Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 3496/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3205/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.07.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen Nicht-erfüllen der Anwartschaftszeit.
Der 1961 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.03.2002 bis 30.06.2017 als Mitarbeiter in der Haus- und Betriebstechnik bei den Kreiskliniken C. GmbH (Klinikum N.) beschäftigt. In der Zeit vom 07.04.2014 bis 24.08.2015 bezog der Kläger Krankengeld. Nach der Aussteuerung aus der Krankenkasse bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.2015 Arbeitslosengeld für die Dauer von 450 Tagen (25.08.2015 bis 23.11.2016) in Höhe von kalendertäglich 49,02 EUR.
Am 16.11.2016 kündigte der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis aus personenbedingten Gründen zum 30.06.2017. Ab dem 01.05.2017 war der Kläger von der Arbeitsleistung freigestellt. Für die Zeit vom 25.05.2017 bis 30.06.2017 bezog der Kläger von seinem Arbeitgeber Urlaubsgeld. Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 03.07.2017 mit Wirkung zum 01.07.2017 die Gewährung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 09.08.2017 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab. Der am 25.08.2015 erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld sei erschöpft. Seither sei der Kläger weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen und habe daher keine neue Anwartschaftszeit erfüllt.
Am 17.08.2017 erhob der Kläger Widerspruch, der Leistungsanspruch sei nicht erschöpft.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. § 137 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bestimme, dass Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit habe, wer unter anderem die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die Anwartschaftszeit erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe (§ 142 Abs. 1 SGB III). Die Rahmenfrist betrage zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Jedoch reiche die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt habe. Der Kläger habe bereits zuvor eine Anwartschaftszeit erfüllt, am 24.08.2015 habe die damalige Rahmenfrist geendet. Die Rahmenfrist umfasse daher die Zeit vom 25.08.2015 bis 30.06.2017. Innerhalb dieser Rahmenfrist seien allenfalls 37 Kalendertage zu berücksichtigen, in denen der Kläger versicherungspflichtig im Sinne der §§ 24, 26 und 28a SGB III gewesen sei.
Gegen den Widerspruchsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 13.10.2017 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage. Die Rahmenfrist beginne am 01.07.2015 und ende am 30.06.2017. In dieser Zeit habe der Kläger bis zum 24.08.2015 Krankengeld bezogen und davor in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Im unmittelbaren Anschluss an diesen Krankengeldbezug habe er Leistungen nach dem SGB III auf Grund der Nahtlosigkeitsregelung erhalten. Hier sei eine Analogie zum Krankengeldbezug anzunehmen. Der Kläger habe sich im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt, für die Nichteistungsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit habe der Kläger Arbeitslosengeld erhalten, welches hier dem Krankengeld vergleichbar sei und genau wie dieses ein Pflichtversicherungsverhältnis begründe.
Mit Urteil vom 30.07.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Da der Kläger bereits zuvor eine Anwartschaftszeit erfüllt habe, habe die maßgebliche Rahmenfrist am 24.08.2015 geendet. Entgegen der klägerischen Auffassung umfasse die Rahmenfrist auf Grund der Regelung des § 143 Abs. 2 SGB III nicht den Zeitraum vom 01.07.2015 bis 30.06.2017. Eine neue Anwartschaftszeit habe der Kläger nicht erfüllt, da er in der maßgeblichen Rahmenfrist vom 25.08.2015 bis 30.06.2017 nicht mindestens zwölf Monate (360 Tage), sondern lediglich 37 Kalendertage in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden habe. In einem solchen Versicherungspflichtverhältnis stünden Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig seien. Eine Versicherungszeit während der Zahlung von Arbeitslosengeld könne nicht berücksichtigt werden. Zwar seien nach § 26 Abs. 2 Nr. 1-3 SGB III auch Lohnersatzleistungen als Zeit einer Versicherungspflicht anzuerkennen, die abschließende Aufzählung der Lohnersatzleistungen umfasse aber gerade nicht den Bezug von Arbeitslosengeld. Entgegen der klägerischen Argumentation lasse sich für die Zeit vom 24.11.2016 bis 24.05.2017 ein die Versicherungspflicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis nicht mehr feststellen. Der Kläger habe ab diesem Zeitpunkt kein Arbeitsentgelt mehr erhalten, nachdem das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich auch nicht mehr ausgeübt worden sei und eine Freistellung des Klägers erfolgt sei.