L 8 R 4546/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 2762/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 4546/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des

Sozialgerichts Mannheim vom 21.11.2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Kosten des gemäß § 109 SGG bei Dr. S. eingeholten Sachverständigengutachtens vom 23.09.2019 nebst den baren Auslagen des Klägers werden nicht auf die Staatskasse übernommen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit streitig. Mit Rentenbescheid vom 06.02.2019 wird dem Kläger von der Beklagten Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.01.2019 gewährt.

Der 1955 geborene Kläger ist italienischer Staatsangehöriger. Er befindet sich seit dem 13.02.1980 im Bundesgebiet. Eine Berufsausbildung oder eine Umschulung wurde vom Kläger nicht absolviert. Ein Anlernverhältnis bestand nicht. Fachkurse, Fachschulen oder Hochschulen besuchte der Kläger nicht. Im Bundesgebiet war der Kläger als (selbstständiger) Lkw-Fahrer tätig. In Ausübung dieser Tätigkeit erlitt er am 25.03.2009 einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall, wobei sich der Kläger eine nicht dislozierte Os cuboid-Fraktur links sowie eine Knieprellung rechts mit Teilruptur des vorderen Kreuzbandes rechts zuzog (Erstes Rentengutachten Professor Dr. G. vom 10.12.2010 an die BG Verkehr). Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25.03.2009 bewilligte die BG Verkehr dem Kläger mit Bescheid vom 25.03.2009 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. (anerkannte Unfallfolgen: Posttraumatische Belastungsstörung, geprägt durch Ängste beim Autofahren, und Beeinträchtigung von Schlaf, Konzentrationsstörung sowie der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit; nicht anerkannte Unfallfolge: depressive Symptomatik). Nach dem Arbeitsunfall war der Kläger (kurzzeitig) als Maschinenarbeiter tätig (Gutachten Dr. M. Seiten 24, 54). Beim Kläger ist ein Grad der Behinderung mit 60 festgestellt (Schwerbehindertenausweis der Stadt M. vom 04.04.2011).

Am 19.03.2015 stellte der Kläger bei der Beklagten einen (weiteren) Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Beklagte nahm ärztliche Unterlagen zu den Akten (insbesondere Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie B. vom 20.12.2010 an die BG Verkehr, Erstes Rentengutachten Professor Dr. G. vom 10.12.2010 an die BG Verkehr, Gutachten vom "08.02.2015", richtig 08.02.2016, / ausführlicher ärztlicher Bericht vom 08.02.2016 des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. an die Beklagte sowie medizinische Befundunterlagen).

Mit Bescheid vom 21.07.2015 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt seien. Im Zeitraum vom 19.03.2010 bis 18.03.2015 habe der Kläger nur 29 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Ein Ausnahmetatbestand liege nicht vor. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen sei der Kläger auch nicht erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Deshalb erfülle er auch die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht.

Gegen den Bescheid vom 21.07.2015 legte der Kläger am 13.08.2015 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2016, am 09.08.2016 abgesandt, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger könne ohne Einschränkung auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Es stehe fest, dass der Kläger gesundheitlich noch in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen 6 Stunden und mehr zu verrichten. Zudem seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bei Eintritt des Versicherungsfalles bis 31.08.2014 erfüllt.

Hiergegen erhob der Kläger am 08.09.2016 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Er machte zur Begründung geltend, wegen des im Jahr 2009 erlittenen schweren Arbeitsunfalles sei er gezwungen, seine Tätigkeit als Kraftfahrer zeitlebens aufzugeben. Er sei wegen einer durch den Arbeitsunfall bestehenden schweren posttraumatischen Belastungsstörung, einer chronischen Hepatitis C, eines degenerativen Wirbelsäulenleidens mit rezidivierender Lumboischialgie, einer chronischen Gastritis mit Ulcus-Leiden, einer chronischen Bronchitis und dem Z.n. einer Unterschenkelfraktur rechts unter Wettbewerbsbedingungen nicht mehr zu einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit im Umfang von 6 Stunden pro Arbeitstag in der Lage. Der Kläger legte die ärztlichen Bescheinigungen von Dr. S. vom 29.01.2015 und Dipl.-Psych. U. vom 10.10.2015 vor.

