L 5 KA 268/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 1001/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 268/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Landessozialgericht Baden-Württemberg

L 5 KA 268/19

S 10 KA 1001/18

Im Namen des Volkes Urteil

Der 5. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in Stuttgart hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2019 für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.10.2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahrens, welche die Beklagte zu tragen hat. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 2.500.000,00 EUR endgültig festgesetzt.

Tatbestand:

Im Streit steht die Rechtmäßigkeit einer im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung (nachgehende Richtigstellung) der Beklagten verfügte Honorarrückforderung für die Quartale 4/2008 bis 3/2016 in Höhe von 4.070.556,24 EUR.

Der Kläger war seit 1992 als Facharzt für Laboratoriumsmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Sitz in St. zugelassen. Mit Beschluss vom 19.06.2015 entzog der Zulassungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (ZA) dem Kläger von Amts wegen die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Berufungsausschuss für Ärzte für den Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (BA) zurück (Beschluss vom 22.04.2016). Die hiergegen erhobene Klage (S 20 KA 5679/16) wies das Sozialgericht Stuttgart (SG) mit rechtskräftigem Urteil vom 16.11.2017 ab. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei ungeeignet im Sinne des § 21 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), denn er sei nicht bereit, sich in das vertragsärztliche System zu integrieren. Zudem sei das Vertrauensverhältnis zu den Krankenkassen derzeit grundlegend gestört. Es bedürfe der Zulassungsentziehung zur Sicherung und zum Schutz der vertragsärztlichen Versorgung als "ultimo ratio".

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung setzte für die Quartale 4/2008 bis 3/2016 das Honorar des Klägers (Gesetzliche Krankenversicherung [GKV] und sonstige Kostenträger) wie folgt fest:

Honorarbescheid vom Quartal Honorar in EUR 15.04.2009 4/2008 88.157,05 07.10.2009 1/2009 93.930,55 14.12.2009 2/2009 82.866,48 15.01.2010 3/2009 91.295,93 16.04.2010 4/2009 107.206,77 15.07.2010 1/2010 95.857,88 15.10.2010 2/2010 110.268,17 13.01.2011 3/2010 100.680,06 15.04.2011 4/2010 117.869,21 15.07.2011 1/2011 113.051,35 17.10.2011 2/2011 107.385,57 16.01.2012 3/2011 139.674,64 16.04.2012 4/2011 138.205,98 16.07.2012 1/2012 114.009,43 15.10.2012 2/2012 98.896,14 15.01.2013 3/2012 142.275,94 15.04.2013 4/2012 109.187,31 15.07.2013 1/2013 125.814,62 15.10.2013 2/2013 141.337,31 15.01.2014 3/2013 127.628,13 15.04.2014 4/2013 135.327,79 15.07.2014 1/2014 139.042,68 15.10.2014 2/2014 120.595,07 15.01.2015 3/2014 136.438,47 15.04.2015 4/2014 143.355,67 15.07.2015 1/2015 173.884,52 15.10.2015 2/2015 167.129,18 15.01.2016 3/2015 163.943,62 15.04.2016 4/2015 154.730,55 15.07.2016 1/2016 167.546,65 17.10.2016 2/2016 157.600,52 16.01.2017 3/2016 171.998,54

Der bei der Beklagten (Bezirksdirektion St.) eingerichtete Plausibilitätsausschuss leitete unter dem 18.03.2016 eine Plausibilitätsprüfung der vom Kläger für die Quartale 1/2015 bis 4/2015 eingereichten Honorarabrechnungen ein. Mit Schreiben vom 06.04.2016 teilte sie dem Kläger auf dessen Nachfrage mit, dass die Prüfung aufgrund von Hinweisen eingeleitet worden sei.

Mit Bescheid vom 20.02.2017 hob die Beklagte die Honorarbescheide für die Quartale 4/2008 bis 3/2016 auf und forderte gezahltes Honorar (GKV und sonstige Kostenträger) in Höhe von insgesamt 4.070.556,24 EUR zurück. Sie führte aus, nach § 6 Abs. 2 ihrer aktuell gültigen Verfahrensordnung zur Durchführung von Plausibilitätsprüfungen (KBV-Richtlinie gemäß § 106a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], im Folgenden KBV-RL) würden Honorarabrechnungen (auch) geprüft, wenn ausreichende und konkrete Hinweise dahingehend bestünden, dass die Abrechnung nicht plausibel sei. Anlass für die Prüfung sei, dass in der Vergangenheit vermehrt Beschwerden gegen den Kläger vorgebracht worden seien, er erbringe nicht nachvollziehbare, nicht angeforderte und sehr teure Laborleistungen. Zudem nehme er Überweisungen an, die an andere Fachärzte gerichtet gewesen seien. Auch sei der Verdacht geäußert worden, dass er Patienten besuche und somit nicht nur als Laborarzt tätig sei. Die jeweiligen Überweisungen seien auf Schein-Untergruppe 24, Überweisungen zur Mit-/Weiterbehandlung, erfolgt. Die kursorische Prüfung der Abrechnungen habe zunächst ergeben, dass er mit durchschnittlich 18,3 % (gegenüber einem Anteil der Fachgruppe von unter 1 %) einen überproportional großen Anteil an Überweisungen zur Mit-/Weiterbehandlung abgerechnet habe. Um eine genauere Prüfung des Sachverhalts zu ermöglichen, seien sämtliche Überweisungen auf Schein-Untergruppe 24 aus dem Jahre 2015 angefordert worden. Zeitgleich sei der Plausibilitätsausschuss darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass vor dem ZA bzw. dem BA gegen den Kläger ein Verfahren auf Entziehung der Zulassung anhängig gewesen sei. In diesem Verfahren sei dem Kläger die Zulassung entzogen worden. Einer der Entziehungsgründe sei hierbei die Feststellung gewesen, dass er seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht in freier Praxis ausübe. Der Kläger habe bereits aus formalen Gründen die vorgelegten Überweisungen nicht annehmen dürfen, da er ausschließlich als Laborarzt zugelassen sei. Darüber hinaus habe die Durchsicht der vorgelegten Überweisungen ergeben, dass es sich bis auf wenige Ausnahmen um keine Überweisungen handele, die unabhängig von der Ausgestaltung des Überweisungsformulars zur Abrechnung von Laborleistungen berechtigen würden. So würden die gewünschten Untersuchungen nicht definiert und es fehlten im Wesentlichen auch die Diagnosen. Grundsätzlich obliege dem Überweiser die Verpflichtung, die erforderlichen Laboruntersuchungen festzulegen. Dies liege nicht im Ermessen des Laborarztes. Auch seien grundsätzlich die zugrundeliegenden Diagnosen vom Überweiser anzugeben. Unabhängig davon sei davon auszugehen, dass der Kläger in den betreffenden Behandlungsfällen nicht als Laborarzt, sondern als therapeutisch tätiger Arzt gehandelt habe. Hierfür spreche nicht nur, dass sich in den Bewertungsportalen entsprechende Ausführungen finden ließen, sondern auch weitere Sachverhalte. So betreibe der Kläger neben seinem Labor in der S. 4 (in St.) eine Praxis mit täglichen Sprechzeiten in der M. 59 (in St.), die ausschließlich dem Empfang von Patienten diene. Dies sei für einen Laborarzt, der im Regelfall keine Patienten, sondern Untersuchungsmaterial übermittelt bekomme, mehr als ungewöhnlich und ergebe nur dann Sinn, wenn der Arzt nicht nur laborärztlich tätig sei. Auch scheine es für den Kläger unerheblich zu sein, an wen formal die Überweisung der Patienten erfolgt sei. So habe er z. B. auch Weiterbehandlungen von Patienten übernommen, die an Internisten oder andere "Nichtlaborärzte" überwiesen worden seien. Darüber hinaus habe der Kläger im Jahre 2015 Medikamente im Wert von 1.370.609,37 EUR, davon allein für 823.041,35 EUR Immunglobuline, verordnet. Schließlich habe der Kläger vor dem BA selbst erklärt, dass er entgegen der üblichen Tätigkeit eines Labormediziners auch klinisch tätig sei. Der Kläger habe damit bewusst gegen seine Verpflichtung verstoßen, sein Fachgebiet einzuhalten (§ 37 Abs. 1 Heilberufe-Kammergesetz). Da insoweit ein offensichtlich konstantes Abrechnungsverhalten vorliege, gelte dies dem Grunde nach für die Quartale 4/2008 - 4/2014 und 1/2016 - 3/2016. Für den Zeitraum 4/2008 - 3/2016 sei dem Kläger aber auch grundsätzlich kein Honoraranspruch erwachsen, da er, wie sich dem Bescheid des BA entnehmen lasse und auf den verwiesen werde, seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht in freier Praxis ausübe. Darüber hinaus könne der Kläger nach Trennung seiner Praxisräume von den eigentlichen "Laborräumen" seit 01.06.2013 seiner Aufsichtspflicht nicht mehr entsprechen, weshalb auch sämtliche Speziallaborleistungen seit 01.06.2013 zu streichen gewesen seien. Da der Kläger die Beklagte hinsichtlich seiner Tätigkeit in freier Praxis getäuscht habe, könne eine Rückforderung hinsichtlich der Quartale seit 4/2008 erfolgen.

