L 9 R 3982/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3635/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 3982/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 8. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten für die Anrechnungszeit wegen Schul- und Hochschulausbildung im Zeitraum von 01.12.1967 bis 31.07.1971.

Die 1945 in der Tschechischen Republik geborene Klägerin besuchte vor ihrer Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland 1969 die Gesundheitsoberschule in P., die sie 1963 mit der allgemeinen Hochschulreife abschloss. Nach ihren Angaben beinhaltete diese Schulausbildung eine abgeschlossene Ausbildung zur medizinisch-technischen Assistentin. Von 1963 bis 1964 arbeitete die Klägerin als MTA am Kreiskrankenhaus K./CSSR und begann 1964 ein Studium der Medizin an der K.-Universität in P., das sie in F. fortsetzte und mit dem Staatsexamen am 30.11.1972 abschloss. Nach Medizinalassistentenzeiten und der Geburt zweier Kinder am 21.01.1974 und am 22.08.1975 promovierte sie am 06.04.1979 und war ab 1977 bzw. 1982 als Assistenzärztin tätig. Mit Wirkung ab 01.01.1983 war sie wegen der Mitgliedschaft in der Versorgungsanstalt für Ärzte, T., (Bescheid vom 21.03.1983) von der Versicherungspflicht befreit.

Auf ihren Antrag vom 26.06.1987 sind ihr in der Zeit von 02/73 bis 05/73, 07/73 bis 11/73, 07/74 bis 08/74, 08/77 bis 03/78, 06/78 bis 04/79 gezahlte Beiträge mit Bescheid vom 24.09.1987 erstattet worden.

Mit Bescheid vom 12.04.2007 stellte die Beklagte die im beigefügten Versicherungsverlauf gespeicherten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.2000, verbindlich fest. Vermerkt waren u. a. Zeiten der Fachschulausbildung vom 15.05.1961 bis 18.06.1963 und Zeiten der Hochschulausbildung vom 01.10.1964 bis 30.06.1969, 01.10.1969 bis 30.11.1972. Die Beklagte führte darin zudem aus, der Vormerkungsbescheid vom 20.05.1985 werde für die Zeit vom 15.05.1961 bis 14.05.1962 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben und wegen einer Rechtsänderung würden die bislang vorgemerkten Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres nicht mehr berücksichtigt. Ferner verfügte die Beklagte (Anlage 10 zum Bescheid vom 12.04.2007), dass die Kindererziehungszeit (01.02.1974 bis 31.01.1975) und die Berücksichtigungszeit (21.01.1974 bis 31.12.1982) für das am 21.01.1974 geborene Kind und die Kindererziehungszeit (01.09.1975 bis 31.08.1976) und die Berücksichtigungszeit (22.08.1975 bis 31.12.1982) für das am 22.08.1975 geborene Kind wegen der Verfallwirkung des § 210 Abs. 6 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht anerkannt werden können. Die Berücksichtigungszeit vom 01.01.1983 bis 20.01.1984 bzw. vom 01.01.1983 bis 21.08.1985 könne nicht anerkannt werden, weil eine Befreiung von der Versicherungspflicht vorliege (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 217 ff. der Akten der Beklagten verwiesen).

Am 30.03.2010 beantragte der Rentenberater E. im Namen der Klägerin, aber ohne Vorlage eines Nachweises der Bevollmächtigung, die Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres, worauf die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 16.09.2013 eine Regelaltersrente ab 01.06.2010 (monatlicher Zahlbetrag: 17,68 EUR) bewilligte. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, der nicht weiter begründet worden ist, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2013 zurück.

Am 27.11.2013 hat der Rentenberater – wiederum im Namen der Klägerin und unter Verweis auf eine "bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmacht ", die in diesem Verfahren streitige Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Begehrt werde eine höhere Rente unter Berücksichtigung von Entgeltpunkten für die Anrechnungszeit wegen Schul- oder Hochschulausbildung für den Zeitraum vom 01.12.1967 bis 31.07.1971. Verfahren seien diesbezüglich beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig.

