Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 1623/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1401/19 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 25. März 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die nach §§ 172, 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht Mannheim (SG) hat im angefochtenen Beschluss den Antrag auf Übernahme der Kosten des nach § 109 Abs. 1 SGG eingeholten Gutachtens der Dr. F. vom 22. Mai 2018 auf die Staatskasse zu Recht abgelehnt.
Das Gericht kann beschließen, die Kosten eines gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG beantragten Gutachtens, nachdem der Kläger die Kosten vorgeschossen hat, der Staatskasse aufzuerlegen. Dem Gericht steht dabei ein Ermessensspielraum zu (Landessozialgericht [LSG] Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 8; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2005 – L 5 B 148/05 R – juris, Rn. 8; LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 26. November 2004 – L 12 B 3/04 RA – n.v.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer [Hrsg.], SGG, 12. Aufl. 2017, § 109 Rn. 16; Müller, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 109 Rn. 29). Voraussetzung für die Übernahme der Kosten auf die Staatskasse ist, dass das Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Mai 2006 – L 9 R 4263/04 KO-B – juris, Rn. 14; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer [Hrsg.], SGG, 12. Aufl. 2017, § 109 Rn. 16a). Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes gesehen werden (LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9). Es muss sich vielmehr – gemessen am Prozessziel des Klägers – um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben (LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. November 2006 – L 9 U 166/06 KO B – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2007 – L 10 U 93/07 KO-B – n.v.). Ob dies der Fall ist, ist durch nachträgliche Betrachtung unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens festzustellen. Ein Gutachten nach § 109 Abs. 1 SGG hat dann zur Sachaufklärung wesentlich beigetragen, wenn sich herausstellt, dass es entgegen dem ursprünglichen Entschluss des Gerichts, keine weitere Sachaufklärung durch Gutachten zu betreiben, für die gerichtliche Entscheidung bzw. den Ausgang des Rechtsstreits bedeutungsvoll war, weil es objektiv der Aufklärung des Sachverhaltes diente (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 24. Oktober 1977 – L 4 B 48/77 – juris, Rn. 6; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. November 2004 – L 12 B ¾ RA – n.v.; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2005 – L 5 B 148/05 R – juris, Rn. 8). Im Beschwerdeverfahren ist die Entscheidung des SG über die Kostenübernahme voll überprüfbar (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Oktober 2008 – L 6 SB 4170/08 KO B – juris, Rn. 7; Keller, a.a.O., Rn. 22).
Ausgehend von diesen Maßstäben hat das SG zutreffend entschieden, dass die Kosten des Gutachtens der Dr. F. nicht auf die Staatskasse zu übernehmen sind. Im Hinblick auf die gerichtliche Entscheidung und den für die Klägerin positiven Ausgang des Verfahrens kam dem Gutachten keinerlei Bedeutung zu. Vielmehr war die Klägerin mit ihrem Begehren angesichts der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bereits aus Rechtsgründen erfolgreich, ohne dass das Gutachten einen Beitrag hierzu leistete.
