L 9 R 3688/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 496/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3688/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juli 2017 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als Vertretungsärztin in der Gemeinschaftspraxis der Beigeladenen Ziff. 3 und 4 seit dem 5. Mai 2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Beklagte hat der Klägerin auch deren außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Kosten der Beigeladenen sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status der Klägerin, einer Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, hinsichtlich ihrer für die Beigeladenen zu 3) und 4) ab 05.05.2014 ausgeübten Tätigkeit als Vertretungsärztin.

Die Beigeladenen zu 3) und 4) betreiben eine hautärztliche Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Praxisinhaber in S. Die Gesellschaft beschäftigt nichtärztliches Personal (drei Vollzeitkräfte, drei in geringfügigem Umfang), angestellte Ärzte werden nicht beschäftigt.

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Baden-Württemberg genehmigte dem Beigeladen zu 3), die Klägerin für die Zeit vom 05.05.2014 bis 30.04.2015 einen halben Tag/Woche als Vertreterin einzusetzen (Bescheid vom 05.06.2014).

Die Klägerin beantragte am 10.11.2014 bei der Beklagten hinsichtlich ihrer Tätigkeit für die "Gemeinschaftspraxis Dr. med. T." die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Zuvor hatte sie bei der Beklagten am 05.05.2014 einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gestellt, dessen Bearbeitung die Beklagte mit Verweis auf die fehlende Feststellung der Versicherungspflicht und dem Hinweis auf das Verfahren nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) zurückstellte (Schreiben vom 19.09.2014).

Im zwischen den Praxisinhabern und der Klägerin am 01.05.2014 geschlossenen Vertretungsvertrag ist in § 1 eine Tätigkeit der Klägerin für die Praxisinhaber ab 05.05.2014 vereinbart worden. Der Vertrag könne mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden, das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibe unberührt. Der Vertrag ende in jedem Fall in dem Zeitpunkt, in dem die Genehmigung der KV zur Beschäftigung eines Vertreters ende. Die Beschäftigung eines Vertreters durch die beiden Praxisinhaber mit jeweils einem halben Tag/Woche sei der KV angezeigt worden (§ 2). Unter § 3 ("Pflichten des Vertreters") hat sich die Klägerin verpflichtet, die allgemeinen Anordnungen des Praxisinhabers zu beachten, insbesondere zur ordnungsgemäßen Dokumentation. Sie trage ferner die alleinige Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Praxis für Rechnung des Praxisinhabers und sei bei unverschuldeter Verhinderung nicht verpflichtet, für Ersatz zu sorgen. Im Übrigen sei sie bei der Ausübung ihrer ärztlichen Tätigkeit an Weisungen des Praxisinhabers nicht gebunden. Es wurde eine pauschale Vergütung in Höhe von 65 EUR pro Arbeitsstunde vereinbart und vermerkt, dass die Klägerin für ihre persönliche Haftpflicht im Rahmen des Vertrages über eine Berufshaftpflicht in ausreichendem Umfang verfügt. Sie verpflichtete sich zudem, den Praxisinhaber von Schadensersatzansprüchen Dritter, die in Ausübung der Vertretertätigkeit entstanden sind und für die eine Versicherung des Praxisinhabers nicht eintritt, freizustellen. Gleiches gelte für Regressansprüche der KV aus der Vertretertätigkeit.

Ergänzend gaben die Beigeladen zu 3) und 4) auf Anfrage an, dass die Vertretung aufgrund einer Erziehungszeit des Beigeladenen zu 3) bzw. aufgrund von Urlaub/Freizeit des Beigeladenen zu 4) erfolge und die Übernahme von Sprechstundenzeiten in einem zeitlichen Umfang von 10 Std./Woche beinhalte. Ferner lägen keine besonderen Beschränkungen vor, die über die Nutzung der Praxisräume, die Einhaltung der Sprechzeiten und die Verpflichtung, im Namen des Praxisinhabers abzurechnen, hinausgingen.

Die Klägerin führte unter dem 23.11.2014 aus, dass die Vertretung des Beigeladenen zu 4) aufgrund von Urlaub/Freizeit nicht genehmigungspflichtig, sondern nur meldepflichtig sei, weswegen diesbezüglich kein Schreiben der KV vorliege. Sie übernehme die Sprechstundenzeiten des jeweilig abwesenden Praxisinhabers, aktuell zweimal fünf Stunden pro Woche. Das zeitliche Ausmaß richte sich nach ihren Möglichkeiten und werde von ihr aufgrund unterschiedlicher Faktoren (u. a. zeitliche Betreuung der Kinder) bestimmt.

Mit Schreiben vom 17.03.2015 hörte die Beklagte die Klägerin und die Beigeladenen zu 3) und 4) zur Absicht, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen, und Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festzustellen, an.

Hierauf ließ die Klägerin weiter vortragen, insbesondere, dass kein Weisungsrecht der Praxisinhaber bestehe und keine "Teilzeitbeschäftigung" vereinbart sei. Sie sei in der Einteilung ihrer Arbeitszeit vollkommen frei, könne Einsätze ohne Begründung und ohne vertragliche Konsequenzen jederzeit ablehnen und sei sogar berechtigt, im Verhinderungsfall ihre Leistung durch Dritte zu erbringen. Die Anwesenheit des anderen Praxisinhabers habe keine Auswirkungen auf die Vertretertätigkeit. Sie sei über die Dienstpläne des anderen Arztes nicht informiert, hierzu bestehe weder eine Verpflichtung noch eine Notwendigkeit, da sie in die Arbeitsorganisation nicht eingebunden sei. Es sei zudem keine Beschäftigung genehmigt worden, sondern eine Vertretung. Eine erfolgsunabhängige Stundenvergütung sei auch zugunsten des klagenden Arztes gewertet worden. Es liege zudem nicht nur eine eigene Haftpflichtversicherung vor, sondern es seien zudem Regelungen über Ansprüche Dritter und Regressmöglichkeiten getroffen worden, die bei Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung unwirksam wären. Die Freistellung und die Regressmöglichkeit sei aber von den Vertragsparteien gewollt. Ferner wies sie darauf hin, dass sie im Herbst 2015 weitere Vertretungen in Arztpraxen übernehmen werde.

