L 5 KA 2131/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KA 1167/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2131/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Landessozialgericht Baden-Württemberg

L 5 KA 2131/17

S 11 KA 1167/10

Im Namen des Volkes Urteil

Der 5. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2019 für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.12.2011 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens, welche die Beklagte zu tragen hat. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 44.678,72 EUR endgültig festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen eine im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung (nachgehende Richtigstellung) verfügte Honorarrückforderung für die Quartale 1/2008 bis 4/2008 in Höhe von 44.678,72 EUR.

Die Klägerin ist eine (als Gesellschaft bürgerlichen Rechts verfasste) Berufsausübungsgemeinschaft (vormals Gemeinschaftspraxis), zu der sich die Fachärztinnen für Frauenheilkunde Dr. Sch.-N. und Dr. K. im Wege des vertragsärztlichen Jobsharing zur gemeinsamen Berufsausübung mit gemeinsamem Vertragsarztsitz in W. im A. zusammengeschlossen haben.

Mit Beschlüssen vom 23.11.2004/Bescheiden vom 03.12.2004 erteilte der Zulassungsausschuss (ZA) für Ärzte (seinerzeit) bei der Kassenärztlichen Vereinigung S. (jetzt: Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg) der Dr. Sch.-N. als Regelzulassungsinhaberin und der Dr. K. als Jobsharing-Partnerin eine Genehmigung zur gemeinsamen vertragsärztlichen Tätigkeit als Frauenärztinnen in Gemeinschaftspraxis mit Wirkung ab 01.01.2005 und setzte für das erste Leistungsjahr die für die Leistungsabrechnung als Obergrenze maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina auf der Grundlage der Abrechnungsquartale 3/2003 bis 2/2004 wie folgt fest: 1. Quartal 1.236.400 Punkte, 2. Quartal 1.111.133 Punkte, 3. Quartal 1.348.037 Punkte, 4. Quartal 1.467.844 Punkte. Die Ärztinnen hatten zuvor entsprechende Verpflichtungserklärungen abgegeben. Der ZA führte aus, ab dem 2. Leistungsjahr erfolge eine Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina durch die Beklagte nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften. Bei der Berechnung der Gesamtpunktzahlvolumina habe man außergewöhnliche Entwicklungen insoweit berücksichtigt, als Dr. Sch.-N. die Praxis des Dr. P. zum 01.05.2005 als Seniorpartnerin übernehmen werde. Daher sei der Fachgruppendurchschnitt als Berechnungsgrundlage herangezogen worden. Bei Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina erfolge eine sachlich-rechnerische Berichtigung durch die Beklagte. Nach zehnjähriger gemeinsamer vertragsärztlicher Tätigkeit, gerechnet ab Praxisaufnahme, entfalle die Leistungsbeschränkung. Der Bescheid des ZA vom 03.12.2004 ist bestandskräftig geworden. Mit – ebenfalls bestandskräftig gewordenem – Bescheid vom 12.10.2006 setzte der ZA auf Antrag der Beklagten die Gesamtpunktzahlvolumina rückwirkend ab 01.04.2005 wie folgt (neu) fest: 1. Quartal 1.236.400 Punkte, 2. Quartal 1.493.239 Punkte, 3. Quartal 1.450.457 Punkte, 4. Quartal 1.502.844 Punkte. Unter dem 24.10.2006 gaben beide Ärztinnen entsprechende Verpflichtungserklärungen ab.

Mit Schreiben vom 06.12.2007 beantragte die Klägerin beim ZA, die Gesamtpunktzahlvolumina gemäß § 23e Bedarfsplanungs-Richtlinie (BedarfsplRL, in der seinerzeit noch geltenden Fassung - a.F. -) wegen der zum 01.01.2008 wirksam werdenden Neubewertung von Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM 2008) neu zu bestimmen bzw. anzuheben. Der ZA bestätigte der Klägerin den Eingang des Antrags mit Schreiben vom 07.01.2008 und forderte die Antragsgebühr (120,00 EUR) an.

Mit Schreiben vom 09.01.2008 teilte die Beklagte dem ZA mit, die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina sei derzeit nicht möglich, da die Auswirkungen des EBM 2008 auf die Fachgruppe der Frauenärzte noch nicht abzusehen seien.

In einem an die Klägerin (wie an alle Jobsharing-Praxen) gerichteten (Informations-)Schreiben vom 18.03.2008 führte die Beklagte (u.a.) aus, in den vergangenen Wochen seien an sie vermehrt Fragen von Jobsharing-Praxen danach herangetragen worden, wie sie die auf der Basis des EBM 1996 bzw. des EBM 2000plus festgesetzten Obergrenzen an den EBM 2008 anpassen werde. Die Mehrzahl der Fachgruppen gehe von einer Anhebung der Gesamtpunktzahlvolumina aus, da Pauschalen und Einzelleistungen im EBM 2008 höher bewertet worden seien. Es bestehe die Befürchtung, dass bei Anstieg des abrechnungsfähigen Punktvolumens die auf Basis der Vorgänger-EBM festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht mit ansteigen würden. Eine konkrete Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina an den EBM 2008 sei derzeit noch nicht möglich, da ihr noch keine Abrechnungsdaten aus dem Quartal 1/2008 vorlägen und somit der für die Berechnung der Obergrenzen relevante Fachgruppendurchschnitt noch nicht habe berechnet werden können. Sobald man die Fachgruppendurchschnitte für das Quartal 1/2008 berechnet habe, würden die für die Praxis festgesetzten Obergrenzen über den in der BedarfsplRL festgeschriebenen Anpassungsfaktor an den EBM 2008 angepasst. Eine Erhöhung der Obergrenzen im Rahmen des Wachstums des Fachgruppendurchschnitts erfolge somit automatisch über die Beklagte. In diesen Fällen sei es nicht notwendig, einen gesonderten Antrag beim ZA auf Erhöhung der Obergrenzen zu stellen. Für weitere Rückfragen stehe man zur Verfügung.