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 16.08.2018 beim SG eingelegten Berufung. Das in der Zeit vom 25.08.2015 bis 23.11.2016 bezogene Arbeitslosengeld sei nichts Anderes als ein "umlackiertes" Krankengeld oder ein Krankengeld II und deswegen kein Arbeitslosengeld. Nur da die Bezugsdauer des Krankengeldes auf 1,5 Jahre vom Gesetzgeber ohne sachlichen Grund beschränkt worden sei, habe sich der Gesetzgeber statt eines längeren Krankengeldbezuges die Nahtlosigkeitsregelung einfallen lassen. Vor allem liege ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) vor, da das Arbeitslosengeld nach Nahtlosigkeit, das eigentlich nichts anderes als ein anders benanntes Krankengeld sei, die Rahmenzeit nicht erfüllen solle, obwohl dem Kläger für diese Zeit des Arbeitslosengeldbezuges 21 % als pauschalierter Sozialversicherungsbeitrag abgezogen worden seien. Darüber hinaus habe der Kläger nach Artikel 18 AEUV und Artikel 4 in Verbindung mit 70 VO 883/04 einen Alg. II-Anspruch. Werde als Folge eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs nunmehr die Anwartschaftszeit erfüllt, sei weder ein neuer Antrag noch eine neue Arbeitslosmeldung erforderlich. Der Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften werde ausdrücklich gerügt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.07.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.07.2017 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe und Dauer zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nach § 143 SGG statthaft; insbesondere ist sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zulassungsbedürftig. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der den Antrag des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosengeld ablehnende Bescheid vom 09.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2017. Der Kläger hat, wie das SG zu Recht dargelegt hat, keinen Anspruch auf das begehrte Arbeitslosengeld.
Nach § 138 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wer arbeitslos ist (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt (Nr. 3) hat. Allein problematisch ist im vorliegenden Fall die Anwartschaftszeit. Die Anwartschaftszeit hat gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143 SGB III) mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt 2 Jahre und beginnt mit dem Tag von der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 143 Abs. 1 SGB III). Jedoch bestimmt § 143 Abs. 2 SGB III, dass die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hat. Somit umfasst die maßgebliche Rahmenfrist die Zeit vom 25.08.2015 bis zum 30.06.2017, da der Kläger bereits zuvor eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte und die maßgebliche Rahmenfrist damals am 24.08.2015 endete.
Eine neue Anwartschaftszeit nach § 143 Abs. 1 SGB III hat der Kläger nicht erfüllt, da er in der maßgeblichen Rahmenfrist (siehe oben) nicht mindestens 12 Monate, sondern lediglich 37 Kalendertage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Nach § 24 Abs. 1 SGB III stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind, in einem Versicherungspflichtverhältnis. Nach Abs. 2 der Vorschrift beginnt das Versicherungspflichtverhältnis für Beschäftigte mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis und endet nach Abs. 4 mit dem Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis. Nach § 25 Abs. 1 SGB III sind unter anderem Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Folglich war der Kläger während des Bezuges von Arbeitslosengeld (25.08.2015 bis 23.11.2016) nicht als Beschäftigter versicherungspflichtig.
Eine Versicherungspflicht während der Zahlung von Arbeitslosengeld liegt nicht vor. Zwar bestimmt § 26 Abs. 2 Nr. 1-3 SGB III eine Versicherungspflicht für den Bezug bestimmter Lohnersatzleistungen (u. a. Krankengeld) jedoch ist in dieser abschließenden Aufzählung Arbeitslosengeld nicht enthalten. Würde der Bezug von Arbeitslosengeld ein Versicherungspflichtverhältnis im Sinne der §§ 24 bis 26 SGB III darstellen, würde dies den Bezug von Arbeitslosengeld für Zeiten der Arbeitslosigkeit unendlich verlängern und die in § 147 SGB III geregelte Bezugsdauer würde unterlaufen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vorträgt, er habe nach § 153 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt, verkennt er, dass es sich bei der Regelung des § 153 SGB III nicht um eine Regelung zur Zahlung von Beiträgen handelt, sondern um eine Regelung die in möglichst großer Übereinstimmung mit dem Gleichheitsgebot eine Berechnung des Leistungsentgeltes ermöglicht. Durch die Festlegung dieser Versicherungspauschale bringt das Arbeitslosengeldbemessungsrecht zum Ausdruck, dass es sich hierbei um eine Nettoleistung handelt und dass bei der Berechnung vom Bruttoarbeitsentgelt die Abzüge vorzunehmen sind, die beim Arbeitnehmer gewöhnlich anfallen (Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.02.2013, B 11 AL 94/12 B, juris).