Mit Bescheiden vom 30.04.2015 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin und den Beigeladenen zu 3) und 4) fest, dass die Tätigkeit der Klägerin als Ärztin bei der Gemeinschaftspraxis der Beigeladenen zu 3) und 4) seit 05.05.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Versicherungspflicht beginne am 05.05.2014. Nach Darstellung der Abgrenzungskriterien führte die Beklagte aus, dass folgende Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen: Die Klägerin arbeite Teilzeit in einer fremden Praxis und Arbeitsorganisation mit, der Arbeitgeber sei eine Gemeinschaftspraxis und die Klägerin vertrete den jeweils abwesenden Arzt, d. h. der Inhaber sei "vor Ort". Die Vertretung des jeweiligen Arztes werde nicht vollumfänglich übernommen. Es erfolge lediglich eine stundenweise und regelmäßige Übernahme von Sprechzeiten der Inhaber. Es liege eine Genehmigung für die Beschäftigung vor. Die Klägerin unterliege Beschränkungen, die über die Einhaltung der Sprechzeiten und der Verpflichtung der Nutzung der Praxisräume hinausgingen und sie erhalte eine erfolgsunabhängige Stundenvergütung. Als Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit gab die Beklagte den Besitz einer eigenen Haftpflichtversicherung an. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Die Versicherungspflicht beginne mit der Aufnahme der Beschäftigung.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und trug ergänzend vor, dass sie zwei voneinander unabhängige Auftraggeber habe und den jeweils abwesenden Arzt der Gemeinschaftspraxis vertrete. Beide Vertretertätigkeiten seien bei der KV getrennt und unabhängig voneinander angemeldet. Darüber hinaus liege der zeitliche Umfang der Vertretertätigkeit allein in ihrem Ermessen und allein in ihrer Entscheidungsgewalt. Es würden durch den jeweiligen Auftraggeber keine Auflagen, keine Weisungen und auch sonst keine zeitlichen Vorgaben gemacht. Die Auftraggeber nähmen Angebote zur Vertretung einzelfallbezogen an. Insofern könne es auch keine "vereinbarte Dienstzeit" geben. Bei den von ihr aufgewendeten Arbeitsmitteln handele es sich nicht nur um Berufsbekleidung, sondern auch um den Einsatz eines eigenen Dermatoskops und um Fachliteratur, ferner fielen Kosten für die Teilnahme an notwendigen Fortbildungen usw. an. Ein unternehmerisches Risiko liege wie bei jeder freiberuflichen Tätigkeit in der Zahlungsunfähigkeit des jeweiligen Auftraggebers vor.

Der Beigeladene zu 3) führte unter dem 23.06.2015 ergänzend unter anderem aus, dass die Klägerin für anfallende Hausbesuche ihr eigenes Kfz nutze und die Termine frei vereinbaren könne. Ein unternehmerisches Risiko bestehe, weil das Honorar nur bei tatsächlicher Leistungserbringung bezahlt werde und bei Krankheit oder Abwesenheit entfalle. Die eigene Ausstattung wie Computer, Software, Online-Anschluss, Telefon, Dienstleistung, PKW, medizinisches Instrumentarium, Fachliteratur, Fort- und Weiterbildungskosten sowie gegebenenfalls Übernachtungskosten müssten durch eigenes Kapital finanziert werden, von den Kosten für Haftpflicht, Rechtsschutz und BG-Beiträgen ganz zu schweigen. Die Klägerin sei eine Vertreterin, die die Praxis in Abwesenheit eines oder beider (was urlaubsbedingt ca. jede vierte Woche eintrete) Inhaber(s) selbstständig führe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Entscheidungserheblich sei, dass sich die Klägerin verpflichtet habe, in der Gemeinschaftspraxis der Beigeladenen zu 3) und 4) die ambulante Versorgung derer Patienten zu übernehmen. Sie habe damit regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten einzuhalten, die sie mit der Gemeinschaftspraxis abgesprochen habe. Sie erscheine in Ausübung ihrer Tätigkeit nach außen als Mitarbeiterin der Praxis. Im allgemeinen Geschäftsverkehr würde sie bei der Ausübung der Tätigkeit nicht als selbstständig Tätige wahrgenommen. Die Praxisräume – einschließlich des Hilfspersonals und der erforderlichen Arbeitsmittel – würden ohne Rechnungsstellung zur Verfügung gestellt. Eigenes Kapital setze die Klägerin nicht ein. Die Vergütung erfolge auf der Grundlage eines festen Stundenhonorars i. H. v. 65 EUR, welches kein Verlustrisiko erkennen lasse. Die Klägerin rechne weder direkt mit den Patienten noch mit der Krankenkasse ab. Das Indiz, über die Annahme oder Ablehnung bestimmter Vertragsangebote zu entscheiden, treffe sowohl auf selbstständig Tätige als auch auf unständig abhängig Beschäftigte zu. In Tätigkeitsbereichen, die in der Regel durch kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse gekennzeichnet seien, hätten die einzelnen Beschäftigten indes auch die Möglichkeit, frei zu entscheiden, ob sie den angebotenen Arbeitsvertrag annehmen oder ihn aufgrund der unzureichenden Vergütung oder Terminierung ablehnen. Vielmehr könne im Umkehrschluss nur damit argumentiert werden, dass bei Vorliegen einer vertraglichen Verpflichtung zur Annahme bestimmter Aufträge ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Das vorgebrachte Indiz zur freien Auftragsannahme sei nicht dazu geeignet, das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit nachzuweisen. Sozialversicherungsrechtlich relevant seien die Umstände ab Annahme des Einzelauftrags, insbesondere der tatsächlichen Leistungserbringung. Obwohl angeführt werde, dass die Klägerin ihre Arbeitszeit frei gestalten könne, sei sie in der Disposition ihrer Arbeitszeit keineswegs frei, es bestehe eine tatsächliche Verpflichtung, die übertragenen Aufgaben zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführen. Eine nur gelegentliche Beauftragung sei hierbei nicht gleichzusetzen mit einer selbstständigen Tätigkeit, eine flexible Arbeitszeitgestaltung sei auch bei Beschäftigten durchaus üblich. Ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Die Klägerin erhalte eine nach Dauer und Arbeitsleistung bemessene Vergütung. Ein Unternehmerrisiko sei bei der ausgeübten Tätigkeit somit nicht zu erkennen. Es sei unerheblich, dass der finanzielle Erfolg des Beschäftigten von dessen beruflicher Tüchtigkeit abhängig sei. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers. Unternehmerisches Risiko sei gekennzeichnet durch den Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel, deren wirtschaftlicher Erfolg ungewiss sei. Die Klägerin setze ausschließlich die eigene Arbeitskraft ein und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Das Risiko, für ihre Arbeit kein Entgelt zu erhalten bzw. bei nicht zufriedenstellender Leistung nicht weiter beschäftigt bzw. beauftragt zu werden, stelle kein unternehmerisches Risiko im Sinne der Rechtsprechung dar. Hier würden die benötigten Räumlichkeiten und Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt, der zeitliche Rahmen der Tätigkeit werde durch die Geschäftszeit oder durch die Verfügbarkeit der Arbeitsmittel stark begrenzt. Weil weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel eingesetzt würden, durch die bei Erzielung geringerer Umsätze die Gefahr des Verlustes bestünde, sei das Vorliegen eines für die selbstständige Tätigkeit typischen unternehmerischen Risikos zu verneinen. Freiräume inhaltlicher Art resultierten vorliegend aus der hohen fachlichen Qualifikation und stünden beschäftigten Ärzten regelmäßig ebenfalls zu. Dies löse aber nicht die Eingliederung in die Arbeitsorganisation, weil sie innerhalb der Praxis an die Arbeitsabläufe und die Organisationsstrukturen gebunden sei. Allein der Wille der vertragsschließenden Parteien bestimme auch nicht, ob die Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbstständigkeit definiert werde.

