Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 AL 2961/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3330/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 09.08.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 01.03.2017 bis zum 08.08.2017 und die damit verbundene Rückforderung von 3.435 EUR.
Die Klägerin war befristet vom 0.05.2014 bis zum 31.10.2016 als Produktionsmitarbeiterin bei der Firma B. S. GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Befristung zum 31.10.2016.
Auf den Antrag der Klägerin vom 04.08.2016 mit Wirkung zum 02.11.2016 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 30.11.2016 in der Fassung zum Änderungsbescheid vom 21.03.2017 der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.11.2016 bis zum 30.10.2017 mit einem täglichen Leistungsbetrag von 22,90 EUR. Im Antrag hatte die Klägerin die Adresse A., M. angegeben und verzog zum 01.02.2017 nach L. , B ...
Die Klägerin nahm im Zeitraum von März bis Mai 2017 an einer von der Beklagten gewährten Maßnahme in Form eines Deutschsprachkurses teil und schloss mit der Beklagten auch eine Eingliederungsvereinbarung am 04.05.2017 mit Gültigkeit bis zum 30.04.2018 ab.
Die Klägerin teilte am 09.08.2017 mit, dass sie eine neue Adresse (L., B.) habe. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin am 08.08.2017 mit, dass sie sich ab dem 01.03.2017 in B. angemeldet habe. Die Klägerin erklärte gegenüber der Beklagten telefonisch am 09.08.2017, dass sie die Mitteilung des Umzuges nach B. vergessen habe, sie habe trotzdem die Maßnahme in Mannheim angetreten. Nach Rücksprache mit dem Teamleiter und der Maßnahmebetreuerin teilte die Beklagte mit, die Maßnahme in Mannheim werde abgebrochen. Die Klägerin solle sich umgehend persönlich bei der zuständigen Arbeitsagentur in Schwetzingen arbeitslos melden.
Mit Bescheid vom 10.08.2017 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach § 136 SGB III ab dem 01.03.2017 auf, da die Verfügbarkeit weggefallen sei.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 04.09.2017 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.03.2017 nach § 48 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III auf, da die Klägerin ab dem 01.03.2017 nicht verfügbar gewesen sei, da sie postalisch nicht zu erreichen war. Der überzahlte Betrag für den Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 in Höhe von 3.435 EUR sei von der Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Mit Bescheid vom 04.09.2017 verlangte die Beklagte die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.03.2017 bis 31.07.2017 über 992,91 EUR (Krankenversicherungsbeiträge) und über 162,30 EUR.
Mit Bescheid vom 05.09.2017 bewilligte die Beklagte wieder Alg ab 09.08.2017.
Die Klägerin erhob am 07.09.2017 bei einer persönlichen Vorsprache Widerspruch gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden und teilte zur Begründung mit, dass sie am 01.03.2017 nach B. umgezogen sei und dies erst am 09.08.2017 mitgeteilt habe. Sie sei jedoch postalisch erreichbar gewesen und habe alle Termine wahrgenommen. Auch habe sie an der Maßnahme ab dem 07.08.2017 teilgenommen. Sie bitte daher um Prüfung der Aufhebung der Erstattung.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2017 zurück und führte zur Begründung an, dass der Arbeitslose sicherstellen müsse, dass die Agentur für Arbeit ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen könne. Die Klägerin habe zuletzt der Agentur für Arbeit die Anschrift "A. in Mannheim" genannt. Sie habe den Umzug vom 01.03.2017 nach B. erst am 09.08.2017 mitgeteilt. Sie habe sogar noch am 04.05.2017 bei der Agentur für Arbeit eine Eingliederungsvereinbarung unter ihrer eigenen Adresse unterschrieben. Weshalb sie der Agentur für Arbeit ihre neue Adresse solange verschwiegen habe, wisse nur die Klägerin selbst. Sie habe damit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten vom 01.03.2017 bis zum 08.08.2017 nicht zur Verfügung gestanden und sei nicht arbeitslos im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III gewesen. Sie habe daher keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SBG X sei die Leistungsbewilligung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, wenn der Betroffene seiner Mitteilungspflicht nach § 60 Abs. 1 SGB I vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei oder der Betroffene bei Beachtung seiner Sorgfaltspflicht zumindest hätten wissen müssen, dass der Leistungsanspruch ganz oder teilweise weggefallen sei. In diesen Fällen müsse der Bewilligungsbescheid nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ab Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Die Klägerin habe eine Veränderung in ihren tatsächlichen Verhältnissen nicht unverzüglich, sondern erst am 09.08.2017 mitgeteilt, obwohl sie nach § 60 Abs. 1 SGB I zur unverzüglichen Mitteilung verpflichtet gewesen sei. Es seien daher gezahlte Leistungen in Höhe von 3.435 EUR zu erstatten.
Die Klägerin erhob am 28.09.2017 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) und verwies zur Klagebegründung auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, dass ein atypischer Fall vorliege, welcher den Leistungsträger berechtige bzw. verpflichte nach seinem Ermessen von der rückwirkenden Aufhebung abzuweichen also etwa auf die Aufhebung ganz oder teilweise zu verzichten und einen anderen Zeitpunkt zu bestimmen. Vorliegend sei angesichts der eingeschränkten Mitwirkung erkennbar, dass sie die Mitteilung nicht bewusst oder vorsätzlich verletzt habe und alle Anschreiben der Beklagten auf Grund des erteilten Nachsendeantrages, welcher als Anlage vorgelegt werde, entsprechend reagiert habe. Sie habe nachweislich zur Verfügung gestanden und zusätzlich an einem Sprachkurs teilgenommen um ihre Marktchancen aufzubessern. Damit könne ihr insgesamt keine fehlende Mitwirkung unterstellt werden auch wenn sie den Wohnungswechsel nicht mitgeteilt habe, was sie selbstverständlich bereue. Auch liege eine wirtschaftliche Bedrängnis aus der Rückforderung auf der Hand.