Das SG hörte vom Kläger benannte behandelnde Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Orthopäde Dr. R. teilte in seiner Auskunft vom 12.01.2017 den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mit und erachtete aus seiner Sicht unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen dem Kläger Tätigkeiten von 6 Stunden je Arbeitstag abverlangbar. Die familiären Verhältnisse (Krebserkrankung der Ehefrau) und ein im Haushalt zu versorgendes Kind seien neben der körperlichen Belastbarkeit und der hieraus resultierenden Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit zu berücksichtigen. Der Facharzt für Innere Medizin und Diabetologie Dr. S. teilte in seiner Aussage vom 23.01.2017 den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen mit. Durch eine posttraumatische Belastungsstörung bestehe eine erhebliche Einschränkung der Belastbarkeit des Klägers. Verstärkt werde die Symptomatik durch eine Krebserkrankung der Ehefrau. Der Kläger leide seit 2009 sehr stark unter den Folgen des Verkehrsunfalles. Aufgrund der Erkrankungen und der ausgeprägten psychiatrischen Symptomatik sei der Kläger nicht mehr in der Lage, einer leichten Berufstätigkeit im Umfang von 6 Stunden je Arbeitstag nachzugehen. Dabei stehe die psychische Symptomatik eindeutig im Vordergrund. Zusätzlich sei der Kläger durch eine vor vielen Jahren erlittene komplizierte Unterschenkelfraktur körperlich behindert. Der Neurologe und Psychiater Dr. P. teilte in seiner Aussage vom 14.03.2017 den Behandlungsverlauf, die Befunde und die Diagnosen mit. Im Vordergrund stehe eine ausgeprägte Beeinträchtigung der psychischen Belastbarkeit, unverändert seit Anfang 2014. Aus nervenärztlicher Sicht bestehe keine ausreichende Belastbarkeit des Klägers für die Ausübung einer körperlichen leichten Berufstätigkeit im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage der ärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. L. vom 25.04.2017 entgegen und übersandte eine Rentenprobeberechnung einschließlich Versicherungsverlauf vom 12.01.2017.

Das SG holte das psychiatrisch-sozialmedizinische Gutachten von Dr. M. vom 06.09.2017 ein. Dr. M. diagnostizierte in seinem Gutachten an Gesundheitsstörungen des Klägers eine leichtgradige chronische-depressive Verstimmtheit im Sinne einer Dysthymia mit phobischen Restbeschwerden, Einschränkungen der Arbeitsorganisation und der psychischen Belastbarkeit sowie auf nicht psychiatrischem Gebiet einen Zustand nach schwerer Sprunggelenksfraktur rechts mit Teilsteife des Sprunggelenkes rechts, mit Einschränkungen der Arbeitshaltung, der Arbeitsschwere und des Bewegungs- und Haltungsapparates. Der Kläger sei unter zumutbarer Willensanstrengung in der Lage, aus eigener Kraft zugleich die psychogenen Hemmungen zu überwinden. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, Nacht- und Wechselschichttätigkeiten durchzuführen. Tätigkeiten unter erhöhtem Zeitdruck, Tätigkeiten die überwiegend aus Fahrdiensttätigkeiten bestehen sowie Tätigkeiten im Stehen und Gehen, dauerhaft körperlich schwere und mittelschwere Arbeiten, mit häufigem Treppensteigen, regelmäßigem Ersteigen von Leitern und Gerüsten erschienen ungeeignet. Der Kläger sei in der Lage, körperlich leichten Tätigkeiten ständig im Sitzen, gelegentlich im Gehen und Stehen 6 Stunden und mehr unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nachzugehen. Der Kläger sei in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Meter in jeweils maximal 20 Minuten viermal täglich zu Fuß zurückzulegen, sowie öffentliche, wie auch private Verkehrsmittel für das Aufsuchen des Arbeitsortes zu benutzen. In der Gesamtschau zeige sich im Vergleich zu den Befunden 2010 eine gravierende Besserung im Hinblick auf die psychische Leistungsfähigkeit des Klägers, die seit 2012 anzunehmen sei.

Gegen das Gutachten des Dr. M. erhob der Kläger Einwendungen (Schriftsatz vom 25.09.2017). Das Gutachtensergebnis des Dr. M. widerspräche sämtlichen vorliegenden Beurteilungen der ihn behandelnden Ärzte.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.11.2017 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, das Gericht könne sich nicht davon überzeugen, dass die Voraussetzungen der Erwerbsminderung gegeben seien. Der Kläger sei vielmehr noch in der Lage, körperliche leichte Berufstätigkeiten in Umfang von täglich 6 Stunden und mehr mit qualitativen Einschränken zu verrichten.