Nachdem die Klägerin dem ZA (auf das Informationsschreiben der Beklagten vom 18.03.2008) fernmündlich mitgeteilt hatte, sie habe einen gebührenpflichtigen Antrag auf Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht stellen wollen, beschloss der ZA am 29.04.2008 (Bescheid vom 13.06.2008), der Klägerin die Antragsgebühr (120,00 EUR) zurückzuerstatten; die Beklagte habe die Klägerin hinsichtlich der Befugnis zur Beantragung einer Anhebung der Gesamtpunktzahlvolumina falsch beraten.

In der an den ZA gerichteten Stellungnahme vom 06.11.2008 führte die Beklagte zum Antrag der Klägerin auf Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vom 06.12.2007 aus, man habe die Jobsharing-Praxen bereits im März 2008 darüber unterrichtet, dass sie, die Beklagte, eine quartalsweise Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina über den in der BedarfsplRL festgeschriebenen Anpassungsfaktor durchführe. Hierbei erfolge die Anpassung im Rahmen des Wachstums des Fachgruppendurchschnitts automatisch über die Multiplikation der Anpassungsfaktoren mit den jeweiligen Fachgruppendurchschnitten. Nach Überprüfung der Abrechnung des Quartals 1/2008 und der berechneten Gesamtpunktzahlvolumina werde eine darüber hinausgehende Anpassung der Obergrenzen gemäß § 23e BedarfsplRL (a.F.) durch Beschluss des ZA nicht befürwortet. Davon abgesehen habe die Klägerin die für ihre Praxis festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina in den beiden zurückliegenden Quartalen 3/2007 und 4/2007 ohnehin nicht überschritten.

Mit Schreiben vom 04.02.2009 teilte der ZA der Klägerin – unter Wiedergabe der Stellungnahme der Beklagten vom 06.11.2008 – mit, da sie mit dem Schreiben vom 06.12.2007 einen gebührenpflichtigen Antrag (auf Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina) beim ZA nicht habe stellen, an den ZA vielmehr nur eine Anfrage habe richten wollen, werde man das Schreiben vom 06.12.2007 und den zugehörigen Vorgang zu den Akten nehmen. Die Klägerin antwortete hierauf nicht.

In der Folgezeit erließ die Beklagte Bescheide über die sachlich-rechnerische Berichtigung von Honorarbescheiden bzw. die Rückforderung von Honorar wie folgt:

Bescheid Quartal Gesamtpunktzahlvolumen (Obergrenze) Abgerechnete Punktmenge Differenz Rückforderung 04.02.2009 1/2008 1.536.351,5 1.741.370,0 205.018,5 7.411,83 EUR 04.02.2009 2/2008 1.493.239,0 1.696.340,0 203.101,0 7.545,41 EUR 05.03.2009 3/2008 1.450.457,0 1.818.505,0 368.048,0 13.525,40 EUR 29.05.2009 4/2008 1.502.844,0 1.928.575,0 425.731,0 16.196,08 EUR

Gegen die Bescheide vom 04.02.2009 legte die Klägerin am 19.02.2009, gegen die Bescheide vom 05.03.2009 und vom 29.05.2009 am 24.03.2009 bzw. am 15.06.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, sie habe das für ihre Jobsharing-Praxis festgesetzte Gesamtpunktzahlvolumen erstmals im Quartal 3/2006 überschritten und die Beklagte deswegen gebeten, die Bedarfslage in W. zu überprüfen. Nachdem die Beklagte auf den (für ihre Fachgruppe maßgeblichen) Versorgungsgrad im Planungsbereich Landkreis R. von 115,7% hingewiesen habe, habe sie seit Ende 2006 keine neuen Patientinnen mehr angenommen und ihre Termine (teils mit größeren Wartezeiten für die Patientinnen) so vergeben, dass das Gesamtpunktzahlvolumen am Quartalsende nicht weit überschritten worden sei. Damit sei es ihr gelungen, die Gesamtpunktzahlvolumina meist knapp zu unterschreiten. Die Beklagte habe ihr – im Hinblick auf erneute Unsicherheiten durch die Änderung des EBM zum 01.01.2008 – im Schreiben vom 18.03.2008 mitgeteilt, die Anpassungsfaktoren würden nach Berechnung des Fachgruppendurchschnitts automatisch neu berechnet und es erfolge damit eine Anhebung der Obergrenze. Für die Quartale des Jahres 2008 sei zunächst die abgerechnete Punktmenge voll vergütet worden. Da sie eher unter oder nur knapp über dem Gesamtpunktzahlvolumen des jeweiligen Vorjahresquartals abgerechnet und man eine Anhebung der Gesamtpunktzahlvolumina in Aussicht gestellt habe, habe sie angenommen, mit diesen Punktzahlen wirtschaften zu können. Die verfügten Rückforderungen etwa ein halbes Jahr nach Abschluss der Quartalsabrechnung 1/2008 habe sie überrascht. Hätte man ihr Mitte 2008 entsprechende Hinweise gegeben, hätte sie die Sprechzeiten vermindert und nur noch so viele Patientinnen einbestellt, die sie ohne Honorarverlust hätte behandeln können, und sie hätte sich in der verbleibenden Zeit um andere Einnahmequellen gekümmert. Der für den Planungsbereich Landkreis R. ermittelte Versorgungsgrad von 115,7 % sei theoretisch. Die Patientinnen in W. könnten wegen der Verkehrsverhältnisse im ländlichen Raum eine andere Praxis im Umkreis ohne Mühe nicht erreichen. Die einzige Praxis (der Dr. G.-K.) in K. sei nach R. verlegt worden (Fahrzeit ab W. 40 Minuten). Für die Praxen in W. müssten die Gesamtpunktzahlvolumina nach dem tatsächlichen regionalen Bedarf festgesetzt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Bescheide des ZA vom 03.12.2004 und vom 12.10.2006 über die Festsetzung der für die Jobsharing-Praxis der Klägerin als Obergrenze für die Leistungsabrechnung maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina seien bestandskräftig. Den Antrag auf Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vom 06.12.2007 habe die Klägerin wieder zurückgenommen. Sie, die Beklagte, sei an die BedarfsplRL und an die (bestandskräftigen) Bescheide des ZA gebunden. Die wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina festzusetzenden Kürzungsbeträge seien richtig berechnet. Die Gesamtpunktzahlvolumina würden im Übrigen automatisch an das Wachstum der Fachgruppe (über den Fachgruppendurchschnitt) angepasst.

