L 10 R 2688/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 3206/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2688/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 27.06.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente im Streit.

Der am.1962 geborene Kläger ist t. Staatsangehöriger und arbeitete vom 21.05.1991 bis zu einem Wegeunfall am 12.10.2012 als Arbeiter, insbesondere Gabelstaplerfahrer bei der Firma S. in H. (Sägewerk und Holzhandlung). Seitdem ist er seinen eigenen Angaben nach durchgehend arbeitsunfähig. Eine Berufsausbildung hat der Kläger nicht absolviert.

Am 11.04.2014 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen ließ die Beklagte den Kläger orthopädisch sowie psychiatrisch begutachten. Der Facharzt für Orthopädie und Sozialmediziner Dr. R. untersuchte den Kläger im Dezember 2014 und diagnostizierte eine Varusdeformität wohl nach stattgehabter Fraktur mit Bewegungseinschränkung als Folge eines Arbeitsunfalls 1993, eine Sehnennervenverletzung von D1 bg-lich, als auch wohl carpaler Instabilität nicht bg-lich mit Belastungsminderung der rechten Hand, eine knochennarbig ausgeheilte Fersenbeinfraktur mit funktionell endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit bei subjektiv beklagter Minderbelastbarkeit, statische Lendenwirbelsäulenbeschwerden mit ischialgieformer nicht reproduzierbarer Schmerzkomponente sowie ein Cervicalsyndrom mit wechselnden Bewegungsausschlägen ohne objektivierbare neurologische Ausfallerscheinungen und kam zu dem Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens. Der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Facharzt für Psychotherapeutische Medizin, Psychoanalyse M. untersuchte den Kläger im April 2015 und konnte einen sicheren Anhalt für eine psychische Störung nicht erkennen, vielmehr gab er an, dass der Kläger kognitive Defizite sowie Bewegungsstörungen simuliere und organisch vom Verteilungstyp her nicht erklärbare sensible Defizite bestünden (Bl. 86 der Verwaltungsakte medizinischer Teil). Auf nervenärztlichem Fachgebiet konnte er weder eine neurologische Erkrankung noch eine psychische Störung feststellen, die das Leistungsvermögen des Klägers wesentlich einschränkt (Bl. 110 der Verwaltungsakte ärztlicher Teil). Mit Bescheid vom 27.07.2015 und Widerspruchsbescheid vom 29.09.2015 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab.

Hiergegen hat der Kläger am 23.10.2015 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und ausgeführt, dass er nicht mehr in der Lage sei, mindestens sechs Stunden arbeitstäglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig zu sein. Selbst wenn die orthopädischen Beschwerden ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen nicht rechtfertigen würden, so sei ihm auf Grund der psychischen Problematik derzeit ein Sechsstundentag nicht mehr möglich. Er hat u.a. ein MDK-Pflegegutachten vom 23.10.2015 vorgelegt, in dem die Pflegestufe II ab September 2015 empfohlen wurde (Bl. 31 der SG-Akte), Bescheide des Versorgungsamtes, mit denen ihm ab dem 27.07.2015 ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 und die Merkzeichen G und B (Bl. 38 der SG-Akte) bzw. ab dem 05.04.2016 ein GdB von 100 und die Merkzeichen H, aG, G und B (Bl. 74 der SG-Akte) zuerkannt wurden sowie eine von der BG-Klinik Ludwigshafen am 13.06.2014 vorgenommene Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit EFL nach S. Iserhagen (Bl. 27 der SG-Akte), der sich ein unter dreistündiges Leistungsvermögen für die letzte berufliche Tätigkeit als Arbeiter im Sägewerk entnehmen lässt.

Der vom SG als sachverständiger Zeuge befragte Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. H. hat als psychopathologischen Befund Einbußen im dynamischen Bereich, Vitalgefühlsstörungen sowie kognitive Einschränkungen und eine deutliche Schmerzentwicklung (Bl. 19 der SG-Akte) mitgeteilt. Es bestehe beim Kläger nur noch ein unter dreistündiges Leistungsvermögen.

Das SG hat daraufhin bei dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. N. ein Gutachten eingeholt (Bl. 48 der SG-Akte), in dem dieser eine Dysthymia diagnostiziert hat. Dr. N. ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger in der Lage sei, zumindest Arbeiten mit einfachen Ansprüchen an die geistige und psychische Belastbarkeit, die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie geistige Flexibilität ohne Schicht- und Nachtdienst zu verrichten. Objektivierbare Hinweise für eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit hat er nicht gefunden. Das quantitative Leistungsvermögen des Klägers hat er auf sechs Stunden arbeitstäglich hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geschätzt. Im Rahmen der neurologischen Untersuchung hat Dr. N. eine mangelhafte Anstrengungsbereitschaft des Klägers (Bl. 64 der SG-Akte) und bei der psychiatrischen Exploration Verdeutlichungstendenzen festgestellt (Bl. 65 der SG-Akte). Sodann hat das SG ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei dem Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S. eingeholt (Bl. 105 der SG-Akte). Dieser ist auf Grund seiner Untersuchung im Januar 2017 zu dem Ergebnis gelangt, dass eine definitive Diagnose des neurologisch-psychiatrischen Fachgebietes bis auf den schädlichen Nikotinkonsum nicht gestellt werden könne, da sich im neurologischen Untersuchungsbefund intermittierend zweifelsfrei eine Aggravation bzw. Simulation gezeigt habe und daher eine regelrechte Beurteilbarkeit des neurologischen Untersuchungsbefundes hinsichtlich der Motorik und der Koordination nicht möglich sei (Bl. 133 und 134 der SG-Akte). Im psychopathologischen Befund habe sich hingegen keine signifikante Antriebsminderung oder psychomotorische Hemmung gezeigt. Einen Anhalt für eine demenzielle Symptomatik hat Dr. S. nicht gefunden. Der Kläger habe in der Grundstimmung zwar niedergeschlagen und dysthym gewirkt, eine tiefgehende oder vitale depressive Stimmungslage habe hingegen nicht vorgelegen. Dr. S. hat auch keine weiteren psychopathologische Auffälligkeiten finden können (Bl. 134 der SG-Akte) und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger Beschwerden aggraviere, um eine Rente zu erhalten (Bl. 135 der SG-akte), wobei auf Grund des Aggravations-/Simulationsverhaltens ein qualitatives Leistungsbild nicht erstellt werden könne (Bl. 136 der SG-Akte). Das quantitative Leistungsvermögen des Klägers hat Dr. S. auf arbeitstäglich mindestens sechs Stunden eingeschätzt (Bl. 137 der SG-Akte).

