L 8 R 3645/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 4772/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 3645/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.09.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung einer Ausbildung zur staatlich geprüften Podologin bzw. auf Übernahme der entsprechenden Kosten zusteht.

Die 1967 geborene Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 03.06.2017 (/ 2 der Reha-Akte der Beklagten) an die Beklagte. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkung habe sie ihre Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin beenden und sich umorientieren müssen. Sie habe im Rahmen eines Minijobs die Fußpflege getestet und festgestellt, dass es eine geeignete Tätigkeit für ihre Gesundheit sei. Um beruflich Fuß zu fassen und dauerhaft bis zur Rente arbeiten zu können, benötige sie die Qualifizierung zur Podologin, die es ihr ermögliche, eng mit Ärzten zusammen zu arbeiten und Diabetiker behandeln zu dürfen. In dem beigefügten Formblattantrag (dazu vgl. / 3 der Reha-Akte der Beklagten) gab sie als zuletzt ausgeübten Beruf den der Sachbearbeiterin an. In der Anlage zum Antrag (/ 4 der Reha-Akte der Beklagten) gab sie eine Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau mit IHK-Abschluss (1997-1999) und ein wegen eines Sportunfalls 1993 abgebrochenes Sport- und Romanistikstudium an. Auf die Frage, ob sie schon einmal umgeschult worden sei, gab sie die Umschulung zur Groß- und Außenhandelskauffrau 1997 bis 1999 an. Des Weiteren gab sie an, zuletzt bei der Fa. A. gearbeitet zu haben und zwar als Sachbearbeiterin. Ergänzend gab die Klägerin an, dass diese Tätigkeit wegen Krankheit beendet worden sei. Sie gab auf die Frage "genaue Tätigkeit zurzeit/zuletzt" an "Fußpflegerin", ausgeübt seit Mai 2015. Auf die Frage, ob eine Weiterbeschäftigung oder Wiederbeschäftigung beim derzeitigen oder letzten Arbeitgeber gewünscht werde, teilte die Klägerin mit "Nicht möglich wegen einseitiger Belastung". Des Weiteren gab sie an, sie begehre eine Qualifizierung zur staatlich geprüften Podologin (in Teilzeit) mit einem möglichen Kursbeginn im Oktober 2017.

Unter Auswertung des ärztlichen Berichts zum Antrag auf Leistungen zur Teilhabe von Dr. T. vom 24.05.2017 (M/ 1 Reha-Akte/ärztliche Unterlagen der Beklagten) sah Obermedizinalrat F. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 09.06.2017 (Reha-Akte/ärztliche Unterlagen der Beklagten) die Klägerin noch leistungsfähig für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen und überwiegend im Sitzen. Im bisher hauptsächlich ausgeübten Beruf als Exportsachbearbeiterin sei die Klägerin weiterhin 6 Stunden und mehr leistungsfähig. Er merkte jedoch an, bei Bedarf könnten Kosten für einen höhenverstellbaren Schreibtisch erstattet werden.

Mit Bescheid vom 20.06.2017 (Blatt 62/64 der SG-Akte) lehnte die Beklagte die Gewährung der Ausbildung zur Podologin ab. Die Klägerin sei in der Lage, eine Beschäftigung als Exportsachbearbeiterin weiterhin auszuüben.

Hiergegen erhob die Klägerin am 05.07.2017 Widerspruch (/ R1 der Reha-Akte-Widerspruch der Beklagten). Durch einen ernsthaften Sportunfall an der LWS sei der Ischias-Nerv eingeengt worden und führe ständig zu Entzündungen. Diese verursachten nicht nur chronischen Schmerzen, sondern seien verantwortlich für die erheblichen Funktionseinschränkungen. Das Sitzen länger als 3 Stunden sei unmöglich. Starke Schmerzen im lumbalen Bereich strahlten bis zu den Beinen aus, des Weiteren bestünden motorische Ausfälle. Nach langer sitzender Bürotätigkeit entstünden erhebliche Probleme beim Gehen, Liegen und Schlafen. Seit dem Unfall könne sie nicht durchschlafen und stehe mit Schmerzen auf. Diese gesundheitlichen Einschränkungen führten zu einer enormen seelischen Belastung und beeinflussten ihre berufliche Existenz und ihr privates Leben. Sie benötige eine neue Tätigkeit, die auf ihre körperlichen Bedürfnisse optimiert sei. Die Bürotätigkeit als Exportsachbearbeiterin, die zu 95% im Sitzen erfolge, erlaube dies nicht. Durch einen Autounfall sei auch die HWS verletzt und es sei ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert (5., 6. und 7 Halswirbel). Die Folgen seien Bewegungseinschränkungen am Hals und Schultergelenk. Durch die einseitige Belastung im Büro (Arbeiten am PC) werde die Brustwirbelsäule und Halswirbelsäule blockiert. Konventionelle Therapien wie manuelle Therapie und Massage nehme sie in Anspruch, jedoch verhindere die einseitige Belastung die Stabilisierung und die Verbesserung. Die Schmerzen am Nacken seien oft so stark, dass sie sich vom Chiropraktiker einrenken lassen müsse. Sie habe eine private Zusatzversicherung für Heilpraktiker beantragt, damit sie Therapien ausprobieren könne, die ihr zur Stabilisierung helfen könnten. Diese jedoch mit folgender Begründung abgelehnt worden: wegen des Bandscheibenvorfalls stelle sie ein großes Risiko dar und dies sei für die Versicherung wirtschaftlich nicht tragbar. Die Beklagte schreibe, dass sie keine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit sähe und der Beruf des Exportsachbearbeiters auszuführen sei. Hiermit wiederspreche sie dem. Da unter diesen Aspekten und körperlichen Behinderungen nicht nur der Körper, die Leistungsfähigkeit, die Konzentration und die Arbeit leide, sondern auch das private Leben. Eine Rehabilitation zur Teilhabe am Arbeitsplatz sei nur dann gewährleistet, wenn der Körper die Möglichkeit habe sich zu regenerieren, zu stabilisieren mit den richtigen Therapien und danach in einem Umfeld arbeiten könne, das ihn entlaste und nicht zusätzlich belaste. Man könne von einer körperlichen, psychischen und seelischen Gesundheit nicht reden, wenn der Körper nicht ausreichend erholt sei und ein Durchschlafen nicht möglich sei. Die Qualifizierung zu Podologin bedeute für sie existenzielle Sicherung und Lebensqualität bis zu hohem Alter und zur Rente. Die Flexibilität als Podologin erlaube ihr in einem Arbeitsumfeld zu arbeiten, in dem die Abwechslung gegeben sei und einseitige Belastungen vermieden würden. Sie habe sich für die 2-jährige Ausbildung in Vollzeit entschieden, weil sie keine Zeit verlieren wolle und schnell ihr Ziel als staatlich anerkannte Podologin erreichen wolle. Die Ausbildung beginne am 15.09.2017.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2017 (R5 der Reha-Akte-Widerspruch der Beklagten) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es bestehe ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom, ein Halswirbelsäulensyndrom sowie sonstige Gelenkkrankheiten, wie u.a. Gonalgien, Mittelfußschmerzen. Nach den Feststellungen des Mediziners F. seien unter Berücksichtigung aller vorgebrachten Gesundheitsstörungen keine Krankheitsfolgen ersichtlich, durch die die Erwerbstätigkeit als Export-Sachbearbeiterin entscheidend beeinträchtigt werde. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei daher nicht gemindert und nicht erheblich gefährdet. Daher seien auch keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch die gesetzliche Rentenversicherung erforderlich.

