L 10 LW 4483/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 LW 191/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 LW 4483/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14.11.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Altersrente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).

Der am 1954 geborene Kläger betrieb ab dem Jahr 1976 ein landwirtschaftliches Unternehmen. Nach seinen Angaben verkaufte er den Hof im Jahr 1982 krankheitsbedingt und nahm eine in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung auf. Von ihm wurden für die Zeit vom 01.02.1976 bis 31.12.1982 Pflichtbeiträge zur Rechtsvorgängerin der Beklagten (nach dem damals geltenden Gesetz über die Altershilfe für Landwirte - GAL -) entrichtet. Sein Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung weist vom 05.07.1982 bis jedenfalls 31.12.2011 Pflichtbeiträge aus (vgl. Bl. 4/3, 4/4 VA).

Auf die im Februar 2014 bei der Beklagten eingegangene Anfrage des Klägers nach einem Rentenanspruch oder einer Rückzahlung der Beiträge lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.04.2014 und Widerspruchsbescheid vom 13.04.2015 die Erstattung der zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlten Beiträge ab, weil keine der möglichen Anspruchsgrundlagen erfüllt sei; dieser Rechtsstreit ist beim Senat unter dem Aktenzeichen L 10 LW 4482/18 anhängig. Mit Bescheid vom 03.03.2014 und am 20.12.2016 zugegangenem Widerspruchsbescheid vom 15.12.2016 lehnte sie einen Anspruch auf Rente wegen Alters ab, weil der Kläger die Wartezeit nicht erfülle. Die nach GAL entrichteten Pflichtbeiträge könnten nicht auf die Wartezeit angerechnet werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen für eine derartige Anrechnung nicht erfüllt seien.

Das hiergegen am 16.01.2017 angerufene Sozialgericht Freiburg hat die Klage, mit der der Kläger geltend gemacht hat, die Beiträge zur Beklagten seien, wenn schon nicht im ALG, dann eben im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen, mit Gerichtsbescheid vom 14.11.2018 abgewiesen und zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Gegen den am 19.11.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.12.2018 Berufung eingelegt. Er sieht sein Eigentumsrecht verletzt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14.11.2018 sowie den Bescheid vom 03.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Regelaltersrente bzw. vorzeitige Altersrente zu gewähren, hilfsweise die Deutsche Rentenversicherung Bund zu verurteilen, ihm eine Altersrente auch unter Berücksichtigung der Beitragszeiten bei der Beklagten zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung von Altersrente.

Rechtsgrundlage des klägerischen Begehrens auf Gewährung von Regelaltersrente ist § 11 ALG. Danach haben Landwirte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben (Nr. 1) und sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben (Nr. 2); die weitere Voraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft (Nr. 3) ist mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar (Beschluss des BVerfG vom 23.05.2018, u.a. 1 BvR 97/14), bedarf hier aber keiner weiterer Erörterung, weil der Kläger sein Unternehmen bereits 1982 abgab.

Für den Kläger gilt nach § 87a ALG eine Regelaltersgrenze von 65 Jahren und acht Monaten, die er noch nicht erreicht hat. Er erreicht diese Altersgrenze erst im Oktober 2019. Schon deshalb besteht der geltend gemachte Anspruch nicht.

Soweit der Kläger die Gewährung von vorzeitiger Altersrente begehrt, ist Rechtsgrundlage § 12 Abs. 2 ALG. Danach können Landwirte die Altersrente frühestens ab Vollendung des 65. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt ist und das Unternehmen abgegeben ist.

Diese Altersgrenze hat der Kläger zwar im Februar 2019 erreicht und das Unternehmen - wie bereits erwähnt - längst abgegeben.

Indessen haben die Beklagte und das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Wartezeit von 15 Jahren nicht erfüllt, und damit erst recht nicht jene von 35 Jahren.

Auf die Wartezeit werden nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ALG Beitragszeiten angerechnet, das sind Zeiten, für die Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt sind (§ 18 ALG). Auf Grund seiner Versicherungspflicht entrichtete der Kläger zwar entsprechende Beiträge zur Beklagten, allerdings nur bis 31.12.1992. Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG werden indessen Beitragszeiten vor dem 01.01.1995 auf die Wartezeit für eine Rente an Landwirte nur angerechnet, wenn der Versicherte mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres oder bis zum Eintritt von Erwerbsunfähigkeit im Sinne des bis zum 31.12.2000 geltenden Rechts, längstens jedoch bis 31.12.1994 anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt hat. Dies ist beim Kläger - unstreitig - nicht der Fall.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ALG werden auf die Wartezeit ferner Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gezahlt sind, angerechnet. Derartige Zeiten nach dem SGB VI legte der Kläger auch zurück. Indessen können diese Zeiten im Hinblick auf § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG keine Berücksichtigung finden.

