L 3 SB 2479/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 802/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 2479/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.05.2017 aufgehoben und der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2016 verurteilt, bei der Klägerin seit dem 30.08.2018 einen Gesamt-GdB von 50 festzustellen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Grades der Behinderung (GdB).

Auf den am 24.02.2015 eingegangenen Erstantrag der 1982 geborenen Klägerin hin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 02.06.2015 den GdB mit 40 seit 01.07.2012 fest. Er stützte sich hierbei auf die versorgungsärztliche Einschätzung von Dr. K. vom Mai 2015, wonach die bei der Klägerin vorliegende Schwerhörigkeit beidseits mit einem Einzel-GdB von 30 und die entzündlich-rheumatische Erkrankung der Gelenke mit einem Einzel-GdB von 20 und der Gesamt-GdB mit 40 zu bewerten seien. In seiner im anschließenden Widerspruchsverfahren eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme vom Dezember 2015 empfahl Dr. W. bei einer nach seiner Auffassung in der Gesamtschau aller vorliegenden Ton- und Sprachaudiogramme nur einmalig schlechten Hörleistung hierfür einen Einzel-GdB von 20 und eine Bewertung der entzündlich-rheumatischen Erkrankung mit einem Einzel-GdB von 30 bei beibehaltenem Gesamt-GdB von 40. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2016 wies der Beklagte hierauf gestützt den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 07.03.2016, vertreten durch den damaligen Bevollmächtigten, den Rentenberater S., Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft begehrt. Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der HNO-Arzt Dr. B. hat in seiner Stellungnahme vom 12.07.2016 über eine beidseitige geringgradige Innenohrschwerhörigkeit berichtet und anhand der ermittelten Sprachaudiometrie den Einzel-GdB hierfür in Übereinstimmung mit dem Versorgungsärztlichen Dienst mit 20 bewertet. Die Ärztin für Allgemeinmedizin F.-W. hat in ihrer Stellungnahme vom 29.07.2016 u.a. über Beeinträchtigungen der Klägerin in Folge der rheumatoiden Polyarthritis berichtet und einen Bericht der S.-K. B. W. vom 07.05.2015 vorgelegt, wonach bei der Klägerin eine residuale Entzündung der rechten Hand bei ansonsten entzündungsfreiem Zustand bestehe. In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.10.2016 hat Dr. G. für den Beklagten an der bisherigen Bewertung festgehalten. In einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme zu einem von der Klägerin vorgelegten Ton- und Sprachaudiogramm vom 30.08.2016 hat Dr. W. am 31.01.2017 ausgeführt, aus dem Tonaudiogramm würde sich unter Zugrundelegung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG), Teil B Nr. 5.2.4 zwar grundsätzlich ein Einzel-

GdB von 30 ergeben. Andererseits sei aber für die GdB-Bewertung einer Schwerhörigkeit bei ausreichenden Deutschkenntnissen vorrangig das Sprachaudiogramm heranzuziehen, welches bei Anwendung des gewichteten Gesamtwortverstehens für die beiden Ohren gemäß den VG allenfalls einen Einzel-GdB von 20 ergebe.

Das SG hat den Rentenberater S. mit Beschluss vom 08.03.2017 als Bevollmächtigten zurückgewiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 31.05.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen des Beklagten gestützt.

Gegen den der Klägerin am 02.06.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 27.06.2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und unter Verweis auf ihre rheumatoide Arthritis sowie die in Folge des Todes des Ehegatten sowie einer aktuellen Erkrankung der Mutter eingetretenen, erheblichen psychischen Beschwerden ihr Begehren auf die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft weiterverfolgt. Sie hat ferner den Arztbrief der S. K. B. W. vom 11.05.2017 über eine Untersuchung vom selben Tag vorgelegt, wonach bei ihr klinisch eine polyartikuläre entzündliche Aktivität unter Beteiligung der Fingergelenke, Handgelenke und Kniegelenke bestehe.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31.05.2017 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 02.06.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2016 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihr die Schwerbehinderteneigenschaft mit einem GdB von mindestens 50 festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 13.11.2018 und das hierauf gestützte, mit Schriftsatz vom 20.11.2018 unterbreitete Vergleichsangebot.

