L 11 EG 4204/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 EG 423/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 4204/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.10.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen einen Bescheid der Landeskreditbank Baden-Württemberg (L-Bank), mit dem die Beklagte das der Klägerin bereits für 12 Lebensmonate der Tochter E. (im Folgenden: E) bewilligte Elterngeld ab dem 7. Lebensmonat des Kindes (18.09.2017) wieder aufgehoben hat.

Die 1982 geborene Klägerin ist verheiratet und Mutter der am 01.01.2015 geborenen Tochter M. und der am 18.03.2017 geborenen E. Sie war vor der Geburt von E versicherungspflichtig beschäftigt und befindet sich der Geburt von E in Elternzeit. Nach der Geburt von E erzielte sie kein Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit. Die Klägerin lebte zum Zeitpunkt der Geburt von E zusammen mit ihrem Ehemann und den gemeinsamen Kindern in einer Wohnung in W. i. S.; Vermieter der Wohnung war der Vater der Klägerin. Die Wohnung gehört der Klägerin, ist aber mit einem Nießbrauch ihres Vaters belastet. Für die Zeit nach der Geburt von E verzichtete der Vater der Klägerin auf eine Mietzahlung. Der Ehemann der Klägerin ist bei der Firma D. AG beschäftigt.

Auf ihren Antrag bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 15.05.2017 für das Kind E Basis-Elterngeld für die Lebensmonate 3 bis 12. Für die Lebensmonate 7 bis 10 ergab sich unter Berücksichtigung eines Geschwisterbonus ein Betrag von monatlich 1.980 EUR und für die Lebensmonate 11 und 12 ein Betrag in Höhe von monatlich 1.800 EUR. Rechtsbehelfe gegen diesen Bescheid wurden nicht eingelegt.

Am 04.07.2017 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass ihr Ehemann ab September 2017 nach Kanada versetzt werde. Sie selbst werde aber weiterhin ihren Arbeitgeber und einen Wohnsitz in Deutschland haben. Auf einem Vordruck der Beklagten machte die Arbeitgeberin des Ehemanns der Klägerin, die Firma D. AG (Human Resource Development/Global Assignment Management HRD/GO), mit Datum vom 13.07.2017 Angaben zur Entsendung des Ehemanns der Klägerin. Danach wurde der Ehemann der Klägerin mittels eines Entsendevertrages (siehe hierzu Seite 198/199 der Verwaltungsakte) für die Zeit vom 01.09.2017 bis zum 31.08.2020 von seiner Arbeitgeberin zu einer Einsatzgesellschaft in die Vereinigten Staaten (USA) zur Überlassung an die M. B. Canada Inc nach Vancouver, Kanada, entsandt. Sein Arbeitsverhältnis mit der Firma D. AG ruht für die Dauer der Entsendung. Die Personal- und Sachkosten werden zu 100% von der Einsatzgesellschaft getragen, auch das tägliche Weisungsrecht obliegt der Einsatzgesellschaft. Mit Schreiben vom 22.07.2017 teilte die Klägerin der Beklagten ua mit, sie wolle mit ihren Kindern so viel Zeit wie möglich mit ihrem Mann in Kanada verbringen, werde aber in regelmäßigen Abständen nach Hause kommen. Sie könne unentgeltlich bei ihren Eltern wohnen.

Mit Änderungsbescheid vom 28.07.2017 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 15.05.2017 für die Zeit ab dem 7. Lebensmonat von E (dh ab dem 18.09.2017) auf. Die Klägerin habe ab dem 01.09.2017 weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