Hiergegen legte der Kläger am 01.03.2017 Widerspruch ein und legte mit Schreiben vom 30.05.2017 folgenden, mit dem Verein "D. K. e.V." unter dem 27.10.2007 geschlossenen Geschäfts-Kooperationsvertrag vor:

"Zweck: Im Sinne der Satzungsziele der D. K. e. V. und der Verbesserung der labormedizinischen Information der Bevölkerung sowie der Fortentwicklung der Laboratoriumsdiagnostik im Lichte neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie der Erfordernisse, die die gesundheitspolitischen Maßnahmen bewirken, schließen [der Kläger und die D. K. e.V.] zur Erreichung ihrer Ziele folgenden Vertrag:

Leistung der D. K. e.V.: Die D. K. e.V. übernimmt die wirtschaftliche Leitung des medizinischen Labors. Die erwirtschafteten Überschüsse können nach Abzug aller für das medizinische Labor notwendigen Kosten, Verbindlichkeiten und notwendigen bzw. geplanten Anschaffungen bis höchstens zum steuerfreien Betrag von derzeit 34.000 EUR für Vereinszwecke genutzt werden.

Im Einzelnen gilt: 1.) Sämtliche Geräte und Einrichtungen des medizinischen Labors werden ohne Kosten der D. K. e.V. zur Erfüllung ihrer Aufgaben überlassen bzw. zur Verfügung gestellt. Die D. K. e.V. verpflichtet sich, die Geräte und Einrichtungen zu erhalten und den wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechend zu erweitern, anzupassen und zu verbessern. Die vorbestehenden Eigentumsrechte an der Laboreinrichtung bleiben davon unberührt. 2.) Die D. K. e.V. tritt in sämtliche für die Bewirtschaftung des medizinischen Labors erforderlichen bestehenden Rechte und Pflichten zur Führung der Geschäfte, die nicht zur ärztlichen Tätigkeit gehören, ein. 3.) In diesem Sinne ist die D. K. e.V. für alle Einnahmen und Ausgaben, die im Zusammenhang mit der Kooperation stehen, verantwortlich. Sie garantiert den allgemeinen Betrieb der Praxis, indem sie insbesondere für die Bereitstellung der erforderlichen Reagenzien in ausreichender Menge sorgt und, dass entsprechend den Erfordernissen die Geräteausstattung gestaltet und erhalten wird. 4.) Mögliche Überschüsse werden unter gemeinsamer Absprache für satzungsgemäße Vereinszwecke verwendet. Die Überschüsse können nur für die dafür bestimmten Zwecke verwendet werden. Die Bildung von Kapital oder Vereinsvermögen aus Überschüssen ist ausgeschlossen. 5.) Die Vertragsschließenden verpflichten sich bei auftretenden Problemen rechtlicher oder finanzieller Art gemeinsam Lösungen zu erarbeiten, die dem Vertragszweck dienlich sind. 6.) Der Vertrag ist jederzeit und von beiden Seiten mit einer Frist von vier Wochen kündbar. Die Kündigung bedarf der Schriftform. 7.) Bei Vertragsende sind sämtliche Guthaben und Forderungen, einschließlich der Geräte und Laboreinrichtungen wieder kostenlos an das medizinische Labor herauszugeben. Die Konten sind zu Beginn der Kündigungsfrist offen zu legen. 8.) Eine Haftung der Mitglieder des Vereins ist ausgeschlossen. Bei drohender Insolvenz endet der Kooperationsvertrag fristlos, kann aber bei abgewendeter oder nicht eingetretener Insolvenz von den Vertragsschließenden fortgesetzt werden. Der Vertrag ist Bestandteil anderer Verträge und berührt vorgreifliche Rechte nicht."

Zur Begründung seines Widerspruchs trug der Kläger vor, soweit die vom ZA festgestellte fehlende Freiberuflichkeit als Begründung herangezogen worden sei, sei ihm nicht bekannt, dass er keine Honorarabtretung vornehmen dürfe. Entgegen der vorliegenden, im Übrigen widerrufenen eidesstattlichen Versicherung, trage er das gesamte wirtschaftliche Risiko. Zudem ergebe sich aus dem mit dem D. K. e.V. geschlossenen Vertrag, seine fortbestehende Freiberuflichkeit. Auch sei es für einen Labormediziner zwingend erforderlich, auch klinisch bzw. therapeutisch tätig zu sein, da nur durch eigene klinische Erkenntnisse ein Testsystem oder Laborparameter in seiner physiologischen und pathophysiologischen Bedeutung und Aussagekraft besser einzuschätzen sei, was letztlich den Patienten zu Gute komme. Auch als Transfusionsmediziner dürfe er therapeutisch tätig werden. Insoweit sei er berechtigt, Überweisungsscheine nach Muster 24 anzunehmen. Zudem weise er die Feststellung zurück, dass auch aktuelle Überweisungen nicht erfasst worden seien. Es seien lediglich einzelne Überweisungsscheine nachgefordert worden. Im Hinblick auf die Verlegung der Praxisräume in die M. 59 sei bei der KV nachgefragt worden, ob etwas gegen die räumliche Trennung von Praxis und Labor spreche. Im Übrigen werde auch nicht ganztätig, sondern nur von 09:00 - 13:00 Uhr und von 15:00 - 18:00 Uhr und samstags von 10:00 - 14:00 Uhr Sprechstunde abgehalten. Schließlich sei die Honorarrückforderung unzulässig, soweit die vierjährige Ausschlussfrist überschritten worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.03.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger übe seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht in freier Praxis im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV aus. Dies ergebe sich aus dem nunmehr vorgelegten Kooperationsvertrag. Auch die Prüfung durch ihren Geschäftsbereich Zulassung/Sicherstellung dessen Ausführungen sich der Widerspruchsausschuss vollumfänglich anschließe, habe dies ergeben. Der Begriff der "freien Praxis" beinhalte nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) einen spezifischen, gesteigerten Gehalt der beruflichen Freiheit. Der Arztberuf sei durch ein hohes Maß an eigener Verantwortlichkeit und eigenem Risiko in wirtschaftlicher Beziehung charakterisiert. Das Berufsbild des freiberuflich Tätigen trage im Ganzen den "unternehmerischen Zug", der auf Selbstverantwortung, individuelle Unabhängigkeit und eigenes wirtschaftliches Risiko gegründet sei. Der Kläger habe die Nutzungsrechte über die gesamten sächlichen Mittel (Geräte und Einrichtungen) des Praxisbetriebes an das medizinische Labor abgetreten (Ziffer 1 des Kooperationsvertrages), so dass der Verein sogar den allgemeinen Praxisbetrieb garantiere (Ziffer 2 des Kooperationsvertrages). Der Kläger habe daher sämtliche Dispositionsbefugnis über die sächlichen Mittel der Praxis verloren. Es könne daher angezweifelt werden, dass er seinen medizinischen Auftrag auch nach eigenem Ermessen gestalten könne, wie es unter Ziffer 2 des Kooperationsvertrages eigentlich sichergestellt werden solle, da unter Ziffer 3 die Verantwortlichkeit eben des gesamten allgemeinen Praxisbetriebes beim Verein liege. Eine persönliche Selbstständigkeit des Klägers könne daher ausgeschlossen werden, da er unter Einflussnahme eines Dritten, nicht mehr über den allgemeinen Praxisbetrieb entscheiden könne. Das Tragen eines unternehmerischen Risikos durch den Kläger könne nahezu ausgeschlossen werden, da in sämtliche, für die Bewirtschaftung des medizinischen Labors erforderlichen bestehenden Rechte und Pflichten zur Führung der Geschäfte der Verein eintrete. Der D. K. e. V. übernehme gemäß der Vereinbarung die wirtschaftliche Leitung des medizinischen Labors. Auch sei der Kläger nicht an den Überschüssen beteiligt - bis zu (derzeit) 34.000,00 EUR (Ziffer 4 i.V.m. der Regelung unter Punkt Leistungen des "D. K. e.V."). Er könne über die Bestimmung des Einsatzes der Überschüsse nicht frei verfügen. Diese dienten nur dem satzungsmäßigen Vereinszweck. Die Chancen, am beruflichen Erfolg teilzuhaben, seien daher für den Kläger ausgeschlossen. Im Übrigen handele es sich um keine zulassungsrechtlich zulässige Kooperationsform, denn der D. K. e. V. sei kein zugelassener Leistungserbringer. Da der Kooperationsvertrag vom 27.10.2007 datiere, sei spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von einer freiberuflichen Tätigkeit des Klägers auszugehen. Ab diesem Zeitpunkt sei der Kläger generell nicht mehr berechtigt gewesen, Leistungen zu Lasten der GKV gegenüber der Beklagten abzurechnen, selbst wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden seien (BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, in juris). Die Aufhebung und Korrektur der Honorarbescheide hinsichtlich der Quartale 4/2008 bis 3/2012 erfolge dabei auf der Grundlage des § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), da die vierjährige Ausschlussfrist bereits überschritten gewesen sei. Im Übrigen sei eine klinische Betreuung für den Kläger als Facharzt für Laboratoriumsmedizin grundsätzlich ausgeschlossen und könne durch die Zusatzbezeichnung "Transfusionsmedizin" nicht eröffnet werden. Zudem stelle die Verlegung der Tätigkeit in die M. 59 einen Verstoß gegen vertragsärztliche Pflichten dar.

