L 10 R 1769/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1421/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1769/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.04.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung höherer Rente unter Berücksichtigung von Zeiten der Erziehung der Tochter I. J ...

Der am 1948 geborene Kläger ist mit der am 1971 geborenen Beigeladenen seit 01.05.2003 verheiratet (Bl. 9 VA dritter Teil = Rentenakte - RA -) und führt mit ihr einen gemeinsamen Haushalt. Die Beigeladene stammt aus U. , zog im Februar 2001 ins Bundesgebiet (Bl. 123 RA) und wurde nach dem Besuch von Deutsch- und Integrationskursen - nach Angaben des Klägers von November 2005 bis März 2007 - im Juni 2011 eingebürgert (Bl. 100 RA). Ihre beiden am 07.02.1993 und 25.11.1994 in U. geborenen Töchter aus einer früheren Verbindung leben nach Angaben des Klägers seit Ende Januar 2005 (Bl. 13 SG-Akte) im gemeinsamen Haushalt. Am 24.10.2004 gebar die Beigeladene die gemeinsame Tochter I. J. und am 07.09.2010 die gemeinsame Tochter N. P ... I. besuchte nach Angaben des Klägers von November 2008 bis August 2010 vormittags den Kindergarten und von September 2010 bis August 2013 die Grundschule. Seit Januar 2008 ist bei der Beigeladenen eine AIDS-Infektion bekannt, die ambulant behandelt wird (Bl. 45 Rs. SG-Akte). Außerdem kam es bei der Beigeladenen zu drei ambulanten operativen Eingriffen (Gallenoperation im April/Mai 2008, Gebärmutteroperationen 2012 und 2013, Bl. 29, 45 Rs. SG-Akte).

Im Juni 2008 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung von Kindererziehungszeiten (KEZ) und Berücksichtigungszeiten (BÜZ) für die (damals) drei Töchter. Sie gab an, alle drei Töchter zu erziehen (Bl. 114 RA) und der Kläger würde nicht überwiegend erziehen, was vom Kläger durch Unterschrift bestätigt wurde (Bl. 115 Rs. RA). Dem entsprechend wurden ihr mit Bescheid vom 25.07.2008 (Bl. 21 LSG-Akte) für I. KEZ für die Zeit vom 01.11.2004 bis 31.10.2007 und BÜZ vom 24.10.2004 bis (zunächst) 31.05.2008 anerkannt. Im April 2011 gaben der Kläger und die Beigeladene gegenüber der Beklagten eine Erklärung über die Zuordnung der Erziehung(szeiten) von N. bei gemeinsamer Erziehung ab (Bl. 116 f. LSG-Akte) und teilten die Zeiträume auf.

Antragsgemäß bewilligte die Beklagte dem nicht in der Krankenversicherung der Rentner versicherten Kläger mit Bescheid vom 10.10.2013 Altersrente für langjährige Versicherte ab dem 01.09.2013 in Höhe von monatlich anfangs 828,10 EUR. KEZ und BÜZ für N. stellte sie für den Zeitraum vom 01.02.2011 bis 31.08.2013 in die Berechnung ein, während sie in Bezug auf I. dies ablehnte. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Rentenbescheid (Bl. 82 ff. RA) Bezug genommen. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 02.04.2014).

Gegenüber dem hiergegen am 22.04.2014 angerufenen Sozialgericht Heilbronn hat der Kläger geltend gemacht, I. überwiegend erzogen zu haben. Seine Ehefrau sei zu einer gemeinsamen Erziehung wegen des Zuzuges der Töchter aus U. ab 25.01.2005, auf die sie fixiert gewesen sei, ihrer absolvierten Kurse, der Schwangerschaft mit N. und ihrer Erkrankungen nicht in der Lage gewesen; ab 2014 habe sich der Gesundheitszustand seiner Frau stabilisiert. In Bezug auf seine beruflichen Tätigkeiten hat er eine selbstständige Tätigkeit als Unternehmensberater von November 2004 bis April 2005, von Oktober 2009 bis März 2010 und ab 01.10.2013 angegeben, im Übrigen sei er arbeitslos gewesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.04.2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, wogegen der Kläger am 12.05.2016 Berufung eingelegt hat. Er verweist erneut auf die Krankheitszeiten seiner Ehefrau. Sie habe den Antrag aus 2008 mit ihrer Zustimmung zur Anrechnung der Zeiten der Erziehung von I. bei ihm widerrufen. Hilfsweise könne eine Aufteilung der Zeiten zwischen ihm und seiner Ehefrau erfolgen. Dass bei vorzeitigem Ableben seiner Ehefrau, mit dem wegen der Erkrankung an AIDS gerechnet werden müsse, die Erziehungszeiten niemand zugute kämen, könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15.04.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014 zu verurteilen, höhere Altersrente unter Berücksichtigung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten für die Tochter I. ab dem 01.02.2005, hilfsweise im Umfang von 50% zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Auf Anfrage des Senats hat das Jobcenter Stadt H. u.a. mitgeteilt, dass der Kläger von März 2005 bis März 2006, April bis Dezember 2007, August 2009 bis März 2010 und ab September 2013 ein selbstständiges Gewerbe angemeldet gehabt habe.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 10.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014, mit dem die Beklagte dem Kläger Altersrente für langjährig Versicherte bewilligte, allerdings nur in Bezug auf deren Höhe und auch nur in Bezug auf die geltend gemachten Zeiten der Erziehung der Tochter I ...

