Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SB 5294/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 3658/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07.09.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Erst-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 50 statt 30) zusteht.
Die 1964 geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, beantragte am 21.03.2014 beim Landratsamt O. (LRA) (Blatt 1/4 der Beklagtenakte) die Feststellung des GdB. Zu diesem Antrag verwies sie auf einen Herzinfarkt, den sie vor ca. 2 ½ Jahren erlitten habe und auf eine Zuckererkrankung.
Das LRA zog vom Facharzt für Innere Krankheiten Dr. H. Befundbeschreibungen bei (dazu vgl. Blatt 8/23 der Beklagtenakte) und von der Klägerin den ausgefüllten Fragebogen zur Zuckerkrankheit (dazu vgl. Blatt 24 der Beklagtenakte).
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 27.06.2014 (Blatt 25/26 der Beklagtenakte) für den abgelaufenen Herzinfarkt, Stentimplantation, koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck einen GdB von 10 und für den Diabetes mellitus keinen GdB angenommen hatte, lehnte das LRA mit Bescheid vom 08.07.2014 (Blatt 27/28 der Beklagtenakte) die Feststellung eines GdB ab.
Als die Klägerin erklärt hatte (Schreiben vom 05.09.2014, Blatt 29/31 der Beklagtenakte), den Bescheid nicht bekommen zu haben, lehnte das LRA mit Bescheid vom 10.09.2014 (Blatt 33/34 der Beklagtenakte) die Feststellung eines GdB erneut ab.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch vom 12.09.2014 (Blatt 35 der Beklagtenakte) machte die Klägerin geltend, der GdB sei mit 50 zu bewerten.
Der Versorgungsarzt Dr. Z. schätzte den GdB nunmehr in seiner Stellungnahme vom 10.10.2014 auf 30 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: abgelaufener Herzinfarkt, Stentimplantation, koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck (GdB 30); Diabetes mellitus (kein GdB)).
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 13.10.2014 (Blatt 39/40 der Beklagtenakte) stellte das LRA den GdB seit 21.03.2014 mit 30 fest.
Nachdem die Klägerin den Widerspruch im Übrigen fortführte (Blatt 42 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 06.11.2014, Blatt 44/45 der Beklagtenakte).
Hiergegen hat die Klägerin am 14.11.2014 beim Sozialgericht (SG) Freiburg Klage erhoben. Für die Leistungsbeeinträchtigungen aufgrund des Herzinfarkts bereits bei alltäglicher leichter Belastung sei ein GdB von 50, für den Bluthochdruck ein GdB von 40 und der Gesamt-GdB mit 50 anzunehmen.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des Facharztes für Innere Medizin Dr. H. als sachverständigen Zeugen. Dieser hat dem SG unter dem 15.03.2015 (Blatt 18/26 der SG-Akte) geschrieben, die koronare Herzerkrankung mit Zustand nach Vorderwandinfarkt, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung sei mit einem GdB von 20, der Diabetes mellitus II B mit keiner peripheren Gefäß- oder Nervenschädigung mit einem GdB von 0, die Adipositas IIIo mit belastungsabhängigen Rücken- und Kniegelenksbeschwerden mit einem GdB von 10 und die COPD mit einem GdB von 10 zu bewerten. Die Kombination sei mit einem GdB von 30 zu bewerten.
Das SG hat das Gutachten des Chefarztes der Inneren Medizin der H. R. Klinik B. , Dr. W. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16.07.2015 (Blatt 33/51 der SG-Akte; Untersuchung der Klägerin am 12.06.2015) folgende Diagnosen mitgeteilt: - Koronare 2 Gefäßerkrankung mit Zustand nach Vorderwandinfarkt 12/2010 bei Verschluss des R. interventricularis anterior und 70 bis 80%-iger Stenose der distalen A. coronaria dextra. - Zustand nach Implantation eines DE-Stents in den R. interventricularis anterior 12/2010 - Nahezu normale LV-Funktion - Adipositas Grad III, BMI 43 kg/m2 - Diabetes mellitus Typ 2 (HbAlc zuletzt 6,9%), kein Hinweis auf eine Retinopathie, Neuropathie oder Nephropathie. - Leichtgradige obstruktive Lungenfunktionseinschränkung - Persistierender Nikotinabusus - Verkalkende Atheromatose der Carotisbifurkation bds. - Unzureichende Belastbarkeit bei Adipositas und Trainingsmangel - Zustand nach CTS-OP 7/2013 - LWS- Beschwerden bei L5- und ISG- Blockaden Der Herzinfarkt habe nur zu einer kleineren myokardialen Narbe geführt, die Narbe sei im Ruhe-EKG nicht zu sehen. Im Echo zeige sich nur eine geringe linksventrikuläre Funktionseinschränkung, die im Alltag für die Klägerin mit Sicherheit nicht limitierend sei. Der limitierendste Faktor sei in der Adipositas begründet. Durch den BMI von 43 kg/m2 bestehe eine erhebliche Belastung des Gesamtorganismus bezogen auf Mobilität und Wendigkeit, aber die Adipositas stelle auch eine Belastung für das gesamte orthopädische System dar. Den GdB für die Herzerkrankung hat der Gutachter mit 20 bewertet, die Adipositas mit einem GdB von ebenfalls 20 und den Diabetes mellitus sowie die COPD jeweils mit GdB von 10.
Nach § 109 SGG hat das SG das internistische Gutachten des Dr. W. , Chefarzt Kardiologie am O. klinikum vom 19.02.2016 (Blatt 61/69 der SG-Akte, Untersuchung der Klägerin am 04.01., 05.01., 11.01. und 12.01.2016) eingeholt. Der Gutachter hat ausgeführt, es bestehe eine - koronare Herzerkrankung nach akutem ST-Hebungsinfarkt der Vorderwand (12/2010), - Zweigefäßerkrankung mit Verschluss des Ramus interventricularis anterior und 70-80%-ige Stenose des Ramus interventricularis posterior der rechten Kranzarterie, - Akut-Rekanalisation des Ramus interventricularis anterior mit Implantation eines Medikamenten-beschichteten Stens am 6.12.2010 und eine - echokardiographisch normale systolische Pumpfunktion des linken Ventrikels und Ausschluss einer kardialen Dyspnoe-Komponente (01/2016). Die bei der Klägerin vorliegenden Behinderungen seien als leicht zu bezeichnen. Der Herzinfarkt habe am Herzmuskel keine erkennbaren Folgen hinterlassen. Der koronaren Herzerkrankung sei ein GdB von 0 zuzuordnen. Auf den Diabetes mellitus entfalle ein GdB von 10. Der Bluthochdruck habe bisher nicht zu einer hypertensiven Herzerkrankung geführt und induziere nach dem Ausfall der NT-proBNP-Bestimmung keinen kardialen Stress. Dem Bluthochdruck sei ein GdB von "0%" zuzuordnen. Die Adipositas permagna habe funktionelle Auswirkungen und trage signifikant zu der Belastungsdyspnoe bei. Diesem Krankheitsbild sei ein GdB von 20 zuzuordnen. Auf die COPD entfalle ein GdB von 10. Den Gesamt-GdB hat Dr. W. mit 30 angenommen.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 07.03.2016 (Blatt 70 der SG-Akte) dem SG Fragen vorgelegt, die Dr. W. beantworten solle. Mit Schreiben vom 25.04.2016 (Blatt 71/72 der SG-Akte) hat Dr. W. sich ergänzend geäußert, woraufhin die Klägerin dessen Ladung zur Erläuterung seines Gutachtens im Termin beantragt hat, weil die Antworten im Schreiben vom 25.04.2016 weiteren Aufklärungsbedarf beinhalteten. (Blatt 73 der SG-Akte). Vom SG aufgefordert, die zu klärenden Fragen darzulegen, hat die Klägerin mit Schreiben vom 12.05.2016 ausgeführt, der Aufklärungsbedarf bestehe für folgende Bereiche: Aufklärung der Bewertung des Diabetes mellitus mit GdB 10 Erklärung der Folgen eines Herzinfarktes Erläuterung der Ursachen des Druckgefühls in der Brust Die einzelnen Fragen blieben dem Termin vorbehalten. Bisher habe überhaupt keine Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung stattgefunden (Schreiben vom 30.05.2016, Blatt 79 der SG-Akte). Das SG verkenne, dass sie nicht verpflichtet sei, für die Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung die Fragen im Einzelnen im Voraus vorzuformulieren. Viele Fragen ergäben sich auch erst jeweils aufgrund der Stellungnahme des Sachverständigen bei seiner persönlichen Anhörung. Dabei begründe sich der Aufklärungsbedarf wie folgt (Schreiben vom 13.06.2016, Blatt 80/84 der SG-Akte): "Aufklärung der Bewertung des Diabetes mellitus mit Gdb 10. Art und Umfang der Behandlungsbedürftigkeit und der Behandlung Erläuterung der Folgen eines Herzinfarktes - Zusammenhang der eingeschränkten Belastbarkeit ausschließlich mit muskuloskeletalen nicht aber Gründen einer Koronarinsuffizienz Die K1. gibt dazu an, sie sei nach dem Infarkt weniger belastbar als vorher. Erläuterung der Ursachen des Druckgefühls in der Brust Bezeichnung und Erläuterung der Gründe Erläuterung der Funktionsauswirkungen Die einzelnen Fragen bleiben dem Termin vorbehalten."