Die Klägerin hat am 22.08.2017 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage erhoben. Sie hat auf ihre Erkrankungen, chronische Schmerzen, die Lumbalgie, den Bandscheibenvorfall an der HWS verwiesen und darauf, dass wenn sie länger als 3 Stunden sitze, der Ischiasnerv total entzündet sei. Dann könne sie sich nicht mehr bewegen. Sie könne daher ihre vorherige Tätigkeit nicht mehr ausüben, da hier keine abwechslungsreiche Tätigkeit möglich sei. Das sei jedoch im gewünschten Beruf möglich. Rücken, Schultern und Lendenwirbel verursachten Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten und psychische Belastungen. Sie benötige einen Wechsel zwischen Stehen und Sitzen. Auch würde die neue Ausbildung neben wechselnden Tätigkeiten auch die Möglichkeit als Dozentin bieten. Sie habe einen GdB von 30 (dazu vgl. Blatt 11 der SG-Akte). Sie könne die Kosten der Ausbildung nicht selbst tragen.

Das SG hat Beweis erhoben durch schriftliche Befragung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Der Chirurg Dr. R. hat dem SG mit Schreiben vom 27.10.2017 (Blatt 20/24 der SG-Akte) Diagnosen und Befunde mitgeteilt. Der Facharzt für Orthopädie Dr. T. hat dem SG mit Schreiben vom 12.12.2017 (Blatt 35/37 der SG-Akte) Befunde und Diagnosen sowie Behandlungsmaßnahmen mitgeteilt. Aufgrund der Schmerzen in der HWS und LWS sei langes Sitzen vor einem PC nicht empfehlenswert, Zwangshaltungen könnten zu einer Zunahme der Beschwerden und der Schmerzen führen. Hinzu komme, dass die Klägerin Stress und Druck berichte, welcher den Erschöpfungszustand verstärke. Die Schmerzen der Hände machten PC-Arbeit trotz ergonomischen Arbeitsplatzes sehr mühsam. Laut den Angaben der Klägerin sei ihre Erwerbsfähigkeit gemindert. Die letzte Untersuchung habe eine erschöpfte und schmerzgeplagte Klägerin gezeigt, welche nicht in der Lage gewesen sei, ihrer Arbeit nachzugehen. Es sei zu befürchten, dass sie diesen Beruf nicht mehr ausüben könne.

Die Klägerin hat Unterlagen vorgelegt (Blatt 26/33 der SG-Akte), u.a. ein Schreiben des Facharztes für Orthopädie Dr. T. an "Kollegen" vom 08.12.2017 (Blatt 31 der SG-Akte), in dem er eine weitere Verschlechterung seit Juni 2017 angibt und ausführt, die Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin könne aus gesundheitlichen Gründen nicht zugemutet werden. Er befürworte eine Ausbildung zur Podologin.

Die Beklagte hat die sozialmedizinische Stellungnahme der Dr. L. vom 22.01.2018 (Blatt 41/42 der SG-Akte) vorgelegt. Diese führt aus, dass die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin bei einer Zeitarbeitsfirma überwiegend Bürotätigkeiten mit PC und Telefon in sitzender Körperposition gewesen sein, ohne körperliche Belastungen wie schweres Heben, Bücken oder Zwangshaltungen. Der Arbeitsplatz könnte durch ergonomische Anpassung (z.B. höhenverstellbaren Schreibtisch) optimiert werden. Der Beruf der Podologin erfordere u.a. manuelle Geschicklichkeit und Belastbarkeit der Hände, gelegentlich Zwangshaltungen. Der Beruf der Podologin erscheine nicht als geeignet.

