Obliegenheit des Leistungsträgers, in einem solchen "Verlangen" die Rechtsfolgen genau zu beschreiben, die eintreten, wenn der Leistungsberechtigte dem Verlangen nicht nachkommt (§ 66 Abs. 2, Abs. 3 SGB I). Ein solches Verlangen fehlt hier. Die Beklagte hat die Behandlungen im Bundeswehrkrankenhaus U. und bei Dipl.-Psych. S. zwar "bewilligt" bzw. die Kosten dafür getragen. Aber eine Obliegenheit des Klägers, diese Behandlungen auch durchzuführen, bestand nicht.
Auch aus § 27 Abs. 1 SGB VII ergibt sich keine Grundlage für einen Anspruch auf Erstattung von Verdienstausfall. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf § 27 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 oder Nrn. 3 bis 7 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stützen. Zwar kann die Behandlung des Klägers hier - auch - als medizinische Rehabilitation eingestuft werden. Aber auch bei einer solchen Maßnahme, soweit sie ein Unfallversicherungsträger erbringt, kommt als "unterhaltssichernde" ergänzende Leistung nach § 64 Nr. 1, § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX nur das Verletztengeld nach §§ 45 ff. SGB VII in Betracht, das - wie ausgeführt - nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Auch der Anspruch auf Übergangsgeld (vgl. § 65 Abs. 3 SGB IX) betrifft andere Situationen als die Heilbehandlung.
Dem Kläger steht der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, die besondere sozialrechtliche Form des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs, nicht zur Seite.
Grundsätzlich hat der sozialrechtliche Herstellungsanspruch zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat, sodann ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht und schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können, wobei die Korrektur durch den Herstellungsanspruch dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen darf (vgl. etwa BSG, SozR 4-4300 § 137 Nr. 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Selbst wenn hier die Beklagte zu einem spontanen Hinweis verpflichtet gewesen wäre, dass sie in Zukunft keine Verdienstausfälle mehr erstatten werde, nachdem sie erkannt hatte, dass ihre früheren Bewilligungen rechtswidrig gewesen waren, so könnte sie doch dem Begehren des Klägers durch eine rechtmäßige Handlung nicht entsprechen. Da es an einer passenden sozialrechtlichen Anspruchsgrundlage fehlt, kommt die Erstattung von Verdienstausfall außerhalb der Situation des § 65a Abs. 1 SGB I auch durch einen Herstellungsanspruch nicht in Frage.
Letztlich kann der Kläger seinen Anspruch auch nicht auf eine Amtspflichtverletzung eines Mitarbeiters der Beklagten stützen (§ 839 BGB), wofür nach Art. 34 Abs. 1 Satz 1 SGG die Beklagte einzustehen hätte.
Mit dem Erlass der früheren - rechtswidrigen - Bewilligungsbescheide, vor allem des Bescheids vom 20. Juni 2016, hat die Beklagte schon keine objektive Amtspflicht verletzt, die ihr gegenüber dem Kläger oblegen hätte. Die früheren Bescheide waren für den Kläger begünstigend. Die Pflicht eines Sozialleistungsträgers, keine rechtswidrigen Bewilligungsbescheide zu erlassen, besteht allenfalls gegenüber der Gemeinschaft der Beitragszahler bzw. der Öffentlichkeit, aber nicht gegenüber dem rechtswidrig Begünstigten.
Dagegen kann eine objektive Pflicht eines Sozialleistungsträgers, einen Begünstigten darauf hinzuweisen, dass keine weiteren Bewilligungen ergehen werden, angenommen werden. Nur durch einen solchen spontanen Hinweis (vgl. §§ 13, 17 Abs. 1 SGB I) kann sich der Berechtigte darauf einstellen, dass er eine Leistung, die ihm bislang bewilligt worden war, auch bei unveränderten Umständen nicht mehr erhalten wird. Aber der Senat sieht keinen Hinweis darauf, dass es ein Mitarbeiter der Beklagten schuldhaft unterlassen hat, einen solchen Hinweis zu geben, bevor dem Kläger die hier streitigen Verdienstausfälle entstanden waren und er sein Verhalten noch aufklärungsgerecht hätte ändern können. Relevant sind insoweit Vorsatz und Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 Abs. 1 BGB. Nach Aktenlage ist dem zuständigen Mitarbeiter der Beklagten erst nach Eingang des Antrags vom 4. Januar 2017 aufgefallen, dass eine rechtliche Grundlage für die Erstattung von Verdienstausfall bei bloßen Heilbehandlungsmaßnahmen nicht besteht und die bisherigen Bewilligungen rechtswidrig waren. In den Akten waren auch keine so eindeutigen Hinweise vorhanden, dass die Beklagte dies schon zuvor hätte bemerken müssen. Der Kläger hatte für seine Anträge Vordrucke benutzt, die auch für die Erstattung von Verdienstausfall gedacht waren, allerdings nur in den Fällen des § 65a Abs. 1 SGB I. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger die Originalformulare, die er für die Begutachtungen während des Rentenverfahrens erhalten hatte, kopiert und die Kopien für die Heilbehandlungen benutzt hat. Nach Aktenlage hat der Kläger nämlich nur für die Begutachtungen bei Dres. F./W. und Prof. Dr. Ludolph/Dr. F. solche Vordrucke erhalten. Zu keinem Zeitpunkt sind sie ihm in Bezug auf Heilbehandlungen zugesandt worden. Ferner haben in diesen Vordrucken die behandelnden Ärzte bzw. der Arbeitgeber jeweils bestätigt, dass der Verdienstausfall im Zusammenhang mit "Untersuchungen" angefallen sei. Zumindest den ärztlichen Behandlern und der Dipl.-Psych. S. hätte der Unterschied zwischen Untersuchung und Behandlung (Heilbehandlung) bekannt sein müssen. Die Einreichung gerade dieser Vordrucke und die Ungenauigkeit in den Angaben der Behandler und des Arbeitgebers in den Antragsformularen konnte dazu führen, dass der zuständige Mitarbeiter der Beklagten irrtümlicherweise davon ausging, es handle sich jeweils um Untersuchungen nach § 62 SGB I. Ein Schuldvorwurf kann aus diesen Gründen nicht erhoben werden.
