L 4 KR 4817/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 KR 1973/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4817/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 2.568,77 festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin betreibt ein für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassenes Krankenhaus. Die am 1948 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte M. T. (im Folgenden: Versicherte) litt jedenfalls seit 2010 unter Hautveränderungen mit starkem Juckreiz. Am 19. Dezember 2011 stellte die behandelnde Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. S., Oberärztin des Klinikums der Klägerin, eine Verordnung von Krankenhausbehandlung wegen eines mikrobiellen Ekzems (L30.0 G) aus.

Am 30. Dezember 2011 (Freitag) wurde die Versicherte zuzahlungsfrei mit der Diagnose Pruriginöses Ekzem (Differenzialdiagnose: Prurigo simplex subacuta; weitere Diagnosen: Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie sowie "Herzprobleme") stationär im Krankenhaus der Klägerin aufgenommen. Als diagnostische Maßnahmen erfolgten eine ärztliche Inspektion des Hautorgans als Aufnahmeuntersuchung am 30. Dezember 2011, eine Laboruntersuchung des Stuhls auf Parasiten (Gewinnung am 2. Januar 2012), eine Röntgenuntersuchung des Thorax am 2. Januar 2012, ein Radio-Allergen-Sorbent-Test (RAST) auf Antikörper gegen inhalative Allergene (Auftrag vom 31. Dezember 2012), eine Erhebung von Routinelaborparametern, ergänzt um juckreizbezogene Werte sowie pflegerisch eine Blutkörpersenkungsgeschwindigkeitsbestimmung und zweimalige Bestimmungen von Körpertemperatur und Blutdruck am 31. Dezember 2011. Therapeutisch erfolgte eine medikamentöse Behandlung mit den Antihistaminika Xusal und Tavegil und dem Antidepressivum Insidon. Des Weiteren wurde eine externe Behandlung mit "I Betamethason, II Chinosol III Thesit-Creme", letztere auch zum Zwischenfetten ärztlich angeordnet. Die Entlassung erfolgte am 2. Januar 2012 (Montag) mit den Diagnosen Prurigo simplex subacuta, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Sensibilisierung gegenüber p Phanylendiamin, HCT und Diclofenac (Arztbrief von Prof. Dr. v. d. D. vom 13. März 2012).

Mit Rechnung vom 30. Januar 2012 forderte die Klägerin von der Beklagten hierfür eine Zahlung in Höhe von insgesamt EUR 2.268,77 (Fallpauschale [DRG = Diagnosis Related Group] DRG 11J61C: schwere Erkrankungen der Haut, mehr als ein Belegungstag, Alter ( 18 Jahre ohne komplexe Diagnose oder mäßig schwere Hauterkrankungen, mehr als ein Belegungstag). Diese wurde von der Beklagten zunächst vollständig beglichen.

In dem auf Prüfauftrag der Beklagten erstellten Gutachten vom 30. Mai 2012 kam Dr. R., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), nach Auswertung beigezogener Unterlagen zu dem Ergebnis, die stationäre Krankenhausbehandlung sei nicht notwendig gewesen. Sie hätte durch ambulante Therapie/Diagnostik vermieden werden können. Die Beklagte forderte daraufhin den Rechnungsbetrag in voller Höhe von der Klägerin zurück und rechnete am 14. Dezember 2015 in dieser Höhe mit einer unstreitigen Forderung der Klägerin für die Behandlung eines anderen, namentlich benannten Versicherten auf.

