L 8 SB 1298/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 1153/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 1298/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 05.04.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf höhere (Neu-)Feststellung des Grades der Behinderung (GdB; 100 statt 50) seit 22.04.2016 sowie auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) "G", "B", "aG". "H" und "RF".

Bei der 1980 geborenen Klägerin, türkischen Staatsangehörigen (zum Aufenthaltstitel vgl. Blatt 4, 80/81 der Beklagtenakte), stellte das Landratsamt O. (LRA) in Ausführung eines Gerichtsbescheids des Sozialgerichts (SG) Freiburg vom 19.01.2016 (Blatt 2/6 der Akte L 8 SB 397/16) mit Bescheid vom 08.02.2016 (Blatt 47/48 der Beklagtenakte) den GdB seit 26.05.2015 mit 50 fest (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Inkomplette Querschnittslähmung; Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelverformung). Die gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 19.01.2016 geführte Berufung (Az.: L 8 SB 397/16) nahm die Klägerin am 22.04.2016 zurück (Blatt 34 der Senatsakte L 8 SB 397/16). Mit Bescheid vom 07.03.2016 (Blatt 61/62 der Beklagtenakte) berichtigte das LRA den Bescheid vom 08.02.2016, als es im Bescheid statt "inkomplette Querschnittslähmung" richtig lauten müsse "Asperger-Syndrom".

Mit Schreiben vom 22.04.2016 (Blatt 69 der Beklagtenakte) beantragte die Klägerin die sofortige Ausstellung des Schwerbehindertenausweises unter Berücksichtigung der Merkzeichen "G, B, aG, RF ". Die Voraussetzungen lägen von Geburt an vor. Den Formularantrag, mit dem die Erhöhung des GdB "wegen einer Verschlimmerung der bisher berücksichtigten Gesundheitsstörungen/ neu aufgetretener Gesundheitsstörungen" sowie die Feststellung der Merkzeichen "G", "B", "aG", "H", "RF" begehrt wurden, reichte die Klägerin am 07.07.2016 beim LRA ein (Blatt 76/79 der Beklagtenakte). Die Klägerin hat zu diesem Antrag u.a. angegeben, ihre Gesundheitsstörungen verschlimmerten sich stetig mit zunehmendem Alter. Die Klägerin legte hierzu u.a. Arztberichte vor (Blatt 70, 82/87 der Beklagtenakte).

Der Versorgungsarzt L. schätzte in seiner Stellungnahme vom 12.08.2016 (Blatt 93/94 der Beklagtenakte) den GdB weiterhin auf 50 (zugrundeliegende Funktionsbehinderungen: Asperger-Syndrom (GdB 50); Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung (GdB 10)), woraufhin das LRA mit Bescheid vom 23.08.2016 (Blatt 95/98 der Beklagtenakte) die höhere Neufeststellung des GdB sowie die Feststellung der Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF" ablehnte. Gegenüber der letzten Feststellung sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Die Voraussetzungen der Merkzeichen lägen nicht vor.

Mit ihrem Widerspruch vom 26.04.2016 (Blatt 99 der Beklagtenakte) machte die Klägerin u.a. geltend, die Merkzeichen seien vollstens zutreffend, die Voraussetzungen lägen nachweislich vor. Die Beeinträchtigungen seien dauerhaft. Folglich seien die Merkzeichen und GdB 100 festzustellen. Die Klägerin legte einen Auszug aus einem Arztbericht vor, in dem nur die Diagnosen einer Anpassungsstörung und eines Behinderungssyndroms genannt sind (Blatt 100 der Beklagtenakte).

Nachdem der Versorgungsarzt Dr. Z. in seiner Stellungnahme vom 25.11.2016 (Blatt 103 der Beklagtenakte) eine Abhilfe nicht für möglich erachtet hatte, wies der Beklagte durch das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt – den Widerspruch der Klägerin zurück (Widerspruchsbescheid vom 08.03.2017, Blatt 105/109 der Beklagtenakte).

Hiergegen hat die Klägerin am 21.03.2017 beim SG Klage erhoben mit dem Begehren, die Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF" sowie den GdB mit 100 festzustellen. Sie sei von Geburt an behindert, was einen GdB von 100 und die Merkzeichen rechtfertige (Schreiben vom 03.05.2017 und 10.06.2017, Blatt 14, 22 der SG-Akte). Die Klägerin hat einen Ausschnitt eines Arztbriefes aus dem Jahr 1986 vorgelegt (Blatt 41 der SG-Akte).

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der von der Klägerin benannten Ärzte als sachverständige Zeugen. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. hat mitgeteilt, die Klägerin 2015 begutachtet zu haben, sie stehe nicht in seiner Behandlung (Blatt 39 der SG-Akte). Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. hat mit Schreiben vom 22.08.2017 (Blatt 42/43 der SG-Akte) mitgeteilt, er weiche nicht von der ihm überlassenen versorgungsärztlichen Einschätzung des GdB ab. Der Facharzt für Orthopädie Dr. E. hat am 29.08.2017 geschrieben (Blatt 44/47 der SG-Akte), bei der Klägerin sei die Wirbelsäule wegen chronischer Beschwerden der HWS und der BWS mit Funktionsbehinderungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit einem GdB von 20 zu bewerten. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. N. hat mit Schreiben vom 02.02.2018 (Blatt 59/62 der SG-Akte) eine depressive Entwicklung mit rezidivierenden mittelgradigen Episoden, Hashimoto-Thyreoditis, WS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen, Asperger-Syndrom eine deutliche Minderung der Leistungsfähigkeit angegeben. Die Frage zur Höhe des GdB könne er nicht beantworten.

Die Klägerin hat sich mit Schreiben vom 07.02.2018 (Blatt 66/68 der SG-Akte) geäußert und ausgeführt, Dr. N. habe Diagnosen von dauerhafter Natur mitgeteilt, sie könne seit 2013 ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten. Dazu hat die Klägerin ärztliche Unterlagen aus dem Jahr 1986 sowie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus dem Jahr 2017 vorgelegt.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 05.04.2018 die Klage abgewiesen. Der Einzel-GdB von 50 für die psychische Störung sei nicht zu erhöhen. Auch lägen die Voraussetzungen der begehrten Merkzeichen nicht vor.

Gegen den ihr am 07.04.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 10.04.2018 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Der Richter des SG habe vorsätzliche Verfahrensmängel hervorgerufen durch Nichtanwendung der nachgewiesenen Tatsachen, Atteste, welche den GdB 100 sowie die Merkzeichen vollstens begründeten. Diese Tatsache sei durch Dr. B. gutachterlich bestätigt. Die Klägerin hat ärztliche Unterlagen vorgelegt (Blatt 2/4 der Senatsakte).