Das Sozialgericht hat die so verstandene Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht keine höhere Rente zu. Denn ihm kommt die Zeit der Erziehung der Tochter I. nicht zugute.

Rechtsgrundlage des Begehrens des Klägers auf höhere Altersrente sind die Regelungen der §§ 63 ff. Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) über die Rentenhöhe. Danach richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der in Entgeltpunkte umgerechneten Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Denn gemäß § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des - vom Alter des Versicherten bei Rentenbeginn abhängigen (vgl. § 77 SGB VI) - Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI fließen Entgeltpunkte für Beitragszeiten, wozu auch Pflichtbeitragszeiten gehören (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 55 SGB VI) und damit KEZ (§ 3 Nr. 1 SGB VI), in die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte ein. Damit wirken sich Pflichtbeitragszeiten auf die Höhe der Rente aus. Berücksichtigungszeiten werden gemäß § 71 Abs. 3 SGB VI bei der Gesamtleistungsbewertung von beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten berücksichtigt und können sich so ebenfalls auf die Rentenhöhe auswirken.

Soweit der Kläger die Einstellung von BÜZ für seine Tochter I. in der Rentenberechnung auch für die Zeit ab 01.09.2013 begehrt, ist dieses Begehren schon aus Rechtsgründen abzulehnen. Zum einen werden nach § 75 Abs. 1 SGB VI für Zeiten nach Rentenbeginn Entgeltpunkte nur für eine Zurechnungszeit und für Zuschläge an Entgeltpunkten aus Beiträgen nach Beginn einer Rente wegen Alters ermittelt. BÜZ ab 01.09.2013 würden daher bei der Rentenberechnung nicht bewertet. Die vom Kläger behauptete Ungleichbehandlung gegenüber Müttern liegt nicht vor. Denn für Frauen (hierauf stellt Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz ab) gilt diese Regelung gleichermaßen. Entgegen der Auffassung des Klägers sind sie im Falle der Kindererziehung auch nicht aus Altersgründen generell nicht betroffen. Eine überwiegende Erziehung von Kindern bei Rentenbezug kommt z.B. im Falle des Bezugs von Rente wegen Erwerbsminderung durch die Mutter oder im Fall des Bezugs von Altersrente bei Großmüttern, die als Pflegemütter tätig sind, in Betracht. Zum anderen ist der Kläger - worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, sodass der Senat hierauf Bezug nimmt - ohnehin nach § 56 Abs. 4 i.V.m. § 5 Abs. 4 SGB VI für die Zeit ab Rentenbezug von der Anrechnung ausgeschlossen. Einer weiteren Vertiefung bedürfen diese Aspekt nicht. Denn der Senat verneint das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuordnung der streitigen Erziehungszeiten an den Kläger.

Nach § 56 Abs. 1 SGB VI in der derzeitigen und damit maßgebenden (§ 300 Abs. 1 SGB VI) Fassung sind KEZ Zeiten der Erziehung eines Kindes in dessen ersten drei Lebensjahren. Nach Abs. 5 Satz 1 beginnt die KEZ nach Ablauf des Monats der Geburt und endet nach 36 Kalendermonaten. Für einen Elternteil (wozu insbesondere die leiblichen Eltern gehören, vgl. § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) wird eine KEZ angerechnet, wenn (Nr. 1) die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, (Nr. 2) die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt, was hier der Fall ist, und (Nr. 3) der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist, wofür hier keinerlei Anhaltspunkte bestehen.

