L 5 KA 3574/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 KA 3534/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 3574/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Landessozialgericht Baden-Württemberg

L 5 KA 3574/18

S 24 KA 3534/17

Im Namen des Volkes Urteil

Der 5. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2019 für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.09.2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 271.022,59 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Umstritten sind sachlich-rechnerische Berichtigungen der Honorarabrechnungen des Klägers für die Quartale 1/2012 bis 4/2014.

Der Kläger nimmt seit dem Quartal 3/2005 als Facharzt für Allgemeinmedizin mit Sitz in F. an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheid vom 01.07.2005 erhielt er die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung der chirotherapeutischen Leistungen nach den Gebührenordnungspositionen (GOP) 30200 (Chirotherapeutischer Eingriff an einem oder mehreren Extremitätengelenken) und 30201 (Chirotherapeutischer Eingriff an der Wirbelsäule) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM).

Mit Honorarbescheid vom 16.07.2012 vergütete die beklagte Kassenärztliche Vereinigung dem Kläger für das Quartal 1/2012 u.a. Leistungen der GOPen 30201, 30420ff. (Krankengymnastik (Einzelbehandlung)) und 35110 (Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen) EBM. Für die Quartale 2/2012 bis 4/2014 erfolgten die Vergütungen mit Honorarbescheiden vom 15.10.2012, 15.01.2013, 15.04.2013, 15.07.2013, 15.10.2013, 15.01.2014, 15.04.2014, 15.07.2014, 15.10.2014, 15.01.2015 und 15.04.2015, wobei ab dem Quartal 4/2013 anstelle der GOP 03212 die GOPen 03220 (Zuschlag für die Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung), 03221 (Zuschlag für die intensive Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung) und 03230 (Problemorientiertes ärztliches Gespräch das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist) vergütet worden sind.

Mit Schreiben vom 10.06.2015 setzte die Beklagte den Kläger davon in Kenntnis, dass die Auswertung seiner Zeitprofile in den Abrechnungsquartalen 1/2014 bis 4/2014 auffällige Quartalarbeitszeiten von bis zu 1.515 Stunden und einer Minute bzw. Tagesarbeitszeiten von bis zu 65 Stunden und 31 Minuten ergeben habe. Einen besonders hohen Anteil hätten die Leistungen nach den GOPen 03220, 03221, 03230, 30201, 30420 und 35110 EBM. Auffällig sei auch ein routinemäßiger Ansatz der ICD10-Diagnose Z73 (Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung (z.B. im Quartal 1/2014 bei 491 von 583 Fällen). Der Kläger wurde hierzu und zu der Frage, ob er die Leistung nach der GOP 30420 EBM selbst oder durch einen Physiotherapeuten erbringe, um Stellungnahme gebeten.

Unter dem 18.06.2015 äußerte sich der Kläger dahingehend, dass er die Leistungen der GOP 30201 EBM selbst erbringe. Für die GOP 30420 EBM, die er selbst erst seit dem Jahr 2011 kenne, seien 15 Minuten und ein Betrag von 9,66 EUR anzusetzen. "Dies" ergäbe einen "Stundenbetrag" von 38,64 EUR. Hiermit fühle er sich völlig unterbezahlt. Wenn er diese GOP ernst nähme, müsste er die Beklagte wegen Verstoßes gegen die gesetzlichen Mindestlohnregeln verklagen. Auch sollte die GOP, wie die GOP 30201 EBM, mindestens vier bis fünfmal pro Quartal und nicht nur zweimal ansetzbar sein. Bzgl. der GOPen im Zusammenhang mit lebensverändernden Krankheiten und psychosomatischen Gesprächen sei zu konstatieren, dass diese Probleme in F. "zum Doktor" und nicht wie in seiner w. Heimat zum Pfarrer getragen würden. Den zeitlichen und emotionalen sowie organisatorischen Aufwand, den er und seine Helferinnen damit hätten, müsse er "irgendwie" in Rechnung stellen bzw. stellen können. Außerdem erspare er der Beklagten bzw. den Kassen und damit der gesamten Bevölkerung mit seinem Tun die Kosten hunderter bzw. inzwischen tausender Knie-TEPs, Hüft-TEPs und Bandscheibenoperationen.

Mit Schreiben vom 25.06.2015 informierte die Beklagte den Kläger über eine Beschwerde seiner Patientin J. M. (im Folgenden: M.), in der diese den Vorwurf erhebe, dass er falsche Diagnosen angegeben und nicht erbrachte Leistungen abgerechnet habe. Der Kläger wurde zur Stellungnahme und Vorlage der kompletten Patientendokumentation von M. aufgefordert.

Unter Vorlage seiner Unterlagen und Beifügung einer bereits unter dem 24.10.2014 erfolgten Stellungnahme, wonach die Diagnosen J32.9, M41.99, M54.14, M54.17, M62.88 und Z73 bzgl. M. bei ihm irrtümlich vermerkt worden seien und deshalb auch die entsprechenden Abrechnungsziffern nicht korrekt seien, räumte der Kläger unter dem 06.07.2015 diesen Vorwurf ein. Richtig sei die Diagnose Sinusitis.

Mit Bescheid vom 02.09.2015 entschied die Beklagte nach einer Sitzung des Plausibilitätsausschusses am 08.07.2015 die ursprünglichen Honorarbescheide für die Quartale 1/2012 bis 4/2014 aufzuheben, die Neufestsetzung der Vergütung des Honorars nach Feststellung des entstandenen Schadens durchzuführen und für die weiterführende Prüfung namentlich benannte Patientendokumentationen anzufordern. Anlass für die Plausibilitätsprüfung seien die auffälligen Quartalsarbeitszeiten (Quartale 1/2013, 2/2013 und 4/2013 bis 4/2014) und auffällige Tagesarbeitszeiten in sämtlichen Quartalen gewesen. Die Zeiten stellten sich im Einzelnen wie folgt dar:

Quartal Quartalsarbeitszeit

1/2012 561:27 18:41 18:21 2/2012 607:11 14:36 12:20 12:20 13:02 13:55 13:17 13:37 14:56 12:39 3/2012 707:24 14:47 12:52 13:18 13:47 12:40 12:27 12:24 24:00 12:52 15:31 14:12 4/2012 778:02 12:18 12:18 12:40 16:48 14:40 14:02 12:06 16:18 14:46 17:54 14:49 18:17 15:24 1/2013 1021:46 15:37 16:28 16:34 15:37 24:47 14:16 16:39 17:28 14:15 15:21 15:26 13:19 14:30 12:43 13:50 13:49 2/2013 1153:16 15:28 12:46 17:38 14:50 17:18 14:02 12:05 16:02 17:56 16:25 21:59 14:03 23:15 19:33 18:06 18:28 20:33 15:29 15:27 13:31 16:30 17:29 16:38 17:57 13:59 26:20 19:32 20:15 15:47 44:13 13:05 13:51 26:19 15:14 22:24 3/2013 583:34 14:34 16:57 13.18 12.54 12:44 21:37 14:23 15:38 30:37 15:09 12:18 20:16 24:20 18:21 40:35 39:41 13:33 4/2013 1290:48 20:38 30:57 29:29 21:05 27:15 24:17 25:18 23:52 29:21 21:48 14:40 13:03 18:28 13:29 16:35 20:53 16:30 13:01 22:02 20:07 19:55 17:37 20:39 15:30 12:34 17:42 16:22 20:52 15:30 13:07 18:17 12:17 18:09 16:54 16:01 13:50 16:16 26:28 21:22 18:49 17:12 25:44 21:29 1/2014 1374:36 31:24 24:42 25:16 31:46 21:29 65:31 25:31 24:07 27:27 24:10 42:38 19:07 12:03 22:44 17:16 15:33 18:39 22:12 27:20 16:04 26:47 20:48 20:02 17:42 26:42 13:20 17:30 15:57 17:45 12:06 19:49 16:16 20:51 14:21 23:12 14:03 27:29 12:17 19:05 13:04 16:38 13:42 16:30 2/2014 1319:21 24:42 14:11 24:26 16:43 26:45 27:23 13:45 38:35 24:39 32:04 30:00 19:44 43:55 33:00 34:10 14:59 34:55 23:18 25:26 22:16 26:31 25:33 29:27 20:59 30:47 19:06 18:40 18:39 17:57 16:25 12:12 23:15 16:49 20:43 23:35 19:13 19:21 19:01 12:06 3/2014 1515:01 32:56 15:50 41:58 34:08 46:49 35:44 19:36 48:21 26:32 37:25 23:58 20:04 32:01 22:04 30:58 23:30 21:14 36:35 24:11 22:37 19:39 25:10 34:18 34:09 15:35 21:16 24:38 17:07 19:36 18:05 13:37 27:10 25:31 14:53 24:09 16:04 15:12 13:54 25:43 21:49 20:54 12:23 14:23 4/2014 1467:53 18:06 33:18 37:09 26:42 38:07 36:29 49:23 33:06 17:04 33:48 26:36 39:16 28:09 15:15 40:22 34:04 23:11 21:48 34:57 29:00 37:16 22:12 14:36 29:52 23:08 20:43 18:43 18:24 15:07 19:02 12:37 28:00 13:09 13:34 18:51 13:48 12:45 15:45 15:36 18:25 21:02