Hiergegen richtet sich die vom Kläger am 29.11.2017 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, das SG habe die angefochtene Entscheidung einseitig auf das Ergebnis des Gutachtens von Dr. M. gestützt, ohne die Befunde der behandelnden Ärzte in angemessener Weise zu berücksichtigen. Eine besondere Bedeutung komme dem ausführlichen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. R. vom 12.01.2017 zu. Dr. R. , der intensiv als Gerichtsgutachter tätig sei, weise auf die Schwere der psychischen Erkrankung hin. Nach der Beurteilung seiner behandelnden Ärzte sei ihm unter Wettbewerbsbedingungen eine berufliche Tätigkeit im Umfang von 6 Stunden pro Arbeitstag nicht mehr möglich. Die auslösende Ursache für die bestehende Erwerbsunfähigkeit sei der im März 2009 unverschuldet erlittene schwere Verkehrsunfall. Seitdem befindet er sich wegen der gravierenden Unfallfolgen in ständiger Behandlung, u.a. bei der Psychotherapeutin U. , wie in ihrer Bescheinigung vom 10.10.2015 bestätigt werde. Auch Dr. S. bestätige in der Aussage vom 23.01.2017 an das SG, dass er sehr stark unter den Folgen des Verkehrsunfalles vom März 2009 leide. Weiter bestätige der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. in seiner Aussage vom 14.03.2017 an das SG, das die Einschränkungen der psychischen und physischen Belastbarkeit unverändert seit Anfang 2014 bestünden. Damit sei erwiesen, dass der Versicherungsfall der Erwerbsminderung bereits vor dem 31.08.2014 eingetreten sei.

Der Kläger beantragt - schriftsätzlich -, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 21.11.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.07.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 19.03.2015 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Berufungsbegründung bringe nichts Neues. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung letztmals zum 31.08.2014 erfüllt seien. Die Beklagte hat den Versicherungsverlauf vom 15.12.2017 sowie den Rentenbescheid vom 06.02.2019 vorgelegt.

Auf Antrag des Klägers hat der Senat gemäß § 109 SGG das psychiatrische Gutachten von Dr. S. vom 23.09.2019 eingeholt. Die Gutachterin diagnostizierte in ihrem Gutachten eine Dysthymia. Sie gelangte zu der Leistungsbeurteilung, dass der Kläger noch in der Lage sei, regelmäßig einer Erwerbstätigkeit für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Die Ausübung der letzten beruflichen Tätigkeit sei dem Kläger 6 Stunden und mehr an 5 Tagen die Woche nicht mehr möglich. Die festgestellte Leistungseinschränkung habe spätestens seit dem 31.08.2014 bestanden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Beklagte Schriftsatz vom 30.09.2019, Kläger Schriftsatz vom 08.10.2019).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 21.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer vollen oder teilweisen Rente wegen Erwerbsminderung. Eine volle oder teilweise Erwerbsminderung kann beim Kläger aktuell wie auch für den Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen am 31.08.2014 nicht festgestellt werden. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 21.11.2017 ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI besteht ein Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente nur, wenn der Versicherungsfall spätestens am 31.08.2014 eingetreten ist, wie die Beklagte für den Senat anhand des vorgelegten Versicherungsverlaufs vom 15.12.2017 nachvollziehbar zutreffend annimmt. Nach dem Versicherungsverlauf vom 15.12.2017 und Rentenbescheid vom 06.02.2019 sind beim Kläger letztmalig bis 09.07.2012 Pflichtbeitragszeiten belegt. Anschließend übte der Kläger eine geringfügige nicht versicherungspflichtige Beschäftigung aus. Drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sind danach nur erfüllt, wenn der Versicherungsfall, wie die Beklagte annimmt, spätestens am 31.08.2014 eingetreten wäre. Hiergegen hat der Kläger im Übrigen auch keine Einwendungen erhoben, sondern hat geltend gemacht, dass der Versicherungsfall spätestens zum 31.08.2014 eingetreten sei.

Dass beim Kläger der Versicherungsfall der Erwerbsminderung spätestens bis 31.08.2014 oder auch aktuell eingetreten ist, ist nicht festzustellen.