Mit Bescheid vom 17.12.2013 berechnete die Beklagte die Regelaltersrente unter Berücksichtigung des gewährten Zuschusses zur Krankenversicherung in Höhe von monatlich 1,29 EUR ab 01.06.2013 neu. Gegen den Beginn des Krankenversicherungszuschusses erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Widerspruch mit Schreiben vom 20.01.2014. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Verweis auf die Antragstellung am 27.06.2013 mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2014 zurück.

Bereits mit Bescheid vom 13.02.2013 und Widerspruchsbescheid vom 28.06.2013 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 12.04.2007 bezogen auf die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten sowie den Antrag auf Wiedereinzahlung der mit Bescheid vom 24.09.1987 erstatteten Beiträge ab. Die hiergegen zum SG erhobene Klage (S 12 R 3388/13) wies das SG mit Urteil vom 10.07.2014 ab. Im sich anschließenden Berufungsverfahren (L 11 R 3777/14) verpflichtete sich die Beklagte in einem gerichtlichen Vergleich, den Widerspruchsbescheid aufzuheben und über Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten ggf. unter Abänderung der Bescheide vom 12.04.2007 und 24.09.1987 zu entscheiden. Mit beiderseitiger Annahme des gerichtlichen Vergleiches erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt. Mit Bescheid vom 20.03.2015 nahm die Beklagte sodann den Bescheid über die Beitragserstattung vom 24.09.1987 für den Zeitraum vom 01.02.1973 bis 30.04.1979 (mit Unterbrechungen) zurück, weil die Beiträge nicht hätten erstattet werden dürfen. Nach Rückzahlung des erstatteten Betrages durch die Klägerin erließ die Beklagte den Rentenbescheid vom 18.08.2015, mit dem unter Berücksichtigung dieser Zeiten sowie von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten die Regelaltersrente ab 01.06.2010 neu berechnet wurde (Rentenzahlbetrag ab 01.06.2010: 143,73 EUR, wegen der Einzelheiten dieses Bescheides wird auf Bl. 417 bis 437 der Akten der Beklagten verwiesen). Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin wiederum die Nachbewertung der Schul- und Hochschulzeiten geltend gemacht hat, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.04.2017 zurück. Die hiergegen am 08.05.2017 erhobene Klage, zu der der Rentenberater – erstmals – eine von der Klägerin am 08.05.2017 unterschriebene Vollmacht vorgelegt hat, hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 08.10.2018 (S 12 R 1753/17) abgewiesen. Die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, nachdem die fachkundig vertretene Klägerin weder einen Antrag noch einen Lebenssachverhalt geschildert habe. Gegen den am 09.10.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 08.11.2018 die ebenfalls beim erkennenden Senat anhängige Berufung eingelegt (L 9 R 3983/18).

In dem hier streitigen Klageverfahren hat das SG – ohne auf eine fehlende Vollmacht des Rentenberaters hinzuweisen – zunächst das Ruhen des Verfahrens mit Beschluss vom 16.12.2013 angeordnet und – nachdem die Beklagte das Verfahren wieder angerufen hatte – die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.10.2018 abgewiesen. Es hat die Klage als zulässig aber unbegründet angesehen und ausgeführt, das SG teile die vom "Klägerbevollmächtigten" aufgeworfenen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit nicht.

Gegen den dem Rentenberater am 09.10.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 08.11.2018 Berufung eingelegt und "auf die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmacht" verwiesen, die für alle Instanzen sowie Neben- und Folgeverfahren gelte. Auf den Hinweis des Berichterstatters, dass keine Bevollmächtigung der Klägerin vorliegt und zu prüfen sein wird, ob eine solche noch für das erstinstanzliche Verfahren ausreichen könne, hat der Rentenberater eine von der Klägerin am 27.05.2019 unterschriebene Vollmacht vorgelegt. Darin ist u. a. vermerkt, dass die Vollmacht für alle Instanzen gelte und sich auf Neben- und Folgeverfahren aller Art erstrecke. Ausführungen zur Sache und eine konkrete Antragstellung sind abgesehen von der Erwähnung des Gerichtsbescheides des SG vom 08.10.2018 im Verfahren S 12 R 3635/16 trotz Aufforderung und Fristsetzung nicht erfolgt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor. Einer Zulassung bedurfte es nicht, da Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Mit Einlegung der Berufung ist noch hinreichend deutlich, dass sich die Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 08.10.2018 wendet und an dem dort zugrunde gelegten Antrag festhält. Anderes hat die Klägerin im Berufungsverfahren trotz Aufforderung auch nicht vorgetragen.