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 05.04.2018 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 23.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.03.2017 zu verurteilen, bei ihr seit Antragstellung den GdB mit 100 und die Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF" festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur Ermittlung des Sachverhalts hat der Senat ein internistisch-sozialmedizinisch bei Dr. S. sowie Zusatzgutachten auf orthopädischem Fachgebiet bei Dr. H. und auf psychiatrischem Fachgebiet bei Frau F. in Auftrag gegeben (Gutachtensauftrag vom 31.07.2018, Blatt 29/33 der Senatsakte) und der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt (Beschluss vom 25.10.2018, Blatt 22 der PKH-Akte). Nunmehr hat die Klägerin geltend gemacht (Schreiben vom 14.08.2018, Blatt 35/37 der Senatsakte), Dr. B. habe bereits ein Gutachten gemacht, "er möge bitte noch die Ergänzung hinzufügen =) 100 GdB + Merkzeichen: G, H, RF, ". Mit Schreiben vom 18.08.2018 (Blatt 40/41 der Senatsakte) hat die Klägerin mitgeteilt, sie wünsche keine weitere Begutachtung mehr. Auch habe sich die Beiordnung des Rechtsanwalts erübrigt. Medizinische Gründe verhinderten die Begutachtung in Stuttgart (Schreiben vom 25.08.2018, Blatt 45/47 der Senatsakte), ihr sei eine so weite Reise nach Stuttgart unmöglich (dazu vgl. Attest Dr. N. vom 19.06.2018, Blatt 47 der Senatsakte).

Der Senat hat daraufhin die erteilten Gutachtensaufträge aufgehoben und den Arzt für Orthopädie N. , F., mit der Begutachtung der Klägerin beauftragt (Gutachtensauftrag vom 11.10.2018, Blatt 52/56 der Senatsakte). Hiergegen hat die Klägerin gegenüber dem Senat, wie auch gegenüber Dr. N. mitgeteilt (vgl. Schreiben vom 26.10.2018, vom 02.11.2018, vom 22.11.2018, Blatt 57/59, 63/65, 68/71 der Senatsakte), weder Dr. N. aufzusuchen noch sich nicht begutachten zu lassen. Der Berichterstatter hat die Klägerin mit Schreiben vom 29.11.2018 (Blatt 74 der Senatsakte) auf die prozessualen Mitwirkungsobliegenheiten bei der Sachverhaltsaufklärung, die möglichen Folgen einer mangelnden Mitwirkung aufgeklärt und aufgefordert, sich der Begutachtung zu unterziehen. Die Klägerin hat sich mit Schreiben vom 03.12.2018 und vom 12.12.2018 (Blatt 75/77, 81/88 der Senatsakte) geäußert; der Rechtsanwalt möge von weiterer Korrespondenz absehen, sie sei schon ausreichend begutachtet worden, sie sei nur nach Aktenlage zu begutachten. Die Klägerin hat auch mit Schreiben vom 28.12.2018 (Blatt 93/98 der Senatsakte) darum gebeten, nur nach Aktenlage zu begutachten. Es möge akzeptiert werden, dass sie keine weiteren Untersuchungen mehr wünsche.

Der Berichterstatter hat mit Verfügung vom 03.01.2019 (Blatt 98 RS der Senatsakte) nun auch den Dr. N. erteilten Gutachtensauftrag aufgehoben. Dr. N. hat die Korrespondenz mit der Klägerin und die ihm von dieser vorgelegten Unterlagen übersandt (Blatt 108/114 der Senatsakte sowie Anlage zu Blatt 108 der Senatsakte).

Nachdem der beigeordnete Rechtsanwalt um Entbindung gebeten hatte (Schreiben vom 20.12.2018, Blatt 91/92 der Senatsakte), hat der Senat die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 25.02.2019 (Blatt 27/31 der PKH-Akte) mit Wirkung ab 28.02.2019 wieder aufgehoben.

Nach Anhörung der Beteiligten (zur Stellungnahme der Klägerin vgl. Blatt 120 der Senatsakte) hat der Senat mit Beschluss vom 01.03.2019 die Berufung dem Berichterstatter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG bzw. LSG zu den Verfahren S 16 SB 4076/13, S 2 SB 1153/17, L 8 SB 397/16 und des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.

Der Senat hat trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin mündlich verhandeln und entscheiden können, denn die ordnungsgemäß geladene Klägerin war auf diese Möglichkeit in der Ladung (§ 110 Abs. 1 SGG) hingewiesen worden.

Über die Berufung konnte der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, nachdem das SG mit Gerichtsbescheid vom 05.04.2018 entschieden hatte und die Berufung dem Berichterstatter durch Beschluss des Senates nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen worden war. Der Senat hat keine Gründe feststellen können, die eine Entscheidung durch den ganzen Senat erforderlich machen, solche waren auch weder in der schriftlichen Anhörung noch der mündlichen Verhandlung von den Beteiligten nicht mitgeteilt worden.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 23.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.03.2017, mit dem der Beklagte eine höhere Neufeststellung des GdB mangels Eintritts einer wesentlichen Änderung (dazu unter I.) und die Feststellung der Merkzeichen "G", "B", "aG", "H" und "RF" (dazu unter III. bis VII.) abgelehnt hat. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist eine Überprüfung des Bescheids vom 08.02.2016 nach § 44 SGB X wegen einer angeblichen anfänglichen Rechtswidrigkeit (dazu unter II.). Der Bescheid vom 23.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.03.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, weil der Senat weder zu seiner Überzeugung feststellen konnte, dass die Auswirkungen der Behinderungen der Klägerin auf deren Teilhabefähigkeit mit einem GdB von mehr als 50 zu bewerten sind noch, dass die Voraussetzungen der geltend gemachten Merkzeichen vorliegen.

I. Neufeststellung des GdB

Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen, welche ihrerseits nicht zum sogenannten Verfügungssatz des Bescheides gehören, zugrunde gelegten GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 - BSGE 81, 50 ff.). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Einzel- oder Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss damit durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Rechtsgrundlage für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX (§ 152 SGB IX) in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I 2016, 3234), da maßgeblicher Zeitpunkt bei Verpflichtungs- und Leistungsklagen der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz ist, wobei es für laufende Leistungen auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum ankommt, für den die Leistungen begehrt werden; das anzuwendende Recht richtet sich nach der materiellen Rechtslage (Keller in: Meyer- Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 54 RdNr. 34). Nachdem § 241 Abs. 2 SGB IX lediglich eine (Übergangs-)Vorschrift im Hinblick auf Feststellungen nach dem Schwerbehindertengesetz enthält, ist materiell-rechtlich das SGB IX in seiner derzeitigen Fassung anzuwenden.