Damit kommt es allein darauf an, ob die Zeit der Erziehung der Tochter I. dem Kläger zuzuordnen ist. Dies verneint der Senat. Allerdings folgt dies noch nicht aus den gegenüber der Beigeladenen ergangenen Bescheide der Beklagten, weil diese Bescheide nicht gegenüber dem Kläger ergingen (s. hierzu §§ 39 Abs. 1, 37 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch).

Nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VI ist eine Erziehungszeit dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind erzogen hat. Haben mehrere Elternteile das Kind gemeinsam erzogen, wird die Erziehungszeit einem Elternteil zugeordnet (Satz 2). Dies bedeutet, dass die ursprünglich vom Kläger hilfsweise wertmäßige Aufteilung der Erziehungszeit zwischen ihm und seiner Ehefrau aus Rechtsgründen nicht möglich ist. Vielmehr erfolgt die Zuordnung für die jeweils kleinste Kindererziehungseinheit, nämlich den Kalendermonat (BSG, Urteil vom 16.12.1997, 4 RA 60/97, u.a. in juris, zur damaligen Vorgängerregelung).

Stattdessen sieht § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VI vor, dass die Eltern im Falle gemeinsamer Erziehung durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen können, welchem Elternteil die KEZ zuzuordnen ist. Hiervon haben der Kläger und die Beigeladene zwar in Bezug auf die Tochter Nelly, nicht aber in Bezug auf die Tochter I. Gebrauch gemacht, weshalb die Erziehung der Tochter N. entsprechend als KEZ (und BÜZ) der Rentenberechnung beim Kläger zu Grunde liegt.

Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung - also wie hier in Bezug auf I. - nicht abgegeben, wird gemäß § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI die Erziehungszeit dem Elternteil zugeordnet, der das Kind überwiegend erzogen hat. Liegt eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vor, erfolgt gemäß Satz 9 die Zuordnung zur Mutter. Dem entsprechend wäre die Erziehungszeit nur dann dem Kläger zuzuordnen, wenn er I. allein oder überwiegend erzog. Lässt sich dies nicht feststellen, ist die Erziehungszeit der Beigeladenen zuzuordnen (vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2008, a.a.O.).

Zwar behauptet der Kläger eine überwiegende Erziehung von I. durch sich. Seine Ausführungen halten aber einer Prüfung nicht stand. Dem entsprechend erfolgt die Zuordnung zur Beigeladenen, wie dies die Beklagte gegenüber der Beigeladenen bislang auch entschied.

Erziehung bedeutet die Gesamtheit des tatsächlichen Verhaltens von Vater und Mutter (und - hier nicht von Interesse - Gleichgestellten), das nach ihrem Verständnis und ihren Vorstellungen dazu bestimmt und darauf gerichtet ist, die körperliche, geistige, seelische, sittliche und charakterliche Entwicklung des Kindes zu beeinflussen (BSG, Urteil vom 28.02.1991, 4 RA 76/90, u.a. in juris, ebenfalls zur damaligen Vorgängerregelung). Dabei kommt die alleinige, die gemeinsame oder die zwar gemeinsame aber überwiegende Erziehung in Betracht. Wirken die Eltern bei der Erziehung zusammen und liegen für denselben Erziehungszeitraum Erziehungsanteile und -beiträge beider Elternteile vor, erziehen sie das Kind gemeinsam (BSG, Urteil vom 16.12.1997, a.a.O.). Die Frage einer überwiegenden Erziehung beurteilt sich nach Maßgabe der Zuwendung zum Kind (BSG, a.a.O.). Die Erziehungsanteile sind nach objektiven Maßstäben gegenüberzustellen, der "Wert" der Erziehungsarbeit, der erzieherische Einfluss ist ohne Bedeutung (BSG, Urteil vom 17.04.2008, B 13 R 131/07 R, u.a. in juris). Maßgebend ist der jeweilige zeitliche Umfang (BSG, a.a.O.). Dabei ist der Umstand, dass die Eltern mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben, ein gewichtiges Anzeichen für den typischen Fall einer gemeinsamen Erziehung ohne überwiegenden Einfluss eines Elternteils (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.1991, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall verneint der Senat einen überwiegenden Anteil des Klägers an der mit der Beigeladenen erfolgten gemeinsamen Erziehung der Tochter I. , sodass diese Erziehungszeiten gemäß § 56 Abs. 2 Satz 9 SGB VI der Beigeladenen zugeordnet sind. Das Sozialgericht hat in den Gründen der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt, dass angesichts des gemeinsamen Haushalts mit allen Familienmitgliedern von einer gemeinsamen Erziehung auszugehen sei (vgl. zu dieser Indizwirkung BSG, Urteil vom 17.04.2008 und 28.02.1991, beide a.a.O.), auch wenn die Beigeladene mit der Betreuung der eigenen Töchter befasst und wegen der besuchten Kurse mit Erziehungstätigkeiten zeitlich (gemeint: tagsüber) eingeschränkt gewesen sei. Da der Kläger in seiner Berufung hiergegen keine Einwände vorbringt, sondern nur noch auf die Erkrankungen seiner Ehefrau abstellt, weist der Senat die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus diesen Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab.

