Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 AS 2386/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 3514/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.08.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beim Sozialgericht Heilbronn anhängig gewesene Klageverfahren mit dem Az. S 10 AS 1123/18 durch Rücknahme der Klage beendet worden ist.
Der Kläger hat am 30.12.2017 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (S 25 AS 6/18) erhoben, welches sich mit Beschluss vom 28.03.2018 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Heilbronn (SG) verwiesen hat. Inhaltlich hat der Kläger die Bewilligung von SGB II Leistungen geltend gemacht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.07.2018 hat der Kläger nach Hinweisen des Vorsitzenden "den Rechtstreit für erledigt" erklärt. Dieser Erklärung wurde ausweislich des Protokolls vorgelesen und vom Kläger genehmigt.
Am 30.07.2018 hat sich der Kläger erneut an das SG gewandt und u.a. ausgeführt: "Die Aussage des Linksunterzeichners (der Kläger meinte damit sich selbst), der Verhandlungstermin erweise sich als sinn- und ergebnisfern, somit eine, durch die Sachbearbeitung des Sozialgerichts Heilbronn zu verantwortende, Verschwendung steuerlicher Ressourcen, bezog sich zu keinem Zeitpunkt auf einen Rückzug der Klage durch den Linksunterzeichner".
Das SG hat die Ausführungen des Klägers als Antrag auf Fortsetzung des Klageverfahrens S 10 AS 1123/18 verstanden und das Verfahren unter dem neuen Aktenzeichen - S 10 AS 2386/18 - fortgeführt.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 27.08.2018 festgestellt, dass das Verfahren S 10 AS 1123/18 durch Klagerücknahme erledigt worden ist.
Gegen den am 28.08.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.09.2018 Berufung eingelegt und zur Begründung der Berufung u.a. vorgetragen, er habe das Klageverfahren S 10 AS 1123/18 zu keinem Zeitpunkt für erledigt erklärt. Hierbei handle es sich um eine ein ressourcenschonende, einseitige Interpretation des Wortlauts des Klägers ("Der Temin scheint sinnfern und ergebnisfrei zu sein") bei der Gerichtsverhandlung am 25.07.2018 durch die "Sachbearbeitung" beim SG.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Heilbronn vom 27.08.2018 aufzuheben und das Verfahren S 10 AS 1123/18 fortzuführen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend und hält an seiner bislang vertretenen Auffassung fest.
An den Kläger gerichtete Schreiben des Senats hat dieser mit dem Vermerk "zurück an Absender" an das Gericht rückübersandt.
Beim 9. Senat des Landessozialgerichts ist ein weiteres Verfahren des Klägers unter dem Az. L 9 AS 1153/19 anhängig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Absatz 1 Nummer 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2018 in der Sache S 10 AS 1123/18 ist festgehalten, dass der Rechtsstreit durch den Kläger "für erledigt erklärt" wurde, was inhaltlich - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - mit einer Klagerücknahme gleichzusetzen ist (vgl. für gerichtskostenfreie sozialgerichtliche Verfahren: B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 102, Rn. 3). Diese Erklärung wurde ordnungsgemäß protokolliert, vorgespielt und genehmigt (§ 122 SGG i.V.m. §§ 159, 160, 162, 163 Zivilprozessordnung -ZPO -). Ein Nachweis einer fehlerhaften Protokollierung ist nicht ersichtlich. Die Rücknahme der Klage bewirkt gemäß § 102 Satz 2 SGG die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache mit der Folge, dass keine Sachentscheidung mehr ergehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.1961 - 2 RU 204/56 -, juris).
Das SG hat daher zutreffend festgestellt, dass das Verfahren S 10 AS 1123/18 durch Klagerücknahme beendet wurde und damit nicht fortzusetzen war. Die Klage S 10 AS 2386/18 war damit unzulässig.
Die Klagerücknahme kann als Prozesserklärung weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 BGB) angefochten werden (vgl. B. Schmidt, a.a.O, § 102, Rn.7c). Eine Rücknahmeerklärung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen. (B. Schmidt, a.a.O.). Die Voraussetzungen, unter denen ein Verfahren wiederaufgenommen werden kann, sind in den §§ 179 und 180 SGG sowie über § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 579, 580 ZPO geregelt. Es ist jedoch weder vom Kläger behauptet noch sonst ersichtlich, dass einer der darin genannten Fälle hier vorliegt.
Die Rücknahmeerklärung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze oder wegen unzulässigen Drucks oder Drohungen durch das SG ungültig (vgl. hierzu B. Schmidt, a.a.O.). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass das SG gegen grundlegende Verfahrensgesichtspunkte, insbesondere den Grundsatz des fairen Verfahrens, verstoßen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beim Sozialgericht Heilbronn anhängig gewesene Klageverfahren mit dem Az. S 10 AS 1123/18 durch Rücknahme der Klage beendet worden ist.
