L 4 P 3908/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 P 1204/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 3908/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Gutachten vom 6. Juli und 15. September 2017, die für den Beklagten tätige Pflegefachkräfte erstellten.

Der Kläger, der bei der Pflegekasse der I. (im Folgenden: Pflegekasse) pflegeversichert ist, beantragte am 23. Mai 2017 Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit, worauf die Pflegekasse den Beklagten mit der Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit beauftragte. Die für den Beklagten tätige Pflegefachkraft B. erstattete auf Grund einer Begutachtung des Klägers im häuslichen Bereich sodann das Gutachten vom 6. Juli 2017 und empfahl Pflegegrad 1. Mit an den Beklagten gerichtetem Schreiben vom 27. Juli 2017 widersprach der Kläger diesem Gutachten und machte geltend, es sei unvollständig und entspreche nicht den Tatsachen, da es ohne die vorhandenen medizinischen Unterlagen erstellt worden sei. Der Kläger erhob darüber hinaus Widerspruch gegen den gestützt auf dieses Gutachten ergangenen Bescheid der Pflegekasse, worauf diese den Beklagten mit einer weiteren Begutachtung des Klägers beauftragte. Daraufhin erstattete die Pflegefachkraft W. auf Grund eines Hausbesuchs das Gutachten vom 15. September 2017, in dem sie gleichermaßen Pflegegrad 1 empfahl. Mit an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 19. September und 5. Oktober 2017 machte der Kläger auch die Fehlerhaftigkeit dieses Gutachtens geltend; Pflegefachkraft W. habe die ihr vorgelegten medizinischen Unterlagen nicht gelesen und ihn auch nur wenig befragt. Mit weiterem Schreiben vom 10. Januar 2018 führte er aus, er akzeptiere die von inkompetenten Pflegefachkräften erstellten Gutachten vom 6. Juli und 15. September 2017 nicht. Der Beklagte wies die gegen die Pflegefachkräfte erhobenen Vorwürfe zurück und machte deutlich, dass die Entscheidung über den Widerspruch des Klägers durch die Pflegekasse ergehe (Schreiben vom 5. Oktober 2017 und 18. Januar 2018).

Am 10. April 2018 erhob der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage ausdrücklich gegen den Beklagten und machte die Fehlerhaftigkeit der Gutachten vom 6. Juli und 15. September 2017 geltend. Es handele sich hierbei nicht um fachliche Gutachten zur Feststellung seiner Pflegebedürftigkeit. Die Gutachten seien von Pflegefachkräften erstattet worden, die keine Ahnung von medizinischen Fachbegriffen hätten. Er vertraue nur Ärzten und deren Berichten, Diagnosen und Gutachten; er verlange eine fachmännische Bewertung.

Der Beklagte äußerte sich in dem Verfahren nicht.

Mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2018 wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die gegen die Gutachten vom 6. Juli und 15. September 2017 erhobenen Einwände seien nur in einem Rechtsstreit gegen die Pflegekasse zu prüfen. Bei den Gutachten des Beklagten handele es sich im Sinne des § 56a Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lediglich um vorbereitende Verfahrenshandlungen im Hinblick auf den Antrag des Klägers auf Leistungen der Pflegeversicherung; diese stellten selbst keine abschließende Sachentscheidung dar. Eine solche werde erst durch die Pflegekasse im Rahmen eines Verwaltungsakts getroffen.

Am 24. Oktober 2018 hat der Kläger dagegen beim SG Berufung eingelegt. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ist weiterhin der Auffassung, das Recht auf eine fachmännische Begutachtung zu haben.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16. Oktober 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, zur Feststellung seiner Pflegebedürftigkeit eine Begutachtung durch einen Arzt durchzuführen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats und des SG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 144 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da das Begehren des Klägers keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG).

2. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die ausdrücklich gegen den Beklagten und nicht gegen die Pflegekasse gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Diese Klage war unzulässig.

Gemäß § 56a Satz 1 SGG können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nach Satz 2 der Regelung nur dann nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

Bei den vom Kläger beanstandeten Gutachten handelt es sich um behördliche Verfahrenshandlungen in diesem Sinne. Die Pflegekasse, bei der der Kläger versichert ist, bediente sich zur Prüfung der Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs und zur Vorbereitung des von ihr zu erlassenden Verwaltungsaktes (vgl. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]) des Beklagten. Dementsprechend beauftrage sie gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) den Beklagten mit der Prüfung, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt. Das von der Pflegefachkraft B. daraufhin erstattete Gutachten vom 6. Juli 2017 stellt sich daher als vorbereitende Handlung im Hinblick auf die von der Pflegekasse zu treffende, das Verwaltungsverfahren (vgl. § 8 SGB X) abschließende Sachentscheidung dar. Nichts Anderes gilt für das Gutachten der Pflegefachkraft W. vom 15. September 2017, das nach Erhebung von Widerspruch gegen den Verwaltungsakt der Pflegekasse im sog. Vorverfahren (vgl. § 83 SGG) eingeholt wurde. Dieses Gutachten diente der Vorbereitung der von der Pflegekasse nun zu treffenden, das Vorverfahren abschließenden Entscheidung durch Erlass einer Abhilfeentscheidung oder eines Widerspruchsbescheids (§ 85 Abs. 1 und 2 SGG).

Seine Einwände gegen die Gutachten kann der Kläger daher nur mit den zulässigen Rechtsbehelfen gegen die jeweilige Entscheidung der Pflegekasse geltend machen, nach Erlass des die beantragte Leistung ganz oder teilweise ablehnenden Verwaltungsakts somit durch Widerspruch und nach Erlass des den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchbescheids mit einer Klage gegen die Pflegekasse.

Ein Ausnahmefall im Sinne von § 56a Satz 2 SGG lag ersichtlich nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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