Mit Gerichtsbescheid vom 27.06.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung auf die von ihm eingeholten Sachverständigengutachten der Dres. N. und S. sowie die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin M. sowie des Facharztes für Orthopädie und Sozialmediziner Dr. R. gestützt.

Gegen den ihm am 03.07.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.07.2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass das Gericht rechtsfehlerhaft verkannt habe, dass beim ihm ein GdB von 100 sowie die Merkzeichen G, B, H und aG vorlägen und er darüber hinaus in die Pflegestufe 2 eingruppiert worden sei. Allein hieraus ergebe sich, dass er nicht mehr erwerbsfähig sei. Er hat weitere ärztliche Unterlagen, u.a. ein Erstes Rentengutachten für die Berufsgenossenschaft wegen eines Unfalls vom 16.07.1993 von Dr. K. /Prof. Dr. S. (Unfallfolge: Posttraumatische Cubitalarthrose linksseitig, Bl. 19 der LSG-Akte) vorgelegt.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Mannheim vom 27.06.2017 und unter Aufhebung des Bescheides vom 27.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2015 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf ihr Vorbringen im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren sowie eine beratungsärztliche Stellungnahme des Leitenden Medizinaldirektors Dr. H. vom 06.11.2017, der eine Änderung der bisherigen sozialmedizinischen Beurteilung auch in Kenntnis der vorgelegten ärztlichen Unterlagen verneint hat (Bl. 27 der LSG-Akte).

Der Kläger hat sodann mitgeteilt, dass er seit der Neueinstufung ab dem 01.01.2017 die Pflegestufe IV (gemeint Pflegegrad) bekommen habe (Bl. 30 der LSG-Akte) und hat einen Antrag gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf Begutachtung durch den Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Sozialmedizin Dr. A. gestellt. Dieser hat den Kläger im Mai 2018 medizinisch begutachtet und in seinem Gutachten (Bl. 40 der LSG-Akte) eine Herabsetzung der Trage- und Belastungsfähigkeit des gesamten musculoskelettalen Systems, eine ausgeprägte Schmerzstörung im Zusammenhang mit der fortgeschrittenen Regression, eine Schwindelneigung mit Taumeligkeit, eine nervenärztlich bestätigte depressive Episode mit dauernder Behandlungsnotwendigkeit, eine Ellenbogengelenksarthrose links, eine Handgelenksfunktionseinschränkung rechts, eine Gangbildstörung bei Fersenbeinfraktur sowie einen reduzierten Allgemein- und Kräftezustand festgestellt (Bl. 113 der LSG-Akte), was dazu führe, dass ein berufliches Leistungsvermögen nicht mehr zu bestimmen sei und der Kläger keine mindestens sechsstündige Erwerbstätigkeit arbeitstäglich ausüben könne. Überdies sei der Kläger auch nicht mehr wegefähig, da er nur noch wenige Meter selbstständig gehen könne (Bl. 114 der LSG-Akte). Es liege eine dauernde Einschränkung vor, da eine Besserung nicht möglich sei (Bl. 114 der LSG-Akte). Die Beklagte hat daraufhin eine fachorthopädische Stellungnahme bei dem Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin, Chirotherapie, Sozialmedizin Dr. A. vorgelegt (Bl. 123 der LSG-Akte), der der Leistungsbeurteilung von Dr. A. im Ergebnis widersprochen hat.