Dass der Kläger wegen eines psychischen Leidens in seiner Leistungsfähigkeit quantitativ eingeschränkt ist, kann der Senat nicht feststellen. Nach dem von der Beklagten eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B. vom 08.02.2016 (= ausführlicher ärztlicher Bericht vom 08.02.2016) kann der Kläger aus nervenärztlicher Sicht leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Nach dem im Gutachten von Dr. B. beschriebenen psychischen Befund ist der Kläger bewusstseinsklar und sicher in allen Qualitäten orientiert. Das Denken ist formal geordnet. Auffassung, Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis und Aufmerksamkeit sind in der dichten gutachterlichen Untersuchungsprozedur bis zuletzt ungestört geblieben. Hinweise für eine hirnorganische Leistungsstörung bestehen nicht. Ebenso keine anders begründeten kognitiven Störungen oder ein Anhalt für intellektuelle Defizite. Ein Anhalt für eine Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenproblematik besteht nicht. Weiter bestehen keine Wahrnehmungsstörungen, keine Ich-Störung und keine paranoiden Inhalte. Hinweise für das Vorliegen einer psychotischen Erkrankung haben sich auch im Längsschnitt nicht ergeben. Der Kläger hat nur über gelegentliche (zwei- bis dreimal im Monat) nächtliche Träume mit vergleichbaren Unfallsituationen berichtet, ebenso auf das Autofahren bzw. den Straßenverkehr bezogene Ängste. Ein Vermeidensverhalten ist jedoch auch in diesem Kontext nicht abzubilden, welches etwa einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Wege stünde. Das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung ist nach Dr. B. nicht zu beschreiben. Es besteht durchaus eine gute und auch lebendige inhaltliche Auslenkbarkeit bei zwar reduzierter aber durchaus erhaltener affektiver Resonanz. Eine eigenständige Antriebstörung liegt nicht vor. In der klinischen Untersuchung war der Kläger ausgesprochen kooperativ. Einfühlbar betroffen, im inhaltlichen Kontext auch depressiv und affektlabil war der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. B. im Zusammenhang mit den objektiv erheblich belasteten Umständen der Krebserkrankung der Ehefrau an erster Stelle sowie durch Sorgen hinsichtlich der finanziellen Situation und durch die orthopädischen Einschränkungen. Nach diesen von Dr. B. erhobenen Befunden kann eine quantitative Minderung der Leistungsfähigkeit des Klägers nicht festgestellt werden.

Dass der Kläger auf psychischem Gebiet in seiner Leistungsfähigkeit nicht erwerbsgemindert ist, wird auch durch die beim Kläger im Gutachten (= ausführlichen ärztlichen Bericht) von Dr. B. beschriebenen erhaltenem Ressourcen und Belastbarkeit bei der Alltagsbewältigung bestätigt. Nach den Beschreibungen von Dr. B. versorgt der Kläger seine im Mai 2015 an Brustkrebs erkrankte Ehefrau. Er hilft seiner Frau bei allem und begleitet sie zum Arzt. Der Kläger versorgt den kompletten Haushalt (Kochen, Wäsche, Bügeln, Putzen, Einkaufen). Außerdem versorgt der Kläger seine 16-jährige Tochter, die im Haushalt lebt. Er nimmt Elternabende in der Schule war. Er achtete darauf, dass seine Tochter die Schularbeiten macht. Er hat Kontakt zur Familie sowie zu Freunden. Falls es die Zeit erlaubt, sieht der Kläger fern (Fußball, Nachrichten, ältere Spielfilme). Weiter liest der Kläger gern Romane. Außerdem nimmt er eigene Arzttermine war. Er hat viele Freunde, mit denen er zumindest jede Woche zusammen ins Café geht oder im Fernsehen Fußball ansieht. Danach lässt sich beim Kläger eine Funktionsstörung, die eine überdauernde quantitative Leistungseinschränkung begründet, nicht herleiten, wie Dr. B. in seinem Gutachten (= ausführlichen ärztliche Bericht) vom 08.02.2016 nachvollziehbar und den Senat überzeugend dargelegt hat.