Gegen diesen Änderungsbescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 14.10.2017 führte sie aus, sie sei mit ihrem Mann und den Kindern am 01.09.2017 nach Kanada geflogen. Wann genau sie nach Deutschland zurückfliegen werden, stehe noch nicht fest. Sie hätten vor, Weihnachten zu Hause zu feiern und die U-Untersuchungen im Februar bei ihrem Kinderarzt durchzuführen. Außerdem stehe noch die Hochzeit ihrer besten Freundin an und eine wichtige Präsentation ihres Arbeitgebers im April. Es könne aber auch sein, dass sie gar nicht nach Deutschland flögen, da sie nicht mit ihren Kindern fliegen werde, sollten diese zB eine Erkältung mit Fieber haben. Ihre Reisedaten sollten aber auch keine Rolle bei der Entscheidung der Beklagten spielen, da in keinem Dokument, das sie von der Elterngeldstelle erhalten habe, stehe, dass sie sich in Deutschland aufhalten müsse. Beim Kindergeld hätten sie die gleichen Unterlagen eingereicht und würden auch Kindergeld weiterhin erhalten. Mit einem weiteren Schreiben vom 11.12.2017 machte die Klägerin auch Angaben zum Arbeitsverhältnis ihres Ehemannes. In Bezug auf ihre Situation führte sie aus, die Wohnung in W. i. S. habe sie 2007 von ihren Großeltern geerbt. Sie könne deshalb jederzeit in die Wohnung, die voll eingerichtet sei, zurückkehren. Zu dem Erbe gehörten auch landwirtschaftliche Flächen, um die sich während ihrer Abwesenheit ihre Eltern kümmerten. Ferner gehöre ihr ein Haus, das vermietet sei. Auch deshalb gebe sie eine Steuererklärung in Deutschland ab und auch deshalb müsse sie regelmäßig nach W. i. S., um sich um das Haus zu kümmern. Wann und wie lange stehe aber noch nicht fest und werde vom Gesetzgeber auch nicht verlangt.

Mit Schreiben vom 14.11.2017 hörte die Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Entscheidung über den Widerspruch an und mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2017 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Am 22.01.2018 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 10.10.2018 abgewiesen. Die Klägerin habe ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt seit dem 01.09.2017 in Kanada und nicht mehr in Deutschland. Auch liege eine Entsendung des Ehemanns der Klägerin nach Kanada nicht vor. Dies ergebe sich eindeutig aus der Bescheinigung der D. AG vom 13.7.2017. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten der Klägerin mittels Empfangsbekenntnis am 24.10.2018 zugestellt worden.

Am 26.11.2018 (Montag) hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie trägt im Wesentlichen vor, der Aufenthalt ihres Ehemannes in Kanada sei projektbezogen und die Rückkehr könne jederzeit nach Abschluss des Projekts erfolgen. Die drei Jahre stellten nur eine Höchstgrenze dar. Auch werde das Projekt aus Deutschland gesteuert, weshalb sich auch der unmittelbare Vorgesetzte ihres Ehemannes in Deutschland am Sitz in S. befinde. Aufgrund des deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommens unterliege ihr Ehemann für die Zeit der Überlassung weiterhin der Versicherungspflicht in der Deutschen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Angaben der Firma D. AG vom 13.07.2017 seien schlichtweg falsch. Den geplanten mehrwöchigen Aufenthalt über die Weihnachtsfeiertage habe sie aufgrund der Erkrankung ihrer Tochter verschieben müssen. Sie habe sich jedoch vom 17.03. bis zum 12.04.2018 in ihrer Wohnung in W. i. S. befunden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.10.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 10.10.2018 zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend. Sie ist der Auffassung, dass es hinsichtlich des Wohnsitzes auf die objektiven Verhältnisse ankomme, die Absichten und Vorstellungen der Klägerin seien grundsätzlich nicht maßgebend. Aus der Tatsache, dass der Vater der Klägerin zeitweise auf die Erhebung einer Miete verzichte, sei zu schließen, dass die Wohnung gerade nicht regelmäßig zu Wohnzwecken, sondern nur gelegentlich zu Besuchszwecken genutzt werde. Der Ehemann der Klägerin sei gemäß der Bescheinigung seiner Arbeitgeberin gerade nicht entsendet im sozialversicherungsrechtlichen Sinn. Die vom Ehemann der Klägerin vorgelegte Antragspflichtversicherung nach Art 2 Abs 1a), Abs 2 des deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommens sei für ihn nur deshalb möglich, weil er nicht bereits nach § 4 SGB IV kraft Gesetzes der Versicherungspflicht unterliege. Der Begriff des Wohnsitzes orientiere sich im Steuerrecht mehr an äußeren Merkmalen. Dagegen komme es im Sozialrecht maßgeblich darauf an, wo der Berechtigte seinen Daseinsmittelpunkt habe.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.10.2019 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin darauf hingewiesen, dass das fachliche Weisungsrecht in Bezug auf die Durchführung des Projekts in Vancouver weiterhin vom Vorgesetzten des Ehemanns der Klägerin in Deutschland ausgeübt werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28.07.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat ab dem 7. Lebensmonat ihrer Tochter E keinen Anspruch mehr auf Elterngeld.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist formell (dh in Bezug auf die Einhaltung von Verfahrensvorschriften) und materiell (inhaltlich) rechtmäßig. Der formellen Rechtmäßigkeit steht nicht entgegen, dass die Beklagten die Klägerin vor Erlass des Bescheides vom 28.07.2017 nicht gemäß § 24 Abs 1 SGB X angehört hat. Denn die Beklagte hat die zunächst unterlassene Anhörung mit Schreiben vom 14.11.2017 noch vor Erlass des Widerspruchsbescheides - und damit rechtzeitig - förmlich nachgeholt (§ 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X).