Nach dessen § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind Menschen mit Behinderung solche Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung in diesem Sinne liegt nach § 2 Abs.1 Satz 2 SGB IX liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.

Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX, zuvor § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des Grades der Behinderung, die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 153 Abs. 2 SGB IX). Soweit noch keine Verordnung nach § 153 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, gelten die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend (§ 241 Abs. 5 SGB IX). Damit gilt weiterhin die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), deren Anlage zu § 2 die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) beinhalten. Diese stellen – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) - auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX) anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen, sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.

Die Bemessung des Gesamt-GdB (dazu s. unten) erfolgt nach § 152 Abs. 3 SGB IX (zuvor: § 69 Abs. 3 SGB IX). Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, auch solche, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB - nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder anderer Werte - fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 – B 9 SB 2/13 R – SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB, sondern der Gesamt-GdB ist durch einen Vergleich der im zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen – bei Feststellung der Schwerbehinderung ist der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 oder mehr ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 oder mehr in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen – zu bestimmen. Maßgeblich sind damit grds. weder Erkrankungen noch deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 – L 8 SB 5215/13 – juris RdNr. 31) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nämlich nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.

Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die Teilhabefähigkeit einen höheren Gesamt-GdB als 50 nicht rechtfertigen; dies gilt sowohl unter der seit 01.01.2018 anzuwendenden Rechtslage, als auch unter Anwendung der bis 31.12.2017 geltenden Rechtslage des SGB IX.

Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, ist ein Einzel-GdB von 10 anzunehmen. Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder an-haltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulen-abschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB von 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in mindestens zwei Wirbelsäulenabschnitten (Senatsurteil 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 - juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de). Erst bei Wirbelsäulenschäden mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst (z.B. Milwaukee-Korsett); schwere Skoliose (ab ca. 70° nach Cobb) ist ein GdB von 50 bis 70 und bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB von 80 bis 100 gerechtfertigt.

In diesem Funktionssystem konnte der Senat auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen berichte und Befunde bei der Klägerin ein chronisches Cervivalsyndrom, eine BWS-Kyphose und eine diskrete Tordsionsskoliose (großbogig rechtskonvex, 5o nach Cobb), was der Senat dem Arztbericht des Orthopäden Dr. E. vom 26.11.2015 (vgl. Anlage zu Blatt 108 der Senatsakte) und vom 03.05.2013 (Blatt 46 der SG-Akte) entnommen hat. Diese Gesundheitsstörungen hat Dr. E. gegenüber dem SG mit einem GdB von 20 bewertet. Seinen Angaben sind jedoch – außer den mehrfach geltend gemachten Schmerzen – keine weitergehenden Befunde zu rezidivierenden oder anhaltende Bewegungseinschränkungen oder Instabilitäten, rezidivierenden und andauernden Wirbelsäulensyndromen zu entnehmen, sodass der Senat im Sinne der Bewertungsvorgaben von B Nr. 18.9 VG keine Wirbelsäulenschäden mit mindestens mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem oder mehreren Wirbelsäulenabschnitten feststellen konnte. Solche hat auch Dr. E. selbst nicht beschrieben und seine Bewertung vielmehr alleine auf die allgemeine Betroffenheit zweier Wirbelsäulenabschnitte gestützt. Sind jedoch insoweit keine mittelgradigen Beeinträchtigungen nachgewiesen, so rechtfertigt die Betroffenheit zweier Wirbelsäulenabschnitten mit leichten Funktionsauswirkungen nicht die Annahme eines GdB von 20. Dass es sich um eher leichte Beeinträchtigungen handelt, entnimmt der Senat auch dem beim SG vorgelegten Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. J. vom 29.12.2014 (Blatt 43 der SG-Akte); danach war die HWS frei beweglich, der neurologische Befund, bis auf eine beidseits verspannte Nacken-/Trapeziusmuskulatur, regelrecht. Mithin stellt der Senat fest, dass in keinem Wirbelsäulenabschnitt mindestens mittelgradige funktionelle Auswirkungen bestehen.

Der Senat konnte keine weitergehenden Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule feststellen. Zu deren Feststellung hat der Senat die Begutachtung der Klägerin angeordnet. Nachdem die Klägerin aber eine gutachterliche Untersuchung – trotz Aufforderung und Hinweis auf die Mitwirkungsobliegenheiten - verweigert hat, konnte die Beweisaufnahme nicht durchgeführt werden. Dass aus medizinischen Gründen eine Anreise zum Gutachter nach Freiburg nicht möglich war, konnte der Senat nicht feststellen, denn das immer wieder vorgelegte Attest von Dr. N. über Reiseunfähigkeit enthält weder Angaben zu den Gründen einer Reiseunfähigkeit noch lassen sich solche den anderen vorliegenden Befunden entnehmen; im Übrigen hat die Klägerin zuletzt eine Begutachtung vollständig abgelehnt. Auch eine Begutachtung nach Aktenlage war vorliegend nicht geboten, denn auch die Klägerin und die behandelnden Ärzte haben keine Befunde mitgeteilt, die nach Erlass des als Vergleichsmaßstab dienenden Bescheids vom 08.02.2016 bzw. des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 erhoben worden wären. Damit hätte eine Begutachtung nach Aktenlage lediglich Aussagen treffen können, die sich auf die GdB-Bewertung im Bescheid vom 08.02.2016 bzw. Gerichtsbescheid vom 19.01.2016 bezogen hätten; dies ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, weil vorliegend der Eintritt einer später eingetretenen Änderung i.S.d. § 48 SGB X zu prüfen war.

Damit konnte der Senat nicht zu seiner Überzeugung feststellen, dass sich die Funktionsbehinderungen der Klägerin im Funktionssystem des Rumpfes seit Erlass des Bescheids vom 08.02.2016 bzw. des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 geändert hätten oder mit einem GdB von mehr als 10 zu bewerten wären.