Die Klägerin erhob am 5. April 2016 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) wegen Zahlung in Höhe von EUR 2.568,77 (EUR 2.268,77 Behandlungskosten und EUR 300,00 Aufwandspauschale) zuzüglich Zinsen. Zur Begründung führte sie aus, bei dem sehr schweren Beschwerdebild mit Juckreiz und disseminierten Papeln am gesamten Körper nach bislang erfolgloser ambulanter Therapie und bei hohem Leidensdruck (erkennbar auch am Krankenhausaufenthalt über den Jahreswechsel und am Geburtstag der Versicherten) sei eine stationäre Behandlung mit aufwändiger Mehrfachtherapie indiziert gewesen, die schließlich auch zu einer deutlichen Besserung des Hautbefundes geführt habe. Bei dieser Behandlung sei das Zusammenwirken von spezialisierten Pflegekräften und Ärzten von besonderer Bedeutung. Die in der Hautklinik tätigen Pflegekräfte erhielten eine spezielle fachspezifische Einweisung. Ein derart fundiertes Fachwissen und praktische Erfahrung seien bei ambulant tätigen Pflegekräften in der Regel nicht gegeben. Diesen fehlten des Weiteren einige in der Dermatologie üblicherweise verwendete Hilfsmittel (z.B. Schlauchverbände). Nebenwirkungen und Reaktionen könnten innerhalb von Minuten, aber auch erst verspätet nach Stunden auftreten, so dass immer mindestens ein Arzt anwesend sein müsse. Ergänzend legte die Klägerin eine Stellungnahme von Prof. Dr. v. d. D., Ärztlicher Direktor des Zentrums für Dermatologie der Klägerin, vom 19. Dezember 2016 vor. Danach sei die Indikation für eine stationäre Behandlung bereits am 19. Dezember 2011 gestellt worden, die Aufnahme jedoch auf Wunsch der Versicherten erst am 30. Dezember 2011 erfolgt. Es sei eine vollständige Untersuchung durchgeführt worden, wobei bei Normalbefunden wegen Zeitmangels keine entsprechende Dokumentation in den Aufnahmebögen erfolge. Aufgrund der Kombination der einsetzten Antihistaminika und des Antidepressivums, bei der es sich um eine gut wirksame Systemtherapie handele, bestehe eine erheblich sedierende Wirkung, die die aktive Teilnahme am Straßenverkehr unmöglich mache und zum Teil zu erheblichen Beeinträchtigungen mit nächtlicher Sturzgefahr führe. Dies sei in einem nichtstationären Setting ohne Möglichkeit des täglichen Austausches zwischen Arzt und Patient nicht verantwortbar. Die an zwei Tagen fehlende Dokumentation der mittäglichen Salbentherapie könne durch notwendige Untersuchungen bedingt gewesen sein; in diesen Fällen werde die Therapie außerhalb der normalen Therapiezeiten durchgeführt, ohne dass die Schwestern dies gesondert vermerkten.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage von Gutachten von Dr. Ha., MDK, vom 7. Dezember 2016 und 31. Januar 2017 entgegen, der ausführte, nach der vorliegenden Dokumentation sei weder eine akute noch eine besonders schwere Symptomatik erkennbar gewesen. Zudem seien bei bis zur Aufnahme nur topischer Therapie mit Betamethasoncreme die ambulanten Möglichkeiten nicht ausgeschöpft gewesen. Eine massive Beeinträchtigung der Lebensqualität könne nicht nachvollzogen werden. Eine besondere Intensität der diagnostischen Maßnahmen oder eine Dringlichkeit der Durchführung habe nicht vorgelegen. Die Dosierung der oralen Medikation habe überwiegend im niedrigen empfohlenen Bereich gelegen, eine sedierende Wirkung der Medikamente sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. Nach der Dokumentation sei die Salbentherapie lediglich einmal täglich angewandt worden, sodass ein massiver Einsatz externer und interner Therapie nicht nachvollziehbar sei. Des Weiteren führte die Beklagte aus, die vom MDK aufgezeigten Dokumentationslücken würden vom Sachverständigen Dr. B., Arzt für Dermatologie und Venerologie, Allergologie, Qualitätsmanagement – Gesundheitsökonom, Leiter Medizincontrolling, Universitätsmedizin Rostock (dazu unten), bestätigt. In seinem Fazit sei er aber inkonsequent. Wenn eine Leistung nach der Dokumentation nicht oder nur teilweise erbracht werde, könne ein Vergütungsanspruch nicht bestehen. Eine nächtliche Überwachung sei ebenfalls nicht dokumentiert. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensqualität sei für die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung irrelevant.