Der Kläger hatte bereits am 22.02.2018 Klage beim SG erhoben. Zur Begründung hat er unter Vertiefung seines bisherigen Vortrages ausgeführt, die Beklagte missachte gesetzliche Regelungen im Rahmen der Plausibilitätsprüfung. Natürlich sei man als Transfusionsmediziner auch in der Patientenversorgung tätig und habe alle damit im Zusammenhang stehenden medizinischen Belange zu beachten. Der Vorwurf der Überschreitung der Fachgebietsgrenzen und der Täuschung sei damit widerlegt. Bezüglich der ausnahmsweise erfolgten Annahme von Überweisungsscheinen an andere Fachgebiete, verweise er auf die freie Arztwahl der Patienten. Irrigerweise befasse sich der Plausibilitätsausschuss mit der freiberuflichen Tätigkeit und leite aus der Abtretung seiner finanziellen Forderungen gegenüber der Beklagten an seine Mitarbeiterin H. K. sowie einer Formulierung aus der bereits widerrufenen Vermögensauskunft ab, dass er seine Tätigkeit nicht freiberuflich ausübe und kein wirtschaftliches Risiko trage. Mit dem D. K. e. V. bestehe lediglich ein Wirtschaftsvertrag, aus dem heraus der D. K. e. V. für die Bezahlung der Rechnungen und die Materialbeschaffung sowie den Erhalt des Geräteparks zuständig sei. Auch war und sei vertraglich geregelt, dass eine Vermögensbildung in dem D. K. e. V. aus Gewinnen des medizinischen Labors nicht möglich sei. Es sollten nur medizinische Forschung und Informationen entsprechend der Ausrichtung des Vereins aus möglichen Gewinnen finanziert werden. Da sich nie Gewinne hätten erwirtschaften lassen, sei die private Entnahme als Aufwandsentschädigung deklariert worden, damit für den Fall der Fälle genügend Geld zur Verfügung stehe, um mögliche Reparaturen oder Ersatzgerätbeschaffung zu ermöglichen. Im Sinne der Plausibilitätsprüfung stehe nicht die Tätigkeit in freier Praxis, sondern die persönliche Leistungserbringung im Prüffeld. Also werde hier eine Prüfung an einem Gegenstand durchgeführt, der nach den gegebenen Richtlinien nicht Gegenstand der Prüfung durch die Beklagte sein könne und ihr auch nicht obliege, denn für die Prüfung der Ausübung der freien ärztlichen Tätigkeit sei einzig die Ärztekammer zuständig. Bei Respektierung der Kompetenzen hätte die Beklagte deshalb die Beweise für eine bei ihm vorliegende weisungsgebundene Tätigkeit von der Ärztekammer einfordern müssen. Auch liege ein Verstoß gegen die persönliche Leistungserbringung nicht vor. Da er in eigener Praxis als einziger Arzt tätig gewesen sei, habe eine unzulässige Mengenausweitung nicht stattfinden können und die persönliche Leistungserbringung sei 100%ig gewesen. Zur fehlenden Diagnose und OPS-Kodierung sei anzumerken, dass die Patienten häufig eine Odyssee hinter sich gehabt hätten, ohne dass die Ursache der Beschwerden erkannt worden wäre, geschweige denn sie eine adäquate Therapie erhalten hätten.

Die Beklagte ist der Klage unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Argumentation entgegengetreten. Die Rückforderung für die streitbefangenen Quartale werde letztlich darauf gestützt, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in freier Praxis tätig gewesen sei und deshalb keinen Honoraranspruch gegen sie, die Beklagte, erworben habe. Auf die weiteren Ausführungen komme es rechtlich nicht mehr an. Darauf habe sie bereits im Widerspruchsbescheid hingewiesen. Ihre, so die Beklagte begründend, Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bestehe entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenmäßiger Fehler, sondern erfasse auch Fallgestaltungen der vorliegenden Art, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung erbracht und abgerechnet habe. Dementsprechend habe das BSG in einem vergleichbaren Fall ihre Berichtigungskompetenz bestätigt (Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, in juris). Der Fall des Klägers falle unter die Rubrik "Fehlende Berechtigung zur Leistungsabrechnung" gemäß § 6 Abs. 2 der KBV-RL. Im Übrigen spreche auch der Außenauftritt des Klägers im Briefkopf, etwa des Schreibens vom 30.05.2017, sowie im Briefkopf zahlreicher anderer Schreiben nicht für eine Trennung zwischen dem medizinischen Labor des Klägers und dem D. K. e. V ... Gleiches gelte für die Vermögensauskunft des Klägers vom 24.06.2013, in der er erklärt habe, er führe ein Erwerbsgeschäft mit einem monatlichen Gewinn von 0,00 EUR bis 900,00 EUR Aufwandsentschädigung. In diesem Zusammenhang habe er erklärt, er sei für das medizinische Labor tätig, welches unter der Leitung des D. K. e. V. residiere. Mit Schreiben vom 31.10.2015 habe der Kläger weiter ausgeführt, dass der D. K. e. V. den Zahlungsverkehr und die Finanzbuchhaltung übernehme. Zu diesem Zwecke seien sämtliche Einnahmen aus seiner freiberuflichen Tätigkeit an den D. K. e. V. abgetreten worden. Eventuell zu erwirtschaftende Gewinne würden im Gegenzug im jeweils festzulegenden Rahmen für satzungsgemäße Vereinsziele aufgewendet. Da in den Jahren zuvor keinerlei Gewinne hätten erwirtschaftet werden können, habe der D. K. e. V. keine anteiligen vorläufigen Gewinnentnahmen ausgezahlt, sondern nur einen Betrag, der als Aufwandsentschädigung bezeichnet worden sei. Die von ihr, der Beklagten, vorgenommene Berichtigung sei auch hinsichtlich des zeitlichen Umfangs sowie der Höhe nach nicht zu beanstanden. Auch habe sie das ihr zustehende Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt.