Der Senat stimmt dem Sozialgericht auch insoweit zu, als es den Erkrankungen der Beigeladenen keine entscheidende Bedeutung in Bezug auf die Erziehung von I. beimisst. Für die - nach Angabe des Klägers sogar ambulanten (vgl. Bl. 29 SG-Akte) - Behandlungen (Gallenoperation, Gebärmutteroperationen) ist das Sozialgericht unter Annahme stationärer Behandlungen zu Recht davon ausgegangen, dass hier keine, einen Monat (die kleinste Einheit an Kindererziehungszeit, s.o.) überdauernden Abwesenheiten von zuhause anzunehmen sind. Dies hat der Kläger in der Berufung auch nicht in Abrede gestellt, sodass der Senat insoweit ebenfalls von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG absieht.

Die im Vordergrund seiner Berufungsbegründung stehende AIDS-Erkrankung der Beigeladenen führte nach den Angaben der Beigeladenen (Bl. 45 Rs. SG-Akte) nur zu ambulanten Behandlungen, so dass es auch deswegen zu keiner Abwesenheit kam. Dass dann diese Erkrankung wegen ihrer Auswirkungen (Erschöpfung) die Beigeladene an annähernd gleichwertigen Erziehungsleistungen hinderten (so die Berufungsargumentation), ist nicht belegt. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass eine Zuwendung i.S. von Erziehung ohne kräftezehrende Aktionen (wie beispielsweise die vom Kläger angeführten Schwimmbadbesuche, Radfahren) ausreicht. Schließlich räumt der Kläger ein, dass sich seine Ehefrau trotz Erkrankung um den Einkauf und die Wäsche kümmerte, eine Tätigkeit, die eine gewisse Belastungsfähigkeit voraussetzt.

All dies stützt die Annahme, dass die Eheleute I. gemeinsam erzogen.

Dem entsprechen auch die Angaben der Eheleute im früheren Kontenklärungsverfahren der Beigeladenen. Diesen zeitnäheren und in Bezug auf die Tatsachen vom Kläger damals ausdrücklich bestätigten Angaben aus dem Kontenklärungsverfahren gibt der Senat den Vorzug. Sie waren damals noch nicht durch den ergebnisorientierten Aspekt geprägt, dass die Beigeladene möglicherweise - wegen ihrer aus Sicht des Klägers lebensbedrohlichen Erkrankung - nicht in den Genuss der für Erziehungszeiten vorgesehenen rentenrechtlichen Vorteile gelangt. In ihren Erklärungen im Juni 2008 (Kontenklärungsverfahren der Beigeladenen) gaben beide Eheleute übereinstimmend an, dass die Beigeladene die Tochter I. erziehe und dass der Kläger nicht überwiegend erziehe. Der Kläger bestätigte ausdrücklich die Richtigkeit dieser Angaben durch seine Unterschrift.

Soweit der Kläger meint, seine Ehefrau habe ihre Erklärung aus 2008 durch die Angaben im Rentenverfahren widerrufen, trifft dies nicht zu. Noch im Rentenverfahren gab der Kläger selbst an, I. gemeinsam mit seiner Ehefrau erzogen zu haben (Bl. 31 Rs. RA), was von der Beigeladenen durch ihre Unterschrift bestätigt wurde (Bl. 32 RA). Der für den Fall überwiegender Erziehung durch den Vater vorgesehene Vordruck V0805 wurde vom Kläger gerade nicht vorgelegt. Im Ergebnis korrespondieren die Angaben im Rentenverfahren somit mit den ausdrücklichen Angaben im Kontenklärungsverfahren der Beigeladenen. Es trifft somit nicht zu, dass seine Ehefrau im Rentenverfahren einen überwiegenden Anteil an der Kindererziehung durch ihn bestätigt habe.