Auch weitere Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet, die in anderen Funktionssystemen einen GdB von mindestens bedingen, konnte der Senat nicht feststellen. Zwar hat Dr. E. im Bericht vom 26.11.2015 (vgl. Anlage zu Blatt 108 der Senatsakte) eine beidseitige Knick-Senk-Spreizfuß-Bildung mitgeteilt; dass jedoch statische Auswirkungen bestehen, konnte der Senat diesem Bericht nicht entnehmen. Insoweit konnte der Senat seit Erlass des Bescheids vom 08.02.2016 bzw. des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 weder eine Änderung bestehender Erkrankungen noch das Hinzutreten neuer, das orthopädische Fachgebiet betreffender Gesundheitsstörungen feststellen, sodass auch insoweit keine Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X festzustellen war.

Im Funktionssystem des Stoffwechsels ist kein GdB von wenigstens 10 anzunehmen. Die von Dr. N. angegebene Hashimoto-Thyreoditis ist behandelt und hat keine funktionellen Auswirkungen, die nach den Bewertungsvorgaben von B Nr. 15.6 VG mit einem GdB von mindestens 10 zu bewerten wären. Organkomplikationen sind nicht festzustellen.

Weitere Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet konnte der Senat nicht feststellen. Weder sind solche von der Klägerin gelten gemacht worden noch haben die behandelnden Ärzte Befunde, Diagnosen oder auch nur Hinweise auf solche Erkrankungen mitgeteilt. Auch hat sich die Klägerin der angeordneten internistischen Begutachtung nicht gestellt und – trotz Hinweisen und Aufforderungen zur Mitwirkung - erklärt, sich überhaupt nicht mehr begutachten zu lassen.

Damit konnte der Senat keine das internistische Fachgebiet betreffenden Gesundheitsstörungen, die einen GdB von 10 bedingen, feststellen. Auch insoweit konnte der Senat seit Erlass des Bescheids vom 08.02.2016 bzw. des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 weder eine Änderung bestehender Erkrankungen noch das Hinzutreten neuer, das internistische Fachgebiet betreffender Gesundheitsstörungen feststellen, sodass auch insoweit keine Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X festzustellen war.

Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen berichte und Befunde bei der Klägerin ein Asperger-Syndrom feststellen. Teilweise wurde diese Gesundheitsstörung auch als Anpassungsstörung beschrieben (vgl. Bericht Dr. Dipl. Psych. M. vom 24.09.2014, Blatt 61 der SG-Akte; Bericht Dr. J. vom 29.12.2014, Blatt 43 der SG-Akte). Dass diese Gesundheitsstörungen nach den Bewertungsvorgaben von B Nr. 3.7 VG mit einem GdB von 50 zu Lasten der Klägerin rechtswidrig zu niedrig bewertet sind, konnte der Senat vorliegend nicht feststellen. Eine von den Bewertungsvorgaben des B Nr. 3.7 VG abweichende GdB-Bewertung war nicht vorzunehmen, denn die nach B Nr. 3.4 VG zu bewertenden Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit umfassen nur solche im Kindes- und Jugendalter und die von B Nr. 3.5 VG erfassten Verhaltens- und emotionale Störungen sind nur solche im Kindes- und Jugendalter. Dass eine nach B Nr. 3.6 VG zu bewertende schizophrene und affektive Psychose vorliegt, konnte der Senat auf der Grundlage der vorliegenden ärztlichen Befunde nicht feststellen. Damit verbleibt es bei einer Bewertung der vorliegenden Gesundheitsstörungen nach den Vorgaben von B Nr. 3.7 VG, wobei der Senat die Besonderheiten des Asperger-Syndroms mitberücksichtigt hat.

Nach B Nr. 3.7 VG ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.

Aus den vorliegenden ärztlichen Berichten ist zu entnehmen, dass Dr. J. beschrieben hat, dass die Klägerin die Hauptschule und eine zweijährige Ausbildung zur Hauswirtschafterin erfolgreich abgeschlossen habe, jedoch seit 2003 arbeitslos sei. Depressionen hat Dr. J. ausgeschlossen. Jedoch hat er von nicht näher beschriebenen kognitiven Einschränkungen i.S. einer Lernbehinderung und vorrangig psychischen Einschränkungen im familiären Milieu berichtet. Weitergehendes ist auch dem Gutachten des Dr. B. , das Grundlage des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 war, nicht zu entnehmen. Neuere neurologische und psychiatrische Befunde, also solche, die nach Erlass des Bescheids vom 08.02.2016 bzw. des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 liegen, sind weder von der Klägerin noch von den behandelnden Ärzten – auch auf Befragung durch das SG - mitgeteilt worden. Die Klägerin hat sich der angeordneten Begutachtung – auch zuletzt war noch beabsichtigt, die Klägerin orthopädisch, internistisch und neurologisch psychiatrisch begutachten zu lassen, was dem Dr. N. erteilten Gutachtensauftrag mit Beauftragung entsprechender Zusatzbegutachtung zu entnehmen ist (Blatt 52 der Senatsakte) - nicht gestellt und trotz Hinweis auf die möglichen Folgen ausgeführt, sie wünsche keine weitere körperliche Begutachtung. Dementsprechend waren die Gutachtensaufträge aufgehoben worden und auch keine weiteren geeigneten Gutachter zu suchen bzw. zu beauftragen gewesen.

Jedoch konnte der Senat auf der Basis vorliegenden Befunde nicht feststellen, dass sich seit Erlass des Bescheids vom 08.02.2016 bzw. des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 eine Änderung bestehender Erkrankungen oder das Hinzutreten neuer, das neurologische bzw. psychiatrische Fachgebiet betreffender Gesundheitsstörungen ergeben hätte, sodass auch insoweit keine Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X festzustellen war und der GdB von 50 – wie vom Beklagten angenommen - weiterhin nicht zu Lasten der Klägerin rechtswidrig zu niedrig angesetzt ist.

Weitere - bisher nicht berücksichtigte - GdB-relevante Funktionsbehinderungen, die einen Einzel- bzw. Teil-GdB von wenigstens 10 bedingen, wurden weder geltend gemacht noch konnte der Senat solche feststellen.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen von Amts wegen, nicht für erforderlich. Einen Antrag nach § 109 SGG hat der Kläger nicht gestellt. Nachdem sich die Klägerin geweigert hat, den aktuellen Gesundheitszustand und die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen durch körperliche Untersuchungen im Rahmen von Begutachtungen auf orthopädischem, neurologisch-psychiatrischem und internistischem Fachgebiet feststellen zu lassen, war auch eine weitere Begutachtung nicht von Amts wegen anzuordnen. Erforderlich war auch nicht, einen näher am Wohnort der Klägerin gelegenen Gutachter zu beauftragen, nachdem nicht festgestellt werden konnte, dass aus medizinischen Gründen eine Anreise zum Gutachter Dr. N. nach Freiburg nicht möglich war. Dem immer wieder vorgelegten Attest von Dr. N. über Reiseunfähigkeit enthält weder Angaben zu den Gründen einer Reiseunfähigkeit noch lassen sich solche den anderen vorliegenden Befunden entnehmen; im Übrigen hat die Klägerin zuletzt eine Begutachtung vollständig abgelehnt.

