Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 1235/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2293/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.05.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; mindestens 50 statt 30) seit 02.08.2016 zusteht.
Auf den Antrag der 1959 geborenen Klägerin vom 19.08.2015 (Blatt 1/4 der Beklagtenakte) stellte das Landratsamt B. (LRA) mit Bescheid vom 19.11.2015 (Blatt 31/32 der Beklagtenakte) den GdB seit 19.08.2015 mit 20 fest (zur versorgungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. W. vom 13.11.2015 vgl. Blatt 29/30 der Beklagtenakte; zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (GdB 20); Bluthochdruck (GdB 10); Depression (GdB 10); kein GdB von mindestens 10: Glaukom beidseits, Hypothyreose, Divertikulose).
Mit Antrag vom 02.08.2016 beantragte die Klägerin beim LRA die höhere (Neu-)Feststellung des GdB (Blatt 34/35 der Beklagtenakte). Zu diesem Antrag verwies sie auf Beschwerden der HWS (Bandscheibenvorfall C3/4, neu), der LWS (Bandscheibenvorfall L3/4 neu, L5/S1), eine Facettengelenksarthrose der LWS, ein ISG-Syndrom beidseits und eine Osteochondrose C5-C7 (neu). Die Klägerin legte auch ärztliche Berichte (dazu vgl. Blatt 36/39 der Beklagtenakte) vor.
Das LRA zog von der Orthopädischen Praxis und Gelenk-Klinik Dr. D. eine Befundbeschreibung (dazu vgl. Blatt 42 der Beklagtenakte) bei.
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 25.09.2016 (Blatt 43/44 der Beklagtenakte) den GdB weiterhin mit 20 bewertete (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (GdB 20); Bluthochdruck (GdB 10); seelische Störung (GdB 10)), lehnte das LRA mit Bescheid vom 29.09.2016 (Blatt 45/46 der Beklagtenakte) die höhere (Neu-)Feststellung des GdB ab.
Auf den am 28.10.2016 (Blatt 48 der Beklagtenakte) erhobenen Widerspruch der Klägerin, den sie nicht näher begründet hat (vgl. Blatt 50 der Beklagtenakte) sah die Versorgungsärztin K. in ihrer Stellungnahme vom 15.12.2016 (Blatt 51 der Beklagtenakte) den GdB mit 20 als zutreffend bewertet an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2017 (Blatt 53 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 27.03.2017 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Freiburg Klage erhoben und einen GdB von wenigstens 50 festzustellen begehrt. Sie leide unter erheblichen Beeinträchtigungen im Rücken- und Wirbelsäulenbereich (HWS, LWS, Facettengelenksarthrose, Osteochondrose), erheblichen chronischen Schmerzen, Hypertonie und Depressionen.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des die Klägerin behandelnden Arztes Dr. M. von der Orthopädischen Praxis und Gelenk-Klinik als sachverständigen Zeugen. Dieser hat dem SG am 13.07.2017 geschrieben (Blatt 18, 18/19 der SG-Akte), die Klägerin habe sich zuletzt am 10.01.2017 vorgestellt.
Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie Dr. R ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 24.10.2017 (Blatt 24/41 der SG-Akte) ein Wirbelsäulensyndrom mit degenerativen Veränderungen der Bandscheiben im Bereich der LWS bei Z.n. Bandscheibenvorfall L3/L4 und L5/S1 mit Nervenwurzelreizsympromatik im Bereich des linken Beines und fortgeschrittene degenerative Veränderungen der HWS mit einer knöchernen Einengung der Nervenaustrittskanäle (foraminale Stenose) mit Nervenwurzelreizsymptomatik im Bereich des rechten Armes diagnostiziert. Bezüglich der LWS bestehe eine schwere Behinderung, an der HWS eine mittelgradige Behinderung. Der GdB auf orthopädischem Fachgebiet betrage 30.
Hierzu hat die Klägerin mit Schreiben vom 12.12.2017 (Blatt 42/43 der SG-Akte) Stellung genommen. Der Beklagte hat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 23.02.2018 angeboten (Blatt 44/46 der SG-Akte), im Wege des Vergleichs den GdB mit 30 am 02.08.2016 festzustellen. Die Klägerin hat das Vergleichsangebot nicht angenommen (Blatt 49 der SG-Akte).