Andere Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs sind nicht ersichtlich.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt noch die Erstattung von Verdienstausfall im Zusammenhang mit einer b. Heilbehandlung.
Der 1963 geborene Kläger ist als angestellter Kfz-Mechaniker berufstätig. Am 10. Mai 2013 verletzte er sich während der Arbeit mit einem Schraubendreher an der linken Hand (Durchgangsarztbericht Prof. Dr. S. vom 13. Mai 2013). Er wurde bis zum 22. Mai 2013 in der b. Klinik T. stationär behandelt (Entlassungsbericht von Prof. Dr. S. und Dr. W., eingegangen bei der Beklagten am 23. Mai 2013). Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 17. Juli 2013 eine Belastungserprobung (stufenweise Wiedereingliederung) ab dem 29. Juli 2013. In dieser Zeit bezog der Kläger von seiner Krankenkasse, der A. Baden-Württemberg, zu Lasten der Beklagten Verletztengeld. Die Maßnahme wurde einmal verlängert. Ab dem 26. August 2013 war der Kläger wieder arbeitsfähig (vgl. Zwischenbericht von Prof. Dr. S. vom 26. August 2013). Nach einer erneuen Operation - eines posttraumatischen Karpaltunnelsyndroms (CPS) an der linken Hand - am 29. Oktober 2013 (Zwischenbericht von Dr. M. vom 31. Oktober 2013) absolvierte der Kläger bis zum 5. Januar 2014 erneut eine Belastungserprobung. In dieser Zeit bezog er zunächst nur Krankengeld, weil unklar war, ob das CPS unfallbedingt war.
Die Beklagte ließ über den Kläger bei Prof. Dr. F., Bundeswehrkrankenhaus U., ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten über die Unfallfolgen erstellen. Sie informierte den Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 2014 über diese Untersuchung und fügte ein Formular bei, mit dem er die dabei entstehenden Fahrtkosten und Verdienstausfälle zur Erstattung einreichen könne. Die erste Untersuchung bei Prof. Dr. F. fand am 27. März 2014 statt. Am Nachmittag desselben Tages rief der Kläger bei der Beklagten an, teilte mit, dass eine weitere Untersuchung anstehe, und bat um Übersendung "des Formulars für die Erstattung der Fahrkosten und des Verdienstausfalls". Die Beklagte übersandte den Vordruck - erneut - am selben Tag. Die weitere Untersuchung fand am 30. April 2014 statt. Das Gutachten von Prof. Dr. F. ging am 15. September 2014 bei der Beklagten ein. Ob und ggfs. wann dem Kläger die Fahrtkosten für die beiden Untersuchungstermine erstattet worden sind, kann den Akten der Beklagten nicht entnommen werden.
Die Beklagte gewährte dem Kläger fortlaufend Heilbehandlung in Form von Physiotherapie, Ergotherapie und psychologischer Behandlung zur Verarbeitung der Unfallfolgen. Außerdem erfolgte mehrfach eine schmerztherapeutische Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus U ... Erstmals am 30. Oktober 2014 übersandte der Kläger der Beklagten eine Aufstellung der "angefallenen Arbeitszeitausfälle" für verschiedene Besuche bei behandelnden Ärzten und einer Ergotherapie-Praxis. Dabei beantragte er konkludent auch die Erstattung von Fahrtkosten, indem er die Entfernungen von seinem Wohnort zu den Orten der Ärzte und des Ergotherapeuten angab. Ob diesem Schreiben der genannte Vordruck beigefügt war, ist nicht zu erkennen. Auf dem Anschreiben findet sich ein handschriftlicher, von einem Mitarbeiter der Beklagten angebrachter Vermerk "erledigt".