Der Senat hat daraufhin ein weiteres Gutachten bei dem Leiter der Gutachtensambulanz und Schmerztherapie, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Physikalische und Rehabilitative Medizin, Rheumatologie, Schmerztherapie, Psychotherapie, Chirotherapie, Handchirurgie und Sportmedizin Prof. Dr. S. eingeholt (Bl. 154 der LSG-Akte), der seinerseits nach Genehmigung des Senats eine psychologische Evaluation des Klägers durch die Diplom-Psychologin M. hat durchführen lassen (Bl. 196 f. der LSG-Akte). Auf Grund eigener Untersuchung im Januar 2019 sowie der durch die Diplom-Psychologin M. durchgeführten psychologischen Evaluation im Februar 2019 hat Prof. Dr. S. eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung als Ausdruck verkörperlichter, abgewehrter Wünsche und Bedürfnisse (Versorgungs- und Wiedergutmachungswünsche), eine Dysthymia als Ausdruck chronischer Missmutigkeit, ohne die Kriterien einer depressiven Episode zu erfüllen, eine Funktionsstörung des rechten Daumens (Einschränkung der aktiven Daumenstreckung im Grundgelenk), eine Umformung des linken Armes oberhalb des Ellenbogengelenks, ohne weitere Funktionsstörung sowie einen Fußschmerz links ohne körperliche Erklärbarkeit diagnostiziert (Bl. 189 der LSG-Akte). Prof. Dr. S. hat ausgeführt, dass neben unbewusster, krankheitswertiger Motivbildung die meisten schmerzhaften Funktionsstörungen (Bewegungseinschränkung der Schultergelenke, Ellenbogengelenke, Handgelenke) simuliert und manche (Belastungsminderung des linken Fußes) aggraviert werden (Bl. 190 der LSG-Akte). Die Einschränkung der aktiven Daumenstreckung rechts begründe eine leichte Einschränkung für Tätigkeiten, die die Funktion beider Daumen voraussetzten (Tätigkeiten mit schweren Geräten, feinmechanischen Tätigkeiten) und die geringfügige Minderung der Benutzungszeichen der Schuhsohle links begründe eine mittlere Einschränkung für Tätigkeiten vorwiegend im Stehen und Gehen, weiterhin Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, weshalb leichte körperliche Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des Körperhaltungswechsels, ohne erhöhte Verantwortung und ohne erhöhten Arbeitsdruck auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen in der Woche möglich seien (Bl. 191 der LSG-Akte). Eine Einschränkung der Wegefähigkeit liege nicht vor.

Der Kläger ist diesem Gutachten entgegengetreten und hat sich auf das rechtskräftige Urteil des Senats vom 13.12.2018 in dem Verfahren L 10 U 887/15 berufen, in dem festgestellt worden sei, dass er wegen seiner körperlichen und psychischen Gebrechen zu keiner irgendwie gearteten Tätigkeit mehr in der Lage sei (Bl. 215 der LSG-Akte), und hat außerdem einen CT-Bericht über den linken Ellenbogen vom Juni 2019 (Bl. 238 der LSG-Akte) vorgelegt. Die Beklagte hat daraufhin eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. H. vorgelegt (vom 04.07.2019, Bl. 241 der LSG-Akte), in dem dieser an seiner Leistungseinschätzung festgehalten hat.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig, jedoch unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 27.07.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.09.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher weder eine Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) dargelegt und zu Recht ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, körperlich leichte, nervlich wenig belastende Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.

Nach Überzeugung des Senats liegen beim Kläger keine Einschränkungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet vor, die der Ausübung einer arbeitstäglich sechsstündigen Tätigkeit entgegenstehen. Ob der Kläger tatsächlich an einer psychiatrischen Erkrankung in Form einer Dysthymie und/oder einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leidet, wovon Dr. N. - dieser hat eine Dysthymia - und Prof. Dr. S. - dieser hat in Anlehnung an das Ergebnis der psychologischen Evaluation durch die Diplom-Psychologin M. eine Dysthymie sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert - ausgehen, lässt der Senat ausdrücklich dahinstehen, wobei er wegen der von allen von Amts wegen durch das Gericht bestellten Gutachter (Dr. N. , Dr. S. und Prof. Dr. S. ) sowie der Verwaltungsgutachter (Dr. R. und M. ) mitgeteilten Simulations-, Aggravations- und Verdeutlichungstendenzen des Klägers erhebliche Zweifel am Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung hat. Jedenfalls haben die neurologisch-psychiatrischen Gutachter und auch die Diplom-Psychologin M. keine Befunde erhoben, die eine quantitative Einschränkung des klägerischen Leistungsvermögens rechtfertigen würden.

Dr. N. hat dokumentiert, dass beim Kläger keinerlei Beeinträchtigungen hinsichtlich Bewusstsein, Orientierung, Mnestik, Konzentration und Aufmerksamkeit sowie des formalen und inhaltlichen Denkens bestanden haben (Bl. 58 f. der SG-Akte). Die vom Kläger beschriebenen Unruhezustände und Ängste sowie Panikattacken haben sich in der Untersuchungssituation nicht objektivieren lassen. Auch haben keine Zwangsgedanken, -impulse oder -handlungen bestanden. Sofern der Kläger akustische und visuelle Halluzinationen geschildert hat, so ist deren Beschreibung diffus und unkonkret geblieben (Bl. 59 der SG-Akte). Die Stimmung des Klägers ist von Dr. N. als niedergeschlagen beschrieben worden, ansonsten ist der Kläger affektiv ausreichend schwingungsfähig gewesen (Bl. 59 der SG-Akte). Auch haben sich keine psychomotorischen Auffälligkeiten gezeigt und der Antrieb ist unauffällig gewesen (Bl. 60 der SG-Akte). Der körperlich-neurologische Untersuchungsbefund ist weitgehend unauffällig gewesen, wobei der Kläger die Untersuchungsräume mit verlangsamtem Gangbild und angedeutetem Nachziehen des linken Beines unter Benutzung eines Rollators betreten hat und das An- und Auskleiden nur sehr zögerlich und unter erheblichen Schmerzbekundungen erfolgt ist. Dr. N. hat jedoch beobachtet, dass das Gangbild des Klägers in unbeobachteten Momenten deutlich flüssiger und die Beweglichkeit rascher gewesen ist und die Intensität der beklagten Schmerzen (Grad 8 von 10) im Gegensatz zu dem in der Untersuchung und Exploration wenig beeinträchtigt imponierenden Gesamtzustand gestanden hat. Bei sämtlichen Muskeleinzelprüfungen hat Dr. N. keinen Nachweis isolierter Paresen, Tonusanomalien oder Atrophien gefunden, jedoch eine mangelnde Anstrengungsbereitschaft festgestellt (Bl. 61 der SG-Akte). Bei der Prüfung der Koordination hat der Kläger ein reproduzierbares Vorbeizeigen im Finger-Nase-Versuch beidseits demonstriert. Insgesamt hat Dr. N. jedoch keine objektivierbaren Störungen festgestellt (Bl. 61 der SG-Akte). Die Gehfähigkeit des Klägers hat Dr. N. auch ohne Benutzung eines Rollators als ausreichend sicher beschrieben. Auch hier hat der Kläger zunächst eine grotesk anmutende Unsicherheit im Romberg-Test, beim Unterberger-Tretversuch sowie beim Seiltänzergang vorgeführt, die bei Ablenkung jeweils deutlich weniger geworden ist (Bl. 61 der SG-Akte). Die neurophysiologischen Zusatzuntersuchungen sind allesamt unauffällig gewesen (Bl. 62 der SG-Akte). Die neuropsychologische Zusatzdiagnostik hat Hinweise auf Verdeutlichung erbracht (Bl. 63 und 65 der SG-Akte). Mangels gravierender Befunde auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet ist Dr. N. zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gekommen, dass beim Kläger keine wesentlichen Leistungseinschränkungen auf diesem Fachgebiet bestehen und dieser weiterhin in der Lage ist, zumindest Arbeiten mit einfachen Ansprüchen an die geistige und psychische Belastbarkeit, die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie geistige Flexibilität sechs und mehr Stunden pro Tag zu verrichten (Bl. 66 der SG-Akte).