Das SG hat nunmehr Dr. W. ergänzend befragt. Dieser hat sich mit Schreiben vom 22.07.2016 (Blatt 83 der SG-Akte) ergänzend geäußert und u.a. ausgeführt, der Diabetes sei durch Diät und Biguanide (Metformin) ausreichend einstellbar. Eine kardiale Ursache der von der Klägerin angegebenen geringen Belastbarkeit sei mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Das von der Klägerin angegebene Druckgefühl in der Brust sei eine subjektive Missempfindung, die bei der gutachterlichen Untersuchung ergometrisch nicht zu provozieren gewesen sei.
Die Klägerin hat nunmehr (Schreiben vom 05.08.2016, Blatt 84 der SG-Akte) ausgeführt, das Übergewicht sei erblich bedingt, die Ausführungen des Sachverständigen seien nicht nachvollziehbar, weshalb er zur mündlichen Verhandlung zu laden sei.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 07.09.2016 die Klage abgewiesen. Ein höherer GdB als 30 sei nicht festzustellen.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 09.09.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 30.09.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das SG habe Dr. W. zu den von ihr benannten 5 Themenbereichen anhören müssen. Die Ausführungen des Sachverständigen seien nicht nachvollziehbar. Das SG sei dem Antrag auf Vernehmung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen, weshalb ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gerügt werde. Ihre Einwendungen seien durch die schriftlichen Stellungnahmen des Sachverständigen nicht geklärt.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07.09.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 10.09.2014 und Abänderung des Bescheids vom 13.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2014 zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Klägerin war mit ihrem Bevollmächtigten am 13.01.2017 zugestellter Verfügung und unter Hinweis auf § 106a Abs. 3 SGG aufgefordert worden, die bei ihr bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen bis 15.02.2017 darzulegen.
Nachdem von Seiten der Klägerin keine weitere Reaktion erfolgt war, wurde die Sach- und Rechtslage im nichtöffentlichen Termin am 10.11.2017 erörtert (zur Niederschrift vgl. Blatt 25/27 der Senatsakte). Im Termin hat die Klägerin vortragen lassen, sie habe am 21.08.2017 einen weiteren Herzinfarkt erlitten.
Auf die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Berichte (Blatt 28/35 der Senatsakte) hat die Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 22.12.2017 (Blatt 38/39 der Senatsakte) vorgelegt, der den abgelaufenen Herzinfarkt, Stentimplantation, koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck mit einem GdB von 20, die Adipositas per magna mit einem GdB von 20 und die COPD mit einem GdB von 10, den Gesamt-GdB mit 30 bewertet hat.
Der Senat hat nunmehr Prof. Dr. S. , Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin Abteilung Kardiologie am R.-Krankenhaus mit der Erstellung eines Gutachtens über die Klägerin beauftragt (Auftrag vom 23.01.2018). Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, sie befinde sich für ca. 2 Monate bei ihrer querschnittsgelähmten hochbetagten Mutter in der Türkei und werde ca. Mitte Juni 2018 zurückkehren (Schreiben vom 04.05.2018, Blatt 53 der Senatsakte), teilte die Klägerin auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 27.06.2018 (Blatt 56 der Senatsakte) mit, sie sei wieder an ihrer bekannten Adresse erreichbar.
Prof. Dr. S. hat unter Berücksichtigung der am 17.07.2018 durchgeführten Myokardszintigraphie (dazu Bericht Prof. Dr. G. vom 17.08.2018, Blatt 57/60 der Senatsakte) in seinem Gutachten vom 02.10.2018 (Blatt 61/78 der Senatsakte; Untersuchung der Klägerin am 28.02.2018 und 17.07.2018) als Diagnosen angegeben: - Diffuse koronare Herzkrankheit o Zustand nach Vorderwandinfarkt am 06.12.2010 o Herzkatheteruntersuchung vom 06.12.2010:Ramus interventricularis anterior (RIVA) 100%, rechte Koronararterie (RCA) 70-80%. RIVA-Rekanalisation und DES-Implantation. o Zustand nach NSTEMI am 21.08.2017 o Herzkatheteruntersuchung vom 21.08.2017: circumflexus 90%. PTCA und DES-Implantation. - Arterielle Hypertonie - Hypercholesterinämie - Diabetes mellitus Typ 2 - Adipositas IIo - Nikotinkonsum - COPD - Zustand nach Carpaltunnelsyndrom-OP 07/2013 Prof. Dr. S. hat die Herzerkrankung mit einem GdB von 20, die arterielle Hypertonie mit einem GdB von 0 und den Diabetes mellitus mit einem GdB von 0 bewertet. Insgesamt hat er den GdB unter Berücksichtigung der COPD mit 30 bewertet.
Mit Schreiben vom 06.11.2018 (Blatt 80 der Senatsakte) hat die Klägerin "aufgrund der in der Berufungsinstanz von der Klägerin vorgelegten Nachweise für die Verschlechterung ihrer Herzerkrankung ein kardiologisches Sachverständigengutachten nach § 109 SGG" und die Einräumung einer angemessenen Frist für die Benennung des Gutachters und zur Zahlung des Vorschusses beantragt.
Mit Schreiben vom 09.01.2019 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien und mit Ladung vom 12.02.2019 wurde die Klägerin zur mündlichen Verhandlung am 22.03.2019 geladen.
Die Klägerin hat nunmehr mit Schreiben vom 14.02.2019 (Blatt 85 der Senatsakte) erklärt, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein. Die Beklagte hat ihr Einverständnis ebenfalls erklärt (Schreiben vom 14.02.2019, Blatt 86 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Klage gegen den Bescheid vom 10.09.2014 in der Fassung des Bescheids vom 13.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2014. Diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, zuvor § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX). Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 30 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 30 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen noch deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 30 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX.
Im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs bestehen bei der Klägerin funktionelle Beeinträchtigungen, die mit einem GdB von 20 zu bewerten sind. Es besteht eine koronare Herzkrankheit, die sich in einem Zustand nach Vorderwandinfarkt am 06.12.2010 und einem Zustand nach NSTEMI am 21.08.2017 sowie einer arteriellen Hypertonie zeigt, wie der Senat mit dem Gutachter Prof. Dr. S. feststellen konnte. Dabei hat Prof. Dr. S. einen Ramus interventricularis anterior (RIVA) 100%, rechte Koronararterie (RCA) 70-80 %, eine RIVA-Rekanalisation und DES-Implantation und einen Ramus circumflexus 90 % sowie eine PTCA und DES-Implantation beschrieben. Dr. W. , der die Herzerkrankung der Klägerin als koronare 2 Gefäßerkrankung mit Zustand nach Vorderwandinfarkt 12/2010 und Dr. W. , der eine koronare Herzerkrankung nach akutem ST-Hebungsinfarkt der Vorderwand (12/2010) und eine Zweigefäßerkrankung beschrieb, haben den Zustand vor dem zweiten Herzinfarkt der Klägerin beschrieben.