Die Beklagte erhob das ergänzende neurologische von Dr. W., ebenfalls Bundeswehrkrankenhaus U., vom 18. Dezember 2014. Dem lag eine ambulante Untersuchung des Klägers am 17. Dezember 2014 zu Grunde. Ob und ggfs. in welcher Höhe Aufwendungen des Klägers für diesen Termin erstattet wurden, ist nicht erkennbar.
Mit Bescheid vom 23. März 2015 gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 6. Januar 2014 vorläufig eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. Den Widerspruch hiergegen vom 8. April 2015 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2015 zurück. Die hiergegen erhobene Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), mit der im Wesentlichen eine konkretere Bezeichnung der Unfallfolgen begehrt wurde, führte zu dem Vergleichsschluss vom 25. November bzw. 15. Dezember 2015 (S 6 U 1628/15).
Während dieser Zeit lief die Behandlung des Klägers weiter. Ab September 2015 trat - erneut - eine psychotherapeutische Behandlung bei Dipl.-Psych. S. hinzu. In den Akten findet sich aus dieser Zeit - nur - die direkt an die Beklagte ausgestellte Rechnung eines Seniorenfahrdienstes vom 25. August 2015 über eine Transportfahrt für den Kläger zum Bundeswehrkrankenhaus U. am 5. August 2015 über EUR 102,60. Der nächste aktenkundige Antrag des Klägers auf Erstattung von Verdienstausfall und Fahrtkosten ging am 23. Oktober 2015 ein. Ihm waren zahlreiche Bescheinigungen der Behandler über die Behandlungstermine von Januar bis Mai 2015 sowie für jeden der geltend gemachten Tage der Vordruck "Formular zur Fahrtkostenerstattung" der Beklagten beigefügt. In diesem Vordruck war durchgängig von dem "Untersuchten" und den Kosten der "Untersuchung" die Rede. Auf jedem Vordruck hatte der Arbeitgeber des Klägers für die "Untersuchungstage" Verdienstausfälle bescheinigt, und zwar überwiegend für fünf und einige Male für sechs Stunden pro Arbeitstag. Der zuständige Mitarbeiter der Beklagten schickte die Unterlagen am 5. November 2015 zurück und bat den Kläger, sie vollständig auszufüllen und "mit einem Hinweisschreiben" wieder einzureichen. Der Arbeitgeber übersandte der Beklagten am 11. November 2015 "erneut" die Unterlagen, wobei er die einzelnen Daten der Arbeitstage und der Behandlungen in Zusammenhang gebracht hatte. Da nunmehr einzelne Unterlagen fehlten, bat die Beklagte den Kläger am 16. November 2015 um erneute Kontaktaufnahme. Ob diese geschah, kann den Akten nicht entnommen werden.
Mit Bescheid vom 24. November 2015 gewährte die Beklagte Fahrtkosten von EUR 240,00 und "Verdienstausfall" von EUR 361,15, zusammen EUR 601,15. Beigefügt war eine Aufstellung über die Zeiträume dreier laufender Behandlungen und Verdienstausfälle vom 3. März bis zum 20. April 2015.
Am 22. Dezember 2015 ging erneut eine Rechnung des Seniorenfahrtdienstes über einen Transport des Klägers zu einer Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus U. am 25. November 2015 über insgesamt EUR 105,60 ein.
Zur Feststellung eines Rechts auf Rente für unbestimmte Zeit ließ die Beklagte den Kläger erneut begutachten. Am 28. Dezember 2015 informierte sie ihn darüber und fügte erneut den Vordruck "Fahrtkostenerstattung" bei.
Nach Eingang der Gutachten von Prof. Dr. Ludolph vom 17. Februar 2016 und Prof. Dr. F. vom 18. März 2016 erließ die Beklagte den Bescheid vom 26. April 2016, mit dem sie die Rente als vorläufige Entschädigung ab dem 1. Mai 2016 entzog und die Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit ablehnte. Die MdE betrage nicht mehr mindestens 20 v.H. Die notwendige Anhörung werde nachgeholt, wobei der Kläger beigefügte Erläuterungen beachten solle. Der Kläger erhob Widerspruch. Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme erließ die Beklagte den Abhilfebescheid vom 24. Juni 2016, mit dem sie den Bescheid vom 26. April 2016 zurücknahm und ab dem 1. Mai 2016 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v.H. bewilligte. Der Kläger erklärte das Widerspruchsverfahren daraufhin für erledigt.
Am 2. Mai 2016 reichte der Kläger erneut umfangreiche Unterlagen über Verdienstausfälle und Fahrtkosten für die Behandlungen in der Zeit vom 15. Oktober 2015 bis zum 18. April 2016 ein. Wiederum war für jeden Behandlungstag der Vordruck "Fahrtkostenerstattung" mit den vom Arbeitgeber bescheinigten Verdienstausfällen beigefügt. Mit Bescheid vom 20. Juni 2016 bewilligte die Beklagte insoweit EUR 1.286,16 (EUR 390,00 Fahrtkosten und EUR 896,16 Verdienstausfall). Unter Bezugnahme auf denselben Antrag des Klägers bewilligte die Beklagte ferner mit Bescheid vom 1. Juli 2016 weitere EUR190,00 "Fahrtkosten", wobei in den Erläuterungen auf Behandlungszeiträume bei Dipl.-Psych. S. und im "Klinikum U." verwiesen wurde, die auch schon in der Begründung des Bescheids vom 20. Juni 2016 erfasst worden waren.