Auch für die Zeit vom 24.11.2016 bis 24.05.2017 liegt ein die Versicherungspflicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis nicht mehr vor. Der Kläger erhielt ab diesem Zeitpunkt kein Arbeitsentgelt mehr, nachdem das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich auch nicht mehr gelebt wurde und eine Freistellung des Klägers von der Arbeitsleistung erfolgt war; hierzu wird auf die überzeugenden Darstellungen des SG verwiesen und nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Begründung abgesehen.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn mit der Argumentation des Klägers die Rahmenfrist für die Zeit vom 01.07.2015 bis 30.06.2017 angenommen würde und die Zeiten vom 24.11.2016 bis 24.05.2017 als Versicherungspflichtverhältnis gewertet würde, die Voraussetzungen nicht erfüllt wären. Auch in diesem Fall stand der Kläger in der Zeit vom 01.07.2015 bis 30.06.2017 nicht 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis, denn das bis zum 23.11.2016 bezogene Arbeitslosengeld löst gerade keine Versicherungspflicht aus.
Soweit der Kläger Bezug nimmt auf europarechtliche Vorschriften, vermag der Senat nicht zu erkennen, inwieweit diese hier eine Rolle spielen könnten, zumal kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Der Kläger wohnt in 72213 Altensteig und war in 72202 N. beschäftigt, beide Orte liegen in Deutschland, ein grenzüberschreitender Sachverhalt liegt nicht vor. Auch sonst hat die Argumentation des Klägerbevollmächtigten nicht das Geringste mit dem vorliegenden Fall zu tun.
Nach all dem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen Nicht-erfüllen der Anwartschaftszeit.
Der 1961 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.03.2002 bis 30.06.2017 als Mitarbeiter in der Haus- und Betriebstechnik bei den Kreiskliniken C. GmbH (Klinikum N.) beschäftigt. In der Zeit vom 07.04.2014 bis 24.08.2015 bezog der Kläger Krankengeld. Nach der Aussteuerung aus der Krankenkasse bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 25.05.2015 Arbeitslosengeld für die Dauer von 450 Tagen (25.08.2015 bis 23.11.2016) in Höhe von kalendertäglich 49,02 EUR.
Am 16.11.2016 kündigte der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis aus personenbedingten Gründen zum 30.06.2017. Ab dem 01.05.2017 war der Kläger von der Arbeitsleistung freigestellt. Für die Zeit vom 25.05.2017 bis 30.06.2017 bezog der Kläger von seinem Arbeitgeber Urlaubsgeld. Der Kläger beantragte bei der Beklagten am 03.07.2017 mit Wirkung zum 01.07.2017 die Gewährung von Arbeitslosengeld.
Mit Bescheid vom 09.08.2017 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab. Der am 25.08.2015 erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld sei erschöpft. Seither sei der Kläger weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen und habe daher keine neue Anwartschaftszeit erfüllt.
Am 17.08.2017 erhob der Kläger Widerspruch, der Leistungsanspruch sei nicht erschöpft.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. § 137 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bestimme, dass Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit habe, wer unter anderem die Anwartschaftszeit erfüllt habe. Die Anwartschaftszeit erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe (§ 142 Abs. 1 SGB III). Die Rahmenfrist betrage zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Jedoch reiche die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt habe. Der Kläger habe bereits zuvor eine Anwartschaftszeit erfüllt, am 24.08.2015 habe die damalige Rahmenfrist geendet. Die Rahmenfrist umfasse daher die Zeit vom 25.08.2015 bis 30.06.2017. Innerhalb dieser Rahmenfrist seien allenfalls 37 Kalendertage zu berücksichtigen, in denen der Kläger versicherungspflichtig im Sinne der §§ 24, 26 und 28a SGB III gewesen sei.