Die aus diesen Gesundheitsstörungen folgenden Funktionsbehinderungen sind nach B Nr. 9 der VG zu bewerten. Dabei ist nach einem Herzinfarkt der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Die Einschränkung der Herzleistung ist nach B Nr. 9.1 VG wie folgt zu bewerten: 1. keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z. B. sehr schnelles Gehen [7-8 km/h], schwere körperliche Arbeit), keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung; bei Kindern und Säuglingen (je nach Alter) beim Strampeln, Krabbeln, Laufen, Treppensteigen keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, keine Tachypnoe, kein Schwitzen GdB 0-10
2. Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen Trinkschwierigkeiten, leichtes Schwitzen, leichte Tachy- und Dyspnoe, leichte Zyanose, keine Stauungsorgane, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 1 Watt/kg Körpergewicht GdB 20-40
3. Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen deutliche Trinkschwierigkeiten, deutliches Schwitzen, deutliche Tachy- und Dyspnoe, deutliche Zyanose, rezidivierende pulmonale Infekte, kardial bedingte Gedeihstörungen, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 0,75 Watt/kg Körpergewicht GdB 50-70
mit gelegentlich auftretenden, vorübergehend schweren Dekompensationserscheinungen GdB 80
4. Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe (Ruheinsuffizienz, z. B. auch bei fixierter pulmonaler Hypertonie); bei Kindern und Säuglingen auch hypoxämische Anfälle, deutliche Stauungsorgane, kardiale Dystrophie GdB 90-100
Der Senat konnte anhand der vorliegenden Befunde des behandelnden Internisten Dr. H. und der Gutachten weder eine Herztransplantation, einen Fremdkörper im Herzmuskel oder Herzbeutel noch Rhythmusstörungen oder Gefäßerkrankungen feststellen. Der Senat konnte jedoch sowohl vor als auch nach dem 2. Herzinfarkt bei der Klägerin eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung feststellen und mit einem GdB von 20 bewerten.
Zwar hat Prof. Dr. S. bei seiner Untersuchung der Klägerin keine verwertbaren Belastungsergometerwerte erheben können, da die Klägerin die Mindestdrehzahl nicht eingehalten hat und eine Ausbelastung nicht erfolgt war. Jedoch haben sich bei der Belastung bis 50 Watt über 1 Minute 52 Sekunden keine signifikanten Endstreckenveränderungen gezeigt. Die Herzfrequenz war ebenfalls nicht bis zur maximal vorgesehenen Herzfrequenz angestiegen. In der Echokadriographie war ein normal großer, septal hypertrophierter linker Ventrikel mit guter systolischer Funktion festzustellen. Prof. Dr. S. hat eine inferobasale Hypo- bis Akinesie und Relaxationsstörungen aber keine relevanten Vitien mitgeteilt. In der Myokardsyzintigraphie war bei der Klägerin unter medikamentöser Belastung eine leichte Angina pectoris auslösbar. Es wurde eine belastungsinduzierte Ischämie der Vorderwand bis einschließlich anterolateraler und lateraler Anteile im apikalen und mittleren Drittel bei vorliegenden narbigen Veränderungen sowie eine diskrete belastungsinduzierte Ischämie inferolateral und Anteile der Hinterwand basisnah mitgeteilt. Dennoch hat Prof. Dr. S. ausgeführt, dass trotz der stabilen Angina pectoris für die Beurteilung die Funktion der linken Herzkammer maßgeblich sei, die in der aktuellen Echokardiographie nicht eingeschränkt sei. Insgesamt konnte der Senat daher zwar mittelschwere Leistungsbeeinträchtigungen feststellen, diese jedoch im Hinblick auf die nicht eingeschränkte Funktion der linken Herzkammer aber nur am unteren Rand des Bewertungsrahmens, also mit einem GdB von 20 bewerten.
Auch für die Zeit vor dem 2. Herzinfarkt haben der behandelnde Arzt Dr. H. und die Gutachter den Einzel-GdB für die Herzerkrankung auf maximal 20 geschätzt. Dr. W. hat aus seiner Untersuchung berichtet, dass der 1. Herzinfarkt nur zu einer kleineren myokardialen Narbe geführt hat und sich nur eine geringe linksventrikuläre Funktionseinschränkung, die im Alltag nicht limitierend sei, gezeigt habe. Bei Dr. W. hat die Klägerin das Belastungs-EKG abgebrochen wegen Kniebeschwerden und muskulärer Erschöpfung. Während und nach der Belastung bestand ein Sinusrhythmus und keine belastungsinduzierten Rhythmusstörungen, keine ischämietypischen Kammerendteilveränderungen. Auch für die Zeit nach dem 2. Herzinfarkt lassen sich aus dem Bericht der Dr. F. vom 28.08.2017 (Blatt 29 der Senatsakte) und dem Rehabericht vom 04.10.2017 (Blatt 31/35 der Senatsakte) keine Funktionsbehinderungen entnehmen, die auf eine dauerhaft bestehende stärkere Leistungsbeeinträchtigung der Herzfunktion schließen lassen. So wurde zwar in der Reha das Belastungs-EKG bei 30 Watt abgebrochen, jedoch erfolgte dieser Abbruch wegen peripherer Ermüdung und nicht wegen Beschwerden des Herzens. So erfolgte während der Belastung eine normale Veränderung der Herzfrequenz sowie des Blutdrucks. Im mitlaufenden EKG war der Grundrhythmus ohne ventrikuläre Extrasystolen oder signifikanten ST-Veränderungen sichtbar. Die auftretende Angina pectoris im Grad 1 begründet – wie auch Prof. Dr. S. dargelegt hat – die Bewertung als mittelgradige Leistungseinschränkung trotz sonst normaler Herzfunktion.
Der bestehende Bluthochdruck ist nach B Nr. 9.3 VG wie folgt zu bewerten: leichte Form keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) GdB 0-10
mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung GdB 20-40
schwere Form mit Beteiligung mehrerer Organe (schwere Augenhintergrundveränderungen und Beeinträchtigung der Herzfunktion, der Nierenfunktion und/oder der Hirndurchblutung) je nach Art und Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung GdB 50-100
maligne Form diastolischer Blutdruck konstant über 130 mm Hg; Fundus hypertonicus III-IV (Papillenödem, Venenstauung, Exsudate, Blutungen, schwerste arterielle Gefäßveränderungen); unter Einschluss der Organbeteiligung (Herz, Nieren, Gehirn) GdB 100
Der Senat konnte angesichts der vorliegenden Befunde lediglich eine leichte Form des Bluthochdrucks feststellen und den GdB mit 10 bewerten, was auch der Bewertung von Dr. W. , Dr. W. und Prof. Dr. S. sowie Dr. H. entspricht. So wurde insgesamt nur einmalig ein diastolischer Wert über 100 mmHg gemessen, wie Prof. Dr. S. mitteilen konnte. Auch Organbeteiligungen konnte der Senat nicht feststellen. Anderes haben auch Dr. H. und die Gutachter Dr. W. und Dr. W. nicht mitteilen können. Auch aus den Berichten von Dr. F. und dem Rehabericht lassen sich solche stärkeren Formen des Bluthochdrucks nicht entnehmen.
Damit ist im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs der Einzel-GdB zu bilden aus dem Teil-GdB von 20 für die koronare Herzerkrankung/Herzinfarkt und dem Teil-GdB von 10 für den Bluthochdruck. Insoweit stellt der Senat den Einzel-GdB unter Berücksichtigung der gegenseitigen Auswirkungen der jeweiligen Funktionsbeeinträchtigungen mit 20 fest.
Im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion ist bei der Klägerin die Zuckererkrankung (Diabetes mellitus) sowie die Hypercholesterinämie zu bewerten. Ein GdB ist insoweit aber nicht festzustellen.
Die Diabeteserkrankung der Klägerin war zwar bei Prof. Dr. S. nicht optimal eingestellt, während sie bei Dr. W. noch gut eingestellt war, wird aber mit Metformin behandelt, wie der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. S. aber auch dem Gutachten von Dr. W. , dem Bericht des Dr. F. und dem Rehabericht entnimmt. Es bestehen keine Organbeteiligungen oder Folgeschäden. Damit konnte der Senat weder Beeinträchtigungen in der Lebensführung noch eine Teilhabebeeinträchtigung feststellen. Der GdB war daher insoweit mit 0 zu bewerten, was auch der Bewertung durch Prof. Dr. S. und Dr. H. entspricht. Soweit Dr. W. und Dr. W. einen GdB von 10 vorgeschlagen haben, folgt ihnen der Senat nicht, denn weder ist in den Bewertungsvorgaben von B Nr. 15.1 VG eine GdB-Stufe von 10 vorgesehen noch führt nach diesen Bewertungsvorgaben eine orale Therapie mit einem Medikament, das, wie die Gutachter ausgeführt haben, keine Hypoglykämie auslöst, zu einem höheren GdB als 0.