Der Kläger hat am 30.12.2017 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (S 25 AS 6/18) erhoben, welches sich mit Beschluss vom 28.03.2018 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Sozialgericht Heilbronn (SG) verwiesen hat. Inhaltlich hat der Kläger die Bewilligung von SGB II Leistungen geltend gemacht.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.07.2018 hat der Kläger nach Hinweisen des Vorsitzenden "den Rechtstreit für erledigt" erklärt. Dieser Erklärung wurde ausweislich des Protokolls vorgelesen und vom Kläger genehmigt.
Am 30.07.2018 hat sich der Kläger erneut an das SG gewandt und u.a. ausgeführt: "Die Aussage des Linksunterzeichners (der Kläger meinte damit sich selbst), der Verhandlungstermin erweise sich als sinn- und ergebnisfern, somit eine, durch die Sachbearbeitung des Sozialgerichts Heilbronn zu verantwortende, Verschwendung steuerlicher Ressourcen, bezog sich zu keinem Zeitpunkt auf einen Rückzug der Klage durch den Linksunterzeichner".
Das SG hat die Ausführungen des Klägers als Antrag auf Fortsetzung des Klageverfahrens S 10 AS 1123/18 verstanden und das Verfahren unter dem neuen Aktenzeichen - S 10 AS 2386/18 - fortgeführt.
Nach vorheriger Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 27.08.2018 festgestellt, dass das Verfahren S 10 AS 1123/18 durch Klagerücknahme erledigt worden ist.
Gegen den am 28.08.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.09.2018 Berufung eingelegt und zur Begründung der Berufung u.a. vorgetragen, er habe das Klageverfahren S 10 AS 1123/18 zu keinem Zeitpunkt für erledigt erklärt. Hierbei handle es sich um eine ein ressourcenschonende, einseitige Interpretation des Wortlauts des Klägers ("Der Temin scheint sinnfern und ergebnisfrei zu sein") bei der Gerichtsverhandlung am 25.07.2018 durch die "Sachbearbeitung" beim SG.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Heilbronn vom 27.08.2018 aufzuheben und das Verfahren S 10 AS 1123/18 fortzuführen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend und hält an seiner bislang vertretenen Auffassung fest.
An den Kläger gerichtete Schreiben des Senats hat dieser mit dem Vermerk "zurück an Absender" an das Gericht rückübersandt.
Beim 9. Senat des Landessozialgerichts ist ein weiteres Verfahren des Klägers unter dem Az. L 9 AS 1153/19 anhängig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, da Berufungsausschließungsgründe nicht eingreifen (vgl. §§ 143, 144 Absatz 1 Nummer 1 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2018 in der Sache S 10 AS 1123/18 ist festgehalten, dass der Rechtsstreit durch den Kläger "für erledigt erklärt" wurde, was inhaltlich - wie das SG zutreffend ausgeführt hat - mit einer Klagerücknahme gleichzusetzen ist (vgl. für gerichtskostenfreie sozialgerichtliche Verfahren: B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 102, Rn. 3). Diese Erklärung wurde ordnungsgemäß protokolliert, vorgespielt und genehmigt (§ 122 SGG i.V.m. §§ 159, 160, 162, 163 Zivilprozessordnung -ZPO -). Ein Nachweis einer fehlerhaften Protokollierung ist nicht ersichtlich. Die Rücknahme der Klage bewirkt gemäß § 102 Satz 2 SGG die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache mit der Folge, dass keine Sachentscheidung mehr ergehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.1961 - 2 RU 204/56 -, juris).
Das SG hat daher zutreffend festgestellt, dass das Verfahren S 10 AS 1123/18 durch Klagerücknahme beendet wurde und damit nicht fortzusetzen war. Die Klage S 10 AS 2386/18 war damit unzulässig.
Die Klagerücknahme kann als Prozesserklärung weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften wegen Irrtums oder Drohung (§§ 119, 123 BGB) angefochten werden (vgl. B. Schmidt, a.a.O, § 102, Rn.7c). Eine Rücknahmeerklärung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen. (B. Schmidt, a.a.O.). Die Voraussetzungen, unter denen ein Verfahren wiederaufgenommen werden kann, sind in den §§ 179 und 180 SGG sowie über § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 579, 580 ZPO geregelt. Es ist jedoch weder vom Kläger behauptet noch sonst ersichtlich, dass einer der darin genannten Fälle hier vorliegt.
Die Rücknahmeerklärung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze oder wegen unzulässigen Drucks oder Drohungen durch das SG ungültig (vgl. hierzu B. Schmidt, a.a.O.). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass das SG gegen grundlegende Verfahrensgesichtspunkte, insbesondere den Grundsatz des fairen Verfahrens, verstoßen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
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