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Voraussetzungen dieser Norm sind erfüllt. Zum 01.09.2017 hat die Klägerin ihren Wohnsitz von Deutschland nach Kanada verlegt. Ab diesem Zeitpunkt fehlt es an einer Voraussetzung für den Bezug von Elterngeld. Die Verlegung des Wohnsitzes von Deutschland nach Kanada ist eine nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 15.05.2017 eingetretene wesentliche Änderung der Sachlage, die dazu führt, dass der Bewilligungsbescheid insoweit rechtswidrig geworden ist und von der Beklagten deshalb im Umfang der eingetretenen Rechtswidrigkeit aufgehoben werden durfte.

Der Anspruch der Klägerin auf Elterngeld richtet sich allein nach dem mit Wirkung zum 01.01.2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG, Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748 idF vom 27.01.2015, BGBl I 33). Ein zwischenstaatliches Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Kanada, das Bestimmungen zum Elterngeld oder anderen Familienleistungen enthält, gibt es nicht.

Nach § 1 Abs 1 Satz 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Nicht alle der genannten Voraussetzungen erfüllt die Klägerin. Zwar lebte die Klägerin im hier streitigen Zeitraum mit ihrer Tochter E in einem Haushalt zusammen und erzog und betreute dieses Kind selbst. Sie hatte jedoch im hier streitigen Zeitraum weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

Zur Auslegung des Begriffs des Wohnsitzes in § 1 Abs 1 Satz 1 Nr 1 BEEG ist die allgemein im Sozialrecht geltende Regelung des § 30 Abs 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) heranzuziehen. Dabei sind gemäß § 37 Satz 1 iVm § 68 Nr 15 SGB I die Besonderheiten des BEEG zu berücksichtigen (vgl BSG 30.09.2010, B 10 EG 9/09 R, juris RdNr 56). Dementsprechend ist der Begriff des Wohnsitzes bzw des gewöhnlichen Aufenthaltes hier nicht nur der sachliche Anknüpfungspunkt für den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs bzw der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs. Es handelt sich vielmehr um ein materielles Tatbestandsmerkmal. Nach § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei sind die objektiven Verhältnisse entscheidend, die den Schluss auf den Willen zur Wohnsitzbegründung zulassen müssen (Senatsurteile vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12; 22.01.2013, L 11 EG 3335/12 mwN). Die polizeiliche Meldung allein reicht nicht aus (BSG 10.12.1985, 10 RKg 14/85, SozR 5870 § 2 Nr 44). Ob die Voraussetzungen des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I vorliegen, ist im Wege der vorausschauenden Betrachtungsweise zu beurteilen. Denn die Rechtsprechung des BSG bezieht in die Beantwortung der Frage, wann diese Voraussetzungen vorliegen, auch ein prognostisches Element mit ein. Dies gilt auch für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthaltes, den jemand dort hat, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 30 Abs 3 Satz 2 SGB I).