Die Hypercholesterinämie ist medikamentös behandelt, auch wenn Prof. Dr. S. die Therapie für anpassungsbedürftig erachtet. Dennoch konnten weder die Ärzte und Gutachter Funktionsbeeinträchtigungen mitteilen, noch der Senat solche feststellen, sodass der GdB insoweit mit 0 anzunehmen ist, was auch der Bewertung durch den behandelnden Arzt Dr. H. entspricht. Auch die Gutachter Prof. Dr. S. , Dr. W. und Dr. W. haben einen höheren GdB nicht angenommen.
Damit ist im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion aus den Teil-GdB von zweimal 0 kein Einzel-GdB zu bilden.
Im Funktionssystem der Atmung ist wegen der COPD-Erkrankung der Klägerin ein GdB von 20 anzunehmen. Diese stellt sich als leichtgradige Ventilationsstörung dar, wie der Senat den Gutachten von Dr. W. und Dr. W. entnimmt. Der FEV1 betrug in der bei Dr. W. durchgeführten Spirometrie 46 % der Altersnorm, der VC-Wert entsprach 95 % der Altersnorm. Dr. W. hat bei seiner Untersuchung eine Sauerstoffsättigung von 94 % und keine Restriktion bei einer Totalkapazität von 5,7 Liter (entspricht 122 % des Sollwerts) beschreiben können. Es bestand eine mäßige Lungenüberblähung bei einem Verhältnis von Residualvolumen zur Totalkapazität von 62 % sowie eine mäßige Obstruktion bei einem FEV1 von 1,6 Liter (entspricht 69 % des Sollwerts und 83 % der FVC). Bei Prof. Dr. S. konnte die Lungenfunktion der Klägerin mangels Mitarbeit dieser nicht gemessen werden.
Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 8.3 VG konnte der Senat Lungenfunktionseinschränkungen geringen Grades feststellen. Soweit Dr. H. und die Gutachter Dr. W. und Dr. W. den GdB insoweit mit 10 angenommen haben, entspricht dies nicht dem geltenden Bewertungsrahmen, weshalb der Senat auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Adipositas, die sich gerade bei der Atmung zeigen, einen GdB von 20 annehmen kann. Deutlich wird jedoch aus den Befunden und Bewertungen der genannten Ärzte, dass die funktionellen Beeinträchtigungen gering sind, sodass der Senat lediglich eine Bewertung am unteren Rand des Bewertungsrahmens vornehmen kann und den GdB mit 20 feststellt.
Die orthopädischen Gesundheitsstörungen der Klägerin – erkennbar sind insoweit ein Zustand nach Carpaltunnelsyndrom 07/2013 und LWS-Beschwerden bei L5- und ISG-Blockaden – bedingen keinen GdB von mindestens 10, denn der Senat konnte insoweit weder funktionelle Beeinträchtigungen feststellen noch sind solche von der Klägerin oder den Ärzten mitgeteilt worden. Soweit Dr. W. über belastungsabhängige Beschwerden der LWS bei der intensiven Pflege der querschnittsgelähmten Mutter berichtet, handelt es sich um vorübergehende Beeinträchtigungen, die im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 18.9 VG allenfalls als Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität anzusehen sind, die nicht mit einem GdB zu bewerten sind.
Die Adipositas der Klägerin bedingt an sich nach B Nr. 15.3 VG keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna. Soweit Dr. W. und Dr. W. die Folgebeeinträchtigungen an Lunge und Herz mit einem weiteren GdB von 20 bewertet haben – Dr. H. hat insoweit lediglich im Hinblick auf die belastungsabhängigen Auswirkungen auf Rücken und Knie einen GdB von 10 angenommen – lässt sich dies für den Senat durchaus nachvollziehen. Diese Funktionsbeeinträchtigungen sind aber nicht mit einem zusätzlichen Einzel-GdB zu bewerten, sondern bei den jeweiligen Funktionssystemen mitzuberücksichtigen. Da sich die funktionellen Folgen bei der Klägerin an Knien und Wirbelsäule bisher organisch (funktionell) nicht dauerhaft manifestiert haben, ist insoweit kein höherer GdB anzunehmen. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Atmung hat der Senat den funktionellen Auswirkungen durch die Berücksichtigung eines GdB von 20 statt wie von den Gutachtern vorgeschlagen eines GdB von 10 Rechnung getragen. Hinsichtlich der funktionellen Auswirkungen auf die Herzerkrankung hat der Senat auch die Auswirkungen der Adipositas bei der Bewertung des Einzel-GdB von 20 mitberücksichtigt.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 bzw. mehr fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
An dem Antrag, Dr. W. zur Erörterung des Gutachtens zu laden, hat die Klägerin nicht mehr festgehalten. Zum einen hat sich dieser Antrag erledigt, denn der Senat hat nach der Antragstellung von Amts wegen weitere Ermittlungen durch Einholen des Gutachtens von Prof. Dr. S. vorgenommen, in deren Folge dieser Antrag nicht wiederholt worden ist. Zum anderen ergibt sich auch aus der uneingeschränkten Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, dass der Antrag erledigt ist. Mit dieser uneingeschränkten Zustimmung hat sich auch der nicht näher konkretisierte Antrag nach § 109 SGG erledigt.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs, - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Atmung. Nachdem bei der Klägerin vorliegend von zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von zweimal 20 auszugehen ist, konnte der Senat einen Gesamt-GdB i.S.d. § 152 Abs. 1 SGB IX (bzw. zuvor: § 69 Abs. 1 SGB IX) von 30 feststellen.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der bei der Klägerin insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 40 bzw. 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht entsprechend schwer funktionell in ihrer Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. So sind die Erkrankungen der Klägerin weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau einer mit einem GdB von 40 oder 50 zu bewerten. Sie sind nicht vergleichbar mit Leistungsbeeinträchtigungen des Herzens bereits bei alltäglicher leichter Belastung nach B Nr. 9. 1 VG oder Erkrankungen der Atemwege mit dauernder Lungenfunktionseinschränkung mittleren Grades nach B Nr. 8.3 VG, für die in den VG ein GdB ab 50 vorgesehen ist.
Damit war der GdB unter Berücksichtigung der gegenseitigen Auswirkungen und vor allem der Adipositas mit 30 insgesamt festzustellen. Denn auch unter Berücksichtigung der Adipositas per magna ist die Teilhabe der Klägerin, die nach ihrem eigenen Vorbringen Reisen in die Türkei unternimmt, und dort ihre nach einem Schlaganfall teilweise gelähmte Mutter pflegt, nicht so stark eingeschränkt, dass ein GdB von 40 oder 50 gerechtfertigt wäre.
Damit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 30 seit Antragstellung, sodass die Berufung zurückzuweisen war. Der Berufung war auch nicht im Sinne einer Zurückverweisung an das SG nachzukommen; selbst wenn der von der Klägerin gerügte Anhörungsfehler vorläge, lägen die Voraussetzungen des § 159 SGG nicht vor, denn der Senat hält eine Zurückverweisung im Rahmen seiner Ermessensausübung nicht für angezeigt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Nachdem alle Gutachter und auch der befragte behandelnde Arzt den GdB auf maximal 30 geschätzt hatten, war der anwaltlich vertretenen Klägerin klar gewesen, dass die Weiterführung der Berufung ohne Erfolg sein wird. Wer dennoch weiterprozessiert handelt wider besseres Wissen und missbräuchlich. Daher hätte es nahegelegen, der Klägerin Gebühren nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens jedoch von einer Androhung der Auferlegung solcher Kosten Abstand genommen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Erst-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 50 statt 30) zusteht.
Die 1964 geborene Klägerin, deutsche Staatsangehörige, beantragte am 21.03.2014 beim Landratsamt O. (LRA) (Blatt 1/4 der Beklagtenakte) die Feststellung des GdB. Zu diesem Antrag verwies sie auf einen Herzinfarkt, den sie vor ca. 2 ½ Jahren erlitten habe und auf eine Zuckererkrankung.