Das SG vernahm zunächst Prof. Dr. v. d. D. schriftlich als sachverständigen Zeugen. Dieser berichtete unter dem 19. August 2016 über ausgedehnte erosive pruriginöse Herde (erosive Kratzstellen) bei Pruruigo simplex subacuta im Bereich des gesamten Integuments. Die Versicherte habe seit über zwei Jahren an einer pathologisch nicht eindeutig zu klärenden Hauterkrankung mit extremem Juckreiz gelitten, die aufgrund des ständigen Kratzens zu zahlreichen offenen Stellen im Bereich des gesamten Körpers und bei nicht mehr gewährleistetem nächtlichen Durchschlafen zu einer massiven Beeinträchtigung der Lebensqualität geführt habe. Ziel des stationären Aufenthalts sei es gewesen, die Ursache des Juckreizes aufzuklären und mittels einer Behandlung eine ausreichende Linderung herbeizuführen. Insoweit komme es auf eine breite, insbesondere auch internistische Untersuchung an. Abgeklärt worden seien Laborwerte des Blutes, der Leber, der Niere, der Schilddrüse usw. Ein entgleister Diabetes mellitus sei ausgeschlossen worden. Ein Röntgen-Thorax habe keinen pathologischen Befund erbracht. Die durchgeführte dreimal tägliche externe Ganzkörpersalbentherapie sei ambulant wegen der Häufigkeit der Applikation, der Menge der notwendigen Salben sowie der Unerreichbarkeit großer Hautareale für die Versicherte nicht möglich. Medikamentös sei durch hochdosierte Gabe von Antihistaminika in sedierender Dosierung und eines Antidepressivums behandelt worden. In der Summe der Medikation bestehe nicht selten eine so starke Sedierung des Patienten, dass eine aktive Teilnahme am Verkehr nicht mehr möglich sei. Eine tägliche Fahrt zur Anwendung bei ambulanter Behandlung sei daher zunächst ausgeschlossen. Das gewählte Vorgehen entspreche den Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, die allerdings keine Aussage zur Frage einer ambulanten oder stationären Behandlung treffe.

Das SG bestellte Dr. B. zum gerichtlichen Sachverständigen. Das gegen diesen gerichtete Ablehnungsgesuch der Klägerin wies es durch Beschluss vom 21. Juni 2017 als unbegründet zurück. Dr. B. kam in seinem Gutachten vom 18. Juni 2017 zu der Einschätzung, die während des stationären Aufenthalts der Versicherten durchgeführten Maßnahmen hätten jede für sich betrachtet auch unter nichtvollstationären Bedingungen erfolgen können. Wegen der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensqualität und der erforderlichen komplexen systemischen und topischen Therapie könne eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit nachvollzogen werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 13. November 2017 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin habe gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Behandlungskosten noch auf Zahlung einer Aufwandspauschale. Der Zahlungsanspruch der Klägerin bestehe nicht. Die Notwendigkeit einer stationären Krankenhausbehandlung könne nicht festgestellt werden. Allein aus einem hohen Leidensdruck oder einer schweren Beeinträchtigung der Lebensqualität ergebe sich diese nicht. Die Symptomatik sei weder so akut noch so schwer gewesen, dass sie eine sofortige stationäre Aufnahme erfordert hätte. Aus den vorliegenden Unterlagen gehe als einzige durchgeführte Maßnahme eine topische Behandlung mit Betamethason hervor. Dem Gericht erschließe sich daher nicht, dass sämtliche der nach der F2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus zur Verfügung stehenden vielfältigen Möglichkeiten der ambulanten Diagnose und Therapie bereits erfolglos ausgeschöpft worden wären. Darüber hinaus habe der Sachverständige festgestellt, dass jede einzelne der durchgeführten Behandlungsmaßnahmen auch unter nichtvollstationären Bedingungen hätte erfolgen können. Soweit der Sachverständige gleichwohl insbesondere aufgrund der sedierenden Nebenwirkung der verordneten Medikamente die stationäre Behandlung für nachvollziehbar halte, folge das Gericht dem nicht. Vielmehr hätte nach der plausiblen Einschätzung des MDK für die dreimal tägliche Anwendung von Externa auf tägliche Behandlungspflege zurückgegriffen werden können, sodass es insofern auch nicht auf eine eingeschränkte Teilnahmefähigkeit am Straßenverkehr ankomme.