Mit Urteil vom 12.10.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe in dem Bescheid vom 20.02.2017 die Honorarbescheide betreffend die Quartale 4/2008 bis 3/2016 zu Recht zurückgenommen und für diese Quartale ausbezahltes Honorar in Höhe von 4.070.556,24 EUR zurückgefordert. Der Kläger habe - was er zumindest hätte wissen müssen - in den streitbefangenen Quartalen keinen Anspruch auf das ihm ausbezahlte Honorar, weshalb er zur Rückzahlung verpflichtet sei (§ 45 Abs. 1, 2 Satz 3 Ziffer 3, 4 Satz 1 i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Von dem sie verpflichtenden Ermessen habe die Beklagte ermessensfehlerfrei Gebrauch gemacht. Bereits die Tatsache, dass der Kläger in den streitbefangenen Quartalen seine Tätigkeit nicht persönlich in freier Praxis ausgeübt habe, schließe einen Honoraranspruch gegen die Beklagte aus. § 98 Abs. 2 Ziffer 13 SGB V enthalte den Grundsatz der Ausübung des freien Berufs des Vertragsarztes. Konkret bestimme § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV, dass der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben habe. Nur dieser nehme seit jeher an der Honorarverteilung durch die Beklagte teil (§ 87b Abs. 1 SGB V). Eine freie Praxistätigkeit habe aber in den streitbefangenen Quartalen nicht (mehr) vorgelegen. Aus dem zwischen dem Kläger und dem D. K. e. V. geschlossenen Geschäftskooperationsvertrag vom 27.10.2007 ergebe sich eindeutig, dass der Kläger nicht mehr in freiberuflicher Tätigkeit den Praxisbetrieb fortgeführt habe, sondern vergleichbar einem angestellten Arzt für den D. K. e. V. tätig gewesen sei. Nach diesem Vertrag habe der D. K. e. V. die wirtschaftliche Leitung des Labors allein übernommen. Ihm seien sämtliche Geräte und Einrichtungen ohne Kosten zur Erfüllung seiner Aufgaben überlassen worden. Nur er sei für die Bewirtschaftung einstandspflichtig (Ziffer 1 und 2 des Vertrages). Für alle Einnahmen und Ausgaben, die im Zusammenhang mit der Kooperation stünden, zeichne sich (allein) der Verein verantwortlich (Ziffer 3 des Vertrages). Durch diesen Geschäftskooperationsvertrag habe der Kläger die Leitung der Praxis vollkommen in die Hände des D. K. e. V. gelegt. Seitdem sei er nicht mehr persönlich in freier Praxis tätig gewesen. In seinem Schreiben vom 31.10.2015 an den ZA habe der Kläger auch eingeräumt, der D. K. e. V. habe den Zahlungsverkehr und die Finanzbuchhaltung übernommen. Auch die vom Kläger am 24.06.2013 abgegebene Vermögensauskunft spreche eindeutig gegen eine in freier Praxis ausgeübte vertragsärztliche Tätigkeit. Darin habe der Kläger erklärt, dass er lediglich für eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 900,00 EUR für das medizinische Labor unter der Leitung des D. K. e. V. tätig sei. Damit habe er jegliches unternehmerische Risiko an den Verein delegiert.

Nach Durchführung einer Plausibilitätsprüfung hatte die Beklagte zwischenzeitlich mit Bescheid vom 23.03.2018 auch die Honorarbescheide der Quartale 4/2007 bis 3/2008, 4/2016 und 1/2017 aufgehoben und das Honorar für diese Quartale i.H.v. 559.329,00 EUR vollständig zurückgefordert. Zur Begründung verwies die Beklagte im Wesentlichen auf die Ausführungen im Bescheid vom 20.02.2017 und im Widerspruchsbescheid vom 19.03.2018. Über den hiergegen am 25.04.2018 eingelegten Widerspruch hat die Beklagte noch nicht entschieden.

Mit (Honorar-)Bescheid vom 13.07.2018 für das Quartal 1/2018 stellte die Beklagte eine Gesamtüberzahlung i.H.v. insgesamt 4.536.125,01 EUR (Überzahlungen aus den Bescheiden vom 20.02.2017 und 23.03.2018 + Arzneimittelregress + Beitreibungsgebühren) fest und gab dem Kläger auf, das zu viel gezahlte Honorar zurückzuzahlen. Den hiergegen am 15.08.2018 eingelegten Widerspruch, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2018 zurück. Mit (Honorar-)Bescheid vom 15.10.2018 für das Quartal 2/2018 stellte die Beklagte zwischenzeitlich (wiederum) eine Gesamtüberzahlung i.H.v. insgesamt 4.536.125,01 EUR aus dem Quartal 1/2018 fest und forderte den Kläger unter dem 13.11.2018 zur Zahlung von 4.536.125,01 EUR auf. Am 21.11.2018 hat der Kläger gegen den (Honorar-)Bescheid für das Quartal 1/2018 die noch unter dem Aktenzeichen S 5 KA 6752/18 anhängige Klage beim SG erhoben. Gleichzeitig hat er im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes (S 5 KA 6414/18 ER) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Rechtsbehelfe gegen die "ergangene(n) Zahlungsaufforderung" beantragt. Mit Beschluss vom 11.12.2018 hat das SG den vorläufigen Rechtsschutzantrag zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 06.02.2019 hat der Senat die hiergegen eingelegte Beschwerde (L 5 KA 209/19 ER-B) rechtskräftig zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Klage gegen den Bescheid vom 13.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2018 verspreche keine Aussicht auf Erfolg. Mit den angefochtenen Bescheiden seien lediglich die Entscheidungen der Beklagten vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2018 sowie der Bescheid vom 23.03.2018 umgesetzt worden. Unter Bezugnahme auf das Urteil des SG vom 12.10.2018 sei der Bescheid vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2018 nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen Prüfung rechtmäßig. Ausweislich des zwischen dem Kläger und dem D. K. e.V. geschlossenen Vertrags vom 27.10.2007 habe der Kläger ab dem Quartal 4/2007 seine ärztliche Tätigkeit nicht mehr in freier Praxis ausgeübt, denn er habe ab diesem Zeitpunkt weder das wirtschaftliche Risiko der Praxis getragen noch sei er ab diesem Zeitpunkt am Wert der Praxis beteiligt gewesen. Ab dem Quartal 4/2007 habe der Kläger deshalb gegenüber der Beklagten Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet, weshalb die Beklagte berechtigt sei, das Honorar zurückzufordern (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2010, - B 6 KA 7/09 R -; Urteil des erkennenden Senats vom 26.04.2017, - L 5 KA 2448/15 -, beide in juris und zum Urteil des Senats nachfolgend BSG, Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 34/17 R -, in juris). Die Beklagte sei auch am 23.03.2018 noch berechtigt gewesen, das Honorar ab dem Quartal 4/2007 zurückzufordern, da sie erst aufgrund der Vorlage des Kooperationsvertrags vom 27.10.2007 durch den Kläger am 22.02.2018 im Verfahren S 10 KA 1001/18 von den maßgeblichen Umständen, die eine Rückforderung rechtfertigten, Kenntnis erlangt habe. Aus denselben Gründen bestünden auch keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 23.03.2018.

Gegen das ihm am 12.12.2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.01.2019 (einem Sonntag) beim SG Berufung eingelegt. Unter Bezugnahme auf seinen bisherigen Vortrag hat der Kläger ergänzend ausgeführt, die Beklagte habe ihre Entscheidungskompetenz überschritten. Zudem habe sich die Beklagte zu Unrecht auf die Unterlagen im Zulassungsentziehungsverfahren bezogen, da das diesbezügliche Urteil bei Einstellung aller Honorarzahlungen noch nicht rechtskräftig gewesen sei. In Bezug auf seine transfusionsmedizinische Tätigkeit habe er das Recht, von einer Berechtigung zur Annahme von Überweisungsscheinen der Untergruppe 24 auszugehen und in diesem Rahmen klinisch tätig zu sein, was auch Hausbesuche einschließe. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger den Schriftsatz vom 15.11.2019 mit Anlagen übergeben, in dem er insbesondere sein Vorbringen im Zusammenhang mit der Zulassungsentziehung vertieft hat und bzgl. seiner Anerkennung im Bereich Transfusionsmedizin auf Bestandsschutz seinerseits verwiesen hat. Bzgl. seines Antrags auf Zahlung von 40.000.000,00 EUR hat er angegeben, dass es sich dabei um eine Honorarforderung seit 1999 handele.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 12.10.2018 und den Bescheid der Beklagten vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 40.000.000,00 EUR zur Regulierung der bewirkten vorsätzlichen wirtschaftlichen Schädigung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, die Rückforderung für die Quartale 4/2008 und 3/2016 werde letztlich allein darauf gestützt hat, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in freier Praxis tätig gewesen sei und deshalb keinen Honoraranspruch ihr gegenüber erworben habe. Dementsprechend seien die weiteren Ausführungen im Widerspruchsbescheid nicht entscheidungserheblich. Hierauf sei bereits im Widerspruchsbescheid selbst hingewiesen worden. Des Weiteren habe sie entgegen der Auffassung des Klägers die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung nicht nur im Fall rechnerischer und gebührenmäßiger Fehler, sondern auch in Fallgestaltungen, in denen - wie hier - der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet habe. Dies entspreche der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, in juris). Im dort vom BSG entschiedenen Fall sei es - wie hier - gerade darum gegangen, dass der dortige Beigeladene zu 2) in Wirklichkeit gerade nicht in freier Praxis tätig gewesen sei. Sie habe zudem die Berechtigung, auf im Rahmen des Plausibilitätsprüfungsverfahrens und des Zulassungsentziehungsverfahren gewonnene Erkenntnisse Bezug zu nehmen. Auch sei ihr die Möglichkeit eröffnet, nach Rechtskraft des Zulassungsentziehungsverfahrens ein Honorarberichtigungsverfahren durchzuführen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 20.03.2013 - B 6 KA 18/12 R –, in juris Rdnr. 25). Im Übrigen habe sie den Sachverhalt im Plausibilitätsverfahren nochmals selbstständig bewertet. Denn erst im hiesigen Widerspruchsverfahren - und nicht im Zulassungsentziehungsverfahren - habe der Kläger den Kooperationsvertrag mit dem D. K. e.V. vorgelegt. Da dieser vom 27.10.2007 datiere, sei spätestens ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von einer freiberuflichen Tätigkeit des Klägers auszugehen. Ab diesem Zeitpunkt sei der Kläger generell nicht mehr berechtigt, Leistungen zu Lasten der GKV ihr gegenüber abzurechnen. Dem Kläger stehe für die von ihm erbrachten Leistungen also auch dann kein Vergütungsanspruch mehr zu, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden seien (BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, in juris). Dementsprechend habe sie die Honorarbescheide betreffend die Quartale 4/2008 - 3/2016 in Gänze aufgehoben und sämtliches Honorar zurückgefordert. Davon, dass der Kläger nicht in freier Praxis tätig gewesen sei, gehe auch der Senat aus (Senatsbeschluss vom 06.02.2019 - L 5 KA 209/19 ER-B -, nicht veröffentlicht). Die Honorarbescheide vom 18.04.2017 (für das Quartal 4/2016), vom 17.07.2017 (für das Quartal 1/2017) und vom 13.07.2018 (für das Quartal 1/2018) - soweit sie die Rückforderung aus dem streitgegenständlichen Bescheid in gleicher oder ähnlicher Höhe beinhalten - sowie ihr als "Honorarbescheid Quartal 2/2018" bezeichnetes Schreiben vom 15.10.2018 seien nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Auch habe sie die Jahresfrist bei Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 20.02.2017 hinsichtlich der dort streitigen Quartale eingehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte - auch in den Verfahren S 20 KA 5679/16, S 5 KA 6752/18, S 10 KA 1001/18 und L 5 KA 209/19 ER-B - sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, da der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR überschritten wird. Sie ist auch im Übrigen zulässig.

Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte, da hier eine Angelegenheit der Vertragsärzte i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG streitgegenständlich ist.

2. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 20.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2018.

Nicht Gegenstand des Verfahrens ist demgegenüber der Bescheid der Beklagten vom 23.03.2018 mit dem die Beklagte auch die Honorarbescheide der Quartale 4/2007 bis 3/2008, 4/2016 und 1/2017 aufgehoben und das Honorar für diese Quartale vollständig zurückgefordert hat.

Auch der Bescheid der Beklagten vom 13.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2018 für das Quartal 1/2018 ist nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Dieser setzt die Honorarrückforderung gemäß dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 23.03.2018 hinsichtlich der Quartale 4/2007 bis 3/2008 sowie 4/2016 und 1/2017 in Höhe von 559.329,00 EUR buchhalterisch um, so dass sich der Saldo der Überzahlung insgesamt erhöht hat, ohne jedoch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2018 abzuändern oder zu ersetzen.

Gleiches gilt für den "Honorbescheid 2/2018" vom 15.10.2018. Auch dieser ist nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Beklagte hat - unabhängig davon, ob es sich hierbei überhaupt um einen Verwaltungsakt (Formverwaltungssakt) oder nur um eine Zahlungsaufforderung handelt - mit diesem Bescheid keine den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2018 abändernde oder ersetzende Regelung getroffen.

Auch die Honorarbescheide vom 18.04.2017 (für das Quartal 4/2016) und vom 17.07.2017 (für das Quartal 1/2017) sind - unabhängig davon, dass sie ohnehin bereits mit Bescheid der Beklagten vom 23.03.2018 aufgehoben wurden - nicht Gegenstand des hiesigen Berufungsverfahrens.

3. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals Honorar in Höhe von 40.000.000,00 EUR seit 1999 zur Regulierung der "bewirkten vorsätzlichen wirtschaftlichen Schädigung" geltend macht, erweist sich dieser Antrag schon als nicht zulässig. Es handelt sich insofern um eine - den Regeln einer Klageänderung (§ 99 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG) unterliegende - Klageerweiterung, auf die sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht eingelassen hat und die auch nicht sachdienlich ist.

Der Sachdienlichkeit einer Klageänderung steht entgegen, dass die Sachentscheidungsvoraussetzungen für eine geänderte Klage nicht vorliegen. Hier fehlt es an der Durchführung eines erforderlichen Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens (§ 78 SGG); denn die im hiesigen Verfahren angefochtenen, nach § 106a SGB V ergangenen Bescheide treffen keine Regelung i.S.v. § 31 SGB X zum erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachten Begehren des Klägers. Die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist in Ermangelung eines von der Klageerhebung ergangenen Verwaltungsaktes der Beklagten bereits unzulässig. Eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist nur zulässig, wenn die angefochtene Maßnahme, durch die beschwert zu sein der Kläger behauptet, einen Verwaltungsakt darstellt (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 08.09.2015 - B 1 KR 36/14 R -, in juris). Hieran fehlt es. Die Beklagte hat keinen Antrag des Klägers, mit dem er eine weitere Honorierung für die Zeit von 1999 bis heute begehrt hat, abgelehnt. Der Kläger hat bei der Beklagten auch keinen entsprechenden Antrag gestellt, sondern sein Begehren erstmals im Berufungsverfahren in der mündlichen Verhandlung des Senats am 20.11.2019 geltend gemacht.

Eine echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG, mit der die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden kann, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte, liegt hier nicht vor. Eine echte Leistungsklage ist dann statthaft, wenn dem durch den Rechtsanspruch Verpflichteten keine Verwaltungsaktkompetenz im Verhältnis zu dem Anspruchsberechtigten zukommt (vgl. BSG, Urteil vom 08.09.2015 - B 1 KR 36/14 R -, in juris). Dies ist bei Gleichordnungsverhältnissen der Fall. Eine solche Konstellation liegt bei Honorarabrechnungen nicht vor. Diese erfolgen durch Honorarfestsetzungsbescheid und damit durch einen Verwaltungsakt.

Selbst wenn die Leistungsklage die zutreffende Klageart wäre, bestünde keine instantielle Zuständigkeit des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg für die begehrte Entscheidung; denn nicht das LSG Baden-Württemberg, sondern das SG ist für die Durchführung eines Klageverfahrens erstinstanzlich zuständiges Gericht. Ein Fall des § 29 Abs. 2 SGG liegt nicht vor.

4. Im Übrigen ist die Berufung des Klägers nicht begründet. Das SG hat die isolierte Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2018 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht die Honorarbescheide betreffend die Quartale 4/2008 bis 3/2016 aufgehoben und für diese Quartale gezahltes Honorar in Höhe von 4.070.556,24 EUR zurückgefordert.

a) Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig.

Die Beklagte ist für deren Erlass sachlich zuständig gewesen. Sie hätte den Kläger vor dem Erlass zwar gemäß § 24 SGB X anhören müssen. Dieser Mangel ist jedoch durch die Anhörung des Klägers im Widerspruchsverfahren geheilt worden (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Die Beklagte hatte in dem Bescheid vom 20.02.2017 hinsichtlich des die Richtigstellung allein bereits tragenden Gesichtspunkts des Fehlens einer Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in freier Praxis alle entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt. Der Kläger hat im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ausreichend Gelegenheit gehabt, vor einer abschließenden Verwaltungsentscheidung hierzu sachgerecht Stellung zu nehmen (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 33/16 R - und Urteil vom 24.10.2018, - B 6 KA 34/17 R -, beide in juris).

b) Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Die Beklagte hat die Honorarbescheide für die Quartale 4/2008 bis 3/2016 auf der Grundlage des § 106a (ab 01.01.2017 inhaltsgleich mit § 106d) Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB V (in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2013, BGBl. I 2190; a.F.; dazu unten aa) zu Recht aufgehoben, weil der Kläger Leistungen gegenüber der GKV und sonstigen Leistungsträgern unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat; die Tatbestandsvoraussetzungen des § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. sind deswegen erfüllt (dazu unten bb). Auf Vertrauensschutz kann sich der Kläger nicht berufen (dazu unten cc). Die (hier teilweise anzuwendende) einjährige Rücknahmefrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt (dazu unten dd). Ermessen hat die Beklagte nicht ausüben müssen (dazu unten ee). Verfassungsrechtliche Bedenken (im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) bestehen nicht (dazu unten ff). Die Beklagte hat das zu viel gezahlte Honorar gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu Recht zurückgefordert (dazu unten gg).