Das am 01.01.1995 in Kraft getretene ALG (BGBl. I 1994, S. 1890) trat an die Stelle des bisherigen GAL und stellte eine umfassende neue Regelung der Alterssicherung der Landwirte dar. Unter der Geltung des GAL war für die dort geregelte Altershilfe (insbesondere Altersgeld und vorgezogenes Altersgeld) ebenfalls die Erfüllung einer Wartezeit von 180 Kalendermonaten (§ 2 Abs. 1 Buchst. b GAL) bzw. fünf Jahren (§ 2 Abs. 2 Buchst. b GAL) Voraussetzung, und zusätzlich die Entrichtung von Beiträgen mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres (siehe die bereits zitierten Regelungen). Diese Lückenlosigkeit der Beitragsentrichtung ist durch § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG über den 31.12.1994 hinaus in das geltende Recht verlängert worden (BSG, Beschluss vom 18.02.2004, B 10 LW 10/03 B). Sollte aber somit durch § 90 ALG hinsichtlich der Wartezeit die bisherige Rechtslage auch unter dem neuen Recht fortgeschrieben werden, kann nicht davon ausgegangen werden, dass das ALG Ansprüche schaffen wollte, die unter Geltung des früheren GAL bereits nicht mehr bestanden hatten (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 13.11.2002, L 16 LW 46/01, bestätigt durch BSG, a. a. O.). Ansprüche auf Leistungen, die vor dem Inkrafttreten des ALG wegen der Nichterfüllung der Wartezeit ausgeschlossen waren, sollten somit durch das ALG nicht begründet werden, auch nicht mit Hilfe von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung (BSG, a. a. O. mit weiteren Nachweisen). Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung können somit nur ergänzend neben Beitragszeiten nach § 18 ALG für die Wartezeiterfüllung herangezogen werden (BSG a. a. O. und BSG, Urteil vom 24.04.2003, B 10 LW 15/02 R). Voraussetzung für eine Anrechnung von Pflichtbeiträgen nach den Vorschriften des SGB VI nach § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ALG ist somit, dass zumindest ein anrechenbarer Beitrag zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung vorhanden ist (BSG, Beschluss vom 18.02.2004, a. a. O.). Dies ist - wie oben dargelegt - beim Kläger nicht der Fall.

Durch diese Nichtberücksichtigung der nach GAL entrichteten Beiträge wird das Eigentumsrecht des Klägers nach Art. 14 Abs. 1 GG nicht verletzt. Die der Anrechnung entgegenstehende Lückenlosigkeit der Beitragsentrichtung war - wie dargelegt - bereits im GAL, unter dessen Geltung die Beiträge entrichtet wurden, angelegt. Damit scheidet eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG von vornherein aus. Denn die Eigentumsgarantie schützt nicht mehr, als jene Rechtspositionen, die vom Gesetz begründet werden (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 20.04.1993, 4 RLw 7/91 m.w.N., in juris).

Auch in Bezug auf den Hilfsantrag ist die Berufung unbegründet. Zwar hat der Kläger nunmehr konkretisiert, welcher Träger der gesetzlichen Rentenversicherung - die DRV Bund - beigeladen und verurteilt werden soll. Indessen fehlt es in Bezug auf den Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits - Altersrente nach dem ALG - an jeglicher Passivlegitimation der DRV Bund. Träger der Alterssicherung der Landwirte ist gemäß § 49 Abs. 1 ALG allein die Beklagte. Ansprüche nach dem ALG richten sich somit auch allein gegen die Beklagte. Soweit der Kläger Ansprüche nach SGB VI geltend macht, ist die Klage unzulässig. Denn insoweit - in Bezug auf Ansprüche nach SGB VI - fehlt es an jeglichen anfechtbaren Verwaltungsentscheidungen. Vor diesem Hintergrund hat der Senat auch keinen Anlass für eine Beiladung gesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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