Hiergegen hat die Klägerin am 15.02.2016 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages an ihrer Rechtsauffassung festgehalten und ergänzend ausgeführt, es komme auf das Maß der Eingliederung in eine fremdbestimmte betriebliche Organisation an. Durch die bestehenden Sprechzeiten sei kein Weisungsrecht der Praxisinhaber hinsichtlich der Arbeitszeiten begründet worden, weil solche in der Natur der Sache lägen. Gleiches gelte für den Umstand, dass die Tätigkeit in den Praxisräumen erbracht werde. Sie könne zudem auch für andere Auftraggeber tätig werden und sei ferner nicht dadurch in die Arbeitsorganisation eingebunden, dass sie in einer fremden Praxis und Arbeitsorganisation mitarbeite. Es sei zwar zutreffend, dass in der Praxis regelmäßig auch medizinische Fachangestellte tätig seien. Dies bedeute aber nicht, dass sie gegenüber diesen in organisatorischer und/oder personeller Hinsicht weisungsbefugt sei. Die medizinischen Fachangestellten verrichteten ihre Tätigkeit am Empfang, riefen die Patienten auf, führten diese ins Behandlungszimmer und verrichteten Hilfsdienste aufgrund der von den Praxisinhabern eingerichteten Organisation. Sie greife hierin nicht ein. Diese Zusammenarbeit führe nicht dazu, dass sie damit schon in die Betriebsstruktur der Praxisinhaber eingegliedert sei, denn es handele sich um die im Praxisalltag übliche und notwendige Vorgehensweise der Fachangestellten, aus der sich noch keine Eingliederung der Klägerin in die Praxisorganisation ergebe. Entsprechendes gelte auch für die von der Beklagten angeführte Anwesenheit eines der Praxisinhaber, denn dieser erteile ihr keinerlei Weisungen. Dies sei zudem vertraglich ausgeschlossen. Sie könne den Einsatz ihrer Arbeitskraft selbst steuern, sie entscheide allein, wann, wo und wie häufig sie tätig sei. Auch angesichts der fehlenden Kontrolle durch die Praxisinhaber erhalte sie größere Freiräume und damit einen größeren Entscheidungs- und Handlungsspielraum im Rahmen ihrer ärztlichen Tätigkeit. Sie wies darauf hin, dass sie derzeit (September 2016) eine weitere Praxisvertretung habe und ab November 2016 eine Vertretung übernehme.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ihrerseits auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Mecklenburg-Vorpommern vom 23.01.2013 (L 7 R 78/11) verwiesen. Die Klägerin hat hierauf erwidert (Schriftsatz vom 09.11.2016).