Mit Gerichtsbescheid vom 28.05.2018 hat das SG den Bescheid vom 29.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 abgeändert und den Beklagten verurteilt, bei der Klägerin ab dem 02.08.2016 einen GdB von 30 festzustellen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es folge dem Gutachten von Dr. R. , der eine Verschlechterung der Wirbelsäule beschrieben habe.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 01.06.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 28.06.2018 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Sie leide unter erheblichen Beeinträchtigungen im Rücken- und Wirbelsäulenbereich (HWS, LWS, Facettengelenkarthrose, Osteochondrose), erheblichen chronischen Schmerzen, Hyperthonie. und Depressionen. Diese Erkrankungen seien nicht hinreichend berücksichtigt und gewürdigt worden. Sie sei durch die Gesundheitsstörungen erheblich im Alltag beeinträchtigt. Der orthopädische Gutachter bewerte in seinem Fachgebiet den GdB mit 30. Nach den Ausführungen des Gutachters beziehe sich dieses insbesondere auf die LWS. Die Beschwerden im Rahmen der HWS bewerte der Gutachter ganz offensichtlich mit einem GdB von 20. Sie beantrage auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 103 SGG bei einem Facharzt für Innere Medizin und bei einem Facharzt für Psychiatrie.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.05.2018 abzuändern und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 29.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 zu verurteilen, bei ihr einen GdB von wenigstens 50 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Selbst der Gutachter sei von einem GdB von 30 ausgegangen. Nachdem eine Verschlimmerung weiterer Beeinträchtigungen nicht konkretisiert werde und die versorgungsärztliche Überprüfung vom 23.02.2018 weiter GdB-relevante Beeinträchtigungen nicht bestätigen konnte, finde das Berufungsbegehren im objektiven medizinischen Sachverhalt keine Stütze.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 19.02.2019 die Berufung dem Berichterstatter übertragen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Über die Berufung konnte der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, nachdem das SG mit Gerichtsbescheid vom 28.05.2018 entschieden hatte und die Berufung dem Berichterstatter durch Beschluss des Senates nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen worden war. Der Senat hat keine Gründe feststellen können, die eine Entscheidung durch den ganzen Senat erforderlich machen, solche waren auch in der schriftlichen Anhörung von den Beteiligten nicht mitgeteilt worden.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 29.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017. Diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 ff.). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, zuvor § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX). Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktions-beeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 30 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 30 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen noch deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsur-teil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 30 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX. Insoweit ist in den Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule im Verhältnis zur letzten bestandskräftigen Feststellung des GdB eine Änderung eingetreten. Diese Änderung ist i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch wesentlich, denn der Gesamt-GdB war um 10 zu erhöhen. Dieser Änderung hat das SG mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid ausreichend Rechnung getragen; ein höherer GdB konnte vom Senat nicht festgestellt werden.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 30 anzunehmen. Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder an-haltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem anhand des Gutachtens von Dr. R. bei der Klägerin ein Wirbelsäulensyndrom mit degenerativen Veränderungen der Bandscheiben im Bereich der LWS bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L3/L4 und L5/S1 mit Nervenwurzelreizsymptomatik im Bereich des linken Beines sowie fortgeschrittene degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit einer knöchernen Einengung der Nervenaustrittskanäle (foraminale Stenose) mit Nervenwurzelreizsymptomatik im Bereich des rechten Armes feststellen.
Dr. R. hat aus seiner Untersuchung berichtet, dass die Klägerin frei laufend erschienen war, ohne Benutzung orthopädischer Hilfsmittel. Das Gangbild beim Betreten und Verlassen des Untersuchungszimmers war flüssig und die Schrittlänge unauffällig. Während der etwa 30-minütigen Befragung bei Dr. R. wechselte die Klägerin mehrfach die Haltung auf dem Stuhl des Untersuchungszimmers um damit die Wirbelsäule zu entlasten. Das Aus -und Ankleiden erfolgte problemlos ohne fremde Hilfe oder Zeichen einer schmerzbedingten Einschränkung. In teilentkleidetem Zustand, so hat Dr. R. berichtet, zeigte sich eine leichte Beinverkürzung links mit einem Beckentiefstand links, jedoch keine Muskelatrophiezeichen und keine Blutumlaufstörungen der Extremitäten. Beim Gehen schwangen die Arme seitengleich mit. Die Schrittlänge war seitengleich unauffällig, der Gang flüssig ohne Zeichen eines Schonhinkens. Zehenspitzenstand und -gang als auch Fersenstand und -gang waren bei der Untersuchung durch Dr. R. unauffällig durchführbar ohne Zeichen einer motorischen Beeinträchtigung. An der Lendenwirbelsäule zeigte sich beim Vornüberneigen ein Fingerspitzen-Boden-Abstand von 50 cm. Das Zeichen nach Schober betrug 10/12 cm und war damit eingeschränkt. Die Seitneigefahigkeit der Wirbelsäule betrug 10/0/10°. Die Rückneigefähigkeit des Oberkörpers betrug 20°. Die Rotation zur Beckenebene rechts/links betrug 20/0/20°. Bei der betastenden Untersuchung bestanden Muskelspannungsstörungen beidseits der Lendenwirbelsäule sowie Druckschmerz über den Facettengelenken L3/S1 als auch über den Dornfortsätzen der genannten Segmente, dabei kommt es zu einer Schmerzausstrahlung in das linke Bein, ferner bestand ein Druckschmerz über dem linken Illiosakralgelenk. An der Brustwirbelsäule war die Entfaltbarkeit nach Ott mit 30/32 cm leicht eingeschränkt. Palpatorisch bestand ein leicht erhöhter Muskelspannungstonus im Bereich der paravertebralen BWS-Streckmuskulatur. Bei der klinischen Prüfung konnte Dr. R. keine segmentale Irritation im Bereich der Brustwirbelsäule objektivieren. An der Halswirbelsäule bestand eine Beweglichkeit (Normalwerte in Klammer) beim Vorneigen/Rückneigen (Kinn-Jugulum-Abstand) von 3-15 cm (0-18 cm). Das Drehen rechts-links war mit 40/0/40o (60-80/0/60-80o) möglich, das Seitneigen rechts-links mit 20/0/20o möglich. Die Trapezmuskulatur seitengleich war regelrecht konturiert ohne Atrophiezeichen, es bestanden keine Muskelansatzschmerzen an der Hinterhauptsschuppe und im Bereich der Schulterblätter. Bei der betastenden Untersuchung durch Dr. R. war ein deutlicher Druckschmerz rechts auf Höhe der Segmente C4-C7 vorhanden, dabei kam es auch zu einer Schmerzausstrahlung in den rechten Arm. Bei der Rückneigung des Kopfes und gleichzeitiger Seitneigung nach links wurden von der Klägern kurzfristige Missempfindungen im Bereich des rechten Armes geäußert. Es bestand eine Skalenuslücke. Die neurologische Untersuchung der oberen Extremitäten ergab keine radikulär bedingte Minderung der groben Kraft, keine sensiblen Ausfälle. Das Hoffmann-Tinel sche Zeichen und das Froment sches Zeichen war beidseits unauffällig. Das Zeichen nach Lasègue war links bei ca. 60° positiv. Es bestand keine radikulär bedingte Minderung der groben Kraft an den unteren Extremitäten, jedoch eine Abschwächung der Sensibilität im Bereich des linken Unterschenkels außenseitig.