Auf Basis der vorliegenden ärztlichen Unterlagen hat der Senat daher seine richterliche Überzeugung zu bilden. Auf dieser Grundlage konnte der Senat keine Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X feststellen, denn der Senat konnte nicht feststellen, dass seit Erlass des Bescheids vom 08.02.2016 bzw. des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 eine Änderung bestehender Erkrankungen eingetreten oder neue Gesundheitsstörungen aufgetreten wären; auch ist keine Rechtsänderung eingetreten, die Auswirkung auf die Höhe des GdB hätte. Fehlt es damit bereits an einer Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, kann eine Neufeststellung des GdB nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht beansprucht werden.

Im Übrigen wäre eine Änderung auch nicht wesentlich i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, denn der GdB wäre nicht um mindestens 10 zu erhöhen. Vielmehr beträgt der GdB weiterhin 50, der sich aus Einzel-GdB-Werten von - 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfs (Wirbelsäule) - 50 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche ergibt. Nachdem bei der Klägerin vorliegend von einem zu berücksichtigenden höchsten Einzel-GdB von einmal 50 auszugehen ist, und kein Fall vorliegt, in denen ausnahmsweise GdB-Werte von 10 erhöhend wirken, konnte der Senat einen GdB von mehr als 50 nicht feststellen.

Insgesamt ist der Senat unter Berücksichtigung eines Vergleichs der bei der Klägerin insgesamt vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und deren gegenseitigen Auswirkungen einerseits und derjenigen Fälle, für die die VG einen GdB von 60 und mehr vorsehen andererseits, zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin nicht entsprechend schwer funktionell in ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt ist. In ihrer Gesamtheit entsprechen die Erkrankungen der Klägerin seit Antragstellung weder einzeln noch in ihrer Zusammenschau den nach den VG in Teil B mit einem GdB von 60 oder mehr bewerteten Gesundheitsstörungen.

Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass eine wesentliche Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist.

II.

Soweit die Klägerin geltend macht, der GdB von 100 bestehe seit Geburt, macht sie zugleich geltend, es sei nach Erlass des Bescheids vom 08.02.2016 bzw. des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 auch keine Änderung eingetreten. Insoweit macht sie keine nachträgliche Änderung, vielmehr die Unrichtigkeit der ursprünglichen Feststellung des GdB von 50 im Bescheid vom 08.02.2016 bzw. Gerichtsbescheid vom 19.01.2016 geltend. Dieses Begehren richtet sich nach § 44 Abs. 2 SGB X. Hierüber liegt aber keine anfechtbare Verwaltungsentscheidung vor, denn der Beklagte hat im vorliegend angefochtenen Bescheid vom 23.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.03.2017 ausdrücklich nur darüber entscheiden, ob seit Erlass des Bescheids vom 08.02.2016 bzw. des Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Insoweit hat die Klägerin mit dem vorliegenden Antrag aus dem Schreiben vom 22.04.2016, den sie mit dem Formblattantrag vom 07.07.2016 bestätigt hat - auch nur die Erhöhung des GdB wegen einer Änderung ("Verschlimmerung") verlangt, nicht die Überprüfung des Bescheids vom 08.02.2016. Auch im Widerspruchsverfahren hat die Klägerin lediglich eine Änderung/Verschlimmerung geltend gemacht. Ob aber der Bescheid vom 08.02.2016 rechtmäßig war, darüber hat der Beklagte in dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 23.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.03.2017 mangels entsprechendem Begehren der Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent entscheiden; anderes lässt sich auch durch Auslegung nicht ermitteln. So beinhaltet auch die Ablehnung der höheren (Neu-)Feststellung des GdB nicht zugleich auch die rechtsmittelfähige Feststellung, dass der bisher angenommene GdB anfänglich rechtmäßig gewesen war. Auch dass der gegen den Bescheid vom 08.02.2016 eigelegte Widerspruch 15.02.2016 (Blatt 53 der Beklagtenakte) mit dem Bescheid vom 23.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.03.2017 bescheiden werden sollte, konnte der Senat weder diesen Bescheiden selbst noch durch deren Auslegung feststellen.

Damit war vorliegend nicht nach § 44 Abs. 2 SGB X über die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 08.02.2016 zu befinden.

III. Merkzeichen "G"

Der Senat konnte nicht feststellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" vorliegen.

Gemäß § 229 Abs. 1 SGB IX in der seit 01.01.2018 geltenden Fassung (n.F., § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX alte Fassung a.F.), werden schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 152 Abs. 5 SGB IX n.F., (§ 69 Abs. 5 SGB IX a.F.), im Nahverkehr im Sinne des § 230 Abs. 1 SGB IX n.F., (§ 147 Abs. 1 SGB IX a.F.), unentgeltlich befördert. In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ist nach § 229 Abs. 1 SGB IX n.F. (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a.F.), erheblich beeinträchtigt wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden.

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt.

Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Gesetzgeber mit der Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX jedoch ab dem 15.01.2015 wirksam und mit hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "G" geschaffen (Senatsurteil vom 22.05.2015 - L 8 SB 70/13 - zum Merkzeichen "aG", juris und sozialgerichtsbarkeit.de). Folglich ist ab dem 15.01.2015 auf die in den VG geregelten Kriterien abzustellen (vgl. zur Rechtslage bis 14.01.2015 auch Urteil des Senats vom 22.05.2015 - L 8 SB 70/13 -. juris und sozialgerichtsbarkeit.de, zum Merkzeichen "aG").

Gemäß den Grundsätzen der VG Teil D 1b) Satz 1 für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für Nachteilsausgleiche ist ein schwerbehinderter Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, der infolge einer Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit, nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Für die Bewegungseinschränkung ist nicht die Dauerhaftigkeit entscheidend (BSG, Urteil vom 11.8.2015 - B 9 SB 2/14 R -, juris). Bei der Prüfung der Frage, ob die weiteren Voraussetzungen vorliegen, kommt es zudem nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d.h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden (VG Teil D 1b) Satz 2). Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (VG Teil D 1b) Sätze 3, 4).