Das LRA zog vom Facharzt für Innere Krankheiten Dr. H. Befundbeschreibungen bei (dazu vgl. Blatt 8/23 der Beklagtenakte) und von der Klägerin den ausgefüllten Fragebogen zur Zuckerkrankheit (dazu vgl. Blatt 24 der Beklagtenakte).
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 27.06.2014 (Blatt 25/26 der Beklagtenakte) für den abgelaufenen Herzinfarkt, Stentimplantation, koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck einen GdB von 10 und für den Diabetes mellitus keinen GdB angenommen hatte, lehnte das LRA mit Bescheid vom 08.07.2014 (Blatt 27/28 der Beklagtenakte) die Feststellung eines GdB ab.
Als die Klägerin erklärt hatte (Schreiben vom 05.09.2014, Blatt 29/31 der Beklagtenakte), den Bescheid nicht bekommen zu haben, lehnte das LRA mit Bescheid vom 10.09.2014 (Blatt 33/34 der Beklagtenakte) die Feststellung eines GdB erneut ab.
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch vom 12.09.2014 (Blatt 35 der Beklagtenakte) machte die Klägerin geltend, der GdB sei mit 50 zu bewerten.
Der Versorgungsarzt Dr. Z. schätzte den GdB nunmehr in seiner Stellungnahme vom 10.10.2014 auf 30 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: abgelaufener Herzinfarkt, Stentimplantation, koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck (GdB 30); Diabetes mellitus (kein GdB)).
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 13.10.2014 (Blatt 39/40 der Beklagtenakte) stellte das LRA den GdB seit 21.03.2014 mit 30 fest.
Nachdem die Klägerin den Widerspruch im Übrigen fortführte (Blatt 42 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 06.11.2014, Blatt 44/45 der Beklagtenakte).
Hiergegen hat die Klägerin am 14.11.2014 beim Sozialgericht (SG) Freiburg Klage erhoben. Für die Leistungsbeeinträchtigungen aufgrund des Herzinfarkts bereits bei alltäglicher leichter Belastung sei ein GdB von 50, für den Bluthochdruck ein GdB von 40 und der Gesamt-GdB mit 50 anzunehmen.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des Facharztes für Innere Medizin Dr. H. als sachverständigen Zeugen. Dieser hat dem SG unter dem 15.03.2015 (Blatt 18/26 der SG-Akte) geschrieben, die koronare Herzerkrankung mit Zustand nach Vorderwandinfarkt, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung sei mit einem GdB von 20, der Diabetes mellitus II B mit keiner peripheren Gefäß- oder Nervenschädigung mit einem GdB von 0, die Adipositas IIIo mit belastungsabhängigen Rücken- und Kniegelenksbeschwerden mit einem GdB von 10 und die COPD mit einem GdB von 10 zu bewerten. Die Kombination sei mit einem GdB von 30 zu bewerten.
Das SG hat das Gutachten des Chefarztes der Inneren Medizin der H. R. Klinik B. , Dr. W. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16.07.2015 (Blatt 33/51 der SG-Akte; Untersuchung der Klägerin am 12.06.2015) folgende Diagnosen mitgeteilt: - Koronare 2 Gefäßerkrankung mit Zustand nach Vorderwandinfarkt 12/2010 bei Verschluss des R. interventricularis anterior und 70 bis 80%-iger Stenose der distalen A. coronaria dextra. - Zustand nach Implantation eines DE-Stents in den R. interventricularis anterior 12/2010 - Nahezu normale LV-Funktion - Adipositas Grad III, BMI 43 kg/m2 - Diabetes mellitus Typ 2 (HbAlc zuletzt 6,9%), kein Hinweis auf eine Retinopathie, Neuropathie oder Nephropathie. - Leichtgradige obstruktive Lungenfunktionseinschränkung - Persistierender Nikotinabusus - Verkalkende Atheromatose der Carotisbifurkation bds. - Unzureichende Belastbarkeit bei Adipositas und Trainingsmangel - Zustand nach CTS-OP 7/2013 - LWS- Beschwerden bei L5- und ISG- Blockaden Der Herzinfarkt habe nur zu einer kleineren myokardialen Narbe geführt, die Narbe sei im Ruhe-EKG nicht zu sehen. Im Echo zeige sich nur eine geringe linksventrikuläre Funktionseinschränkung, die im Alltag für die Klägerin mit Sicherheit nicht limitierend sei. Der limitierendste Faktor sei in der Adipositas begründet. Durch den BMI von 43 kg/m2 bestehe eine erhebliche Belastung des Gesamtorganismus bezogen auf Mobilität und Wendigkeit, aber die Adipositas stelle auch eine Belastung für das gesamte orthopädische System dar. Den GdB für die Herzerkrankung hat der Gutachter mit 20 bewertet, die Adipositas mit einem GdB von ebenfalls 20 und den Diabetes mellitus sowie die COPD jeweils mit GdB von 10.
Nach § 109 SGG hat das SG das internistische Gutachten des Dr. W. , Chefarzt Kardiologie am O. klinikum vom 19.02.2016 (Blatt 61/69 der SG-Akte, Untersuchung der Klägerin am 04.01., 05.01., 11.01. und 12.01.2016) eingeholt. Der Gutachter hat ausgeführt, es bestehe eine - koronare Herzerkrankung nach akutem ST-Hebungsinfarkt der Vorderwand (12/2010), - Zweigefäßerkrankung mit Verschluss des Ramus interventricularis anterior und 70-80%-ige Stenose des Ramus interventricularis posterior der rechten Kranzarterie, - Akut-Rekanalisation des Ramus interventricularis anterior mit Implantation eines Medikamenten-beschichteten Stens am 6.12.2010 und eine - echokardiographisch normale systolische Pumpfunktion des linken Ventrikels und Ausschluss einer kardialen Dyspnoe-Komponente (01/2016). Die bei der Klägerin vorliegenden Behinderungen seien als leicht zu bezeichnen. Der Herzinfarkt habe am Herzmuskel keine erkennbaren Folgen hinterlassen. Der koronaren Herzerkrankung sei ein GdB von 0 zuzuordnen. Auf den Diabetes mellitus entfalle ein GdB von 10. Der Bluthochdruck habe bisher nicht zu einer hypertensiven Herzerkrankung geführt und induziere nach dem Ausfall der NT-proBNP-Bestimmung keinen kardialen Stress. Dem Bluthochdruck sei ein GdB von "0%" zuzuordnen. Die Adipositas permagna habe funktionelle Auswirkungen und trage signifikant zu der Belastungsdyspnoe bei. Diesem Krankheitsbild sei ein GdB von 20 zuzuordnen. Auf die COPD entfalle ein GdB von 10. Den Gesamt-GdB hat Dr. W. mit 30 angenommen.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 07.03.2016 (Blatt 70 der SG-Akte) dem SG Fragen vorgelegt, die Dr. W. beantworten solle. Mit Schreiben vom 25.04.2016 (Blatt 71/72 der SG-Akte) hat Dr. W. sich ergänzend geäußert, woraufhin die Klägerin dessen Ladung zur Erläuterung seines Gutachtens im Termin beantragt hat, weil die Antworten im Schreiben vom 25.04.2016 weiteren Aufklärungsbedarf beinhalteten. (Blatt 73 der SG-Akte). Vom SG aufgefordert, die zu klärenden Fragen darzulegen, hat die Klägerin mit Schreiben vom 12.05.2016 ausgeführt, der Aufklärungsbedarf bestehe für folgende Bereiche: Aufklärung der Bewertung des Diabetes mellitus mit GdB 10 Erklärung der Folgen eines Herzinfarktes Erläuterung der Ursachen des Druckgefühls in der Brust Die einzelnen Fragen blieben dem Termin vorbehalten. Bisher habe überhaupt keine Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung stattgefunden (Schreiben vom 30.05.2016, Blatt 79 der SG-Akte). Das SG verkenne, dass sie nicht verpflichtet sei, für die Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung die Fragen im Einzelnen im Voraus vorzuformulieren. Viele Fragen ergäben sich auch erst jeweils aufgrund der Stellungnahme des Sachverständigen bei seiner persönlichen Anhörung. Dabei begründe sich der Aufklärungsbedarf wie folgt (Schreiben vom 13.06.2016, Blatt 80/84 der SG-Akte): "Aufklärung der Bewertung des Diabetes mellitus mit Gdb 10. Art und Umfang der Behandlungsbedürftigkeit und der Behandlung Erläuterung der Folgen eines Herzinfarktes - Zusammenhang der eingeschränkten Belastbarkeit ausschließlich mit muskuloskeletalen nicht aber Gründen einer Koronarinsuffizienz Die K1. gibt dazu an, sie sei nach dem Infarkt weniger belastbar als vorher. Erläuterung der Ursachen des Druckgefühls in der Brust Bezeichnung und Erläuterung der Gründe Erläuterung der Funktionsauswirkungen Die einzelnen Fragen bleiben dem Termin vorbehalten."