aa) Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung ist, nachdem insoweit auf die aufzuhebenden Zeiträume abzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, in juris), hier § 106a Abs. 2 SGB V a.F ... Diese Vorschrift verdrängt - wie das BSG in seinem Urteil vom 24.10.2018 (- B 6 KA 34/17 R -, in juris) klargestellt hat - als bereichsspezifische Sondervorschrift unabhängig von der Wahrung oder Nichtwahrung der Ausschlussfrist die allgemeine Befugnisnorm für eine Rücknahme rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakte in § 45 SGB X. Nach § 37 Satz 1 SGB I beruht die Verdrängungswirkung nicht darauf, dass im konkreten Einzelfall alle Voraussetzungen der Sonderregelung tatsächlich erfüllt sind, sondern vielmehr auf der Spezialität des Anwendungsbereichs einer abstrakt-generellen Regelung, die in den übrigen Büchern des Sozialgesetzbuchs enthalten ist. Nach der im GMG erfolgten Kodifizierung der zuvor nur in den Bundesmantelverträgen auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 SGB V vereinbarten Berichtigungsvorschriften (dazu BSG, Urteil vom 12.12.2001 - B 6 KA 3/01 R -, in juris) enthält § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. keine weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für die Korrektur eines Honorarbescheids als eben dessen sachliche oder rechnerische Unrichtigkeit bzw. Rechtswidrigkeit (ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. BSG, Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 33/16 R -, in juris). In dieser Form geht § 106a SGB V a.F. als Sonderregelung den allgemeinen Korrekturvorschriften des SGB X vor. Auch in den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren finden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Vorschrift lediglich für solche Berichtigungen einschlägig sein soll, die innerhalb der vierjährigen Ausschlussfrist vorgenommen werden (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 34/17 R -, in juris).

bb) Die Tatbestandsvoraussetzzungen des § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. für die sachlich-rechnerische Richtigstellung der zu den Quartalen 4/2008 bis 3/2016 ergangenen Honorarbescheide sind erfüllt; der Kläger hat die gegenüber der Beklagten abgerechneten Leistungen rechtswidrig erbracht.

Nach § 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Krankenkassen die Rechtmäßigkeit und Plausibilität in der vertragsärztlichen Versorgung. Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität und die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.).

Einzelheiten der Plausibilitätsprüfung ergeben sich aus den KBV-RL (hier in der Fassung vom 01.07.2013), die die Partner der Bundesmantelverträge auf Grundlage des § 106a Abs. 6 SGB V a.F. vereinbart haben. Nach § 5 Abs. 1 KBV-RL stellt die Plausibilitätsprüfung ein Verfahren dar, mit dessen Hilfe auf Grund bestimmter Anhaltspunkte und vergleichender Betrachtungen die rechtliche Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen vermutet werden kann. Anhaltspunkte für eine solche Vermutung sind Abrechnungsauffälligkeiten. Diese sind durch die Anwendung von Aufgreifkriterien mit sonstigen Erkenntnissen aus Art und Menge der abgerechneten ärztlichen Leistungen zu gewinnende Indizien, die es wahrscheinlich machen, dass eine fehlerhafte Leistungserbringung zu Grunde liegt. Nach § 7 Abs. 1 KBV-RL werden Plausibilitätsprüfungen von der Kassenärztlichen Vereinigung als regelhafte Prüfungen (§ 7 Abs. 2 KBV-RL) durchgeführt, die sich auf die Feststellung von Abrechnungsauffälligkeiten (§ 5 Abs. 1 Satz 3 KBV-RL) erstreckt. Wenn die Kassenärztliche Vereinigung auf Grund der Plausibilitätsprüfung allein oder in Verbindung mit weiteren Feststellungen zu dem Ergebnis kommt, dass die Leistungen fehlerhaft abgerechnet worden sind, führt die Kassenärztliche Vereinigung ein Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigstellung durch (§ 5 Abs. 2 Satz 1 KBV-RL); die auf Grund einer Plausibilitätsprüfung festgestellten Abrechnungsfehler führen in vollem Umfang zur Abrechnungskorrektur (Hess in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2016, zu § 106a SGB V, Rn. 6).

Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (BSG, Urteil vom 16.05.2018 - B 6 KA 16/17 R -, in juris). Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat (BSG, Urteil vom 22.03.2006 - B 6 KA 76/04 R -, in juris). Hierunter rechnet u.a. neben dem Fehlansatz einzelner Leistungstatbestände, der Abrechnung fachfremder Leistungen auch die Abrechnung von Leistungen, die entgegen der Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung nicht vom Arzt persönlich erbracht wurden (vgl. Clemens in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 106d Rn. 103).

Hierzu gehören auch Fälle, in denen sich der Arzt vertragsärztliches Honorar verschafft, das er bei Beachtung der vertragsärztlichen Pflichten (hier § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV) nicht hätte erzielen können. Einen solchen auf pflichtwidriger Verhaltensweise beruhenden Honoraranteil darf die Beklagte sachlich-rechnerisch richtigstellen und insoweit bereits ausgezahltes Honorar zurückfordern. Entgegen der Auffassung des Klägers ist sie nicht darauf beschränkt, den Pflichtenverstoß disziplinarisch zu ahnden und/oder auf die Entziehung der Zulassung hinzuwirken (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, in juris), was sie vorliegend unabhängig davon getan hat.

Die Leistungen auf die sich die Honorarrückforderung bezieht, sind vom Kläger nicht in freier Praxis erbracht worden.

Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV hat der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in "freier Praxis" auszuüben. Der Begriff der "freien Praxis" ist durch zahlreiche Entscheidungen (siehe hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 7/09 R -, in juris m.w.N.) weiter konkretisiert worden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat den Kerngehalt dieses Begriffes in verschiedenen Entscheidungen dahingehend umschrieben, dass der Arztberuf durch ein hohes Maß an eigener Verantwortlichkeit und eigenem Risiko in wirtschaftlicher Beziehung charakterisiert sei (BVerfG, Beschluss vom 16.06.1959 - 1 BvR 71/57 -, in juris). Das Berufsbild der freiberuflich Tätigen trage im Ganzen den "unternehmerischen Zug", der auf Selbstverantwortung, individuelle Unabhängigkeit und eigenes wirtschaftliches Risiko gegründet sei (BVerfG, Beschluss vom 25.02.1960 - 1 BvR 239/52 -, in juris). Der frei praktizierende Arzt habe die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, könne insbesondere seine Arbeitszeit frei einteilen, er trage aber auch das volle wirtschaftliche Berufsrisiko (BVerfG, Beschluss vom 23.07.1963 - 1 BvL 1/61 -, in juris). Mithin wird eine Tätigkeit in "freier Praxis" unzweifelhaft durch die Merkmale individuelle Unabhängigkeit und Tragung des wirtschaftlichen Risikos konkretisiert. Das Merkmal der "freien Praxis" erfordert - so das BSG - mehr, als nach den §§ 705 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Stellung als Gesellschafter erforderlich ist. Die vertragsärztliche Tätigkeit muss in beruflicher und persönlicher Selbstständigkeit gesichert sein; erhebliche Einflussnahmen Dritter müssen ausgeschlossen sein; insbesondere darf nicht in Wahrheit ein verstecktes Angestelltenverhältnis vorliegen (BSG, Urteil vom 28.11.2007 - B 6 KA 26/07 R -, in juris). Zur erforderlichen eigenverantwortlichen Gestaltung ärztlicher Tätigkeit gehört es, dass der Arzt ein wirtschaftliches Risiko trägt, insoweit es maßgebend von seiner Arbeitskraft abhängen muss, in welchem Umfang seine freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt (BSG, Urteil vom 16.03.1973 - 6 RKa 23/71 -, in juris - betreffend Facharzt für Laboratoriumsmedizin). Zudem muss der Arzt die Befugnis haben, den medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen zu gestalten sowie über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf. auch über den Einsatz von Hilfspersonal zu disponieren oder jedenfalls an der Disposition mitzuwirken (BSG, Urteil vom 16.03.1973 - 6 RKa 23/71 -, in juris). Somit beinhaltet die Tätigkeit in "freier Praxis" zum einen eine wirtschaftliche Komponente - die Tragung des wirtschaftlichen Risikos wie auch eine Beteiligung an den wirtschaftlichen Erfolgen der Praxis - und zum anderen eine ausreichende Handlungsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht (so auch BSG, Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 31/16 R -, in juris). Für das Maß an Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, das einem Arzt bei der von ihm bei seinem Antrag auf Zulassung geplanten und dann ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit verbleibt, können zivilrechtliche Vereinbarungen, die er bezogen auf die Arztpraxis getroffen hat, Bedeutung haben. Dies gilt nicht nur für Gemeinschaftspraxen (hierzu siehe BSG, Urteil vom 28.11.2007 - B 6 KA 26/07 R -, in juris), sondern auch in anderen Fällen, etwa dann, wenn einem Arzt die Praxisräume und -ausstattung von einem anderen zur Verfügung gestellt werden und dieser sich erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Praxisausstattung und den Praxisbetrieb vorbehält. In solchen Fällen ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, aber ggf. auch der Sozialgerichte und der Kassenärztliche Vereinigungen, die zivilrechtlichen Verhältnisse in die Überprüfung einzubeziehen (hierzu BSG, Urteil vom 28.11.2007 - B 6 KA 26/07 R -, in juris).