Nach Beiladung mit Beschlüssen vom 03.11.2016 und 10.04.2017 sowie Anhörung der Klägerin und des Beigeladenen zu 3) sowie des Beigeladenen zu 4) im Termin der mündlichen Verhandlung am 27.07.2017 (vergleiche die Niederschrift vom selben Tag) hat das SG mit Urteil vom 27.07.2017 den Bescheid vom 30.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2016 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als Vertretungsärztin der Gemeinschaftspraxis der Beigeladenen zu 3) und 4) seit dem 05.05.2014 nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin ihre Tätigkeit als Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten in der Gemeinschaftspraxis der Beigeladenen zu 3) und 4) im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt habe, für die eine Versicherungspflicht nicht bestehe. Unter Berücksichtigung näher dargelegter Grundsätze gelange die Kammer unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Klägerin im Rahmen der hier streitgegenständlichen Vertretungstätigkeit seit Mai 2014 selbstständig tätig sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), welcher sich die erkennende Kammer anschließe, bestehe bei der Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Arztvertreters nach den Vorschriften der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen/freiberuflichen Tätigkeit (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 27.05.1959 – 3 RK 18/55 –). Die Versicherungspflicht setze persönliche Abhängigkeit von dem Arbeitgeber voraus, welche im Rahmen von zugelassenen Arztvertretungen nach § 32 Ärzte-ZV in der Regel nicht vorliegen dürfte. Zwar übten Arztvertreter in der Regel im Rahmen ihrer Vertretertätigkeit keine eigene Praxis aus, seien aber gehalten, die Patienten in den Praxisräumen der Vertreter-Praxis zu behandeln, die Sprechstunden fortzuführen und sich der von der Praxis angestellten Hilfskräfte sowie räumlichen und sachlichen Mittel zu bedienen. Solche für eine Abhängigkeit eines Arztvertreters sprechenden Umstände treten jedoch gegenüber der Tatsache zurück, dass dieser – sofern nicht ausdrücklich oder stillschweigend andere, nach ärztlichem Berufsrecht zulässige Vereinbarungen getroffen seien – bei der Ausübung der Vertretung nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen sei. Der Praxisinhaber sei insbesondere nicht berechtigt, in die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit seines Vertreters durch Weisungen einzugreifen. Der Vertreter allein trage die Verantwortung für die ärztliche Tätigkeit. Seine Tätigkeit sei zwar nicht schon deshalb als selbstständig anzusehen, weil er über die ärztliche Behandlung frei entscheiden könne. Wesentlich sei vielmehr, dass der Vertreter die Praxis im Rahmen der Vertretung in eigener Verantwortung führe. Die in der Regel gegenüber dem Praxisinhaber bestehenden Verpflichtungen, die Praxis in der gewohnten Weise, das heißt in der Regel in den Praxisräumen und unter Einhaltung der üblichen Sprechstunden, fortzuführen und dabei auch die kassenärztlichen Verpflichtungen – z. B. hinsichtlich wirtschaftlicher Verordnungsweise – bei der Behandlung der Patienten zu erfüllen, stellten Bindungen gegenüber dem Praxisinhaber dar, die sich zwar auch auf die zu leistenden Dienste bezögen, deren Erfüllung der Vertreter aber aufgrund freier Entschließung verspreche, ohne damit dem Praxisinhaber ein nach seinem Ermessen auszuübendes Weisungsrecht zuzugestehen. Eine Abhängigkeit des Arztvertreters könne nicht damit begründet werden, dass er im Rahmen eines fremden "Arztbetriebes" tätig werde und die Patienten regelmäßig in den Räumen des Praxisinhabers behandele, die von diesem festgelegten Sprechstunden einhalte, die in der Praxis vorhandenen Instrumente etc. nutze und sich des vorhandenen ärztlichen Hilfspersonals bediene. Um eine "Eingliederung" in einen fremden Betrieb annehmen zu können, müsse ein Unterordnungsverhältnis vorliegen, das indessen beim Arztvertreter nicht bestehe. Seine Stellung unterscheide sich insoweit grundlegend von derjenigen anderer, in einer ärztlichen Praxis oder Klinik eingegliederter Arbeitnehmer. Der Arztvertreter habe für seine Person keinen Vorgesetzten. Ebenso wie der Kassenarzt selbst einen freien Beruf ausübe, sei auch sein Vertreter freiberuflich tätig und daher nicht in die Hierarchie eines Betriebes als dienendes, weisungsgebundenes Glied eingeordnet. Der Arztvertreter nehme vielmehr für die Dauer seiner Tätigkeit die Stelle des Praxisinhabers ein und erfülle, soweit in der Arztpraxis Arbeitnehmer tätig seien, zeitweilig selbst dessen Arbeitgeberfunktionen. Dieser Umstand schließe grundsätzlich aus, ihn zugleich als in den Betrieb des Praxisinhabers "eingegliedert" anzusehen. Anders als in dem vom BSG zum Praxisvertreter entschiedenen Fall einer Einzelpraxis habe die Klägerin vorliegend nicht die komplette Stellung der Praxisinhaber übernommen, sondern nur einen Ausschnitt hinsichtlich der reinen ärztlichen Tätigkeit, denn in der Praxis sei (teilweise an denselben Tagen) ein weiterer Gesellschafter als Praxisinhaber tätig gewesen. Jedenfalls in solchen Fällen stehe das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht allein deshalb fest, weil eine Praxisvertretung im Sinne von § 32 Abs. 1 Satz 2 bzw. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Ärzte-ZV streitig sei. Die Vertretertätigkeit sei demnach zwar ein gewichtiges Indiz für eine nach allgemeiner Anschauung ausgeübte selbstständige Tätigkeit (mit Verweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.2017 – L 11 R 2433/16 –). Ob die Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit vorliegen, sei jedoch im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtabwägung festzustellen. Für die Frage, ob ein Arztvertreter in einer Gemeinschaftspraxis aufgrund eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses beschäftigt sei, komme es also maßgebend darauf an, ob der Arzt nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit in einem persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zu dem Praxisinhaber stehe. Eine Weisungsfreiheit in Ausübung der ärztlichen Tätigkeit berühre eine persönliche Abhängigkeit nicht. Fachlich bestehe bei ärztlichen Tätigkeiten aus der Natur der Sache eine weitgehend weisungsfreie Tätigkeit, die nur bei der Eingliederung in Hierarchien durchbrochen werde. Die fachlich eigenverantwortliche Tätigkeit als Hautärztin entspreche dem Wesen der ärztlichen Tätigkeit und sei als solche nicht aussagekräftig. Für eine Eingliederung sprächen im vorliegenden Fall grundsätzlich die Vorgabe der Praxisorganisation sowie die Nutzung der räumlichen, sächlichen und personellen Mittel der Praxis. Allerdings folge dies ebenfalls aus der Natur der Sache hinsichtlich der Organisation einer Arztpraxis. Ein maßgebliches Kriterium liege hierin nicht. Auf der anderen Seite sei zu berücksichtigen, dass der Klägerin keine festen Arbeitszeiten oder Sprechstunden ohne vorherige Absprache und gegen ihren Willen zugewiesen worden seien, sondern ihr freigestanden habe, an welchen Tagen sie eine Vertretung übernehmen wolle. Die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, könne als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden, weil damit die Klägerin über den Umfang ihrer Tätigkeit selbst bestimme. Zudem seien der Klägerin über das in der Praxis vorhandene EDV-System hinaus keine Vorgaben hinsichtlich der konkreten Patientendokumentation verbindlich erteilt worden. Sie nutze darüber hinaus eigene Aufklärungsprotokolle. Auch eine Überwachung von Fortbildungsteilnahmen von Seiten der Praxis sei nicht erfolgt. Nicht zu vernachlässigen sei schließlich, dass die Klägerin – im Gegensatz zu dem übrigen Personal – an den wöchentlich stattfindenden Teambesprechungen nicht habe teilnehmen müssen. Von Seiten der Gemeinschaftspraxis sei ihr – im Gegensatz zu den (nichtärztlichen) Angestellten der Praxis – keine Arbeitskleidung vorgegeben bzw. zur Verfügung gestellt worden. Auch habe es in Bezug auf die Klägerin kein elektronisches oder sonstiges Zeiterfassungssystem gegeben. Die Klägerin sei in der Außenwirkung nicht als angestellte Ärztin der Gemeinschaftspraxis dargestellt worden. Weder auf der Homepage noch auf dem Praxisschild und dem Briefkopf der Praxis sei sie aufgeführt gewesen. Rezepte und Befundberichte seien von ihr jeweils "i. V." der Gemeinschaftspraxis abgezeichnet worden. Zu erkennen sei daher, dass die Klägerin zwar gewissen organisatorischen Zwängen folgend nicht völlig frei neben der betrieblichen Organisation der Gemeinschaftspraxis gearbeitet habe, sie sei jedoch nicht in vergleichbarem Maße eingegliedert gewesen, wie dies ein angestellter Arzt gewesen wäre. Zu Recht führe die Beklagte an, dass ein Unternehmerrisiko auf Seiten der Klägerin nicht zu erkennen sei. Aus dem allgemeinen Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, folge noch kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 28.09.2011 – B 12 R 17/09 R –). Bei Betrachtung der gesamten Tätigkeit als Vertragsärztin erscheine es jedoch auch nicht sachgerecht, allein aufgrund des vereinbarten pauschalen Stundenhonorars von 65 EUR ein unternehmerisches Risiko auszuschließen. Eine stundenweise Abrechnung biete sich im Falle von stundenweisen bzw. halbtäglichen Tätigkeiten viel eher an als eine aufwendig zu berechnende Vergütung nach einzelnen ärztlichen Diensten entsprechend der Gebührenordnung für Ärzte oder nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen unter Abzug von Praxiskosten. Die Vergütung sei daher als neutrales Kriterium zu sehen. Unbeachtlich sei im Rahmen der Gesamtabwägung, dass keine Arbeitnehmerschutzrechte, wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlter Urlaub, vereinbart worden seien. Denn solche Vertragsgestaltungen seien als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. In der Gesamtabwägung spreche vor allem die fehlende konkrete Eingliederung in die Praxis für eine selbstständige Tätigkeit. Insoweit spreche auch die Stellung des Arztvertreters und der tatsächliche Wille der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, für dieses Ergebnis. Diesem Willen komme nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung dann zu, wenn er den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspreche und durch weitere Aspekte gestützt werde bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen. Dies sei hier der Fall.