Der Senat hat den behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Dr. M., schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. In seiner Stellungnahme vom 04.01.2018 hat Dr. M. über eine bei einer ersten Konsultation im Dezember 2016 psychopathologisch deutliche herabgestimmte Klägerin bei situationsadäquater Trauerreaktion und über eine weitere Konsultation der Klägerin im Juni 2017, im Rahmen derer er eine medikamentöse Behandlung mit Opipramol und die Teilnahme an einer Trauergruppe empfohlen habe, berichtet.

Nachdem die Beauftragung zweier zuvor von der Klägerin benannten Gutachter auf rheumatologischem Gebiet gescheitert war, hat der Senat auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin die Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. L.-S. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Die Sachverständige hat bei der Klägerin in ihrem internistisch-rheumatologischen Fachgutachten vom 17.09.2018, gestützt auf eine ambulante Untersuchung am 30.08.2018, eine rheumatoide Arthritis mit Erstmanifestation 2010 und Erstdiagnose im Juli 2012 diagnostiziert, welche unter Basistherapie mit niedrig dosierter Medikation aktuell hochentzündlich aktiv sei. Auf Grund der hochentzündlichen Aktivität mit erheblichen Funktionseinbußen sei von mittelgradigen Auswirkungen der Erkrankung auf die Funktionsfähigkeit auszugehen und ein GdB von 50 hierfür anzuerkennen. Dabei ergebe sich aktuell die Schwierigkeit, dass der Zeitpunkt für eine abschließende Beurteilung ungünstig sei, da unter adäquater Basistherapie die entzündliche Aktivität zurückgedrängt werden und eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit erreicht werden könne.

In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.11.2018 hat Dr. K. der Bewertung durch die Sachverständige, wonach eine floride, hochentzündliche Aktivität der rheumatoiden Arthritis vorliege, zugestimmt. Der in den VG, Teil B Nr. 18.2.1 vorgesehene Bewertungsrahmen der "geringen Auswirkung der entzündlich-rheumatischen Krankheiten" sei mit Sicherheit auszuschöpfen. Dauernde erhebliche Funktionseinbußen oder eine therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität sehe er dagegen als noch nicht nachgewiesen und empfehle daher einen Einzel-GdB von 40 für die entzündlich-rheumatische Erkrankung und eine

Anhebung des Gesamt-GdB auf 50. Auf Grund der noch nicht adäquat eingestellten medikamentösen Therapie sollte eine Nachprüfung in zwei Jahren erfolgen. Das hierauf gestützte Vergleichsangebot des Beklagten (GdB von 50 ab 30.08.2018) hat die Klägerin abgelehnt und die Einholung des bereits beantragten Gutachtens bei Dr. D. nach § 109 SGG beantragt. Dieser hat dem Senat mitgeteilt, er habe zum Januar 2019 seine ärztliche Tätigkeit beendet und hat daher um Entbindung von dem Gutachtensauftrag gebeten; dem ist der Senat nachgekommen.

Der Berichterstatter hat am 07.03.2019 eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt, in welchem die Klägerin mitgeteilt hat, sie sei jetzt zur Behandlung in den S.-K. B. W. im Hinblick auf eine mögliche Therapieumstellung angemeldet, warte aber immer noch auf einen Termin bei unveränderten Zustand gegenüber der Begutachtung. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Erörterungstermins vom 07.03.2019 wird auf die Niederschrift verwiesen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.04.2019 und der Beklagte mit solchem vom 02.05.2019 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs. 2 SGG zugestimmt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheidet, ist nach § 143 SGG statthaft; insbesondere ist sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben.

Die Berufung ist auch großenteils begründet. Der Gesamt-GdB ist ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch die Sachverständige (30.08.2018) mit einem Gesamt-GdB von 50 festzustellen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB ist § 2 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der für die Zeit bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 09.06.2001 (BGBl. I S. 1046) und in der für die Zeit ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung durch Art. 1 des Gesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. S. 3234) in Verbindung mit § 69 SGB IX in der für die Zeit bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 07.01.2015 (BGBl. II S. 15) und in der für die Zeit vom 30.12.2016 bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung durch Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) beziehungsweise in Verbindung mit § 152 Abs. 1 und 3 SGB IX in der für die Zeit ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung durch Art. 1 des Gesetzes vom 23.12.2016 (BGBl. S. 3234). Im Hinblick auf die den vorliegend zu beurteilenden Zeitraum betreffenden unterschiedlichen Gesetzesfassungen sind diese - da Übergangsregelungen fehlen - nach dem Grundsatz, dass sich die Entstehung und der Fortbestand des sozialrechtlichen Anspruchs auf Leistungen nach dem Recht zu beurteilen ist, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (BSG, Urteil vom 04.09.2013, B 10 EG 6/12 R, juris; vergleiche Stölting/Greiser in SGb 2015, 135-143), für die jeweiligen Zeiträume, für die sie galten beziehungsweise gelten, anzuwenden.