Soweit die Klägerin im Beschwerdeverfahren unter Hinweis auf die Ausführungen des SG, wonach eine Begutachtung weder von Amts wegen noch gemäß § 109 SGG veranlasst gewesen sei, vorgebracht hat, das eingeholte Gutachten sei damit nicht entscheidungserheblich gewesen, weshalb die Kosten schon aus diesem Grund von der Staatskasse zu tragen seien, ist zwar zutreffend, dass in einem solchen Fall der fehlerhaften Sachbehandlung eine entsprechende Kostenübernahme in Betracht kommt. Allerdings lag eine solche Fallgestaltung nicht vor. Denn zum Zeitpunkt der Einholung des Gutachtens der Dr. F. vom 22. Mai 2018 war im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch (beiderseitige Bruststraffung sowie beiderseitige Oberschenkelstraffung mit beiderseitiger Liposuktion) medizinische Sachaufklärung im Hinblick auf die Frage erforderlich, ob eine medizinische Indikation für die begehrten Hautstraffungen vorlag, was die Beklagte verneinte. Entsprechend führte das SG auch von Amts wegen eine entsprechende Sachaufklärung durch und hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen und holte auf den Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG nachfolgend das Gutachten der Dr. F. ein. Erst der in der Berufungsbegründung noch nicht enthaltene Vortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Juli 2017, also zeitlich nach Erstattung des für sie ungünstigen Gutachtens der Dr. F., führte dazu, dass sich die bereits erfolgte medizinische Sachaufklärung als nicht (mehr) entscheidungserheblich erwies. Denn das Vorbringen der Klägerin, das Schreiben der Beklagten vom 31. Mai 2018, in welchem diese die Klägerin über die Vorlage des am 13. Mai 2017 eingegangenen Antrags an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung unterrichtete, nicht erhalten zu haben, bedingte als Konsequenz den Eintritt der Genehmigungsfiktion mit Ablauf des 3. Juni 2017, weil für den Eintritt der Genehmigungsfiktion die Frist von drei Wochen und nicht diejenige von fünf Wochen, die die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Juni 2017 eingehalten hatte, maßgeblich war. Damit kam es nicht mehr darauf an, ob eine medizinische Indikation für die beantragten Leistungen bestand. Eine fehlerhafte Sachbehandlung des SG lag somit nicht vor. Vielmehr hätte eine medizinische Sachaufklärung gänzlich unterbleiben können, mithin auch die von Amts wegen erfolgte schriftliche Anhörung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen, wenn die Klägerin den fehlenden Zugang des Schreibens vom 31. Mai 2018 bereits mit der Begründung ihrer Klage bzw. zeitnah hierzu und nicht erst nach Durchführung der medizinischen Ermittlungen durch Anhörung der behandelnden Ärzte und Einholung des Gutachtens gemäß § 109 SGG vorgebracht hätte. Unter diesem Gesichtspunkt erachtet es der Senat – ebenso wie das SG – nicht für sachgerecht, die Kosten des Gutachtens auf die Staatskasse zu übernehmen, selbst wenn anstelle des Gutachtens gemäß § 109 SGG auch die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen in Betracht gekommen wäre.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die nach §§ 172, 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht Mannheim (SG) hat im angefochtenen Beschluss den Antrag auf Übernahme der Kosten des nach § 109 Abs. 1 SGG eingeholten Gutachtens der Dr. F. vom 22. Mai 2018 auf die Staatskasse zu Recht abgelehnt.
Das Gericht kann beschließen, die Kosten eines gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG beantragten Gutachtens, nachdem der Kläger die Kosten vorgeschossen hat, der Staatskasse aufzuerlegen. Dem Gericht steht dabei ein Ermessensspielraum zu (Landessozialgericht [LSG] Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 8; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2005 – L 5 B 148/05 R – juris, Rn. 8; LSG Niedersachen-Bremen, Beschluss vom 26. November 2004 – L 12 B 3/04 RA – n.v.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer [Hrsg.], SGG, 12. Aufl. 2017, § 109 Rn. 16; Müller, in: Roos/Wahrendorf [Hrsg.], SGG, 2014, § 109 Rn. 29). Voraussetzung für die Übernahme der Kosten auf die Staatskasse ist, dass das Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. Mai 2006 – L 9 R 4263/04 KO-B – juris, Rn. 14; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer [Hrsg.], SGG, 12. Aufl. 2017, § 109 Rn. 16a). Dabei kann nicht in jedem neuen Gesichtspunkt ein Beitrag zur Aufklärung des Sachverhaltes gesehen werden (LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9). Es muss sich vielmehr – gemessen am Prozessziel des Klägers – um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben (LSG Bayern, Beschluss vom 26. Mai 2014 – L 17 U 170/14 B – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. November 2006 – L 9 U 166/06 KO B – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. März 2007 – L 10 U 93/07 KO-B – n.v.). Ob dies der Fall ist, ist durch nachträgliche Betrachtung unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens festzustellen. Ein Gutachten nach § 109 Abs. 1 SGG hat dann zur Sachaufklärung wesentlich beigetragen, wenn sich herausstellt, dass es entgegen dem ursprünglichen Entschluss des Gerichts, keine weitere Sachaufklärung durch Gutachten zu betreiben, für die gerichtliche Entscheidung bzw. den Ausgang des Rechtsstreits bedeutungsvoll war, weil es objektiv der Aufklärung des Sachverhaltes diente (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 24. Oktober 1977 – L 4 B 48/77 – juris, Rn. 6; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 26. November 2004 – L 12 B ¾ RA – n.v.; Hessisches LSG, Beschluss vom 29. September 2005 – L 5 B 148/05 R – juris, Rn. 8). Im Beschwerdeverfahren ist die Entscheidung des SG über die Kostenübernahme voll überprüfbar (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Oktober 2008 – L 6 SB 4170/08 KO B – juris, Rn. 7; Keller, a.a.O., Rn. 22).