Bei der Klägerin sind daher dauerhafte Beschwerden der Lendenwirbelsäule mit einer Nervenwurzelreizsymptomatik festzustellen, die mit Dr. R. vor dem Hintergrund einer kernspintomografisch gesicherten Veränderung der unteren Bandscheiben zu erklären sind. Insoweit bestehen an der Lendenwirbelsäule schwere funktionelle Auswirkung. An der Halswirbelsäule sind vor dem Hintergrund röntgenologisch als auch kernspintomografisch gesicherter Veränderungen i.S. einer knöchernen Einengung der Nervenwurzelkanäle zu erklären, wie Dr. R. dargestellt hat. Sekundär kommt es dadurch zu einer Schmerzausstrahlung in den rechten Arm i.S. einer Nervenwurzelreizsymptomatik, ferner lassen sich auch Bewegungseinschränkungen objektivieren. Insoweit bestehen jedoch nur mittelgradige funktionellen Auswirkung, wie Dr. R. dargestellt und der Senat festgestellt hat.
Liegen daher mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem und schwere funktionelle Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden in einem anderen Wirbelsäulenabschnitt vor, so war der GdB mit 30 anzusetzen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats (dazu s.o.) ist ein GdB von 40 erst erreicht, wenn in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten schwergradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden bestehen. Das ist aber bei der Klägerin noch nicht der Fall. Auch durch die von Dr. R. dargestellten Schmerzen ist der GdB nicht weiter zu erhöhen, weil diese vorliegend grade auch Grundlage der Bewertung der Schäden als mittel- bzw. schwergradig waren.
Auch der vom SG befragte Dr. M. hat zur Wirbelsäule keine Befunde mitgeteilt, die eine abweichende Bewertung erforderten, vielmehr hat Dr. M. lediglich Befunde zum Sprunggelenk mitgeteilt. Der im Verwaltungsverfahren befragte Dr. D. hat im Verhältnis zum Gutachten Dr. R. eher bessere Befunde/Bewegungswerte der Wirbelsäule mitgeteilt, weshalb sich aus seinen befunden keine höher zu bewertende Funktionsbehinderung der Wirbelsäule ergibt.
Im Funktionssystem Beine war im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben in B Nr. 18.14 VG ein Einzel-GdB von mindestens 10 nicht anzunehmen. Zwar hat Dr. M. eine Sprunggelenksverletzung (OSG-Distorsion) berichtet, diese ist jedoch wieder abgeheilt. Auch Dr. R. konnte hinsichtlich des Sprunggelenks keine funktionelle Beeinträchtigung mitteilen, sodass ein GdB nicht anzunehmen war.
Im Funktionssystem Herz/Kreislauf ist nach den Bewertungsvorgaben von B Nr. 9.3 VG ein Einzel-GdB von 10 anzunehmen. Bei der Klägerin besteht ein Bluthochdruck, der medikamentös (z.B. Valsartan) behandelt ist, wie der Senat den in der Beklagtenakte befindlichen Arztberichten entnommen hat. Es bestehen nach den zuletzt vorgelegten Berichten des Dr. K. (Blatt 23 der Beklagtenakte) keine oder nur geringe Leistungsbeeinträchtigungen; eine Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades oder ein diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung ist nicht berichtet. Die Klägerin war in der Lage, im Belastungs-EKG 100 Watt zu leisten, der Abbruch erfolgte wegen muskulärer Ermüdung bei regelrechtem Frequenzanstieg unter Belastung und ohne ischämietypische Endstreckenveränderungen. Damit liegen keine funktionellen Beeinträchtigungen vor, die im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs einen GdB von mehr als 10 rechtfertigen. Insoweit hat auch die Klägerin selbst eine Veränderung der Erkrankungssituation gegenüber den Befunden von Dr. K. auch nicht angegeben.