Die Klägerin hat nunmehr (Schreiben vom 20.08.2018, Blatt 55/56 der SG-Akte) nochmals auf ihre Beschwerden hingewiesen und ausgeführt, ihren Beruf als Exportsachbearbeiterin nicht mehr ausüben zu können. Längeres Sitzen sei ihr nicht möglich. Die Wirbelsäule dürfe einer einseitigen Belastung, wie sie bei einer Bürotätigkeit bestehe, nicht ausgeübt werden. Sie sei daher gezwungen, sich beruflich neu zu orientieren. Die Tätigkeit einer Podologin biete einen guten Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen. Eine einseitige Belastung der Wirbelsäule werde so vermieden.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.09.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Förderung einer Umschulung zur Podologin. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Bezugsberuf der Groß- und Außenhandelskauffrau sei aufgrund der bei ihr vorliegenden Erkrankungen nicht gemindert. Gegen eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit spreche, dass die Klägerin den Beruf der Groß- und Außenhandelskauffrau nach dem Unfall, der zur Verletzung der LWS geführt habe, erlernt habe und über zehn Jahre lang ausgeübt habe. Zudem seien mögliche Hilfsmittel - wie ein höhenverstellbarer Schreibtisch - noch nicht ausprobiert worden. Der behandelnde Orthopäde habe selbst auch keine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bestätigen können, sondern in seiner Stellungnahme auf die Angabe der Klägerin verwiesen. Das Gericht sei daher nicht mit der im Wege des Vollbeweises erforderlichen Wahrscheinlichkeit überzeugt, dass eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit bei der Klägerin vorliege. Selbst wenn jedoch die persönlichen Voraussetzungen vorliegen würden, bestünde kein Anspruch auf die Umschulung zur Podologin. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf eine Umschulung zur Podologin setze eine Ermessensreduzierung auf Null voraus. Das heiße, die Umschulung zur Podologin müsste die einzige Rehabilitationsleistung sein, die für die Klägerin in Betracht komme. Hiergegen spreche jedoch, dass der Beruf der Podologin in Hinblick auf die Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule nicht unproblematisch sei und daher erst recht nicht als einziger, leidensgerechter Beruf für die Klägerin in Betracht komme.

Gegen den ihrem Bevollmächtigten am 18.09.2018 zugestellten Gerichtbescheid hat die Klägerin am 12.10.2018 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Sie halte den angefochtenen Gerichtsbescheid für rechtswidrig. Sie sei nach wie vor der festen Überzeugung, dass bei ihr die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Umschulung vorlägen. Sie leide unter massiven Wirbelsäulenbeschwerden mit dauerhaften starken Schmerzen und Bewegungseinschränkung. Gegen die Ausführungen des SG werde zunächst eingewandt, dass sie zwar die Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau im Jahr 2000 abgeschlossen habe. Sie habe jedoch in den 13 Jahren ihrer Tätigkeit von 2000 bis 2013 nur ca. 2 Jahre direkt im Export gearbeitet. Die übrigen 11 Jahre sei sie u.a. in verschiedenen Zeitarbeitsfirmen tätig und nicht immer als Exportsachbearbeiterin eingesetzt gewesen. So sei sie u.a. als Lehrerin für Deutsch für Ausländer an der Hummelschule, als Fitnesstrainerin, Security, Schmuckverkäuferin, Kellnerin, Reinigungskraft, Babysitterin, Masseurin oder kurzfristig als Verkäuferin tätig gewesen, zudem hätten kurzfristige Beschäftigungen in Bürotätigkeiten bei verschiedenen Zeitarbeitsfirmen bestanden. Sie habe nur kurzfristige Aufträge gehabt und sei meist überqualifiziert gewesen für diese Tätigkeiten. Auch habe sie eine begrenzte Anstellung als Projektleiterin im Projekt Qualifizierung für Menschen mit Migrationshintergrund vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gehabt. Für diese Tätigkeit sei jedoch ein akademischer Abschluss Voraussetzung, weshalb sie in diesem Bereich keine Aussichten auf eine weitere Tätigkeit habe. Somit werde der Annahme widersprochen, dass Bezugsberuf derjenige als Groß- und Außenhandel sei. Auch ein höhenverstellbarer Schreibtisch würde nicht dazu verhelfen, eine Tätigkeit in Festanstellung außerhalb von Zeitarbeitsfirmen in diesem Bereich zu erhalten. Sie habe jahrelang versucht eine Festanstellung zu erreichen, die langjährige psychische Erniedrigung und Demotivation ertrage sie nicht mehr. Sie erhoffe sich die Ausübung eines Berufes, der ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entspreche und den sie auch mit ihren gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausüben könne. Für sie sei der Bereich der Podologie ein Beruf, den sie auch aus gesundheitlicher Sicht ausüben könne. Es sei ein Beruf, den man nicht ausüben müsse, indem man 8 Stunden auf einem Stuhl am Schreibtisch verbringe. In diesem Bereich könne man sowohl als Selbstständiger als auch als Angestellter arbeiten und auch als Dozent in Podologieschulen oder als Heilpraktiker in der Podologie. LTA-Maßnahmen seien erforderlich, um ihre Erwerbsfähigkeit weiterhin zu erhalten. Sie könne ohne die beantragte Maßnahme keine langfristige berufliche Perspektive für sich erhoffen. Sie sei viele Jahre in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen gewesen und erhoffe sich nunmehr, diese Tätigkeit im Bereich der Podologie mit ihren gesundheitlichen Einschränkungen ausüben zu können. Im Groß- und Außenhandel könne sie keinesfalls mit ihren Einschränkungen auf orthopädischem und psychischem Fachgebiet arbeiten.

Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.09.2018 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2017 zu verurteilen, ihr die beantragte Umschulung zur Podologin zu gewähren bzw. die bereits angefallenen Kosten zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem nichtöffentlichen Termin am 15.03.2019 erörtert (zur Niederschrift vgl. Blatt 41/43 der Senatsakte). Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 29.03.2019 (Blatt 26/39 der Senatsakte) weiter vorgetragen und Unterlagen übersandt, so das Zeugnis der Massagepraxis/Medizinische Fußpflege Roland W. vom 08.10.207 über eine Tätigkeit als Masseurin und Fußpflegerin vom 03.05.2002 bis zum 20.12.2006, die Einschätzung der Praxis für Podologie R. vom 30.05.2018, den Schulausbildungsvertrag über die Ausbildung zur Podologin vom 09. bzw. 13.10.2017 (Ausbildung vom 15.09.2017 bis 14.09.2019) sowie die Mahnung vom 11.01.2019.

Die Beklagte hat an ihrer bisherigen Auffassung festgehalten (Schreiben vom 15.05.2019, Blatt 45 der Senatsakte); die Erwerbsfähigkeit sei nicht gefährdet, zudem liege eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vor. Die höhenverstellbaren Arbeitstische seien erforderlichenfalls vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 20.06.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Ausbildung zur staatlich geprüften Podologin, auch nicht auf Erstattung der anfallenden Kosten.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Nachsorge sowie ergänzende Leistungen, um (1.) den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (2.) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Diese Leistungen sind nach § 9 Abs. 2 SGB VI zu erbringen, wenn die persönlichen (dazu vgl. § 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (dazu vgl. § 11 SGB VI) Voraussetzungen dafür erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind.

Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte nach § 10 Abs. 1 SGB VI die persönlichen Voraussetzungen erfüllt, 1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und 2. bei denen voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben aa) der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder bb) ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.

Für Leistungen zur Teilhabe haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 Abs. 1 SGB VI erfüllt, die bei Antragstellung 1. die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben oder 2. eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen.

Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen.

Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden gemäß § 16 SGB VI nach den §§ 49 bis 54 SGB IX (bis 31.12.2017: §§ 33 ff. SGB IX), im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen nach § 57 SGB IX sowie entsprechende Leistungen bei anderen Leistungsanbietern nach § 60 SGB IX erbracht.

Vorliegend konnte der Senat zwar feststellen, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB VI erfüllt sind und Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass die Klägerin die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 SGB VI erfüllt. Der Senat konnte – wie schon das SG – nicht feststellen, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist.

Erwerbsfähigkeit i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ist die Fähigkeit eines Versicherten, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können (zuletzt BSG 12.03.2019 – B 13 R 27/17 R – juris RdNr. 18; so auch Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 31). Ausgangspunkt der Betrachtung ist mithin die Erwerbsfähigkeit des Versicherten in Bezug auf die bisher ausgeübte(n) Tätigkeit(en). Auf eine etwaige Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt kommt es grundsätzlich nicht an. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI, der anders als § 43 SGB VI nicht auf die Erwerbsminderung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes abstellt (BSG 12.03.2019 – B 13 R 27/17 R – juris RdNr. 18). Auch fehlt es an einer Bezugnahme des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI auf § 43 SGB VI oder § 240 Abs. 2 SGB VI, sodass die dortigen Kriterien im Rahmen des § 10 Abs. 1 SGB VI nicht anwendbar sind (BSG 12.03.2019 – B 13 R 27/17 R – juris RdNr. 18 unter Hinweis auf BSG 29.3.2006 - B 13 RJ 37/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr. 1 = juris und BSG 17.10.2006 - B 5 RJ 15/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr. 2 juris; vgl auch Günniker in Hauck/Haines, SGB VI, Stand 10/2012, K § 10 RdNr 3; Kater in Kasseler Kommentar, Stand März 2017, § 10 RdNr 3). Dies hat das BSG bereits in der grundlegenden Entscheidung vom 29.02.1968 (4 RJ 423/66 - BSGE 28, 18 = SozR Nr. 4 zu § 1236 RVO) zu dem seit 1957 geltenden Rehabilitationsrecht hervorgehoben. Zu prüfen ist danach, ob der Versicherte unabhängig von den Besonderheiten des bisher bzw. gerade innegehaltenen Arbeitsplatzes den typischen Anforderungen des ausgeübten Berufs (oder der ausgeübten Tätigkeit) noch nachkommen kann (BSG 12.03.2019 – B 13 R 27/17 R – juris RdNr. 20; BSG 17.10.2006 - B 5 RJ 15/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr. 2 = juris). Sowohl bei der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzung, nämlich ob die Erwerbsfähigkeit bedroht oder beeinträchtigt ist, als auch bei der Auswahl einer konkreten Leistung ist grundsätzlich von dem zuletzt innegehabten Arbeitsplatz auszugehen (BSG 06.09.2017 - B 13 R 20/14 R - SozR 4-3250 § 48 Nr. 1). In die Betrachtung können jedoch, soweit erforderlich, auch alle weiteren beruflichen Tätigkeiten der letzten Jahre einbezogen werden, sofern sie nicht in allzu lange zurückliegender Zeit ausgeübt wurden (BSG 12.03.2019 – B 13 R 27/17 R – juris RdNr. 20). Nicht maßgeblich sind aber Tätigkeiten, die nur verhältnismäßig kurze Zeit verrichtet oder nicht versicherungspflichtig ausgeübt worden sind (BSG 12.03.2019 – B 13 R 27/17 R – juris RdNr. 20 m.w.N.).