Mit Vorlage einer von der Klägerin am 27.05.2019 unterzeichneten Vollmacht hat der die Berufung einlegende Rentenberater nachgewiesen, zur Prozessführung im Namen der vertretenen Klägerin ermächtigt zu sein. Die Voraussetzungen des § 73 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGG, der bestimmt, dass die Vollmacht schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen ist und nachgereicht werden kann, sind damit für das Berufungsverfahren erfüllt.

Die Klage ist zulässig. Dem steht die während des Klageverfahrens nicht zu den Gerichtsakten eingereichte Vollmacht der Klägerin nicht entgegen.

Nach § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG muss derjenige, der als Prozessvertreter eines anderen auftritt, seine Bevollmächtigung durch schriftliche Vollmacht nachweisen. Fehlt es daran, so hat das Gericht den Mangel der Vollmacht gemäß § 73 Abs. 6 Satz 5 SGG (hier in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2011, BGBl I 3057) von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Diese auf das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts (RBerNG) zurückgehende Vorschrift (ursprünglich § 73 Abs. 6 Satz 4 SGG in der Fassung des RBerNG) zielt nach den Materialien darauf, in Übereinstimmung mit den anderen Verfahrensordnungen künftig auch im sozialgerichtlichen Verfahren den Mangel der Vollmacht nicht mehr von Amts wegen zu überprüfen, wenn als Bevollmächtigter ein Rechtanwalt auftritt (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.03.2019 – L 31 AS 2727/15 –, Rn. 20, juris).

Der hier erforderliche Nachweis der Bevollmächtigung durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht ist im erstinstanzlichen Verfahren nicht geführt worden. Hierzu wäre der Rentenberater, der nicht zumindest auch Rechtsanwalt ist, verpflichtet gewesen. Grundsätzlich gilt deswegen, dass die Klage unzulässig ist, wenn das Vorgehen eines Bevollmächtigten im Rechtsstreit nicht den vorgenannten gesetzlichen Anforderungen entspricht, wenn er also eine Klageschrift ohne schriftliche Prozessvollmacht einreicht. Das Vorhandensein der Vollmacht und die daran geknüpfte Zulässigkeit der Klage sind im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen (so Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB), Beschluss vom 17.04.1984 - 2/83 = GmSOGB SozR 1500 § 73 Nr 4 S 8 = NJW 1984, 2149; BSG SozR 1500 § 73 Nr 5 S 12; BSG SozR 3-1500 § 73 Nr 2 S 3). Von einem vollmachtlosen Vertreter vorgenommene Prozesshandlungen sind unwirksam, wenn auch heilbar. Insbesondere ist eine Klage nicht wirksam erhoben worden und ein Rechtsmittel unzulässig (Hüßtege, in: Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 39. Auflage 2018, § 89 Rn. 9).