Nach § 2 Abs. 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 2 Abs. 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung sind Menschen mit Behinderungen Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können, wobei eine Beeinträchtigung in diesem Sinne vorliegt, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag eines behinderten Menschen in einem besonderen Verfahren das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der vom 30.12.2016 bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise nach § 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden

Fassung gilt ergänzend, dass der GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung festgestellt wird. Als GdB werden dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung, nach § 69 Abs. 1 Satz 5 und 6 SGB IX in der vom 30.12.2016 bis zum 31.12.2017 beziehungsweise nach § 152 Abs. 1 Satz 5 und 6 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung hierbei nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt.

Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der vom 30.12.2016 bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise nach § 153 Abs. 2 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung gilt diese Ermächtigung für die allgemeine - also nicht nur für die medizinische - Bewertung des GdB und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen sowie auch für die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit. Zwar ist von dieser Ermächtigung noch kein Gebrauch gemacht worden. Indes bestimmt § 159 Abs. 7 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise § 241 Abs. 5 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung, dass - soweit eine solche Verordnung nicht erlassen ist - die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend gelten. Mithin ist für die konkrete Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen die ab 01.01.2009 an die Stelle der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) getretene Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412), die durch die Verordnungen vom 01.03.2010 (BGBl. I S. 2904), 14.07.2010 (BGBl. I S. 928), 17.12.2010 (BGBl. I S. 2124), 28.10.2011 (BGBl. I S. 2153) und 11.10.2012 (BGBl. I S. 2122) geändert worden ist, heranzuziehen. In den VG sind unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden. Diese sind nach den VG, Teil A, Nr. 2 auch für die Feststellung des GdB maßgebend. Die VG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar. Dabei beruht das für die Auswirkungen von

Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die Bewertung des GdB auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln (BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 SB 3/12 R, juris).

Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung beziehungsweise nach § 152 Abs. 3 Satz 1 SGB IX in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen nach § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem zweiten Schritt sind diese dann den in den VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem dritten Schritt ist dann in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinanderstehen (BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 SB 3/12 R, juris). Nach den VG, Teil A Nr. 3 Buchst. c ist bei der Bildung des Gesamt-GdB in der Regel von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und sodann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob der Ausgangswert also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen um 10, 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Insoweit führen nach den VG, Teil A Nr. 3 Buchst. d, von Ausnahmefällen abgesehen, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es danach vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Außerdem sind nach den VG, Teil A Nr. 3 Buchst. b bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind.

Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen (BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 SB 3/12 R, juris).

Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist der Senat im Anschluss an die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. überzeugt, dass die bei der Klägerin vorliegenden Behinderungen ab der ambulanten Untersuchung durch die Sachverständige mit einem Gesamt-GdB von 50 zu bewerten sind.

Dabei steht bei der Klägerin eine rheumatoide Arthritis mit Erstmanifestation im Jahr 2010 und Erstdiagnose im Juli 2012 ganz im Vordergrund. Diese ist mit Nachweis einer hochentzündlichen Krankheitsaktivität ab 30.08.2018 (Untersuchung durch die Sachverständige) mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten.

Gemäß den VG, Teil B Nr. 18.2.1 sind entzündlich-rheumatische Krankheiten der Gelenke und/oder der Wirbelsäule ohne wesentliche Funktionseinschränkung mit leichten Beschwerden mit einem Einzel-GdB von 10, mit geringen Auswirkungen (leichtgradige Funktionseinbußen und Beschwerden, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringfügige Krankheitsaktivität) mit einem Einzel-GdB von 20 bis 40, mit mittelgradigen Auswirkungen (dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität) mit einem Einzel-GdB von 50 bis 70 und mit schweren Auswirkungen (irreversible Funktionseinbußen, hochgradige Progredienz) mit einem Einzel-GdB von 80 bis 100 zu bewerten. Auswirkungen über sechs Monate anhaltender aggressiver Therapien sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.