Ausschlaggebend hierfür seien die häufigen Ansätze der GOPen 03220, 03221, 03230, 30201, 30420 und 35110 EBM sowie der routinemäßige Ansatz der ICD-Diagnose Z73. Parallel zur Zeitprofilprüfung habe es eine Beschwerde seiner Patientin M. gegeben, wonach er Leistungen zu Unrecht abrechnet habe. Die Stellungnahme des Klägers zu den enorm auffälligen Tages- bzw. Quartalsarbeitszeiten bzw. der dazu führenden auffälligen GOPen enthalte, so der Plausibilitätsausschuss begründend, keine entlastenden Argumente. Auf die extrem hohen Tagesarbeitszeiten von bis zu 65:31 Stunden bzw. Quartalsarbeitszeiten von bis zu 1.515:01 Stunden sei der Kläger nicht eingegangen. Er habe auch keine klärenden Angaben zu den erwähnten abgerechneten Leistungen gemacht. Man habe den Eindruck gewonnen, dass GOPen abgerechnet worden seien, um seinem, des Klägers, organisatorischen Aufwand Rechnung zu tragen. Auch der Sachverhalt zu der Patientin M. habe nicht zur Entlastung beitragen können. Zur Fristwahrung habe sich, so die Beklagte weiter, der Plausibilitätsausschuss veranlasst gesehen, zunächst die Honorarbescheide für die Quartale 1/2012 bis 4/2014 aufzuheben. Für die weiterführende Prüfung werde gebeten, von namentlich benannten 49 Patienten die komplette Patientendokumentation einzureichen.

Hiergegen erhob der Kläger am 08.09.2015 Widerspruch. Zur Begründung führte er über sein Vorbringen im Rahmen der Anhörung hinaus aus, die Beklagte habe sich mit seinen Argumenten inhaltlich nicht auseinandergesetzt. Man ziehe sich an einem einzigen Patientenfall, bei dem er nicht erbrachte "Chiroziffern" angesetzt habe, um mit diesem "extrem unangenehmen, ekligen Patientenkontakt" wenigstens Geld zu verdienen, "hoch". Dass nun im Gegenzug seine Quartale von 1/2012 bis 4/2014 aufgehoben würden, halte er für grob unverhältnismäßig. Er bestreite nicht, dass seine GOPen an vielen Stellen unplausibel seien, unplausibel sei aber auch das Gesamtsystem. Auch erscheine ihm die Wahl der Quartale völlig willkürlich. Nachdem er in den davor liegenden Quartalen immer höchst regelkonform abgerechnet habe, sei er in den Jahren 2012 bis 2014 von der Beklagten (endlich) anständig bezahlt worden. Im Übrigen seien den Hausärzten Baden-Württembergs ohne eine fachlich-sachliche Erklärung 2012 zunächst 30 %, später bis 50 % und im Quartal 4/2013 sogar 55 % ihrer Leistungen nicht ausgezahlt worden. Zwei 50 % Minusquartale in Folge hätten bedeutet, dass er erneut Insolvenz hätte anmelden müssen. Seine seit 2012 praktizierte und nunmehr beanstandete "Ziffernansetzpraxis" sei als reaktive, suggestive Insolvenzprophylaxe, also als Notwehr, zu werten. Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers brachte über das Vorbringen des Klägers hinaus ergänzend vor, dass der Kläger mit hohem Engagement ärztliche Leistungen erbringe, ohne adäquat bezahlt zu werden. Auch nach seiner Insolvenz in den Jahren 2011 bis 2013 könne von einer allenfalls erträglichen, jedoch keinesfalls und nie von einer "übermäßigen" Einnahmesituation ausgegangen werden. Die besondere Situation der Hausärzte und vor allem der Kläger, hier eine zumindest angemessene, aber immer noch an der untersten Stufe sich bewegende und kaum die Aufwendungen tragende Abrechnung zu erreichen, spiele eine Rolle. Der Kläger bemühe sich seit Jahren offen und mit medizinpolitischen Gründen eine auch nur annähernd leistungsadäquate Abrechnung seiner Leistungen als Hausarzt zu erhalten. Die Beratung, Auskunftserteilung und das Abrechnungsverhalten der Beklagten empfinde er als grob rechtswidrig und falsch. Bis zum Jahr 2011 habe er verschiedene GOPen nicht gekannt und daher jahrelang nicht abgerechnet, weil er auf diese nicht hingewiesen worden sei. Nicht zuletzt sei die eingeleitete Plausibilitätsprüfung auch unzulässig. Es handele sich um eine offensichtliche Retourkutsche des Vorstands der Beklagten. Was die 65 Stunden anbelange, dürfte diese Zahlenangabe an einer noch nicht gut eingearbeiteten Helferin liegen, was dem Kläger beim Unterschreiben wohl entgangen sei. Die anderen "auffälligen" Zeiten seien angesichts seiner Praxis als Hausarzt, seiner Berufsauffassung und seiner speziellen Behandlungsarten in Wirklichkeit keine Auffälligkeiten und zum anderen Teil durch Überschneidungen nachvollziehbar.

Die angeforderten Patientendokumentationen legte der Kläger nicht vor.

Mit Bescheid vom 30.06.2016 entschied die Beklagte nach einer Sitzung des Plausibilitätsausschusses am 16.12.2015 für die Quartale 1/2012 bis 4/2014 eine Berichtigung der GOPen 30201, 30420 ff. und 35110 EBM auf den Fachgruppendurchschnitt durchzuführen und setzte eine Rückforderung aus der Neufestsetzung der Vergütung des Honorars in Höhe von 271.022,59 EUR fest. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie aus, die Auswertung der Zeitprofile habe gezeigt, dass die Überschreitungen hauptsächlich durch die GOPen 03220, 03221, 03230, 30201, 30420 ff. und 35110 EBM verursacht worden seien. Bei Prüfung der Einzelfallnachweise sei aufgefallen, dass routinemäßig die Kombination der GOPen 30201, 30420 und 35110 EBM unter Angabe des ICD-Codes M99.8 (Sonstige biomechanische Funktionsstörungen im Lumbal- und/oder Thorakalbereich), M41 (Skoliose) und Z73 abgerechnet worden seien. Dies sei auch bei der Patientin M. der Fall gewesen. Die GOPen 30201, 30420 und 35110 EBM stellten sich pro Arzt-Patienten-Kontakt wie folgt dar und würden im EBM-Anhang 3 mit insgesamt 38 Minuten bewertet:

Quartal Gesamtfallzahl Ansatz der Kombination insgesamt ICD M 41 ICD M99.8 ICD Z73 1/2012 327 226 225 225 54 2/2012 348 254 210 253 207 3/2012 361 317 247 317 268 4/2012 385 362 251 362 325 1/2013 486 498 325 496 438 2/2013 562 551 523 549 490 3/2013 279 278 161 268 200 4/2013 567 564 485 509 470 1/2014 576 575 526 526 491 2/2014 553 558 543 508 494 3/2014 631 631 610 564 581 4/2014 616 595 585 527 564

Die Stellungnahmen des Klägers könnten die Implausibilitäten nicht ausräumen. Bemängelungen an den Abrechnungsbestimmungen und die Darlegung von finanziellen Situationen vermöchten die hohen Arbeitszeiten nicht zu erklären. Bzgl. der GOP 30201 EBM stehe in der Leistungslegende des EBM, dass diese Leistung bis zu zweimal im Behandlungsfall berechnungsfähig sei. Weitere Behandlungen könnten nur im Einzelfall mit ausführlicher Begründung erfolgen. Zur Abrechnung der GOP 30420 EBM, die der Kläger nach seinen Angaben persönlich durchgeführt habe, sei laut EBM-Anhang 3 eine Dauer von mindestens 15 Minuten vorgeschrieben. Dieselbe Zeit sei auch für den Arzt-Patienten-Kontakt gem. GOP 35110 EBM vorgesehen. Berechnungsfähig sei eine Leistung oder ein Leistungskomplex nur, wenn der Leistungsinhalt vollständig erbracht worden sei. Der Plausibilitätsausschuss sei zur Überzeugung gekommen, dass aufgrund der hohen Arbeitszeiten die damit verbundenen abgerechneten Leistungen nach den GOPen 30201, 30420 ff. und 35110 EBM nicht immer vollständig erfüllt und entsprechend der Leistungslegende erbracht worden sein könnten. Bei der Schadensbemessung stehe ihm, so der Plausibilitätsausschuss weiter, ein umfassendes und gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Schätzungsermessen zu. Die sich aus der Neufestsetzung ergebende Rückforderung von insgesamt 271.022,59 EUR werde dem Honorarkonto des Klägers zum Quartal 2/2016 belastet. In der Anlage zum Bescheid schlüsselte die Beklagte die Rückforderung wie folgt auf:

Quartal GNR LB Ansatz je 100 Fälle Praxis Ansatz je 100 Fälle PG Ansatz GOP gesamt Fallzahl kurativ gesamt GNR- Wert Kürzung in % GNR Honorar Kürzung in Euro 1/12 30201 R 174,31 8,38 570 327 4,48 EUR 95 2.554,28 EUR 2.431,48 EUR 30420 R 160,55 9,25 525 327 5,94 EUR 94 3.117,24 EUR 2.937,64 EUR 30420A R 7,65 1,27 25 327 5,94 EUR 83 148,44 EUR 123,80 EUR 30420Z O 160,24 9,59 524 327 -1,43 EUR 94 -749,32 EUR -704,47 EUR 35110 R 144,04 13,55 471 327 9,63 EUR 91 4.537,89 EUR 4.111,01 EUR 2/12 30201 R 187,64 8,07 653 348 4,34 EUR 96 2.832,06 EUR 2.710,26 EUR 30420 R 176,44 8,56 614 348 5,75 EUR 95 3.528,36 EUR 3.357,18 EUR 30420A R 6,03 1,36 21 348 5,75 EUR 77 120,68 EUR 93,49 EUR 30420Z O 175,57 8,86 611 348 -1,43 EUR 95 -873,73 EUR -829,64 EUR 35110 R 139,37 13,20 485 348 9,32 EUR 91 4.522,40 EUR 4.094,07 EUR 3/12 30201 R 239,61 8,43 865 361 4,01 EUR 96 3.467,26 EUR 3.345,27 EUR 30420 R 187,81 10,22 678 361 5,31 EUR 95 3.600,94 EUR 3.404,99 EUR 30420A R 6,65 1,44 24 361 5,31 EUR 78 127,47 EUR 99,87 EUR 30420Z O 187,81 10,59 678 361 -1,43 EUR 94 -696,54 EUR -914,87 EUR 35110 R 171,47 13,31 619 361 8,62 EUR 92 5.334,57 EUR 4.920,49 EUR 4/12 30201 R 219,22 8,34 844 385 3,96 EUR 96 3.341,21 EUR 3.214,10 EUR 30420 R 187,27 9,34 721 385 5,25 EUR 95 3.781,92 EUR 3.593,30 EUR 30420A R 5,71 1,74 22 385 5,25 EUR 70 115,40 EUR 80,23 EUR 30420Z O 187,27 9,73 721 385 -1,43 EUR 95 -1.031,03 EUR -977,46 EUR 35110 R 184,94 14,09 712 385 8,51 EUR 92 6.060,09 EUR 5.598,39 EUR 1/13 30201 E 6,17 0,57 30 486 7,07 EUR 91 212,20 EUR 192,60 EUR 30201 R 217,90 7,56 1059 486 3,07 EUR 97 3.253,22 EUR 3.140,35 EUR 30420 E 5,35 0,99 26 486 9,37 EUR 81 243,64 EUR 198,56 EUR 30420 R 200,21 9,65 973 486 4,07 EUR 95 3.960,54 EUR 3.769,64 EUR 30420A R 6,79 1,38 33 486 4,07 EUR 80 134,33 EUR 107,03 EUR 30420Z O 205,56 9,95 999 486 -1,43 EUR 95 -1.428,57 EUR -1.359,42 EUR 35110 E 4,53 0,43 22 486 15,21 EUR 91 334,52 EUR 302,77 EUR 35110 R 181,69 12,76 883 ´786 6,60 EUR 93 5.832,18 EUR 5.422,59 EUR 2/13 30201 E 12,28 0,62 69 562 7,07 EUR 95 488,01 EUR 463,37 EUR 30201 R 252,85 7,73 1420 562 7,07 EUR 97 10.043,13 EUR 9.736,10 EUR 30420 E 9,25 1,22 52 562 9,37 EUR 87 487,29 EUR 423,02 EUR 30420 R 186,83 9,19 1049 562 9,37 EUR 95 9.830,61 EUR 9.347,05 EUR 30420A R 6,94 1,28 39 562 9,37 EUR 82 365,53 EUR 298,11 EUR 30420Z O 195,91 9,61 1100 562 -1,43 EUR 95 -1.573,00 EUR -1.495,84 EUR 35110 E 8,54 0,45 48 562 15,21 EUR 95 729,88 EUR 691,42 EUR 35111 E 4,45 0,49 25 562 15,21 EUR 89 380,15 EUR 338,29 EUR 35110 R 178,47 13,37 1002 562 15,21 EUR 93 15.236,40 EUR 14.094,97 EUR 3/13 30201 E 11,11 0,66 31 279 7,07 EUR 94 219,27 EUR 206,24 EUR 30201 R 265,23 7,95 740 279 7,07 EUR 97 5.233,69 EUR 5.076,82 EUR 30420 E 8,60 2,07 24 279 9,37 EUR 95 224,90 EUR 212,87 EUR 30420 R 182,80 9,61 510 279 9,37 EUR 93 4.779,44 EUR 4.433,26 EUR 30420A R 6,45 1,48 18 279 9,37 EUR 77 168,71 EUR 130,00 EUR 30420Z O 191,04 10,01 533 279 -1,43 EUR 95 -762,19 EUR -722,25 EUR 35110 E 8,60 0,46 24 279 15,21 EUR 95 364,94 EUR 345,42 EUR 35110 R 184,59 13,37 515 279 15,21 EUR 93 7.831,10 EUR 7.263,89 EUR 4/13 30201 E 16,75 0,64 95 567 10,40 EUR 96 988,00 EUR 950,25 EUR 30201 R 278,66 8,60 1580 567 4,76 EUR 97 7.526,60 EUR 7.294,31 EUR 30420 E 11,46 1,69 65 567 9,40 EUR 85 611,00 EUR 520,90 EUR 30420 R 179,01 10,57 1015 567 4,52 EUR 94 4.591,38 EUR 4.320,27 EUR 30420A R 6,17 1,79 35 567 4,52 EUR 71 158,33 EUR 112,40 EUR 30420Z O 190,48 10,95 1080 567 -1,43 EUR 94 -1.544,40 EUR -1.455,62 EUR 35110 E 11,46 0,47 95 567 7,10 EUR 96 674,50 EUR 646,84 EUR 35110 R 181,48 12,35 1580 567 3,42 EUR 93 5.398,32 EUR 5.030,96 EUR 1/14 30201 E 15,10 0,69 87 576 7,19 EUR 95 625,74 EUR 597,15 EUR 30201 R 281,08 8,30 1619 576 7,19 EUR 97 11.644,20 EUR 11.300,36 EUR 30420 E 9,72 2,12 56 576 9,52 EUR 78 533,21 EUR 416,91 EUR 30420 R 179,86 10,29 1036 576 9,52 EUR 94 9.865,09 EUR 9.300,70 EUR 30420A R 8,16 1,80 47 576 9,52 EUR 78 447,59 EUR 348,86 EUR 30420Z O 189,58 10,89 1092 576 -1,43 EUR 94 -1.561,56 EUR -1.471,86 EUR 35110 E 10,07 0,50 58 576 15,40 EUR 95 893,09 EUR 848,75 EUR 35110 R 184,90 13,20 1065 576 15,40 EUR 93 16.398,30 EUR 15.227,63 EUR 2/14 30201 E 21,16 0,73 117 553 7,19 EUR 97 841,51 EUR 812,48 EUR 30201 R 275,77 8,06 1525 553 7,19 EUR 97 10.968,40 EUR 10.647,82 EUR 30420 E 13,74 1,96 76 553 9,52 EUR 86 723,67 EUR 620,44 EUR 30420 R 176,49 10,69 976 553 9,52 EUR 94 9.293,52 EUR 8.730,61 EUR 30420A R 8,50 1,38 47 553 9,52 EUR 84 447,54 EUR 374,88 EUR 30420Z O 190,24 11,20 1052 553 -1,54 EUR 94 -1.620,08 EUR -1.524,70 EUR 35110 E 14,10 0,54 78 553 15,40 EUR 96 1.201,04 EUR 1.155,04 EUR 35110 R 162,46 12,98 1009 553 15,40 EUR 92 15.536,32 EUR 14.295,02 EUR 3/14 30201 E 19,65 0,86 124 631 7,19 EUR 96 891,84 EUR 852,81 EUR 30201 R 276,07 8,46 1742 631 7,19 EUR 97 12.529,07 EUR 12.145,12 EUR 30420 E 12,52 1,80 79 631 9,52 EUR 86 752,26 EUR 644,11 EUR 30420 R 178,92 10,98 1129 631 9,52 EUR 94 10.750,41 EUR 10.090,68 EUR 30420A R 6,50 1,50 41 631 9,52 EUR 77 390,39 EUR 300,30 EUR 30420Z O 191,44 11,60 1208 631 -1,54 EUR 94 -1.860,32 EUR -1.747,60 EUR 35110 E 13,31 0,54 84 631 15,40 EUR 96 1.293,40 EUR 1.240,93 EUR 35110 R 183,04 13,18 1155 631 15,40 EUR 93 17.784,03 EUR 16.503,47 EUR 4/14 30201 E 12,95 0,81 79 610 7,19 EUR 94 568,21 EUR 532,67 EUR 30201 R 283,44 8,23 1729 610 7,19 EUR 97 12.435,60 EUR 12.074,52 EUR 30420 E 8,36 1,41 51 610 9,52 EUR 83 485,60 EUR 403,70 EUR 30420 R 184,59 10,89 1126 610 9,52 EUR 94 10.721,82 EUR 10.089,28 EUR 30420A E 0,33 0,17 2 610 9,52 EUR 48 19,04 EUR 9,23 EUR 30420A R 5,74 1,29 35 610 9,52 EUR 78 333,25 EUR 258,36 EUR 30420Z O 192,95 11,19 1177 610 -1,54 EUR 94 -1.812,58 EUR -1.707,46 EUR 35110 E 185,74 13,66 1133 610 15,40 EUR 93 17.445,65 EUR 16.162,63 EUR 35110 R 8,69 0,56 53 610 15,40 EUR 94 816,11 EUR 763,52 EUR 271.022,59 EUR