Gegen den Widerspruchsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 13.10.2017 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage. Die Rahmenfrist beginne am 01.07.2015 und ende am 30.06.2017. In dieser Zeit habe der Kläger bis zum 24.08.2015 Krankengeld bezogen und davor in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Im unmittelbaren Anschluss an diesen Krankengeldbezug habe er Leistungen nach dem SGB III auf Grund der Nahtlosigkeitsregelung erhalten. Hier sei eine Analogie zum Krankengeldbezug anzunehmen. Der Kläger habe sich im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt, für die Nichteistungsfähigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit habe der Kläger Arbeitslosengeld erhalten, welches hier dem Krankengeld vergleichbar sei und genau wie dieses ein Pflichtversicherungsverhältnis begründe.
Mit Urteil vom 30.07.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Da der Kläger bereits zuvor eine Anwartschaftszeit erfüllt habe, habe die maßgebliche Rahmenfrist am 24.08.2015 geendet. Entgegen der klägerischen Auffassung umfasse die Rahmenfrist auf Grund der Regelung des § 143 Abs. 2 SGB III nicht den Zeitraum vom 01.07.2015 bis 30.06.2017. Eine neue Anwartschaftszeit habe der Kläger nicht erfüllt, da er in der maßgeblichen Rahmenfrist vom 25.08.2015 bis 30.06.2017 nicht mindestens zwölf Monate (360 Tage), sondern lediglich 37 Kalendertage in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden habe. In einem solchen Versicherungspflichtverhältnis stünden Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig seien. Eine Versicherungszeit während der Zahlung von Arbeitslosengeld könne nicht berücksichtigt werden. Zwar seien nach § 26 Abs. 2 Nr. 1-3 SGB III auch Lohnersatzleistungen als Zeit einer Versicherungspflicht anzuerkennen, die abschließende Aufzählung der Lohnersatzleistungen umfasse aber gerade nicht den Bezug von Arbeitslosengeld. Entgegen der klägerischen Argumentation lasse sich für die Zeit vom 24.11.2016 bis 24.05.2017 ein die Versicherungspflicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis nicht mehr feststellen. Der Kläger habe ab diesem Zeitpunkt kein Arbeitsentgelt mehr erhalten, nachdem das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich auch nicht mehr ausgeübt worden sei und eine Freistellung des Klägers erfolgt sei.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 16.08.2018 beim SG eingelegten Berufung. Das in der Zeit vom 25.08.2015 bis 23.11.2016 bezogene Arbeitslosengeld sei nichts Anderes als ein "umlackiertes" Krankengeld oder ein Krankengeld II und deswegen kein Arbeitslosengeld. Nur da die Bezugsdauer des Krankengeldes auf 1,5 Jahre vom Gesetzgeber ohne sachlichen Grund beschränkt worden sei, habe sich der Gesetzgeber statt eines längeren Krankengeldbezuges die Nahtlosigkeitsregelung einfallen lassen. Vor allem liege ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) vor, da das Arbeitslosengeld nach Nahtlosigkeit, das eigentlich nichts anderes als ein anders benanntes Krankengeld sei, die Rahmenzeit nicht erfüllen solle, obwohl dem Kläger für diese Zeit des Arbeitslosengeldbezuges 21 % als pauschalierter Sozialversicherungsbeitrag abgezogen worden seien. Darüber hinaus habe der Kläger nach Artikel 18 AEUV und Artikel 4 in Verbindung mit 70 VO 883/04 einen Alg. II-Anspruch. Werde als Folge eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs nunmehr die Anwartschaftszeit erfüllt, sei weder ein neuer Antrag noch eine neue Arbeitslosmeldung erforderlich. Der Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften werde ausdrücklich gerügt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.07.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.07.2017 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe und Dauer zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist nach § 143 SGG statthaft; insbesondere ist sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zulassungsbedürftig. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der den Antrag des Klägers auf Gewährung von Arbeitslosengeld ablehnende Bescheid vom 09.08.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2017. Der Kläger hat, wie das SG zu Recht dargelegt hat, keinen Anspruch auf das begehrte Arbeitslosengeld.
Nach § 138 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wer arbeitslos ist (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt (Nr. 3) hat. Allein problematisch ist im vorliegenden Fall die Anwartschaftszeit. Die Anwartschaftszeit hat gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III erfüllt, wer in der Rahmenfrist (§ 143 SGB III) mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt 2 Jahre und beginnt mit dem Tag von der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 143 Abs. 1 SGB III). Jedoch bestimmt § 143 Abs. 2 SGB III, dass die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hat. Somit umfasst die maßgebliche Rahmenfrist die Zeit vom 25.08.2015 bis zum 30.06.2017, da der Kläger bereits zuvor eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte und die maßgebliche Rahmenfrist damals am 24.08.2015 endete.
