L 8 AL 3247/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 723/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3247/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.07.2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten in beiden Instanzen zur Hälfte.

Tatbestand:

Der Kläger wende sich gegen die "Aufhebung" der Bewilligung von Arbeitslosengeld I (Alg).

Der 1962 geborene Kläger war vom 01.09.2011 bis 12.09.2016 als Kellner bei der M. B. GmbH & Co. KG in F. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber mit Schreiben vom 12.09.2016 außerordentlich und fristlos gekündigt. Auf die hiergegen vom Kläger beim Arbeitsgericht Freiburg (Ca 272/16) erhobene Kündigungsschutzklage schlossen der Kläger und sein Arbeitgeber am 18.10.2016 einen Vergleich insbesondere dahin, (§ 1) dass sich die Parteien darüber einig sind, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen mit Ablauf des 30.09.2016 sein Ende gefunden hat und, (§ 2) dass sich die Parteien darüber einig sind, dass weder Lohn- noch Urlaubsansprüche bestehen, das Arbeitsverhältnis insgesamt bis zur Beendigung ordnungsgemäß abgerechnet und bezahlt worden ist (Protokoll vom 18.10.2016).

Bereits am 13.09.2016 hatte sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 13.09.2016 arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Mit Schreiben vom 13.10.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass über den Zeitraum vom 13.09.2016 bis 05.12.2016 zu prüfen sei, ob eine Sperrzeit eingetreten sei, weshalb über den Antrag nur vorläufig entschieden werden könne. Mit Bescheid vom 14.10.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab 06.12.2016 (bis 12.11.2017) in Höhe von täglich 32,98 EUR. In diesem Bescheid wurde dem Kläger hinsichtlich des Auszahlungsanspruchs für die Zeit vom 13.09.2016 bis 05.12.2016 mitgeteilt, dass er hierüber ein gesondertes Schreiben erhalte und der Leistungsbetrag wurde für diesen Zeitraum mit 0,00 EUR festgesetzt. Außerdem wurde der Kläger im Bescheid zu Zeiten ohne Leistungen darauf hingewiesen, dass über den Auszahlungsanspruch vom 13.09.2016 bis 05.12.2016 gesondert entschieden werde und er hierzu eine weitere Nachricht durch die Agentur für Arbeit erhalte.

Am 08.11.2016 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Sperrzeit und bat um Überprüfung. Der Kläger legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. G. vom 27.09.206, 06.10.2016, 27.10.2016 und 14.11.2016 für die Zeit vom 23.09.2016 bis 05.12.2016 vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2016 verwarf die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 11.11.2016 gegen den Bescheid vom 14.10.2016 als unzulässig, da hinsichtlich des Beginns der Leistungsbewilligung kein Verwaltungsakt erlassen worden sei. Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG), die mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2018 (S 4 AL 5017/16) erfolglos blieb. Gegen diesen Gerichtsbescheid legte der Kläger Berufung ein (L 8 AL 481/18).

Mit Bescheid vom 18.11.2016 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 04.11.2016 wegen der Beendigung der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall auf.

Mit weiterem Bescheid vom 30.11.2016 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab dem 01.10.2016 auf, da der Kläger nicht verfügbar gewesen sei und er auch keine Leistungsfortzahlung erhalten könne, weil seine Arbeitsunfähigkeit vor dem Bezug von Alg begonnen habe. Auf die erneute Arbeitslosmeldung des Klägers am 05.12.2016 mit Wirkung zum 06.12.2016 wurde mit Bescheid vom 07.12.2016 wiederum Alg ab 06.12.2016 i.H.v. 32,98 EUR bewilligt. Wegen der Anrechnung von Nebeneinkommen ergingen nachfolgend Änderungsbescheide.