Ist – wie hier – keine Prozessvollmacht zu den Gerichtsakten gelangt, bedarf es allerdings, damit das Gericht die Klage ohne Prüfung in der Sache als unzulässig abweisen kann, regelmäßig einer vorherigen schriftlichen richterlichen Aufforderung an den Bevollmächtigten, binnen einer bestimmten Frist die fehlende Vollmachtsurkunde nachzureichen, verbunden mit dem Hinweis, dass die Klage anderenfalls als unzulässig abgewiesen werden kann (so GmSOGB SozR 1500 § 73 Nr. 4 S. 10 f; BSG SozR 1500 § 73 Nr. 5 S 12; BSG SozR 3-1500 § 73 Nr. 2 S. 6). Ein solches prozessuales Vorgehen hat im Verhältnis zu dem vollmachtlos auftretenden Prozessvertreter Anhörungs- und Warnfunktion. Spätestens nach Erhalt dieses richterlichen Schreibens muss sich diesem aufdrängen, dass das Fehlen der Prozessvollmacht, zu dessen Behebung er im Einzelfall aufgefordert worden ist, auch in einem möglicherweise nachfolgenden Rechtsmittelverfahren grundsätzlich nicht mehr geheilt werden kann. Dies gilt schon mit Blick auf die gebotene Straffung und Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens, die nicht durch gewillkürtes Verhalten eines Beteiligten unterlaufen werden können; nur ausnahmsweise, bei Vorhandensein von Gründen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. § 67 SGG), kann davon abgewichen werden. Die zugunsten des Gegners des vollmachtlos Vertretenen bzw. zugunsten von zum Rechtsstreit Beigeladenen wirkende Rechtsklarheit und Rechtssicherheit erfordern gleichermaßen, dass nicht durch einfache nachträgliche Genehmigung einer vollmachtlos erhobenen Klage im nachfolgenden Rechtsmittelverfahren einem ansonsten prozessual ordnungsgemäß ergangenen Urteil wieder die Grundlage entzogen werden könnte (vgl. GmSOBG ebenda S. 11 und BSG, Urteil vom 13.12.2000 – B 6 KA 29/00 R –, SozR 3-1500 § 73 Nr. 9, Rn. 16 m.w.N.).

Die Rechtsfolge einer unzulässigen Klage tritt hier allerdings nicht ein, weil das SG den vollmachtlos auftretenden Vertreter nicht vor Entscheidung über die Klage aufgefordert hatte, seine Bevollmächtigung entsprechend § 73 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGG nachzuweisen. Damit liegt eine Fallkonstellation vor, bei der ausnahmsweise noch eine Heilungsmöglichkeit im nachfolgenden Rechtsmittelverfahren besteht. Die Rechtsprechung des BSG hat eine solche dann angenommen, wenn sich die Vorinstanz in ihrer Entscheidung nicht auf den Umstand der fehlenden Prozessvollmacht gestützt, sondern unbeschadet dessen in der Sache entschieden hat (so BSG, Urteil vom 13.12.2000 – B 6 KA 29/00 R –, SozR 3-1500 § 73 Nr. 9 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 23.01.1986 – 11a RA 34/85 –, SozR 1500 § 73 Nr. 5 [dem allerdings ein Prozessurteil zugrunde lag] und vom 28.11.1985 - 11b/7 RAr 103/84 -, juris). So verhält es sich auch im vorliegenden Fall, weil das SG die Klage nicht abgewiesen hat, weil es diese für unzulässig hielt, sondern für in der Sache unbegründet. Die erforderliche Aufforderung an den vollmachtlosen Vertreter, die Vollmacht vorzulegen, unterblieb. Damit scheidet auch für den Senat ein Maßgabeurteil, die Klage sei als unzulässig abzuweisen gewesen, aus. Denn durch die Vorlage der von der Klägerin unterschriebenen Vollmacht für das Berufungsverfahren ist hinreichend belegt, dass die Klägerin die Prozesshandlungen im erstinstanzlichen Verfahren zumindest genehmigt, wenn zum Zeitpunkt der Klageerhebung eine entsprechende, nicht notwendigerweise schriftlich erteilte Vollmacht nicht vorgelegen haben sollte. Die Erteilung der Vollmacht als Erklärung des Vollmachtgebers gegenüber dem Bevollmächtigten bedarf grundsätzlich keiner Form, die schriftliche Einreichung dient allein dem Nachweis der Vollmacht dem Gericht gegenüber (B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 73 Rdnr. 62). Ein Rechtsmittel, das ohne diese Vollmacht eingelegt wird, ist zunächst schwebend unwirksam, weil das Gericht den vollmachtlosen Prozessbevollmächtigten einstweilen zulassen kann und der Vertretene die bisherige Prozessführung genehmigen und damit wirksam machen kann (§ 177 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]). Dieser Schwebezustand soll nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine begrenzte Zeit andauern, was sich aus § 177 Abs. 2 SGG ergibt, der die Erklärung der Genehmigung von einer entsprechenden Aufforderung abhängig macht. Es ist daher in den Fällen, in denen eine Aufforderung und Fristsetzung durch das SG nicht ergeht, sachgerecht, diesen Schwebezustand durch eine Entscheidung des SG noch nicht als beendet anzusehen. Im anderen Fall, nach Aufforderung, Fristsetzung und Prozessurteil ist die Sachlage anders, weil die schwebende Unwirksamkeit des Rechtsmittels mit Erlass der Entscheidung beendet ist, denn der vollmachtlose Vertreter ist durch die Entscheidung zurückgewiesen worden, das Rechtsmittel endgültig unzulässig (vgl. BSG, Beschluss vom 03.06.2008 – B 2 U 312/07 B –, juris).