Gegen das der Beklagten am 08.09.2017 zugestellte Urteil hat diese am 20.09.2017 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Sozialversicherungsträger gemeinschaftlich die Auffassung vertreten, dass Ärzte in ihren eigentlichen ärztlichen Tätigkeiten keinen Weisungen unterliegen. Es komme daher entscheidend darauf an, inwieweit der Arzt in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sei. Diese Eingliederung könne nach ständiger Rechtsprechung des BSG insbesondere bei Diensten höherer Art, wie zweifelsfrei ärztlichen Tätigkeiten, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess des Arbeitgebers verfeinert sein. Vertreter von Ärzten in vertragsärztlichen Praxen stünden nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich nur dann nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Praxisinhaber, wenn sie insbesondere nicht dessen Weisungen unterliegen und allein die Verantwortung für die sachgerechte Fortführung der anvertrauten Praxis tragen. Dabei sei die Tätigkeit eines Arztvertreters nicht schon deshalb als selbstständig anzusehen, weil er über die ärztliche Behandlung frei entscheiden könne. Ein solches Recht könne z. B. auch dem leitenden Arzt einer Krankenhausabteilung, der angestellt sei, vertraglich eingeräumt sein. Wesentlich sei vielmehr, dass der Vertreter darüber hinaus auch bei der Einteilung und Ausführung aller ihm als Arztvertreter obliegenden Arbeiten grundsätzlich nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen sei, sondern die Praxis in eigener Verantwortung führe. Der Arztvertreter nehme für die Dauer seiner Tätigkeit die Stelle des Praxisinhabers ein und erfülle, soweit in der Arztpraxis Arbeitnehmer tätig seien, zeitweilig selbst dessen Arbeitgeberfunktion. Dies sei häufig dann der Fall, wenn der Praxisinhaber längere Zeit erkrankt, auf Reisen oder tatsächlich nicht in der Lage sei, von einem ihm zustehenden Weisungsrecht in ärztlich zu verantwortender Weise Gebrauch zu machen. Dies treffe auf die Vertretungstätigkeit der Klägerin nach Auffassung der Beklagten nicht zu. Die Klägerin habe im Rahmen befristeter Praxisvertretungen, die auf zwei bzw. drei halbe Tage begrenzt gewesen seien, Sprechstunden bei Erziehungszeiten und gegebenenfalls Urlaub von Dr. N. sowie bei Urlaub und sonstiger Abwesenheit des Herrn R. übernommen und kostenlos die Betriebsmittel und Einrichtungen der Gemeinschaftspraxis genutzt. Sie habe die Patienten medizinisch behandelt, die ihr zugeteilt worden seien. Abgerechnet worden sei ein Stundensatz von 65 EUR. Die Vertretung der abwesenden Praxispartner durch die Klägerin habe sich dabei auf die ärztliche Behandlung beschränkt, die durch den jeweiligen Praxispartner aus persönlichen Gründen vorübergehend kurzzeitig nicht habe erfolgen können. Ihre Arbeitgeberfunktionen gegenüber den bei der Gemeinschaftspraxis beschäftigten Arbeitnehmern hätten die jeweiligen Praxisinhaber trotz kurzzeitiger Abwesenheit aber vollumfänglich selbst wahrgenommen und auch das volle Unternehmerrisiko getragen. Darüber hinaus sei der jeweils andere Praxisinhaber ganz überwiegend anwesend gewesen und habe seine Arbeitgeberfunktionen gegenüber den in der Gemeinschaftspraxis beschäftigten Arbeitnehmern erfüllt, so dass eine diesbezügliche Vertretung durch die Klägerin in keiner Weise geboten gewesen sei. Die zeitweilige eigenverantwortliche Ersetzung des Praxisinhabers auch hinsichtlich seiner Arbeitgeberfunktionen sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber gerade das entscheidende Kriterium, um einen Arztvertreter als selbstständig Tätigen zu qualifizieren. Die Gemeinschaftspraxis sei durch eine gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte der gleichen oder ähnlicher Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxiseinrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung geprägt. Die Genehmigung der gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit bewirke, dass die Partner ihre Leistungen unter einer gemeinsamen Abrechnungssumme gegenüber der KV abrechnen könnten. Die Gemeinschaftspraxis trete dieser dementsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. "Behandelnder Arzt" in der Gemeinschaftspraxis sei "die" Gemeinschaft und nicht der einzelne Arzt, der ihr angehöre. Insoweit existiere, bei grundsätzlich gleicher betrieblicher Organisation, zwischen Einzelpraxis und Praxisgemeinschaft durchaus ein ganz maßgeblicher Unterschied. Im Gegensatz zur Einzelpraxis könne eine Gemeinschaftspraxis auch bei längerer Abwesenheit eines Praxispartners als Betrieb durch den/die verbliebenen Partner und Arbeitgeber fortgeführt und auch die dort erbrachten Leistungen gegenüber der KV entsprechend abgerechnet werden, ohne dass der fehlende Praxispartner als Arbeitgeber "von außen" ersetzt werden müsse. Übernähmen externe Ärzte die Sprechstunden eines abwesenden Praxispartners, sei dies dann nur im Rahmen einer fremden Betriebsorganisation möglich. Auch wenn es der Klägerin freistehe, an welchen Tagen sie Vertretungen übernehmen wolle, stelle dies kein wesentliches Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit dar. Es bestehe eine tatsächliche Verpflichtung, die übertragenen Aufgaben zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführen und währenddessen dauerhaft anwesend zu sein. Dass sie im Vorfeld selbst Einfluss auf den jeweiligen Zeitpunkt ihrer Dienste nehmen könne, spreche nicht für eine selbstständige Tätigkeit. Absprachen über den zeitlichen Beginn und zeitlichen Umfang einer Tätigkeit würden üblicherweise auch bei der Begründung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse, insbesondere bei befristeten oder Teilzeit-Arbeitsverhältnissen, getroffen. Die Klägerin sei insofern in eine fremde Praxisorganisation eingebunden und unterscheide sich in keiner Weise von angestellten Ärzten. Sie nutze kostenlos die (fremde) Praxiseinrichtung und das zur Verfügung gestellte Material und arbeite mit dem Praxispersonal (kostenlos) zusammen. Auch wenn sich diese Umstände aus der Natur der Sache ergeben, spreche dies für eine abhängige Beschäftigung. Das Tragen eigener Arbeitskleidung, die fehlende namentliche Aufnahme auf der Homepage, dem Praxisschild und dem Praxisbriefkopf betreffe weniger die Eingliederung in Arbeitsabläufe als vielmehr die Bedingungen am Rande. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, dass das erstinstanzliche Gericht durch diese äußeren Umstände eine Erkennbarkeit annehme, dass die Klägerin keine angestellte Ärztin der Praxis sei. Die Klägerin werde nach außen in keinster Weise dargestellt. Rezepte, Befundberichte etc. würden von der Klägerin mit dem Praxisstempel unterschrieben. Sie setze kein wesentliches eigenes Kapital mit dem Risiko des Verlustes ein, trage insofern auch kein wesentliches Unternehmerrisiko.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. Juli 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Berufung entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte die Rechtsprechung des BSG missverstehe, wenn sie ausführe, dass das entscheidende Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit sei, dass der Praxisvertreter den Praxisinhaber auch hinsichtlich seiner Arbeitgeberfunktionen vertreten müsse. Zum einen sei bereits klar, dass der Praxisvertreter niemals vollständig an die Stelle des Praxisinhabers als Arbeitgeber treten könne. Rechtlicher Arbeitgeber bleibe der Praxisinhaber, gegen diesen richteten sich weiterhin die Vergütungsansprüche und sonstige Ansprüche der angestellten Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis. Soweit es um die Ausübung des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts gehe, sei dies für die Frage, ob eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit des Praxisvertreters vorliege, unergiebig, da auch hochrangige Beschäftigte (Chefarzt) sogar ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber nachgeordneten Mitarbeitern haben könnten, ohne dass dadurch eine selbstständige Tätigkeit begründet werde. Entscheidend sei daher, wie das BSG in seiner Entscheidung betont habe, dass der Vertreter in Ausübung seiner Tätigkeit als Arztvertreter nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen sei und somit nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern aufgrund eines freien Dienstvertrages tätig werde. Kennzeichnend hierfür sei, dass der Arztvertreter als Inhaber eines freien Berufes nicht in die Hierarchie des Betriebes als dienendes, weisungsgebundenes Glied eingeordnet sei. Bei der Feststellung, dass der Praxisvertreter für die Dauer seiner Tätigkeit zeitweilig selbst diese Arbeitgeberfunktionen ausübe, stelle das BSG daher entscheidend darauf ab, dass der Praxisvertreter in die Rolle des vertretenen Praxisinhabers schlüpfe und nicht seinerseits aufgrund fremder Weisungsbefugnis dienendes Glied in einer fremdbestimmten Organisation sei. So liege es in ihrem Fall. Sie habe bei ihrer Praxisvertretung keinen Vorgesetzten. Sie unterliege weder dem Weisungsrecht des nicht vertretenen Praxisinhabers noch des Vertretenen. Umgekehrt übe sie bei ihrer Tätigkeit als Praxisvertreter in gleicher Weise Arbeitgeberfunktionen gegenüber den angestellten Arbeitnehmern aus wie der Vertretene, soweit dies für den Praxisvertreter erforderlich sei. Sie bestimme, an welchen Tagen sie anwesend sei und Patienten annehmen könne und an welchen Tagen nicht. Sie erteile entsprechende Weisungen an die Mitarbeiterinnen. Organisatorische Dinge bespreche sie mit dem Praxisteam. Dabei seien ihre Weisungen zu beachten. Könne sie Patiententermine nicht annehmen, würden diese auf ihre Weisung abgesagt bzw. auf einen anderen Tag verschoben. Entscheidend sei aber, dass den übrigen Praxisinhabern die Rechtsmacht fehle, ihr Weisungen zu erteilen. Darauf stelle das BSG in seiner Entscheidung maßgeblich ab. Sie könne allein entscheiden, wann und wie häufig sie tätig werde. Darin liege der fundamentale Unterschied zur Beschäftigung eines angestellten Arztes. Für die Frage, ob sie ihre Tätigkeit als abhängig Beschäftigte oder selbstständig Tätige ausgeübt habe, sei es ohne Belang, dass die Gemeinschaftspraxis gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung als einheitliche Rechtspersönlichkeit auftrete. Sie habe eine Abrechnung der Leistungen gegenüber der KV nicht vorgenommen, sondern gegenüber der Gemeinschaftspraxis auf der Basis eines Stundenlohns abgerechnet. In dem vom BSG entschiedenen Fall sei ein monatliches Gehalt bezahlt worden. Soweit die Beklagte der Ansicht sei, es stelle kein wesentliches Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit dar, dass es ihr freistehe, an welchen Tagen sie Vertretungen übernehmen wolle, isoliere sie sich von der zitierten Rechtsprechung des LSG und des BSG. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass sie kostenlos die (fremde) Praxiseinrichtung und das zur Verfügung gestellte Material nutze und mit dem Praxispersonal (kostenlos) zusammenarbeite, wiederhole diese nur ein bereits widerlegtes Argument. Dies alles trete, worauf das BSG abstelle, gegenüber der Tatsache zurück, dass der Praxisvertreter bei der Ausübung der Tätigkeit als Arztvertreter nicht den Weisungen des Praxisinhabers unterworfen sei. Dass sie keine Arbeitskleidung zu tragen habe, weder auf der Homepage, noch auf dem Praxisschild und dem Praxisbriefkopf aufgeführt sei, es in Bezug auf sie kein Zeiterfassungssystem gebe und sie auch nicht an den Teambesprechungen teilnehmen müsse sowie ihre Termine frei absagen und verschieben könne, spreche für eine selbstständige Tätigkeit. Auch das Argument der Beklagten, sie werde nach außen in keiner Weise dargestellt, Rezepte, Befundberichte etc. würden von ihr mit dem Praxisstempel unterschrieben, überzeuge nicht. Sie trete nicht als Praxisärztin auf. Das sei richtig, deshalb werde sie auch nicht nach außen als Ärztin der Gemeinschaftspraxis dargestellt. Das spreche aber für eine selbstständige Tätigkeit. Soweit dies zuweilen für Verwirrungen bei den Patienten führe, gebe sie sich als Praxisvertretung zu erkennen und habe ihre eigenen Belehrungsformulare, die ihr von ihrer eigenen Haftpflichtversicherung vorgeschrieben seien. Rezepte usw. unterschreibe sie nicht einfach mit dem Praxisstempel, sondern mit dem Zusatz "i. V.".