Gegen diesen ihr am 20. November 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19. Dezember 2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen hat sie ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, woher das SG die Sachkunde für seine Einschätzung habe, die ambulanten Therapien seien nicht ausgeschöpft gewesen. Der bloße Verweis auf die genannte Leitlinie ohne vertiefte Auseinandersetzung mit deren Inhalten unter Heranziehung des Sachverständigen genüge nicht. Der Krankenakte sei eine Untersuchung vom 10. September 2010, anlässlich derer statt einer bisherigen Salbenbehandlung eine andere ambulante Therapie verordnet worden sei, die ebenfalls erfolglos geblieben sei. Bei der Versicherten habe ein sehr schweres Beschwerdebild mit ungewöhnlich großer Ausdehnung vorgelegen. Wie das SG zu der Einschätzung komme, es habe kein Leidensdruck vorgelegen, sei nicht nachvollziehbar, immerhin habe sich die Versicherte über den Jahreswechsel und ihren Geburtstag ins Krankenhaus begeben. Es verkenne außerdem, dass der stationäre Aufenthalt nicht nur der Therapie, sondern auch der Diagnostik gedient habe. Eine fragmentierende Betrachtung isoliert der einzelnen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sei nicht zulässig. Bei der durchgeführten Dreifachtherapie handle es sich um einen komplexen Behandlungsansatz, bei dem auch die ganztägige Krankenbeobachtung eine Rolle spiele. Es gehe gerade nicht um ein Auftragen von Salbe und damit nicht um eine Maßnahme, die von der häuslichen Krankenpflege erbracht werden könnte. Das SG verkenne das Zusammenspiel zwischen Pflege mit fachspezifischen Kenntnissen und Ärzten sowie die ständige Anwesenheit eines Arztes bei Auftreten von Nebenwirkungen. Maßgeblich sei schließlich immer die prognostische Beurteilung bei der Aufnahme. Die sedierende Wirkung sei nicht allein auf das Psychopharmakum zurückzuführen. Eine gegenseitige Verstärkung mit den sedierend wirkenden Antihistaminika sei nicht auszuschließen gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr EUR 2.568,77 zzgl. Zinsen in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz nach folgender Zinsstaffel zu zahlen: auf EUR 2.268,77 vom 15. Dezember 2015 bis Rechtshängigkeit, auf EUR 2.568,77 ab Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Es spiele keine Rolle, ob die Lebensqualität beeinträchtigt sei, da auch eine lebensqualitätsbeeinträchtigende Erkrankung ambulant behandelt werden könne und nicht per se für eine stationäre Notwendigkeit spreche. Der Sachverständige habe festgestellt, dass jede einzelne der durchgeführten Behandlungsmaßnahmen auch unter nichtvollstationären Bedingungen hätte erfolgen können. Diese Feststellungen stünden im Einklang mit denen des MDK und basierten somit auf unterschiedlichem fachärztlichen Sachverstand. Die Klägerin habe des Weiteren selbst nicht dargelegt und nachgewiesen, welche tatsächlichen Behandlungsmaßnahmen im ambulanten Bereich bereits durchgeführt worden und damit ausgeschöpft gewesen seien. Das SG habe sich eingehend mit den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen auseinandergesetzt, dessen Aussagen gewürdigt und sei diesem mangels zwingender Gründe für eine notwendige Krankenhausbehandlung nicht gefolgt. Die besondere apparative Ausrüstung eines Krankenhauses sei vorliegend nicht zum Einsatz gekommen. Eine jederzeitige ärztliche Interventionsbereitschaft sei medizinisch nicht notwendig gewesen. Die sedierende Nebenwirkung sei auf das Psychopharmakum zurückzuführen, bei dem es sich um ein Medikament aus der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung handle. Das SG habe auch nicht das Zusammenspiel zwischen Pflege und Ärzten verkannt. Es sei eine absurde Behauptung der Klägerin, dass Pflegekräfte im ambulanten Bereich in der Regel weniger gut ausgebildet seien als die im Krankenhaus tätigen und oft nur Grundkenntnisse besäßen. Bei der Versicherten habe es sich um eine junge, mobile und in der Pflege völlig selbständige Patientin gehandelt. Eine solche könne ohne weiteres die durchgeführte dreimal tägliche Anwendung auch ambulant erhalten und benötige nicht einer 24-stündigen ärztlichen Überwachung.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG, die von der Klägerin vorgelegte Patientenakte des Versicherten sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Sie bedurfte nicht der Zulassung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Streitgegenstand ist die Zahlung einer Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten in Höhe von EUR 2.268,77 sowie einer Aufwandspauschale in Höhe von EUR 300,00 (zzgl. Zinsen), zusammen mithin EUR 2.568,77; der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (EUR 750,00) ist überschritten.

2. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von EUR 2.268,77 sowie einer Aufwandspauschale in Höhe von EUR 300,00 nebst Zinsen hieraus aufgrund der Behandlung der Versicherten. Zu Recht hat die Beklagte in dieser Höhe gegen eine andere (unstreitige) Forderung der Klägerin aufgerechnet.

a) Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 13. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 9). Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt auch für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insofern reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz aus (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 253 Rn. 132).

b) Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht kein Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung des Versicherten in Höhe von (weiteren) EUR 2.268,77 zu. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich den von der Klägerin geltend gemachten Betrag in voller Höhe gezahlt, jedoch nachträglich den Vergütungsanspruch mit einem zwischen den Beteiligten nicht streitigen Vergütungsanspruch der Klägerin aus einem anderen (namentlich bezeichneten) Behandlungsfall gegen die Beklagte aufgerechnet.