Das SG hat nunmehr Dr. W. ergänzend befragt. Dieser hat sich mit Schreiben vom 22.07.2016 (Blatt 83 der SG-Akte) ergänzend geäußert und u.a. ausgeführt, der Diabetes sei durch Diät und Biguanide (Metformin) ausreichend einstellbar. Eine kardiale Ursache der von der Klägerin angegebenen geringen Belastbarkeit sei mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Das von der Klägerin angegebene Druckgefühl in der Brust sei eine subjektive Missempfindung, die bei der gutachterlichen Untersuchung ergometrisch nicht zu provozieren gewesen sei.
Die Klägerin hat nunmehr (Schreiben vom 05.08.2016, Blatt 84 der SG-Akte) ausgeführt, das Übergewicht sei erblich bedingt, die Ausführungen des Sachverständigen seien nicht nachvollziehbar, weshalb er zur mündlichen Verhandlung zu laden sei.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 07.09.2016 die Klage abgewiesen. Ein höherer GdB als 30 sei nicht festzustellen.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 09.09.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 30.09.2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Das SG habe Dr. W. zu den von ihr benannten 5 Themenbereichen anhören müssen. Die Ausführungen des Sachverständigen seien nicht nachvollziehbar. Das SG sei dem Antrag auf Vernehmung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung nicht nachgekommen, weshalb ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gerügt werde. Ihre Einwendungen seien durch die schriftlichen Stellungnahmen des Sachverständigen nicht geklärt.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 07.09.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 10.09.2014 und Abänderung des Bescheids vom 13.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2014 zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Klägerin war mit ihrem Bevollmächtigten am 13.01.2017 zugestellter Verfügung und unter Hinweis auf § 106a Abs. 3 SGG aufgefordert worden, die bei ihr bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen bis 15.02.2017 darzulegen.
Nachdem von Seiten der Klägerin keine weitere Reaktion erfolgt war, wurde die Sach- und Rechtslage im nichtöffentlichen Termin am 10.11.2017 erörtert (zur Niederschrift vgl. Blatt 25/27 der Senatsakte). Im Termin hat die Klägerin vortragen lassen, sie habe am 21.08.2017 einen weiteren Herzinfarkt erlitten.
Auf die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Berichte (Blatt 28/35 der Senatsakte) hat die Beklagte die versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 22.12.2017 (Blatt 38/39 der Senatsakte) vorgelegt, der den abgelaufenen Herzinfarkt, Stentimplantation, koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck mit einem GdB von 20, die Adipositas per magna mit einem GdB von 20 und die COPD mit einem GdB von 10, den Gesamt-GdB mit 30 bewertet hat.
Der Senat hat nunmehr Prof. Dr. S. , Chefarzt des Zentrums für Innere Medizin Abteilung Kardiologie am R.-Krankenhaus mit der Erstellung eines Gutachtens über die Klägerin beauftragt (Auftrag vom 23.01.2018). Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, sie befinde sich für ca. 2 Monate bei ihrer querschnittsgelähmten hochbetagten Mutter in der Türkei und werde ca. Mitte Juni 2018 zurückkehren (Schreiben vom 04.05.2018, Blatt 53 der Senatsakte), teilte die Klägerin auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 27.06.2018 (Blatt 56 der Senatsakte) mit, sie sei wieder an ihrer bekannten Adresse erreichbar.
Prof. Dr. S. hat unter Berücksichtigung der am 17.07.2018 durchgeführten Myokardszintigraphie (dazu Bericht Prof. Dr. G. vom 17.08.2018, Blatt 57/60 der Senatsakte) in seinem Gutachten vom 02.10.2018 (Blatt 61/78 der Senatsakte; Untersuchung der Klägerin am 28.02.2018 und 17.07.2018) als Diagnosen angegeben: - Diffuse koronare Herzkrankheit o Zustand nach Vorderwandinfarkt am 06.12.2010 o Herzkatheteruntersuchung vom 06.12.2010:Ramus interventricularis anterior (RIVA) 100%, rechte Koronararterie (RCA) 70-80%. RIVA-Rekanalisation und DES-Implantation. o Zustand nach NSTEMI am 21.08.2017 o Herzkatheteruntersuchung vom 21.08.2017: circumflexus 90%. PTCA und DES-Implantation. - Arterielle Hypertonie - Hypercholesterinämie - Diabetes mellitus Typ 2 - Adipositas IIo - Nikotinkonsum - COPD - Zustand nach Carpaltunnelsyndrom-OP 07/2013 Prof. Dr. S. hat die Herzerkrankung mit einem GdB von 20, die arterielle Hypertonie mit einem GdB von 0 und den Diabetes mellitus mit einem GdB von 0 bewertet. Insgesamt hat er den GdB unter Berücksichtigung der COPD mit 30 bewertet.
Mit Schreiben vom 06.11.2018 (Blatt 80 der Senatsakte) hat die Klägerin "aufgrund der in der Berufungsinstanz von der Klägerin vorgelegten Nachweise für die Verschlechterung ihrer Herzerkrankung ein kardiologisches Sachverständigengutachten nach § 109 SGG" und die Einräumung einer angemessenen Frist für die Benennung des Gutachters und zur Zahlung des Vorschusses beantragt.
Mit Schreiben vom 09.01.2019 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien und mit Ladung vom 12.02.2019 wurde die Klägerin zur mündlichen Verhandlung am 22.03.2019 geladen.
Die Klägerin hat nunmehr mit Schreiben vom 14.02.2019 (Blatt 85 der Senatsakte) erklärt, mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein. Die Beklagte hat ihr Einverständnis ebenfalls erklärt (Schreiben vom 14.02.2019, Blatt 86 der Senatsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Klage gegen den Bescheid vom 10.09.2014 in der Fassung des Bescheids vom 13.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.11.2014. Diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, zuvor § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX). Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 30 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 30 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen noch deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 30 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX.
Im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs bestehen bei der Klägerin funktionelle Beeinträchtigungen, die mit einem GdB von 20 zu bewerten sind. Es besteht eine koronare Herzkrankheit, die sich in einem Zustand nach Vorderwandinfarkt am 06.12.2010 und einem Zustand nach NSTEMI am 21.08.2017 sowie einer arteriellen Hypertonie zeigt, wie der Senat mit dem Gutachter Prof. Dr. S. feststellen konnte. Dabei hat Prof. Dr. S. einen Ramus interventricularis anterior (RIVA) 100%, rechte Koronararterie (RCA) 70-80 %, eine RIVA-Rekanalisation und DES-Implantation und einen Ramus circumflexus 90 % sowie eine PTCA und DES-Implantation beschrieben. Dr. W. , der die Herzerkrankung der Klägerin als koronare 2 Gefäßerkrankung mit Zustand nach Vorderwandinfarkt 12/2010 und Dr. W. , der eine koronare Herzerkrankung nach akutem ST-Hebungsinfarkt der Vorderwand (12/2010) und eine Zweigefäßerkrankung beschrieb, haben den Zustand vor dem zweiten Herzinfarkt der Klägerin beschrieben.