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Mit Schriftsätzen vom 30.07.2019, 01.08.2019, 06.08.2019, 09.08.2019 und 18.08.2019 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist nach §§ 143, 144, 151 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Berufungsausschließungsgründe liegen nicht vor (§ 144 SGG).

Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet. Das SG hat der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) zu Recht stattgegeben. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Feststellung.

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 geregelt. Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat vorliegend die Klägerin gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich. Dem steht auch der bei der Beklagten gestellte Antrag der Klägerin vom 19.09.2014 auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht entgegen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr. vgl. zum Ganzen z. B. BSG, Urteile vom 30.04.2013 – B 12 KR 19/11 R – SozR 4-2400 § 7 Nr. 21 Rdnr. 13 m. w. N; und vom 29.08.2012 – B 12 KR 25/10 RBSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17, Rdnr. 15 m. w. N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit, vgl. BVerfG [Kammer-]Beschluss vom 20.05.1996 – 1 BvR 21/96SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. insoweit insbesondere BSG, Urteil vom 25.04.2012 – B 12 KR 24/10 R – SozR 4-2400 § 7 Nr. 15). Fehlen zwingende gesetzliche Rahmenvorgaben und kann die – wie im vorliegenden Fall – zu prüfende Tätigkeit sowohl in der Form einer Beschäftigung als auch in der einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden, kommt den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitnehmer/Auftragnehmer und Arbeitgeber/Auftraggeber zwar keine allein ausschlaggebende, so doch eine gewichtige Rolle zu. Zwar haben es die Vertragsparteien nicht in der Hand, die kraft öffentlichen Rechts angeordnete Sozialversicherungspflicht durch bloße übereinstimmende Willenserklärung auszuschließen. Dem Willen der Vertragsparteien, keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, kommt nach der Rechtsprechung des BSG aber indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine abhängige Beschäftigung sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 RBSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 25, Rdnr. 26 m. w. N.; s. hierzu auch BSG, Urteil vom 14.03.2018 – B 12 R 3/17 R –, Juris).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände in Übereinstimmung mit dem SG zu der Überzeugung, dass die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Vertretungsärztin in der Gemeinschaftspraxis des Dr. N. und des Arztes R. nicht abhängig beschäftigt ist und damit nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Das SG hat den Sachverhalt, dessen Tatsachen zwischen den Beteiligten nicht streitig sind, zutreffend gewürdigt. Der Senat macht sich diese Ausführungen insgesamt zu eigen und sieht daher, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, diesbezüglich von einer Wiedergabe der Entscheidungsgründe weitgehend ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist insbesondere in Bezug auf den Vortrag im Berufungsverfahren auf Folgendes hinzuweisen: Der Senat folgt, wie bereits das SG, den Grundsätzen, die das BSG in seinem Urteil vom 27.05.1959 (– 3 RK 18/55 –, juris) aufgestellt hat. Danach unterliegt der Praxisvertreter aufgrund seiner Stellung und der Verantwortung, die er für die Behandlung und die Führung der Praxis trägt und die er nicht auf den oder die Praxisinhaber "abwälzen" kann, grundsätzlich nicht den Weisungen der Praxisinhaber. Er steht damit nicht in einer persönlichen Abhängigkeit zu den Praxisinhabern. Die Unabhängigkeit der Klägerin in dem vorliegenden Fall beschränkt sich nicht nur auf ihre ärztliche Tätigkeit im engeren Sinn, sondern betrifft auch alle ihr als Arztvertreterin obliegenden Arbeiten. Insoweit gehen die Freiheiten in dem hier zu entscheidenden Fall über die der Entscheidung des BSG zugrundeliegenden Fallgestaltung noch hinaus, denn vertraglich hat sich die Klägerin noch nicht einmal zu einem konkreten Umfang der Vertretertätigkeit verpflichtet. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beteiligten und dem Ergebnis der Ermittlungen des SG ist es vielmehr so, dass die Klägerin den Umfang ihrer Tätigkeit anbietet und entsprechende Absprachen erfolgen, die dazu führen, dass, bedingt durch die erforderliche Betreuung der Kinder der Klägerin, regelmäßig der Montag- und Mittwochvormittag von ihr mit Sprechstunden abgedeckt werden, teilweise auch der Freitagvormittag. Im Gegensatz zu abhängig Beschäftigten fehlt es an der Vereinbarung einer festen Dauer und einer verbindlichen Absprache zur Lage der Arbeitszeit, die von der Klägerin regelmäßig vorgegeben werden konnte und vorgegeben werden kann. Dementsprechend gibt es für die Klägerin keine Zeiterfassung, vielmehr spricht sie eigenverantwortlich Fehlzeiten, Urlaub oder sonstige Verhinderungen nicht mit den Praxisinhabern ab, sondern mit dem Personal an der Anmeldung, welches die Koordinierung übernimmt und ggf. dafür sorgt, dass Patienten auf einen anderen Tag einbestellt werden. Damit unterscheidet sich die Stellung der Klägerin auch diesbezüglich erheblich von angestellten Ärzten, die regelmäßig über eine vereinbarte feste (monatliche) Vergütung und Arbeitszeit verfügen und damit ohne Zweifel in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. Eine entsprechende Vorgesetztenstellung der Praxisinhaber lässt sich weder den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten entnehmen, noch kommt sie mit Blick auf die Art