Ein Doppelwohnsitz im In- und Ausland bzw ein Auseinanderfallen von Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt ist nach der Rechtsprechung des BSG im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) möglich. Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 1 Abs 1 BEEG mit der Formulierung "einen Wohnsitz" (nicht: "seinen Wohnsitz"). Eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort steht der Beibehaltung des bisherigen Wohnsitzes also nicht entgegen. Bei einem - wie hier - von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt reicht die Feststellung der Rückkehrabsicht und der Möglichkeit der jederzeitigen Rückkehr in die Wohnung allerdings allein nicht aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes annehmen zu können (Senatsurteile vom 22.01.2013, L 11 EG 3335/12 und vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12; BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr 36). Auch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, ändern daran nichts (BSG 28.05.1997, 14/10 RKg 14/94, SozR 3-5870 § 2 Nr 36 mwN). Ebenso sieht dies bei Überschreiten der Jahresgrenze die ständige steuerrechtliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl zum Wohnsitzbegriff des § 8 der Abgabenordnung BFH 23.11.2000, VI R 107/99, BFHE 193, 558, DStZ 2001, 243, juris Rn 20 unter Hinweis auf die zitierte BSG-Rechtsprechung BSG SozR 3-5870 § 2 Nr 36; BFH 20.11.2008, III R 53/05, FamRZ 2009, 602; 14.10.2011, III B 202/10, BFH/NV 2012, 226: "Bei einem auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalt wird ein inländischer Wohnsitz durch kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken nicht beibehalten"; ausdrücklich bestätigt durch BFH 05.01.2012, III B 42/11, BFH/NV 2012, 978 und BFH 17.05.2013, III B 121/12, BFH/NV 2013, 1381).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin seit dem 01.09.2017 (und bis mindestens zum 18.03.2018) keinen inländischen Wohnsitz im Sinne des § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I mehr. Sie hält sich seit diesem Zeitpunkt in Kanada auf, weil ihr Ehemann für die Zeit vom 01.09.2017 bis zum 31.08.2020 aufgrund einer Entsendevereinbarung mit seiner inländischen Arbeitgeberin bei einer Tochtergesellschaft in Vancouver tätig ist. Die gesamte Familie hält sich dort auf. Der Lebensmittelpunkt der Klägerin befand sich damit in Vancouver. Das Ehepaar hat zwar seine Mietwohnung in Deutschland nicht aufgegeben. Diese war vollständig eingerichtet, nicht untervermietet und konnte jederzeit genutzt werden. Die Wohnung in Deutschland wurde und wird aber lediglich für vorübergehende Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken von der Familie genutzt. Dies war auch von Anfang an so beabsichtigt. Dies entnimmt der Senat dem eigenen Vortrag der Klägerin im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Mit Schreiben vom 22.07.2017 hatte die Klägerin der Beklagten ua mitgeteilt, sie wolle mit ihren Kindern so viel Zeit wie möglich mit ihrem Mann in Kanada verbringen, werde aber in regelmäßigen Abständen nach Hause kommen. Hierzu hat sie ergänzend mit Schreiben vom 11.12.2017 hinzugefügt, wann und wie lange stehe aber noch nicht fest und sei vom Gesetzgeber auch nicht verlangt. Im streitigen Zeitraum - Elterngeld wurde bewilligt bis zum 17.03.2018 – war die Klägerin nur an einem einzigen Tag in der Wohnung in W. i. S ... Den geplanten mehrwöchigen Aufenthalt über die Weihnachtsfeiertage im Jahr 2017 hatte sie ihren Angaben zufolge aufgrund der Erkrankung ihrer Tochter verschieben müssen. Sie hat sich dann erst ab dem 17.03. bis zum 12.04.2018 in ihrer Wohnung in W. i. S. aufgehalten. Da sich nicht nur die Klägerin, sondern ihre ganze Familie durchgehend in Vancouver aufhielten, hat die Klägerin ihren Lebensmittelpunkt an den Einsatzort des Ehemannes verlagert. Bei dieser Sachlage spielt es keine Rolle, dass die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, vorzeitig aus Kanada nach Deutschland zurückzukehren. Hätte sie dies getan, beispielsweise im Falle einer Arbeitsaufnahme hätte sie mit ihrer Rückkehr (und erst dann) wieder einen Wohnsitz in Deutschland begründet.

Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Familienkasse von einem inländischen Wohnsitz ausgeht und weiterhin Kindergeld für gewährt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist es ohne Bedeutung, wo jemand polizeilich gemeldet ist (BSG 17.12.1981, 10 RKg 12/81, SozR 5870 § 2 Nr 25). Der Wortlaut der insoweit maßgeblichen Vorschrift des § 8 AO ist identisch mit § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I. Traditionell wird die Vorschrift im Steuerrecht im Sinne eines pro-fiskalisch geprägten Steuerrechts eher weit verstanden, denn solange ein Steuerpflichtiger einen inländischen Wohnsitz hat, sind seine gesamten Einkünfte nach dem Welteinkommensprinzip der deutschen Einkommenssteuer zu unterwerfen (vgl Adick in Adick/Bülte, Fiskalstrafrecht, 2. Aufl, 17. Kapitel Rn 98). Allerdings setzt auch der Wohnsitzbegriff nach § 8 AO nach der ständigen Rechtsprechung des BFH voraus, dass der Betreffende über die Wohnung nicht nur verfügen kann, sondern sie auch als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Besuchs- oder Erholungszwecken genügt nicht (BFH 05.06.2003, III R 10/02, BFHE 202, 331). Bei einem ins Ausland entsandten Arbeitnehmer geltend insoweit keine anderen Maßstäbe (BFH 05.01.2012, III B 42/11). Unabhängig davon, was die Klägerin aus einem eventuell unterschiedlichen Normverständnis von § 8 AO und § 30 Abs 3 Satz 1 SGB I für sich folgern wollte, ergibt sich aus der dargelegten Rechtsprechung des BFH keine grundsätzlich abweichende Auslegung des Wohnsitzbegriffs (Senatsurteil vom 14.05.2019, L 11 EG 4476/18 Rn 25, juris).

Auch die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 Satz 1 BEEG sind nicht erfüllt. Anspruch auf Elterngeld hat auch, wer, ohne eine der Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr 1 zu erfüllen, nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt oder im Rahmen seines in Deutschland bestehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses vorübergehend ins Ausland abgeordnet, versetzt oder kommandiert ist (Nr 1), Entwicklungshelfer oder Entwicklungshelferin im Sinne des § 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ist oder als Missionar oder Missionarin der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangelischen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e. V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist (Nr 2) oder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und nur vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig ist, insbesondere nach den Entsenderichtlinien des Bundes beurlaubte Beamte und Beamtinnen, oder wer vorübergehend eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes oder § 29 des Bundesbeamtengesetzes zugewiesene Tätigkeit im Ausland wahrnimmt (Nr 3). Dies gilt auch für mit der nach § 1 Abs 2 Satz 1 BEEG berechtigten Person in einem Haushalt lebende Ehegatten, Ehegattinnen, Lebenspartner oder Lebenspartnerinnen (§ 1 Abs 2 Satz 2 BEEG).

Keiner der genannten Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 BEEG ist vorliegend erfüllt. Der Ehemann der Klägerin unterlag insbesondere nicht nach § 4 SGB IV dem deutschen Sozialversicherungsrecht (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1, Satz 2 BEEG). Nach § 4 SGB IV gelten die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung, soweit sie eine Beschäftigung voraussetzen, auch für Personen, die im Rahmen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs bestehenden Beschäftigungsverhältnisses in ein Gebiet außerhalb dieses Geltungsbereichs entsandt werden, wenn die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist. Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 4 SGB IV setzt ein fortbestehendes Versicherungspflichtverhältnis zunächst voraus, dass vor Beginn der Entsendung ein Beschäftigungsverhältnis mit dem entsendenden Arbeitgeber in Deutschland bestanden hat (BT-Drs 7/4122, 30; BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Erforderlich ist ferner, dass das Beschäftigungsverhältnis während der Zeit der Entsendung fortbesteht und dass es nach Beendigung der Entsendung weitergeführt werden soll, weshalb § 4 Abs 1 SGB IV eine "im Voraus" feststehende zeitliche Begrenzung fordert (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Maßgebend ist, wo der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses liegt (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN). Voraussetzung ist weiter regelmäßig, dass der im Ausland beschäftigte Arbeitnehmer organisatorisch in den Betrieb des inländischen Arbeitgebers eingegliedert bleibt, wesentliche Elemente eines Beschäftigungsverhältnisses (vgl § 7 Abs 1 Satz 2 SGB IV) erfüllt werden und sich der Anspruch auf Arbeitsentgelt gegen den inländischen Arbeitgeber richtet (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1 mwN; Senatsurteil vom 06.02.2018, L 11 EG 4286/16).