Die Beklagte trug zur Klageerwiderung vor, dass die Klägerin den Umzug ab dem 01.03.2017 erst am 09.08.2017 mitgeteilt habe und somit gegen ihre Mitteilungspflichten verstoßen habe. Sie habe ein Merkblatt erhalten welches darüber informiere, dass sie den Umzug direkt bei der Beklagten melden müsse. Sie sei auch von dem zuständigen Arbeitsvermittler im Beratungsgespräch ausdrücklich auf die bestehenden Meldepflichten hingewiesen worden. In diesem Beratungsgespräch sei sogar eine Bekannte der Klägerin dabei gewesen die als Dolmetscherin fungiert habe.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09.08.2018 ab und führte zur Begründung aus, dass die Klägerin einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Sie habe der Beklagten eine Änderung ihres Wohnsitzes von Mannheim nach B. nicht unverzüglich mitgeteilt, obwohl ihr zumindest auf Grund des ausgehändigten Merkblattes bewusst gewesen sein musste, dass eine Adressänderung mitzuteilen war. Sie habe daher mangels Erreichbarkeit für die Beklagte die Anspruchsvoraussetzung Arbeitslosigkeit in der Zeit vom 01.03.2017 bis zum 08.08.2017 nicht mehr erfüllt. Die Sicherstellung der jederzeitigen Erreichbarkeit an jedem Werktag am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der vom Beschäftigungslosen benannten Anschrift (Wohnung durch Briefpost) werde auch durch einen Postnachsendeauftrag nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20.06.2001 B 11 AL 10/01 R) nicht erfüllt.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 15.08.2018 zugestellten Gerichtsbescheid am 17.09.2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben und hat zur Berufungsbegründung auf den erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin verwiesen. Zudem hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie ununterbrochen für die Beklagte zur Verfügung gestanden sei und zumindest die Zeiträume aus der Aufhebung der Leistungen herausgenommen werden müssten in denen sich die Klägerin mithin persönlich bei der Beklagten vorgestellt habe und an einem Sprachkurs oder einer Maßnahme der Beklagten nachweislich teilgenommen habe. Der vorliegende Fall sei als atypischer Fall zu beurteilen. Hätte die Klägerin durch die fehlende Adressmitteilung die Beklagte täuschen wollen, oder sich der Maßnahme entziehen wollen, so hätte sie nicht zur Verfügung gestanden oder hätten nicht auf die Anschreiben der Beklagten reagiert.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 09.08.2018 und den Bescheid der Beklagten vom 04.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass die Klägerin unstreitig gestellt habe, dass sie ihre Adresse geändert habe ohne dies der Beklagten mitzuteilen. Postnachsendeantrag genüge jedoch nicht um die Erreichbarkeit anzunehmen. Es treffe zwar zu, dass die Klägerin am 04.05.2017 eine Eingliederungsvereinbarung unterschrieben habe und auch an einer Maßnahme im August 2017 teilgenommen habe. Verfügbarkeit könne dennoch nicht unterstellt werden. Die Klägerin sei zudem in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Agentur für Arbeit verzogen. Aufgrund der Ausführungen im Merkblatt hätte die Klägerin wissen müssen, dass eine Anschriftenänderung sofort mitzuteilen ist und eine Verletzung der Mitteilungspflicht leistungsrechtliche Folgen nach sich ziehen könne. Das Merkblatt sei der Klägerin bei ihrer persönlichen Vorsprache am 02.11.2016 ausgehändigt worden, wie der Verbis-Vermerk vom 02.11.2016 ergebe. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Vorschrift nicht verstanden habe, lägen nicht vor. Die Klägerin mache auch nicht geltend, dass sie die Mitteilungspflicht bezüglich eines Umzugs nicht gekannt habe. Die Klägerin habe das Online-Antragformular verwendet, bei dem es technisch nur dann möglich sei, Alg zu beantragen, wenn man das Feld "Ich habe vom Inhalt des Merkblattes 1 für Arbeitslose Kenntnis genommen" ankreuze.
Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats die Verbis Beratungsvermerke im Zeitraum vom 09.01.2017 bis zum 16.08.2017 sowie Unterlagen über die Kenntnisnahme des Merkblatts 1 im Rahmen der Antragstellung vorgelegt (vgl. Bl. 38 bis 56 sowie Bl. 75/77 der Senatsakte).
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt (Beklagte Schreiben vom 29.08.2019, Klägerin Schreiben vom 09.09.2019).
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 04.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Bewilligung von Alg im Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 zu Recht aufgehoben und die Erstattung in Höhe von 3.435 EUR festgesetzt. Das SG hat die statthafte isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zu Recht abgewiesen.
Soweit sich die Klägerin nach ihrem Antrag gegen die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 08.08.2017 wendet, hat die Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden nur die Bewilligung für den Zeitraum ab 01.03.2017 aufgehoben. Nachdem Alg bereits bis 31.07.2017 bezahlt war, war dieses Alg i.H.v. entsprechend 3.435 EUR (150 Tage Arbeitslosengeld mit einem kalendertäglichen Zahlbetrag von 22,90 Euro) zurückzufordern. Die Aufhebung der Alg-Bewilligung wirkte daher auch bis 08.08.2017, die Beklagte hat erst ab 09.08.2017 Alg wieder bewilligt; diese Bewilligung steht vorliegend aber nicht im Streit. Nachdem Alg nur bis 31.07.2017 bezahlt war, hat die Beklagte auch nur bis 31.07.2017 zur Erstattung gefordert. Eine Erstattung für die Zeit vom 01.08. bis 08.08.2017 ist nicht erfolgt.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind auch die Bescheide vom 10.08.2017 mit dem Alg ab 01.03.2017 aufgehoben worden war und vom 04.09.2017, mit den die Klägerin zur Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen verpflichtet worden war. Gegen diese Bescheide hat die Klägerin am 09.09.2017 fristgerecht Widerspruch eingelegt, denn dieser erfasst nicht nur den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 04.09.2017, sondern auch die Bescheide vom 10.08.2019 und 04.09.2017. Denn die Klägerin hat in der Begründung des Widerspruchs deutlich gemacht, dass sie sich insgesamt gegen die Aufhebung des Alg und die Erstattungsforderungen der Beklagten wendet, mithin auch die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. Diese Verfahren sind auch nicht noch offen, denn der Widerspruchsbescheid der Beklagten und der Gerichtsbescheid des SG haben zu erkennen gegeben, dass diese umfassend über die Rechtsbehelfe der Klägerin entschieden haben, damit auch über die Bescheide vom 10.09.2017 und 09.09.2017.