Gegen den Bescheid vom 30.11.2016 legte der Kläger am 29.12.2016 Widerspruch ein, mit der Begründung, es sei nicht klar, inwieweit auch eine Aufhebung ab dem 06.12.2016 verfügt worden sei. In dem Widerspruchsbescheid vom 15.11.2016 werde ausgeführt, dass nach einer weiteren Sachverhaltsaufklärung eine Entscheidung über die Leistungsbewilligung erfolgen werde. Mit dem angefochtenen Bescheid sei der Bescheid vom 14.10.2016 augenscheinlich nicht aufgehoben worden. Zudem sei der angefochtene Bescheid nicht hinreichend begründet worden. Es werde um Aufklärung gebeten.

Mit Schreiben vom 10.01.2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, mit dem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 18.10.2016 sei festgestellt worden, dass das Arbeitsverhältnis mit dem 30.09.2016 geendet habe und die Lohnansprüche bis dahin erfüllt seien. Damit habe ein Anspruch auf Alg frühestens ab dem 01.10.2016 bestanden. Nachdem Arbeitsunfähigkeit ab dem 23.09.2016 bis 05.12.2016 festgestellt worden sei, habe ab dem 01.10.2016 keine Verfügbarkeit vorgelegen. Eine Leistungsfortzahlung gemäß § 146 SGB III habe nicht erfolgen können, weil die Arbeitsunfähigkeit nicht während des rechtmäßigen Arbeitslosengeldbezuges eingetreten sei. Die vorläufige Entscheidung über die Leistungsbewilligung vom 14.10.2016 sei aufgehoben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers vom 29.12.2016 gegen den Bescheid vom 30.11.2016 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 21.02.2017 Klage beim SG, mit dem Ziel, den Bescheid vom 30.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2017 aufzuheben. Er führte zur Begründung aus, aufgrund der unterlassenen Aufklärung dürfte er zumindest nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches einen Anspruch auf Nachgewährung der begehrten Leistung haben, da eine Aufklärung dahingehend, dass er trotz Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Krankenversicherungsrechts für den Arbeitsmarkt verfügbar gewesen sei, nicht erfolgt sei. Er sei für andere, als die bislang ausgeübte Tätigkeit vermittelbar gewesen.

Mit Urteil vom 24.07.2018 hob das SG den Bescheid vom 30.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2017 auf. Es führte zur Begründung aus, mit dem Bescheid vom 30.11.2016 habe die Bewilligung von Alg ab 01.10.2016 aufgehoben werden sollen. Für diesen Zeitraum sei dem Kläger jedoch keine Leistung bewilligt worden. Damit habe die Beklagte die Leistungsbewilligung auch nicht durch den streitgegenständlichen Bescheid aufheben können. Der Aufhebungsbescheid vom 30.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2016 gehe ins Leere. Er erweise sich als rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Die Berufung wurde zugelassen.

Gegen das der Beklagten am 08.08.2018 zugestellte Urteil richtet sich die von ihr am 10.09.2018 (einem Montag) eingelegte Berufung. Die Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, die Auffassung des SG werde nicht geteilt. Mit Bewilligungsbescheid vom 14.10.2016 sei Alg ab 13.09.2016 vorläufig bewilligt und für den fiktiven Sperrzeitzeitraum vom 13.09.2016 bis 05.12.2016 noch keine Auszahlung verfügt worden, da noch nicht geklärt gewesen sei, ob ein Ruhen des Anspruches eintreten sei. Aufgrund eingereichter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei wegen des Endes der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall mit Bescheid vom 18.11.2016 die Aufhebung der Bewilligung ergangen. Da aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleiches ein Arbeitsentgeltanspruch bis 30.09.2016 zuerkannt worden sei, habe wegen der Arbeitsunfähigkeit Verfügbarkeit nicht mehr vorgelegen, weshalb die Bewilligung auch ab 01.10.2016 habe aufgehoben werden müssen. Der streitgegenständliche Bescheid enthalte deshalb die Feststellung, dass dem Kläger ab 01.10.2016 wegen fehlender Verfügbarkeit und fehlendem Zugang zur Leistungsfortzahlung kein Alg zustehe. Der Bescheid gehe nicht ins Leere. Würde das angefochtene Urteil des SG nicht aufgehoben, müsse Alg vom 01.10.2016 bis 03.11.2016 gewährt werden, obwohl die Voraussetzungen für den Bezug von Alg nicht vorlägen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 24.07.2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, das SG habe zutreffend ausgeführt, dass eine Aufhebung einer bestehenden Bewilligung nicht möglich sein dürfte. Das SG weise entgegen der Ansicht der Beklagten zutreffend darauf hin, dass der Bescheid vom 14.10.2016 keine Bewilligung von Alg für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis 05.12.2016 beinhalte. Es bleibe bei seinem Begehren, Alg ab 01.10.2016 gewährt zu bekommen. Diesbezüglich sei das Verfahren L 8 AL 481/18 anhängig.

Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter mit den Beteiligten in der nichtöffentlichen Sitzung am 19.07.2019 erörtert worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Beklagte Schriftsatz vom 06.09.2019, Kläger Schriftsatz mit 17.09.2019).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten beider Instanzen sowie die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist der Bescheid der Beklagten vom 30.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.02.2017. Nicht streitgegenständlich ist der Zeitraum vom 13.09.2016 bis 30.09.2016. Der Kläger hat in der nichtöffentlichen Sitzung am 19.07.2019 erklärt, für den ganzen September bis 30.09.2016 Arbeitsentgelt erhalten zu haben. Dem entspricht auch der beim Arbeitsgericht Freiburg am 18.10.2016 geschlossene Vergleich (§ 2), dass das Arbeitsverhältnis insgesamt bis zur Beendigung ordnungsgemäß abgerechnet und bezahlt worden ist. Damit kommt gemäß § 157 Absatz 1 SGB III frühestens ein Anspruch auf die Gewährung von Alg ab 01.10.2016 in Betracht. Dem entspricht auch das Klagevorbringen des Klägers, mit dem er einen Anspruch auf Alg ab 01.10.2016 geltend macht, wie er auch im Berufungsverfahren L 8 AL 481/18 ausdrücklich beantragt hat. Damit ist vorliegend streitig, ob dem Kläger von der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Bescheid für den Zeitraum vom 01.10.2016 bis 05.12.2016 zu Recht einen Anspruch auf Alg nicht zuerkannt wurde, nachdem dem Kläger von der Beklagten mit Bescheid vom 07.12.2016 Alg ab 06.12.2016 bewilligt wurde.

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und vom SG ausdrücklich zugelassene und damit statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig. Die Berufung ist insbesondere nicht verfristet, da die Beklagte durch die am Montag, den 10.09.2018 eingelegte Berufung die Berufungsfrist von einem Monat gewahrt hat. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 30.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem angefochtenen Urteil des SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Der streitgegenständliche Bescheid erweist sich nicht als formell rechtswidrig. Zwar ist vor dessen ergehen eine Anhörung des Klägers nicht erfolgt. Die Beklagte hat jedoch mit Schreiben vom 10.01.2017 dem Kläger (über seinen Prozessbevollmächtigten) die für das Ergehen des streitgegenständlichen Bescheides tatsächlichen (und rechtlichen) Grundlagen dargelegt, wodurch der Anhörungsfehler geheiligt wurde. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger im Widerspruchsverfahren gerügt hat, der streitgegenständliche Bescheid sei nicht hinreichend bestimmt. Ein Anhörungsfehler und eine nicht hinreichend bestimmte Begründung des streitgegenständlichen Bescheides hatte der Kläger im Übrigen im Klage- und Berufungsverfahren nicht mehr geltend gemacht.

Der streitgegenständliche Bescheid erweist sich auch - entgegen der Ansicht des SG im angefochtenen Urteil - nicht als rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem angefochtenen Urteil des SG schließt sich der Senat nicht an.

Der Senat folgt allerdings - entgegen der Ansicht der Beklagten - den Entscheidungsgründen des SG im angefochtenen Urteil, dass mit dem Bescheid vom 14.10.2016 eine Entscheidung über die Leistungsbewilligung für den Zeitraum vom 13.09.2016 bis 05.12.2016 nicht ergangen ist (vgl. hierzu auch Urteil des Senates vom 25.10.2019 im Berufungsverfahren des Klägers L 8 AL 481/18, auf das der Senat im vorliegenden Rechtsstreit Bezug nimmt). Hiervon geht im Übrigen die Beklagte im Klageverfahren beim SG S 4 AL 5017/16 und insbesondere auch in der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 ebenfalls aus, mit dem der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 14.10.2016 als unzulässig verworfen wurde, da hinsichtlich des Beginns der Leistungsbewilligung kein Verwaltungsakt erlassen worden sei. Der im vorliegenden Rechtsstreit vertretenen Rechtsansicht der Beklagten, mit dem Bescheid vom 14.10.2016 sei über den Anspruch des Klägers auf Alg auch für die Zeit vom 13.09.2016 bis 05.12.2016 entschieden worden, offen sei lediglich der Zahlungsanspruch in diesem Zeitraum geblieben, folgt der Senat nicht, wie sich aus den Entscheidungsgründen des Urteils des Senats vom 25.10.2019 im Berufungsverfahren des Klägers L 8 AL 481/18 ergibt, worauf der Senat Bezug nimmt.

Der Senat vermag jedoch dem SG nicht darin zu folgen, dass der streitgegenständliche Bescheid (als lediglich formeller Verwaltungsakt) ins Leere geht. Zielrichtung des streitgegenständlichen Bescheides vom 30.11.2016 ist, über die noch offene Bewilligung von Alg für die Zeit ab 01.10.2016 zu entscheiden, wie der Senat insbesondere aufgrund des Inhalts des Schreibens der Beklagten an den Kläger vom 10.01.2017 feststellen kann. Darin hat die Beklagte erläutert, dass aufgrund der festgestellten Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab 23.09.2016 bis 05.12.2016 keine Verfügbarkeit des Klägers vorgelegen habe und eine Leistungsfortzahlung nicht erfolgen könne, mithin, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Alg nicht vorlägen. Auch in der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2017 wird darauf maßgeblich abgestellt, dass aufgrund der Arbeitsunfähigkeit des Klägers kein Leistungsanspruch bestehe. Damit ist der streitgegenständliche "Aufhebungsbescheid" als "Ablehnungsbescheid" über die beantragte Leistung von Alg ab dem 01.10.2016 zu verstehen, der nicht ins Leere geht, da die Beklagte über die Gewährung der beantragten Leistung von Alg ab 01.10.2016 noch durch Verwaltungsakt zu entscheiden hatte. Denn bei einer noch zu treffenden (offenen) Entscheidung über den Anspruch des Klägers auf Alg - vorliegend ab 01.10.2016 (bis 05.12.2016), wie im Berufungsverfahren L 8 AL 481/18 streitig war -, steht vorliegend der Regelungsinhalt der "Aufhebung der Leistungsbewilligung" der "Ablehnung der Leistungsbewilligung" nach dem objektiven Empfängerhorizont gleich. Dem steht § 43 Absatz 1 SGB X nicht entgegen. Vielmehr haben der als "Aufhebungsbescheid" ergangene streitgegenständliche Bescheid und die damit bezweckte Ablehnung des beantragen Alg im Sinne eines gemeinsamen Regelungsinteresses dasselbe Ziel, beim Kläger ab 01.10.2016 die beantragte Leistung von Alg zu versagen, ohne dass eine Ermessensentscheidung zu treffen war. Damit wäre selbst dann, wenn dem SG im angefochtenen Urteil dahin gefolgt wird, dass der Bescheid vom 30.11.2016 (als lediglich formeller Verwaltungsakt) ins Leere geht und deshalb rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, der Bescheid gemäß § 43 Absatz 1 SGB X in einen Ablehnungsbescheid über den Antrag auf Bewilligung von Alg umzudeuten.

Der streitgegenständliche Bescheid vom 30.11.2016 ist auch rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht gegen die Beklagte für die Zeit vom 01.10.2016 (bis 05.12.2016) kein Anspruch auf die Leistung von Alg zu, denn der Kläger war ab 01.10.2016 (bis 05.12.2016) wegen Arbeitsunfähigkeit nicht verfügbar und die Voraussetzungen des § 146 Absatz 1 Satz 1 SGB III liegen beim Kläger nicht vor, wovon die Beklagte zutreffend ausgeht.

Nach § 136 Absatz 1 Nr. 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit. Nach § 137 Absatz 1 SGB III besteht ein Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat. Nach § 138 Absatz 1 SGB III ist Arbeitslos, wer Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist und 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen), und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Diese Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg sind beim Kläger für die Zeit vom 01.10.2016 bis 05.12.2016 nicht (sämtlich) erfüllt, denn er war in diesem Zeitraum nicht verfügbar. Durch die vom Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. G. vom 27.09.2016, 06.10.2016, 27.10.2016 und 14.11.2016 ist festzustellen, dass der Kläger ab 23.09.2016 durchgehend bis 05.12.2016 arbeitsunfähig war. Bei Arbeitsunfähigkeit fehlt im Normalfall die Verfügbarkeit (vgl. Brand, SGB III, 6. Auflage, § 146 Rnr. 2). Dass der Kläger trotz der festzustellen Arbeitsunfähigkeit nicht gehindert war, im Sinne der Arbeitslosenversicherung zumutbare Arbeiten verrichten zu können, hat der Kläger bei der Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht geltend gemacht, weshalb er für die Beklagte im genannten Zeitraum den Vermittlungsbemühungen nicht zur Verfügung stand und damit nicht verfügbar war. Der Senat kann auch nicht feststellen, dass der Kläger trotz der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Arbeitslosenversicherung zumutbare Arbeiten tatsächlich hätte verrichten zu können. Hierzu lässt sich den vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und dem Vorbringen des Klägers nichts Greifbares entnehmen. Die pauschale Behauptung des Klägers, dass er trotz Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Krankenversicherungsrechts für den Arbeitsmarkt verfügbar gewesen sei, reicht nicht aus. Einen nachvollziehbaren Gesichtspunkt, der für die Behauptung des Kläger spricht, nennt er nicht, weshalb der Senat auch keinen Anlass sieht, den Sachverhalt hierzu von Amts wegen ("ins Blaue hinein") weiter zu klären.

Dem Kläger steht die Leistung von Alg ab 01.10.2016 auch nicht gemäß § 146 Absatz 1 Satz 1 SGB III zu. Nach dieser Vorschrift verliert, wer während des Bezugs von Alg infolge Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig oder während des Bezugs von Alg auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, nicht dadurch den Anspruch auf Alg für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit (oder stationären Behandlung) mit einer Dauer von bis zu sechs Wochen (Leistungsfortzahlung). § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage. Die Vorschrift fingiert lediglich für die Dauer von längstens sechs Wochen die Verfügbarkeit (einschließlich der Erreichbarkeit). Der Anspruch auf Alg ist dabei vorausgesetzt, weshalb nur ein rechtmäßiger Bezug von Alg die Leistungsfortzahlung begründen kann. Erforderlich ist der rechtmäßige Erwerb eines Leistungsanspruches mit realisierbarem Anspruch vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit (Brand in Brand, SGB III, 6. Auflage, § 146 Rnr. 4; Lüdtke in LPK-SGB III, 2. Auflage, § 146 Rnr. 4, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Dem Kläger wurde für den gesamten September 2016 (bis 30.09.2016) von seinem Arbeitgeber sein Arbeitsentgelt ausgezahlt, wie er in der nichtöffentlichen Sitzung am 19.07.2019 bestätigt hat. Dem entspricht auch der beim Arbeitsgericht Freiburg am 18.10.2016 geschlossene Vergleich (§ 2). Damit kommt gemäß § 157 Absatz 1 SGB III ein realisierbarer Leistungsanspruch auf Alg frühestens ab 01.10.2016 in Betracht. Dem entspricht auch das Begehren des Klägers, ihm ab 01.10.2016 Alg zu gewähren. Am 01.10.2016 war der Kläger jedoch bereits seit 23.09.2016 arbeitsunfähig erkrankt, weshalb für die Zeit ab 01.10.2016 ein Leistungsfortzahlungsanspruch nach § 146 Absatz 1 Satz 1 SGB III ausscheidet.