Dies wird auch nach dem von Dr. M. in seinem Gutachten vom 06.09.2017 beschriebenen psychopathologischen Befund bestätigt. Danach ist der Kläger im interpersonellen Kontakt freundlich-zugewandt, etwas selbstunsicher wirkend, vordergründig kooperativ. In der Gestik zeigte sich der Kläger etwas unsicher-nervös und in der Mimik zurückhaltend und psychomotorisch etwas angespannt erscheinend. Die Antriebslage ist jedoch ungestört. Der Kläger ist wach und allseits orientiert. Das formale Denken ist unauffällig und geordnet. Inhaltlich besteht kein Anhalt für das Vorliegen produktiv-psychotischer Symptome. Der Kläger schilderte von einzelnen phobischen Ängsten im Kontext von Verkehrssituationen, jedoch keine Panikattacken im engeren Sinne oder Zwangssymptome. In der Stimmung wirkte der Kläger subdepressiv jedoch allenfalls diskret vermindert schwingungsfähig. Die Auffassung und Konzentration beschreibt Dr. W. nicht als beeinträchtigt, auch nicht über den Zeitablauf der Begutachtung nachlassend. Gedächtnisstörungen sind nicht eruierbar. Das Intelligenzniveau ist innerhalb des Normbereichs erscheinend. Ein Anhalt für Suizidalität besteht nicht. Weiter ist der Kläger in der Lage, den Alltag zu bewältigen. Er hilft weiterhin seiner Ehefrau nach schwerer Krankheit. Der Kläger geht mit dem Hund außer Haus. Er hilft beim Mittagessen. Er besucht regelmäßig den Gottesdienst am Sonntag und sieht im Verlauf des Tages fern. Er hilft im Haushalt (Bügeln, Kochen). Er hat soziale Kontakte zu Freunden mit gegenseitigen Besuchen. Nach der nachvollziehbaren und überzeugenden Bewertung von Dr. M. ist beim Kläger zwar von einer vorhandenen Neigung zu einer depressiven Verstimmtheit mit verminderter psychischer Belastbarkeit sowie von phobischen Restbeschwerden im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen auszugehen, denen jedoch durch qualitative Einschränkungen hinsichtlich Tätigkeiten unter erhöhtem Zeitdruck, Gruppenakkordarbeiten, Fahrdiensttätigkeiten Rechnung getragen werden kann. Beim Kläger zeigt sich lediglich eine leichte psychische Störung. Weder liegt eine tiefergehende depressive Symptomatik vor noch ist der Kläger in den Aktivitäten des täglichen Lebens relevant beeinträchtigt. Vielmehr ist der Kläger nach dem Gutachten von Dr. M. in der Lage, durch zumutbare Willensanstrengung seine psychogenen Hemmungen zu überwinden, um einer regelmäßigen Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig nachzugehen. Eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers auf unter 6 Stunden täglich kann danach auch nach dem Gutachten von Dr. M. nicht feststellen werden. Hiervon geht auch Dr. M. in seinem Gutachten für den Senat nachvollziehbar und überzeugend aus.

Dass beim Kläger am 31.08.2014 auf psychiatrischem Gebiet (wegen der Folgen des im Jahr 2009 erlittenen Arbeitsunfalles) ein auf unter 6 Stunden herabgesetztes Leistungsvermögen bestand, wie er im Berufungsverfahren geltend macht, kann nicht festgestellt werden. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. M. in seinem Gutachten zeigt sich beim Kläger in der Gesamtschau im Vergleich zu den Befunden 2010 eine gravierende Besserung im Hinblick auf die psychische Leistungsfähigkeit, die seit 2012 anzunehmen ist. Auch nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. P. vom 14.03.2017 ist nicht festzustellen, das sich im Verlauf der Behandlung durch Dr. P. seit Januar 2014 eine Veränderung ergeben hat, die es rechtfertigt, rückschauend zum 31.08.2014 wegen der psychischen Erkrankung des Klägers von einer quantitativen Leistungsminderung auszugehen. Vielmehr hat Dr. P. in seiner Aussage die Einschränkung der psychischen Belastbarkeit des Klägers als seit Anfang 2014 unverändert beschrieben. Dies lässt sich auch aus den zu den Akten gelangten Bescheinigungen und Kurzberichten der Dipl.-Psych. U. mit Wiederholungen früherer Angaben ableiten, die darauf schließen lassen, dass das psychische Beschwerdebild beim Kläger seit Jahren unverändert ist, worauf Dr. M. in seinem Gutachten nachvollziehbar und überzeugend hinweist.

Auch Dr. S. hat in dem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten die Beurteilungen der Vorgutachter sowie des ärztlichen Dienstes der Beklagten bestätigt und geht beim Kläger für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht von einer quantitativen Leistungseinschränkung aus. Nach ihren Beschreibungen im Gutachten vom 23.08.2019 entspricht der psychopathologische Befund einem Normalbefund. Nach ihrer sachverständigen Bewertung führt die Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet beim Kläger zu keiner Einschränkung im Hinblick auf die körperliche Schwere einer Tätigkeit oder andere körperliche Merkmale einer Tätigkeit. Auch Dr. S. geht in ihrem Gutachten davon aus, dass sich Krankheitsverlauf wie er sich nach Aktenlage darstellt, beim Kläger seit dem Jahr 2015 keine wesentliche Änderung feststellbar ist und bestätigt die von ihr festgestellte - lediglich qualitative - Leistungseinschränkung spätestens seit dem 31.08.2014.

Die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. S. vom 23.01.2017 rechtfertigt entgegen der Ansicht des Klägers keine abweichende zeitliche Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalles. Eine zeitlich zuordenbare quantitative Leistungseinschränkung des Klägers spätestens zum 31.08.2014 lässt sich der Aussage von Dr. S. nicht entnehmen. Allein seine Aussage, beim Kläger bestehe eine ausgeprägte psychosomatische Symptomatik und ein Zustand nach einem schweren Verkehrsunfall im März 2009 und er leide seit 2009 sehr stark unter den Folgen des Verkehrsunfalls, worauf sich der Kläger beruft, belegt entgegen dem oben Ausgeführten eine quantitative Leistungseinschränkung zum 31.08.2014 nicht.

Der abweichenden Bewertung des Leistungsvermögens des Klägers durch Dr. P. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 14.03.2017 vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die von Dr. P. in seiner Aussage beschriebenen Befunde belegen abweichend von den übereinstimmenden Bewertungen im Gutachten von Dr. B. , Dr. W. und Dr. S. eine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers nicht. Entsprechendes gilt auch für die vom Kläger vorgelegte ärztliche Bescheinigung der Diplompsychologin U. vom 10.10.2015. Nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen von Dr. M. und Dr. S. in ihren Gutachten erscheinen die zu den Akten gelangten Befundberichte des Dr. P. sowie der Psychologin U. zudem nicht plausibel, da sie deren Behandlungsindikation bei attestierter Therapieresistenz widersprechen.

Hinsichtlich des Stütz- und Bewegungsapparates wird der Kläger durch eine seit 1981 bestehende Sprunggelenksverletzung rechts mit Ausbildung einer Sekundärarthrose und der Notwendigkeit einer orthopädischen Maßschuhversorgung seit den achtziger Jahren beeinträchtigt, wie Dr. R. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 12.01.2017 angegeben hat. Nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. M. besteht eine Teilsteife des Sprunggelenkes rechts. Hierdurch ist der Kläger jedoch über Jahrzehnte an einer beruflichen Tätigkeit nicht gehindert worden. Vielmehr kann der Beeinträchtigung des Klägers durch die Sprunggelenksverletzung rechts mit qualitative Einschränkungen hinsichtlich Tätigkeiten mit häufigem Treppensteigen, regelmäßigem Ersteigen von Leitern und Gerüsten, Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder Gehen, schweren oder mittelschweren Arbeiten, Tätigkeiten die eine erhöhte Gang- oder Standsicherheit bedingen, kniende oder hockende Tätigkeiten, ausreichend Rechnung getragen werden. Hiervon gehen Dr. R. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 12.01.2017 und Dr. M. in seinem Gutachten vom 06.09.2017 übereinstimmend aus.

Entsprechendes gilt auch hinsichtlich eines von Dr. R. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage diagnostizierten degenerativen Lumbalsyndroms mit Spinalkanalstenose sowie eines Rotatorenmanschettenreizzustandes mit Partialruptur und Schultereckgelenksverschleiß. Nach der Aussage von Dr. R. besteht eine funktionelle Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit seitens der Schuldner nicht. Bezüglich der Lendenwirbelsäule bestehen muskuläre Verspannungen, eine Bewegungseinschränkung und Blockaden sowie eine pseudoradikuläre Schmerzsausstrahlung. Eine quantitative Leistungseinschränkung auf unter 6 Stunden täglich folgt hieraus nach der Aussage von Dr. R. jedoch nicht. Vielmehr kann diesen Beeinträchtigungen des Klägers durch qualitative Einschränkungen hinsichtlich der Lendenwirbelsäule bezüglich Tätigkeiten mit wirbelsäulenbelastenden Zwangshandlungen, Tätigkeiten mit häufigem Bücken, Rumpfrotation, Hebe- und Tragebelastung über 12 kg ohne mechanische Hilfsmittel sowie hinsichtlich des linken Schultergelenkes für Tätigkeiten in Armvorhalte und über Kopf ausreichend Rechnung getragen werden. Dr. R. geht in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 12.01.2017 von einer Leistungsfähigkeit Klägers von mindestens 6 Stunden je Arbeitstag aus. Im Übrigen wurden nach der Aussage von Dr. R. das degenerative Lumbalsyndrom mit Spinalkanalstenose beim Kläger im Jahr 2016 sowie die Verschleißerscheinungen des linken Schultergelenkes im Jahr 2017 diagnostiziert, so dass selbst dann, wenn hinsichtlich des Lumbalsyndroms mit Spinalkanalstenose sowie der Verschleißerscheinungen des linken Schultergelenkes von einer quantitativen Leistungseinschränkung des Klägers ausgegangen würde, ein Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente mangels Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht bestünde. Das Vorliegen einer Erwerbsminderung wegen Gesundheitsstörungen des Haltungs- und Bewegungsapparates hat der Kläger im Übrigen im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht.

Dass der Kläger durch Gesundheitsstörungen auf anderen medizinischen Fachgebieten bedeutsam in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist, kann nicht festgestellt werden. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S. vom 23.01.2017 besteht beim Kläger auf internistischen Gebiet ein Zustand nach chronischer Hepatitis C, die 1999/2000 erfolgreich therapiert wurde mit nicht mehr vorhandenem Virusnachweis sei 2001. Weiter besteht beim Kläger ein Zustand nach Ulcus ventriculi sowie eine gastroösophageale Refluxkrankheit. Dass der Kläger hierdurch relevant in seinem Leistungsvermögen beeinträchtigt ist, kann der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S. nicht entnommen werden. Vielmehr geht Dr. S. davon aus, dass der Kläger durch eine posttraumatische Belastungsstörung, die Dr. S. zusammen mit einer körperlichen Behinderung durch eine erlittene Unterschenkelfraktur in den Vordergrund stellt, in der Belastbarkeit erheblich eingeschränkt sei. Auch Dr. M. hat nach seinen Beschreibungen des allgemein-körperlichen Befundes im Gutachten (Integument, Kopf, Hals, Thorax, Lunge, Herz und Abdomen) keine bedeutsamen Gesundheitsstörungen bezüglich anderer medizinischer Fachgebiete festgestellt. Auch nach den von Dr. M. in seinem Gutachten beschriebenen bei der somatischen Anamnese gemachten Angaben des Klägers finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auf anderen medizinischen Fachgebieten an Gesundheitsstörungen leidet, die sein Leistungsvermögen bedeutsam beeinträchtigen.

Aufgrund der festzustellenden Befunde liegt beim Kläger weder eine Summierung von Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, die die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich macht, vor. Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG, Urteil vom 25.06.1986 - 4a RJ 55/84 -, juris RdNr. 15 f.) ist die Erwerbsfähigkeit nicht abstrakt, d.h. nicht losgelöst von der Wirklichkeit des Arbeitslebens zu betrachten. Das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, hat grundsätzlich nicht die Rentenversicherung zu tragen, dies gilt jedoch nicht bei solchen Vollzeit-Arbeitsplätzen, bei denen wegen ihrer Seltenheit zumindest die erhebliche Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht. Eine Summierung von Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung sind beim Kläger nicht festzustellen. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlung ist festzustellen, dass der Kläger insbesondere in der Lage ist, täglich viermal Wegstrecken von 500 Metern innerhalb von jeweils 20 Minuten zurückzulegen sowie öffentliche und private Verkehrsmittel zu benutzen. Den vorhandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann nach Überzeugung des Senats durch qualitative Leistungseinschränkungen (keine schweren oder mittelschweren Arbeiten, keine Tätigkeiten in Nacht- und Wechselschicht, unter erhöhtem Zeitdruck, im Akkord, keine Fahrertätigkeiten, keine Tätigkeiten überwiegend im Stehen und Gehen, mit häufigem Treppensteigen sowie mit regelmäßigem Ersteigen von Leitern und Gerüsten, keine Tätigkeiten die eine erhöhte Gang- oder Standsicherheit erfordern, kniende oder hockende Tätigkeiten, Tätigkeiten mit wirbelsäulenbelastenden Zwangshandlungen, mit häufigem Bücken, Rumpfrotation, Hebe- und Tragebelastung über 12 kg ohne mechanische Hilfsmittel, in Armvorhalte und über Kopf) ausreichend Rechnung getragen werden.

Damit ist festzustellen, dass der Kläger - aktuell und auch zum 31.08.2014 - nicht erwerbsgemindert ist. Er ist in der Lage, leichte Tätigkeiten unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, jedoch unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen, arbeitstäglich 6 Stunden und mehr auszuüben. Er hat daher keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (auf Zeit) nach § 43 Abs. 1 bzw. Abs. 2 SGB VI. Darauf, ob der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar ist, kommt es dabei nicht relevant an.