Die Hypothyreose bedingt im Funktionssystem des Stoffwechsels keine funktionellen Beeinträchtigungen und ist medikamentös behandelt. Ein Einzel-GdB von mindestens 10 war daher in diesem Funktionssystem im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 15.6 VG nicht anzunehmen.
Im Funktionssystem Augen ist ebenfalls kein GdB von mindestens 10 anzunehmen. Die aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen (z.B. der Augenärztin Dr. S. ) ersichtlichen Glaukome links und rechts sind bisher nicht funktionell relevant geworden. Weder ergibt sich aus der Befundbeschreibung der behandelnden Augenärztin Dr. S. solches, noch hat die Klägerin insoweit eine Verschlechterung behauptet. Damit war im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 4 VG ein GdB von mindetsens 10 nicht anzunehmen.
Auch im Funktionssystem der Verdauung ist nach B Nr. 10.2.2 VG kein GdB von mindestens 10 anzunehmen. Die beschriebene Divertikulose, eine Veränderung des Dünndarms, hat bei der Klägerin keine funktionellen Auswirkungen, was der Senat sowohl den vorliegenden ärztlichen Unterlagen als auch dem Gutachten von Dr. R. entnimmt. Der Allgemeinzustand ist laut Gutachten Dr. R. unauffällig. Bei einer Größe von 1,72 cm und einem Gewicht von 98 kg (BMI: 33,1), wie bei Dr. R. gemessen, sind auch Auswirkungen auf den Ernährungszustand nicht ersichtlich; Dr. R. hat eine Einschränkung des Kräftezustandes nicht beschrieben. Damit kann ein GdB von mindestens 10 nicht angenommen werden.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat eine Depression bzw. eine Schmerzerkrankung feststellen und mit einem GdB von 10 bewerten.
Nach B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Ent-wicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schwe-ren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwie-rigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Die diagnostizierte Depression bzw. Schmerzerkrankung wird bei der Klägerin mit Medikamenten behandelt. Jedoch konnte der Senat auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Befunde weder eine Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit feststellen, noch eine psychovegetative oder psychische Störung, die mit einem GdB von mehr als 10 zu bewerten wäre. So spricht der von der Klägerin z.B. bei Dr. R. mitgeteilte Alltag mit Beruf, Familie und Freizeitgestaltung gegen eine wesentliche funktionelle Beeinträchtigung der Teilhabefähigkeit in Folge psychoscher Erkrankungen. So ist die Klägerin voll berufstätig als Sachbearbeiterin in der Privatärztlichen Verrechnungsstelle; länger andauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten in Folge der psychischen Erkrankungen sind nicht berichtet. Die Klägerin ist auch in der Lage, in Abhängigkeit ihrer Schmerzen kleine Spaziergänge zu unternehmen und ihren Alltag mit und um die Schmerzen zu gestalten. Ein wesentlicher sozialer Rückzug oder eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sind damit nicht feststellbar, sodass die Annahme eines GdB von 10, wie vom Beklagten bisher festgestellt, daher angemessen ist. Auch die Klägerin hat keine Verschlimmerung der Depressionen und Schmerzzustände berichtet, der Senat konnte solches auch nicht feststellen.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Einen Antrag nach § 109 SGG hat die Klägerin nicht gestellt. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit dem Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 30, 40 oder 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
An dem Antrag auf Begutachtung auf internistischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hat die anwaltlich vertretene Klägerin mit der uneingeschränkten Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht mehr festgehalten, sodass sich der Antrag erledigt hat. Von Amts wegen war auch nicht weiter auf diesen Fachgebieten zu ermitteln, denn die Klägerin hat im ganzen Verfahren nicht mitgeteilt, dass und welche Funktionsbehinderungen insoweit bestehen oder dass Verschlechterungen im Verhältnis zu dem früheren, der letzten bestandskräftigen Entscheidung zugrundeliegenden Gesundheitszustand eingetreten sind. Damit erweist sich eine Begutachtung auf internistischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet als reiner Ausforschungsbeweis ins Blaue hinein, zu der der Senat nicht von Amts wegen verpflichtet ist.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Nachdem bei der Klägerin vorliegend von einem zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 30 auszugehen ist, und kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken, konnte der Senat einen GdB von mehr als 30 nicht feststellen.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der bei der Klägerin insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 40 oder 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht entsprechend schwer funktionell in ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. In ihrer Gesamtheit entsprechen die Erkrankungen der Klägerin seit Antragstellung weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau den nach den VG in Teil B mit einem GdB von 40 oder mehr bewerteten Gesundheitsstörungen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Nachdem keiner der behandelnden Ärzte, auch nicht der Gutachter einen höheren GdB als 30 angegeben hatten, dürfte auch der Klägerin deutlich geworden sein, dass die Fortführung des Verfahrens ohne Aussicht auf Erfolg und daher missbräuchlich sein dürfte. Der Senat hat jedoch unter Ausübung von Ermessen noch einmal von der Androhung und Auferlegung solcher Kosten abgesehen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; mindestens 50 statt 30) seit 02.08.2016 zusteht.