Am 25.02.2010 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, sie habe gleichzeitig mit der Klageerhebung beim ZA beantragt, die Gesamtpunktzahlvolumina rückwirkend ab dem Quartal 1/2008 neu zu bestimmen und anzuheben. Die Beklagte habe bereits mit Bescheid vom 26.02.2007 eine Honorarkürzung für das Quartal 3/2006 um 3.595,23 EUR wegen Überschreitens des Gesamtpunktzahlvolumens (um 91.498,0 Punkte) verfügt. Sie habe diesen Bescheid zwar nicht angefochten, aber darauf hingewiesen, dass es bei ihr seit der Verlegung der Praxis der Dr. G.-K. nach R. Anfang 2006 zu einem deutlichen Fallzahlzuwachs gekommen sei (Anstieg der Patientinnenzahl 2005 bis 2007 um fast 25 %) und man die Bedarfslage überprüfen möge. Viele Patientinnen der Dr. G.-K., denen der Weg nach R. zu weit sei, suchten nunmehr ihre Praxis auf. Die Gesamtpunktzahlvolumina hätten deswegen im Wege einer Härtefallentscheidung angehoben werden müssen, auch wenn es dafür in den BedarfsplRL eine Rechtsgrundlage nicht gebe. Man könne insoweit den Rechtsgedanken etwa der Regelung in § 23c Satz 7 BedarfsplRL a.F. (Berücksichtigung außergewöhnlicher Entwicklungen, wie Krankheit des Arztes, bei der Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina) heranziehen oder § 23e Satz 2 BedarfsplRL a.F. (Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina wegen Änderungen des EBM mit spürbaren Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlagen) entsprechend anwenden oder auch auf die (vergütungsrechtliche) Härtefallrechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG) und die Grundsätze zur ergänzenden Auslegung des Honorarverteilungsvertrags - HVV - abstellen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R -; Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 43/06 B -; Urteil vom 09.12.2004 - B 6 KA 84/03 R -; alle in juris). Andernfalls würde ihre Jobsharing-Praxis unzumutbar benachteiligt, was mit den Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar wäre. Bei einem von der Jobsharing-Praxis nicht zu steuernden Fallzahlzuwachs müssten die Gesamtpunktzahlvolumina neu bestimmt und angehoben werden. Eine Leistungsausweitung stehe hier nicht in Rede, da sie nur die bislang von einer anderen Vertragsarztpraxis im gleichen Planungsbereich versorgten Patientinnen übernommen habe, wobei es unerheblich sei, dass Dr. G.-K. ihre Praxis nicht aufgegeben, sondern nur den Praxissitz verlegt habe. Der Berufungsausschuss bei der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg – Regierungsbezirk T: – (BA) halte im Übrigen die Festlegung eines Überschreitungsvolumens von nur 3 % in § 23c BedarfsplRL a.F. für ungültig und hierauf gestützte Bescheide des ZA über die Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina für nichtig. Ihr komme auch Vertrauensschutz zu, weil die Beklagte in ihrem Schreiben vom 18.03.2008 eine Erhöhung der Obergrenzen in Aussicht gestellt habe, die freilich nicht vorgenommen worden sei. Sie habe auf die in dem genannten Schreiben erwähnte "automatische Erhöhung" vertraut; dieses Vertrauen sei auch schutzwürdig. Bei Bekanntgabe der Honorarbescheide im Jahr 2008 habe die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass es durch Änderungen der Prüfgruppe (Fachgruppe) zu einer deutlichen Überschreitung der Obergrenzen gekommen sei. Sie habe eine wesentliche Änderung des Fachgruppendurchschnitts nicht erkennen können. Die Beklagte habe ihr erst in einem Schreiben vom 19.05.2009 mitgeteilt, dass der Fachgruppendurchschnitt vom Quartal 1/2007 bis zum Quartal 1/2008 um 300.000 Punkte gesunken sei; das habe – so die Beklagte – im Zusammenhang mit einer Änderung der Prüfgruppenstruktur gestanden, die ihrerseits auf Prüfvereinbarungen mit den Krankenkassen und auf der Fusion der (vormaligen) vier regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen zur Beklagten beruht habe. Hätte sie das früher gewusst, hätte sie ihre Praxisstruktur entsprechend anpassen können.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. In der mündlichen Verhandlung des SG vom 14.12.2011 hat die Beklagte die Fallzahlen und Fallzahlgrenzen der Klägerin in den Quartalen 3/2007 bis 3/2008 wie folgt mitgeteilt:

Quartal Fallzahl Fallzahlgrenze 4/2007 1.581 1.428 1/2008 1.534 1.535 2/2008 1.491 1.493 3/2008 1.552 1.559 4/2008 1.569 1.661