In Würdigung dieser Bewertungsmaßstäbe folgt der Senat der Beurteilung durch Dr. K., wonach die entzündlich-rheumatische Erkrankung der Gelenke mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten ist. Die Sachverständige hat bei der Klägerin eine floride, hochentzündliche Aktivität der rheumatoiden Arthritis festgestellt. Diese hochentzündliche Aktivität zeigt sich anhand von floriden Synovitiden im Bereich beider Handgelenke, der Fingergrundgelenke II und III beidseits, sowie einzelner Fingermittelgelenke; ebenso anhand einer entzündungsbedingt schmerzhaften Bewegungseinschränkung im Bereich beider Schultergelenke sowie entzündlicher Schwellungen im Bereich beider Kniegelenke mit Baker-Zyste rechtsseitig. Damit ist im

Vergleich zu früheren Befunden, insbesondere demjenigen der S.-K. B. W. vom 07.05.2015, in welchem über einen im Wesentlichen entzündungsfreien Zustand berichtet worden ist, eine erhebliche Verschlechterung eingetreten. Die Klägerin erfährt durch den inzwischen hochentzündlichen Verlauf der rheumatoiden Arthritis auch funktionelle Einschränkungen. Durch die verminderte Kraft im Bereich der Hände ergeben sich Beeinträchtigungen der Greiffunktion, auf Grund derer z.B. noch ungeöffnete Flaschen nur mit Hilfe geöffnet werden (Dr. L.-S.). Deutliche funktionelle Einschränkungen hat die Sachverständige auch im Bereich beider Schultergelenke festgestellt, welche beispielsweise dazu führen, dass der Nackengriff nur erschwert und langsam möglich ist und die Gelenke geschwollen sind. Betroffen sind ferner beide Kniegelenke. So hat die Sachverständige auf Grund des dauernden Reizzustandes im Bereich des rechten Kniegelenks eine Flüssigkeitsansammlung (Baker-Zyste) festgestellt, auf Grund derer die von der Klägerin beschriebenen Einschränkungen beim Treppensteigen oder bei längeren Wegstrecken gut nachvollziehbar sind. Aufgrund dieses Befundes der Sachverständigen liegen geringe Auswirkungen im Sinne der VG, Teil B Nr. 18.2.1 vor, wobei der hierfür eingeräumte Bewertungsrahmen (GdB 20 bis 40) voll auszuschöpfen ist (so auch Dr. K.).

Mit Dr. K. kann sich aber auch der Senat nicht davon überzeugen, dass bereits mittelgradige Auswirkungen im Sinne der VG, Teil B Nr. 18.2.1 bei der Klägerin vorliegen, weil weder dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden noch eine therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität nachgewiesen ist. So verweist die Sachverständige in ihrem Gutachten selbst darauf, dass derzeit nur eine inadäquate Basistherapie mit niedrig dosiertem MTX, Sulfasalazin sowie Steroiden erfolgt, auf Grund derer die rheumatoide Arthritis derzeit hochentzündlich aktiv ist. Es sei in jedem Falle eine Optimierung und Intensivierung der medikamentösen Therapie anzuraten, so die Sachverständige, bei deren zu erwartendem Ansprechen davon auszugehen sei, dass die entzündliche Aktivität der Gelenke sich zurückbildet und die eingeschränkte Funktionalität wieder verbessert werden kann. Deshalb sollte aus Sicht der Sachverständigen die abschließende GdB-Beurteilung erst nach Optimierung der medikamentösen Therapie erfolgen. Lediglich für den Fall, dass sich die Klägerin nicht zu einer Intensivierung der Therapie entschließen könne, sei für die Erkrankung der rheumatoiden Arthritis ein GdB von 50 anzuerkennen, so die Sachverständige. Hiervon abweichend sieht der Senat bereits jetzt die Voraussetzungen für eine endgültige Bewertung des maßgeblichen Einzel-GdB gegeben. Zwar hat die Klägerin, der Empfehlung der Sachverständigen gehorchend, Bemühungen zur Umstellung ihrer Therapie unternommen, allerdings noch keinen

Behandlungstermin in den S.-K. B. W. bekommen, weshalb ihr Zustand bis zum heutigen Tage unverändert geblieben ist. Im Hinblick auf die VG, Teil A Nr. 2f ist aus Sicht des Senats deshalb kein weiteres Zuwarten im Hinblick auf eine mögliche Besserung des Gesundheitszustandes der Klägerin gerechtfertigt, sondern eine Bewertung des Einzel-GdB geboten, wobei dem Beklagten allerdings eine Überprüfung in einem absehbaren Zeitraum im Hinblick auf eine mögliche Verbesserung anzuraten ist.