Auf den Antrag der 1959 geborenen Klägerin vom 19.08.2015 (Blatt 1/4 der Beklagtenakte) stellte das Landratsamt B. (LRA) mit Bescheid vom 19.11.2015 (Blatt 31/32 der Beklagtenakte) den GdB seit 19.08.2015 mit 20 fest (zur versorgungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. W. vom 13.11.2015 vgl. Blatt 29/30 der Beklagtenakte; zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (GdB 20); Bluthochdruck (GdB 10); Depression (GdB 10); kein GdB von mindestens 10: Glaukom beidseits, Hypothyreose, Divertikulose).
Mit Antrag vom 02.08.2016 beantragte die Klägerin beim LRA die höhere (Neu-)Feststellung des GdB (Blatt 34/35 der Beklagtenakte). Zu diesem Antrag verwies sie auf Beschwerden der HWS (Bandscheibenvorfall C3/4, neu), der LWS (Bandscheibenvorfall L3/4 neu, L5/S1), eine Facettengelenksarthrose der LWS, ein ISG-Syndrom beidseits und eine Osteochondrose C5-C7 (neu). Die Klägerin legte auch ärztliche Berichte (dazu vgl. Blatt 36/39 der Beklagtenakte) vor.
Das LRA zog von der Orthopädischen Praxis und Gelenk-Klinik Dr. D. eine Befundbeschreibung (dazu vgl. Blatt 42 der Beklagtenakte) bei.
Nachdem der Versorgungsarzt Dr. K. in seiner Stellungnahme vom 25.09.2016 (Blatt 43/44 der Beklagtenakte) den GdB weiterhin mit 20 bewertete (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (GdB 20); Bluthochdruck (GdB 10); seelische Störung (GdB 10)), lehnte das LRA mit Bescheid vom 29.09.2016 (Blatt 45/46 der Beklagtenakte) die höhere (Neu-)Feststellung des GdB ab.
Auf den am 28.10.2016 (Blatt 48 der Beklagtenakte) erhobenen Widerspruch der Klägerin, den sie nicht näher begründet hat (vgl. Blatt 50 der Beklagtenakte) sah die Versorgungsärztin K. in ihrer Stellungnahme vom 15.12.2016 (Blatt 51 der Beklagtenakte) den GdB mit 20 als zutreffend bewertet an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2017 (Blatt 53 der Beklagtenakte) wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch der Klägerin zurück.
Am 27.03.2017 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Freiburg Klage erhoben und einen GdB von wenigstens 50 festzustellen begehrt. Sie leide unter erheblichen Beeinträchtigungen im Rücken- und Wirbelsäulenbereich (HWS, LWS, Facettengelenksarthrose, Osteochondrose), erheblichen chronischen Schmerzen, Hypertonie und Depressionen.
Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung des die Klägerin behandelnden Arztes Dr. M. von der Orthopädischen Praxis und Gelenk-Klinik als sachverständigen Zeugen. Dieser hat dem SG am 13.07.2017 geschrieben (Blatt 18, 18/19 der SG-Akte), die Klägerin habe sich zuletzt am 10.01.2017 vorgestellt.
Das SG hat des Weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens beim Facharzt für Orthopädie Dr. R ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 24.10.2017 (Blatt 24/41 der SG-Akte) ein Wirbelsäulensyndrom mit degenerativen Veränderungen der Bandscheiben im Bereich der LWS bei Z.n. Bandscheibenvorfall L3/L4 und L5/S1 mit Nervenwurzelreizsympromatik im Bereich des linken Beines und fortgeschrittene degenerative Veränderungen der HWS mit einer knöchernen Einengung der Nervenaustrittskanäle (foraminale Stenose) mit Nervenwurzelreizsymptomatik im Bereich des rechten Armes diagnostiziert. Bezüglich der LWS bestehe eine schwere Behinderung, an der HWS eine mittelgradige Behinderung. Der GdB auf orthopädischem Fachgebiet betrage 30.
Hierzu hat die Klägerin mit Schreiben vom 12.12.2017 (Blatt 42/43 der SG-Akte) Stellung genommen. Der Beklagte hat unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G. vom 23.02.2018 angeboten (Blatt 44/46 der SG-Akte), im Wege des Vergleichs den GdB mit 30 am 02.08.2016 festzustellen. Die Klägerin hat das Vergleichsangebot nicht angenommen (Blatt 49 der SG-Akte).
Mit Gerichtsbescheid vom 28.05.2018 hat das SG den Bescheid vom 29.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 abgeändert und den Beklagten verurteilt, bei der Klägerin ab dem 02.08.2016 einen GdB von 30 festzustellen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es folge dem Gutachten von Dr. R. , der eine Verschlechterung der Wirbelsäule beschrieben habe.
Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 01.06.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 28.06.2018 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Sie leide unter erheblichen Beeinträchtigungen im Rücken- und Wirbelsäulenbereich (HWS, LWS, Facettengelenkarthrose, Osteochondrose), erheblichen chronischen Schmerzen, Hyperthonie. und Depressionen. Diese Erkrankungen seien nicht hinreichend berücksichtigt und gewürdigt worden. Sie sei durch die Gesundheitsstörungen erheblich im Alltag beeinträchtigt. Der orthopädische Gutachter bewerte in seinem Fachgebiet den GdB mit 30. Nach den Ausführungen des Gutachters beziehe sich dieses insbesondere auf die LWS. Die Beschwerden im Rahmen der HWS bewerte der Gutachter ganz offensichtlich mit einem GdB von 20. Sie beantrage auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß § 103 SGG bei einem Facharzt für Innere Medizin und bei einem Facharzt für Psychiatrie.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 28.05.2018 abzuändern und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 29.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017 zu verurteilen, bei ihr einen GdB von wenigstens 50 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Selbst der Gutachter sei von einem GdB von 30 ausgegangen. Nachdem eine Verschlimmerung weiterer Beeinträchtigungen nicht konkretisiert werde und die versorgungsärztliche Überprüfung vom 23.02.2018 weiter GdB-relevante Beeinträchtigungen nicht bestätigen konnte, finde das Berufungsbegehren im objektiven medizinischen Sachverhalt keine Stütze.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 19.02.2019 die Berufung dem Berichterstatter übertragen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden hat (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Über die Berufung konnte der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, nachdem das SG mit Gerichtsbescheid vom 28.05.2018 entschieden hatte und die Berufung dem Berichterstatter durch Beschluss des Senates nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen worden war. Der Senat hat keine Gründe feststellen können, die eine Entscheidung durch den ganzen Senat erforderlich machen, solche waren auch in der schriftlichen Anhörung von den Beteiligten nicht mitgeteilt worden.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 29.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2017. Diese Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30.
Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 ff.). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.
Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.
Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, zuvor § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX). Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktions-beeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 30 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 30 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen noch deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsur-teil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 30 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX. Insoweit ist in den Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule im Verhältnis zur letzten bestandskräftigen Feststellung des GdB eine Änderung eingetreten. Diese Änderung ist i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch wesentlich, denn der Gesamt-GdB war um 10 zu erhöhen. Dieser Änderung hat das SG mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid ausreichend Rechnung getragen; ein höherer GdB konnte vom Senat nicht festgestellt werden.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 30 anzunehmen. Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder an-haltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.
Der Senat konnte in diesem Funktionssystem anhand des Gutachtens von Dr. R. bei der Klägerin ein Wirbelsäulensyndrom mit degenerativen Veränderungen der Bandscheiben im Bereich der LWS bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L3/L4 und L5/S1 mit Nervenwurzelreizsymptomatik im Bereich des linken Beines sowie fortgeschrittene degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule mit einer knöchernen Einengung der Nervenaustrittskanäle (foraminale Stenose) mit Nervenwurzelreizsymptomatik im Bereich des rechten Armes feststellen.
Dr. R. hat aus seiner Untersuchung berichtet, dass die Klägerin frei laufend erschienen war, ohne Benutzung orthopädischer Hilfsmittel. Das Gangbild beim Betreten und Verlassen des Untersuchungszimmers war flüssig und die Schrittlänge unauffällig. Während der etwa 30-minütigen Befragung bei Dr. R. wechselte die Klägerin mehrfach die Haltung auf dem Stuhl des Untersuchungszimmers um damit die Wirbelsäule zu entlasten. Das Aus -und Ankleiden erfolgte problemlos ohne fremde Hilfe oder Zeichen einer schmerzbedingten Einschränkung. In teilentkleidetem Zustand, so hat Dr. R. berichtet, zeigte sich eine leichte Beinverkürzung links mit einem Beckentiefstand links, jedoch keine Muskelatrophiezeichen und keine Blutumlaufstörungen der Extremitäten. Beim Gehen schwangen die Arme seitengleich mit. Die Schrittlänge war seitengleich unauffällig, der Gang flüssig ohne Zeichen eines Schonhinkens. Zehenspitzenstand und -gang als auch Fersenstand und -gang waren bei der Untersuchung durch Dr. R. unauffällig durchführbar ohne Zeichen einer motorischen Beeinträchtigung. An der Lendenwirbelsäule zeigte sich beim Vornüberneigen ein Fingerspitzen-Boden-Abstand von 50 cm. Das Zeichen nach Schober betrug 10/12 cm und war damit eingeschränkt. Die Seitneigefahigkeit der Wirbelsäule betrug 10/0/10°. Die Rückneigefähigkeit des Oberkörpers betrug 20°. Die Rotation zur Beckenebene rechts/links betrug 20/0/20°. Bei der betastenden Untersuchung bestanden Muskelspannungsstörungen beidseits der Lendenwirbelsäule sowie Druckschmerz über den Facettengelenken L3/S1 als auch über den Dornfortsätzen der genannten Segmente, dabei kommt es zu einer Schmerzausstrahlung in das linke Bein, ferner bestand ein Druckschmerz über dem linken Illiosakralgelenk. An der Brustwirbelsäule war die Entfaltbarkeit nach Ott mit 30/32 cm leicht eingeschränkt. Palpatorisch bestand ein leicht erhöhter Muskelspannungstonus im Bereich der paravertebralen BWS-Streckmuskulatur. Bei der klinischen Prüfung konnte Dr. R. keine segmentale Irritation im Bereich der Brustwirbelsäule objektivieren. An der Halswirbelsäule bestand eine Beweglichkeit (Normalwerte in Klammer) beim Vorneigen/Rückneigen (Kinn-Jugulum-Abstand) von 3-15 cm (0-18 cm). Das Drehen rechts-links war mit 40/0/40o (60-80/0/60-80o) möglich, das Seitneigen rechts-links mit 20/0/20o möglich. Die Trapezmuskulatur seitengleich war regelrecht konturiert ohne Atrophiezeichen, es bestanden keine Muskelansatzschmerzen an der Hinterhauptsschuppe und im Bereich der Schulterblätter. Bei der betastenden Untersuchung durch Dr. R. war ein deutlicher Druckschmerz rechts auf Höhe der Segmente C4-C7 vorhanden, dabei kam es auch zu einer Schmerzausstrahlung in den rechten Arm. Bei der Rückneigung des Kopfes und gleichzeitiger Seitneigung nach links wurden von der Klägern kurzfristige Missempfindungen im Bereich des rechten Armes geäußert. Es bestand eine Skalenuslücke. Die neurologische Untersuchung der oberen Extremitäten ergab keine radikulär bedingte Minderung der groben Kraft, keine sensiblen Ausfälle. Das Hoffmann-Tinel sche Zeichen und das Froment sches Zeichen war beidseits unauffällig. Das Zeichen nach Lasègue war links bei ca. 60° positiv. Es bestand keine radikulär bedingte Minderung der groben Kraft an den unteren Extremitäten, jedoch eine Abschwächung der Sensibilität im Bereich des linken Unterschenkels außenseitig.