Nachdem die Behandlungen des Klägers zu Lasten der Beklagten weiterliefen, reichte dieser am 4. Januar 2017 erneut einen Antrag auf Erstattung von Arbeitszeitausfall und Fahrtkosten ein. Wie bei den Anträgen zuvor lag für jeden Termin ein Vordruck "Fahrtkostenerstattung" bei. Dieses Mal hatte dort nicht nur der Arbeitgeber die jeweiligen Verdienstausfälle bescheinigt, sondern auch zwei der Behandler (Dipl.-Psych. S. und das Bundeswehrkrankenhaus U.) hatten den Behandlungstermin jeweils direkt dort eingetragen. Der Ergotherapeut hatte die Behandlungstermine wiederum gesondert bescheinigt.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2017 bewilligte die Beklagte auf diesen Antrag hin Erstattung von Fahrtkosten von EUR 540,00. Sie führte ergänzend aus, sie reiche die eingereichten Unterlagen für den Verdienstausfall zurück, eine Erstattung des Verdienstausfalls werde abgelehnt. Zur Begründung gab sie an: "Ersatz von entgangenem Arbeitsverdienst und Auslagen des Versicherten im Zusammenhang mit Mitwirkungspflichten (§ 65a SGB I) [Erstes Buch Sozialgesetzbuch]".
Am 27. Januar 2017 übersandte die Beklagte dem Kläger ein - anderes - "Nachweisblatt" für durchgeführte Fahrten von und zu ärztlichen Behandlungen und forderte ihn auf, die Fahrten dort einzutragen und sie sich durch Unterschrift des Arztes bestätigen zu lassen.
Der Kläger erhob am 21. Februar 2017 über seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten Widerspruch. Er führte aus, § 65a SGB I verweise zwar nicht auf die Regelung über Heilbehandlungen in § 63 SGB I, sei aber nach - beigefügter - Kommentarliteratur so zu verstehen, so zu verstehen, dass sämtliche Kosten, die den Versicherten träfen, zu erstatten seien. Dazu gehöre auch Verdienstausfall. Dies folge auch aus den Gesetzesmaterialien zu § 63 SGB I. Auch die Fahrtkosten, welche die Beklagte übernommen habe, könnten nach § 43 SGB VII (Siebtes Buch Sozialgesetzbuch) nur übernommen werden, wenn sie mit Leistungen der medizinischen Rehabilitation ständen. Während des Vorverfahrens gab er ergänzend an, die Behandlungen seien sehr wohl "auf Verlangen" der Beklagten durchgeführt worden, dies ergebe sich z.B. schon aus dem Behandlungsauftrag an Dipl.-Psych. S. und den Verordnungen über die Behandlungen im Bundeswehrkrankenhaus.
Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 17. August 2017. Nach den einschlägigen Vorschriften zur Heilbehandlung in § 43 SGB VII könnten - nur - Reisekosten übernommen werden, dazu gehörten Fahr- und Transportkosten. Verdienstausfall könne danach nicht erstattet werden. § 65a SGB I greife nicht ein, weil die Behandlungen nicht auf Verlangen der Beklagten durchgeführt worden seien bzw. nicht im Zusammenhang mit Maßnahmen nach §§ 61, 62 SGB I gestanden hätten. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass Behandlungen grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit möglich seien und für den Fall, dass eine solche Behandlung notwendigerweise in der Arbeitszeit liege und eine ganztägige Erwerbstätigkeit verhindere, nach der Sonderregelung in § 45 Abs. 1 Nr. 1 Teilsatz 2 SGB VII Verletztengeld gewährt werde. Die Voraussetzungen dieser Regelung lägen hier aber nicht vor.
Hiergegen hat der Kläger am 12. September 2017 Klage zum SG erhoben. Er hat dabei den Verdienstausfall für die 16 Behandlungstermine (15 Termine im Bundeswehrkrankenhaus U., 1 Termin bei Dipl.-Psych. S.) vom 2. Mai bis zum 5. Juli 2016 auf EUR 825,61 beziffert und einzeln aufgeschlüsselt. Er hat sein Vorbringen aus dem Vorverfahren vertieft und ergänzend darauf hingewiesen, die Beklagte habe dadurch, dass sie mehrmals Verdienstausfall für ärztliche Behandlungen erstattet habe, einen Vertrauenstatbestand gesetzt.