aa) Zu Recht ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen des anderen, benannten Versicherten der Beklagten zunächst ein Anspruch auf die abgerechnete Vergütung in Höhe von EUR 2.268,77 zustand. Eine nähere Prüfung des Senats erübrigt sich insoweit (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2017 – B 1 KR 17/17 R – juris, Rn. 9 m.w.N.).

bb) Der anderweitige Vergütungsanspruch für Krankenhausbehandlung erlosch jedoch dadurch teilweise, dass die Beklagte mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten analog § 387 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wirksam die Aufrechnung erklärte (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R –, juris, Rn. 33 m.w.N.). Der Beklagten steht insoweit als Grundlage für ihre Gegenforderung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von EUR 2.268,77 zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten: BSG, Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 24/13 R – juris, Rn. 10), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte insoweit ohne Rechtsgrund. Die Klägerin hatte keinen Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Behandlung der Versicherten vom 30. Dezember 2011 bis 2. Januar 2012.

(1) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG (jeweils i.d.F. des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17. März 2009, BGBl. I 534) i.V.m. der Anlage 1 Teil a der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2011 vom 23. September 2010 (Fallpauschalenvereinbarung 2011 – FPV-2011) i.V.m. § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; i.d.F. durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz, a.a.O.) i.V.m. dem Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg, festgesetzt durch die Entscheidung der Landesschiedsstelle vom 21. September 2005, gültig ab 1. Januar 2006.

Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 1 SGB V das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung eines gesetzlich Krankenversicherten und damit korrespondierend die Zahlungspflicht einer Krankenkasse entsteht unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (BSG, Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 25/13 R – juris, Rn. 8 und – B 1 KR 26/13 R – juris, Rn. 8). Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.

(2) Die Grundvoraussetzungen des Vergütungsanspruches liegen vor. Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Plankrankenhaus. Die Versicherte war zum Zeitpunkt der stationären Behandlung Mitglied der Beklagten. Bei ihr bestand mit dem Prurigo simplex subacuta eine behandlungsbedürftige Krankheit. Dies entnimmt der Senat dem Arztbrief Prof. Dr. v. d. D. vom 13. März 2012. Weder das Krankheitsbild noch die Behandlungsbedürftigkeit werden von Seiten der Beklagten oder des MDK in Zweifel gezogen.

(3) Vom 30. Dezember 2011 bis 2. Januar 2012 bestand jedoch bei der Versicherten keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit.

(a) Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalles. Die Berechtigung der Krankenhausbehandlung ist nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen, sondern es kommt darauf an, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 3/08 KR R – juris, Rn. 22). Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 27/13 R – juris, Rn. 11). Als besondere Mittel des Krankenhauses sind eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter oder rufbereiter Arzt anzusehen. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. So besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung und damit auch kein Vergütungsanspruch des Krankenhauses, wenn es der Gesundheitszustand des Patienten ermöglicht, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung, einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 27/13 R – juris, Rn. 11). Bei maßgeblicher ex ante-Sicht sind dabei die im Zeitpunkt der Entscheidung über die stationäre Aufnahme ersichtlichen Umstände zu berücksichtigen.

(b) Nicht allein ausreichend ist daher zunächst der Verweis auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Lebensqualität oder einen hohen Leidensdruck der Versicherten durch die benannte Krankheit. Beides besagt – bei unterstelltem Bestehen – noch nichts über die Notwendigkeit gerade einer stationären Krankenhausbehandlung. Auch eine die Lebensqualität erheblich beeinträchtigende Krankheit kann einer ambulanten Behandlung zugänglich sein. Weder die Klägerin noch der gerichtliche Sachverständige haben dargelegt, weshalb eine wesentliche Beeinträchtigung der Lebensqualität schon per se im Fall der Versicherten den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses, insbesondere welcher, konkret erforderlich gemacht hätte. Eine solche Erforderlichkeit kann sich vielmehr allein aus der aufgrund der Krankheit oder ihrer Schwere notwendigen Therapie, Diagnostik oder Überwachungsbedürftigkeit ergeben. Spezifisch auf eine besondere psychische Belastung durch den angeführten Leidensdruck ausgerichtete Therapiemaßnahmen wurden im Krankenhaus der Klägerin nicht durchgeführt. Die Gabe des Antidepressivums erfolgte nach übereinstimmenden Angaben von Prof. Dr. v. d. D. und Dr. B. im Rahmen der juckreizbezogenen systemischen Therapie. Soweit klägerseits auf die Gefahr von Entzündungen durch offene Hautstellen verwiesen wurde, entnimmt der Senat den überzeugenden Ausführungen von Dr. Ha., dass stationär behandlungsbedürftige Entzündungen vorliegend nicht dokumentiert sind. Auch die Klägerin zeigte solche nicht konkret auf. Bei Auftreten von ambulant nicht beherrschbaren Entzündungen hätte, worauf Dr. Ha. hinwies, jederzeit ein Krankenhausaufenthalt veranlasst werden können. Ob und gegebenenfalls welche weiteren ambulanten Behandlungsmethoden bei Aufnahme noch zur Verfügung standen, kann der Senat offenlassen. Denn jedenfalls die vorliegend durchgeführte Diagnostik und Behandlung erforderten keine stationäre Ausnahme.