Hiergegen erhob der Kläger am 08.07.2016 Widerspruch. Er trug vor, er behandle überwiegend ältere Patienten und Rentner mit Rückenproblemen, wobei er die Patienten zunächst ausführlich anhöre, um die eigentliche Genese der Beschwerden im anamnestischen Gespräch zu erkunden, bevor er mit der Behandlung beginne. Darin liege auch die als auffällig bemängelte häufige Kombination mit dem ICD-10-Diagnoseschlüssel. Die von den "auffälligen" Zeiten betroffenen Patienten seien alle mehr oder weniger psychisch überlagert. Sie seien keine "normalen" Patienten, sondern "Extrempatienten". Er habe die "auffälligen" Zeiten an den jeweils betroffenen Patienten mit dem ärztlichen Inhalt und am jeweiligen Behandlungstag auch wirklich erbracht. Die Abrechnung der an einem bestimmten Tag erbrachten mehreren ärztlichen Leistungen seien jedoch auf verschiedene nachfolgende Tage verteilt worden. Hierbei habe man nicht auf die Einhaltung der Tagesgrenzen geachtet. Nach der chiropraktischen Behandlung erteile er ausführliche Ratschläge bzw. Hinweise zu notwendigen Verhaltensänderungen und weise die Patienten in notwendige gymnastische Übungen ein. Diese, seine "Philosophie" der ärztlichen Tätigkeit, entspringe seiner verfassungs- und grundrechtlich geschützten ärztlichen Diagnose- und Therapiefreiheit. Für den Fall, dass er von ihm tatsächlich erbrachte ärztliche Leistungen nicht abgerechnet hätte, hätte er sich selbst massiv geschädigt. Im Übrigen komme eine Berichtigung und Rückforderung nach Erlass der Honorarbescheide nur in engen, hier nicht vorliegenden Grenzen in Betracht und vor dem Regress habe auch keine Beratung stattgefunden. Hätte es eine solche zeitnah nach dem Jahr 2005, spätestens aber nach den nun bemängelten Abrechnungen ab dem Quartal 1/2012 gegeben, wäre es nicht zu diesen Honorarabrechnungen gekommen. Nicht zuletzt seien die Tages- und Quartalszeiten kein Beweis für ein unredliches, schädigendes und zur Rückzahlung verpflichtendes Verhalten, sie seien nur Indizien. Außerdem sei der Ansatz des Fachgruppendurchschnitts für die Bemessung der Höhe der Rückforderung willkürlich, da in der Verfahrensordnung der Beklagten keine entsprechende Regelung verankert sei. Er könne sich auch nicht auf eine gesetzliche Grundlage stützen. Komme es zu dieser Rückforderung, müsse er seine Praxis schließen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.2017 wies die Beklagte – nach persönlicher Anhörung des Klägers vor dem Plausibiliätsausschuss am 14.12.2016 – den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 02.09.2015 und vom 30.06.2015 zurück. Zur Begründung ihrer Entscheidung führte sie aus, es sei richtig, dass es sich bei den überschrittenen Tages- und Quartalszeiten um keinen Beweis für unredliches und schädigendes Verhalten handele, diese stellten vielmehr ein Aufgreifkriterium dar. Wenn die Überschreitung der Zeitprofile auch nach der Berücksichtigung aller entlastenden Gründe aber nicht plausibel sei, müsse die Abrechnung berichtigt werden. Überschreitungen der Tagesprofilzeiten von bis zu 65 Stunden (am 20.01.2014) seien ein sicheres Indiz für Abrechnungsfehler. An diesem Tag sei die GOP 30420 EBM mit je 15 Minuten Dauer 97 mal (24 Stunden und 15 Minuten), die GOP 35110 EBM mit je 16 Minuten Dauer ebenfalls 97 mal (was wiederum für den routinemäßigen Ansatz spreche; 25 Stunden und 52 Minuten) und 112 mal die GOP 30201 EBM (13 Stunden und 4 Minuten) abgerechnet worden. In diesem Umfang könne von einer nicht gerechtfertigten Bereicherung gesprochen werden. Dass die Überschreitung der Tagesarbeitszeiten von bis zu 65:31 Stunden dadurch zustande gekommen sei, weil ärztliche Leistungen auf verschiedene nachfolgende Tage verteilt worden seien, ergebe aufgrund der durchschnittlichen Tagesarbeitszeiten (nach Regelwerk) keinen Sinn. Teile man die gesamten Tagesprofilzeiten des beispielhaften Quartals 4/2014 in Höhe von 1.137:04 Stunden durch die Anzahl der Arbeitstage (57), ergebe dies eine durchschnittliche Tagesarbeitszeit von 19:56 Stunden. Konkret sei die Tagesarbeitszeit von 12 Stunden allein im Quartal 4/2014 42 mal mit bis zu 49 Stunden und 48 Minuten überschritten worden. Abgesehen davon sei der Vertragsarzt verpflichtet, seine erbrachten Leistungen korrekt und zeitnah, das heiße unter dem Datum der Erbringung, abzurechnen. Da die Überschreitung der Zeitprofile nicht habe plausibilisiert werden können, sei der Kläger zur Übersendung von Patientendokumentationen aufgefordert worden. Nachdem er dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei, habe er, so der Plausibilitätsprüfungsausschuss, unter Berücksichtigung der Stellungnahmen nach Aktenlage entschieden. Dass der Kläger die GOP 30201 EBM nach seinem Vortrag bis zum Jahr 2011 nicht gekannt habe, könne nicht nachvollzogen werden, nachdem er am 27.06.2005 die Genehmigung der GOPen 30200 und 30201 EBM beantragt und unter dem 01.07.2005 die Abrechnungsgenehmigung erhalten habe. Auch erfülle der bloße Hinweis des Klägers zu notwendigen Verhaltensänderungen bzw. zu gymnastischen Übungen nicht den Leistungsinhalt nach der GOP 30420 EBM. Obligatorischer Leistungsinhalt sei insoweit die krankengymnastische Behandlung mit einer Mindestdauer von 15 Minuten. Dies habe zur Folge, dass der Kläger beispielsweise im Quartal 4/2014 bei insgesamt 1.222 abgerechneten Ansätzen (der GOP 30420 EBM) 305:30 Stunden die aktive Bewegungstherapie hätte durchführen müssen. Die Abweichung dieser GOP zur Prüfgruppe betrage damit 1.595,04 %, die GOP 30201 EBM weiche sogar um 3.343,99 % ab. Die Kombination der GOPen 30201, 30420, 35110 EBM mit dem ICD-10-Diagnoseschlüssel Z73 sei in diesem Quartal vom Kläger bei insgesamt 562 von 610 Patienten abgerechnet worden, was 92 % entspreche. Dies liege für einen Allgemeinmediziner mit der Zusatzbezeichnung Sportmedizin und Chirotherapie weit über dem Durchschnitt seiner Fachgruppe. Auffällig sei auch die Ansatzhäufigkeit der routinemäßigen Ansätze der GOPen 30201, 30420 und 35110 EBM im Vergleich zur Fallzahl:

Quartal GKV Honorar Euro Fallzahl kurativ Anzahl GOP Ansatz in Fällen Honorar Euro Abweichung PGR in % Anzahl GOP Ansatz in Fällen Honorar Euro Abweichung PGR in % 20121 21.969,10 327 570 253 2.554,28 1980,07 525 242 3.117,24 1635,68 20122 24.557,53 348 653 288 2.832,06 2225,15 614 279 3.528,36 1961,21 20123 27.678,10 361 865 313 3.467,26 2742,35 678 303 3.600,94 1737,67 20124 29.781,43 385 844 344 3.341,21 2528,54 721 333 3.781,92 1905,03 20131 33.040,12 486 1.089 476 3.465,49 2652,70 999 459 4.204,23 1831,95 20132 84.635,75 562 1.489 550 10.531,11 3069,26 1.101 530 10.317,69 1781,94 20133 40.691,06 279 771 279 5.452,97 3105,80 534 270 5.004,22 1538,70 20134 45.165,83 567 1.675 563 6.072,79 3117,97 1.080 545 5.202,26 1453,67 20141 79.011,70 576 1.706 575 12.270,06 3194,55 1.092 549 10.398,24 1427,64 20142 71.872,05 553 1.642 551 11.809,76 3274,20 1.052 527 10.017,36 1405,06 20143 85.063,02 631 1.873 629 13.471,18 3083,21 1.214 605 11.559,95 1436,44 20144 81.366,17 610 1.808 609 13.003,67 3182,28 1.177 591 11.207,63 1468,70