Nähere Umschreibungen für einzelne Krankheitsbilder und Behinderungen enthalten D Nr. 1 Buchst. d), e) und f) VG. Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind nach den D Nr. 1 Buchst. d) VG als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z.B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, z.B. chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen. Besonderheiten gelten für hirnorganische Anfälle - D Nr. 1 Buchst. e) VG - und Orientierungsstörungen infolge von Sehstörungen, Hörstörungen oder geistiger Behinderung - D Nr. 1 Buchst. f) VG -. Bei hirnorganischen Anfällen ist die Beurteilung von der Art und Häufigkeit der Anfälle sowie von der Tageszeit des Auftretens abhängig. Im Allgemeinen ist auf eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit erst ab einer mittleren Anfallshäufigkeit mit einem GdB von wenigstens 70 zu schließen, wenn die Anfälle überwiegend am Tage auftreten. Analoges gilt beim Diabetes mellitus mit häufigen hypoglykämischen Schocks.

Die VG beschreiben in D Nr. 1 Buchst. d) bis f) VG Regelfälle, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind und die bei der Beurteilung einer dort nicht erwähnten Behinderung als Vergleichsmaßstab dienen können. Die VG geben an, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein Behinderter infolge einer Einschränkung des Gehvermögens "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist". Damit tragen die VG dem Umstand Rechnung, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird. Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren filtern die VG all jene heraus, die nach dem Gesetz außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des schwerbehinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 7/06 R -, juris, zu den mit den VG vergleichbaren AHP; BSG, Beschluss vom 17.08.2010 - B 9 SB 32/10 B -, juris, zu den VG und AHP, vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2018 – L 3 SB 2660/16, juris).

Hiervon ausgehend sind (sowohl nach den bis 31.12.2017 als auch nach den ab 01.01.2018) anzuwendenden Vorschriften die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei der Klägerin nicht festzustellen.

Denn auf der Grundlage der von den behandelnden Ärzten vorgelegten Berichten und Befunden konnte der Senat nicht feststellen, dass die Klägerin infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist. Die behandelnden Ärzte haben über eine Knick-Senk-Spreizfuß-Bildung hinaus keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden körperlichen Gesundheitsstörungen dargestellt; die mit einem GdB Von 10 bewerteten Gesundheitsstörungen der HWS und BWS wirken sich auch nicht auf die Gehfähigkeit der Klägerin aus. Eine Orientierungsstörung oder ein Anfallsleiden von erheblichem Ausmaß ist nirgends beschrieben, die Klägerin hat auch den für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr bei geistig behinderten Menschen vorgesehenen GdB von 70 bzw. 80 nicht erreicht.

Auch aus der von Dr. N. attestierten Reise- und Arbeitsunfähigkeit kann nicht auf die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" geschlossen werden.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G" eine Beweisaufnahme durch Einholung von Gutachten auf orthopädischem, neurologisch-psychoiatrischem und internistischem Fachgebiet bestimmt. Die Klägerin hat daran nicht mitgewirkt, weil sie sich nicht weiter begutachten lassen will. Eine Begutachtung nach Aktenlage kann aber die vorliegend maßgeblichen aktuellen Fähigkeiten der Klägerin bei lediglich bis 2016 vorliegenden Aktenbefunden nicht abbilden. Damit war weder eine weitere Beweisaufnahme erforderlich noch konnte der Senat auf der Grundlage der vorliegenden Befunde feststellen, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" vorliegen.

IV. Merkzeichen "B"

Der Senat konnte nicht feststellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des Merkzeichens "B" vorliegen.

Nach § 229 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind schwerbehinderte Menschen zur Mitnahme einer Begleitperson berechtigt, die bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung regelmäßig auf Hilfe angewiesen sind. Nach § 228 Abs. 6 Nr. 1 SGB IX wird eine Begleitperson eines schwerbehinderten Menschen i.S.d. § 228 Abs. 1 SGB IX a.F. unentgeltlich im öffentlichen Nahverkehr befördert, wenn die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson nachgewiesen und dies im Ausweis des schwerbehinderten Menschen eingetragen ist. Schwerbehinderte Menschen i.S.d. § 228 Abs. 1 SGB IX sind Personen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind. Damit knüpft der Tatbestand noch immer an die Merkzeichen "G", "Gl" und "H" an. Das bedeutet, dass die Zuerkennung des Merkzeichens "B" nur erfolgt, wenn das Merkzeichen "G", "H" oder "Gl" zuerkannt ist (BSG 11.11.1987 - 9a RVs 6/86 - SozR 3870 § 38 Nr. 2), bzw. zuzuerkennen ist. Dies trifft bei der Klägerin nicht zu. Sie erfüllt die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen "G" und "H" nicht (vgl. dieses Urteil unter III. und VI.). Dies gilt unstreitig auch für das Merkzeichen "Gl", denn die Klägerin ist nicht gehörlos.

V. Merkzeichen "aG"

Der Senat konnte nicht feststellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" vorliegen.

Nach § 152 Abs. 1 und 4 SGB IX (§ 69 Abs. 1 und 4 SGB IX a.F.) stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind.

Seit 01.01.2018 enthält § 229 Abs. 3 SGB IX die Legaldefinition des Nachteilsausgleichs "außergewöhnlich gehbehindert", die zuvor aufgrund Artikel 3 Nr. 13 des Gesetzes zur Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz vom 23.12.2016) seit 30.12.2016 in § 146 Absatz 3 SGB IX enthalten war. Auf die Rechtslage vor dem 30.12.2016 kommt es vorliegend nicht an, da die Feststellung des Merkzeichens erst am 21.06.2017 beantragt worden ist.

Nach § 229 Abs. 3 SGB IX sind schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung Personen mit einer erheblichen mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung, die einem Grad der Behinderung von mindestens 80 entspricht (Satz 1). Eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung liegt vor, wenn sich die schwerbehinderten Menschen wegen der Schwere ihrer Beeinträchtigung dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können (Satz 2). Hierzu zählen insbesondere schwerbehinderte Menschen, die auf Grund der Beeinträchtigung der Gehfähigkeit und Fortbewegung - dauerhaft auch für sehr kurze Entfernungen - aus medizinischer Notwendigkeit auf die Verwendung eines Rollstuhls angewiesen sind (Satz 3). Verschiedenste Gesundheitsstörungen (insbesondere Störungen bewegungsbezogener, neuromuskulärer oder mentaler Funktionen, Störungen des kardiovaskulären oder Atmungssystems) können die Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigen (Satz 4). Diese sind als außergewöhnliche Gehbehinderung anzusehen, wenn nach versorgungsärztlicher Feststellung die Auswirkung der Gesundheitsstörungen sowie deren Kombination auf die Gehfähigkeit dauerhaft so schwer ist, dass sie der unter Satz 1 genannten Beeinträchtigung gleichkommt (Satz 5).

Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 18/9522 zu Nr. 13 (§146) Seite 318) kann beispielsweise bei folgenden Beeinträchtigungen eine solche Schwere erreicht werden, dass eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung vorliegt: - zentralnervösen, peripher-neurologischen oder neuromuskulär bedingten Gangstörungen mit der Unfähigkeit, ohne Unterstützung zu gehen oder wenn eine dauerhafte Rollstuhlbenutzung erforderlich ist (insbesondere bei Querschnittlähmung, Multipler Sklerose, Amyotropher Lateralsklerose (ALS), Parkinsonerkrankung, Para- oder Tetraspastik in schwerer Ausprägung), - einem Funktionsverlust beider Beine ab Oberschenkelhöhe oder einem Funktionsverlust eines Beines ab Oberschenkelhöhe ohne Möglichkeit der prothetischen oder orthetischen Versorgung (insbesondere bei Doppeloberschenkelamputierten und Hüftexartikulierten), - schwerster Einschränkung der Herzleistungsfähigkeit (insbesondere bei Linksherzschwäche Stadium NYHA IV), - schwersten Gefäßerkrankungen (insbesondere bei arterieller Verschlusskrankheit Stadium IV), - Krankheiten der Atmungsorgane mit nicht ausgleichbarer Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades, - einer schwersten Beeinträchtigung bei metastasierendem Tumorleiden (mit starker Auszehrung und fortschreitendem Kräfteverfall).

§ 229 Abs. 3 SGB IX normiert mehrere (kumulative) Voraussetzungen: Zunächst muss bei dem Betroffenen eine mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung bestehen, diese muss einem GdB von mindestens 80 entsprechen. Darüber hinaus muss die mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung auch erheblich sein. Mit der Bezugnahme auf mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigungen wollte sich der Gesetzgeber von der Einengung auf orthopädische Gesundheitsstörungen lösen, so dass "keine Fallgestaltung von vornherein bevorzugt oder ausgeschlossen wird, auch nicht dem Anschein nach" (BT-Drs. 18/9522, S. 318). Trotz dieser Ausweitung übernimmt die Neuregelung den bewährten Grundsatz, dass das Recht, Behindertenparkplätze zu benutzen, nur unter engen Voraussetzungen eingeräumt werden darf und verlangt daher auf der zweiten Prüfungsstufe einen - relativ hohen - GdB von wenigstens 80 für die mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung. Dabei ist an den tatsächlich zuerkannten GdB anzuknüpfen (Senatsurteil vom 27.01.2017 - L 8 SB 943/16, juris; sich dem anschließend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 03.08.2017 - L 6 SB 3654/16 -, sozialgerichtsbarkeit.de).

Hiervon ausgehend sind bei der Klägerin sowohl nach den bis 31.12.2017 als auch nach den ab 01.01.2018 anzuwendenden Vorschriften die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" nicht erfüllt. Denn weder ist bei ihr ein mobilitätsbezogener GdB von 80 erreicht – ihr steht lediglich ein GdB von insgesamt 50 zu -, noch konnte der Senat den Befunden der behandelnden Ärzte entnehmen, dass die Klägerin sich vom ersten Schritt an nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb eines Kraftfahrzeuges bewegen kann.

Auch aus der von Dr. N. attestierten Reise- und Arbeitsunfähigkeit kann nicht auf die Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" geschlossen werden.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung der Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" eine Beweisaufnahme durch Einholung von Gutachten auf orthopädischem, neurologisch-psychoiatrischem und internistischem Fachgebiet bestimmt. Die Klägerin hat daran nicht mitgewirkt, weil sie sich nicht weiter begutachten lassen will. Eine Begutachtung nach Aktenlage kann aber die vorliegend maßgeblichen aktuellen Fähigkeiten der Klägerin bei lediglich bis 2016 vorliegenden Aktenbefunden nicht abbilden. Damit war weder eine weitere Beweisaufnahme erforderlich noch konnte der Senat auf der Grundlage der vorliegenden Befunde feststellen, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" vorliegen.

VI. Merkzeichen "H"

Der Senat konnte nicht feststellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des Merkzeichens "H" vorliegen.

Grundlage für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "H" sind § 152 Abs. 1 und 4 SGB IX (§ 69 Abs. 4 SGB IX a.F.) in Verbindung mit § 33b Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Satz 1 Einkommenssteuergesetz (EStG) und § 3 Abs. 1 Nr. 2 der Schwerbehinderten-Ausweisverordnung (SchwbAwV). Gemäß § 33b Abs. 6 Satz 3 EStG ist eine Person hilflos im Sinne dieser Regelungen, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 3 dieser Vorschrift genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist (§ 33b Abs. 6 Satz 4 EStG). Dieser Begriff der Hilflosigkeit geht auf Umschreibungen zurück, die von der Rechtsprechung des BSG im Schwerbehindertenrecht bezüglich der steuerlichen Vergünstigung und im Versorgungsrecht hinsichtlich der gleichlautenden Voraussetzungen für die Pflegezulage nach § 35 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) entwickelt worden sind. Dabei hat sich der Gesetzgeber bewusst nicht an den Begriff der Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14, 15 SGB XI a.F. angelehnt (vgl. BSG, Urteile vom 12.02.2003 - B 9 SB 1/02 R -, juris RdNr. 11 und vom 24.11.2005 - B 9a SB 1/05 R -, juris RdNr. 13), weshalb vorliegend durch die Neuregelung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit in §§ 14,15 SGB XI (durch Art. 2 Nr. 7 des Gesetzes vom 01.01.2017 21.12.2015, BGBl. I S. 2424, mit Wirkung vom 01.01.2017) keine Rechtsänderung eingetreten ist.