Als diagnostische Maßnahmen erfolgten eine ärztliche Inspektion des Hautorgans als Aufnahmeuntersuchung am 30. Dezember 2011, eine Laboruntersuchung des Stuhls auf Parasiten (Gewinnung am 2. Januar 2012), eine Röntgenuntersuchung des Thorax am 2. Januar 2012, ein RAST auf Antikörper gegen inhalative Allergene (Auftrag vom 31. Dezember 2012), eine Erhebung von Routinelaborparametern, ergänzt um juckreizbezogene Werte sowie pflegerisch eine Blutkörpersenkungsgeschwindigkeitsbestimmung und zweimalige Bestimmungen von Körpertemperatur und Blutdruck am 31. Dezember 2011. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. B. und der vorgelegten Patientenakte. Eine breite, insbesondere auch internistische Untersuchung, wie von Prof. Dr. v. d. D. angeführt, lässt sich der Patientenakte nicht entnehmen. Nicht dokumentiert ist eine über den Hautbefund hinausgehende Untersuchung. Der Aufnahmebogen enthält insoweit keine Eintragungen. Der Einwand von Prof. Dr. v. d. D., die Dokumentation von Normalbefunden erfolge aus Zeitgründen nicht, ist nicht überzeugend. Ein Normalbefund kann, worauf bereits Dr. Ha. überzeugend hinwies, in Kurzform (o.B.; durchgestrichener Kreis) dokumentiert werden. Zur Beurteilung kann jedenfalls nur herangezogen werden, was dokumentiert ist. Auch Dr. B. hielt es aus gutachterlicher Sicht für sehr wahrscheinlich, dass keine über die Inspektion des Hautorgans hinausgehende Untersuchung durchgeführt wurde. Ausdrücklich wies er darauf hin, dass sich die Ausführungen der Klägerin bezüglich der notwendigen Intensität im Rahmen der klinischen und apparativen Diagnostik nicht mit den dokumentierten Maßnahmen deckten. Die tatsächlich erfolgten Untersuchungen (ärztliche Inspektion des Hautorgangs, Abnahme der Laborwerte, Röntgen des Thorax) wären auch ambulant möglich gewesen. Der Senat folgt insoweit den gut begründeten Darlegungen von Dr. Ha. und Dr. B ... Zweifel an der fachlichen Eignung des gerichtlichen Sachverständigen hat der Senat nicht. Soweit die Klägerin im sozialgerichtlichen Verfahren geltend gemacht hatte, Dr. B. fehle es an der notwendigen Eignung, da er im fraglichen Zeitraum im Krankenhaus nicht als praktizierender Arzt tätig gewesen sei und keine praktische Erfahrung im Bereich der operativen Dermatologie habe, hat sie hieran im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr festgehalten. Der Senat selbst sieht keine substantiierten Hinweise auf eine fehlende Fachkenntnis. Operative Maßnahmen stehen vorliegend ohnehin nicht im Streit. Dr. B. verwies auf eine "etwas zurückhaltende Diagnostik" und bestätigte, dass grundsätzlich jede einzelne Maßnahme für sich auch unter nicht vollstationären Bedingungen hätte erfolgen können. Dr. Ha. wies des Weiteren überzeugend drauf hin, dass eine Sonographie des Abdomens für den ambulanten Bereich empfohlen wurde. Eine weitergehende Diagnostik fand nicht statt. Eine besondere Intensität der diagnostischen Maßnahmen lag damit nicht vor.