Gegenstand der statthaften Anfechtungs- und Leistungsklage ist zunächst der Bescheid vom 16.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2013, mit welchem die Beklagte die beantragte Altersrente bewilligte und wogegen sich die Klägerin mit der Begründung wandte, ihr stehe eine höhere Rente wegen der nicht mit Entgeltpunkten bewerteten Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung in der Zeit vom 01.12.1967 bis 31.07.1971 zu. Nach Rücknahme der Beitragserstattung mit Bescheid vom 20.03.2015 und unter Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten erließ die Beklagte unter dem 18.08.2015 einen neuen Regelaltersrentenbescheid, mit dem sie der Klägerin eine höhere Regelaltersrente bewilligte und Leistungen für den Zeitraum 01.06.2010 bis 30.09.2015 nachzahlte. Dieser Bescheid ist Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens geworden.

Nach § 96 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Klageerhebung dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer, wenn er denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsbescheid betrifft bzw. wenn in dessen Regelung eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (vgl. nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 96 RdNr. 4 ff. m. w. N.). Der Bescheid vom 16.09.2013 enthält indes mehrere Regelungen (vgl. hierzu BSG, Vorlagebeschluss vom 30.03.2004 – B 4 RA 24/02 R –, juris). Streitig ist vorliegend allein ein höherer Geldwert als Monatsbetrag des Rechts auf Altersrente, wobei sich die Klägerin nur gegen die Nichtberücksichtigung der Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung im beantragten Zeitraum wendet. Die weiteren Verfügungssätze, wie die Zuerkennung des Rechts auf Altersrente und die Festsetzung des Rentenbeginns, waren nicht angefochten und stehen nicht im Streit. Widerspruch und Klage der Klägerin gegen den Bescheid vom 18.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2017 verfolgen kein anderes Ziel, da die Klägerin – wie sich dem Widerspruch vom 16.09.2015 entnehmen lässt, auch gegen diesen Bescheid die Nichtberücksichtigung der genannten Zeiten einwendet und auch in diesem Verfahren die Gewährung einer höheren Altersrente begehrt. Der Bescheid vom 18.08.2015 hat damit den Bescheid vom 16.09.2013 aufgrund der vorgenommenen Neuberechnung ab Rentenbeginn unter Berücksichtigung weiterer bislang nicht berücksichtigter rentenrechtlich relevanter Zeiten vollständig ersetzt und die Beschwer der Klägerin zwar gemindert, aber nicht vollständig behoben. Die weiteren Voraussetzungen der Einbeziehung sind erfüllt, nachdem der Bescheid am 18.08.2015 erlassen und der Klägerin vor der Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid vom 08.10.2018 bekanntgegeben wurde (vgl. deren Widerspruch vom 16.09.2015). Im beim SG bereits anhängig gewesenen Verfahren hat die Beklagte den Bescheid nicht vorgelegt (§ 96 Abs. 2 SGG), sie selbst ging unzutreffend davon aus, dass der Widerspruch hiergegen statthaft ist, wie die Rechtsbehelfsbelehrung, die dem Bescheid angefügt war, belegt.