Mit Urteil vom 14.12.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe das der Klägerin in den Quartalen 1/2008 bis 3/2008 zustehende Honorar zu Recht wegen Überschreitung der für ihre Jobsharing-Praxis als Obergrenze für die Leistungsabrechnung festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nach Maßgabe des § 106a Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Regelungen (§ 45 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) und seinerzeit noch § 34 Ersatzkassenvertrag-Ärzte (EKV-Ä)) im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung gekürzt. Die Bescheide des ZA vom 03.04.2004 bzw. vom 12.10.2006 über die Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina seien wirksam und bestandskräftig. Ein Nichtigkeitsgrund (§ 40 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) liege nicht vor. Die einschlägigen Regelungen der BedarfsplRL a.F. (insbesondere hinsichtlich des in § 23c BedarfsplRL a.F. festgelegten Überschreitungsvolumens von (nur) 3%) seien gültig (vgl. etwa LSG Sachsen, Urteil vom 22.09.2010 - L 1 KA 7/09 -, in juris). Das Bedarfsplanungsrecht müsse eine Härtefallregelung für die Leistungserbringung im vertragsärztlichen Jobsharing bzw. die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina nicht vorsehen. Davon abgesehen liege hier ein Härtefall auch nicht vor, da die Klägerin in den Quartalen 4/2007 bis 4/2008 die für ihre Praxis maßgeblichen Fallzahlgrenzen ungeachtet der Verlegung der Praxis der Dr. G.-K. habe einhalten können und auch die Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen 3/2007 und 4/2007 nicht überschritten habe. Hinsichtlich der hier streitigen Quartale (1/2008 bis 4/2008) sei für einen Härtefall infolge der Honorarkürzung nichts ersichtlich oder geltend gemacht. Vertrauensschutz könne die Klägerin nicht beanspruchen, auch nicht wegen der durch das Informationsschreiben der Beklagten vom 18.03.2008 möglicherweise geweckten Hoffnungen oder Erwartungen auf eine Anhebung der Gesamtpunktzahlvolumina nach Berechnung der Quartalsergebnisse (der Fachgruppe) für das Quartal 1/2008. Die Anhebung der Gesamtpunktzahlvolumina sei der Klägerin weder zugesichert (§ 34 SGB X) noch sonst rechtsverbindlich in Aussicht gestellt worden. Dazu sei das genannte Schreiben inhaltlich auch zu unbestimmt und mit der Bezugnahme auf den Rahmen des Wachstums des Fachgruppendurchschnitts außerdem unter Vorbehalt gestellt. Die Klägerin habe deswegen nicht darauf vertrauen dürfen, sie müsse die Gesamtpunktzahlvolumina im Jahr 2008 nicht einhalten und darüber hinausgehende Leistungen würden (voll) vergütet. Unerheblich sei auch, dass der Klägerin die neu berechneten Anpassungsfaktoren (hinsichtlich des Fachgruppendurchschnitts) nicht bekannt gewesen seien. Der Fallzahlzuwachs der Klägerin infolge der Verlegung der Praxis der Dr. G.-K. sei im Jahr 2008 bereits im Wesentlichen abgeschlossen gewesen. Dementsprechend habe die Klägerin ihren Antrag auf Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vom 06.12.2007 auch mit Änderungen des EBM zum 01.01.2008 und nicht mit Erfordernissen des lokalen Versorgungsbedarfs oder mit Praxisbesonderheiten begründet. Die Praxis der Klägerin unterscheide sich im Leistungsprofil nicht signifikant von anderen Praxen ihrer Fachgruppe und werde von allgemeinen Änderungen des EBM auch nicht überproportional betroffen.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigen am 21.12.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am (Montag, dem) 23.01.2012 Berufung eingelegt (vormals L 5 KA 341/12). Zur Begründung trägt sie vor, die Beklagte habe gegen den Vertrauensschutzgrundsatz verstoßen (dazu: BSG, Urteile vom 28.08.2013 - B 6 KA 43/12 R, B 6 KA 50/12 R und B 6 KA 17/13 R -, in juris). Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Berichtigung von Honoraranforderungen bzw. von Honorarbescheiden sei wegen Vertrauensschutzes eingeschränkt (u.a.), wenn im Honorarbescheid ein wirksamer Vorläufigkeitshinweis fehle. Das sei hier der Fall. Weder in den Honorarbescheiden für die streitigen Quartale (1/2008 bis 4/2008) noch in einem dem Honorarbescheid für das Quartal 1/2008 beigefügten Begleitschreiben sei ein Vorläufigkeitsvermerk enthalten gewesen, in dem darauf hingewiesen werde, dass die Punktzahlobergrenzen wegen der Errichtung der Beklagten aus den (vormaligen) vier regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen zumindest für einzelne Fachgruppen absinken könne. Die Honorarbescheide hätten nur die üblichen Vorläufigkeitshinweise, etwa auf den Vorbehalt nachträglicher Korrekturen aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung oder Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung, enthalten. Die Beklagte habe bestehende Risiken eher heruntergespielt. Im Bezirk der vormaligen Kassenärztlichen Vereinigung S. sei es jedenfalls zu einem Absinken der Punktzahlobergrenze für die Gynäkologen um ca. 300.000 Punkte gekommen. Die Beklagte habe im Honorarbescheid für das Quartal 1/2008 demgegenüber nur vermerkt, das ausgeschüttete Gesamthonorarvolumen und die Punktwerte hätten sich im Vergleich zum Quartal 1/2007 erhöht, wobei die relativ hohen Punktwerte auch aus der Tatsache resultierten, dass im Bereich der Punktzahlgrenzvolumina relativ enge Grenzen gezogen worden seien. Die Beklagte hätte deshalb von der Honorarkürzung in den Quartalen 1/2008 bis 4/2008 wegen Überschreitens der Gesamtpunktzahlvolumina nach Ermessen absehen oder zumindest Gründe des Vertrauensschutzes erwägen müssen. Insoweit liege Ermessensnichtgebrauch vor. Davon abgesehen komme ihr Vertrauensschutz auch außerhalb der vom BSG (a.a.O.) benannten Fallgruppen zu, weil die Beklagte zwar die Fallzahl- nicht aber die Punktzahlobergrenze (die Gesamtpunktzahlvolumina) angehoben und in dem (an alle Jobsharing-Praxen gerichteten) Schreiben vom 18.03.2008 der Sache nach eine automatische Anhebung der Punktzahlobergrenzen im Rahmen des Wachstums des Fachgruppendurchschnitts in Aussicht gestellt habe. Wegen dieses Schreibens habe sie ihren beim ZA gestellten Antrag auf Neubestimmung bzw. Anhebung der Gesamtpunktzahlvolumina vom 06.12.2007 zurückgenommen und der ZA habe ihr wegen einer Falschberatung durch die Beklagte die Antragsgebühr zurückerstattet. Dass es nicht zur Anhebung, vielmehr sogar zur Absenkung der Gesamtpunktzahlvolumina komme, habe die Beklagte erst mit Schreiben vom 19.05.2009 (nach Ablauf des hier streitigen Zeitraums) mitgeteilt. Insgesamt beruhe die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina in den streitigen Quartalen auf einem Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren, wie der Änderung des EBM zum 01.01.2008, der Fusion der (vormaligen) regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen zur Beklagten und der Verlegung der Praxis der Dr. G.-K ...