Therapeutisch erfolgte eine medikamentöse Behandlung mit Antihistaminika (Xusal und Tavegil) sowie mit Insidon, einem Antidepressivum, das nach Darlegung von Dr. B. aufgrund seiner vielfältigen Wirkung auch einen Juckreiz stillenden Effekt haben kann. Des Weiteren wurde eine externe Behandlung mit "I Betamethason, II Chinosol III Thesit-Creme", letztere auch zum Zwischencremen ärztlich angeordnet. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. B. und der vorgelegten Patientenakte. Die Anordnung zur externen Behandlung ist nach überzeugender Darstellung von Dr. B. als dreimal tägliche Behandlung (I morgens, II mittags, III abends) zu verstehen, da eine gleichzeitige Behandlung mit den drei Präparaten sinnlos wäre. Die Behandlung mit Chinosol wurde allerdings am 30. und 31. Dezember 2011 nicht durchgeführt. In der Pflegedokumentation ist an diesen Tagen jeweils kein Handzeichen vermerkt, sondern ein durchgestrichener Kreis. Prof. Dr. v. d. D. führte hierzu aus, die fehlende Dokumentation der mittäglichen Salbentherapie könne durch notwendige Untersuchungen bedingt gewesen sein; in diesen Fällen werde die Therapie außerhalb der normalen Therapiezeiten durchgeführt, ohne dass die Schwestern dies gesondert vermerkten. Dies ist anhand der vorliegenden Dokumentation nicht nachvollziehbar. Der ausdrücklich vermerkte durchgestrichene Kreis weist aus, dass die Behandlung nicht durchgeführt wurde. Eine Nachholung ist nicht festgehalten. Auch Dr. B. erachtet eine Nachholung ohne Dokumentation in der Akte überzeugend als nicht plausibel. Die dreimal tägliche Behandlung mit Externa erfolgte tatsächlich somit lediglich an einem Tag, dem 1. Januar 2012. Daher vermögen auch die Ausführungen der Klägerin über das Zusammenwirken von spezialisierten Pflegefachkräften und Ärzten und insbesondere der Überwachung möglicher Nebenwirkungen und Reaktionen in der Kombination der externen Behandlung nicht überzeugen. Diese Situation trat am Aufnahme- und dem folgenden Tag gar nicht auf. Auf die anderslautende ärztliche Verordnung kommt es insoweit nicht an. Eine tatsächlich nicht durchgeführte Behandlungsmaßnahme rechtfertigt in dieser Situation nicht die Abrechnung einer stationären Krankenhausbehandlung. Die Behandlung mit Externa hätte ambulant erfolgen können. Der Senat folgt insoweit der übereinstimmenden Einschätzung von Dr. Ha. und Dr. B ... Die Argumentation von Prof. Dr. v. d. D., die durchgeführte dreimal tägliche externe Ganzkörpersalbentherapie sei ambulant wegen der Häufigkeit der Applikation, der Menge der notwendigen Salben sowie der Unerreichbarkeit großer Hautareale für die Versicherte nicht möglich, ist schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Behandlung tatsächlich nicht in der angegebenen Frequenz durchgeführt wurde. Dr. B. bestätigte hingegen auch bezogen auf die Behandlungsmaßnahmen, dass jede einzelne Maßnahme für sich auch unter nicht vollstationären Bedingungen hätte erfolgen können. Überzeugend wies Dr. Ha. darauf hin, dass die Versicherte nach der vorhandenen Dokumentation mobil und in der Pflege selbständig gewesen sei. Jedenfalls hätte gegebenenfalls auch die Möglichkeit einer ambulanten häuslichen Krankenpflege zurückgegriffen werden können. Die dagegen vorgebrachten Einwände der Klägerin der besonderen fachspezifischen Kenntnisse des Klinikpersonals überzeugen bereits aus oben genannten Gründen nicht. Ohnehin sind auch über das Aufbringen der Salben hinausgehende externe Behandlungen wie Schlauchverbände oder Bestrahlungen nicht dokumentiert.