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI muss die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung erheblich gefährdet sein. Von einer Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ist dann auszugehen, wenn nach gutachterlicher Feststellung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen und behinderungsbedingter Funktionseinschränkungen damit gerechnet werden kann, dass ohne Teilhabeleistungen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit eintritt. Überdies muss die Gefährdung erheblich sein (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 38). Grundsätzlich muss im Rahmen der erheblichen Gefährdung die Gefahr einer "Ausgliederung" aus Arbeit, Beruf und Gesellschaft bestehen (BSG 18.02.1981 - 1 RA 93/79 - SozR 2200 § 1236 Nr. 31 = juris; Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 39). Zwar ist nicht erforderlich, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit unmittelbar bevorsteht ("droht"), die bloße Möglichkeit ihres Eintritts reicht jedoch nicht aus (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 39). Die Erheblichkeit der Gefährdung beinhaltet nicht nur einen Maßstab empirischer Prognose bei der Ermittlung des voraussichtlichen Eintritts einer Minderung bzw. der voraussichtlichen Gefährdungsdauer, sie enthält vielmehr auch einen Maßstab normativer Gewichtung, bei dem sich grundsätzlich das Gebot der Optimierung sozialer Rechte zur Geltung bringt (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 40). Dieses ist wiederum mit den Vorstellungen des Gesetzgebers, der das Merkmal der Erheblichkeit nicht zuletzt aus Kostengründen eingeführt hat, in Beziehung zu setzen und mit dem Individualinteresse an umfassender und wirksamer Hilfe in schonender Weise auszugleichen (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 40).

Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 10 SGB VI liegt nicht nur vor, wenn die Bezugsvoraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente erfüllt sind, sondern bereits dann, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt ist und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage ist, seinen Beruf normal auszuüben (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 42). Es reicht jedoch nicht schon jede Minderung der Erwerbsfähigkeit, diese muss vielmehr von gewissem Gewicht und gewisser Dauer sein (BSG 18.02.1981 - 1 RA 93/79 - SozR 2200 § 1236 Nr. 31; Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 47). Maßgeblich ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit im bisherigen Beruf (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 43). Insoweit kommt es nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI auf die Erwerbsfähigkeit als solche an (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 43), nicht jedoch darauf, ob der Versicherte tatsächlich noch einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder nachgehen will (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 43), sodass es nicht auf die Anforderungen am konkreten Arbeitsplatz ankommt. Im Vordergrund steht die letzte in nicht unerheblichem Umfang verrichtete, versicherungspflichtige Tätigkeit (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 43). Ist die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit jedoch nicht prägend oder aussagekräftig für die Frage der Erwerbsfähigkeit, ist nicht allein auf diese abzustellen; vielmehr sind die beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren in die Betrachtung einzubeziehen (Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr. 43). Jedenfalls beurteilt sich die Erwerbsgefährdung bzw. -minderung in der bisherigen Tätigkeit danach, ob der Versicherte unabhängig von den spezifischen Belastungen und Anforderungen des konkreten Arbeitsplatzes den typischen Anforderungen des ausgeübten Berufes noch nachkommen kann (BSG 20.10.2009 - B 5 R 22/08 R - juris; BSG 05.02.2009 - B 13 R 27/08 R - SozR 4-3250 § 28 Nr. 3 = juris; BSG 17.10.2006 - B 5 RJ 15/05 R - SozR 4-2600 § 10 Nr. 2 = juris; Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 10 SGB VI, RdNr.43).

Vorliegend bestehen bei der Klägerin Erkrankungen in Form eines chronischen Lendenwirbelsäulensyndroms, eines Halswirbelsäulensyndroms sowie sonstige Gelenkkrankheiten, wie u.a. Gonalgien, Mittelfußschmerzen. Dr. R. hat insoweit schmerzhafte Verspannungen des Halte- und Bewegungsapparates und daraus resultierende Wirbelgelenksblockierungen bei einem medlat. NPP in Höhe Segment C6/7 links beschrieben (vgl. dessen Aussagen gegenüber dem SG). Dr. T. hat gegenüber dem SG angegeben, die Klägerin berichte über HWS- und LWS-Beschwerden, des Weiteren über Beschwerden in den oberen Extremitäten, schnelles Erschöpfen und eine Minderung der Leistungsfähigkeit, Fußschmerzen im Sinne von Metatarsalgien und einer Zunahme einer Valgusfehlstellung der Großzehe. Dr. T. hat die HWS im Lot stehend mit diskretem paravertebralen Druckschmerz beidseits über der HWS bei endgradig eingeschränkter Rotationen beschrieben. Der Kinn-Jugulum-Abstand betrug 3cm, die Reklination war endgradig schmerzhaft und eingeschränkt. Muskeleigenreflexe und Muskelkraft der oberen Extremität waren ohne Befund, Dr. T. hat Schmerzausstrahlung in die Arme und neurologische Reizerscheinungen beschrieben. Im Übrigen hat er die Wirbelsäule im Lot stehend beschrieben, mit Klopfschmerz, Beckengeradstand und paravertebralem Druckschmerz. Die Beweglichkeit war eingeschränkt, die Reklination schmerzhaft, es bestanden jedoch keine sensomotorischen Ausfälle. Das Zeichen nach Lasègue war beidseits angedeutet positiv, der pDMS war intakt. An den Füßen hat er eine Pronationsfehlstellung, einen Senk-Spreizfuß, einen beginnenden Hallux valgus und leichte Metatarsalgien beschrieben. Schmerzen bestünden im gesamten Körper, ebenso ein Erschöpfungszustand. Dr. T. hat die Diagnosen eines chronischen LWS-Syndroms, eines Erschöpfungssyndroms, eines HWS-Syndroms bei NPP 5/6 und 6/7, Protrusion 4/5, beidseitige Brachialgien und Metatarsalgien sowie einen Hallux valgus beidseits angegeben.