Einen auffälligen psychischen Untersuchungsbefund hat auch der Sachverständige Dr. S. nicht beschrieben. Dr. S. hat berichtet, dass das Verhalten des Klägers recht bizarr gewesen ist und er bei der körperlichen Untersuchung eindeutig mehrmals Aggravation oder Simulation gezeigt hat. Dr. S. hat ebenso wenig wie Dr. N. Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung und der Konzentration festgestellt. Die vom Kläger berichteten erheblichen Gedächtnisstörungen haben sich nicht objektivieren lassen (Bl. 125 der SG-Akte). Weder hat sich eine Antriebsminderung, noch eine psychomotorische Hemmung feststellen lassen. Zwar hat der Kläger in der Grundstimmung leicht niedergeschlagen gewirkt, jedoch hat eine tiefgehende oder vitale depressive Stimmungslage nicht vorgelegen. Die affektive Resonanzfähigkeit ist zum negativen Pol hin verschoben, aber nicht aufgehoben gewesen. Das formale Denken ist zwar langsam, jedoch folgerichtig gewesen. Inhaltliche Denkstörungen, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen, dissoziative oder somatische Störungen haben nicht bestanden (Bl. 125 der SG-Akte). Die Prüfung der Hirnnerven hat einen unauffälligen Befund ergeben (Bl. 122 der SG-Akte). Die Gelenke der oberen und unteren Extremitäten sind aktiv beweglich gewesen, wobei der Kläger Einschränkungen der Beweglichkeit des linken Schultergelenks sowie des rechten Daumens angegeben hat und das linke Ellenbogengelenk in allen Bewegungsgraden endgradig eingeschränkt gewesen ist. Bei der Prüfung des Fingerkuppen-Boden-Abstands hat sich der Kläger nur marginal vornübergebeugt. Den Hackengang hat er links nicht ausgeführt und ein links hinkendes Gangbild demonstriert, wobei er links praktisch permanent im Zehenspitzengang gegangen ist. Einen Anhalt für eine neurogene Gangstörung hat sich jedoch nicht ergeben (Bl. 123 der SG-Akte). Bei der Prüfung der Koordination hat der Kläger einen ungerichtet unsicheren Romberg-Versuch gezeigt und beim Finger-Nase-Versuch mehrmals deutlich auch mit kreisenden Bewegungen vor der Nasenspitze vorbeigezeigt. Den Seiltänzergang hat er ungerichtet unsicher und bizarr demonstriert. Dieses Verhalten des Klägers bei der Prüfung von Motorik und Koordination hat Dr. S. daher nachvollziehbar als aggravierend und simulierend bezeichnet (Bl. 124 der SG-Akte). Die neurophysiologischen Zusatzuntersuchungen sind unauffällig gewesen (Bl. 126 f. der SG-Akte). Die durchgeführte testpsychologische Untersuchung hat wiederum Hinweise auf Aggravation bzw. Simulation gegeben (Bl. 127 der SG-Akte). Insgesamt hat Dr. S. festgestellt, dass das Verhalten und das Bewegungsmuster des Klägers recht bizarr und mit Krankheitsbildern des neurologisch-psychiatrischen Fachgebiets nicht vereinbar gewesen ist, weshalb er zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Kläger die Beschwerden angesichts seines Rentenbegehrens aggraviert (Bl. 135 der SG-Akte). Daher hat sich Dr. S. außer Stande gesehen, eine Diagnose auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet zu stellen, ein qualitatives Leistungsbild zu beschreiben (Bl. 135 f. der SG-Akte) und schließlich eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers verneint (Bl. 137 der SG-Akte).