Gemessen an diesen Voraussetzungen lag der Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Merkmale des Beschäftigungsverhältnisses des Ehemannes der Klägerin in Kanada. Eine echte Entsendung lag nicht vor. Der Ehemann der Klägerin war ab 01.09.2017 bei einer rechtlich selbständigen Tochtergesellschaft beschäftigt. Schon dieser Umstand spricht gegen eine Ausstrahlung im Sinne des § 4 SGB IV (vgl BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1; Urteile des Senats vom 17.07.2012, L 11 EG 2929/10; 22.01.2013, L 11 EG 3335/12). Kostenträger war die Einsatzgesellschaft. Mögliche konzerninterne Finanzausgleiche sind unerheblich (BSG 05.12.2006, B 11a AL 3/06 R, SozR 4-2400 § 4 Nr 1). Weiterhin unterlag der Ehemann der Klägerin dem täglichen Weisungsrecht der Tochtergesellschaft in Vancouver. Er hatte die geschuldete Arbeitsleistung gegenüber der M. B. Canada Inc zu erbringen. Dies ergibt sich aus der Entsendevereinbarung, die der Ehemann der Klägerin mit seiner inländischen Arbeitgeberin geschlossen hat (Seite 199 der Verwaltungsakte), und der Bescheinigung der inländischen Arbeitgeberin vom 13.07.2017 (Seite 80 der Verwaltungsakte). Soweit die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass das Projekt, an dem ihr Ehemann arbeitet, von S. aus gesteuert werde, kann dies als wahr unterstellt werden. Dies ändert aber nichts daran, dass das persönliche Weisungsrecht hinsichtlich der täglichen Arbeit bei der kanadischen Tochtergesellschaft liegt. Die Hauptleistungspflicht aus seinem Arbeitsvertrag mit der inländischen Arbeitgeberin war mithin suspendiert. In Deutschland bestand daher nur ein Rumpfarbeitsverhältnis fort, das die Merkmale einer Ausstrahlung im Sinne des § 4 SGB IV nicht erfüllte (vgl Senatsurteile vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12; 22.01.2013, L 11 EG 3335/12).

Eine entsprechende Anwendung des § 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BEEG auf den vorliegenden Fall scheidet aus. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist Voraussetzung, dass § 4 SGB IV erfüllt ist. Für den Anspruch auf Elterngeld genügt es nach dem Willen des Gesetzgebers demnach nicht, dass nur ein Rumpfarbeitsverhältnis fortbesteht (zum BErzGG: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Eine erweiternde Auslegung der elterngeldrechtlichen Regelungen kommt nicht in Betracht. Die vorliegende Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung (Renten- und Arbeitslosenversicherung) über eine Ausnahmevereinbarung nach dem deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommen genügt nicht. § 6 SGB IV findet keine Anwendung. Der Gesetzgeber hat die insoweit anders lautende Vorschrift des Bundeserziehungsgeldgesetzes (§ 1 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BErzGG) gerade nicht übernommen.

Ein Verstoß gegen Art 3 GG kann hierin nicht gesehen werden. Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Bei einer Ungleichbehandlung von unter dem Schutz des Art 6 Abs 1 GG stehenden Familien kommt es darauf an, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176). Die Anknüpfung an ein fortbestehendes inländisches Sozialversicherungsverhältnis als Voraussetzung für Elterngeld bei einem Auslandsaufenthalt ist sachgerecht. Über § 4 SGB IV soll gewährleistet werden, dass in Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis im Inland nicht gelöst wird, der Arbeitnehmer aber im Interesse des Arbeitgebers vorübergehend ins Ausland geht, der Sozialversicherungsschutz (mit Beitragspflicht) während des Auslandsaufenthalts aufrechterhalten bleibt. Soweit die Klägerin gegenüber Anspruchsberechtigten, die ihr Kind im Inland erziehen, ungleich behandelt und schlechter gestellt wird, rechtfertigt sich dies aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise für den Leistungsexport an ein der inländischen Sozialversicherung unterliegendes Beschäftigungsverhältnis und damit an einen hinreichenden Inlandsbezug bei vorübergehender Arbeitsleistung im Ausland anknüpfen durfte (Hessisches LSG 27.11.2013, L 6 EG 4/11).