Bei der Klägerin sind daher dauerhafte Beschwerden der Lendenwirbelsäule mit einer Nervenwurzelreizsymptomatik festzustellen, die mit Dr. R. vor dem Hintergrund einer kernspintomografisch gesicherten Veränderung der unteren Bandscheiben zu erklären sind. Insoweit bestehen an der Lendenwirbelsäule schwere funktionelle Auswirkung. An der Halswirbelsäule sind vor dem Hintergrund röntgenologisch als auch kernspintomografisch gesicherter Veränderungen i.S. einer knöchernen Einengung der Nervenwurzelkanäle zu erklären, wie Dr. R. dargestellt hat. Sekundär kommt es dadurch zu einer Schmerzausstrahlung in den rechten Arm i.S. einer Nervenwurzelreizsymptomatik, ferner lassen sich auch Bewegungseinschränkungen objektivieren. Insoweit bestehen jedoch nur mittelgradige funktionellen Auswirkung, wie Dr. R. dargestellt und der Senat festgestellt hat.
Liegen daher mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem und schwere funktionelle Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden in einem anderen Wirbelsäulenabschnitt vor, so war der GdB mit 30 anzusetzen. Denn nach der Rechtsprechung des Senats (dazu s.o.) ist ein GdB von 40 erst erreicht, wenn in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten schwergradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden bestehen. Das ist aber bei der Klägerin noch nicht der Fall. Auch durch die von Dr. R. dargestellten Schmerzen ist der GdB nicht weiter zu erhöhen, weil diese vorliegend grade auch Grundlage der Bewertung der Schäden als mittel- bzw. schwergradig waren.
Auch der vom SG befragte Dr. M. hat zur Wirbelsäule keine Befunde mitgeteilt, die eine abweichende Bewertung erforderten, vielmehr hat Dr. M. lediglich Befunde zum Sprunggelenk mitgeteilt. Der im Verwaltungsverfahren befragte Dr. D. hat im Verhältnis zum Gutachten Dr. R. eher bessere Befunde/Bewegungswerte der Wirbelsäule mitgeteilt, weshalb sich aus seinen befunden keine höher zu bewertende Funktionsbehinderung der Wirbelsäule ergibt.
Im Funktionssystem Beine war im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben in B Nr. 18.14 VG ein Einzel-GdB von mindestens 10 nicht anzunehmen. Zwar hat Dr. M. eine Sprunggelenksverletzung (OSG-Distorsion) berichtet, diese ist jedoch wieder abgeheilt. Auch Dr. R. konnte hinsichtlich des Sprunggelenks keine funktionelle Beeinträchtigung mitteilen, sodass ein GdB nicht anzunehmen war.
Im Funktionssystem Herz/Kreislauf ist nach den Bewertungsvorgaben von B Nr. 9.3 VG ein Einzel-GdB von 10 anzunehmen. Bei der Klägerin besteht ein Bluthochdruck, der medikamentös (z.B. Valsartan) behandelt ist, wie der Senat den in der Beklagtenakte befindlichen Arztberichten entnommen hat. Es bestehen nach den zuletzt vorgelegten Berichten des Dr. K. (Blatt 23 der Beklagtenakte) keine oder nur geringe Leistungsbeeinträchtigungen; eine Organbeteiligung leichten bis mittleren Grades oder ein diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mm Hg trotz Behandlung ist nicht berichtet. Die Klägerin war in der Lage, im Belastungs-EKG 100 Watt zu leisten, der Abbruch erfolgte wegen muskulärer Ermüdung bei regelrechtem Frequenzanstieg unter Belastung und ohne ischämietypische Endstreckenveränderungen. Damit liegen keine funktionellen Beeinträchtigungen vor, die im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs einen GdB von mehr als 10 rechtfertigen. Insoweit hat auch die Klägerin selbst eine Veränderung der Erkrankungssituation gegenüber den Befunden von Dr. K. auch nicht angegeben.