Auch die seitens des Sachverständigen Prof. Dr. S. mit der psychologischen Evaluation betraute Diplom-Psychologin M. hat keinen die quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers einschränkenden psychischen Befund erhoben. Der Kläger hat sich im Rahmen der Evaluation in allen Qualitäten orientiert gezeigt. Merkfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit sind unauffällig gewesen und es haben keine Hinweise auf inhaltliche oder formale Denkstörungen bestanden. So ist der Kläger in der Lage gewesen, unter den zahlreichen von ihm mitgebrachten Unterlagen bei jeder Frage sofort das richtige Dokument mit der entsprechend gekennzeichneten Textstelle zur Verfügung zu stellen, um seine Probleme zu verdeutlichen. Er hat während der Evaluation auch keine Pause beansprucht (Bl. 203 der LSG-Akte). Einen die quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers einschränkenden psychischen Befund hat auch der Facharzt M. in seinem für die Beklagte im April 2015 erstellten Gutachten nicht erhoben (Bl. 89 der Verwaltungsakte medizinischer Teil). Sofern der den Kläger behandelnde Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychoanalyse Dr. H. davon ausgegangen ist, dass beim Kläger ein nur noch unter dreistündiges Leistungsvermögen vorliegt, so ist diese Auffassung nicht mit den von ihm mitgeteilten Befunden in Einklang zu bringen. Dr. H. hat als eigenständigen psychopathologischen Befund lediglich mitgeteilt, der Kläger sei psychomotorisch verlangsamt, unruhig und in seiner Stimmung deutlich gedrückt gewesen. Soweit er überdies Beschwerden des Klägers in Form von Schmerzen unterschiedlicher Lokalisation, wiederkehrende Schwindelanfälle, ausgeprägte Schlafstörungen, konzentrative Einschränkungen mit verminderter Belastbarkeit, psychomotorische Verlangsamung und Vitalgefühlsstörungen aufgezählt hat, handelt es sich hier um eine Wiedergabe des klägerischen Beschwerdevortrags ohne objektiven Befund.

Eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers liegt auch auf orthopädischem Fachgebiet nicht vor. Der Senat stützt sich insoweit auf das interdisziplinäre Sachverständigengutachten des Prof. Dr. S ... Dieser hat im Rahmen der Untersuchung keine Befunde dokumentierten können, die die vom Kläger geklagten Schmerzen in beiden Schultern, des rechten Unterarms und rechten Handgelenks sowie des linken Unterschenkels und der linken Ferse (Bl. 167 der LSG-Akte) erklären. So ist die Beweglichkeit von Schulter-, Ellenbogen- und Handgelenken frei und die Arme sind seitengleich und muskelkräftig aufgebaut gewesen (Bl. 175 f. der LSG-Akte). Auch die Umfangmaße der Arme und Hände sind annähernd seitengleich gewesen (Bl. 176 der LSG-Akte). Eine Bewegungseinschränkung hat Prof. Dr. S. in allen Bewegungsachsen beider Hüftgelenke und beider Kniegelenke nicht feststellen können (Bl. 176 der LSG-Akte). Prof. Dr. S. hat lediglich eine eingeschränkte aktive Streckung des rechten Daumens im Grundgelenk (Bl. 176 und 185 der LSG-Akte) und eine klinisch unbedeutsame Einschränkung des Ausmaßes der Fußhebung im oberen Sprunggelenk (10° weniger als rechte Gegenseite, Bl. 176 und 185 der LSG-Akte), die das vom Kläger demonstrierte schwerfällige Gangbild am Rollator unter hauptsächlicher Belastung nur des linken Vorfußes nicht erklärt, festgestellt. Diese einseitig demonstrierte Vorfußbelastung links passt auch nicht zu dem von Prof. Dr. S. festgestellten seitengleich kräftigen Muskelprofil der Beine (Bl. 176 der LSG-Akte), der überwiegend seitengleichen mittelstarken Fußsohlenbeschwielung (Bl. 165 der LSG-Akte), den Belastungsspuren im Bereich der Schuhabsätze (Bl. 173 und 186 der LSG-Akte) und den seitengleichen Umfangmaßen der unteren Extremitäten (Bl. 177 der LSG-Akte), die dafür sprechen, dass der Kläger auch sein linkes Bein und den linken Fuß regelmäßig belastet (Bl. 186 der LSG-Akte). Neurologische Einschränkungen hat Prof. Dr. S. weder im Bereich der oberen, noch der unteren Extremitäten feststellen können (Bl. 177 der LSG-Akte). Der Kläger hat - laut Prof. Dr. S. - jedoch massiv gegen Untersuchungen zum Beispiel zur Überprüfung von Gelenksfunktionen oder der Körperkontrolle gearbeitet, obwohl jene Funktionen völlig unbeeinträchtigt gewesen sind. Wegen des kräftigen Muskelprofils der Arme und Beine ohne erkennbare Schonungszeichen und ohne Einsteifung der Gelenke, ist Prof. Dr. S. zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Kläger die freien Gelenksfunktionen bewusst sind und er die Funktionsstörungen willentlich herstellt (Bl. 185 der LSG-Akte), um sich hierdurch einen erheblichen Krankheitsgewinn in den familiären Beziehungen zu ermöglichen (Versorgung durch Ehefrau bei sämtlichen Verrichtungen der Körperhygiene und der Nahrungsaufnahme, Bl. 185 f. der LSG-Akte). Gegen eine krankheitswertige unbewusste Symptompräsentation spricht auch, dass er seinen eigenen Angaben nach mit zwei Freunden regelmäßig schwimmen geht und dort unter anderem gymnastische Übungen macht (Bl. 162 und 187 der LSG-Akte). Es ist dem Kläger überdies trotz seiner Angaben im Schmerzfragebogen, dass er nur eine halbe Stunde sitzen könne (Bl. 169 der LSG-Akte), während der Exploration möglich gewesen, zweieinhalb Stunden völlig unbeeinträchtigt zu sitzen (Bl. 187 der LSG-Akte) und - ebenfalls entgegen der Angaben im Schmerzfragebogen (Bl. 169 der LSG-Akte) - kurz eigenständig zu stehen (Bl. 187 der LSG-Akte). Der Senat teilt daher die Auffassung von Prof. Dr. S. , wonach sich der Kläger selektiv von unangenehmen Lebensbereichen zurückgezogen hat, sich aber angenehme Bereiche erhält (Bl. 187 f. der LSG-Akte). In dieser Auffassung sieht sich der Senat wie Prof. Dr. S. auch durch die von der Diplom-Psychologin M. durchgeführten psychologischen Evaluation bestätigt (Bl. 188 der LSG-Akte), in der diese ebenfalls deutliche Hinweise auf Aggravations- und Simulationstendenzen des Klägers bei Rentenbegehren und sekundärem Krankheitsgewinn durch die übertriebene Fürsorglichkeit der Familie (insbesondere der Ehefrau) beschrieben hat (Bl. 205, 207 und 208 der LSG-Akte). Prof. Dr. S. ist daher überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Einschränkung der aktiven Daumenstreckung rechts nur eine leichte Einschränkung für Tätigkeiten, die die Funktionen beider Daumen voraussetzen (Tätigkeiten mit schweren Geräten, feinmechanische Tätigkeiten), und die geringfügige Minderung der Benutzungszeichen der Schuhsohle links eine mittlere Einschränkung für Tätigkeiten vorwiegend im Stehen und Gehen, weiterhin für Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten begründet und der Kläger somit noch in der Lage ist, leichte körperliche Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des Körperhaltungswechsels, ohne erhöhte Verantwortung und ohne erhöhten Arbeitsdruck auszuüben (Bl. 191 der LSG-Akte). Eine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit des Klägers liegt - so überzeugend Prof. Dr. S. - nicht vor (Bl. 191 der LSG-Akte).