Die dargestellten Voraussetzungen einer Tätigkeit in "freier Praxis" waren im Fall des Klägers seit Abschluss des Kooperationsvertrags mit dem D. K. e.V. am 27.10.2007 nicht mehr erfüllt. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht mehr berechtigt, Leistungen zu Lasten der GKV und sonstiger Kostenträger gegenüber der Beklagten abzurechnen, selbst wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden sind.

Der Kläger hat im Rahmen dieses Vertrages die Nutzungsrechte über die gesamten sächlichen Mittel (Geräte und Einrichtungen) des Praxisbetriebes an das medizinische Labor abgetreten (Ziffer 1 des Kooperationsvertrages), so dass der D. K. e.V. sogar den allgemeinen Praxisbetrieb garantiert (Ziffer 3 des Kooperationsvertrages). Der Kläger hat damit seine gesamte Dispositionsbefugnis über die sächlichen Mittel der Praxis verloren. Offen bleibt, ob er seinen medizinischen Auftrag danach noch nach seinem eigenen Ermessen gestalten konnte, wie es Ziffer 2 des Kooperationsvertrages eigentlich sicherstellen sollte. Eine persönliche Selbstständigkeit des Klägers war zumindest wegen Ziffer 3 des Kooperationsvertrages ausgeschlossen, da der Kläger aufgrund der Einflussnahme eines Dritten, nicht mehr über den allgemeinen Praxisbetrieb entscheiden konnte. Das Tragen eines unternehmerischen Risikos durch den Kläger war zudem bereits deswegen nahezu ausgeschlossen, da der Verein in sämtliche für die Bewirtschaftung des medizinischen Labors erforderliche bestehenden Rechte und Pflichten zur Führung der Geschäfte eintrat (Ziffer 2 des Kooperationsvertrages) und sich für alle Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Kooperation verantwortlich zeigte (Ziffer 3 des Kooperationsvertrags). Der D. K. e.V. übernahm darüber hinaus nach dem Punkt "Leistungen der D. K. e.V." die wirtschaftliche Leitung des medizinischen Labors. Auch war der Kläger nicht an den Überschüssen (über 34.000,00 EUR) beteiligt (Ziffer 4 des Kooperationsvertrages/Leistungen der D. K. e.V.). Er konnte über den Einsatz der Überschüsse nicht frei verfügen. Diese dienten nur dem satzungsmäßigen Vereinszweck (Ziffer 4 des Kooperationsvertrages). Die Chancen, am beruflichen Erfolg teilzuhaben, waren damit für den Kläger ausgeschlossen.

Abgesehen von der ausreichenden Handlungsfreiheit und der fehlenden wirtschaftlichen Komponente handelt es sich bei der vom Kläger gewählten Kooperation auch nicht um eine nach Maßgabe der Ärzte-ZV zulassungsrechtlich zulässige Kooperationsform.

Diese Feststellung des Senats stimmt auch mit den Wertungen des BA im Zulassungsentziehungsverfahren überein. Die mit Beschluss vom 19.06.2015 von Amts wegen erfolgte Entziehung der Zulassung wurde durch den Beschluss des BA vom 22.04.2016 und das rechtskräftige Urteil des SG vom 16.11.2017 (S 20 KA 5679/16) bestätigt. In seinem Schreiben vom 31.10.2015 an den ZA hatte der Kläger in diesem Zusammenhang eingeräumt, dass der D. K. e. V. den Zahlungsverkehr und die Finanzbuchhaltung übernommen hat, was ebenfalls ein Tätigwerden des Klägers in "freier Praxis" ausschließt.

Zuletzt spricht auch die vom Kläger am 24.06.2013 abgegebene Vermögensauskunft gegen eine in freier Praxis ausgeübte vertragsärztliche Tätigkeit. Darin hatte der Kläger erklärt, dass er lediglich für eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 900,00 EUR für das medizinische Labor unter der Leitung des D. K. e. V. tätig sei. Damit hat er jegliches unternehmerische Risiko an den Verein delegiert. Soweit der Kläger dazu vorgetragen hat, er habe die eidesstattliche Versicherung widerrufen, so ist ihm entgegenzuhalten, dass das Amtsgericht St. als Vollstreckungsgericht mit Beschluss vom 09.07.2013 (2 M 54 .../13) dies als Erinnerung gewertet und als solche zurückgewiesen hat.

Dieser Rechtsverstoß rechtfertigt die von der Beklagten verfügte nachgehende Richtigstellung der Honorarbescheide für die Quartale 4/2008 bis 3/2016. Die Honorarbescheide sind ersichtlich nicht wegen der Unrichtigkeit der Abrechnungssammelerklärungen (vollständig) aufgehoben worden, man hat die Honorarfestsetzungen u.a. wegen der Verletzung des Gebots des Tätigwerdens in freier Praxis aufgehoben. Auf ein Verschulden des Klägers kommt es daher nicht an (BSG, Urteil vom 22.03.2016, - B 6 KA 76/04 R -, in juris). Im Übrigen hat der Kläger jedenfalls grob fahrlässig gehandelt, da die Rechtsmissbräuchlichkeit des Tätigwerdens in Zusammenarbeit mit dem D. K. e.V. auch für ihn offenkundig war.

cc) Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen der nachträglichen Korrektur der Honorarbescheide nicht entgegen. Der (hier für die Quartale 4/2008 bis 3/2012 einschlägige) Vertrauensausschluss-tatbestand des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ist erfüllt.

Der Vertragsarzt kann auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides grundsätzlich nicht vertrauen. Die Rechtsprechung hat jedoch Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (im Einzelnen BSG, Urteil vom 28.08.2013 – B 6 KA 50/12 R –; BSG, Urteil vom 14.12.2005 – B 6 KA 17/05 R –; beide in juris). Ein solcher Ausnahmefall kann etwa angenommen werden, wenn die Kassenärztliche Vereinigung bei Erlass des Honorarbescheids auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung nicht hingewiesen und dadurch schutzwürdiges Vertrauen bei den Vertragsärzten hervorgerufen hat oder wenn die Fehlerhaftigkeit des Honorarbescheids aus Umständen herrührt, die die besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertragsärztlicher Honorierung nicht konkret berühren (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 50/12 R - und Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 39/15 R -; beide in juris). Einer der genannten Fälle ist vorliegend nicht gegeben. Auch sonstige Vertrauensgesichtspunkte, auf die sich der Kläger stützen könnte, sind nicht ersichtlich.

Der Honorarrückforderung der Beklagten steht für die streitbefangenen Quartale auch nicht der Ablauf der Ausschlussfrist entgegen. Das Recht (und die Pflicht) der KV zur Berichtigung bereits erlassener Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung) unterliegt nicht der Verjährung. Allerdings gilt für die nachgehende Richtigstellung eine (an das Verjährungsrecht angelehnte) Ausschlussfrist von vier Jahren (vgl. etwa BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 35/12 R -, in juris, m. w. N.). Daran hat sich durch die Einfügung eines neuen § 106d Abs. 5 Satz 3 SGB V mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 06.05.2019 (BGBl. I 646) nichts geändert. Die am 11.05.2019 in Kraft getretene Neuregelung bestimmt, dass die Maßnahmen, die aus den Prüfungen nach § 106d Abs. 2 bis 4 SGB V folgen, innerhalb von zwei Jahren "ab Erlass" des Honorarbescheides festgesetzt werden müssen. Diese Verkürzung der Ausschlussfrist greift hier indes nicht ein, weil sie nicht für Prüfzeiträume gilt, die vor dem Inkrafttreten von Gesetzesneufassungen abgeschlossen waren (BSG, Urteil vom 15.05.2019 - B 6 KA 63/17 R -, in juris).

Die Vierjahresfrist nach Bekanntgabe (dazu BSG, Urteil vom 28.03.2007, - B 6 KA 22/06 R -, in juris) der Honorarbescheide für die Quartale 4/2008 bis 3/2012 (Bescheid für das Quartal 4/2008 erging am 15.04.2009, Bescheid für das Quartal 3/2012 erging am 15.01.2013) ist bei Erlass des Richtigstellungsbescheids vom 20.02.2017 (unstreitig) verstrichen gewesen. Rechtshandlungen, die eine Hemmung der Ausschlussfrist bewirkt haben könnten, sind nicht ersichtlich (vgl. dazu BSG, Urteil vom 20.03.2013 - B 6 KA 17/12 R -, in juris).