und Weise der Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin in der Praxis zum Tragen. Die Beklagte verkennt bezogen auf die Unabhängigkeit des Vertretungsarztes die Tragweite der Aussagen im zitierten Urteil des BSG, das nur beispielhaft auf den Umstand einer längeren Vertretung des alleinigen Praxisinhabers abgestellt hat. Wesentlich ist nach dieser Rechtsprechung hingegen die bestimmende Einflussnahme auf die Ausführung der Obliegenheiten des Vertreters. Eine solche Einflussnahme lässt sich hier nicht feststellen, denn die Unabhängigkeit der Klägerin zeigt sich nicht nur bezogen auf ihre ärztliche Tätigkeit, sondern auch bezogen auf die "eigene" Behandlungspraxis, die sie zu den jeweiligen Tätigkeitszeiten übernimmt und die sie nicht nur bezogen auf die ärztliche Tätigkeit eigenverantwortlich auszuführen hat, sondern eben und gerade auch in Bezug auf die Anleitung des medizinischen Hilfspersonals, der Dokumentation und Rechnungsstellung. Vertraglich hat sie zudem die alleinige Verantwortung für die ordnungsgemäße Führung der Praxis für Rechnungen des Praxisinhabers übernommen. Dass zur selben Zeit andere Ärzte und insbesondere einer oder beide Praxisinhaber "vor Ort" sind, belegt in diesem Kontext keine Abhängigkeit und keine Weisungsgebundenheit von diesen und damit auch keine Beschäftigung. Die Klägerin wendet zu Recht ein, dass der Praxisvertreter mit der Übernahme der Vertretung – auch bei längerfristiger Vertretung – nicht in die rechtliche Stellung eines Arbeitgebers eintritt. Für dessen Hauptpflichten wie Vergütung, Entlassung oder Anstellung von Personal ist und bleibt der Praxisinhaber verantwortlich, sodass aus den Ausführungen der Beklagten zur Gemeinschaftspraxis, die geprägt sei durch die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte, nichts für die Abgrenzung der Stellung der Klägerin als Vertreterin eines oder mehrerer Ärzte einer solchen Gemeinschaft abgeleitet werden kann. Denn den von der Beklagten behaupteten maßgeblichen Unterschied zu einer Einzelpraxis vermochte der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise nachzuvollziehen, da die Fortführung des Betriebes in Gänze auch vom Praxisvertreter einer Einzelpraxis schon rechtlich nicht geleistet werden kann. Der Unterschied zu angestellten Ärzten, auch mit hoher Verantwortung und Weisungsbefugnis (Chefarzt), ergibt sich aus der oben bereits beschriebenen Unabhängigkeit der Klägerin nach der vertraglichen Vereinbarung und dem tatsächlichen Bild der Ausübung der Tätigkeit, wie sie vom SG skizziert wurde. Diese Unabhängigkeit besteht frei von Weisungen der Praxisinhaber, und allein dies ist nach der Rechtsprechung des BSG entscheidend. An der Selbstbestimmtheit der Tätigkeit ändert – wie das BSG ausgeführt hat – auch die Verpflichtung nichts, Sprechstunden in den Praxisräumen durchzuführen, die kassenarztrechtlichen Verpflichtungen einzuhalten oder das vorhandene ärztliche Hilfspersonal in Anspruch zu nehmen. Ebenso wenig kann eine Abhängigkeit damit begründet werden, dass die Tätigkeit im Rahmen eines fremden "Arztbetriebes" ausgeführt wird. Auch hierzu hat das BSG ausgeführt, dass eine "Eingliederung" nur angenommen werden kann, wenn ein Über-/Unterordnungsverhältnis beschrieben werden kann, welches hier schon wegen des Fehlens entsprechender Vereinbarungen im Vertretervertrag nicht besteht. Denn die Stellung der Klägerin unterscheidet sich – wie bereits ausgeführt – von derjenigen anderer, die in eine ärztliche Praxis oder Klinik eingegliedert sind, allein dadurch, dass ein Vorgesetzter (wie dies selbst bei einem Oberarzt oder Chefarzt der Fall ist) nicht festgestellt werden kann. Die Beklagte verkennt insoweit, dass die Klägerin als Arztvertreterin – wie auch der Kassenarzt selbst – einen freien Beruf ausübt und daher schon nicht in eine Hierarchie eines Betriebes als dienendes, weisungsgebundenes Glied eingeordnet ist. Anderes ergibt sich im konkreten Fall weder aus den vertraglichen Regelungen, noch lässt sich solches tatsächlich nach Einvernahme der Beteiligten durch das SG feststellen. Folgerichtig verfügt die Klägerin auch selbst über die notwendigen Versicherungen und nutzt eine eigene Aufklärungsdokumentation.

Für den Senat ist damit auch nicht von entscheidender Bedeutung, dass ein unternehmerisches Risiko der Klägerin nur in einem geringen Maße festgestellt werden kann. Dies liegt in der Stellung freiberuflich Tätiger begründet, die regelmäßig und vorrangig die eigene Arbeitskraft einsetzen. Damit spricht dieser Umstand vorliegend jedenfalls nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit.

Auch die Abrechnung der Leistung über einen vereinbarten Stundenlohn, den die Klägerin am Monatsende der Gemeinschaftspraxis in Rechnung stellt, ist nicht mehr als ein Indiz und spricht nicht zwingend für eine abhängige Beschäftigung (vgl. Urteil LSG Baden-Württemberg vom 21.02.2017 – L 11 R 2433/16 –, juris).

Die Berufung der Beklagten konnte daher keinen Erfolg haben. Das Urteil des SG war im tenorierten Umfang lediglich dahingehend klarzustellen, dass Gegenstand der Entscheidung der Beklagten nicht die Beitragspflicht, sondern die Versicherungspflicht der Klägerin war (siehe hierzu auch BSG, Urteil vom 26.02.2019 – B 12 R 8/18 R –, juris). Der von der Klägerin im Klageverfahren so gestellte Antrag war entsprechend sachdienlich auszulegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.2006 – B 10 LW 5/05 R –, BSGE 97, 153-158, SozR 4-1500 § 183 Nr. 4). Kosten der Beigeladenen waren nicht zu erstatten, da diese keine Anträge gestellt haben.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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