Die vom Kläger gegen Prof. Dr. S. erhobenen Einwände (Bl. 217 LSG-Akte) greifen nicht durch. Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Gutachten des Sachverständigen nicht "unbrauchbar", sondern - wie bereits dargelegt - überzeugend.

Soweit der Kläger die äußeren Umstände der Begutachtung als ihm unangemessen erscheinend anprangert (z.B. zu große Lautstärke des Sachverständigen, der Sachverständige habe den Wunsch auf Beendigung der Untersuchung zunächst nicht respektiert, der Sachverständige habe die Tochter nicht zur Untersuchung zugelassen), relativiert dies nicht die vom Sachverständigen tatsächlich im Einzelnen erhobenen Befunde, die dann für die Leistungsbeurteilung ausschlaggebend gewesen sind. Im Übrigen hat Prof. Dr. S. im Gutachten seinerseits eine übermäßige Lautstärke des Klägers bei der Befragung dokumentiert (vgl. z.B. Bl. 160 f. LSG-Akte) und die psychologische Untersuchung hat tatsächlich dem Wunsch des Klägers entsprechend zu einem späteren Zeitpunkt stattgefunden.

Soweit der Kläger sinngemäß in Bezug auf die Befunderhebung durch den Sachverständigen wiederum rügt, der Sachverständige habe seine Tochter als Vertraute nicht zur Untersuchung zugelassen und er - der Kläger - sei nicht in der Lage gewesen, der Situation entsprechend zu reagieren, ist darauf hinzuweisen, dass es nicht die Aufgabe des Sachverständigen gewesen ist, das Leistungsvermögen des Klägers bei Unterstützung durch die Tochter zu klären, da die Tochter auch bei einem in Rede stehenden Einsatz des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Unterstützung des Klägers zur Verfügung stünde. Soweit der Kläger einwendet, der Sachverständige habe bei der körperlichen Untersuchung die Gelenke im Übermaß beansprucht und Schmerzen verursacht, korrespondiert dies mit Darstellungen des Sachverständigen. So beschreibt er beispielsweise muskuläres Gegenspannen des Klägers bei der Beweglichkeitsprüfung der Ellenbogengelenke, aber auch, dass der Kläger dies dann aufgegeben hat und sich eine freie Beweglichkeit herausgestellt hat (Bl. 175 LSG-Akte). Gerade angesichts der dem Sachverständigen aus dem Aktenstudium bereits bekannten Hinweise auf Aggravation und Simulation und entsprechender Auffälligkeiten schon zu Beginn der Befragung des Klägers (z.B. Angabe des Klägers, er wisse nicht, worum es heute gehe, dann aber das Bemerken, es gehe um Rente, Bl. 157 LSG-Akte; Angabe des Klägers, schmerzbedingt nicht länger als eine halbe Stunde sitzen zu können, Bl. 169 LSG-Akte, im Gegensatz zur Tatsache, dass der Kläger tatsächlich zwei Stunden hat stillsitzen können, Bl. 165 LSG-Akte) ist die - ohnehin durchaus übliche - Erhebung der passiven Bewegungsmaße angezeigt gewesen. Aus der dadurch nachgewiesenen freien Beweglichkeit der Gelenke hat der Sachverständige - wie oben bereits ausgeführt - überzeugend geschlossen, dass eine demonstrierte Bewegungseinschränkung nicht vorliegen kann, weil es sonst zur entsprechenden Einsteifung dieser Gelenke gekommen wäre (Bl. 185 LSG-Akte). Korrespondierend hierzu hat Prof. Dr. S. - wie ebenfalls bereits erwähnt - auf das kräftige Muskelprofil der Arme und Beine als weiteres Indiz für eine unbeeinträchtigte Funktionsfähigkeit der Gliedmaßen und einen tatsächlichen Gebrauch hingewiesen und aus all diesen Umständen geschlossen, dass sich der Kläger dieser freien Funktion bewusst ist, er also die dargestellten Bewegungseinschränkungen aktiv durch Gegenspannen herbeigeführt, also simuliert hat. Dies überzeugt ebenso wie die wiederum oben wiedergegebenen Darstellungen des Sachverständigen zum Widerspruch zwischen demonstriertem Gangbild und objektiven Umständen (seitengleiche Muskulatur, weitgehend seitengleiche Fußsohlenbeschwielung und Schuhsohlenabrieb). Dem entsprechend wertet der Senat die Einwände des Klägers als Ausdruck seines Rentenbegehrens und - erfolglosen - Versuch, durch dramatisierende Darstellungen der Umstände der Untersuchung die durch objektive Indizien nachgewiesene Simulation zu relativieren.