Mit Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung am 25. Oktober 2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch folge nicht aus § 65a SGB I. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte die Behandlungen in U. und bei Dipl.-Psych. S. "verlangt" habe, wofür die Genehmigung einer Therapie oder die Übernahme der Behandlungskosten nicht genügten. Jedenfalls fielen Maßnahmen nach § 63 SGB I nicht in den Anwendungsbereich des § 65a SGB I. Hieran änderten auch die Ausführungen des Gesetzgebers in BT-Drs. 7/868 nichts. Der Verdienstausfall während einer Heilbehandlung sei in den Regelungen über Verletztengeld in § 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII abschließend geregelt, aber die Vor¬aussetzungen dieser Vorschrift lägen hier nicht vor, ferner sei Verletztengeld kein Streitgegenstand dieses Verfahrens. Letztlich sei die Klage auch nicht deshalb begründet, weil die Beklagte einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. § 242 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) sei zwar grundsätzlich anwendbar, ersetze aber keine Anspruchsgrundlage. Der Beklagten sei bewusst gewesen, dass der Bescheid vom 20.Juni 2016 rechtswidrig gewesen sei, sie habe ihn aber aus Vertrauensschutzgründen nicht zurückgenommen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 22. November 2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Er verweist darauf, ohne die Behandlungen vor allem in U. hätten sich die Sehnenschäden vergrößert und er hätte ggfs. operiert werden müssen, was unter Umständen zu einer höheren MdE geführt hätte. Er hält daran fest, insbesondere nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sei die Beklagte verpflichtet, den Verdienstausfall erneut zu erstatten. Es treffe zwar zu, dass er die Termine außerhalb seiner Arbeitszeit hätte wahrnehmen können, um keine Verdienstausfälle zu erleiden. Aber dies könne angesichts des Vorverhaltens der Beklagten nur für die Zeiten nach dem streitgegenständlichen Bescheid gelten. Er habe sein Handeln auf Grund des Bescheids vom 20. Juni 2016 auf die Erstattung von Verdienstausfall einstellen dürfen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Oktober 2018 aufzuheben, den Bescheid vom 25. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2017 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm den Verdienstausfall für insgesamt sechzehn Behandlungen im Bundeswehrkrankenhaus U. und bei Dipl.-Psych. S. vom 2. Mai bis zum 17. November 2016 in Höhe von EUR 825,61 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist ergänzend darauf, dass ein Vertrauen in rechtswidrige Bescheide nicht gegeben sei.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, denn der Kläger begehrt eine Geldleistung von mehr als EUR 750,00. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie der Kläger form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG). Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage des Klägers abgewiesen.
Die Klage ist zwar in der gewählten Form statthaft und zulässig.
Unabhängig von der Rechtsnatur des geltend gemachten Erstattungsanspruchs war die Beklagte befugt, durch Verwaltungsakt über den Anspruch des Klägers zu entscheiden. Der Kläger hat daher zu Recht kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG erhoben. Die Beteiligten stehen in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung (Subordination) zueinander. In einem solchen Verhältnis ist die Entscheidung durch Verwaltungsakt die Regel (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 12. Aufl. 2017, Anhang zu § 54 Rz. 4). Auch die Ablehnung einer Leistung, die im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begehrt wird, geschieht durch Verwaltungsakt, sodass insoweit nicht etwa eine echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zu erheben ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 24. April 2014 – B 13 R 23/13 R –, Juris, Rz. 12).
Dies gilt jedoch nur, soweit der Kläger die Erstattung von Verdienstausfall verlangt, und sei es in Form von Aufwendungs- oder Schadensersatz. Der Kläger kann sich in diesem Verfahren nicht auf Anspruchsgrundlagen stützen, die zwar eine ähnliche Leistung betreffen oder einen ähnlichen Lebenssachverhalt regeln, die aber gleichwohl zu einem anderen Anspruch und damit zu einem anderen Streitgegenstand führen. Dies gilt vor allem für das Behandlungsverletztengeld nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 SGB VII. Verletztengeld errechnet sich zwar aus dem versicherten Verdienst (§ 47 SGB VII) und soll auch grundsätzlich entgangenen Verdienst ersetzen. Aber es ist dabei eine pauschalierende Leistung. Wie § 52 Nr. 1 SGB VII zeigt, kann Verletztengeld auch verlangt werden, wenn der fragliche Verdienst weiterhin bezogen wird. In diesem Fall wird das Einkommen lediglich angerechnet. Verletztengeld ist daher als ein anderer Streitgegenstand zu qualifizieren als Verdienstausfall. Da die Beklagte in dem angegriffenen Bescheid über Verletztengeld nicht entschieden hat, kann der Kläger einen solchen Anspruch in diesem Verfahren zulässigerweise nicht geltend machen.
Dagegen kann der Kläger seinen Anspruch im Rahmen dieses Streitgegenstandes auch auf eine Amtspflichtverletzung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 Grundgesetz [GG]) stützen, etwa unter der Annahme, die Beklagte hätte ihn darüber unterrichten müssen, dass die früheren Erstattungen des Verdienstausfalls rechtswidrig gewesen seien, damit er sein weiteres Verhalten darauf hätte einstellen können. Auch über diese mögliche Grundlage des geltend gemachten Anspruchs muss der Senat entscheiden.
Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, besteht ein Vorrang des § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) gegenüber § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 – B 1 KR 7/03 R –, SozR 4-1720 § 17a Nr. 1, Juris, Rz. 13). Danach verbleibt es zwar dabei, dass nach § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG die erste Instanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens einen Rechtsstreit nicht unter dem Gesichtspunkt eines Amtshaftungsanspruchs prüfen darf (so schon BSG, Urteil vom 15. Dezember 1999 – B 9 V 12/99 R –, SozR 3-1200 § 14 Nr. 28, Juris, Rz. 12), weil insoweit ein Vorrang der ordentlichen Gerichte (konkret des Landgerichts, vgl. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG) besteht. Aber nach § 17a Abs. 5 GVG ist es einem höheren Gericht verwehrt, über die Statthaftigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu entscheiden, wenn sich diese Frage im Rahmen eines Rechtsmittels gegen eine "Entscheidung in der Hauptsache" stellt. Hat demnach ein erstinstanzliches Gericht unter Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 GVG auch über einen Amtshaftungsanspruch entschieden hat, muss das Rechtsmittelgericht auch diese Entscheidung überprüfen (BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 – a.a.O., Rz. 15, dem folgend Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 7. Januar 2005 - L 3 AL 72/04 - Juris, Rz. 19). Es gilt dann wieder der Grundsatz des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach das Gericht eines zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten prüft. Eine Entscheidung in der Hauptsache im Sinne von § 17a Abs. 5 GVG wird dabei auch dann angenommen, wenn das erstinstanzliche Gericht den Rechtsweg ausdrücklich oder auch nur stillschweigend - durch Sachentscheidung - bejaht hat (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 4. November 1994 - LsZR 11/93 -, BGHZ 127, 297, 300, Juris; Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 8. Juni 1999 - 3 AZR 136/98 -, BAGE 92, 1, 3; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 22. November 1997 - 2 B 104/97 -, BayVBl 1998, 603). Dies gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren (BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 63/10 B –, SozR 4-1500 § 153 Nr. 11, Juris, Rz. 29). Eine solche Entscheidung ist selbst dann anzunehmen, wenn sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch die Beteiligten die sich aus dem Sachverhalt im Hinblick auf die Zulässigkeit des Rechtswegs ergebenden Rechtsfragen übersehen bzw. diese rechtsfehlerhaft beantwortet haben (BGH, Urteil vom 18. September 2008 - V ZB 40/08 - NJW 2008, 3572, 3573, Juris). Nur wenn das erstinstanzliche Gericht die Zulässigkeit des geltend gemachten Rechtswegs verneint hat, kann das Berufungsgericht dies überprüfen (BSG, a.a.O., Rz. 28 m.w.N.).
Hier ist von einer Entscheidung des SG auch unter Amtshaftungsgesichtspunkten auszugehen. In dem angegriffenen Urteil finden sich keine Ausführungen, wonach insoweit der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht gegeben sein könnte. Vielmehr hat das SG die Klage uneingeschränkt für zulässig gehalten. Und aus seinen Ausführungen zu § 242 BGB und einer möglichen Anspruchsgrundlage für den Ersatz eines Vertrauensschadens bei dem Kläger (S. 6 f. des Urteils) ergibt sich, dass es sogar in der Sache eine Prüfung unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten vorgenommen hat.
Der geltend gemachte Anspruch besteht aber nicht. Keine mögliche Rechtsgrundlage für die Erstattung eines Verdienstausfalls ist hier gegeben.
Das SG hat zu Recht entschieden, dass § 65a Abs. 1 Satz 1 SGB I den Anspruch nicht trägt. Nach dieser Vorschrift kann auf Antrag Ersatz seines Verdienstausfalls verlangen, wer einem Verlangen des zuständigen Leistungsträgers nach § 61 oder § 62 SGB I nachkommt. § 61 SGB I statuiert die Obliegenheit eines Antragstellers oder Leistungsempfängers, auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers zur mündlichen Erörterung des Antrags oder zur Vornahme anderer Verfahrenshandlungen zu erscheinen. Gemeint ist ein Erscheinen bei dem Leistungsträger selbst (Seewald, in: Kass¬Komm, § 61 SGB I, Stand Dezember 2010, Rz. 5). Nach § 62 SGB I muss ein Antragsteller auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers zu einer "verlangten" ärztlichen oder psychologischen Untersuchungsmaßnahme erscheinen, soweit diese für die Entscheidung über die Leistung erforderlich ist. Beide Fallgruppen lagen hier nicht vor. Insbesondere handelte es sich bei den Terminen im Bundeswehrkrankenhaus U. und bei Dipl.-Psych. S. nicht um "Untersuchungen" zur Sachverhaltsaufklärung, also nicht um Begutachtungen, im Sinne von § 62 SGB I, zumal die Entscheidung über die fraglichen Leistungen schon gefallen war. Die Beklagte hatte die Schmerztherapie in U. und die psychologische Betreuung bereits genehmigt.