Eine neue Anwartschaftszeit nach § 143 Abs. 1 SGB III hat der Kläger nicht erfüllt, da er in der maßgeblichen Rahmenfrist (siehe oben) nicht mindestens 12 Monate, sondern lediglich 37 Kalendertage in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Nach § 24 Abs. 1 SGB III stehen Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind, in einem Versicherungspflichtverhältnis. Nach Abs. 2 der Vorschrift beginnt das Versicherungspflichtverhältnis für Beschäftigte mit dem Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis und endet nach Abs. 4 mit dem Tag des Ausscheidens aus dem Beschäftigungsverhältnis. Nach § 25 Abs. 1 SGB III sind unter anderem Personen versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Folglich war der Kläger während des Bezuges von Arbeitslosengeld (25.08.2015 bis 23.11.2016) nicht als Beschäftigter versicherungspflichtig.
Eine Versicherungspflicht während der Zahlung von Arbeitslosengeld liegt nicht vor. Zwar bestimmt § 26 Abs. 2 Nr. 1-3 SGB III eine Versicherungspflicht für den Bezug bestimmter Lohnersatzleistungen (u. a. Krankengeld) jedoch ist in dieser abschließenden Aufzählung Arbeitslosengeld nicht enthalten. Würde der Bezug von Arbeitslosengeld ein Versicherungspflichtverhältnis im Sinne der §§ 24 bis 26 SGB III darstellen, würde dies den Bezug von Arbeitslosengeld für Zeiten der Arbeitslosigkeit unendlich verlängern und die in § 147 SGB III geregelte Bezugsdauer würde unterlaufen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang vorträgt, er habe nach § 153 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt, verkennt er, dass es sich bei der Regelung des § 153 SGB III nicht um eine Regelung zur Zahlung von Beiträgen handelt, sondern um eine Regelung die in möglichst großer Übereinstimmung mit dem Gleichheitsgebot eine Berechnung des Leistungsentgeltes ermöglicht. Durch die Festlegung dieser Versicherungspauschale bringt das Arbeitslosengeldbemessungsrecht zum Ausdruck, dass es sich hierbei um eine Nettoleistung handelt und dass bei der Berechnung vom Bruttoarbeitsentgelt die Abzüge vorzunehmen sind, die beim Arbeitnehmer gewöhnlich anfallen (Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.02.2013, B 11 AL 94/12 B, juris).
Auch für die Zeit vom 24.11.2016 bis 24.05.2017 liegt ein die Versicherungspflicht auslösendes Beschäftigungsverhältnis nicht mehr vor. Der Kläger erhielt ab diesem Zeitpunkt kein Arbeitsentgelt mehr, nachdem das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich auch nicht mehr gelebt wurde und eine Freistellung des Klägers von der Arbeitsleistung erfolgt war; hierzu wird auf die überzeugenden Darstellungen des SG verwiesen und nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Begründung abgesehen.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass selbst dann, wenn mit der Argumentation des Klägers die Rahmenfrist für die Zeit vom 01.07.2015 bis 30.06.2017 angenommen würde und die Zeiten vom 24.11.2016 bis 24.05.2017 als Versicherungspflichtverhältnis gewertet würde, die Voraussetzungen nicht erfüllt wären. Auch in diesem Fall stand der Kläger in der Zeit vom 01.07.2015 bis 30.06.2017 nicht 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis, denn das bis zum 23.11.2016 bezogene Arbeitslosengeld löst gerade keine Versicherungspflicht aus.
Soweit der Kläger Bezug nimmt auf europarechtliche Vorschriften, vermag der Senat nicht zu erkennen, inwieweit diese hier eine Rolle spielen könnten, zumal kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt. Der Kläger wohnt in 72213 Altensteig und war in 72202 N. beschäftigt, beide Orte liegen in Deutschland, ein grenzüberschreitender Sachverhalt liegt nicht vor. Auch sonst hat die Argumentation des Klägerbevollmächtigten nicht das Geringste mit dem vorliegenden Fall zu tun.
Nach all dem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 SGG) liegen nicht vor.
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