Die aus diesen Gesundheitsstörungen folgenden Funktionsbehinderungen sind nach B Nr. 9 der VG zu bewerten. Dabei ist nach einem Herzinfarkt der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Die Einschränkung der Herzleistung ist nach B Nr. 9.1 VG wie folgt zu bewerten: 1. keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen) selbst bei gewohnter stärkerer Belastung (z. B. sehr schnelles Gehen [7-8 km/h], schwere körperliche Arbeit), keine Einschränkung der Solleistung bei Ergometerbelastung; bei Kindern und Säuglingen (je nach Alter) beim Strampeln, Krabbeln, Laufen, Treppensteigen keine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, keine Tachypnoe, kein Schwitzen GdB 0-10
2. Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z. B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 75 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen Trinkschwierigkeiten, leichtes Schwitzen, leichte Tachy- und Dyspnoe, leichte Zyanose, keine Stauungsorgane, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 1 Watt/kg Körpergewicht GdB 20-40
3. Leistungsbeeinträchtigung bereits bei alltäglicher leichter Belastung (z.B. Spazierengehen [3-4 km/h], Treppensteigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigstens 2 Minuten); bei Kindern und Säuglingen deutliche Trinkschwierigkeiten, deutliches Schwitzen, deutliche Tachy- und Dyspnoe, deutliche Zyanose, rezidivierende pulmonale Infekte, kardial bedingte Gedeihstörungen, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 0,75 Watt/kg Körpergewicht GdB 50-70
mit gelegentlich auftretenden, vorübergehend schweren Dekompensationserscheinungen GdB 80
4. Leistungsbeeinträchtigung bereits in Ruhe (Ruheinsuffizienz, z. B. auch bei fixierter pulmonaler Hypertonie); bei Kindern und Säuglingen auch hypoxämische Anfälle, deutliche Stauungsorgane, kardiale Dystrophie GdB 90-100
Der Senat konnte anhand der vorliegenden Befunde des behandelnden Internisten Dr. H. und der Gutachten weder eine Herztransplantation, einen Fremdkörper im Herzmuskel oder Herzbeutel noch Rhythmusstörungen oder Gefäßerkrankungen feststellen. Der Senat konnte jedoch sowohl vor als auch nach dem 2. Herzinfarkt bei der Klägerin eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung feststellen und mit einem GdB von 20 bewerten.
Zwar hat Prof. Dr. S. bei seiner Untersuchung der Klägerin keine verwertbaren Belastungsergometerwerte erheben können, da die Klägerin die Mindestdrehzahl nicht eingehalten hat und eine Ausbelastung nicht erfolgt war. Jedoch haben sich bei der Belastung bis 50 Watt über 1 Minute 52 Sekunden keine signifikanten Endstreckenveränderungen gezeigt. Die Herzfrequenz war ebenfalls nicht bis zur maximal vorgesehenen Herzfrequenz angestiegen. In der Echokadriographie war ein normal großer, septal hypertrophierter linker Ventrikel mit guter systolischer Funktion festzustellen. Prof. Dr. S. hat eine inferobasale Hypo- bis Akinesie und Relaxationsstörungen aber keine relevanten Vitien mitgeteilt. In der Myokardsyzintigraphie war bei der Klägerin unter medikamentöser Belastung eine leichte Angina pectoris auslösbar. Es wurde eine belastungsinduzierte Ischämie der Vorderwand bis einschließlich anterolateraler und lateraler Anteile im apikalen und mittleren Drittel bei vorliegenden narbigen Veränderungen sowie eine diskrete belastungsinduzierte Ischämie inferolateral und Anteile der Hinterwand basisnah mitgeteilt. Dennoch hat Prof. Dr. S. ausgeführt, dass trotz der stabilen Angina pectoris für die Beurteilung die Funktion der linken Herzkammer maßgeblich sei, die in der aktuellen Echokardiographie nicht eingeschränkt sei. Insgesamt konnte der Senat daher zwar mittelschwere Leistungsbeeinträchtigungen feststellen, diese jedoch im Hinblick auf die nicht eingeschränkte Funktion der linken Herzkammer aber nur am unteren Rand des Bewertungsrahmens, also mit einem GdB von 20 bewerten.
Auch für die Zeit vor dem 2. Herzinfarkt haben der behandelnde Arzt Dr. H. und die Gutachter den Einzel-GdB für die Herzerkrankung auf maximal 20 geschätzt. Dr. W. hat aus seiner Untersuchung berichtet, dass der 1. Herzinfarkt nur zu einer kleineren myokardialen Narbe geführt hat und sich nur eine geringe linksventrikuläre Funktionseinschränkung, die im Alltag nicht limitierend sei, gezeigt habe. Bei Dr. W. hat die Klägerin das Belastungs-EKG abgebrochen wegen Kniebeschwerden und muskulärer Erschöpfung. Während und nach der Belastung bestand ein Sinusrhythmus und keine belastungsinduzierten Rhythmusstörungen, keine ischämietypischen Kammerendteilveränderungen. Auch für die Zeit nach dem 2. Herzinfarkt lassen sich aus dem Bericht der Dr. F. vom 28.08.2017 (Blatt 29 der Senatsakte) und dem Rehabericht vom 04.10.2017 (Blatt 31/35 der Senatsakte) keine Funktionsbehinderungen entnehmen, die auf eine dauerhaft bestehende stärkere Leistungsbeeinträchtigung der Herzfunktion schließen lassen. So wurde zwar in der Reha das Belastungs-EKG bei 30 Watt abgebrochen, jedoch erfolgte dieser Abbruch wegen peripherer Ermüdung und nicht wegen Beschwerden des Herzens. So erfolgte während der Belastung eine normale Veränderung der Herzfrequenz sowie des Blutdrucks. Im mitlaufenden EKG war der Grundrhythmus ohne ventrikuläre Extrasystolen oder signifikanten ST-Veränderungen sichtbar. Die auftretende Angina pectoris im Grad 1 begründet – wie auch Prof. Dr. S. dargelegt hat – die Bewertung als mittelgradige Leistungseinschränkung trotz sonst normaler Herzfunktion.
Der bestehende Bluthochdruck ist nach B Nr. 9.3 VG wie folgt zu bewerten: leichte Form keine oder geringe Leistungsbeeinträchtigung (höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen) GdB 0-10
mittelschwere Form mit Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades (Augenhintergrundveränderungen - Fundus hypertonicus I-II - und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie), diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung, je nach Leistungsbeeinträchtigung GdB 20-40
schwere Form mit Beteiligung mehrerer Organe (schwere Augenhintergrundveränderungen und Beeinträchtigung der Herzfunktion, der Nierenfunktion und/oder der Hirndurchblutung) je nach Art und Ausmaß der Leistungsbeeinträchtigung GdB 50-100
maligne Form diastolischer Blutdruck konstant über 130 mm Hg; Fundus hypertonicus III-IV (Papillenödem, Venenstauung, Exsudate, Blutungen, schwerste arterielle Gefäßveränderungen); unter Einschluss der Organbeteiligung (Herz, Nieren, Gehirn) GdB 100
Der Senat konnte angesichts der vorliegenden Befunde lediglich eine leichte Form des Bluthochdrucks feststellen und den GdB mit 10 bewerten, was auch der Bewertung von Dr. W. , Dr. W. und Prof. Dr. S. sowie Dr. H. entspricht. So wurde insgesamt nur einmalig ein diastolischer Wert über 100 mmHg gemessen, wie Prof. Dr. S. mitteilen konnte. Auch Organbeteiligungen konnte der Senat nicht feststellen. Anderes haben auch Dr. H. und die Gutachter Dr. W. und Dr. W. nicht mitteilen können. Auch aus den Berichten von Dr. F. und dem Rehabericht lassen sich solche stärkeren Formen des Bluthochdrucks nicht entnehmen.
Damit ist im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs der Einzel-GdB zu bilden aus dem Teil-GdB von 20 für die koronare Herzerkrankung/Herzinfarkt und dem Teil-GdB von 10 für den Bluthochdruck. Insoweit stellt der Senat den Einzel-GdB unter Berücksichtigung der gegenseitigen Auswirkungen der jeweiligen Funktionsbeeinträchtigungen mit 20 fest.
Im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion ist bei der Klägerin die Zuckererkrankung (Diabetes mellitus) sowie die Hypercholesterinämie zu bewerten. Ein GdB ist insoweit aber nicht festzustellen.