Ausgehend von diesen Maßstäben hat das SG zutreffend entschieden, dass die Kosten des Gutachtens der Dr. F. nicht auf die Staatskasse zu übernehmen sind. Im Hinblick auf die gerichtliche Entscheidung und den für die Klägerin positiven Ausgang des Verfahrens kam dem Gutachten keinerlei Bedeutung zu. Vielmehr war die Klägerin mit ihrem Begehren angesichts der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bereits aus Rechtsgründen erfolgreich, ohne dass das Gutachten einen Beitrag hierzu leistete.
Soweit die Klägerin im Beschwerdeverfahren unter Hinweis auf die Ausführungen des SG, wonach eine Begutachtung weder von Amts wegen noch gemäß § 109 SGG veranlasst gewesen sei, vorgebracht hat, das eingeholte Gutachten sei damit nicht entscheidungserheblich gewesen, weshalb die Kosten schon aus diesem Grund von der Staatskasse zu tragen seien, ist zwar zutreffend, dass in einem solchen Fall der fehlerhaften Sachbehandlung eine entsprechende Kostenübernahme in Betracht kommt. Allerdings lag eine solche Fallgestaltung nicht vor. Denn zum Zeitpunkt der Einholung des Gutachtens der Dr. F. vom 22. Mai 2018 war im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch (beiderseitige Bruststraffung sowie beiderseitige Oberschenkelstraffung mit beiderseitiger Liposuktion) medizinische Sachaufklärung im Hinblick auf die Frage erforderlich, ob eine medizinische Indikation für die begehrten Hautstraffungen vorlag, was die Beklagte verneinte. Entsprechend führte das SG auch von Amts wegen eine entsprechende Sachaufklärung durch und hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen und holte auf den Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG nachfolgend das Gutachten der Dr. F. ein. Erst der in der Berufungsbegründung noch nicht enthaltene Vortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 24. Juli 2017, also zeitlich nach Erstattung des für sie ungünstigen Gutachtens der Dr. F., führte dazu, dass sich die bereits erfolgte medizinische Sachaufklärung als nicht (mehr) entscheidungserheblich erwies. Denn das Vorbringen der Klägerin, das Schreiben der Beklagten vom 31. Mai 2018, in welchem diese die Klägerin über die Vorlage des am 13. Mai 2017 eingegangenen Antrags an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung unterrichtete, nicht erhalten zu haben, bedingte als Konsequenz den Eintritt der Genehmigungsfiktion mit Ablauf des 3. Juni 2017, weil für den Eintritt der Genehmigungsfiktion die Frist von drei Wochen und nicht diejenige von fünf Wochen, die die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Juni 2017 eingehalten hatte, maßgeblich war. Damit kam es nicht mehr darauf an, ob eine medizinische Indikation für die beantragten Leistungen bestand. Eine fehlerhafte Sachbehandlung des SG lag somit nicht vor. Vielmehr hätte eine medizinische Sachaufklärung gänzlich unterbleiben können, mithin auch die von Amts wegen erfolgte schriftliche Anhörung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen, wenn die Klägerin den fehlenden Zugang des Schreibens vom 31. Mai 2018 bereits mit der Begründung ihrer Klage bzw. zeitnah hierzu und nicht erst nach Durchführung der medizinischen Ermittlungen durch Anhörung der behandelnden Ärzte und Einholung des Gutachtens gemäß § 109 SGG vorgebracht hätte. Unter diesem Gesichtspunkt erachtet es der Senat – ebenso wie das SG – nicht für sachgerecht, die Kosten des Gutachtens auf die Staatskasse zu übernehmen, selbst wenn anstelle des Gutachtens gemäß § 109 SGG auch die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen in Betracht gekommen wäre.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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