Das Vorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Einwand des Klägers gegen das Gutachten des Dr. M. , das Gutachtensergebnis des Sachverständigen widerspreche den Beurteilungen seiner behandelnden Ärzte, ist nicht berechtigt. Vielmehr hat sich Dr. M. in seinem Gutachten mit den Bewertungen des Leistungsvermögens insbesondere durch die Psychotherapeutin U. und Dr. P. auseinandergesetzt und ist für den Senat nachvollziehbar und überzeugend zu der gutachterlichen Bewertung gelangt, dass deren Bewertungen nicht plausibel sind. Der Gutachter Dr. M. wird auch durch die vom Kläger ausgewählte Gutachterin Dr. S. bestätigt. Auch der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. S. vom 23.01.2017, auf die sich der Kläger außerdem beruft, belegt eine quantitative Leistungseinschränkung des Klägers nicht. Vielmehr hat Dr. S. in seiner Aussage angegeben, dass er wegen der psychischen und psychosomatischen Symptomatik des Klägers eine differenzierte gutachtliche Stellungnahme hierzu nur eingeschränkt abgeben könne. Soweit sich der Kläger weiter auf die schriftliche sachverständige Zeugenaussage von Dr. R. vom 12.01.2017 beruft, hat Dr. R. auf seinem Fachgebiet das Leistungsvermögen des Klägers mit 6 Stunden bestätigt. Soweit Dr. R. als zusätzlich zu berücksichtigend auf die familiären Verhältnisse sowie ein im Haushalt zu versorgendes Kindes hinweist, vermag der Senat - entgegen der Ansicht des Klägers - einen Hinweis auf die Schwere der psychischen Erkrankung des Klägers nicht zu erkennen. Hierzu wäre Dr. R. als Orthopäde, bei dem sich der Kläger wegen seiner psychischen Erkrankung zudem nicht in Behandlung befunden hat, auch nicht in der Lage.

Der 1955 geborene Kläger hat im Übrigen auch nach § 240 SGB VI keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Zwar kann er seinen zuletzt ausgeübten Beruf als Kraftfahrer (LKW-Fahrer) nicht mehr in Vollzeit ausüben, wie Dr. B. wie auch Dr. S. bestätige. Dass der Kläger zur Berufsausübung als Kraftfahrer die Phase einer Anlernzeit überschritten hat, ist jedoch nicht festzustellen. Vielmehr hat der Kläger nach seinen Angaben eine Berufsausbildung nicht absolviert, auch ein Anlernverhältnis bestand nicht. Der Kläger ist daher auf alle leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Selbst wenn der Kläger in Stufe 2 des Mehrstufen-Schema des BSG für Berufe mit einer Ausbildung bis zwei Jahre einzustufen wäre, gehörte er zur Gruppe der unteren Angelernten, die ebenfalls auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar wären. Solche Tätigkeiten aber kann der Kläger nach der Feststellung des Senats noch arbeitstäglich sechs Stunden und mehr ausüben, wenn auch unter Beachtung qualitativer Einschränkungen. Der Kläger ist damit auch nicht berufsunfähig i.S.d. § 240 SGB VI. Im Übrigen sind auch hier die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmals zum 31.08.2014 erfüllt. Dass zu diesem Zeitpunkt bereits Berufsunfähigkeit eingetreten ist, konnte der Senat nicht feststellen.

Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen besteht nicht. Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.

Die Berufung des Klägers war nur deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Kosten des gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens von Dr. S. vom 23.09.2019 sowie die baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 1 U 3854/06 KO-B -, juris; Urteil des Senats vom 23.11.2012 - L 8 U 3868/11 -, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11).

Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten des Gutachtens von S. sowie die baren Auslagen des Klägers auf die Staatskasse zu übernehmen. Das Gutachten hat den Rechtsstreit nicht objektiv gefördert und nicht zu seiner Erledigung beigetragen. Denn Dr. S. hat in ihrem Gutachten die Beurteilung der Vorgutachter sowie des ärztlichen Dienstes der Beklagten zum Leistungsvermögen des Klägers bestätigt und damit, gemessen Prozessziel des Klägers, keinen wesentlichen Beitrag erbracht und die Entscheidung des Rechtsstreites nicht maßgeblich gefördert.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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