Auch nach Ablauf der Ausschlussfrist kommt aber eine Richtigstellung von Honorarbescheiden auf der Grundlage von § 106a Abs. 2 SGB V a.F. weiterhin in Betracht, wenn einer der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB X erfüllt ist. Dies ist vorliegend der Fall.

Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X kann sich der (durch den Verwaltungsakt) Begünstigte (hier der Vertragsarzt) nicht auf Vertrauensschutz berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Notwendig ist insoweit, dass schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und daher nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall (hier) dem an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen (hier) des Arztes sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (allgemein zu § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.03.2016, - L 1 AS 296/15 -, in juris Rdnr. 82 m.w.N.).

Davon ausgehend hat der Kläger nach Auffassung des Senats (zumindest) grob fahrlässig verkannt, dass er die streitigen Behandlungsleistungen nicht in "freier Praxis" erbracht hat und ihm deshalb Honorar hierfür nicht zustehen kann (zu einem Fall grob fahrlässigen Verhaltens eines Vertragsarztes auch etwa BSG, Urteil vom 23.06.2010, - B 6 KA 7/09 R -, in juris). Der Kläger ist zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen gewesen. Ihm ist klar gewesen, dass er durch die Übertragung der Befugnisse auf den D. K. e. V. jegliches unternehmerische Risiko an den Verein delegiert hat. Dies hat er erst während des laufenden Widerspruchsverfahrens gegenüber der Beklagten offengelegt; etwaige (sofern überhaupt gehegte) Zweifel wären zur Vermeidung des Vorwurfs grob fahrlässigen Handelns ggf. durch Nachfrage bei der Beklagten auszuräumen gewesen. Nach Auffassung des Senats hat der Kläger aber auch gewusst, dass seine Vorgehensweise nicht zulässig ist. Denn wie sich aus dem rechtskräftigen Urteil des SG vom 16.11.2017 im Verfahren hinsichtlich der Entziehung seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ergibt, war der Kläger nicht bereit, sich in das vertragsärztliche System zu integrieren. Wenn er stattdessen - wie hier - eigenmächtig vorgeht, läuft er Gefahr, zulassungswidrig (wenngleich im Übrigen - teilweise - ordnungsgemäß) erbrachte Leistungen nicht vergütet zu erhalten.

dd) Die einjährige Rücknahmefrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist gewahrt. Danach muss die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der dies rechtfertigenden Tatsachen vorgenommen werden.

Die Vorschrift des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist in Fällen der vorliegenden Art anzuwenden. Davon geht das BSG im Urteil vom 12.12.2012 (- B 6 KA 35/12 R -, in juris Rdnr. 22) und im Urteil vom 24.10.2018 (- B 6 KA 34/17 R -, in juris) - ohne Weiteres - aus. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung an. Die einjährige Rücknahmefrist dient im Ausgangspunkt der Rechtssicherheit (dazu im Hinblick auf die Voraussetzungen des Fristbeginns etwa BSG, Urteil vom 25.01.1994, - 7 RAr 14/93 -, in juris Rdnr. 28), gibt dem von der Rücknahme des Verwaltungsakts Betroffenen (damit) zugleich aber auch Vertrauensschutz in verfahrensrechtlicher Hinsicht, da er nach Ablauf der Rücknahmefrist mit einer Rücknahmeentscheidung nicht mehr rechnen muss; die Vertrauensausschlusstatbestände in § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB X haben demgegenüber die Gewährung von Vertrauensschutz in materiell-rechtlicher Hinsicht zum Gegenstand. Beide Vertrauensschutzregelungen sind für den Vertrauensschutz bei nachgehender Richtigstellung von Honorarbescheiden nach Ablauf der Vierjahresfrist (entsprechend) anzuwenden (BSG, Urteil vom 28.08.2013, - B 6 KA 50/12 R -, in juris Rdnr. 24). Da Vertrauensschutz nach Maßgabe des § 45 SGB X vor Ablauf der Vierjahresfrist nicht in Betracht kommt (dazu ebenfalls BSG, a.a.O.), kann die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X vor Ablauf der Vierjahresfrist nicht beginnen (vgl. auch jurisPK-SGBV/Clemens (2012) § 106a Rdnr. 85).

Die den Beginn der Jahresfrist bestimmende Kenntnis ist anzunehmen, wenn mangels vernünftiger objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen besteht (BSG Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 47/16 R -, juris); hierzu gehören auch alle Tatsachen, die die besonderen Rücknahmevoraussetzungen (z.B. fehlender Vertrauensschutz) beschreiben (BSG, Urteil vom 20.12.2012 - B 10 LW 2/11 R - und Urteil vom 24.10.2018 - B 6 KA 34/17 R -, beide in juris).

Die Beklagte hat von dem Sachverhalt, der der zulassungswidrigen Leistungserbringung durch den Kläger zugrunde liegt, bzgl. des Jahres 2015 im Zuge der im März 2016 begonnen Prüfung der Honorarabrechnungen des Klägers erfahren. Die für die Kenntnis erforderliche hinreichend sichere Informationsgrundlage hat die Beklagte aber erst durch Vorlage des Vertrags mit dem D. K. e. V. durch den Kläger mit Schreiben vom 30.05.2017 im Verlauf des Widerspruchsverfahrens erhalten. Erst ab diesem Zeitpunkt war ihr hinreichend sicher bekannt, dass der Kläger seine Tätigkeit seit Abschluss des Vertrages am 20.10.2007 nicht in "freier Praxis" ausübte. Die Beklagte hat im Gegensatz zum Bescheid vom 20.02.2017 ihre Entscheidung im Widerspruchsbescheid vom 19.03.2018 (fast) ausschließlich auf diesen Aspekt gestützt. Die Tatsache, dass sie bereits zuvor durch den Beschluss des BA vom 22.04.2016 ansatzweise Informationen hierüber erhalten hatte, ändert hieran nichts. Denn eine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich der besonderen Rücknahmevoraussetzungen war bis zur Vorlage des Vertrags noch nicht vorhanden.

ee) Der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.03.2018 steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte kein Ermessen ausgeübt hat. Ermessen musste die Beklagte bei Erlass des Richtigstellungsbescheids nicht ausüben (BSG, Urteil vom 24.10.2018 – B 6 KA 34/17 R –, in juris).

ff) Verfassungsrechtliche Bedenken (im Hinblick auf die Bindung der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit an eine Tätigkeit in "freier Praxis" und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) bestehen nicht (dazu BSG, Urteil vom 23.06.2010, - B 6 KA 7/09 R -, in juris Rdnr. 64, 66 ff.).

Die rückwirkende Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale 4/2008 bis 3/2016 und die Pflicht zu vollständiger Erstattung des zu Unrecht erhaltenen Honorars ist (insbesondere) auch (im engeren Sinne) verhältnismäßig (angemessen), da bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist. Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Systems der vertragsärztlichen Versorgung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Rechtsfolge nicht aus Umständen resultiert, die vom Kläger nicht zu beeinflussen sind, wie etwa das Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze oder eines bestimmten Versorgungsgrades in einem Planungsgebiet. Vielmehr hat der Kläger die Ursache selbst gesetzt, indem er sich bewusst und in zumindest möglicher Kenntnis der Folgen bzw. (Vergütungs-)Risiken für die gewählte Form der Leistungserbringung in Zusammenarbeit mit dem D. K. e.V. entschieden hat. Zudem ist die Rechtsfolge unvermeidlich, um die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion, zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden. Daher steht dem Vertragsarzt für Leistungen, die nicht gemäß den Bestimmungen des Vertragsarztrechts erbracht worden sind, auch kein Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu. Denn die Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt die rechtswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. Dies gilt selbst dann, wenn bei Wahl der rechtmäßigen Gestaltungsform der Honoraranspruch ebenso hoch gewesen wäre (so: BSG, Urteil vom 23.06.2010, - B 6 KA 7/09 R -, in juris Rdnr. 67).

f) Die Beklagte hat das zu viel gezahlte Honorar zu Recht vom Kläger zurückgefordert. Das folgt aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen - hier gezahlte Honorare - zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt - wie die Honorarbescheide für die Quartale 4/2008 bis 3/2016 - aufgehoben worden ist. Ermessen ist nicht auszuüben (vgl. von Wulffen/Schütze, SGB X § 50 Rdnr. 18).

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt den Umstand, dass der Widerspruch des Klägers nur deshalb keinen Erfolg gehabt hat, weil die Verletzung des Anhörungsmangels nach § 41 SGB X unbeachtlich ist (BSG, Urteil vom 24.10.2018 – B 6 KA 34/17 R –, in juris, Rn. 37).

6. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

7. Die Festsetzung des Streitwerts - auch für das Verfahren vor dem SG - beruht auf § 52 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
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