Das Vorbringen des Klägers rechtfertigt keine ihm günstigere Entscheidung. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, aufgrund der unterlassenen Aufklärung dürfte er zumindest nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches einen Anspruch auf Nachgewährung der begehrten Leistung haben, da eine Aufklärung dahingehend, dass er trotz Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Krankenversicherungsrechts für den Arbeitsmarkt verfügbar gewesen sei, nicht erfolgt sei. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch scheidet vorliegend aus. Dieser setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger auf Grund Gesetzes oder bestehenden Sozialrechtsverhältnisses eine dem Betroffenen gegenüber obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 SGB I), verletzt und dadurch dem Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt. Auf seiner Rechtsfolgenseite ist der Herstellungsanspruch auf Vornahme einer Amtshandlung zur Herbeiführung derjenigen Rechtsfolge gerichtet, die eingetreten wäre, wenn der Versicherungsträger die ihm gegenüber dem Versicherten obliegenden Pflichten rechtmäßig erfüllt hätte. Der Herstellungsanspruch kann einen Versicherungsträger somit nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist. Voraussetzung ist also, abgesehen vom Erfordernis der Pflichtverletzung im Sinne einer fehlenden oder unvollständigen bzw. unrichtigen Beratung, dass der dem Versicherten entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, ausgeglichen werden kann. Umgekehrt bedeutet dies, dass in Fällen, in denen der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum bleibt. Hintergrund dieser von der Rechtsprechung angenommenen Differenzierung zwischen "ersetzbaren" und "nicht ersetzbaren" Voraussetzungen ist der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Dieses lässt nicht zu, dass die Verwaltung gesetzeswidrig handelt, selbst wenn sie zuvor eine falsche Auskunft oder Beratung erteilt hat. Demgemäß lässt sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur bzw. Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht (Urt. des Senats vom 23.03.2018 - L 8 AL 883/16 -). Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Der Senat hat, wie bereits oben ausgeführt wurde, nicht feststellen können, dass der Kläger trotz Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Krankenversicherungsrechts für den Arbeitsmarkt verfügbar gewesen ist, weshalb schon deshalb die Feststellung eines Beratungsfehlers der Beklagten ausschiedet. Weiter kann die beim Kläger nach dem oben Ausgeführten im Zeitraum vom 01.10.2016 bis 05.12.2016 festzustellende fehlende Verfügbarkeit nicht durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung fingiert und über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ersetzt werden (Beschluss des Senats vom 08.06.2012 - L 8 AL 4893/11 -). Ein Leistungsanspruch ab 01.10.2016 nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches besteht damit nicht.

Auf die Berufung der Beklagten war deshalb wie ausgesprochen zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass die Beklagte durch ihr Verhalten, eine nicht bewilligte Leistung aufzuheben, statt abzulehnen, dem Kläger Veranlassung gegeben hat, den vorliegenden Rechtsstreit zu führen.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Entgegen der Ansicht des SG im angefochtenen Urteil misst der Senat dem vorliegenden Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung bei.
Rechtskraft
Aus
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