Der Bescheid vom 04.09.2017, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Alg ab dem 01.03.2017 aufgehoben hat und einen überzahlten, von der Klägerin zu erstattenden Betrag, in Höhe von 3450 EUR für den Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 festgesetzt hat, ist nicht schon deswegen rechtswidrig, weil die Beklagte die Klägerin vor Erlass des Bescheides vom 04.09.2017 nicht angehört hat. Eine Anhörung erfolgte erst mit dem Schreiben vom 04.09.2017 und auch lediglich zu einer möglichen Aufrechnung der Rückforderung mit den Leistungsansprüchen der Klägerin. Soweit daher eine Anhörung zur Aufhebung und Erstattung ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 fehlt, war der Bescheid vom 04.09.2017 zunächst rechtswidrig. Diese Rechtswidrigkeit wurde aber nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids rückwirkend dadurch geheilt, dass die Anhörung im Widerspruchsverfahren nachgeholt wurde; die Klägerin hat sich insoweit in Kenntnis der maßgeblichen Bescheide inhaltlich zur Sache geäußert, wodurch der Anhörungsmangel geheilt wurde.
Der Bescheid vom 04.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2017 ist auch nicht mangels Bestimmtheit (§ 33 Abs. 1 SGB X) formell rechtswidrig und aufzuheben. Zwar ist den genannten Bescheiden nicht zu entnehmen, welche konkreten Bewilligungsbescheide aufgehoben wurden. Das ist aber nicht erforderlich. Denn durch Auslegung des Bescheides vom 04.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2017 anhand eines objektivierten Empfängerhorizontes ist hinreichend deutlich, dass die Bewilligung von Alg ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 in vollem Umfang aufgehoben und die Erstattung überzahlten Algs festgesetzt worden war. Insoweit mag es zwar mit dem Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 30.11.2016 und dem Änderungsbescheid vom 21.03.2017 mehrere Bewilligungsbescheide geben, doch war diesen hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der Klägerin letztlich nur einmal Alg bewilligt werden sollte. Diese Bewilligung war mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid hinreichend deutlich aufgehoben worden. Damit liegt keine Unbestimmtheit der getroffenen Regelungen vor.
Rechtsgrundlage der Aufhebung von Alg ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III, denn nach Erlass der Bewilligungs- bzw. Änderungsbescheide vom 30.11.2016 und vom 21.03.2017 ist in den tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnissen, die bei dem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Klägerin war ab dem 01.03.2017 mangels Verfügbarkeit nicht mehr arbeitslos, weshalb ihr kein Anspruch auf Alg mehr zustand. Diese Änderung ist auch erst nach Erlass der (Bewilligungs-)Bescheide vom 30.11.2016 und vom 21.03.2017 eingetreten. Denn der Bescheid vom 30.11.2016 ist mit Bekanntgabe nach § 37 Abs. 2 SGB X bereits am 02.12.2016 wirksam geworden (§ 39 Abs. 1 SGB X), mithin vor Wegfall des Alg-Anspruchs. Soweit der Bescheid vom 21.03.2017 lediglich dahingehend verstanden wird, dass dieser zusätzlich zum Bescheid vom 30.11.2016 Alg vom 01.11. bis 07.11.2016 bewilligt, wäre diese Regelung von der durch den Wegfall der Verfügbarkeit, mithin der Arbeitslosigkeit als Voraussetzung des Alg-Anspruchs, nicht berührt.
Die Klägerin war ab dem 01.03.2017 nicht mehr arbeitslos. Dies hat das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt. Der Senat kommt nach eigener Prüfung zu demselben Ergebnis.
Nach § 137 SGB III hat Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit hat, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Arbeitslos ist gem. § 138 Abs. 1 SGB III, wer Arbeitnehmer ist und 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht nach § 138 Abs. 5 SGB III zur Verfügung, wer 1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, 2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, 3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben, und 4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Erreichbarkeitsanordnung (EAO) muss der Arbeitslose in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit möglichen Arbeitgebern oder Trägern einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Dazu hat der Arbeitslose nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann.
Die Klägerin ist ab dem 01.03.2017 von ihrer Wohnadresse "A., M." nach "L., B. " umgezogen und hat dies der Beklagten erst am 07.08.2017 mitgeteilt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat konnte daher feststellen, dass die Klägerin ab dem 01.03.2017 nicht mehr, mindestens einmal täglich an der von ihr angegebenen Adresse per Briefpost erreichbar, somit nicht mehr verfügbar und damit auch nicht arbeitslos war. Sie hatte vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 damit auch keinen Anspruch auf Alg.
Dass die in der Nichterreichbarkeit ausdrückende fehlende Verfügbarkeit sich erstmals am 07.08.2017 gezeigt hatte, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn die Klägerin war nach 60 SGB I verpflichtet, von sich aus den Umzug unverzüglich mitzuteilen. Dass die Beklagte vor dem 07.08.2017 keine Kenntnis vom dem Umzug hatte, beruht daher auf der Tatsache, dass die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht, wie sie selbst einräumt, verspätet nachgekommen ist. Die Klägerin selbst stellt nicht in Abrede, dass sie es versäumt hat, den Umzug rechtzeitig und zeitnah der Beklagten mitzuteilen. Ob der Klägerin bewusst war, dass mit ihrem Umzug eine andere Agentur für Arbeit zuständig geworden war, ist unerheblich. Denn die Verfügbarkeit i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 3 SGB III sowie die Erreichbarkeitsanordnung stellen nicht darauf ab, ob sich die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit ändert, sondern darauf, ob der Arbeitslose durch Briefpost an der von ihm angegebenen Adresse einmal täglich erreichbar ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2 EAO); das war die Klägerin nach den Feststellungen des Senats ab dem 01.03.2017 nicht mehr. Maßgeblich ist insoweit auch nicht, dass die Klägerin die Agentur der Beklagten tatsächlich erreicht hat, sondern dass die Beklagte die Klägerin an jedem Werktag an der von dieser angegebenen Anschrift per Post erreicht.
Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin einen Nachsendeauftrag eingerichtet hatte und die Schreiben der Beklagten hierüber, wie sie vorträgt, erhalten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 20.06.2001, B 11 AL 10/01 R, SozR 3-4300 § 119 Nr. 3; Urteil vom 24.04.1997, B 11 Rar 89/96, juris), welcher der Senat folgt, (vgl. Beschluss vom 22.05.2018, L 8 AL 932/18 PKH-B n.v.) obliegt es arbeitslosen Leistungsbeziehern, dem zuständigen Arbeitsamt einen Wohnungswechsel persönlich und unverzüglich mitzuteilen; ein rechtzeitiger Postnachsendeauftrag genügt dem regelmäßig nicht. Die Voraussetzungen der Leistungen wegen Arbeitslosigkeit sollten gerade nicht von den Zufälligkeiten der Postzustellung abhängig sein. Werde ein Postnachsendeauftrag in der Weise abgewickelt, dass der Postzusteller die neue Anschrift auf der Postsendung vermerke, sei ein Zeitverlust auch dann unvermeidbar, wenn die Agentur für Arbeit der Nachsendung nicht widerspräche, so das LSG. Die Forderung des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO, die "persönliche" Erreichbarkeit zu gewährleisten, entspreche dem Zweck des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III nicht nur, weil sie einer effektiven Arbeitsvermittlung diene, sondern auch weil sie Leistungen bei Arbeitslosigkeit an klare Verhaltensmaßstäbe knüpfe. Letzteres liege sowohl im wohlverstandenen Interesse der Arbeitslosen selbst als auch einer effektiven Arbeitsverwaltung, so das LSG. Es ist somit auch irrelevant, dass die Klägerin die von der Beklagten vorgeschlagenen Maßnahmen absolviert hat und auch die von der Beklagten unterbreitete Eingliederungsvereinbarung am 04.05.2017 unterzeichnet hat, da es sich um eine fortlaufende Erreichbarkeit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO handelt. Dass der Nachsendeauftrag vorliegend nicht ausreichen kann, die persönlich postalische Erreichbarkeit der Klägerin zu gewährleisten, ergibt sich auch schon daraus, dass dieser nur die Zeit ab 21.03.2017 erfasst, die Klägerin aber schon zum 01.03.2017 umgezogen war.
Zutreffend hat das SG auch entschieden, dass die Bewilligung von Alg ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017, mithin rückwirkend ab Änderung der Verhältnisse aufzuheben war. Insoweit hat das SG zutreffend die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III angenommen.
Der Senat folgt nach eigener Prüfung der Beurteilung durch das SG und verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG. Insoweit weist der Senat lediglich ergänzend darauf hin, dass die Klägerin laut dem Vermerk auf Blatt 1/1 der Verwaltungsakte bei der Übermittlung des Online–Formulars am 03.11.2016 die Kenntnisnahme des Merkblatts bestätigt hat. Dies belegen auch die von der Beklagten mit Schreiben vom 22.08.2019 vorgelegten Unterlagen, wonach ein Antrag auf Arbeitslosengeld online technisch nur erfolgreich abgesandt werden kann, wenn die Kenntnisnahme des Merkblatt 1 durch Anklicken vom Antragsteller bestätigt wird. Das hat die Klägerin getan. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass sie das Feld nicht angeklickt oder den Antrag anderweitig der Beklagten übermittelt habe. Durch das Anklicken des Feldes im Online–Antragsformular hat die Klägerin somit die Kenntnisnahme des Merkblatts in gleicher Weise bestätigt wie bei einer schriftlichen Antragstellung durch Unterschrift in dem entsprechenden Feld (vgl. hierzu auch zum Widerruf eines Bescheides über die Gewährung einer Umweltprämie, Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24. Juli 2013, 9 A 1238/12, juris). In dem Merkblatt wird hinreichend deutlich darauf hingewiesen worden war, dass Adressänderungen mitzuteilen sind. Auch der Bewilligungsbescheid vom 30.11.2016 weist auf die Rechte und Pflichten als Arbeitsloser hin und führt auch ausdrücklich auf, dass jede leistungserhebliche Änderung der Verhältnisse mitzuteilen ist. Insoweit war der Klägerin zumindest in Folge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt, dass sie ab dem 01.03.2017 mangels Verfügbarkeit keinen Anspruch auf Alg hatte. Damit war nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III die Bewilligung von Alg ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 aufzuheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auch kein sogenannter atypischer Fall vor, welcher eine Ermessensausübung der Beklagten erfordert. Ermessen ist auch in so genannten atypischen Fällen nach § 330 Abs. 3 SGB III nicht auszuüben (BSG, Urteil vom 09.02.2006, B 7a AL 58/05 R; Urteil vom 05.06.2003, B 11 AL 70/02 R, beide juris). Insofern kommt auch eine Herausnahme der Zeiträume, in denen die Klägerin sich in einer von der Beklagten geförderten Maßnahme befand, nicht in Betracht.
Selbst wenn man der Änderungsbescheid vom 21.03.2017 dahingehend verstehen wollte, dass dieser nicht nur Alg für die Zeit vom 01.11. bis zum 07.11.2016, sondern auch Alg für die Zeit ab 08.11.2016, mithin auch ab 21.03.2017, bewilligt hat, war dieser Bescheid nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III mit Wirkung ab 01.03.2017 zurückzunehmen.
Der Klägerin war anhand des Merkblatts, dessen Kenntnisnahme sie bestätigt hatte, bekannt, dass sie an jedem Tag per Post erreichbar sein muss und daher ihre jeweils gültige Adresse mitzuteilen hat. Ihr war auch bekannt, dass die Erreichbarkeit Voraussetzung des Alg - Anspruchs ist, und der Wegfall Auswirkungen auf den Leistungsanspruch hat. Das hat die Klägerin dem Merkblatt entnommen. Hat sie das Merkblatt aber nicht gelesen oder erinnert, so hat sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, Halbsatz 2 SGBX), mithin nicht das geben, aus jedem verständig denkenden Menschen als der Erforderliche erschienen wäre. Damit konnte der Klägerin, trotz der anfänglichen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts vom 21.03.2017, weder Vertrauensschutz zu, noch musste die Beklagte Ermessen ausüben (§330 Abs. 2 SGB III).
Dass die Beklagten ihre Entscheidung auf § 48 SGB X gestützt hat, ist insoweit unerheblich, da die Voraussetzungen auch des § 45 SGB X erfüllt sind und den von der Beklagten ausgesprochenen Tenor stützen.
Die Klägerin hat vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 Alg zu Unrecht erhalten, die sie nach Aufhebung der Alg - Bewilligung ab dem 01.03.2017 nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten hat. Die Klägerin hat hiergegen keine rechnerischen Einwendungen erhoben, der Senat konnte nach eigener Prüfung keine Berechnungsfehler feststellen. Die Klägerin hat der Beklagten daher 3.435 EUR zu erstatten.
Zudem hat die Klägerin infolge des Wegfalls des Anspruchs auf Alg im Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 992,91 EUR und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 162,30 EUR gemäß § 335 SGB III zu erstatten.
Vor diesem Hintergrund war die Berufung der Klägerin ohne Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 01.03.2017 bis zum 08.08.2017 und die damit verbundene Rückforderung von 3.435 EUR.
Die Klägerin war befristet vom 0.05.2014 bis zum 31.10.2016 als Produktionsmitarbeiterin bei der Firma B. S. GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Befristung zum 31.10.2016.