Die späteren Angaben des Klägers - ab seinem Widerspruch gegen den Rentenbescheid - sind in der Gesamtschau nicht plausibel. So gab er schon im Widerspruch an (Bl. 97 RA), die Beigeladene sei auf ihre ugandischen Töchter, die im gemeinsamen Haushalt lebten, fixiert gewesen, sie habe diese erzogen (so dann im Klageverfahren, Bl. 13 SG-Akte), dies gelte bis zur Ausbildung bis März 2013 (Bl. 97 RA, Bl. 1 SG-Akte). Er suggeriert damit, dass sich die Beigeladene überwiegend um ihre ugandischen Töchter gekümmert und diese erzogen habe, was dann in Widerspruch zu seinem Vortrag steht, seine Ehefrau sei zu einer Erziehungsleistung wegen ihrer Sprach- und Integrationskurse und - im Berufungsverfahren von ihm in den Vordergrund gerückt - wegen ihrer Erkrankungen kaum in der Lage gewesen, so dass er wie ein alleinerziehender Vater gewesen wäre (Bl. 14 SG-Akte). Diese Einschränkungen hätten dann aber auch die Betreuung der ugandischen Töchter betroffen, der Kläger behauptet aber das Gegenteil. In Widerspruch zu seinem Vortrag steht auch der Umstand, dass beide Eheleute im April 2011 ausdrücklich und übereinstimmend angaben, die am 07.09.2010 geborene Tochter N. gemeinsam zu erziehen, obwohl doch - nach dem prozessualen Vorbringen des Klägers - die Beigeladene wegen ihrer Fixierung auf die ugandischen Töchter (bis März 2013) zu anderweitigen Erziehungsleistungen bzw. wegen ihrer Erkrankungen (die Gebärmutteroperationen datieren nach der Geburt von Nelly, die AIDS-Erkrankung besteht dauerhaft) überhaupt zu Erziehungsleistungen nicht in der Lage gewesen sein soll. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, wie N. - was vom Kläger zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt worden ist - gemeinsam erzogen worden sein soll, während dies bei der Tochter I. - beim selben gemeinsamen Haushalt - nicht der Fall gewesen sein soll.

Lediglich am Rande weist der Senat darauf hin, dass die Angaben des Klägers auch in Bezug auf seine eigenen Tätigkeiten nicht glaubhaft sind. So hat er gegenüber dem Sozialgericht für die Zeit vor Rentenbeginn lediglich eher kurze Tätigkeiten als Selbstständiger von November 2004 bis April 2005 und von Oktober 2009 bis März 2010 eingeräumt, während er nach Auskunft des Jobcenters Stadt H. in wesentlich größerem zeitlichen Umfang (von März 2005 bis März 2006, April bis Dezember 2007, August 2009 bis März 2010) ein Gewerbe angemeldet hatte. Auch eine solche Tätigkeit weckt Zweifel an einer alleinigen oder überwiegenden Erziehung der Tochter I ...

Im Ergebnis liegen keine belastbaren Tatsachen vor, die die Unrichtigkeit der übereinstimmenden Erklärung der Eheleute im Kontenklärungsverfahren der Beigeladenen zu den Anteilen ihrer Erziehung belegen.

Damit scheiden auch BÜZ als Berechnungsfaktor für die Altersrente aus. Denn nach § 57 Satz 1 SGB VI ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Dies gilt für Zeiten einer mehr als geringfügig ausgeübten selbstständigen Tätigkeit nur, soweit diese Zeiten auch Pflichtbeitragszeiten sind (Satz 2), was offenbleiben kann. Denn die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit in Bezug auf die Tochter I. lagen beim Kläger zu keinem Zeitpunkt vor, wie sich aus den voranstehenden Ausführungen ergibt. Dass sich im zeitlichen Verlauf, insbesondere nach den jeweiligen Erklärungen der Eheleute, Änderungen im Tatsächlichen ergaben, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht behauptet. Vielmehr gaben der Kläger und die Beigeladene noch im Rentenverfahren übereinstimmend eine gemeinsame Erziehungsleistung sowohl in Bezug auf N. als auch in Bezug auf I. an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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