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.12.2011 und die Bescheide der Beklagten vom 04.02.2009 (Quartale 1/2008 und 2/2008), 05.03.2009 (Quartal 3/2008) und 29.05.2009 (Quartal 4/2008) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Honorar i.H.v. 44.678,72 EUR zurückzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Das BSG habe in den Urteilen vom 28.03.2013 (a.a.O.) Vertrauensschutz angenommen, wenn die Kassenärztliche Vereinigung es unterlassen habe, bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitsvermerk zu manifestieren. Bei Honorarkürzungen wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina liege eine Ungewissheit in diesem Sinne nach Ansicht des BSG aber nicht vor, weil es um Besonderheiten bei der Honorarbegrenzung für Jobsharing-Praxen gehe. Auch die hier verfügte Honorarkürzung habe ausschließlich auf der Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina beruht. Es hätten weder Unsicherheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung noch hinsichtlich der Auslegung der hierfür maßgeblichen Vorschriften oder des Gesamtvergütungsvolumens bestanden, weshalb ein (besonderer) Vorläufigkeitshinweis in den Honorarbescheiden nicht notwendig gewesen sei. Außerdem würden die Gesamtpunktzahlvolumina vom ZA für die (nachfolgende) Honorarfestsetzung bindend festgelegt. Hierüber könne sie – im Unterschied zur Festlegung der Fallzahlobergrenze – nicht disponieren. Für eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina nach Maßgabe der in der BedarfsplRL vorgesehenen (abschließenden) Tatbestände seien allein die Zulassungsgremien zuständig. Ermessen könne sie daher nicht ausüben. Vertrauensschutz stehe der Klägerin auch im Hinblick auf das an alle Jobsharing-Praxen versandte allgemeine Informationsschreiben vom 18.03.2008 nicht zu; dieses Schreiben habe praxisindividuelle Umstände ohnehin nicht zum Gegenstand gehabt. Eine Falschberatung habe ebenfalls nicht stattgefunden, zumal nach Auffassung des BSG (a.a.O.) als bekannt vorausgesetzt werden dürfe, dass den im Jobsharing tätigen Ärzten das Erfordernis der Antragstellung beim ZA zur Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina bekannt sei. In dem Informationsschreiben vom 18.03.2008 sei schließlich nur der Anpassungsfaktor nach § 23f BedarfsplRL a.F. behandelt worden.

Mit Beschluss vom 16.03.2016 hat der Senat das Verfahren ausgesetzt. Mit rechtskräftigem Urteil vom 12.04.2017 hat das Sozialgericht Freiburg die Klage der Klägerin gegen den BA auf Anhebung der Jobsharing-Obergrenzen ab dem Quartal 1/2008 abgewiesen. Der Klägerin stünde ein entsprechender Anspruch weder infolge der Änderung des EBM noch aufgrund der Zusammenlegung der vier Bezirke der Kassenärztlichen Vereinigung zu. Sie könne ihr Begehren auch nicht auf Härtefallgesichtspunkte stützen (S 1 KA 3821/13).

Am 29.05.2017 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen und vorgetragen, der Senat möge noch über die von ihr vorgebrachten Vertrauensschutzgesichtspunkte entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen gemäß § 151 SGG zulässig. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Rückforderungsbetrag von 44.678,72 EUR überschritten.

Streitgegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 04.02.2009, 05.03.2009 und 29.05.2009 (Widerspruchsbescheid vom 28.01.2010), mit denen die Honorarbescheide für die Quartale 1/2008 bis 4/2008 im Wege der nachgehenden Richtigstellung (dazu etwa BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 50/12 R -, in juris) sachlich-rechnerisch berichtigt wurden und Honorar (teilweise) zurückgefordert wurde. Dagegen richtet sich (zulässigerweise) die Anfechtungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative SGG); daneben ist eine Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative SGG) – Bescheidungsklage – nicht zu erheben und ein Bescheidungsantrag (als Hilfsantrag) nicht zu stellen (BSG, Urteil vom 13.02.2019 - B 6 KA 58/17 R - m.w.N., in juris).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 04.02.2009, 05.03.2009 und 29.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2010 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG und nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend sei angemerkt:

Die Beklagte hat zwar die Klägerin vor Erlass der Bescheide vom 04.02.2009, 05.03.2009 und 29.05.2009 nicht – wie erforderlich (§ 24 Abs. 1 SGB X) – angehört. Dieser Verfahrensmangel führt an sich zur Aufhebung der Bescheide (§ 42 Satz 2 SGB X), ist hier aber unbeachtlich, weil die Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wirksam nachgeholt worden ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB X). Die Heilung eines Anhörungsmangels kann während des Widerspruchsverfahrens erfolgen, wenn dem Betroffenen hinreichende Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (BSG, Urteil vom 29.11.2017 – B 6 KA 33/16 R –, in juris). Das war hier der Fall. Die Beklagte hatte in den Bescheiden vom 04.02.2009, 05.03.2009 und 29.05.2009 alle entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt. Die Klägerin hat im Rahmen des Widerspruchsverfahrens damit ausreichend Gelegenheit gehabt, vor einer abschließenden Verwaltungsentscheidung hierzu sachgerecht Stellung zu nehmen.

Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat das der Klägerin für die Quartale 1/2008 bis 4/2008 zustehende Honorar zu Recht wegen Überschreitung der für ihre Jobsharing-Praxis als Obergrenze festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina gekürzt und zuviel gezahltes Honorar zurückgefordert.

Die Befugnis der Beklagten zur nachgehenden Richtigstellung von Honorarbescheiden ergibt sich aus § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V (in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl. I 2190; heute § 106d Abs. 2 SGB V). Die für die Quartale 1/2008 bis 4/2008 ergangenen Honorarbescheide sind rechtswidrig, soweit die vom ZA durch Bescheide vom 03.04.2004 bzw. vom 12.10.2006 für die Jobsharing-Praxis der Klägerin als Obergrenze festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt worden sind. Die Bescheide des ZA sind bestandskräftig. Auch die Beklagte ist deshalb bei der Honorarfestsetzung an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund des Jobsharings gebunden (vgl. zur Jobsharing-Anstellung BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 43/12 R -, in juris). Ein Nichtigkeitsgrund (§ 40 SGB X) liegt nicht vor. Die Auffassung des BA zur Ungültigkeit der Regelung in § 23c BedarfsplRL a.F. und zur Nichtigkeit hierauf gestützter Bescheide der Zulassungsgremien über die Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina teilt der Senat nicht; insoweit sei auf das Senatsurteil vom 16.03.2016 im Berufungsverfahren L 5 KA 2789/13 (nicht veröffentlicht) verwiesen. Der Senat hat darin folgendes ausgeführt:

Der Beklagte hat den Beschluss des ZA vom 20.04.2004/Bescheid vom 25.05.2004 zu Unrecht als nichtig verworfen. Es sind weder die Voraussetzungen des allgemeinen Nichtigkeitstatbestands in § 40 Abs. 1 SGB X noch die Voraussetzungen des besonderen Nichtigkeitstatbestands in § 40 Abs. 2 Nr. 5 SGB X erfüllt. Es liegt (schon) ein Fehler i.S.d. § 40 Abs. 1 SGB X nicht vor. Der ZA hat vielmehr die für die Jobsharing-Praxis der Beigeladenen zu 1) als Obergrenze (für die Leistungsabrechnung) maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina rechtsfehlerfrei festgesetzt. Der Senat geht in seiner Rechtsprechung (vgl. etwa: Urteil vom 26.09.2012, - L 5 KA 4604/11 -, in juris; insoweit auch nachfolgend bestätigt, BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 43/12 R -, in juris) von der Gültigkeit der dafür hier noch maßgeblichen Vorschriften in §§ 23a ff. BedarfsplRL a.F. (vgl. nunmehr §§ 40 ff. BedarfsplRL n.F.) aus. Das gilt namentlich auch für die Regelung in § 23a BedarfsplRL, wonach die Gesamtpunktzahlvolumina so festzulegen sind, dass die in einem entsprechenden Vorjahresquartal gegenüber dem erstzugelassenen Vertragsarzt anerkannten Punktzahlanforderungen um nicht mehr als 3 v.H. überschritten werden, wobei das Überschreitungsvolumen von 3 v.H. auf den Fachgruppendurchschnitt des Vorjahresquartals zu beziehen ist. Die gegen die Gültigkeit dieser Vorschriften erhobenen Einwendungen des Beklagten teilt der Senat nicht. Er sieht sich darin in Einklang mit dem BSG, das seiner (einschlägigen) Rechtsprechung die in Rede stehenden Vorschriften ebenfalls zu Grunde legt, ohne (etwa im Hinblick auf den vom Beklagten herangezogenen Aufsatz von Kamps, in MedR 1998, 103) Zweifel an deren Gültigkeit zu äußern (vgl. nur etwa: BSG, Urteil vom 15.07.2015, - B 6 KA 26/14 R - in juris Rdnr. 16 ; auch BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 17/13 R -, in juris Rdnr. 16; Urteil vom 12.12.2012, - B 6 KA 1/12 R -, in juris Rdnr. 24; entsprechend auch etwa LSG Hamburg, Urteil vom 19.08.2015, - L 5 KA 51/ 14 -, in juris oder LSG Sachsen, Urteil vom 22.09.2010, - L 1 KA 7/09 -, in juris Rdnr. 53 sowie jurisPK-SGB V/Pawlita § 101 Rdnr. 144). Der Normgeber der BedarfsplRL hat in den genannten Vorschriften – gestützt auf die (ihrerseits verfassungsmäßige) Ermächtigungsgrundlage in § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V – ohne Gesetzes- oder Verfassungsverstoß, namentlich ohne Überschreitung der rechtlichen Grenzen des ihm zukommenden normgeberischen Gestaltungsspielraums, näher festgelegt, wann eine i.S.d. § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V "wesentliche" Überschreitung des bisherigen Praxisumfangs vorliegt (LSG Sachsen, a. a. O.). Der ZA hat die ihn ebenso wie den Beklagten und die Gerichte bindenden Vorschriften der BedarfsplRL a.F. zutreffend angewendet. Fehler bei der Berechnung der Gesamtpunktzahlvolumina sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Da von der Gültigkeit der in Rede stehenden Rechtsvorschriften auszugehen ist, kann der Senat offen lassen, ob der Beklagte als Verwaltungsbehörde befugt wäre, von ihm als ungültig eingestufte Rechtsvorschriften zu verwerfen oder unangewendet zu lassen oder ihnen (gar) einen von ihm für richtig erachteten Inhalt zu geben.