Die Voraussetzungen des § 4 SGB IV stellen einen hinreichenden Inlandsbezug als zulässiges Differenzierungskriterium sicher (Senatsurteile vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12 und 24.03.2015, L 11 EG 272/14; vgl zum Erziehungsgeld BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Liegen die Voraussetzungen des § 4 SGB IV nicht vor, unterliegt es dem Willen der Vertragspartner zwischenstaatlicher Abkommen, ob Familienleistungen wie das Elterngeld von den Vereinbarungen erfasst werden sollen. Dabei ist es solchen Regelungen (auch in Bezug auf europäisches Ausland) immanent, dass je nach Einsatzland Unterschiedliches gelten kann. § 1 Abs 2 BEEG verstößt aber deshalb nicht gegen Art 3 GG. Denn der Gesetzgeber ist nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, sämtliche Fälle mit Bezug zum deutschen Sozialversicherungsrecht in den Anwendungsbereich des BEEG mit einzubeziehen. Das Elterngeld stellt eine freiwillige steuerfinanzierte Leistung des Staates dar. Dem Gesetzgeber kommt im Bereich der steuerfinanzierten freiwilligen Leistungen des Staates ein weiter Gestaltungsspielraum zu (Senatsurteil vom 18.12.2013, L 11 EG 4650/12; vgl zum Erziehungsgeld: BSG 24.06.2010, B 10 EG 12/09 R, SozR 4-7833 § 1 Nr 11). Dies gilt insbesondere für die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises (zum Kinder- und Erziehungsgeld: BVerfG 29.10.2002, ua 1 BvL 16/95, BVerfGE 106, 166; BVerfG 06.07.2004, 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160; BVerfG 06.07.2004, 1 BvR 2515/95, BVerfGE 111, 176).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung von Art 6 Abs 1 GG. Danach hat der Staat die Pflicht, Ehe und Familie vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Allerdings kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit grundsätzlich selbst bestimmen, in welchem Umfang und auf welche Weise er den ihm aufgetragenen besonderen Schutz von Ehe und Familie verwirklichen will (BVerfG 07.07.1992, 1 BvL 51/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Regelmäßig erwachsen dabei aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf staatliche Leistungen (BVerfG 06.05.1975, 1 BvR 332/72, BVerfGE 39, 316 = SozR 2600 § 60 Nr 1; BVerfG 07.07.1992, aaO).

Schließlich ist auch das Sozialstaatsprinzip gemäß Art 20 Abs 1 GG, welches den Staat verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen, nicht verletzt. Angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in einem bestimmten Umfang zu gewähren (BVerfG 12.03.1996, 1 BvR 609/90 ua, BVerfGE 94, 241 = SozR 3-2200 § 1255a Nr 5; st Rspr). Zwingend ist lediglich, dass der Staat die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein seiner Bürger schafft (BVerfG 29.05.1990, 1 BvL 20/84 ua, BVerfGE 82, 60, 80 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1; BVerfG 09.02.2010, 1 BvL 1/09 ua, BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12). Diese Mindestvoraussetzungen sind hier nicht ansatzweise berührt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Nr 1 SGG). In Fällen der vorliegenden Art tritt zunehmend die Konstellation auf, dass der Wohnsitzbegriff tatsächlich von der Kindergeld- und der Elterngeldstelle unterschiedlich beurteilt wird. Im Hinblick auf die vom BSG in anderem Zusammenhang (BSG 14.12.2017, B 10 EG 7/17 R, SozR 4-7837 § 2c Nr 2 – zu Provisionszahlungen) betonte Bindung an das Steuerrecht stellt sich die Frage, ob auch hier eine einheitliche Beurteilung mit Vorrang der steuerrechtlichen Einschätzung geboten ist.
Rechtskraft
Aus
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