Quartal Fallzahl kurativ Anzahl GOP Ansatz in Fällen Honorar Euro Abweichung PGR in % 20121 327 471 237 4.537,89 963,03 20122 348 485 249 4.522,40 955,83 20123 361 619 311 5.334,57 1187,31 20124 385 712 358 6.060,10 1213,49 20131 486 905 480 6.166,69 1311,75 20132 562 1.075 547 16.346,55 1236,69 20133 279 539 275 8.196,09 1297,90 20134 567 1.094 557 8.514,61 1405,07 20141 576 1.123 569 17.291,50 1323,14 20142 553 1.087 548 16.737,19 1353,85 20143 631 1.239 624 19.077,62 1332,17 20144 610 1.186 596 18.261,55 1267,30

Auch die praktische Vorführung einer physiotherapeutischen Behandlung durch den Kläger sowie seine Erklärungen und Erläuterungen vor dem Plausibilitätsprüfungsausschuss habe, so der Ausschuss, keine entlastenden Argumente ergeben. Bei der Schadensbemessung stehe ihm, dem Plausibilitätsausschuss, ein Schätzungsermessen zu. Die Kürzung auf den Fachgruppendurchschnitt sei eine durchaus gängige Kürzungsmethode bei Zeitprofilüberschreitungen durch einzelne GOPen.

Hiergegen hat der Kläger am 26.06.2017 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend insbesondere noch einmal hervorgehoben, dass er die ärztlichen Leistungen tatsächlich erbracht habe, lediglich die Abrechnung sei an nachfolgenden Tagen erfolgt, wobei er nicht darauf geachtet habe, ob die Arbeitszeiten auffällig überschritten worden seien. Die Kombination der GOPen mit dem ICD-10-Diagnoseschlüssel stelle keine Auffälligkeit dar, sie entspreche dem Zuschnitt seiner Patienten. Die Forderung der Beklagten beruhe auf einer reinen Retourkutsche aufgrund seiner politischen Äußerungen. Es sei, so der Kläger, ausdrücklich, "wahr, er habe, um das F. Unrecht endlich (!) auszugleichen, im besagten Zeitraum etwas höher abgerechnet" (Schriftsatz vom 08.01.2018, Bl. 100 der SG-Akte). Bei Abwägung der Interessen sei allenfalls eine Kürzung auf 50 % über dem Fachgruppendurchschnitt hinzunehmen. Nachvollziehbar bzw. eventuell sachgerecht wäre auch gewesen, ihn bezüglich der GOPen 30201 und 30420 EBM auf den Durchschnitt aller Allgemeinmediziner/Hausärzte, die die Zusatzbezeichnung Chirotherapie hätten, und bei der GOP 35110 EBM auf den Durchschnitt aller Ärzte, die die KV-interne Weiterbildung psychosomatische Grundversorgung hätten, zu kürzen. Nicht sachgerecht sei die Kürzung auf den Fachgruppendurchschnitt aller Hausärzte/Allgemeinmediziner, von denen geschätzt 80 % diese Zusatzbezeichnung bzw. KV-interne Weiterbildung nicht besäßen. Außerdem hat der Kläger auf seine erheblichen finanziellen Schwierigkeiten hingewiesen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nachträgliche Richtigstellungen seien zulässig. Eine nach den Vorschriften zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige Teilaufhebung von Honorarbescheiden mit Wirkung für die Vergangenheit löse gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Leistungsempfängers aus. Aus der Tatsache, dass Leistungen in den Vorquartalen unbeanstandet in die Abrechnung übernommen worden seien, könne kein Vertrauensschutz hergeleitet werden. Vor Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist könne von einer konkludenten Bestätigung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit nicht ausgegangen werden. Diese Ausschlussfrist sei für alle streitgegenständlichen Quartale im Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheides vom 30.06.2016 noch nicht abgelaufen gewesen. Der Honorarbescheid für das am längsten zurückliegende Quartal 1/2012 sei frühestens Mitte Juli 2012 erlassen worden. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, sie, die Beklagte, sei ihrer Verpflichtung, ihn auf ihr bekannte Ungewissheiten hinzuweisen, nicht nachgekommen. Die zeitlichen Unregelmäßigkeiten hätten ihr erst aufgrund der Erstellung von Tagesprofilen auffallen können. Der Kläger könne auch nicht ernsthaft behaupten wollen, er habe trotz eindeutiger Vorgaben in den Leistungslegenden nicht gewusst, dass die GOPen 30420 f und 35110 EBM auch angesetzt werden könnten, wenn die dort vorgeschriebenen Mindestzeiten nicht eingehalten worden seien. Nach Erstellung der Tagesprofile seien in den streitgegenständlichen Quartalen Arbeitszeiten von bis zu weit über 24 Stunden ermittelt worden. Dabei hätten sich folgende Spitzenarbeitszeiten ergeben:

Quartal Arbeitstag Arbeitszeit Quartal Arbeitstag Arbeitszeit 1/2012 02.03.2012 18 h 41 min 1/2012 05.03.2012 18 h 21 min 2/2012 13.04.2012 14 h 36 min 2/2012 19.06.2012 14 h 56 min 3/2012 20.09.2012 15 h 31 min 3/2012 07.09.2012 24 h 00 min 4/2012 17.12.2012 17 h 54 min 4/2012 19.12.2012 18 h 17 min 1/2013 25.02.2013 24 h 47 min 1/2013 04.03.2013 17 h 28 min 2/2013 10.06.2013 26 h 20 min 2/2013 18.06.2013 44 h 13 min 3/2013 25.09.2013 40 h 35 min 3/2013 26.09.2013 39 h 41 min 4/2013 07.10.2013 30 h 57 min 4/2013 14.10.2013 29 h 29 min 1/2014 20.01.2014 65 h 31 min 1/2014 27.01.2014 42 h 38 min 2/2014 10.04.2013 38 h 35 min 2/2014 17.04.2014 43 h 55 min 3/2014 07.07.2014 46 h 49 min 3/2014 10.07.2014 48 h 21 min 4/2014 20.10.2014 49 h 23 min 4/2014 30.10.2014 40 h 22 min

Ergebe sich in einem Tagesprofil eine tägliche Arbeitszeit, die der Arzt unmöglich geleistet haben könne, so sei die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass er nicht alle abgerechneten Leistungen vollständig erbracht habe. Diese Schlussfolgerung sei ohne Weiteres für solche Tage gerechtfertigt, an denen sich aufgrund der abgerechneten Leistungen eine Arbeitszeit von über 24 Stunden oder eine nahe an 24 Stunden heranreichende Arbeitszeit ergebe (vgl. Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 13.11.2002 - L 5 KA 4454/00 -, in juris). In die ermittelten Arbeitszeiten seien dabei unvermeidbare Handlungen, wie die tägliche Organisation des Praxisablaufs, das Anleiten und Überwachen des Praxispersonals bei delegationsfähigen Leistungen, die Auswertung von Befundunterlagen, Dokumentationen, Arztbriefen usw., persönliche Bedürfnisse, privatärztliche Behandlungen, Behandlungen aus BG- und Unfallversicherungsfällen sowie Nachtruhe noch gar nicht mit eingeflossen. Auch Leistungen des organisierten Notfalldienstes, Leistungen aus unvorhergesehener Inanspruchnahme des Vertragsarztes außerhalb der Sprechstundenzeiten und bei Unterbrechung der Sprechstunde mit Verlassen der Praxis seien außer Betracht geblieben. Zudem seien im Anhang 3 zum EBM behandlungsfall- und krankheitsfallbezogene ärztliche Leistungen aufgeführt, die ebenfalls nicht den Tagesprofilen unterlägen. Dass er die Leistungen nicht vollständig erbracht haben könne, ergäbe sich erst recht daraus, als sie, die Beklagte, bei der Ermittlung der Tagesprofile aus Gründen der Rechtssicherheit ausschließlich Minimalwerte eingestellt habe. Die Abrechnungssammelerklärungen des Klägers, mit der dieser die Richtigkeit der in Ansatz gebrachten Leistungen bestätigt habe, seien damit falsch. Sie, so die Beklagte weiter, müsse damit dem Kläger nicht mehr als eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachweisen. Dabei habe der Kläger auch zumindest grob fahrlässig gehandelt. Der EBM enthalte seit Jahren Mindestzeitvorgaben. Es müsse jedem Vertragsarzt klar sein, dass die Leistungslegende nur dann erfüllt sei, wenn die Gespräche oder andere Leistungen auch die vorgegebene Mindestzeit gedauert hätten. Im Hinblick auf die zeitliche Größenordnung hätte sich dem Kläger die Unrichtigkeit seiner Abrechnungen aufdrängen müssen. Darüber hinaus sei jeder Vertragsarzt zu peinlich genauen Dokumentationen verpflichtet. Ärzte müssten in den Abrechnungsunterlagen für die vertragsärztlichen Leistungen gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) die von ihnen erbrachten Leistungen einschließlich des Tages der Behandlung, bei ärztlicher Behandlung mit Diagnosen aufzeichnen und übermitteln. Der Kläger könne sich somit auch mit seinem Vortrag, die an einem bestimmten Tag erbrachten Leistungen seien auf verschiedene nachfolgende Tage verteilt worden, ohne darauf zu achten, ob an diesen Tagen die Arbeitszeiten voll bzw. mehr als voll gewesen seien, nicht entlasten. Für die korrekte Abrechnung bleibe ein Vertragsarzt auch dann verantwortlich, wenn er sich personeller Hilfe in Form von Helferinnen bediene. Darüber hinaus habe der Kläger in seinem Schriftsatz vom 08.01.2018 auch selbst zugestanden, im besagten Zeitraum höher abgerechnet zu haben. Da die hohen Tagesarbeitszeiten insbesondere auf dem sehr hohen Ansatz der GOPen 30201, 30420 ff., 35110 EBM beruhten, habe sie, die Beklagte, in Ausübung ihres Schätzungsermessens diese GOPen auf den Fachgruppendurchschnitt gekürzt. Die vom Kläger immer wieder geltend gemachten kompensatorischen Einsparungen gegenüber den Krankenkassen könnten bei sachlich-rechnerischen Richtigstellungen keine Rolle spielen.