Die Klägerin kann der auf die Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina gestützten Honorarrückforderung auch nicht Gründe des (lokalen) Versorgungsbedarfs entgegenhalten. Allein die Zulassungsgremien können eine Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen. Die Beklagte ist an die Festsetzung der Gesamtpunktzahlvolumina durch die Zulassungsgremien gebunden (s.o.). Sie darf nicht von der Festsetzung durch den ZA abweichen, auch dann nicht, wenn sie dies aus Gründen der Sicherstellung der Versorgung für geboten erachten würde. Abgesehen davon, könnte auch der ZA die Gesamtpunktzahlvolumina wegen eines lokalen zusätzlichen Versorgungsbedarfs nicht anheben. Der Senat hat in dem genannten Urteil hierzu Folgendes ausgeführt:

Die Neubestimmung (Anhebung) der Gesamtpunktzahlvolumina ist nur zulässig, wenn die dafür in den einschlägigen Vorschriften der BedarfsplRL (§ 23e Satz 2, 3 BedarfsplRL a.F. bzw. - jetzt - § 44 Satz 2 und 3 BedarfsplRL n.F.) festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind (BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 43/12 R - und Urteil vom 12.12.2012, - B 6 KA 1/12 R -, beide in juris). Aus der detaillierten Regelung der Voraussetzungen für Änderungen und Anpassungen der einmal festgelegten Obergrenzen folgt, dass die Tatbestandsmerkmale eng auszulegen sind; sie sind als abschließende Regelung zu verstehen (BSG, Urteil vom 12.12.2012, - B 6 KA 1/12 R -, in juris Rdnr. 27). Die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina aus Gründen des (lokalen) Versorgungsbedarfs ist in den genannten Regelungen der BedarfsplRL nicht vorgesehen. Vielmehr ist die Neubestimmung - auf Antrag des Vertragsarztes - nur zulässig, wenn Änderungen des EBM oder vertragliche Vereinbarungen, die für das Gebiet der Arztgruppe maßgeblich sind, spürbare Auswirkungen auf die Berechnungsgrundlage haben (§ 23e Satz 2 BedarfsplRL a.F. bzw. § 44 Satz 2 BedarfsplRL n.F.). Diese Voraussetzungen sind unstreitig nicht erfüllt. Erfordernisse der "Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs" sind allein in § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V angeführt. Diese Vorschrift regelt die Rechtssetzungsbefugnisse des GBA hinsichtlich der Anstellung von Ärzten im Wege des Jobsharing. Die hier in Rede stehende Zulassung von Ärzten im Jobsharing ist demgegenüber Gegenstand der Regelung in § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V, die Erfordernisse der "Deckung eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs" nicht anführt. Eine erweiternde Auslegung des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V oder eine entsprechende Anwendung des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auf die Jobsharing-Zulassung ist angesichts des klaren Gesetzeswortlauts der genannten Vorschriften nicht möglich. Deshalb kommt auch nicht in Betracht, die Gesamtpunktzahlvolumina wegen lokalen Sonderbedarfs unter Rückgriff auf den Rechtsgedanken der Ermächtigungsvorschrift - hier in § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB V - anzuheben, wie es das BSG für die Jobsharing-Anstellung im Hinblick auf die Regelung in § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V für zulässig erachtet hat (BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 43/12 R -, in juris Rdnr. 18; vgl. auch BSG, Urteil vom 15.07.2015, - B 6 KA 26/14 R -, in juris Rdnr. 27). Die Vorschrift in § 58 Abs. 5 Satz 3 BedarfsplRL n.F. - die im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 28.08.2013 (a.a.O.) in die BedarfsplRL aufgenommen worden ist - betrifft ebenfalls ausdrücklich nur die Anstellung von Ärzten im Wege des Jobsharing und setzt außerdem die Feststellung eines zusätzlichen lokalen Sonderbedarfs nach Maßgabe des § 35 BedarfsplRL (durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen) voraus.

Für eine Neubestimmung und Anhebung der Gesamtpunktzahlvolumina im Wege einer Härtefallentscheidung – wofür auch die Zulassungsgremien zuständig wären – gibt es ebenfalls keine Rechtsgrundlage. Die entsprechende Anwendung von in anderem Regelungszusammenhang getroffenen Härtefallbestimmungen kommt angesichts des abschließenden Charakters der hier maßgeblichen Vorschriften in der BedarfsplRL nicht in Betracht; insoweit sei auf die bereits angeführte Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 12.12.2012 – B 6 KA 1/12 R –, in juris) verwiesen.

Im Übrigen hat der ZA den Antrag der Klägerin auf nachträgliche Anhebung der Jobsharing-Obergrenzen ab dem Quartal 1/2008 abgelehnt. Ihr Widerspruch hiergegen und die sich anschließende Klage waren erfolglos. Nach dem rechtskräftigen Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12.04.2017 kann die Klägerin einen entsprechenden Anspruch auf Anhebung der Obergrenzen weder auf die Änderung des EBM und die Zusammenlegung der vier Bezirke der Kassenärztlichen Vereinigung noch auf Härtefallgesichtspunkte stützen.

Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Unter welchen Voraussetzungen der Vertragsarzt gegen eine im Wege nachgehender Richtigstellung von Honorarbescheiden verfügte Honorarkürzung bzw. -rückforderung Vertrauensschutz einwenden kann, hat das BSG in seinen Urteilen vom 28.08.2013 (B 6 KA 43/12 R, B 6 KA 50/12 R, B 6 KA 17/13 R; alle in juris) zusammenfassend und nach Fallgruppen geordnet dargestellt. Hier ist keine der vom BSG angeführten Fallgruppen einschlägig. Die Beklagte hat die nachgehende Richtigstellung der für die Quartale 1/2008 bis 4/2008 ergangenen Honorarbescheide im Jahr 2009 und damit innerhalb der hierfür maßgeblichen Vierjahresfrist verfügt. Die Richtigstellungsbefugnis war (unstreitig) nicht verbraucht. Die Beklagte hat es auch nicht unterlassen, bei der Erteilung der Honorarbescheide auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung oder ihrer Auslegung (oder auf ein noch nicht abschließend feststehendes Gesamtvergütungsvolumen) hinzuweisen und durch einen Vorläufigkeitsvermerk zu manifestieren. Etwaige Auswirkungen der Errichtung der Beklagten aus den vormaligen vier regionalen Kassenärztlichen Vereinigungen oder von Veränderungen der Fachgruppenzusammensetzung (aufgrund geänderter Prüfgruppensystematik) stellen Ungewissheiten, die Gegenstand eines Vorläufigkeitsvermerks sein könnten oder müssten, nicht dar. Sie betreffen insbesondere nicht die Grundlagen der Honorarverteilung, sondern die Anpassung der für die Leistungsabrechnung der jeweiligen Jobsharing-Praxis maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina an den Fachgruppendurchschnitt nach Maßgabe des § 23f BedarfsplRL a.F., wobei insbesondere die Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts in der Zukunft nicht im Vorhinein mit Gewissheit festgestellt werden kann; das ist dem im Jobsharing tätigen Vertragsarzt auch bewusst. Die Honorarbescheide für die Quartale 1/2008 bis 4/2008 enthielten auch keine Rechenfehler oder vergleichbare Defizite, berücksichtigten vielmehr die für die Jobsharing-Praxis der Klägerin maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina (noch) nicht (dazu ebenfalls etwa BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R -, in juris).

Wegen des an alle Jobsharing-Praxen gerichteten Informationsschreibens der Beklagten vom 18.03.2008 kann die Klägerin Vertrauensschutz ebenfalls nicht beanspruchen. Das SG hat die Gründe (auch) hierfür im angefochtenen Urteil zutreffend näher dargelegt. In dem Informationsschreiben hat die Beklagte eine Regelung, etwa im Sinne einer Zusicherung (§ 34 SGB X), nicht getroffen, vielmehr nur die im Jobsharing tätigen Vertragsärzte – die sich im Übrigen über die vergütungsrechtlichen Rahmenbedingungen des vertragsärztlichen Jobsharing (u.a. die Anwendung des Anpassungsfaktors gemäß § 23f BedarfsplRL a.F.) auch selbst informieren müssen – über seinerzeit offenbar häufig gestellte allgemeine Fragen zur Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina an den EBM 2008 unterrichtet. In dem Schreiben ist außerdem unmissverständlich klargestellt worden, dass über die konkrete Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina noch nicht entschieden werden könne, weil die dafür notwendigen Abrechnungsdaten der Fachgruppen für das Quartal 1/2008 noch nicht vorlägen und die Fachgruppendurchschnitte deshalb noch nicht berechnet werden könnten, und es wird die Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina an die Fachgruppendurchschnitte nach Maßgabe des in der BedarfsplRL vorgesehenen Anpassungsfaktors nach Vorliegen der genannten Daten angekündigt. Das Schreiben stellt nicht die generelle automatische Anhebung der Gesamtpunktzahlvolumina in Aussicht, sondern weist nur – zutreffend – darauf hin, dass die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina im Hinblick auf das Wachstum des Fachgruppendurchschnitts (gemäß § 23f BedarfsplRL a.F.) "automatisch" über die Beklagte erfolgt und der Vertragsarzt hierfür einen (eigenen) Antrag beim ZA nicht stellen muss. Es versteht sich von selbst – und anders kann die Wendung: Erhöhung der Obergrenzen "im Rahmen des Wachstums des Fachgruppendurchschnitts" auch nicht verstanden werden –, dass es ohne (seinerzeit noch gar nicht ermittelbares) Wachstum des Fachgruppendurchschnitts auch keine Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina an einen höheren Fachgruppendurchschnitt (durch die Beklagte) geben kann. Die Klägerin durfte wegen der Aussagen des Informationsschreibens nicht davon ausgehen, die für ihre Praxis maßgeblichen Gesamtpunktzahlvolumina würden in jedem Fall angehoben. Für ein Verständnis dieser Art, zumal durch einen sachkundigen Adressaten, gibt es in dem Schreiben keinen Anhalt. Der Neubestimmungsantrag der Klägerin vom 06.12.2007 hatte im Übrigen nicht die Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina an die Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts gemäß § 23f BedarfsplRL, sondern die Neubestimmung der Gesamtpunktzahlvolumina wegen Änderungen des zum 01.01.2008 in Kraft tretenden EBM zum Gegenstand. Sie konnte aufgrund des Schreibens vom 18.03.2008 nicht davon ausgehen, dass die Beklagte die vom ZA getroffene Regelung ändern könne. Aufgrund ihrer Verpflichtungserklärungen war der Klägerin bekannt, dass sie die Festsetzungen des ZA einhalten muss. Dass die Beklagte nur für eine Anpassung der Gesamtpunktzahlvolumina entsprechend der Entwicklung des Fachgruppendurchschnitts nach § 23f BedarfsplRL zuständig ist und nur der ZA eine Neuberechnung der Gesamtpunktzahlvolumina vornehmen kann, darf für Jobsharing-Partner als bekannt vorausgesetzt werden (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 43/12 R -, in juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt den Umstand, dass der Widerspruch der Klägerin nur deshalb keinen Erfolg gehabt hat, weil die Verletzung des Anhörungsmangels nach § 41 SGB X unbeachtlich ist (BSG, Urteil vom 24.10.2018 – B 6 KA 34/17 R –, in juris, Rn. 37).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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