Auswirkungen der bestehenden Erkrankungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit hat Dr. R. nicht angegeben. Dr. T. hat mitgeteilt, wegen der Schmerzen in der HWS und LWS sei langes Sitzen vor einem PC nicht empfehlenswert, Zwangshaltungen könnten zu einer Zunahme der Beschwerden und der Schmerzen führen. Hinzu komme berichteter Stress und Druck, welcher den Erschöpfungszustand verstärke. Die Schmerzen in den Extremitäten, v.a. der Hände machen PC-Arbeit trotz ergonomischem Arbeitsplatz sehr mühsam.

Der Sozialmediziner F. hat im Verwaltungsverfahren bei der Klägerin ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, zeitweise im Gehen, überwiegend im Sitzen, in Tages-, Früh- bzw. Spätschicht, ohne Wirbelsäulen-Zwangshaltungen, ohne häufiges Knien bzw. Hocken, ohne häufiges Klettern oder Steigen, ohne häufiges Heben, Tragen von Lasten (ohne mechanische Hilfsmittel – zumutbar bis 10 kg) und ohne häufiges Überkopfarbeiten gesehen. Er hat die Klägerin im Beruf einer Exportsachbearbeiterin als 6 Stunden und mehr arbeitstäglich leistungsfähig gesehen, lediglich geraten, einen höhenverstellbaren Schreibtisch zu benutzen. Auch dem von Dr. T. berichteten schmerzbedingten Erschöpfungszustand – eine gesonderte therapeutische Maßnahme wird deswegen nicht durchgeführt – ist mit den genannten entlastenden Arbeitsbedingungen nach Sozialmediziner F. hinreichend Rechnung getragen.

Vor diesem Hintergrund konnte der Senat keine Gefährdung oder bereits eingetretene Minderung der Leistungsfähigkeit der Klägerin im Bezugsberuf der Exportsachbearbeiterin bzw. der Groß- und Einzelhandelskauffrau erkennen. Auf den Beruf der Exportsachbearbeiterin bzw. der Groß- und Außenhandelskauffrau war vorliegend abzustellen, weil das der letzte Ausbildungsberuf der Klägerin war und sie diesen Beruf bis zur Aufgabe insoweit für ihr Erwerbsleben prägend und versicherungspflichtig ausgeübt hat.

Die Tätigkeiten der Klägerin, die sie nach Aufgabe der Tätigkeit als Exportsachbearbeiterin im Jahr 2013 ausgeübt und als Lehrerin für Deutsch für Ausländer an der Hummelschule, als Fitnesstrainerin, Security, Schmuckverkäuferin, Kellnerin, Reinigungskraft, Babysitterin, Masseurin oder kurzfristig als Verkäuferin beschrieben hat, waren nicht als Bezugsberuf heranziehen. Denn weder waren diese Tätigkeiten versicherungspflichtig ausgeübt worden, was der Senat den Angaben der Klägerin und der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entnommen hat; auch waren für diese Tätigkeiten keine Pflichtbeiträge abgeführt worden, was die Beklagte in der mündlichen Verhandlung anhand des aktuellen Versicherungsverlaufs der Klägerin dargelegt hat. Auch waren diese Tätigkeiten nur für kurze Zeiträume ausgeübt worden, sodass sich der Senat davon überzeugen konnte, dass diese zeitlich und wirtschaftlich nur untergeordnet ausgeübt worden waren. Auch auf einen Hinweis im Erörterungstermin hin hat die Klägerin keine näheren Angaben zu diesen Tätigkeiten gemacht, vielmehr auch in der mündlichen Verhandlung betont, diese Tätigkeiten nur kurz und vorübergehend ausgeübt zu haben, sodass der Senat sich nicht davon überzeugen konnte, dass diese Tätigkeiten das Erwerbsleben der Klägerin der letzten Jahre geprägt haben.

Soweit die Klägerin eine Tätigkeit als Fußpflegerin bzw. Podologin bereits als ausgeübten Beruf - mithin als Bezugsberuf - ansieht, war diese Tätigkeit weder versicherungspflichtig noch das Erwerbsleben prägend ausgeübt worden, weshalb diese Tätigkeit als Bezugsberuf ausscheidet. Im Übrigen bedürfte die Klägerin – wollte man diesen Beruf als Bezugsberuf heranziehen - ebenfalls keiner Ausbildung zur Podologin zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung, denn jedenfalls nach dem eigenen Vortrag der Klägerin handelt es sich dabei um eine für die Klägerin gesundheitlich geeignete Tätigkeit - woran der Senat aber erhebliche Zweifel hat (dazu siehe unten) -, sodass nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ihre Leistungsfähigkeit im Bezugsberuf dann aber weder gefährdet noch gemindert wäre; alleine, dass ihr die über den Beruf der Fußpflegerin hinausgehende staatliche Anerkennung als Podologin fehlt, berührt nicht den Zuständigkeitsbereich der Rentenversicherung. Damit hätte die Klägerin insoweit auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf weitere Qualifizierung in der bereits ausgeübten Tätigkeit.