Demgegenüber überzeugt die Leistungseinschätzung des auf Antrag des Klägers gem. § 109 SGG mit der Gutachtenserstellung beauftragten Dr. Althaus, der von einem völlig aufgehobenen Leistungsvermögen des Klägers ausgegangen ist (Bl. 113 der LSG-Akte), nicht. Dr. A. hat schon keine Konsistenzprüfung der vorgetragenen Beschwerden und demonstrierten Funktionseinschränkungen durchgeführt. Hierzu hat Prof. Dr. S. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass Dr. A. das kräftige Muskelprofil der Arme und Beine des Klägers nicht diskutiert hat und das von ihm beschriebene "extrem verschmächtigte Muskelmieder" von keinem anderen Gutachter erkannt worden ist. Soweit Dr. A. deutliche Bewegungseinschränkungen im Bereich der oberen Extremitäten und der Wirbelsäule dokumentiert hat, haben sich diese im Rahmen der Untersuchung durch Prof. Dr. S. nicht bestätigt. Auch ist für den Senat nicht nachvollziehbar, wie Dr. A. zu dem Befund eines deutlich verschmächtigten rechten Handgelenkes gekommen ist, da er keine vergleichenden Umfangmaße der Handgelenke mitgeteilt hat, sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. S. jedoch ergibt, dass die Umfangmaße beider Handgelenke gleich gewesen sind (jeweils 19 cm, Bl. 176 der LSG-Akte). Für den Senat ist auch nicht nachvollziehbar, aus welchen Befunden Dr. A. eine Regression des muskulären Aufbaus entnommen hat (Bl. 94 und 113 der LSG-Akte), da er auch keine anderen vergleichenden Umfangmaße der oberen Extremitäten - ganz im Gegensatz zu Prof. Dr. S. (Bl. 176 der LSG-Akte) - mitgeteilt hat. Dr. A. hat für den Senat auch nicht schlüssig dargetan, weshalb die Beweglichkeit im linken Ellenbogengelenk, in welchem Dr. A. schließlich eine Ellbogengelenksarthrose diagnostiziert hat, hinsichtlich Supination und Pronation mit 70/0/70° (Bl. 93 der LSG-Akte) besser gewesen ist als im rechten Ellenbogengelenk (ohne Krankheitsdiagnose) mit 60/0/60° (Bl. 91 der LSG-Akte). Außerdem hat Dr. A. anhand des vom Kläger demonstrierten Gang- und Standbildes mit ausschließlicher Vorfußbelastung (Spitzfuß) links eine Einschränkung der Geh- und Stehfähigkeit zugrunde gelegt, ohne nachzuprüfen, ob diese medizinisch objektiviert werden kann. So hat es Dr. A. versäumt die Fußsohlenbeschwielung, die Umfangmaße der unteren Extremitäten sowie den Schuhsohlenabrieb zu prüfen. Prof. Dr. S. hat diese Befunde erhoben und festgestellt, dass eine übermäßige einseitige Vorfußbelastung links - wie vom Kläger demonstriert - gar nicht vorliegen kann, weil gerade keine unterschiedliche Fußsohlenbeschwielung, keine verminderte Muskulatur am linken Bein und auch kein erheblicher geringerer Schuhsohlenabrieb links festgestellt werden kann. Dies müsste jedoch der Fall sein, wenn der Kläger - wie demonstriert - auf Grund bestehender Schmerzen permanent lediglich nur den linken Vorfuß belasten und sich nur mit Gehhilfen fortbewegen würde. Soweit Dr. A. schließlich auch eine Schwindelneigung mit Taumeligkeit diagnostiziert hat, so hat er hierzu keinerlei Befunde erhoben und lediglich die Angaben des Klägers (Bl. 79 der LSG-Akte) ungeprüft zu Grunde gelegt. Hinsichtlich der von ihm gestellten Diagnose einer depressiven Episode mit dauernder Behandlungsnotwendigkeit hat er sich darauf berufen, dass diese nervenärztlich diagnostiziert worden sei und räumt somit ein, dass er selbst diese Diagnose nicht gestellt hat (Bl. 113 der LSG-Akte). Das Gutachten des Dr. A. ist somit in sich nicht schlüssig und unterzieht die klägerischen Beschwerdeangaben und -demonstrationen keiner kritischen Prüfung. Dies zeigt sich auch darin, dass er die von den nervenärztlichen Gutachtern (M. , Dr. N. und Dr. S. ) festgestellten Aggravations-, Simulations- und Verdeutlichungstendenzen damit abgetan hat, dass insofern eine Eigendynamik nach erstmaliger Erwähnung durch Herrn M. eingetreten sei (Bl. 118 der LSG-Akte). Er hat sich in keiner Weise mit diesen Einschätzungen auseinandergesetzt, sondern auf die behandelnden Nervenärzte verwiesen, die dem Kläger schließlich auch rezeptpflichtige Medikamente verschrieben hätten (Bl. 118 der LSG-Akte). Dass sich jedoch auch aus den seitens der behandelnden Nervenärzte mitgeteilten Befunden keine quantitative Leistungsminderung ergibt (siehe oben), hat Dr. A. übersehen. Auch sein Verweis darauf, dass das Versorgungsamt zu Gunsten des Klägers einen GdB von 100 sowie die Merkzeichen H, aG, B und G anerkannt habe und auch auf Grund eines Gutachtens die Pflegestufe 2 bzw. später dann Pflegegrad 4 anerkannt worden sei, sind keine Nachweise für eine aufgehobene Leistungsfähigkeit des Klägers. Der Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft sowie von Nachteilsausgleichen nach dem Schwerbehindertenrecht kommt hinsichtlich der zumutbaren beruflichen Einsetzbarkeit keinerlei Aussagekraft zu (BSG, Beschluss vom 19.09.2015, B 13 R 290/15 B, in juris, Rdnr. 5). Auch die Anerkennung eines Pflegegrades hat keine Bindungswirkung gegenüber dem beklagten Rentenversicherungsträger. So basiert das Pflegegutachten des MDK vom 23.10.2015 (Bl. 31/RS der SG-Akte) zwar unter anderem auch auf einer körperlichen Untersuchung des Klägers, bei der jedoch die Angaben des Klägers und seiner Ehefrau zu Grunde gelegt worden sind und eine kritische Prüfung der vom Kläger demonstrierten und geklagten Beschwerden gerade nicht erfolgt ist. Auch aus den Befundberichten des Facharztes für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde Prof. Dr. K. aus den Jahren 2014 und 2015 (Bl. 31 und 78 der Verwaltungsakte medizinischer Teil, Bl. 28 der SG-Akte) und demjenigen des Facharztes für Diagnostische Radiologie Dr. F. vom November 2014 (Bl. 74 der Verwaltungsakte medizinischer Teil), der auf einem Upright-MRT beruht und durch die sich Dr. A. bestätigt gesehen hat, führen zu keiner anderen Einschätzung, da die gerichtlicherseits bestellten neurologisch-psychiatrischen Gutachter gerade keine neurologischen Einschränkungen beim Kläger haben feststellen können. Überdies sind die von Dr. A. dargestellten Befunde von Prof. Dr. S. , der die Beschwerdeangaben und -demonstrationen gerade nicht ungeprüft zugrunde gelegt hat, nicht bestätigt worden.

Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich schließlich auch nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Ersten Rentengutachten aus Mai 2017, das von den Ärzten des Universitätsklinikums Heidelberg im Auftrag der Berufsgenossenschaft Holz und Metall zur Frage der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 16.07.1993, bei dem es zu einer Ellenbogenverletzung kam, erstattet wurde (Bl. 19 der LSG-Akte). In diesem Gutachten geht es ausschließlich um den linken Ellenbogen und als Befund wird ein in Fehlstellung knöchern konsolidierter linker Ellenbogen und eine deutliche Bewegungseinschränkung ohne Nennung konkreter Bewegungsmaße mitgeteilt und eine posttraumatische Cubitalarthrose links diagnostiziert. Eine quantitative Leistungseinschränkung lässt sich hieraus nicht ableiten. Gleiches gilt für den vom Kläger vorgelegten Befundbericht über eine im Juni 2019 erstellte Computertomografie (CT) des linken Ellenbogens (Bl. 238 der LSG-Akte), da sich auch hieraus keine körperlichen Befunde ableiten lassen, die die quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers einschränken, worauf Dr. H. zutreffend hingewiesen hat. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vorgelegten Auszug der durch die BG-Unfallklinik Ludwigshafen im Juni 2014 durchgeführten Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit EFL nach S. Isernhagen (Bl. 143a der LSG-Akte, Bl. 27 der SG-Akte), da sich diesem Auszug die konkret erhobenen Befunde nicht entnehmen lassen und eine kritische Auseinandersetzung mit den objektiven Befunden und der demonstrierten Leistungsfähigkeit bei - wie vorbestehend dargelegt - massiver Aggravation bis Simulation nicht stattgefunden hat (Bl. 14 a der LSG-Akte, Bl. 27 der SG-Akte).

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass in dem ebenfalls beim Senat anhängig gewesenen Verfahren L 10 U 887/15 - wie von ihm vorgetragen - rechtskräftig entschieden worden sei, dass er wegen seiner körperlichen und psychischen Gebrechen zu keiner irgendwie gearteten Tätigkeit in der Lage sei. In dem zitierten Urteil, in dem die Weitergewährung von Verletztengeld und die Gewährung von qualifizierten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben streitig waren, hat der Senat nämlich eine Entscheidung über die Leistungsfähigkeit nicht getroffen, sondern ausdrücklich offengelassen (Senatsurteil vom 13.12.2018, L 10 U 877/15, Bl. 226 der LSG-Akte).

Der Senat hat im Ergebnis keinen Zweifel daran, dass der Kläger jedenfalls noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von Dr. (insoweit zugunsten des Klägers angenommenen) und von Prof. Dr. S. aufgeführten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Er ist damit nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob er einen dem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz innehat oder ihm ein solcher vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94, in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie dem Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des BSG sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80, in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein. So liegt der Fall beim Kläger. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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