Auf den Antrag der Klägerin vom 04.08.2016 mit Wirkung zum 02.11.2016 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 30.11.2016 in der Fassung zum Änderungsbescheid vom 21.03.2017 der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem 01.11.2016 bis zum 30.10.2017 mit einem täglichen Leistungsbetrag von 22,90 EUR. Im Antrag hatte die Klägerin die Adresse A., M. angegeben und verzog zum 01.02.2017 nach L. , B ...
Die Klägerin nahm im Zeitraum von März bis Mai 2017 an einer von der Beklagten gewährten Maßnahme in Form eines Deutschsprachkurses teil und schloss mit der Beklagten auch eine Eingliederungsvereinbarung am 04.05.2017 mit Gültigkeit bis zum 30.04.2018 ab.
Die Klägerin teilte am 09.08.2017 mit, dass sie eine neue Adresse (L., B.) habe. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin am 08.08.2017 mit, dass sie sich ab dem 01.03.2017 in B. angemeldet habe. Die Klägerin erklärte gegenüber der Beklagten telefonisch am 09.08.2017, dass sie die Mitteilung des Umzuges nach B. vergessen habe, sie habe trotzdem die Maßnahme in Mannheim angetreten. Nach Rücksprache mit dem Teamleiter und der Maßnahmebetreuerin teilte die Beklagte mit, die Maßnahme in Mannheim werde abgebrochen. Die Klägerin solle sich umgehend persönlich bei der zuständigen Arbeitsagentur in Schwetzingen arbeitslos melden.
Mit Bescheid vom 10.08.2017 hob die Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach § 136 SGB III ab dem 01.03.2017 auf, da die Verfügbarkeit weggefallen sei.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 04.09.2017 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 01.03.2017 nach § 48 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III auf, da die Klägerin ab dem 01.03.2017 nicht verfügbar gewesen sei, da sie postalisch nicht zu erreichen war. Der überzahlte Betrag für den Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 in Höhe von 3.435 EUR sei von der Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten.
Mit Bescheid vom 04.09.2017 verlangte die Beklagte die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.03.2017 bis 31.07.2017 über 992,91 EUR (Krankenversicherungsbeiträge) und über 162,30 EUR.
Mit Bescheid vom 05.09.2017 bewilligte die Beklagte wieder Alg ab 09.08.2017.
Die Klägerin erhob am 07.09.2017 bei einer persönlichen Vorsprache Widerspruch gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden und teilte zur Begründung mit, dass sie am 01.03.2017 nach B. umgezogen sei und dies erst am 09.08.2017 mitgeteilt habe. Sie sei jedoch postalisch erreichbar gewesen und habe alle Termine wahrgenommen. Auch habe sie an der Maßnahme ab dem 07.08.2017 teilgenommen. Sie bitte daher um Prüfung der Aufhebung der Erstattung.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2017 zurück und führte zur Begründung an, dass der Arbeitslose sicherstellen müsse, dass die Agentur für Arbeit ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen könne. Die Klägerin habe zuletzt der Agentur für Arbeit die Anschrift "A. in Mannheim" genannt. Sie habe den Umzug vom 01.03.2017 nach B. erst am 09.08.2017 mitgeteilt. Sie habe sogar noch am 04.05.2017 bei der Agentur für Arbeit eine Eingliederungsvereinbarung unter ihrer eigenen Adresse unterschrieben. Weshalb sie der Agentur für Arbeit ihre neue Adresse solange verschwiegen habe, wisse nur die Klägerin selbst. Sie habe damit den Vermittlungsbemühungen der Beklagten vom 01.03.2017 bis zum 08.08.2017 nicht zur Verfügung gestanden und sei nicht arbeitslos im Sinne des § 138 Abs. 1 Nr. 3 SGB III gewesen. Sie habe daher keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SBG X sei die Leistungsbewilligung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, wenn der Betroffene seiner Mitteilungspflicht nach § 60 Abs. 1 SGB I vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei oder der Betroffene bei Beachtung seiner Sorgfaltspflicht zumindest hätten wissen müssen, dass der Leistungsanspruch ganz oder teilweise weggefallen sei. In diesen Fällen müsse der Bewilligungsbescheid nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ab Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden. Die Klägerin habe eine Veränderung in ihren tatsächlichen Verhältnissen nicht unverzüglich, sondern erst am 09.08.2017 mitgeteilt, obwohl sie nach § 60 Abs. 1 SGB I zur unverzüglichen Mitteilung verpflichtet gewesen sei. Es seien daher gezahlte Leistungen in Höhe von 3.435 EUR zu erstatten.
Die Klägerin erhob am 28.09.2017 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) und verwies zur Klagebegründung auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und trug ergänzend vor, dass ein atypischer Fall vorliege, welcher den Leistungsträger berechtige bzw. verpflichte nach seinem Ermessen von der rückwirkenden Aufhebung abzuweichen also etwa auf die Aufhebung ganz oder teilweise zu verzichten und einen anderen Zeitpunkt zu bestimmen. Vorliegend sei angesichts der eingeschränkten Mitwirkung erkennbar, dass sie die Mitteilung nicht bewusst oder vorsätzlich verletzt habe und alle Anschreiben der Beklagten auf Grund des erteilten Nachsendeantrages, welcher als Anlage vorgelegt werde, entsprechend reagiert habe. Sie habe nachweislich zur Verfügung gestanden und zusätzlich an einem Sprachkurs teilgenommen um ihre Marktchancen aufzubessern. Damit könne ihr insgesamt keine fehlende Mitwirkung unterstellt werden auch wenn sie den Wohnungswechsel nicht mitgeteilt habe, was sie selbstverständlich bereue. Auch liege eine wirtschaftliche Bedrängnis aus der Rückforderung auf der Hand.
Die Beklagte trug zur Klageerwiderung vor, dass die Klägerin den Umzug ab dem 01.03.2017 erst am 09.08.2017 mitgeteilt habe und somit gegen ihre Mitteilungspflichten verstoßen habe. Sie habe ein Merkblatt erhalten welches darüber informiere, dass sie den Umzug direkt bei der Beklagten melden müsse. Sie sei auch von dem zuständigen Arbeitsvermittler im Beratungsgespräch ausdrücklich auf die bestehenden Meldepflichten hingewiesen worden. In diesem Beratungsgespräch sei sogar eine Bekannte der Klägerin dabei gewesen die als Dolmetscherin fungiert habe.
Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 09.08.2018 ab und führte zur Begründung aus, dass die Klägerin einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Sie habe der Beklagten eine Änderung ihres Wohnsitzes von Mannheim nach B. nicht unverzüglich mitgeteilt, obwohl ihr zumindest auf Grund des ausgehändigten Merkblattes bewusst gewesen sein musste, dass eine Adressänderung mitzuteilen war. Sie habe daher mangels Erreichbarkeit für die Beklagte die Anspruchsvoraussetzung Arbeitslosigkeit in der Zeit vom 01.03.2017 bis zum 08.08.2017 nicht mehr erfüllt. Die Sicherstellung der jederzeitigen Erreichbarkeit an jedem Werktag am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der vom Beschäftigungslosen benannten Anschrift (Wohnung durch Briefpost) werde auch durch einen Postnachsendeauftrag nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20.06.2001 B 11 AL 10/01 R) nicht erfüllt.
Die Klägerin hat gegen den ihr am 15.08.2018 zugestellten Gerichtsbescheid am 17.09.2018 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben und hat zur Berufungsbegründung auf den erstinstanzlichen Vortrag der Klägerin verwiesen. Zudem hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie ununterbrochen für die Beklagte zur Verfügung gestanden sei und zumindest die Zeiträume aus der Aufhebung der Leistungen herausgenommen werden müssten in denen sich die Klägerin mithin persönlich bei der Beklagten vorgestellt habe und an einem Sprachkurs oder einer Maßnahme der Beklagten nachweislich teilgenommen habe. Der vorliegende Fall sei als atypischer Fall zu beurteilen. Hätte die Klägerin durch die fehlende Adressmitteilung die Beklagte täuschen wollen, oder sich der Maßnahme entziehen wollen, so hätte sie nicht zur Verfügung gestanden oder hätten nicht auf die Anschreiben der Beklagten reagiert.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 09.08.2018 und den Bescheid der Beklagten vom 04.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass die Klägerin unstreitig gestellt habe, dass sie ihre Adresse geändert habe ohne dies der Beklagten mitzuteilen. Postnachsendeantrag genüge jedoch nicht um die Erreichbarkeit anzunehmen. Es treffe zwar zu, dass die Klägerin am 04.05.2017 eine Eingliederungsvereinbarung unterschrieben habe und auch an einer Maßnahme im August 2017 teilgenommen habe. Verfügbarkeit könne dennoch nicht unterstellt werden. Die Klägerin sei zudem in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Agentur für Arbeit verzogen. Aufgrund der Ausführungen im Merkblatt hätte die Klägerin wissen müssen, dass eine Anschriftenänderung sofort mitzuteilen ist und eine Verletzung der Mitteilungspflicht leistungsrechtliche Folgen nach sich ziehen könne. Das Merkblatt sei der Klägerin bei ihrer persönlichen Vorsprache am 02.11.2016 ausgehändigt worden, wie der Verbis-Vermerk vom 02.11.2016 ergebe. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Vorschrift nicht verstanden habe, lägen nicht vor. Die Klägerin mache auch nicht geltend, dass sie die Mitteilungspflicht bezüglich eines Umzugs nicht gekannt habe. Die Klägerin habe das Online-Antragformular verwendet, bei dem es technisch nur dann möglich sei, Alg zu beantragen, wenn man das Feld "Ich habe vom Inhalt des Merkblattes 1 für Arbeitslose Kenntnis genommen" ankreuze.
Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats die Verbis Beratungsvermerke im Zeitraum vom 09.01.2017 bis zum 16.08.2017 sowie Unterlagen über die Kenntnisnahme des Merkblatts 1 im Rahmen der Antragstellung vorgelegt (vgl. Bl. 38 bis 56 sowie Bl. 75/77 der Senatsakte).
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt (Beklagte Schreiben vom 29.08.2019, Klägerin Schreiben vom 09.09.2019).
Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entscheiden konnte, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 04.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat die Bewilligung von Alg im Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 zu Recht aufgehoben und die Erstattung in Höhe von 3.435 EUR festgesetzt. Das SG hat die statthafte isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zu Recht abgewiesen.
Soweit sich die Klägerin nach ihrem Antrag gegen die Aufhebung und Erstattung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 08.08.2017 wendet, hat die Beklagte in den streitgegenständlichen Bescheiden nur die Bewilligung für den Zeitraum ab 01.03.2017 aufgehoben. Nachdem Alg bereits bis 31.07.2017 bezahlt war, war dieses Alg i.H.v. entsprechend 3.435 EUR (150 Tage Arbeitslosengeld mit einem kalendertäglichen Zahlbetrag von 22,90 Euro) zurückzufordern. Die Aufhebung der Alg-Bewilligung wirkte daher auch bis 08.08.2017, die Beklagte hat erst ab 09.08.2017 Alg wieder bewilligt; diese Bewilligung steht vorliegend aber nicht im Streit. Nachdem Alg nur bis 31.07.2017 bezahlt war, hat die Beklagte auch nur bis 31.07.2017 zur Erstattung gefordert. Eine Erstattung für die Zeit vom 01.08. bis 08.08.2017 ist nicht erfolgt.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind auch die Bescheide vom 10.08.2017 mit dem Alg ab 01.03.2017 aufgehoben worden war und vom 04.09.2017, mit den die Klägerin zur Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen verpflichtet worden war. Gegen diese Bescheide hat die Klägerin am 09.09.2017 fristgerecht Widerspruch eingelegt, denn dieser erfasst nicht nur den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 04.09.2017, sondern auch die Bescheide vom 10.08.2019 und 04.09.2017. Denn die Klägerin hat in der Begründung des Widerspruchs deutlich gemacht, dass sie sich insgesamt gegen die Aufhebung des Alg und die Erstattungsforderungen der Beklagten wendet, mithin auch die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. Diese Verfahren sind auch nicht noch offen, denn der Widerspruchsbescheid der Beklagten und der Gerichtsbescheid des SG haben zu erkennen gegeben, dass diese umfassend über die Rechtsbehelfe der Klägerin entschieden haben, damit auch über die Bescheide vom 10.09.2017 und 09.09.2017.
Der Bescheid vom 04.09.2017, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Alg ab dem 01.03.2017 aufgehoben hat und einen überzahlten, von der Klägerin zu erstattenden Betrag, in Höhe von 3450 EUR für den Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 festgesetzt hat, ist nicht schon deswegen rechtswidrig, weil die Beklagte die Klägerin vor Erlass des Bescheides vom 04.09.2017 nicht angehört hat. Eine Anhörung erfolgte erst mit dem Schreiben vom 04.09.2017 und auch lediglich zu einer möglichen Aufrechnung der Rückforderung mit den Leistungsansprüchen der Klägerin. Soweit daher eine Anhörung zur Aufhebung und Erstattung ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 fehlt, war der Bescheid vom 04.09.2017 zunächst rechtswidrig. Diese Rechtswidrigkeit wurde aber nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids rückwirkend dadurch geheilt, dass die Anhörung im Widerspruchsverfahren nachgeholt wurde; die Klägerin hat sich insoweit in Kenntnis der maßgeblichen Bescheide inhaltlich zur Sache geäußert, wodurch der Anhörungsmangel geheilt wurde.