Auch unter zusätzlicher Berücksichtigung der medikamentösen Therapie und einer daraus resultierenden sedierenden Wirkung waren im streitbefangenen Zeitraum die besonderen Mittel eines Krankenhauses nicht erforderlich. Prof. Dr. v. d. D. gab in seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge zunächst an, die Versicherte sei mit einer hochdosierten Gabe von Antihistaminika in sedierender Dosierung und eines Antidepressivums behandelt worden. In der Summe der Medikation bestehe nicht selten eine so starke Sedierung des Patienten, dass eine aktive Teilnahme am Verkehr nicht mehr möglich sei. Erst in seiner später vorgelegten Stellungnahme vom 19. Dezember 2016 führte er eine – generelle – Möglichkeit einer nächtlichen Sturzgefahr an. Bereits dies weckt Zweifel daran, dass diese Gefahr die hier streitige stationäre Aufnahme auslöste. Nach der schlüssigen Darstellung von Dr. Ha. ist jedoch den ärztlichen Anordnungen und der Tageskurve zu entnehmen, dass Xusal mit dem Doppelten der empfohlenen Tagesdosis verabreicht wurde; Tavegil hingegen nur in Höhe der minimal empfohlenen Tagesdosis. Dabei handelt es sich beim höher dosierten Xusal um ein eher nicht sedierendes Medikament, während das stärker sedierende Tavegil mithin niedrig dosiert wurde. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. B ... Auch bei Insidon wurde lediglich mit einer vorsichtigen Eindosierung begonnen. So stellt auch Dr. B. fest, dass die systemische Therapie "sicherlich nicht mit der Höchstdosis" erfolgte. Gleichwohl verwies er darauf, die von Prof. Dr. v. d. D. angeführten additiven Effekte insbesondere der sedierenden Nebenwirkung seien möglich. Hier sei eine engmaschige individuelle Krankenbeobachtung unter stationären Bedingungen durchaus indiziert. Dr. Ha. berücksichtigte ebenfalls, dass es bei Kombination mehrerer Wirkstoffe zu individuell unterschiedlichen Wechselwirkungen kommen könne, so dass eine gegenseitige Verstärkung des sedierenden Effekts nicht ausgeschlossen werden könne. Dennoch ist nach seiner überzeugenden Darstellung zu berücksichtigen, dass die Dosierung der Medikation außer bei Xusal eher im niedrigen empfohlenen Bereich lag. Weder dem ärztlichen Verlauf noch der Pflegedokumentation ist danach zu entnehmen, dass oder inwieweit das Klinikum die Betreuung der Versicherten an dem angeführten Risiko ausgerichtet hätte. So verwies Dr. Ha. in diesem Zusammenhang zu Recht darauf, dass den Unterlagen die von Prof. Dr. v. d. D. angeführte Beratung bezüglich des Verhaltens im Verkehr ebenso wenig zu entnehmen ist wie eine Aufklärung der Versicherten oder ihrer Angehörigen über die möglicherweise sedierende Nebenwirkung. Auch der gerichtliche Sachverständige sieht allein deswegen eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht begründet. Vielmehr verweist er auf weitere, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigende Umstände.

Wenn auch Dr. B. aufgrund einer Gesamtbetrachtung eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit als nachvollziehbar erachtete, vermag der Senat sich auf dieser Grundlage nicht davon überzeugen, dass die besonderen Mittel eines Krankenhauses im Falle der Versicherten tatsächlich erforderlich waren. Der Sachverständige verweist zunächst auf die schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensqualität und die erforderliche komplexe systemische und topische Therapie. Dr. B. legte jedoch selbst dar, dass die topische Therapie gerade nicht in dem zunächst angegebenen Umfang durchgeführt wurde. Des Weiteren besagt, wie oben bereits ausgeführt, eine – auch wesentliche oder schwerwiegende – Beeinträchtigung der Lebensqualität per se nichts über die Notwendigkeit einer stationären Behandlung. Mit der in seiner Gesamtbetrachtung ebenfalls berücksichtigten schwer möglichen Verständigung mangels deutscher Sprachkenntnisse bezieht er darüber hinaus einen nichtmedizinischen Umstand mit ein. Dass die Versicherte kaum Deutsch sprach, war zwar in der Patientenakte vermerkt, welche Konsequenzen sich hieraus für die Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung ergaben oder ergeben sollten, ist weder der Patientenakte zu entnehmen noch wird dies von Dr. B. aufgezeigt. Die Einbeziehung dieses Umstandes überzeugt darüber hinaus auch deshalb nicht, weil er der bis zur Aufnahme bereits über zwei Jahre laufenden ambulanten Behandlung nicht entgegenstand.

(4) Da die Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hat, besteht kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Aufwandspauschale nach § 275 Abs. lc SGB V in Höhe von EUR 300,00.

(5) In Ermangelung eines Hauptanspruchs geht auch der geltend gemachte Antrag auf Verzinsung ins Leere.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei war der Verzinsungsantrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt.
Rechtskraft
Aus
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