Bei den gemäß § 33b Abs. 6 EStG zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren. Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung erfassten Bereiche der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und Mobilität (Aufstehen, Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Hinzu kommen jene Verrichtungen, die in den Bereichen der psychischen Erholung, geistigen Anregung und der Kommunikation (Sehen, Hören, Sprechen, Fähigkeit zu Interaktionen) anfallen. Nicht vom Begriff der Hilflosigkeit umschlossen ist der Hilfebedarf bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen (vgl. BSG, Urteile vom 12.02.2003 - B 9 SB 1/02 R -, juris RdNr. 12 und vom 24.11.2005 - B 9a SB 1/05 R -, juris RdNr. 15). Bei psychisch oder geistig behinderten Menschen liegt Hilflosigkeit auch dann vor, wenn sie bei zahlreichen Verrichtungen des täglichen Lebens zwar keiner Handreichungen bedürfen, sie diese Verrichtungen aber infolge einer Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung nicht vornähmen. Die ständige Bereitschaft ist z. B. anzunehmen, wenn Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr notwendig ist (vgl. Teil A Nr. 4 c VMG).

Die tatbestandlich vorausgesetzte "Reihe von Verrichtungen" kann regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn es sich um mindestens drei Verrichtungen handelt, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen. Die Beurteilung der Erheblichkeit orientiert sich an dem Verhältnis der dem Beschädigten nur noch mit fremder Hilfe möglichen Verrichtungen zu denen, die er auch ohne fremde Hilfe bewältigen kann. In der Regel wird dabei neben der Zahl der Verrichtungen auf den wirtschaftlichen Wert der Hilfe und den zeitlichen Aufwand abzustellen sein, wobei Maßstab für die Erheblichkeit des Hilfebedarfs in erster Linie der tägliche Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen ist. Gemessen an diesem Maßstab ist nicht hilflos, wer nur in relativ geringem Umfang, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist. Daraus ergibt sich jedoch nicht schon, dass bei einem Überschreiten dieser Mindestgrenze in jedem Fall Hilflosigkeit zu bejahen ist. Typisierend ist vielmehr Hilflosigkeit grundsätzlich erst dann anzunehmen, wenn der tägliche Zeitaufwand für erforderliche Betreuungsleistungen mindestens zwei Stunden erreicht. Um den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen zu können, ist aber nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen; vielmehr sind auch die weiteren Umstände der Hilfeleistung, insbesondere deren wirtschaftlicher Wert zu berücksichtigen. Dieser wird wesentlich durch die Zahl und die zeitliche Verteilung der Verrichtungen bestimmt (vgl. BSG, Urteile vom 12.02.2003 - B 9 SB 1/02 R -, juris RdNr. 14ff und vom 24.11.2005 - B 9a SB 1/05 R -, juris RdNr. 16f).

Gemessen an diesen Maßstäben sind bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichen "H" nicht festzustellen. Dass sie auf fremde Hilfe angewiesen ist, ist den vorliegenden Arztberichten nicht zu entnehmen. Vielmehr ist dort mitgeteilt, dass die Klägerin die Hauptschule und eine zweijährige Ausbildung zur Hauswirtschafterin erfolgreich durchlaufen hat, weshalb der Senat feststellt, dass der Klägerin die im Haushalt und zur eigenen Pflege erforderlichen Verrichtungen zeitgerecht möglich waren. Dass und welche Änderungen seither eingetreten sind und dass und welche Hilfestellungen nunmehr erforderlich sind, hat die Klägerin nicht konkret dargelegt, solches lässt sich auch den Arztberichten nicht entnehmen. Damit konnte der Senat Hilfebedürftigkeit nicht feststellen.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung der Voraussetzungen des Merkzeichens "H" eine Beweisaufnahme durch Einholung von Gutachten auf orthopädischem, neurologisch-psychoiatrischem und internistischem Fachgebiet bestimmt. Die Klägerin hat daran nicht mitgewirkt, weil sie sich nicht weiter begutachten lassen will. Eine Begutachtung nach Aktenlage kann aber die vorliegend maßgeblichen aktuellen Fähigkeiten der Klägerin bei lediglich bis 2016 vorliegenden Aktenbefunden, nicht abbilden. Damit war weder eine weitere Beweisaufnahme erforderlich noch konnte der Senat auf der Grundlage der vorliegenden Befunde feststellen, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens "H" vorliegen.

VII. Merkzeichen "RF"

Der Senat konnte nicht feststellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen des Merkzeichens "RF" vorliegen.

Die Voraussetzungen des Merkzeichens "RF" sind nach § 69 Abs. 5 SGB IX i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5 SchwbAwV landesrechtlich und daher in Baden-Württemberg für die Zeit bis 31.12.2012 in § 6 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) vom 15.10.2004 geregelt, der ab dem 01.04.2005 in der Fassung des Gesetzes vom 17.03.2005 (GBl. S. 189) und seit dem 01.01.2009 in der Fassung des Zwölften Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 18.12.2008 (GBl. 2009, S. 131) gilt. Für die Zeit ab dem 01.01.2013 regelt dies nunmehr der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) vom 15.12.2010, der in Baden-Württemberg durch das Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung medienrechtlicher Vorschriften vom 18.10.2011 (GBl S. 477 ff.) zum 01.01.2013 in Kraft gesetzt worden ist. Nach § 4 Abs. 2 RBStV wird bei gesundheitlichen Einschränkungen keine Befreiung mehr gewährt, es werden lediglich die Rundfunkbeiträge auf ein Drittel ermäßigt. Die medizinischen Voraussetzungen wurden jedoch nicht geändert. Gleichermaßen ist in § 4 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 RBStV, zuvor § 6 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 RGebStV, vorausgesetzt, dass es sich um - blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von (wenigstens) 60 vom Hundert allein wegen der Sehbehinderung (Nr. 1 bzw. Nr. 7. a), - hörgeschädigte Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist (Nr. 2 bzw. Nr. 7. b), oder - behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigsten 80 vom Hundert beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können (Nr. 3 bzw. Nr. 8), handelt.

Diese Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Sie ist weder blind oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehindert noch ist sie gehörlos, vielmehr kann eine ausreichende Verständigung über das Gehör erfolgen. Im Übrigen gehört die Klägerin bei dem vom Senat festgestellten GdB von insgesamt 50 nicht zu der Personengruppe der behinderten Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigsten 80 v.H. beträgt, sodass ihr selbst wenn sie wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen könnte, keinen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "RF" hat.

VIII.

Damit hat die Klägerin weder Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 50 wegen einer nachträglich im Verhältnis zum Bescheid vom 08.02.2016 bzw. Gerichtsbescheids vom 19.01.2016 eingetretenen wesentlichen Änderung i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X, noch hat sie Anspruch auf Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) "G", "B", "aG". "H" und "RF". Damit war die Berufung der Klägerin in vollem Umfang als unbegründet zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved