Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 2455/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts K. vom 6. Juni 2018 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für Juli 2017.
Der Kläger ist 1945 geboren. Eine seit dem Jahr 2012 bestehende Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Verkehr mit Behörden und Sozialleistungsträgern sowie Vermögenssorge hob das Amtsgericht K. – Betreuungsgericht – mit Beschluss vom 7. Juli 2017 (XVII 38/12) auf, da die Voraussetzungen für die Betreuung weggefallen seien.
Der Kläger bezieht eine monatliche Altersrente; diese betrug im Juli 2017 293,17 Euro. Außerdem ist dem Kläger eine Unfallrente in Höhe von zuletzt mindestens 450,29 Euro monatlich bewilligt worden (Bescheid der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe vom 4. August 2015 und Rentenanpassungsmitteilung vom 21. Juni 2016), die aufgrund des Wunsches des Klägers an eine dritte Person (B. N.) ausgezahlt wird.
Der Kläger bezog mit Unterbrechungen seit dem Jahr 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der Beklagten. Die Beklagte bewilligte ihm unter anderem mit Bescheid vom 27. Juni 2017 vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Juli 2017 in Höhe von 75,31 Euro. Sie berücksichtigte dabei auf der Bedarfsseite einen Regelsatz in Höhe von 409,00 Euro, einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 69,53 Euro, Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 92,11 Euro, Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 17,11 Euro, den Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 6,58 Euro, einen Mehrbedarf "Warmwasser" in Höhe von 9,41 Euro, Unterkunftsnebenkosten in Höhe von 147,00 Euro, Grundsteuer in Höhe von 17,03 Euro sowie Heizkosten inkl. Warmwasseranteile in Höhe von 51,00 Euro (insgesamt: 818,77 Euro) und auf der Einkommensseite die Altersrente in Höhe von 293,17 Euro und die Unfallrente in Höhe von 450,29 Euro (insgesamt 743,46 Euro). Mit Schreiben vom 14. September 2017 übersandte die Beklagte diesen Bescheid dem Kläger (nochmals).
Am 9. Oktober 2017 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. Juni 2017. Es sei "eine vorsätzliche Unverschämtheit", ihm die Bescheide mehr als vier Monate verspätet zuzusenden. Er fordere die Beklagte auf, diesen Bescheid für nichtig zu erklären. Dieser sei vorsätzlich in vielen Punkten falsch. Vor allen Dingen sei gelogen, dass er nicht restlos alle Angaben über seine Einkünfte oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe. Die Beklagte schreibe seitenweise zum wiederholten Male "einen totalen Unsinn", der ihn nicht betreffe. Dies sei der Beklagten hinreichend bekannt. Die Beklagte führe mit "konstanter Boshaftigkeit" ein Einkommen aus Unfallrente an, obwohl ja bekannt sei, dass er dieses Einkommen nicht habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 zurück. Der Kläger habe einen Gesamtbedarf in Höhe von 818,77 Euro (Regelsatz in Höhe von 409,00 Euro, Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 215,03 Euro, Mehrbedarf wegen Behinderung in Höhe von 69,53 Euro, Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 109,22 Euro, Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 6,58 Euro und Mehrbedarfszuschlag für dezentrale Wasseraufbereitung in Höhe von 9,41 Euro). Diesem Bedarf stehe Einkommen aus der Altersrente in Höhe von 293,17 Euro sowie eine Selbsthilfemöglichkeit in Bezug auf die Unfallrente in Höhe von 450,29 Euro (insgesamt 743,46 Euro) gegenüber. Dieser Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger laut Zustellungsurkunde am 18. Oktober 2017 zugestellt.
Mit Bescheid vom 28. November 2017 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab dem 1. August 2017 ab, da mangels Mitwirkung des Klägers die Höhe der Unfallrente nicht bekannt sei und die Höhe seiner Bedürftigkeit nicht ermittelt werden könne. Hiergegen erhob der Kläger am 25. Februar 2018 Widerspruch.
Im Zuge weiterer Schriftwechsel zwischen den Beteiligten wies die Beklagte den Kläger in einem Schreiben vom 14. Februar 2018 unter anderem auf die Entscheidung ihrer "Sozialrechtstelle" vom 16. Oktober 2017 hin, in der der Kläger ausführlich aufgeklärt und informiert worden sei. Auch wenn er der Meinung sei, dass die Unfallrente den Sozialleistungsträger nichts angehe, dürfe er die Unfallrente zwar ausgeben für was er wolle, allerdings müsse die Rente als Einkommen auf die Sozialleistungen angerechnet werden.
Mit am selben Tag eingegangenem Schreiben vom 26. Februar 2018 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass ihm eine Entscheidung vom 16. Oktober 2017 nicht bekannt sei. Er lege Widerspruch ein und beantrage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Die Beklagte wies unter anderem den Widerspruch vom 26. Februar 2018 gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2018 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig. Der Widerspruch könne nur gegen einen Verwaltungsakt erhoben werden. Zwar handele es sich bei dem Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 um einen Verwaltungsakt. Die Möglichkeit eines erneuten Widerspruchs sei jedoch nicht gegeben. Da ein Widerspruch gegen einen Widerspruchsbescheid unstatthaft sei, bedürfe die Frage einer eventuellen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keiner weiteren Erörterung. Zugleich wies der Beklagte unter anderem den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. November 2017 zurück.
Unter anderem hiergegen hat der Kläger am 27. März 2018 beim Sozialgericht K. (SG) Klage (Aktenzeichen S 2 SO 1067/18) erhoben.
Mit Beschluss vom 3. Mai 2018 hat das SG vom Verfahren S 2 SO 1067/18 die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2018 (Streitgegenstand: Zurückweisung des Widerspruchs vom 26. Februar 2018 gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 als unzulässig) abgetrennt und fortan unter dem Aktenzeichen S 2 SO 1447/18 geführt. Die Klage gegen den Bescheid vom 28. November 2017 erhielt nach Abtrennung durch denselben Beschluss das Aktenzeichen S 2 SO 1445/18; das SG hat die Klage insofern mit Urteil vom 30. Mai 2018 abgewiesen, wogegen beim Senat die Berufung des Klägers unter dem Aktenzeichen L 7 SO 2453/18 anhängig ist.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 sei unzulässig. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 sei dem Kläger nachweislich am 18. Oktober 2017 förmlich zugestellt worden. Die durch die Zustellung ausgelöste Klagefrist habe mit Ablauf des 20. November 2017 (Montag) geendet. Die jetzige Klage vom 26. März 2018 sei somit verfristet.
Das SG hat die Klage S 2 SO 1447/18 mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2018 abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Gegenstand der Klage sei ausschließlich die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2018, soweit diese den Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 als unzulässig verworfen habe. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil die Beklagte den Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen habe. Gegen einen Widerspruchsbescheid sei ausschließlich das Rechtsmittel der Klage vorgesehen.
Gegen den ihm am 9. Juni 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29. Juni 2018 beim SG Berufung eingelegt. Das "Urteil" sei für nichtig zu erklären, weil er zu den stattgefundenen Terminen keine Ladung erhalten habe. In der Gerichtsverhandlung habe die Gegenseite eine "Unmasse von Lügen" vorgetragen. Es sei untragbar, dass diese Lügen jetzt im Protokoll und "Urteil" stünden, gegen die er sich wehren wolle. Die gesamte Verhandlung müsse "von Null" angefangen werden. Die bisherigen Vorträge dürften keinerlei Berücksichtigung finden. Es sei untragbar, wenn ihm in den Akten Schwarzarbeit unterstellt werde. Er werde den Oberbürgermeister der Beklagten über die Lügen seiner Mitarbeiter informieren und behalte sich eine Strafanzeige wegen Falschaussage bei Gericht vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts K. vom 6. Juni 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 27. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2017 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2018 zu verurteilen, ihm für Juli 2017 weitere Leistungen in Höhe von 450,29 Euro zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Berufung jedenfalls unbegründet sei. Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Klägers ist mangels Zulassung unzulässig und daher gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen.
a) Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung, bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Für die Frage, ob die Berufung der Zulassung bedarf, ist der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels entscheidend (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – juris Rdnr. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – juris Rdnr. 13; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2015 – L 4 R 3257/13 – juris Rdnr. 41; Breitkreuz/Schreiber in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 144 Rdnr. 6; Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rdnr. 24). Der Beschwerdewert bemisst sich ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 6). Fallen mehrere Streitgegenstände in den Anwendungsbereich des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, sind die Beschwerdewerte zu addieren (BSG, Urteil vom 5. Februar 1998 – B 11 AL 19/97 – juris Rdnr. 15; BSG, Beschluss vom 18. April 2016 – B 14 AS 150/15 – juris Rdnr. 6).
b) Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Berufung nicht vor.
aa) Ein Beschwerdewert von mehr als 750,00 Euro wird nicht erreicht.
(1) Der Beschwerdegegenstand richtet sich danach, was durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts versagt, also abgelehnt worden ist, und mit der Berufung weiterverfolgt wird (BSG, Beschluss vom 5. August 2015 – B 4 AS 17/15 B – juris Rdnr. 6 m.w.N.). Dies ist durch Vergleich des vor dem Sozialgericht beantragten Gegenstandes mit dem ausgeurteilten Gegenstand und dem in der Berufung weiterverfolgten Begehren zu bestimmen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rdnr. 14 m.w.N.; Wehrhahn in jurisPK-SGG, 2017, § 144 Rdnr. 19). Maßgeblich ist insoweit, was der Berufungskläger in Wirklichkeit als sachlich verfolgtes Prozessziel anstrebt, was er unter den gegebenen Umständen allenfalls wollen kann (BSG, Urteil vom 5. März 1980 – 9 RV 44/78 – Rdnr. 14). Maßgebend ist der materielle "Kern" des gerichtlichen Verfahrens (BSG, Urteil vom 5. März 1980 – 9 RV 44/78 – Rdnr. 14). Bei einer Trennung von Verfahren richtet sich der Beschwerdewert nach dem verselbständigten Prozessteil (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rdnr. 18a).
(2) Das Begehren des Klägers zielt bei sachgerechter Auslegung seines Vorbringens auf die Gewährung von höheren Leistungen der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung für Juli 2017. Die Begrenzung auf diesen Monat ergibt sich daraus, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 27. Juni 2017, den der Kläger mit seinen Widersprüchen vom 9. Oktober 2017 und 26. Februar 2018 angegriffen hat, nur hierüber entschieden hat. Bei sachgerechter Auslegung des klägerischen Begehrens waren die genannten Bescheide auch bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens.
Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen die Berücksichtigung der ihm bewilligten Unfallrente in Höhe von 450,29 Euro, so dass er auf die Gewährung weiterer Leistungen in Höhe von 450,29 Euro abzielt. Ein Betrag von mehr als 750,00 Euro wird damit nicht erreicht.
bb) Die Berufung betrifft auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, sondern – siehe oben – Leistungen lediglich für einen Monat, nämlich für Juli 2017. Die Zeit ab dem 1. August 2018 ist Gegenstand des Bescheides der Beklagten vom 28. November 2017; die Klage hiergegen (S 2 SO 1445/18) hat das SG mit Urteil vom 30. Mai 2018 abgewiesen; hiergegen ist die Berufung des Klägers beim Senat gesondert anhängig (L 7 SO 2453/18).
c) Die Berufung ist auch nicht durch das SG zugelassen worden. Zwar hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid über das Rechtsmittel der Berufung belehrt. Das SG hat die Berufung aber weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung allein ersetzt nicht die Berufungszulassung (BSG, Urteil vom 28. März 1957 – 7 RAr 103/55 – juris Rdnr. 21; BSG Urteil vom 18. März 2004 – B 11 AL 53/03 R – juris Rdnr. 12; BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 8). Die Verwendung der für zulassungsfreie Berufungen üblichen Rechtsmittelbelehrung ist keine Entscheidung über die Zulassung, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die das Berufungsgericht nicht bindet (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 – juris Rdnr. 8).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
3. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für Juli 2017.
Der Kläger ist 1945 geboren. Eine seit dem Jahr 2012 bestehende Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt für die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Verkehr mit Behörden und Sozialleistungsträgern sowie Vermögenssorge hob das Amtsgericht K. – Betreuungsgericht – mit Beschluss vom 7. Juli 2017 (XVII 38/12) auf, da die Voraussetzungen für die Betreuung weggefallen seien.
Der Kläger bezieht eine monatliche Altersrente; diese betrug im Juli 2017 293,17 Euro. Außerdem ist dem Kläger eine Unfallrente in Höhe von zuletzt mindestens 450,29 Euro monatlich bewilligt worden (Bescheid der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe vom 4. August 2015 und Rentenanpassungsmitteilung vom 21. Juni 2016), die aufgrund des Wunsches des Klägers an eine dritte Person (B. N.) ausgezahlt wird.
Der Kläger bezog mit Unterbrechungen seit dem Jahr 2011 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von der Beklagten. Die Beklagte bewilligte ihm unter anderem mit Bescheid vom 27. Juni 2017 vorläufig Leistungen der Grundsicherung für Juli 2017 in Höhe von 75,31 Euro. Sie berücksichtigte dabei auf der Bedarfsseite einen Regelsatz in Höhe von 409,00 Euro, einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 69,53 Euro, Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 92,11 Euro, Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 17,11 Euro, den Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 6,58 Euro, einen Mehrbedarf "Warmwasser" in Höhe von 9,41 Euro, Unterkunftsnebenkosten in Höhe von 147,00 Euro, Grundsteuer in Höhe von 17,03 Euro sowie Heizkosten inkl. Warmwasseranteile in Höhe von 51,00 Euro (insgesamt: 818,77 Euro) und auf der Einkommensseite die Altersrente in Höhe von 293,17 Euro und die Unfallrente in Höhe von 450,29 Euro (insgesamt 743,46 Euro). Mit Schreiben vom 14. September 2017 übersandte die Beklagte diesen Bescheid dem Kläger (nochmals).
Am 9. Oktober 2017 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. Juni 2017. Es sei "eine vorsätzliche Unverschämtheit", ihm die Bescheide mehr als vier Monate verspätet zuzusenden. Er fordere die Beklagte auf, diesen Bescheid für nichtig zu erklären. Dieser sei vorsätzlich in vielen Punkten falsch. Vor allen Dingen sei gelogen, dass er nicht restlos alle Angaben über seine Einkünfte oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht habe. Die Beklagte schreibe seitenweise zum wiederholten Male "einen totalen Unsinn", der ihn nicht betreffe. Dies sei der Beklagten hinreichend bekannt. Die Beklagte führe mit "konstanter Boshaftigkeit" ein Einkommen aus Unfallrente an, obwohl ja bekannt sei, dass er dieses Einkommen nicht habe.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 zurück. Der Kläger habe einen Gesamtbedarf in Höhe von 818,77 Euro (Regelsatz in Höhe von 409,00 Euro, Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 215,03 Euro, Mehrbedarf wegen Behinderung in Höhe von 69,53 Euro, Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 109,22 Euro, Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 6,58 Euro und Mehrbedarfszuschlag für dezentrale Wasseraufbereitung in Höhe von 9,41 Euro). Diesem Bedarf stehe Einkommen aus der Altersrente in Höhe von 293,17 Euro sowie eine Selbsthilfemöglichkeit in Bezug auf die Unfallrente in Höhe von 450,29 Euro (insgesamt 743,46 Euro) gegenüber. Dieser Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger laut Zustellungsurkunde am 18. Oktober 2017 zugestellt.
Mit Bescheid vom 28. November 2017 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen ab dem 1. August 2017 ab, da mangels Mitwirkung des Klägers die Höhe der Unfallrente nicht bekannt sei und die Höhe seiner Bedürftigkeit nicht ermittelt werden könne. Hiergegen erhob der Kläger am 25. Februar 2018 Widerspruch.
Im Zuge weiterer Schriftwechsel zwischen den Beteiligten wies die Beklagte den Kläger in einem Schreiben vom 14. Februar 2018 unter anderem auf die Entscheidung ihrer "Sozialrechtstelle" vom 16. Oktober 2017 hin, in der der Kläger ausführlich aufgeklärt und informiert worden sei. Auch wenn er der Meinung sei, dass die Unfallrente den Sozialleistungsträger nichts angehe, dürfe er die Unfallrente zwar ausgeben für was er wolle, allerdings müsse die Rente als Einkommen auf die Sozialleistungen angerechnet werden.
Mit am selben Tag eingegangenem Schreiben vom 26. Februar 2018 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass ihm eine Entscheidung vom 16. Oktober 2017 nicht bekannt sei. Er lege Widerspruch ein und beantrage Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Die Beklagte wies unter anderem den Widerspruch vom 26. Februar 2018 gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2018 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig. Der Widerspruch könne nur gegen einen Verwaltungsakt erhoben werden. Zwar handele es sich bei dem Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 um einen Verwaltungsakt. Die Möglichkeit eines erneuten Widerspruchs sei jedoch nicht gegeben. Da ein Widerspruch gegen einen Widerspruchsbescheid unstatthaft sei, bedürfe die Frage einer eventuellen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand keiner weiteren Erörterung. Zugleich wies der Beklagte unter anderem den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. November 2017 zurück.
Unter anderem hiergegen hat der Kläger am 27. März 2018 beim Sozialgericht K. (SG) Klage (Aktenzeichen S 2 SO 1067/18) erhoben.
Mit Beschluss vom 3. Mai 2018 hat das SG vom Verfahren S 2 SO 1067/18 die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2018 (Streitgegenstand: Zurückweisung des Widerspruchs vom 26. Februar 2018 gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 als unzulässig) abgetrennt und fortan unter dem Aktenzeichen S 2 SO 1447/18 geführt. Die Klage gegen den Bescheid vom 28. November 2017 erhielt nach Abtrennung durch denselben Beschluss das Aktenzeichen S 2 SO 1445/18; das SG hat die Klage insofern mit Urteil vom 30. Mai 2018 abgewiesen, wogegen beim Senat die Berufung des Klägers unter dem Aktenzeichen L 7 SO 2453/18 anhängig ist.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 sei unzulässig. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 sei dem Kläger nachweislich am 18. Oktober 2017 förmlich zugestellt worden. Die durch die Zustellung ausgelöste Klagefrist habe mit Ablauf des 20. November 2017 (Montag) geendet. Die jetzige Klage vom 26. März 2018 sei somit verfristet.
Das SG hat die Klage S 2 SO 1447/18 mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2018 abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Gegenstand der Klage sei ausschließlich die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2018, soweit diese den Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017 als unzulässig verworfen habe. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil die Beklagte den Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen habe. Gegen einen Widerspruchsbescheid sei ausschließlich das Rechtsmittel der Klage vorgesehen.
Gegen den ihm am 9. Juni 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 29. Juni 2018 beim SG Berufung eingelegt. Das "Urteil" sei für nichtig zu erklären, weil er zu den stattgefundenen Terminen keine Ladung erhalten habe. In der Gerichtsverhandlung habe die Gegenseite eine "Unmasse von Lügen" vorgetragen. Es sei untragbar, dass diese Lügen jetzt im Protokoll und "Urteil" stünden, gegen die er sich wehren wolle. Die gesamte Verhandlung müsse "von Null" angefangen werden. Die bisherigen Vorträge dürften keinerlei Berücksichtigung finden. Es sei untragbar, wenn ihm in den Akten Schwarzarbeit unterstellt werde. Er werde den Oberbürgermeister der Beklagten über die Lügen seiner Mitarbeiter informieren und behalte sich eine Strafanzeige wegen Falschaussage bei Gericht vor.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts K. vom 6. Juni 2018 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 27. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2017 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2018 zu verurteilen, ihm für Juli 2017 weitere Leistungen in Höhe von 450,29 Euro zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Berufung jedenfalls unbegründet sei. Sie verweist auf den Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2017.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Berufung des Klägers ist mangels Zulassung unzulässig und daher gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen.
a) Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung, bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Für die Frage, ob die Berufung der Zulassung bedarf, ist der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels entscheidend (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 8. Oktober 1981 – 7 RAr 72/80 – juris Rdnr. 16 m.w.N.; BSG, Urteil vom 23. Februar 2011 – B 11 AL 15/10 R – juris Rdnr. 13; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2015 – L 4 R 3257/13 – juris Rdnr. 41; Breitkreuz/Schreiber in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 144 Rdnr. 6; Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rdnr. 24). Der Beschwerdewert bemisst sich ausschließlich nach der Höhe des Geldbetrages, um den unmittelbar gestritten wird (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 6). Fallen mehrere Streitgegenstände in den Anwendungsbereich des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, sind die Beschwerdewerte zu addieren (BSG, Urteil vom 5. Februar 1998 – B 11 AL 19/97 – juris Rdnr. 15; BSG, Beschluss vom 18. April 2016 – B 14 AS 150/15 – juris Rdnr. 6).
b) Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Berufung nicht vor.
aa) Ein Beschwerdewert von mehr als 750,00 Euro wird nicht erreicht.
(1) Der Beschwerdegegenstand richtet sich danach, was durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts versagt, also abgelehnt worden ist, und mit der Berufung weiterverfolgt wird (BSG, Beschluss vom 5. August 2015 – B 4 AS 17/15 B – juris Rdnr. 6 m.w.N.). Dies ist durch Vergleich des vor dem Sozialgericht beantragten Gegenstandes mit dem ausgeurteilten Gegenstand und dem in der Berufung weiterverfolgten Begehren zu bestimmen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rdnr. 14 m.w.N.; Wehrhahn in jurisPK-SGG, 2017, § 144 Rdnr. 19). Maßgeblich ist insoweit, was der Berufungskläger in Wirklichkeit als sachlich verfolgtes Prozessziel anstrebt, was er unter den gegebenen Umständen allenfalls wollen kann (BSG, Urteil vom 5. März 1980 – 9 RV 44/78 – Rdnr. 14). Maßgebend ist der materielle "Kern" des gerichtlichen Verfahrens (BSG, Urteil vom 5. März 1980 – 9 RV 44/78 – Rdnr. 14). Bei einer Trennung von Verfahren richtet sich der Beschwerdewert nach dem verselbständigten Prozessteil (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rdnr. 18a).
(2) Das Begehren des Klägers zielt bei sachgerechter Auslegung seines Vorbringens auf die Gewährung von höheren Leistungen der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung für Juli 2017. Die Begrenzung auf diesen Monat ergibt sich daraus, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 27. Juni 2017, den der Kläger mit seinen Widersprüchen vom 9. Oktober 2017 und 26. Februar 2018 angegriffen hat, nur hierüber entschieden hat. Bei sachgerechter Auslegung des klägerischen Begehrens waren die genannten Bescheide auch bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens.
Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen die Berücksichtigung der ihm bewilligten Unfallrente in Höhe von 450,29 Euro, so dass er auf die Gewährung weiterer Leistungen in Höhe von 450,29 Euro abzielt. Ein Betrag von mehr als 750,00 Euro wird damit nicht erreicht.
bb) Die Berufung betrifft auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, sondern – siehe oben – Leistungen lediglich für einen Monat, nämlich für Juli 2017. Die Zeit ab dem 1. August 2018 ist Gegenstand des Bescheides der Beklagten vom 28. November 2017; die Klage hiergegen (S 2 SO 1445/18) hat das SG mit Urteil vom 30. Mai 2018 abgewiesen; hiergegen ist die Berufung des Klägers beim Senat gesondert anhängig (L 7 SO 2453/18).
c) Die Berufung ist auch nicht durch das SG zugelassen worden. Zwar hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid über das Rechtsmittel der Berufung belehrt. Das SG hat die Berufung aber weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen. Die unrichtige Rechtsmittelbelehrung allein ersetzt nicht die Berufungszulassung (BSG, Urteil vom 28. März 1957 – 7 RAr 103/55 – juris Rdnr. 21; BSG Urteil vom 18. März 2004 – B 11 AL 53/03 R – juris Rdnr. 12; BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 B – juris Rdnr. 8). Die Verwendung der für zulassungsfreie Berufungen üblichen Rechtsmittelbelehrung ist keine Entscheidung über die Zulassung, sondern eine falsche Rechtsmittelbelehrung, die das Berufungsgericht nicht bindet (BSG, Beschluss vom 22. Juli 2010 – B 4 AS 77/10 – juris Rdnr. 8).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
3. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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