Der Bescheid vom 04.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2017 ist auch nicht mangels Bestimmtheit (§ 33 Abs. 1 SGB X) formell rechtswidrig und aufzuheben. Zwar ist den genannten Bescheiden nicht zu entnehmen, welche konkreten Bewilligungsbescheide aufgehoben wurden. Das ist aber nicht erforderlich. Denn durch Auslegung des Bescheides vom 04.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2017 anhand eines objektivierten Empfängerhorizontes ist hinreichend deutlich, dass die Bewilligung von Alg ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 in vollem Umfang aufgehoben und die Erstattung überzahlten Algs festgesetzt worden war. Insoweit mag es zwar mit dem Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 30.11.2016 und dem Änderungsbescheid vom 21.03.2017 mehrere Bewilligungsbescheide geben, doch war diesen hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der Klägerin letztlich nur einmal Alg bewilligt werden sollte. Diese Bewilligung war mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid hinreichend deutlich aufgehoben worden. Damit liegt keine Unbestimmtheit der getroffenen Regelungen vor.
Rechtsgrundlage der Aufhebung von Alg ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 ist § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III, denn nach Erlass der Bewilligungs- bzw. Änderungsbescheide vom 30.11.2016 und vom 21.03.2017 ist in den tatsächlichen bzw. rechtlichen Verhältnissen, die bei dem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Klägerin war ab dem 01.03.2017 mangels Verfügbarkeit nicht mehr arbeitslos, weshalb ihr kein Anspruch auf Alg mehr zustand. Diese Änderung ist auch erst nach Erlass der (Bewilligungs-)Bescheide vom 30.11.2016 und vom 21.03.2017 eingetreten. Denn der Bescheid vom 30.11.2016 ist mit Bekanntgabe nach § 37 Abs. 2 SGB X bereits am 02.12.2016 wirksam geworden (§ 39 Abs. 1 SGB X), mithin vor Wegfall des Alg-Anspruchs. Soweit der Bescheid vom 21.03.2017 lediglich dahingehend verstanden wird, dass dieser zusätzlich zum Bescheid vom 30.11.2016 Alg vom 01.11. bis 07.11.2016 bewilligt, wäre diese Regelung von der durch den Wegfall der Verfügbarkeit, mithin der Arbeitslosigkeit als Voraussetzung des Alg-Anspruchs, nicht berührt.
Die Klägerin war ab dem 01.03.2017 nicht mehr arbeitslos. Dies hat das SG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend festgestellt. Der Senat kommt nach eigener Prüfung zu demselben Ergebnis.
Nach § 137 SGB III hat Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit hat, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Arbeitslos ist gem. § 138 Abs. 1 SGB III, wer Arbeitnehmer ist und 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht nach § 138 Abs. 5 SGB III zur Verfügung, wer 1. eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, 2. Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann, 3. bereit ist, jede Beschäftigung im Sinne der Nr. 1 anzunehmen und auszuüben, und 4. bereit ist, an Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Erreichbarkeitsanordnung (EAO) muss der Arbeitslose in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit möglichen Arbeitgebern oder Trägern einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Dazu hat der Arbeitslose nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann.
Die Klägerin ist ab dem 01.03.2017 von ihrer Wohnadresse "A., M." nach "L., B. " umgezogen und hat dies der Beklagten erst am 07.08.2017 mitgeteilt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Senat konnte daher feststellen, dass die Klägerin ab dem 01.03.2017 nicht mehr, mindestens einmal täglich an der von ihr angegebenen Adresse per Briefpost erreichbar, somit nicht mehr verfügbar und damit auch nicht arbeitslos war. Sie hatte vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 damit auch keinen Anspruch auf Alg.
Dass die in der Nichterreichbarkeit ausdrückende fehlende Verfügbarkeit sich erstmals am 07.08.2017 gezeigt hatte, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Denn die Klägerin war nach 60 SGB I verpflichtet, von sich aus den Umzug unverzüglich mitzuteilen. Dass die Beklagte vor dem 07.08.2017 keine Kenntnis vom dem Umzug hatte, beruht daher auf der Tatsache, dass die Klägerin ihrer Mitteilungspflicht, wie sie selbst einräumt, verspätet nachgekommen ist. Die Klägerin selbst stellt nicht in Abrede, dass sie es versäumt hat, den Umzug rechtzeitig und zeitnah der Beklagten mitzuteilen. Ob der Klägerin bewusst war, dass mit ihrem Umzug eine andere Agentur für Arbeit zuständig geworden war, ist unerheblich. Denn die Verfügbarkeit i.S.d. § 138 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 3 SGB III sowie die Erreichbarkeitsanordnung stellen nicht darauf ab, ob sich die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit ändert, sondern darauf, ob der Arbeitslose durch Briefpost an der von ihm angegebenen Adresse einmal täglich erreichbar ist (§ 1 Abs. 1 Satz 2 EAO); das war die Klägerin nach den Feststellungen des Senats ab dem 01.03.2017 nicht mehr. Maßgeblich ist insoweit auch nicht, dass die Klägerin die Agentur der Beklagten tatsächlich erreicht hat, sondern dass die Beklagte die Klägerin an jedem Werktag an der von dieser angegebenen Anschrift per Post erreicht.
Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Klägerin einen Nachsendeauftrag eingerichtet hatte und die Schreiben der Beklagten hierüber, wie sie vorträgt, erhalten hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 20.06.2001, B 11 AL 10/01 R, SozR 3-4300 § 119 Nr. 3; Urteil vom 24.04.1997, B 11 Rar 89/96, juris), welcher der Senat folgt, (vgl. Beschluss vom 22.05.2018, L 8 AL 932/18 PKH-B n.v.) obliegt es arbeitslosen Leistungsbeziehern, dem zuständigen Arbeitsamt einen Wohnungswechsel persönlich und unverzüglich mitzuteilen; ein rechtzeitiger Postnachsendeauftrag genügt dem regelmäßig nicht. Die Voraussetzungen der Leistungen wegen Arbeitslosigkeit sollten gerade nicht von den Zufälligkeiten der Postzustellung abhängig sein. Werde ein Postnachsendeauftrag in der Weise abgewickelt, dass der Postzusteller die neue Anschrift auf der Postsendung vermerke, sei ein Zeitverlust auch dann unvermeidbar, wenn die Agentur für Arbeit der Nachsendung nicht widerspräche, so das LSG. Die Forderung des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO, die "persönliche" Erreichbarkeit zu gewährleisten, entspreche dem Zweck des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III nicht nur, weil sie einer effektiven Arbeitsvermittlung diene, sondern auch weil sie Leistungen bei Arbeitslosigkeit an klare Verhaltensmaßstäbe knüpfe. Letzteres liege sowohl im wohlverstandenen Interesse der Arbeitslosen selbst als auch einer effektiven Arbeitsverwaltung, so das LSG. Es ist somit auch irrelevant, dass die Klägerin die von der Beklagten vorgeschlagenen Maßnahmen absolviert hat und auch die von der Beklagten unterbreitete Eingliederungsvereinbarung am 04.05.2017 unterzeichnet hat, da es sich um eine fortlaufende Erreichbarkeit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO handelt. Dass der Nachsendeauftrag vorliegend nicht ausreichen kann, die persönlich postalische Erreichbarkeit der Klägerin zu gewährleisten, ergibt sich auch schon daraus, dass dieser nur die Zeit ab 21.03.2017 erfasst, die Klägerin aber schon zum 01.03.2017 umgezogen war.
Zutreffend hat das SG auch entschieden, dass die Bewilligung von Alg ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017, mithin rückwirkend ab Änderung der Verhältnisse aufzuheben war. Insoweit hat das SG zutreffend die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III angenommen.
Der Senat folgt nach eigener Prüfung der Beurteilung durch das SG und verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG. Insoweit weist der Senat lediglich ergänzend darauf hin, dass die Klägerin laut dem Vermerk auf Blatt 1/1 der Verwaltungsakte bei der Übermittlung des Online–Formulars am 03.11.2016 die Kenntnisnahme des Merkblatts bestätigt hat. Dies belegen auch die von der Beklagten mit Schreiben vom 22.08.2019 vorgelegten Unterlagen, wonach ein Antrag auf Arbeitslosengeld online technisch nur erfolgreich abgesandt werden kann, wenn die Kenntnisnahme des Merkblatt 1 durch Anklicken vom Antragsteller bestätigt wird. Das hat die Klägerin getan. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass sie das Feld nicht angeklickt oder den Antrag anderweitig der Beklagten übermittelt habe. Durch das Anklicken des Feldes im Online–Antragsformular hat die Klägerin somit die Kenntnisnahme des Merkblatts in gleicher Weise bestätigt wie bei einer schriftlichen Antragstellung durch Unterschrift in dem entsprechenden Feld (vgl. hierzu auch zum Widerruf eines Bescheides über die Gewährung einer Umweltprämie, Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 24. Juli 2013, 9 A 1238/12, juris). In dem Merkblatt wird hinreichend deutlich darauf hingewiesen worden war, dass Adressänderungen mitzuteilen sind. Auch der Bewilligungsbescheid vom 30.11.2016 weist auf die Rechte und Pflichten als Arbeitsloser hin und führt auch ausdrücklich auf, dass jede leistungserhebliche Änderung der Verhältnisse mitzuteilen ist. Insoweit war der Klägerin zumindest in Folge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt, dass sie ab dem 01.03.2017 mangels Verfügbarkeit keinen Anspruch auf Alg hatte. Damit war nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III die Bewilligung von Alg ab dem 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 aufzuheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin liegt auch kein sogenannter atypischer Fall vor, welcher eine Ermessensausübung der Beklagten erfordert. Ermessen ist auch in so genannten atypischen Fällen nach § 330 Abs. 3 SGB III nicht auszuüben (BSG, Urteil vom 09.02.2006, B 7a AL 58/05 R; Urteil vom 05.06.2003, B 11 AL 70/02 R, beide juris). Insofern kommt auch eine Herausnahme der Zeiträume, in denen die Klägerin sich in einer von der Beklagten geförderten Maßnahme befand, nicht in Betracht.
Selbst wenn man der Änderungsbescheid vom 21.03.2017 dahingehend verstehen wollte, dass dieser nicht nur Alg für die Zeit vom 01.11. bis zum 07.11.2016, sondern auch Alg für die Zeit ab 08.11.2016, mithin auch ab 21.03.2017, bewilligt hat, war dieser Bescheid nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III mit Wirkung ab 01.03.2017 zurückzunehmen.
Der Klägerin war anhand des Merkblatts, dessen Kenntnisnahme sie bestätigt hatte, bekannt, dass sie an jedem Tag per Post erreichbar sein muss und daher ihre jeweils gültige Adresse mitzuteilen hat. Ihr war auch bekannt, dass die Erreichbarkeit Voraussetzung des Alg - Anspruchs ist, und der Wegfall Auswirkungen auf den Leistungsanspruch hat. Das hat die Klägerin dem Merkblatt entnommen. Hat sie das Merkblatt aber nicht gelesen oder erinnert, so hat sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, Halbsatz 2 SGBX), mithin nicht das geben, aus jedem verständig denkenden Menschen als der Erforderliche erschienen wäre. Damit konnte der Klägerin, trotz der anfänglichen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts vom 21.03.2017, weder Vertrauensschutz zu, noch musste die Beklagte Ermessen ausüben (§330 Abs. 2 SGB III).
Dass die Beklagten ihre Entscheidung auf § 48 SGB X gestützt hat, ist insoweit unerheblich, da die Voraussetzungen auch des § 45 SGB X erfüllt sind und den von der Beklagten ausgesprochenen Tenor stützen.
Die Klägerin hat vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 Alg zu Unrecht erhalten, die sie nach Aufhebung der Alg - Bewilligung ab dem 01.03.2017 nach § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten hat. Die Klägerin hat hiergegen keine rechnerischen Einwendungen erhoben, der Senat konnte nach eigener Prüfung keine Berechnungsfehler feststellen. Die Klägerin hat der Beklagten daher 3.435 EUR zu erstatten.
Zudem hat die Klägerin infolge des Wegfalls des Anspruchs auf Alg im Zeitraum vom 01.03.2017 bis zum 31.07.2017 Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 992,91 EUR und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 162,30 EUR gemäß § 335 SGB III zu erstatten.
Vor diesem Hintergrund war die Berufung der Klägerin ohne Erfolg.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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