Geht der Senat daher zugunsten der Klägerin vom Bezugsberuf einer Exportsachbearbeiterin bzw. Groß- und Außenhandelskauffrau aus, so kann der Senat anhand der medizinischen Befunde aber nicht feststellen, dass die Erwerbsfähigkeit der Klägerin bereits relevant gefährdet oder schon gemindert ist. Denn bei einer solchen Tätigkeit handelt es sich um eine leichte Tätigkeit, überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit zu Stehen und zu Gehen; dauerhaftes Sitzen ist nicht erforderlich. Auch sind Lasten über 10 kg nicht ohne Hilfsmittel zu heben. Der Senat entnimmt dies den über die Seite berufenet.arbeitsagentur.de zum Kaufmann/-frau - Groß- und Außenhandel (Außenhandel) sowie zum Kaufmann/-frau - Groß- und Außenhandel (Großhandel) dargestellten tatsächlichen und gesundheitlichen Anforderungen.

Der Senat kann anhand der von Dr. T. und Dr. R. mitgeteilten Befunde keine Beeinträchtigung der Feinmotorik feststellen; Gründe für die in den Händen angegebenen Schmerzen hat auch Dr. T. nicht mitgeteilt, solche sind auch für den Senat aus dem Vortrag der Klägerin, die auf ihre Wirbelsäulenbeschwerden abgestellt hat, nicht ersichtlich, sodass sich eine Einschränkung der Erwerbsfähigkeit im Bezugsberuf insoweit nicht begründen lässt.

Damit konnte der Senat nicht feststellen, dass die persönlichen Voraussetzungen von Teilhabeleistungen zu Lasten der Beklagten erfüllt sind. Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Bezugsberuf als Exportsachbearbeiterin bzw. Groß- und Außenhandelskauffrau ist nicht relevant gefährdet oder gemindert. Soweit der Sozialmediziner die Bereitstellung eines höhenverstellbaren Arbeitstisches empfohlen hatte, handelt es sich lediglich um das Erfordernis niedrigschwelliger Anpassungsmaßnahmen an einem konkreten Arbeitsplatz, die nicht die ganze Bandbreite des Arbeitsfeldes im Bezugsberuf betreffen (zu einer anderen Fallgestaltung vgl. LSG Rheinland-Pfalz 02.03.2016 - L 6 R 504/14 – juris), zumal die Klägerin diesen Arbeitsplatz auch nicht mehr inne hat. Selbst wenn der damalige konkrete Arbeitsplatz nicht mit entsprechenden Anpassungen ausgestaltet war und die Klägerin daher Beschwerden am Arbeitsplatz erleiden musste, bedeutet dies nicht bereits ein im Berufsfeld des Bezugsberufs relevant gemindertes oder gefährdetes Erwerbsvermögen. Ein solches wäre nur anzunehmen, wenn nicht nur am konkreten Arbeitsplatz, sondern im gesamten Berufsfeld des Bezugsberufs die Erwerbsfähigkeit gefährdet bzw. gemindert wäre. Das ist aber im Fall der Klägerin nicht anzunehmen. Soweit am konkreten Arbeitsplatz Hilfen z.B. durch einen höhenverstellbaren Arbeitstisch erforderlich wären (dazu vgl. LSG Rheinland-Pfalz 02.03.2016 - L 6 R 504/14 – juris), fiele diese Ausstattung bei bestehender Erwerbsfähigkeit zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit wohl in den Zuständigkeitsbereich der Bundesagentur für Arbeit; vorliegend ergibt sich aber auch aus § 14 SGB IX kein Anspruch der Klägerin, da dies von ihrem Klage- und Berufungsantrag nicht umfasst ist und die Klägerin derzeit auch nicht über einen Arbeitsplatz verfügt, an dem sie einen solchen Schreibtisch benötigt.

Aber selbst wenn der Senat eine Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit in relevantem Ausmaß annehmen wollte, ergäbe sich der geltend gemachte Anspruch auf Umschulung/Ausbildung zur Podologin nicht. Denn nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Vorliegend ist aber nicht ersichtlich, dass eine Reduzierung des Ermessens auf Null i.S. der alleinigen Möglichkeit, einer angenommenen Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit mit der Ausbildung zur Podologin zu begegnen, eingetreten ist. Gegen eine solche Ermessensreduzierung spricht, dass es sich bei der Tätigkeit einer Podologin nicht um eine für die Klägerin gesundheitlich geeignete Tätigkeit handelt. Vielmehr handelt es sich um eine regelmäßig im Sitzen auszuübende Tätigkeit; auch ist die Funktionstüchtigkeit der Arme und Hände sowie der Hände und Finger erforderlich (vgl. zu den Arbeitsbedingungen und den gesundheitlichen Voraussetzungen die Ausführungen auf der Seite im Internet berufenet.arbeitsagentur.de zur Tätigkeit eines Podologen/Podologin, die der Senat in der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführt hat).