Mit Gerichtsbescheid vom 21.09.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Voraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung der Abrechnungen des Klägers in den Quartalen 1/2012 bis 4/2014 seien erfüllt. Der Kläger habe in sämtlichen Quartalen 1/2012 bis 4/2014 mehrfach die Auffälligkeitsgrenze der Tagesarbeitszeiten von 12 Stunden überschritten und teilweise Arbeitszeiten von deutlich über 24 Stunden abgerechnet. Um zu prüfen, ob sich die Auffälligkeiten der Zeitprofile zugunsten des Arztes erklären ließen, habe die Beklagte den Kläger zu der Abrechnung befragt und Patientendokumentationen angefordert. Dass der Kläger letztere nicht vorgelegt habe, gehe zu seinen Lasten. Von Amts wegen habe die Beklagte beim Kläger keine Umstände feststellen können, die die teilweise exorbitanten angegebenen Arbeitszeiten (bis zu 65 Stunden täglich) nachvollziehbar gemacht hätten. Auch sie, so die Kammer weiter, könne dem Vorbringen des Klägers solche Besonderheiten nicht entnehmen. Der Vortrag des Klägers, er sei unterbezahlt, wenn er die Abrechnungsvorschriften ordnungsgemäß anwende, und er müsse zum Ausgleich für empfundenes Unrecht etwas höher abrechnen, zeige vielmehr, dass sich die Auffälligkeiten der Abrechnung schlicht dadurch erklären ließen, dass der Kläger nicht oder nicht vollständig erbrachte Leistungen abgerechnet habe. Unplausible Tagesarbeitszeiten ergäben sich in sämtlichen Quartalen im Übrigen nicht erst unter Berücksichtigung der Prüfzeiten, sondern bereits dann, wenn lediglich auf den obligaten Leistungsinhalt der abgerechneten GOPen abgestellt werde. Insoweit werde auf die Berechnungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss vom 07.12.2016, - S 11 KA 6178/16 ER) verwiesen. Daraus ergebe sich, dass der Kläger unter Berücksichtigung des obligaten Leistungsinhalts der GOP 30420 EBM sowie der GOP 35110 EBM mit einer Dauer von jeweils mindestens 15 Minuten allein für diese Leistungen an einzelnen Tagen der Quartale 1/2012 bis 4/2014 zwischen 11 Stunden, in der Regel jedoch zwischen 18 und 32 Stunden und 45 Minuten aufgewendet habe. Neben diesen obligatorischen Mindestzeiten müssten alle anderen abgerechneten kassenärztlichen Leistungen, ärztlichen Tätigkeiten bei Privatpatienten oder Selbstzahlern und Aufgaben der Praxisleitung und –organisation verrichtet werden. Wie dies – neben privaten Aktivitäten des täglichen Lebens – möglich sein solle, habe der Kläger nicht ausgeführt. Im Übrigen seien die abgerechneten Zeiten mit Spitzenwerten von über 24 Stunden pro Tag schlichtweg unmöglich zu leisten. Dies habe der Kläger auch teilweise eingeräumt. Sofern er, wie von ihm angegeben, die Leistungen an anderen Tagen als den angegebenen erbracht haben sollte, wäre die Abrechnung ebenfalls falsch; es würde aber auch die auffälligen Quartalsarbeitszeiten nicht erklären. Die Abrechnungen des Klägers seien letztlich fehlerhaft. Damit entfalle die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung. Dies habe zur Folge, dass eine Voraussetzung für die Festsetzung des Honoraranspruches des Vertragsarztes fehle und der auf der Honorarabrechnung des Vertragsarztes in Verbindung mit seiner Bestätigung der ordnungsgemäßen Abrechnung beruhende Honorarbescheid rechtswidrig sei. Die Beklagte sei in diesem Fall berechtigt und verpflichtet, den entsprechenden Honorarbescheid aufzuheben und das Honorar neu festzusetzen. Sie sei rechtlich nicht gehalten, in allen Behandlungsfällen, in denen sie unrichtige Abrechnungen vermute, den Nachweis der Unrichtigkeit zu führen. Die Berechnung des Berichtigungsbetrags sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte sei berechtigt, das dem Vertragsarzt zustehende Honorar zu schätzen. Ein der Gerichtskontrolle entzogener Beurteilungsspielraum der Beklagten bestehe insoweit nicht. Sofern der Verwaltungsakt überzeugende Ausführungen zur Schätzung enthalte, reiche es aber aus, wenn das Gericht sich diese Ausführungen zu eigen mache und sie in seinen Entscheidungsgründen nachvollziehe. Dass die Beklagte sich im Wege pauschalierender Schätzung damit begnüge, dem Arzt ein Honorar in Höhe des Fachgruppendurchschnitts zuzuerkennen, sei, zumal der Kläger keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen habe, die eine andere einzelfallbezogene Honorarschätzung ermöglichen würden, nicht zu beanstanden. Die Rückforderung des Honorars sei auch nicht wegen Ablaufs der vierjährigen Ausschlussfrist rechtswidrig. Diese sei bei Erlass des Bescheids vom 30.06.2016 noch nicht abgelaufen gewesen. Im Übrigen habe die Beklagte ohnehin bereits mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 02.09.2015 die Honorarbescheide für die Quartale 1/2012 bis 4/2014 zur Fristwahrung aufgehoben, sodass mit Bescheid vom 30.06.2016 nur noch die Neufestsetzung der Vergütung erfolgt sei.

Gegen den ihm am 28.09.2018 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers vom 05.10.2018. Zur Begründung beruft er sich weiterhin darauf, dass das Plausibilitätsverfahren an allen Enden völlig unverhältnismäßig und willkürlich sei. Er habe in erheblich geringerem Ausmaß als im Plausibilitätsverfahren angegeben, höher abgerechnet. Es sei offensichtlich über zwei Jahre Munition gegen ihn gesammelt worden. Wenn es um irgendetwas Sachliches ginge, hätte die Beklagte dieses Verfahren schon nach zwei bis drei Quartalen einleiten können. Im Übrigen hat er die Ausführungen zu seinen finanziellen Schwierigkeiten vertieft und sein Vorbringen im Zusammenhang mit seinem Verhältnis zum Vorstand der Beklagten Fechner weiter ergänzt.

Mit Beschluss vom 13.08.2019 hat der erkennende Senat des LSG Baden-Württemberg den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.09.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.09.2015 und den Bescheid vom 30.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.05.2017 aufzuheben; hilfsweise den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.09.2018 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 02.09.2015 und den Bescheid vom 30.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.05.2017 mit der Maßgabe aufzuheben, dass die Beklagte über die sachlich-rechnerische Berichtigung in den Quartalen 1/2012 bis 4/2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheidet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der Berufung entgegen und verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, den aus ihrer Sicht zutreffenden Gerichtsbescheid des SG sowie die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen des erkennenden Senats im Beschluss vom 13.08.2019.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben der Kläger und die Beklagte auf Nachfrage bestätigt, dass der Kläger über die KV-interne Weiterbildung zur psychosomatischen Grundversorgung verfügt. Die Beklagte hat ergänzend ausgeführt, dass als Vergleichsgruppe die der Internisten und Allgemeinmediziner, die hausärztlich tätig seien, angesetzt worden sei. Über die Genehmigung zur Abrechnung der chirotherapeutischen Ziffern verfügten ca. 11,5 % dieser Praxen, verbale Intervention dürften ca. 85 % dieser Praxen abrechnen.

Der Senat hat die von der Staatsanwaltschaft F. im Verfahren 430 Js 2 /17 beim Kläger sichergestellten Patientendokumentationen beigezogen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von 750,00 EUR überschritten wird, und auch im Übrigen zulässig.

Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte und Psychotherapeuten, da vorliegend eine Angelegenheit der Vertragsärzte i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG gegenständlich ist.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 02.09.2015 und der Bescheid vom 30.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.05.2017. Mit diesen Bescheiden hat die Beklagte ihre für die Quartale 1/2012 bis 4/2014 ergangenen Honorarbescheide aufgehoben und mit Bescheid vom 30.06.2016 in diesen Quartalen eine Berichtigung der GOPen 30201, 30420ff und 35110 EBM auf den Fachgruppendurchschnitt vorgenommen, das Honorar des Klägers neu festgesetzt und das Honorarkonto des Klägers mit einer Rückforderung aus der Neufestsetzung der Vergütung i.H.v. 271.022,59 EUR belastet.

Die Berichtigung der Honorarbescheide für die Quartale 1/2012 bis 4/2014 und die damit verbundene Festsetzung der Rückforderung bzgl. der GOPen 30201, 30420ff und 35110 EBM ist indessen nicht zu beanstanden. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Rechtsgrundlage für die sachlich-rechnerische Berichtung von Vertragsarztabrechnungen bzw. die Aufhebung bereits ergangener Honorarbescheide und die Rückforderung von Vertragsarzthonorar ist § 106a Abs. 2 SGB V (hier noch i.d.F. des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl. 2190 (a.F.); heute § 106d Abs. 2 SGB V) i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X; ergänzende Regelungen enthalten bzw. enthielten zu dem für die Rückforderung maßgeblichen Zeitpunkt § 45 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) und § 34 Ersatzkassenvertrag Ärzte (EKV-Ä).

Nach § 106a Abs. 1 SGB V a.F. stellt die Kassenärztliche Vereinigung die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest. Gegenstand der arztbezogenen Plausibilitätsprüfung ist gem. § 106a Abs. 2 SGB V a.F. insbesondere der Umfang der je Tag abgerechneten Leistungen im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand des Vertragsarztes. Bei der Prüfung ist ein Zeitrahmen für das pro Tag höchstens abrechenbare Leistungsvolumen zu Grunde zu legen; zusätzlich können Zeitrahmen für die in längeren Zeitperioden höchstens abrechenbaren Leistungsvolumnina zu Grunde gelegt werden. Soweit Angaben zum Zeitaufwand nach § 87 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz SGB V bestimmt sind, sind diese bei den Prüfungen zu Grunde zu legen. Die Abrechnung eines Vertragsarztes ist falsch, wenn die Prüfung der von diesem Arzt an einem beliebigen Tag abgerechneten Leistungen erkennen lässt, dass diese unter Berücksichtigung des für die einzelnen Leistungen erforderlichen zeitlichen persönlichen Arbeitsaufwand so, wie sie abgerechnet worden sind, nicht erbracht sein können (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.2018, - B 6 KA 44/17 R – m.w.N.).

In Übereinstimmung mit den Vorgaben aus § 106a Abs. 2 Satz 4 SGB V a.F. und § 8 AbrPr-RL hat die Beklagte der Ermittlung der täglichen Arbeitszeiten und der Quartalsarbeitszeiten des Klägers hier den vom Bewertungsausschuss auf der Grundlage von § 87 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 106a Abs. 2 SGB V a.F. in Anhang 3 zum EBM-Ä festgelegten Zeitaufwand für die von dem Kläger abgerechneten Leistungen, d.h. 7 Minuten für die GOP 30201 EBM, 15 Minuten für die GOP 30420 EBM und 16 Minuten für die GOP 35110 EBM und für diese GOPen damit insgesamt 38 Minuten, zugrunde gelegt (BSG, Urteil vom 24.10.2018, - B 6 KA 42/17 R -, in juris). § 8 Abs. 2 AbrPr-RL sieht insoweit gleichrangig die Ermittlung eines Tages- und eines Quartalzeitprofils vor. Eine weitere Überprüfung nach § 12 erfolgt gemäß § 8 Abs. 3 AbrPr-RL, wenn die ermittelte arbeitstägliche Zeit bei Tageszeitprofilen an mindestens drei Tagen im Quartal mehr als 12 Stunden und im Quartalszeitprofil mehr als 780 Stunden beträgt.

Die Bildung der Tageszeitprofile ergibt im vorliegenden Fall Auffälligkeiten i.S. des § 8 Abs. 3 AbrPr-RL. Der Kläger hat die Grenze der arbeitstäglichen Arbeitszeit unter Berücksichtigung der für die GOPen 30201, 30420 und 35110 EBM in Anhang 3 zum EBM-Ä festgelegten Prüfzeiten in den Quartalen 2/2012 bis 4/2014 jeweils an deutlich über drei Tagen im Quartal überschritten und teilweise Arbeitszeiten von weit über 24 Stunden täglich abgerechnet. Lediglich im Quartal 1/2012 wurde die tägliche Arbeitszeit von 12 Stunden nur an zwei Tagen überschritten. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Beklagte gehindert wäre, auch das Quartal 1/2012 darauf zu untersuchen, ob die Abrechnung des Klägers im Sinne des § 106a Abs. 2 SGB V a.F. sachlich und rechnerisch richtig ist. Ein Grundsatz des Inhalts, dass die Prüfung nach § 12 AbrPr-RL für jedes zu prüfende Quartal voraussetzt, dass zuvor die Aufgreifkriterien nach § 8 erfüllt sind, besteht nicht. Im Übrigen wäre selbst dann, wenn § 12 in diesem Sinne zu verstehen wäre, die Kassenärztliche Vereinigung nicht gehindert, Hinweisen auf eine inkorrekte Abrechnung eines Arztes nachzugehen und – ggf. unter Berücksichtigung von verfeinerten Tageszeitprofilen – zu prüfen, ob die Abrechnung sachlich und rechnerisch richtig sein kann. Nach § 20 Abs. 1 AbrPR-RL wird eine Abrechnung in der vertragsärztlichen Versorgung außerhalb der regulären Prüfungen geprüft, wenn ausreichende und konkrete Hinweise auf Abrechungsauffälligkeiten bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.2018, B 6 KA 44/17 R – Rdnr. 18, a.a.O.). In diesem Sinne "konkrete" Hinweise können sich aus dem Ergebnis einer "regulären" Prüfung eines Quartals ergeben, soweit diese Muster erkennen lässt, die auf eine systematisch unrichtige Abrechnung hindeuten. Dies war hier, nachdem die arbeitstägliche Arbeitszeit auch in diesem Quartal bereits zweimal überschritten wurde und sich auch in diesem Quartal schon ein routinemäßiger Ansatz der GOPen 30301, 30420 und 35110 EBM im Vergleich zur Fallzahl abzeichnete, der Fall. Der Beklagten war es demzufolge nicht verwehrt, auch das Abrechnungsquartal 1/2012 einer näheren Überprüfung zu unterziehen.

Die Auffälligkeiten der Zeitprofile lassen sich bei der von der Beklagten daraufhin weiter anzustellenden Prüfung nach § 12 AbrPr-RL zugunsten des Klägers auch nicht erklären. Mit seinem Vorbringen macht der Kläger, der selbst einräumt, dass seine abgerechneten GOPen an vielen Stellen unplausibel sind (Bl. 4321 Vw-Akte), keine substantiierten Angaben zu Umständen, die ein erhöhtes Stundenaufkommen plausibel erscheinen lassen könnten. Sein - so sein Vorbringen - besonderes Patientenklientel - ältere Menschen - vermag diese Arbeitszeiten nicht zu erklären. Sein Vorbringen, er fühle sich unterbezahlt und die GOP 30420 EBM sollte auch nicht nur zweimal pro Quartal, sondern mindestens vier- bis fünfmal pro Quartal ansetzbar sein, lässt vielmehr erkennen, dass er zumindest zum Teil bewusst höher abrechnete, um zu einer - aus seiner Sicht - angemessenen Bezahlung zu kommen. Dies stellt er im Kern auch nicht in Abrede. Auch sein Vortrag, wonach er der Beklagten bzw. den Kassen und damit der gesamten Bevölkerung mit seinem Tun die Kosten hunderter bzw. inzwischen tausender Knie-TEPs, Hüft-TEPs und Bandscheibenoperationen erspart habe, entbindet ihn nicht davon, ordnungsgemäß abzurechnen. Dies berechtigt ihn keinesfalls dazu, Leistungen in einem Umfang anzusetzen, die er – unter Berücksichtigung der Tagesarbeitszeiten – nicht erbracht haben kann. Es verhält sich auch nicht so, dass allein die Falschabrechnung im Fall der Patientin M. zur Aufhebung der Honorarbescheide geführt hat, weshalb er die Aufhebung als grob unverhältnismäßig erachtet. Die Berichtigung erfolgte nicht nur deshalb, weil der Kläger im Fall der Patientin M. falsch abrechnete, sondern weil er in diesen Quartalen, wie sich aus den Tageszeit- und den Quartalsprofilen ergibt, deutlich zu hoch abrechnete. Etwas anderes vermag auch nicht der Aspekt zu rechtfertigen, dass er nach seinem Vortrag bis zum Jahr 2011 verschiedene GOPen nicht gekannt habe und deshalb jahrelang nicht abgerechnet habe, weil er auf diese nicht hingewiesen worden sei. Abgesehen davon, dass er selbst die Abrechnung der chirotherapeutischen GOPen im Jahr 2005 beantragt und eine entsprechende Genehmigung erhalten hatte, was gegen seine Unkenntnis spricht, würde eine unterlassene Abrechnung in Vorquartalen keinesfalls dazu berechtigen, entsprechende Abrechnungen in den Folgequartalen "nachzuholen". Soweit der Kläger sich dahingehend einlässt, dass die Abrechnung von an bestimmten Tagen erbrachten ärztlichen Leistungen auf verschiedene nachfolgende Tage verteilt worden seien, wobei nicht auf die Einhaltung der Tagesgrenzen geachtet worden sei, verfängt auch dies nicht. Der Vertragsarzt ist nach § 295 SGB V verpflichtet, seine erbrachten Leistungen korrekt und zeitnah, d.h. unter dem Datum der Erbringung abzurechnen. Im Übrigen ergibt sich beim Kläger – wie die Beklagte zu Recht ausführt – etwa im Quartal 4/2014 eine durchschnittliche Tagesarbeitszeit von 19:56 Stunden, weshalb eine Abrechnung am Tag der Erbringung der Leistung zu keinem anderen Ergebnis führen würde, auch an diesem Tag wäre die Tagesarbeitszeit von 12 Stunden deutlich überschritten. Letztlich kann der Kläger auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass er aufgrund seines außergewöhnlichen individuellen Leistungsvermögens und seiner ärztlichen "Philosophie" in der Lage sei, neben der Praxisorganisation einschließlich der Anleitung und Überwachung von Hilfspersonal und neben der bei Praxen dieser Größenordnung typischerweise auch zu erwartenden Behandlung von Privatpatienten und von Versicherten anderer Kostenträger regelmäßig abrechenbare ärztliche Leistungen allein für gesetzlich krankenversicherte Patienten im Umfang von mehr als 12 Stunden täglich bzw. von mehr als 780 Stunden im Quartal zu erbringen (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.2018, - B 6 KA 42/17 R -, Rd. 22, a.a.O.). Auch finanzielle Probleme rechtfertigen nicht die Nachvollziehbarkeit seiner Abrechnungen.