Da das SG die Einbeziehung des Rentenbescheids in das Klageverfahren gemäß § 96 SGG übersehen hat, ist im Berufungsverfahren - also im Wege einer Überprüfung des Gerichtsbescheides des SG - über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides zu entscheiden (vgl. hierzu BSG. Urteil vom 26.05.2011 – B 10 EG 12/10 R –, SozR 4-7837 § 4 Nr. 2; Leitherer, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 96 RdNr. 12a; Keller, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 140 RdNr 2a; Leitherer, a. a. O., § 143 RdNr. 1b). Eine entsprechende konkludente Klageänderung ist gemäß § 99 Abs. 1 SGG im vorliegenden Fall jedenfalls sachdienlich. Auf Klage - also als erste Instanz - ist nur über einen während des Berufungsverfahrens erlassenen neuen Verwaltungsakt im Sinne des § 96 Abs. 1 SGG zu entscheiden (BSG, Urteil vom 26.05.2011 – B 10 EG 12/10 R –, SozR 4-7837 § 4 Nr. 2, Rn. 17). Dementsprechend war das Begehren der Klägerin auch auszulegen.

Das SG hat die Klage zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Mit dem Bescheid vom 18.08.2015 hat die Beklagte die Altersrente der Klägerin zutreffend berechnet. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berücksichtigung nachgewiesener Zeiten und eine unzutreffende Berechnung der Altersrente (§§ 64, 66 SGB VI) ergeben sich nicht. Dieses und dass die Rente nicht nach den zum Zeitpunkt der Rentenbewilligung geltenden Recht bemessen worden ist, macht auch die Klägerin nicht geltend. Soweit sie die Nichtberücksichtigung der Schul- und Hochschulausbildung moniert, ergibt sich nichts anderes. Insoweit kann sie ihren Anspruch lediglich auf die Verfassungswidrigkeit der zum 01.05.2005 in Kraft getretenen Regelungen stützen. Dieser angesichts der hierzu bereits vorliegenden zahlreichen Rechtsprechung einschließlich einer Nichtannahme der Verfassungsbeschwerden gegen die Entscheidungen des BSG durch das BVerfG (Nichtannahmebeschluss vom 18.05.2016 – 1 BvR 2217/11 –, juris) völlig unsubstanziiert gebliebene Vortrag der Klägerin vermag Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der §§ 74 Satz 4 und 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI zur Bewertung von Schul- und Hochschulzeiten nicht zu begründen, weshalb der Rechtsstreit auch nicht auszusetzen und dem BVerfG vorzulegen war (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz [GG]). Denn der erkennende Senat hält die seit 01.01.2005 geltenden Vorschriften in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Rentensenate des Landessozialgerichts Baden-Württemberg und der Rechtsprechung des BSG nicht für verfassungswidrig (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.2019 – L 4 R 918/18 –, vom 13.12.2017 – L 5 R 1638/17 und L 5 R 2211/17 –, vom 16.04.2013 – L 11 R 2667/11 –, ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11.01.2018 – L 3 R 347/17 – im Anschluss an die Rechtsprechung des BSG, Urteile vom 19.04.2011 – B 13 R 27/10 R –, – B 13 R 55/10 R –, – B 13 R 8/11 R –, alle juris).