Nachdem indes die Sachverständige wie auch Dr. K. übereinstimmend davon ausgehen, dass unter adäquater Basistherapie sowohl die entzündliche Aktivität der rheumatoiden Arthritis zurückgedrängt, wie auch eine Verbesserung der Funktionsfähigkeit erreicht werden kann und die Klägerin ihrerseits, entgegen geäußerter Befürchtungen der Sachverständigen, trotz der in der Vergangenheit erfahrenen Nebenwirkungen unter einer Biologika-Therapie bereit ist, die dringend indizierte Intensivierung der Basistherapie vorzunehmen, können zum derzeitigen Zeitpunkt weder dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden noch eine therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität festgestellt werden, so zu Recht Dr. K., weshalb die Bewertung mit einem Einzel-GdB von 50 zum derzeitigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt ist. Die floride, hochentzündliche Aktivität der rheumatoiden Arthritis mit entsprechenden Funktionseinbußen und Beschwerden ist, so zurecht Dr. K., erstmalig in der ambulanten Untersuchung am 30.08.2018 durch die Sachverständige nachgewiesen worden, während in früheren Befundberichten, beispielsweise im bereits erwähnten Arztbrief der S.-K. B. W. vom 07.05.2015, von einem weitgehenden entzündungsfreien Zustand berichtet worden ist. Zwar wird im Bericht der S.-K. B. W. vom 11.05.2017 wieder über eine polyartikuläre entzündliche Aktivität berichtet und eine stationäre Aufnahme zur Therapieumstellung empfohlen. Diesem Bericht lässt sich indes nicht entnehmen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt der von der Sachverständigen dann im Rahmen der Begutachtung festgestellte Zustand einer hochentzündlichen Aktivität der rheumatoiden Arthritis vorgelegen hat. Insbesondere finden sich in dem Befundbericht der S.-K. B. W. keine Ausführungen über eventuelle funktionelle Einschränkungen durch den hochakuten Krankheitsverlauf, welche die Sachverständige beschrieben hat und welche Grundlage für die Bewertung mit einem Einzel- GdB von 40 sind. Da auch die Sachverständige die Bewertung mit einem Einzel-GdB von 30 vor Entwicklung der hochentzündlichen Krankheitsaktivität für zutreffend erachtet hat, kann die Verschlechterung und die damit verbundene Berücksichtigung eines Einzel-GdB von 40 erst ab dem Zeitpunkt der Untersuchung durch die Sachverständige festgestellt werden.

Die Hörminderung ist in Übereinstimmung mit den VG, Teil B Nr. 5.2.4 mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Der Senat folgt insoweit den übereinstimmenden Einschätzungen des behandelnden HNO-Arztes Dr. B. in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem SG sowie der Bewertung durch die Versorgungsärzte Dr. G. und Dr. W ... Bei der Klägerin liegt eine beidseitige, geringgradige Innenohrschwerhörigkeit vor. Wie bereits Dr. B. ausgeführt hat, ist diese unter Zugrundelegung der sprachaudiometrischen Ergebnisse mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Dies gilt auch in Ansehung des im Laufe des Klageverfahrens vorgelegten Audiogramms vom 30.08.2016. Denn das vorrangig heranzuziehende Sprachaudiogramm von diesem Tag ergibt bei Anwendung des gewichteten Gesamtwortverstehens für das rechte Ohr einen prozentualen Hörverlust von 30 % und für das linke von 40 %, womit in Anwendung der VG, Teil B Nr. 5.2.4 die Schwerhörigkeit mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten ist, so Dr. W ...

Vom Vorliegen einer relevanten Erkrankung auf nervenärztlichem Gebiet vermag sich der Senat, auch insoweit Dr. K. folgend, nicht zu überzeugen. Der Nervenarzt Dr. M., bei dem die Klägerin zweimal innerhalb von einem halben Jahr in Behandlung war, hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage über einen herabgestimmten Eindruck der Klägerin bei aber situationsadäquater Trauerreaktion berichtet. Er hat eine medikamentöse Behandlung mit Opipramol und eine Trauergruppe empfohlen. Eine eigenständige seelische Erkrankung, die über die auf Grund des tragischen Todes des Ehemannes und die durch die rheumatische Arthritis eingetretenen seelischen Begleiterscheinungen, welche indes gemäß VG, Teil A Nr. 2i beim Einzel-GdB bereits mitberücksichtigt sind, hinausgehen würde, hat Dr. M. nicht diagnostiziert und lässt sich seiner Stellungnahme nicht entnehmen, so zu Recht Dr. K ... Im Übrigen hat auch die Sachverständige über einen bei orientierender Untersuchung unauffälligen psychischen Befund mit einer unauffälligen Ausprägung von Antriebsverhalten, Stimmungslage, Gedächtnisleistung und Kontaktaufnahme berichtet. Mangels entsprechender Anhaltspunkte waren daher auch keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen, insbesondere nicht die Einholung eines Gutachtens, geboten.

Der Senat war nicht verpflichtet, ein weiteres Gutachten gemäß § 109 SGG einzuholen. Die Klägerin hat in Kenntnis der Absicht des Senats, mangels fristgerechter Benennung des/der zu beauftragenden Sachverständigen den weiteren Antrag gemäß § 109 SGG abzulehnen, und ohne den zuvor gestellten Beweisantrag gemäß § 109 SGG aufrechtzuerhalten, einer Entscheidung

ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 17.04.2019 zugestimmt. Erklärt ein rechtskundig vertretener Beteiligter vorbehaltlos sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, so bringt er damit zum Ausdruck, dass sich zuvor gestellte Beweisanträge erledigt haben (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 124 Rn. 4b). Zwar tritt die Klägerin im Berufungsverfahren nach Niederlegung des Mandats durch den zuvor beauftragten Rentenberater S. formal als Naturpartei auf. Die kenntnisreichen Schriftsätze der Klägerin, unter anderem jener, mit welchem sie sich gegen die zunächst vom Berichterstatter angesonnene Beschränkung der gutachterlichen Anhörung nur auf einen Arzt zur Wehr gesetzt hat (Schriftsatz vom 27.02.2018), belegen indes das durchgehende Walten einer sozialrechtlich und vor allem auch prozessual erfahrenen Person im Hintergrund, welches jedenfalls insoweit eine Gleichsetzung mit einem rechtskundig vertretenen Beteiligten rechtfertigt.

Im Übrigen lehnt der Senat in pflichtgemäßer Ausübung des ihm in § 109 Abs. 2 SGG eingeräumten Ermessens rein vorsorglich den Antrag auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG ab. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Nach Absatz 2 dieser Regelung kann das Gericht den Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus großer Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist. So liegt der Fall hier.

Zum einen fehlt es bereits an einem hinreichend bestimmten Antrag in diesem Sinne. Denn der Antrag muss auf Anhörung eines bestimmten Arztes gehen, der namentlich zu bezeichnen ist (Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 109 Rn. 4). Die Klägerin hat indes bis zum heutigen Tage keinen bestimmten Arzt in diesem Sinne namentlich benannt, nachdem zuletzt auch Dr. D. eine Begutachtung abgelehnt hat.

Darüber hinaus liegen die Versagensgründe des § 109 Abs. 2 SGG vor. Die Klägerin hat, nachdem bereits die Berufungsbegründung erst 6 Monate nach Einlegung der Berufung erfolgt ist, zunächst Dr. G. und, nachdem dieser abgelehnt hatte, Dr. S. als Sachverständigen für das rheumatologische Gutachten benannt. Nachdem auch Dr. S. mitgeteilt hat, er würde keine

Gutachten erstellen, ist die Klägerin mit Verfügung vom 27.04.2018 aufgefordert worden, innerhalb einer letztmalig eingeräumten Frist bis 26.05.2018 einen Gutachter auf rheumatologischem Gebiet zu benennen und zugleich auch die Bereitschaft des bereits benannten Dr. D. (für das nervenärztliche Fachgebiet) zur Erstattung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG abzuklären. Die Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 17.05.2018 Dr. L.-S.als Sachverständige für das rheumatologische Gutachten, von der Klägerin als Hauptgutachten bezeichnet, benannt und versichert, Dr. D. sei zur Erstellung von Gutachten bereit. Dessen ungeachtet hat Dr. D. nach Beauftragung durch den Senat mit Gutachtensauftrag vom 02.01.2019 mitgeteilt, er erstelle altersbedingt keine Gutachten mehr.

Vor dem Hintergrund der Verfügung vom 27.04.2018, mit der die Klägerin im Hinblick auf die 2 bereits gescheiterten Beauftragungen von Sachverständigen gemäß § 109 SGG dringend aufgefordert worden ist, die Bereitschaft des Dr. D. zur Gutachtenerstattung abzuklären, liegt in der unzureichenden Abklärung der Bereitschaft zur Gutachtenerstattung eine grobe Nachlässigkeit (Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 109 Rn. 11). Dabei gilt dies auch im Hinblick auf die vom Senat vorgenommene Reihenfolge der Beauftragung der beiden genannten Sachverständigen, Dr. L. -S. und Dr. D ... Erst nachdem der Senat die Sachverständige mit Verfügung vom 24.05.2018 zur Sachverständigen beauftragt hatte, wobei er sich hierbei von der Erwägung hat leiten lassen, dass die Klägerin in erster Linie Beschwerden auf rheumatologischem Gebiet geltend gemacht hat (vgl. auch die von der Klägerin gewählte Bezeichnung "Hauptgutachten"), hat die Klägerin erstmalig und knapp 3 Wochen später am 14.06.2018 eine abweichende Reihenfolge, nämlich zuerst die Beauftragung von Dr. D. und dann der Sachverständigen mit den Erwägungen, man möge zuerst den "Zusatzgutachter" und anschließend den "Hauptgutachter" beauftragen, angeregt. Da aber bereits zuvor die Beauftragung der Sachverständigen erfolgt war und die Bezeichnung als "Hauptgutachter" bzw. "Zusatzgutachter" irrelevant ist, hat der Senat an der erfolgten Beauftragung festgehalten. Vor dem Hintergrund der zuvor jeweils beanstandungsfrei vorgenommenen Beauftragungen zunächst der benannten Rheumatologen (vgl. Gutachtensauftrag an Dr. G. vom 28.03.2018 und Dr. S. vom 18.04.2018) und angesichts des aus der Krankheitsgeschichte und dem Vortrag der Klägerin ersichtlichen Schwerpunkts auf rheumatologischem Gebiet war die Beauftragung zunächst der benannten Rheumatologin sachgerecht. Umgekehrt musste für jedermann ersichtlich sein, dass angesichts der von der Klägerin gewünschten Beauftragung von 2 Sachverständigen, wobei regelmäßig von Bearbeitungsdauern seitens der Gutachter von über 3 Monaten auszugehen ist,

die Zeit von einem halben Jahr (bis zur Ruhestandsetzung des Dr. D.) nicht ausreichen würde. Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin, wie bereits ausgeführt, ganz offensichtlich im Hintergrund von einer sozialrechtlich und prozessual erfahrenen Person beraten wird. Da der Rechtsstreit, wie sich bereits aus der Ladung zur mündlichen Verhandlung ergibt, seit diesem Zeitpunkt entscheidungsreif ist, würde die Einholung eines weiteren Gutachtens darüber hinaus auch die Erledigung des Rechtsstreits verzögern.

In Anwendung der bereits dargelegten Grundsätze zur Bildung des Gesamt-GdB erachtet der Senat unter Berücksichtigung des Einzel-GdB von 40 für die entzündlich-rheumatische Erkrankung der Gelenke und des Einzel-GdB von 20 für die beidseitige Schwerhörigkeit im Anschluss an den Beurteilungsvorschlag von Dr. K. die Bildung eines Gesamt-GdB von 50 ab dem Zeitpunkt der Untersuchung der Klägerin durch die Sachverständige für gerechtfertigt, wenngleich die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft im vorliegenden Falle sicherlich an der Obergrenze dessen, was noch vertretbar ist, liegen dürfte. Dagegen ist die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft für die Zeit vor der ambulanten Untersuchung durch die Sachverständige und ein höherer Gesamt-GdB als 50 insgesamt nicht nachgewiesen und war die Berufung insoweit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass ein Gesamt-GdB von 50 erstmalig im Berufungsverfahren mit der Begutachtung durch die Sachverständige nachgewiesen worden ist und der Beklagte dem zeitnah Rechnung getragen hat.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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