Die Hypothyreose bedingt im Funktionssystem des Stoffwechsels keine funktionellen Beeinträchtigungen und ist medikamentös behandelt. Ein Einzel-GdB von mindestens 10 war daher in diesem Funktionssystem im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 15.6 VG nicht anzunehmen.
Im Funktionssystem Augen ist ebenfalls kein GdB von mindestens 10 anzunehmen. Die aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen (z.B. der Augenärztin Dr. S. ) ersichtlichen Glaukome links und rechts sind bisher nicht funktionell relevant geworden. Weder ergibt sich aus der Befundbeschreibung der behandelnden Augenärztin Dr. S. solches, noch hat die Klägerin insoweit eine Verschlechterung behauptet. Damit war im Hinblick auf die Bewertungsvorgaben von B Nr. 4 VG ein GdB von mindetsens 10 nicht anzunehmen.
Auch im Funktionssystem der Verdauung ist nach B Nr. 10.2.2 VG kein GdB von mindestens 10 anzunehmen. Die beschriebene Divertikulose, eine Veränderung des Dünndarms, hat bei der Klägerin keine funktionellen Auswirkungen, was der Senat sowohl den vorliegenden ärztlichen Unterlagen als auch dem Gutachten von Dr. R. entnimmt. Der Allgemeinzustand ist laut Gutachten Dr. R. unauffällig. Bei einer Größe von 1,72 cm und einem Gewicht von 98 kg (BMI: 33,1), wie bei Dr. R. gemessen, sind auch Auswirkungen auf den Ernährungszustand nicht ersichtlich; Dr. R. hat eine Einschränkung des Kräftezustandes nicht beschrieben. Damit kann ein GdB von mindestens 10 nicht angenommen werden.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat eine Depression bzw. eine Schmerzerkrankung feststellen und mit einem GdB von 10 bewerten.
Nach B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Ent-wicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schwe-ren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwie-rigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Die diagnostizierte Depression bzw. Schmerzerkrankung wird bei der Klägerin mit Medikamenten behandelt. Jedoch konnte der Senat auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Befunde weder eine Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit feststellen, noch eine psychovegetative oder psychische Störung, die mit einem GdB von mehr als 10 zu bewerten wäre. So spricht der von der Klägerin z.B. bei Dr. R. mitgeteilte Alltag mit Beruf, Familie und Freizeitgestaltung gegen eine wesentliche funktionelle Beeinträchtigung der Teilhabefähigkeit in Folge psychoscher Erkrankungen. So ist die Klägerin voll berufstätig als Sachbearbeiterin in der Privatärztlichen Verrechnungsstelle; länger andauernde Arbeitsunfähigkeitszeiten in Folge der psychischen Erkrankungen sind nicht berichtet. Die Klägerin ist auch in der Lage, in Abhängigkeit ihrer Schmerzen kleine Spaziergänge zu unternehmen und ihren Alltag mit und um die Schmerzen zu gestalten. Ein wesentlicher sozialer Rückzug oder eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sind damit nicht feststellbar, sodass die Annahme eines GdB von 10, wie vom Beklagten bisher festgestellt, daher angemessen ist. Auch die Klägerin hat keine Verschlimmerung der Depressionen und Schmerzzustände berichtet, der Senat konnte solches auch nicht feststellen.
Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Einen Antrag nach § 109 SGG hat die Klägerin nicht gestellt. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit dem Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der medizinisch festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 30, 40 oder 50 fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris).
An dem Antrag auf Begutachtung auf internistischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hat die anwaltlich vertretene Klägerin mit der uneingeschränkten Zustimmung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht mehr festgehalten, sodass sich der Antrag erledigt hat. Von Amts wegen war auch nicht weiter auf diesen Fachgebieten zu ermitteln, denn die Klägerin hat im ganzen Verfahren nicht mitgeteilt, dass und welche Funktionsbehinderungen insoweit bestehen oder dass Verschlechterungen im Verhältnis zu dem früheren, der letzten bestandskräftigen Entscheidung zugrundeliegenden Gesundheitszustand eingetreten sind. Damit erweist sich eine Begutachtung auf internistischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet als reiner Ausforschungsbeweis ins Blaue hinein, zu der der Senat nicht von Amts wegen verpflichtet ist.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen der Gesamt-GdB zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von - 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes (Wirbelsäule), - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Herz/Kreislaufs - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche. Nachdem bei der Klägerin vorliegend von einem zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von 30 auszugehen ist, und kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken, konnte der Senat einen GdB von mehr als 30 nicht feststellen.
Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der bei der Klägerin insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 40 oder 50 vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht entsprechend schwer funktionell in ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. In ihrer Gesamtheit entsprechen die Erkrankungen der Klägerin seit Antragstellung weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau den nach den VG in Teil B mit einem GdB von 40 oder mehr bewerteten Gesundheitsstörungen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Nachdem keiner der behandelnden Ärzte, auch nicht der Gutachter einen höheren GdB als 30 angegeben hatten, dürfte auch der Klägerin deutlich geworden sein, dass die Fortführung des Verfahrens ohne Aussicht auf Erfolg und daher missbräuchlich sein dürfte. Der Senat hat jedoch unter Ausübung von Ermessen noch einmal von der Androhung und Auferlegung solcher Kosten abgesehen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
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