Hintergrund der von der Klägerin geltend gemachten Verfassungswidrigkeit ist, dass im Rahmen der begrenzten Gesamtleistungsbewertung nach der Rechtslage bis zum 31. Dezember 2004 alle beitragsfreien Anrechnungszeiten einer schulischen Ausbildung (Zeiten des Besuchs einer Schule, Fachschule oder Hochschule oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach dem vollendeten 17. Lebensjahr, § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4, § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI), einheitlich für die Dauer von höchstens 36 Monaten mit 75 %, höchstens jedoch 0,0625 Entgeltpunkten je Kalendermonat (insgesamt also maximal 2,25 Entgeltpunkten) bewertet wurden (§ 74 SGB VI zuletzt in der Neufassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 19.02.2002, BGBl I S. 754, geändert durch Art. 5 Nr. 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres und anderer Gesetze (FSJ - Förderungsänderungsgesetz - FSJGÄndG) vom 27.05.2002, BGBl I S. 1667, und durch Art. 3 Nr. 2 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I S. 4607). Nach der Neuregelung des § 74 Satz 4 SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 13 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes werden Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung ab 01.01.2005 grundsätzlich nicht mehr rentenerhöhend berücksichtigt. Die Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 55 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes mildert diese Regelung für die rentennahen Jahrgänge ab. Danach werden Zeiten einer Schul- oder Hochschulausbildung bis zu einer Höchstdauer von drei Jahren weiterhin rentenerhöhend berücksichtigt, jedoch in Abhängigkeit vom Rentenbeginn nicht - wie bisher - mit 75 % höchstens jedoch 0,0625 Entgeltpunkten je Kalendermonat, sondern mit einem sich stufenweise in monatlichen Schritten von 1,56 % beziehungsweise 0,0013 Entgeltpunkten mindernden und sich aus der Tabelle des § 263 Abs. 3 Satz 4 SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 55 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes ergebenden niedrigeren Prozentwert beziehungsweise Entgeltpunktewert. Bei einem Renteneintritt ab 01.01.2009 ist die rentenerhöhende Wirkung von Zeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung auf Null abgeschmolzen. Zeiten einer beruflichen Ausbildung, einer Fachschulausbildung sowie der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden nach § 74 Satz 1 bis 3 SGB VI in der Fassung des Art. 1 Nr. 13 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes dagegen auch nach dem 01.01.2005 im Rahmen der begrenzten Gesamtleistungsbewertung für insgesamt höchstens 36 Monate wie bisher bewertet. Damit hat der Gesetzgeber die Bewertung von beitragsgeminderten Zeiten der beruflichen Ausbildung (§ 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI), die nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes in größerem Umfang berücksichtigungsfähig waren, der Bewertung von beitragsfreien Zeiten einer Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme angeglichen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 18.05.2016 – 1 BvR 2217/11 –, Rn. 2-5, juris).

Diese Neuregelung mit Wirkung ab dem 01.01.2005 ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG verfassungsgemäß (BSG, Urteile vom 19.04.2011, siehe hierzu bereits die Zitate oben). Diesen Ausführungen schließt sich der Senat in vollem Umfang an. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG oder das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 i. V. m. Art. 28 Abs. 1 GG vor (BSG a. a. O.). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG ist nicht zu prüfen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung - hier einen zutreffend langen Übergangszeitraum - gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner - hier bestehenden weiten - Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl. BVerfG, 16.10.1979 – 1 BvL 51/79 –, BVerfGE 52, 277, 280 f; BVerfG, 28.11.1984 – 1 BvR 1157/82 –, BVerfGE 68, 287, 301; BVerfG, 29.11.1989 – 1 BvR 1402/87 –, – 1 BvR 1528/87 –, BVerfGE 81, 108, 117 f; BVerfG 08.10.1991, – 1 BvL 50/86 –, BVerfGE 84, 348, 359). Dies ist vorliegend auch im Hinblick auf die Übergangsfrist nicht der Fall.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Einwendungen des Bevollmächtigten der Klägerin nochmals ausführlich in der Entscheidung des 5. Senats (Urteil vom 13.12.2017 – L 5 R 1638/17 –, juris) gewürdigt wurden. Die hiergegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat das BSG mit Beschluss vom 14.06.2018 (B 5 R 18/18 R) unter Verweis auf eine nicht erfolgte Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) als unzulässig verworfen. Neues hat der Bevollmächtigte der Klägerin auch in diesem Verfahren nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen der Klägerin in beiden Instanzen.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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