Die Diabeteserkrankung der Klägerin war zwar bei Prof. Dr. S. nicht optimal eingestellt, während sie bei Dr. W. noch gut eingestellt war, wird aber mit Metformin behandelt, wie der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. S. aber auch dem Gutachten von Dr. W. , dem Bericht des Dr. F. und dem Rehabericht entnimmt. Es bestehen keine Organbeteiligungen oder Folgeschäden. Damit konnte der Senat weder Beeinträchtigungen in der Lebensführung noch eine Teilhabebeeinträchtigung feststellen. Der GdB war daher insoweit mit 0 zu bewerten, was auch der Bewertung durch Prof. Dr. S. und Dr. H. entspricht. Soweit Dr. W. und Dr. W. einen GdB von 10 vorgeschlagen haben, folgt ihnen der Senat nicht, denn weder ist in den Bewertungsvorgaben von B Nr. 15.1 VG eine GdB-Stufe von 10 vorgesehen noch führt nach diesen Bewertungsvorgaben eine orale Therapie mit einem Medikament, das, wie die Gutachter ausgeführt haben, keine Hypoglykämie auslöst, zu einem höheren GdB als 0.
Die Hypercholesterinämie ist medikamentös behandelt, auch wenn Prof. Dr. S. die Therapie für anpassungsbedürftig erachtet. Dennoch konnten weder die Ärzte und Gutachter Funktionsbeeinträchtigungen mitteilen, noch der Senat solche feststellen, sodass der GdB insoweit mit 0 anzunehmen ist, was auch der Bewertung durch den behandelnden Arzt Dr. H. entspricht. Auch die Gutachter Prof. Dr. S. , Dr. W. und Dr. W. haben einen höheren GdB nicht angenommen.
Damit ist im Funktionssystem des Stoffwechsels/innere Sekretion aus den Teil-GdB von zweimal 0 kein Einzel-GdB zu bilden.
Im Funktionssystem der Atmung ist wegen der COPD-Erkrankung der Klägerin ein GdB von 20 anzunehmen. Diese stellt sich als leichtgradige Ventilationsstörung dar, wie der Senat den Gutachten von Dr. W. und Dr. W. entnimmt. Der FEV1 betrug in der bei Dr. W. durchgeführten Spirometrie 46 % der Altersnorm, der VC-Wert entsprach 95 % der Altersnorm. Dr. W. hat bei seiner Untersuchung eine Sauerstoffsättigung von 94 % und keine Restriktion bei einer Totalkapazität von 5,7 Liter (entspricht 122 % des Sollwerts) beschreiben können. Es bestand eine mäßige Lungenüberblähung bei einem Verhältnis von Residualvolumen zur Totalkapazität von 62 % sowie eine mäßige Obstruktion bei einem FEV1 von 1,6 Liter (entspricht 69 % des Sollwerts und 83 % der FVC). Bei Prof. Dr. S. konnte die Lungenfunktion der Klägerin mangels Mitarbeit dieser nicht gemessen werden.
Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 8.3 VG konnte der Senat Lungenfunktionseinschränkungen geringen Grades feststellen. Soweit Dr. H. und die Gutachter Dr. W. und Dr. W. den GdB insoweit mit 10 angenommen haben, entspricht dies nicht dem geltenden Bewertungsrahmen, weshalb der Senat auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Adipositas, die sich gerade bei der Atmung zeigen, einen GdB von 20 annehmen kann. Deutlich wird jedoch aus den Befunden und Bewertungen der genannten Ärzte, dass die funktionellen Beeinträchtigungen gering sind, sodass der Senat lediglich eine Bewertung am unteren Rand des Bewertungsrahmens vornehmen kann und den GdB mit 20 feststellt.
Die orthopädischen Gesundheitsstörungen der Klägerin – erkennbar sind insoweit ein Zustand nach Carpaltunnelsyndrom 07/2013 und LWS-Beschwerden bei L5- und ISG-Blockaden – bedingen keinen GdB von mindestens 10, denn der Senat konnte insoweit weder funktionelle Beeinträchtigungen feststellen noch sind solche von der Klägerin oder den Ärzten mitgeteilt worden. Soweit Dr. W. über belastungsabhängige Beschwerden der LWS bei der intensiven Pflege der querschnittsgelähmten Mutter berichtet, handelt es sich um vorübergehende Beeinträchtigungen, die im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 18.9 VG allenfalls als Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität anzusehen sind, die nicht mit einem GdB zu bewerten sind.
Die Adipositas der Klägerin bedingt an sich nach B Nr. 15.3 VG keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna. Soweit Dr. W. und Dr. W. die Folgebeeinträchtigungen an Lunge und Herz mit einem weiteren GdB von 20 bewertet haben – Dr. H. hat insoweit lediglich im Hinblick auf die belastungsabhängigen Auswirkungen auf Rücken und Knie einen GdB von 10 angenommen – lässt sich dies für den Senat durchaus nachvollziehen. Diese Funktionsbeeinträchtigungen sind aber nicht mit einem zusätzlichen Einzel-GdB zu bewerten, sondern bei den jeweiligen Funktionssystemen mitzuberücksichtigen. Da sich die funktionellen Folgen bei der Klägerin an Knien und Wirbelsäule bisher organisch (funktionell) nicht dauerhaft manifestiert haben, ist insoweit kein höherer GdB anzunehmen. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Atmung hat der Senat den funktionellen Auswirkungen durch die Berücksichtigung eines GdB von 20 statt wie von den Gutachtern vorgeschlagen eines GdB von 10 Rechnung getragen. Hinsichtlich der funktionellen Auswirkungen auf die Herzerkrankung hat der Senat auch die Auswirkungen der Adipositas bei der Bewertung des Einzel-GdB von 20 mitberücksichtigt.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 bzw. mehr fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
An dem Antrag, Dr. W. zur Erörterung des Gutachtens zu laden, hat die Klägerin nicht mehr festgehalten. Zum einen hat sich dieser Antrag erledigt, denn der Senat hat nach der Antragstellung von Amts wegen weitere Ermittlungen durch Einholen des Gutachtens von Prof. Dr. S. vorgenommen, in deren Folge dieser Antrag nicht wiederholt worden ist. Zum anderen ergibt sich auch aus der uneingeschränkten Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, dass der Antrag erledigt ist. Mit dieser uneingeschränkten Zustimmung hat sich auch der nicht näher konkretisierte Antrag nach § 109 SGG erledigt.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs, - 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Atmung. Nachdem bei der Klägerin vorliegend von zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von zweimal 20 auszugehen ist, konnte der Senat einen Gesamt-GdB i.S.d. § 152 Abs. 1 SGB IX (bzw. zuvor: § 69 Abs. 1 SGB IX) von 30 feststellen.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der bei der Klägerin insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 40 bzw. 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht entsprechend schwer funktionell in ihrer Teilhabe im Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. So sind die Erkrankungen der Klägerin weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau einer mit einem GdB von 40 oder 50 zu bewerten. Sie sind nicht vergleichbar mit Leistungsbeeinträchtigungen des Herzens bereits bei alltäglicher leichter Belastung nach B Nr. 9. 1 VG oder Erkrankungen der Atemwege mit dauernder Lungenfunktionseinschränkung mittleren Grades nach B Nr. 8.3 VG, für die in den VG ein GdB ab 50 vorgesehen ist.
Damit war der GdB unter Berücksichtigung der gegenseitigen Auswirkungen und vor allem der Adipositas mit 30 insgesamt festzustellen. Denn auch unter Berücksichtigung der Adipositas per magna ist die Teilhabe der Klägerin, die nach ihrem eigenen Vorbringen Reisen in die Türkei unternimmt, und dort ihre nach einem Schlaganfall teilweise gelähmte Mutter pflegt, nicht so stark eingeschränkt, dass ein GdB von 40 oder 50 gerechtfertigt wäre.
Damit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 30 seit Antragstellung, sodass die Berufung zurückzuweisen war. Der Berufung war auch nicht im Sinne einer Zurückverweisung an das SG nachzukommen; selbst wenn der von der Klägerin gerügte Anhörungsfehler vorläge, lägen die Voraussetzungen des § 159 SGG nicht vor, denn der Senat hält eine Zurückverweisung im Rahmen seiner Ermessensausübung nicht für angezeigt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Nachdem alle Gutachter und auch der befragte behandelnde Arzt den GdB auf maximal 30 geschätzt hatten, war der anwaltlich vertretenen Klägerin klar gewesen, dass die Weiterführung der Berufung ohne Erfolg sein wird. Wer dennoch weiterprozessiert handelt wider besseres Wissen und missbräuchlich. Daher hätte es nahegelegen, der Klägerin Gebühren nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen. Der Senat hat im Rahmen seines Ermessens jedoch von einer Androhung der Auferlegung solcher Kosten Abstand genommen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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