Auch eine analoge Anwendung des § 65a Abs. 1 Satz 1 SGB I unter Einbeziehung von Heilbehandlungsmaßnahmen nach § 63 SGB I scheidet aus.
Anders als der Kläger meint, fehlt es bereits an einer unbewussten Regelungslücke. Es trifft zwar zu, dass der Gesetzgeber im Jahre 1976 bei Erlass der §§ 60 bis 65 SGB I ausgeführt hat, dass auch Maßnahmen nach § 63 SGB I nicht mit Kosten für den Betroffenen verbunden sein sollten (vgl. BT-Drs. 7/868, S. 33). Eine Anspruchsgrundlage für Kostenerstattung war damals aber überhaupt nicht im SGB I enthalten, diese Frage stellte sich daher gleichermaßen für alle Maßnahmen. Als dann der Gesetzgeber bei Einführung des SGB X (Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) auch den § 65a SGB I einfügte (vgl. Art. 2 § 28 Nr. 5 des Gesetzes vom 18. August 1980, BGBl I S. 1469, 1499 f.), hat er eine Kostenerstattung bewusst auf die Fälle des § 61 und des § 62 SGB I beschränkt. Er hat hierzu ausgeführt, dass - gerade - die in diesen Vorschriften enthaltenen Obliegenheiten den Antragsteller oder Leistungsberechtigten wirtschaftlich unzumutbar belasten könnten (BT-Drs. 8/2034, S. 42). Im weiteren Gesetzgebungsverfahren hatte dann - im Gegenteil - der Bundesrat gefordert, § 65a SGB I im Ganzen wieder aus dem Entwurf zu streichen (BT-Drs. 8/2034, S. 58), konnte sich aber damit nicht durchsetzen (a.a.O., S. 64). Hieraus ergibt sich jedenfalls, dass der Gesetzgeber eine Erweiterung des Erstattungsanspruchs auf Fälle nach § 63 SGB I ausdrücklich nicht gewollt hat.
Unabhängig hiervon liegen auch die Voraussetzungen des § 63 SGB I nicht vor, sodass selbst eine analoge Anwendung des § 65a Abs. 1 SGB I in diesem Fall den Anspruch des Klägers nicht tragen kann. § 63 SGB I betrifft nicht jede Heilbehandlung, die zu Lasten eines Sozialleistungsträgers durchgeführt wird. Ohne besondere rechtliche Grundlage ist kein Versicherter oder sonstiger Leistungsempfänger verpflichtet, verordnete Heilbehandlungen auch wahrzunehmen (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz [GG]). Nach § 63 SGB I kann ein Leistungsträger einen Leistungsbezieher oder Antragsteller im Einzelfall auffordern, sich einer - duldungspflichtigen (vgl. § 65 Abs. 2 SGB I) - Behandlung zu unterziehen, um auf diese Weise die Voraussetzungen des Leistungsbezugs zu beseitigen. Nötig ist dazu eine ausdrückliche Aufforderung durch Bescheid, in dem die fragliche Maßnahme nach Inhalt, Ort und Dauer genau beschrieben sein muss (vgl. Seewald, a.a.O., § 63 Rz. 10a). Ferner ist es eine Obliegenheit des Leistungsträgers, in einem solchen "Verlangen" die Rechtsfolgen genau zu beschreiben, die eintreten, wenn der Leistungsberechtigte dem Verlangen nicht nachkommt (§ 66 Abs. 2, Abs. 3 SGB I). Ein solches Verlangen fehlt hier. Die Beklagte hat die Behandlungen im Bundeswehrkrankenhaus U. und bei Dipl.-Psych. S. zwar "bewilligt" bzw. die Kosten dafür getragen. Aber eine Obliegenheit des Klägers, diese Behandlungen auch durchzuführen, bestand nicht.
Auch aus § 27 Abs. 1 SGB VII ergibt sich keine Grundlage für einen Anspruch auf Erstattung von Verdienstausfall. Insbesondere kann sich der Kläger nicht auf § 27 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 oder Nrn. 3 bis 7 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) stützen. Zwar kann die Behandlung des Klägers hier - auch - als medizinische Rehabilitation eingestuft werden. Aber auch bei einer solchen Maßnahme, soweit sie ein Unfallversicherungsträger erbringt, kommt als "unterhaltssichernde" ergänzende Leistung nach § 64 Nr. 1, § 65 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX nur das Verletztengeld nach §§ 45 ff. SGB VII in Betracht, das - wie ausgeführt - nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist. Auch der Anspruch auf Übergangsgeld (vgl. § 65 Abs. 3 SGB IX) betrifft andere Situationen als die Heilbehandlung.
Dem Kläger steht der sozialrechtliche Herstellungsanspruch, die besondere sozialrechtliche Form des öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruchs, nicht zur Seite.