In den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte die vom Kläger abgerechneten Leistungen im Einzelnen ausgewertet und ist auf dieser Grundlage nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass die Abrechnungskombinationen, die der Kläger regelhaft abgerechnet hat, so nicht erbracht worden sein können.

Wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungen des Klägers war die Beklagte berechtigt, diese zu korrigieren und überzahltes Honorar zurückzufordern (BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 50/12 R -, in juris).

Das Recht (und die Pflicht) der Kassenärztlichen Vereinigung zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. § 106a Abs. 2 SGB V a.F. verdrängt als bereichsspezifische Sondervorschrift des zweiten Abschnitts des vierten Kapitels des SGB V unabhängig von der Wahrung oder Nichtwahrung der Ausschlussfrist von vier Jahren gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) die allgemeine Regelung in § 45 SGV X zur nachträglichen Korrektur rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakte. Vertrauensschutz kann der Vertragsarzt gegen die nachgehende Richtigstellung von Honorarbescheiden innerhalb der Ausschlussfrist nicht einwenden (BSG, Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 34/17 R -, in juris mit weiteren Ausführungen zu Vertrauensausschlusstatbeständen nach Ablauf der Ausschlussfrist).

Die Ausschlussfrist ist hier gewahrt. Der älteste Honorarbescheid datiert auf den 16.07.2012, der Rückforderungsbescheid vom 30.06.2016 erging damit vor Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist. Darüber hinaus hat die Beklagte die Honorarbescheide vorab bereits mit Bescheid vom 02.09.2015 aufgehoben.

Grundsätzlich erfordert die (nachgehende) sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarabrechnungen iS des § 106a Abs. 2 SGB V kein Verschulden des Vertragsarztes. Wenn er jedoch zumindest grob fahrlässig gehandelt hat, darf die Kassenärztliche Vereinigung den Umfang der Unrichtigkeit schätzen, ihr kommt insoweit das jede Schätzung kennzeichnende Ermessen zu Gute (BSG, Urteil vom 24.10.2018, - B 6 KA 44/17 R -, Rd. 21, a.a.O.). Davon durfte die Beklagte hier Gebrauch machen, weil der Kläger die Abrechnungssammelerklärungen für die betroffenen Quartale zumindest grob fahrlässig falsch abgegeben hat. Er hat gewusst, dass er teilweise zu viel abgerechnet hat. Dies ergibt sich eindeutig aus seinem Vortrag, dass er allein, "um das F. Unrecht endlich auszugleichen, im besagten Zeitraum etwas höher abgerechnet" habe und auch sein Vorbringen, wonach er, wenn er die GOPen ernst nehme, völlig unterbezahlt wäre und deshalb etwas höher ansetzen müsse, belegt sein Wissen um die Falschabrechnung. Dies hat er auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt.

Die Schätzung des neu festzusetzenden Honorars eröffnet der Beklagten jedoch keinen der Gerichtskontrolle entzogenen Beurteilungsspielraum. Vielmehr hat das Gericht die Schätzung selbst vorzunehmen bzw. jedenfalls selbst nachzuvollziehen. Die Verpflichtung zur eigenen Schätzung bedeutet allerdings nicht, dass das Gericht nunmehr erneut alle Schätzungsgrundlagen erhebt und eine völlig eigene Schätzung vornimmt. Sofern der Verwaltungsakt überzeugende Ausführungen zur Schätzung enthält, reicht es aus, wenn das Gericht sich diese Ausführungen zu Eigen macht und sie in seinen Entscheidungsgründen nachvollzieht (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.1997, - 6 RKa 86/95 -, in juris). Der Senat macht sich, wie das SG, die zutreffenden Ausführungen in den Bescheiden der Beklagten zu Eigen. Der Senat sieht es im Wege der Schätzung ebenfalls als gerechtfertigt an, dem Kläger bezüglich der GOPen 30201, 30420 und 35110 EBM ein Honorar in Höhe des Fachgruppendurchschnitts (Internisten und Hausärzte, die hausärztlich tätig sind) zuzuerkennen. Es ist in der Regel nicht zu beanstanden, wenn sich die Beklagte im Wege pauschalierender Schätzung damit begnügt, dem Arzt ein Honorar in Höhe des Fachgruppendurchschnitts zuzuerkennen (BSG, Urteil vom 17.09.1997, - 6 RKa 86/95 -, BSG, Urteil vom 26.01.1994, - 6 RKa 29/91 -, beide in juris). Konkrete Anhaltspunkte dafür, eine Kürzung nur auf 50 % über dem Fachgruppendurchschnitt vorzunehmen, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Solche sind auch für den Senat nicht ersichtlich. Die vom Kläger vorgeschlagene Vorgehensweise der Gleichstellung mit Orthopäden hält der Senat nicht für sachgerecht, nachdem der Kläger als Hausarzt abrechnet und die Vergütung nicht aus dem Fachärztetopf erfolgt. Auch ein Abstellen auf den Durchschnitt aller Ärzte, die die KV-interne Weiterbildung psychosomatischer Grundversorgung bzw. die Zusatzbezeichnung Chirotherapie haben, ist nicht angebracht. Über die Weiterbildung psychosomatische Grundversorgung und die Möglichkeit der entsprechenden Abrechnung verfügen rund 85 % aller Ärzte, die sich in der Vergleichsgruppe befinden, die Abrechnung der GOP 35110 EBM ist für die Vergleichsgruppe mithin prägend. Auch die Tatsache, dass nur rund 11 % der Ärzte in der Vergleichgruppe über die Genehmigung zur Abrechnung der chirotherapeutischen GOPen verfügt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Abgesehen davon, dass insoweit eine Schätzung und nicht eine im einzelnen zu begründende Abrechnung vorzunehmen ist, handelt es sich bei der Praxis des Klägers hinsichtlich der Altersstruktur der Patienten nach Durchsicht der von der Staatsanwaltschaft sichergestellten Patientendokumentationen auch um eine Praxis, die bzgl. der Patienten vom Durchschnitt einer Hausarztpraxis nicht abweicht, so dass keine Anhaltpunkte dafür ersichtlich sind, dass die Abrechnung der chirotherapeutischen Ziffern des Klägers vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe gravierend abweicht. Die Rechtmäßigkeit der Schätzung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Kläger die Mindestzeitvorgaben der Abrechnungskombinationen in einzelnen Fällen eingehalten hat. Soweit er bezüglich einzelner GOPen die Grenze beachtet hat, kann er andere Leistungen an dem jeweiligen Tag schwerlich in der gebotenen Form und Qualität erbracht haben. Die sich aus den Tageszeitprofilen ergebende Arbeitszeit des Klägers hat die Grenze von 12 Stunden täglich sehr häufig und vereinzelt sogar mit über 20 Stunden, teilweise sogar über 30 und 40 Stunden und einmalig mit 65:41 Stunden überschritten.

Anhaltspunkte dafür, dass die Berechnung der Höhe des Rückforderungsbetrags auf dieser Grundlage unrichtig wäre, sind für den Senat nicht erkennbar. Solche hat auch der Kläger nicht vorgebracht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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