Ausgehend von dem Vortrag der Klägerin, eine Tätigkeit im Bezugsberuf wegen des langen Sitzens nicht mehr ausüben zu können, Dr. T. hat sogar eine schmerzbedingte Beeinträchtigung der Hände, die eine PC-Arbeit unmöglich machten, mitgeteilt, wäre auch eine Tätigkeit als Podologin ausgeschlossen, denn diese ist im Sitzen und unter Einsatz der Hände zu verrichten. Auch sind bei der Klägerin Zwangshaltungen der Wirbelsäule zu vermeiden, was aber bei einer Tätigkeit als Podologin nicht möglich ist (zum Erfordernis von Zwangshaltungen vgl. sozialmedizinische Stellungnahme Dr. L. , Blatt 41/42 der SG-Akte). Vor diesem Hintergrund ist für den Senat nicht ersichtlich, dass bei der Klägerin – eine Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit i.S.d. § 9 SGB VI unterstellt – die Ausbildung zur Podologin die einzige Möglichkeit ist, die angenommene Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit zu beseitigen. Auch soweit die Klägerin im Erörterungstermin darauf hingewiesen hatte, es bestünde die Möglichkeit einen höhenverstellbaren Patientenstuhl anzuschaffen, um so im Stehen arbeiten zu können, bedeutet dies keine Ermessensreduzierung auf Null, denn die Nutzung höhenverstellbarer Arbeitsmittel (hier: höhenverstellbarer Schreibtisch) wäre auch im bisherigen Bezugsberuf als Exportsachbearbeiterin bzw. Groß- und Außenhandelskauffrau möglich.

Der Senat ist vielmehr der Überzeugung, dass die Tätigkeit als Podologin bereits nicht geeignet ist. Dafür spricht auch, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben hatte, Ziel sei es, die Tätigkeit als Podologin versicherungspflichtig oder selbständig im Umfang von allenfalls 3 bis 4 Stunden täglich ausüben zu wollen, weil sie in der restlichen Zeit ihre Erkrankungen behandeln und therapieren müsse, länger könne sie nicht arbeiten. Ist Ziel der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben lediglich die Aufnahme einer zeitreduzierten Erwerbstätigkeit im Umschulungs-/Ausbildungsberuf, bei bereits bestehender – die gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin unterstellt – zeiteingeschränkter Fähigkeit zur Ausübung des Bezugsberufs, so ist der gewünschte Umschulungs-/Ausbildungsberuf weder geeignet noch die Umschulung/Ausbildung erforderlich.

Damit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Ausbildung/Umschulung zur Podologin. Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus § 14 SGB IX. Selbst wenn danach die Regelungen der §§ 112 ff. SGB III anwendbar wären, so bestünde bei dem vom Senat festgestellten vorhandenem Leistungsvermögen der Klägerin kein Erfordernis nach diesen allgemeinen bzw. besonderen Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung in Form einer Umschulung/Ausbildung zur Podologin, noch handelte es sich– die von der Klägerin dargestellten Beeinträchtigungen angenommen – bei der Tätigkeit als Podologin um eine geeignete Tätigkeit, für die Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung erforderlich wären, sodass auch insoweit unter keinem Gesichtspunkt der von der Klägerin geltend gemachte Leistungsanspruch besteht. Soweit die Klägerin Vermittlungsleistungen der Bundesagentur für Arbeit zur Eingliederung in Arbeit benötigen würde, sind diese aber von ihr derzeit nicht begehrt.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der ihr zur am 15.09.2017 aufgenommenen Ausbildung/Umschulung angefallenen Kosten. Denn nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung wäre Voraussetzung eines solchen Kostenerstattungsanspruchs, dass der Rehabilitationsträger nicht innerhalb der Frist des § 14 Abs. 2 SGB IX entschieden hat (3 Wochen, wenn wie hier kein Gutachten einzuholen war); vorliegend hat die Klägerin ihren Antrag am 03.06.2017 gestellt, die Beklagte hat mit Bescheid vom 20.06.2017 den Antrag fristgerecht abgelehnt. Dass es sich bei der Ausbildung zur Podologin um eine unaufschiebbare Leistung handelt, die die Beklagte nicht rechtzeitig erbringen konnte, konnte der Senat ebenso wenig feststellen, wie dass die Reha-Leistung zu Unrecht abgelehnt worden war (dazu vgl. § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX).

Auch nach dem seit 01.01.2018 geltenden § 18 SGB XI – dessen rückwirkende Anwendbarkeit einmal unterstellt – ergibt sich kein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin. Denn nach dessen Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 und 1 wäre Voraussetzung, dass der Rehabilitationsträger über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Antragseingang entscheiden konnte. Nachdem die Beklagte auf den Antrag der Klägerin vom 03.06.2017 bereits mit Bescheid vom 20.06.2017 entschieden hatte, liegen die Voraussetzungen auch dieses Kostenerstattungsanspruchs nach § 18 Abs. 4 Satz 1 SGB IX nicht vor. Im Übrigen (vgl. § 18 Abs. 6 SGB IX) konnte der Senat auch nicht feststellen, dass die es sich bei der Ausbildung zur Podologin um eine unaufschiebbare Leistung, die die Beklagte nicht rechtzeitig erbringen konnte, handelt und auch nicht dass die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Im Übrigen konnte der Senat auch nicht feststellen, dass die Leistung (Ausbildung zur Podologin) notwendig war.

Damit hat die Klägerin weder einen Anspruch auf Gewährung einer Ausbildung/Umschulung zur Podologin noch auf Erstattung der ihr im Zusammenhang mit dieser Ausbildung/Umschulung entstandenen Kosten, sodass die Berufung in vollem Umfang zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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