Grundsätzlich hat der sozialrechtliche Herstellungsanspruch zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm auf Grund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat, sodann ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht und schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können, wobei die Korrektur durch den Herstellungsanspruch dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen darf (vgl. etwa BSG, SozR 4-4300 § 137 Nr. 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Selbst wenn hier die Beklagte zu einem spontanen Hinweis verpflichtet gewesen wäre, dass sie in Zukunft keine Verdienstausfälle mehr erstatten werde, nachdem sie erkannt hatte, dass ihre früheren Bewilligungen rechtswidrig gewesen waren, so könnte sie doch dem Begehren des Klägers durch eine rechtmäßige Handlung nicht entsprechen. Da es an einer passenden sozialrechtlichen Anspruchsgrundlage fehlt, kommt die Erstattung von Verdienstausfall außerhalb der Situation des § 65a Abs. 1 SGB I auch durch einen Herstellungsanspruch nicht in Frage.
Letztlich kann der Kläger seinen Anspruch auch nicht auf eine Amtspflichtverletzung eines Mitarbeiters der Beklagten stützen (§ 839 BGB), wofür nach Art. 34 Abs. 1 Satz 1 SGG die Beklagte einzustehen hätte.
Mit dem Erlass der früheren - rechtswidrigen - Bewilligungsbescheide, vor allem des Bescheids vom 20. Juni 2016, hat die Beklagte schon keine objektive Amtspflicht verletzt, die ihr gegenüber dem Kläger oblegen hätte. Die früheren Bescheide waren für den Kläger begünstigend. Die Pflicht eines Sozialleistungsträgers, keine rechtswidrigen Bewilligungsbescheide zu erlassen, besteht allenfalls gegenüber der Gemeinschaft der Beitragszahler bzw. der Öffentlichkeit, aber nicht gegenüber dem rechtswidrig Begünstigten.
Dagegen kann eine objektive Pflicht eines Sozialleistungsträgers, einen Begünstigten darauf hinzuweisen, dass keine weiteren Bewilligungen ergehen werden, angenommen werden. Nur durch einen solchen spontanen Hinweis (vgl. §§ 13, 17 Abs. 1 SGB I) kann sich der Berechtigte darauf einstellen, dass er eine Leistung, die ihm bislang bewilligt worden war, auch bei unveränderten Umständen nicht mehr erhalten wird. Aber der Senat sieht keinen Hinweis darauf, dass es ein Mitarbeiter der Beklagten schuldhaft unterlassen hat, einen solchen Hinweis zu geben, bevor dem Kläger die hier streitigen Verdienstausfälle entstanden waren und er sein Verhalten noch aufklärungsgerecht hätte ändern können. Relevant sind insoweit Vorsatz und Fahrlässigkeit im Sinne von § 276 Abs. 1 BGB. Nach Aktenlage ist dem zuständigen Mitarbeiter der Beklagten erst nach Eingang des Antrags vom 4. Januar 2017 aufgefallen, dass eine rechtliche Grundlage für die Erstattung von Verdienstausfall bei bloßen Heilbehandlungsmaßnahmen nicht besteht und die bisherigen Bewilligungen rechtswidrig waren. In den Akten waren auch keine so eindeutigen Hinweise vorhanden, dass die Beklagte dies schon zuvor hätte bemerken müssen. Der Kläger hatte für seine Anträge Vordrucke benutzt, die auch für die Erstattung von Verdienstausfall gedacht waren, allerdings nur in den Fällen des § 65a Abs. 1 SGB I. Der Senat geht davon aus, dass der Kläger die Originalformulare, die er für die Begutachtungen während des Rentenverfahrens erhalten hatte, kopiert und die Kopien für die Heilbehandlungen benutzt hat. Nach Aktenlage hat der Kläger nämlich nur für die Begutachtungen bei Dres. F./W. und Prof. Dr. Ludolph/Dr. F. solche Vordrucke erhalten. Zu keinem Zeitpunkt sind sie ihm in Bezug auf Heilbehandlungen zugesandt worden. Ferner haben in diesen Vordrucken die behandelnden Ärzte bzw. der Arbeitgeber jeweils bestätigt, dass der Verdienstausfall im Zusammenhang mit "Untersuchungen" angefallen sei. Zumindest den ärztlichen Behandlern und der Dipl.-Psych. S. hätte der Unterschied zwischen Untersuchung und Behandlung (Heilbehandlung) bekannt sein müssen. Die Einreichung gerade dieser Vordrucke und die Ungenauigkeit in den Angaben der Behandler und des Arbeitgebers in den Antragsformularen konnte dazu führen, dass der zuständige Mitarbeiter der Beklagten irrtümlicherweise davon ausging, es handle sich jeweils um Untersuchungen nach § 62 SGB I. Ein Schuldvorwurf kann aus diesen Gründen nicht erhoben werden.
Andere Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs sind nicht ersichtlich.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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