L 11 KR 1934/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 5806/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1934/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine ehemalige deutsche Staatsangehörige, die jetzt die kanadische Staatsangehörigkeit besitzt und ihren Wohnsitz (wieder) in Deutschland hat, ist nicht gemäß § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.05.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin nach § 5 Abs 1 Nr 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig ist.

Die 1939 geborene Klägerin war zunächst deutsche Staatsangehörige. Sie lebte ab 1986 in Kanada. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie nach ihren Angaben bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Die Klägerin erwarb die kanadische Staatsangehörigkeit, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt sie nicht mehr. Seit Juni 2004 bezieht sie Regelaltersrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, zudem erhält sie eine kanadische Rente.

Die Klägerin beabsichtigte, nach Deutschland zurückzukehren. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 13.04.2016 zur Vorlage bei der Ausländerbehörde mit, dass der Antrag auf Versicherungsschutz nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V geprüft werde. Voraussetzung seien eine Anmeldebestätigung aus Deutschland und ein Aufenthaltstitel für mindestens 12 Monate.

Im Mai 2016 zog die Klägerin nach Deutschland. Sie legte der Beklagten eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 38 Abs 1 Nr 2, Abs 2 und 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) für ehemalige Deutsche für die Zeit vom 17.06.2016 bis 16.06.2017 vor. Der Sohn der Klägerin teilte der Beklagten mit, dass die Ausländerbehörde den Titel erst dann auf unbefristet setzen werde, wenn die Klägerin bei der Krankenkasse sei. Er machte sinngemäß eine Falschberatung durch die Beklagte geltend.

Mit Bescheid vom 05.07.2016 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V ab, da die Aufenthaltserlaubnis nicht länger als ein Jahr ausgestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 06.10.2016 lehnte die Beklagte eine Versicherung in der Krankenversicherung der Rentner ab, da die Klägerin nicht mindestens neun Zehntel in der zweiten Hälfte der Rahmenzeit gesetzlich krankenversichert gewesen sei.

Die Klägerin beantragte am 04.10.2016 erneut die Pflichtversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V.

Mit Bescheid vom 06.12.2016 lehnte die Beklagte die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V mit der bereits genannten Begründung erneut ab.

Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. In einem Untätigkeitsklageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (SG, Az: S 19 KR 2781/18) anerkannte die Beklagte die Verpflichtung zur Bescheidung des Widerspruches. Zugleich forderte sie die Vorlage eines aktuellen Aufenthaltstitels mit einer Befristung von mehr als 12 Monaten, für den keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe. Die Klägerin legte in der Folge keine weiteren Unterlagen vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass bislang kein Nachweis über die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung von mehr als 12 Monaten, für die keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe, vorgelegt worden sei.

Die Klägerin legte am 22.11.2018 eine bis 23.12.2018 gültige Fiktionsbescheinigung vom 02.03.2018 vor, wonach der bisherige Aufenthaltstitel als fortbestehend galt.

Die Beklagte wies mit Schreiben vom 06.12.2018 darauf hin, selbst wenn man die Fiktionsbescheinigung als eigenständigen Aufenthaltstitel oder jedenfalls eine gleichwertige Bescheinigung ansehen wolle, liege kein Aufenthaltstitel mit einer Befristung von mehr als zwölf Monaten vor. Jeder neue Aufenthaltstitel sei hierbei für sich selbst getrennt zu beurteilen. Auch sei kein Nachweis erbracht worden, dass keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes bestehe.

Mit Schreiben vom 11.12.2018 wies das Landratsamt B.-H. die Beklagte aus Anlass dieses Verfahrens auf das zusätzliche Erfordernis einer Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes hin. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass Ausländern immer wieder von der Beklagten suggeriert werde, sie könnten in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden, wenn sie nur einen Aufenthaltstitel für mehr als 12 Monate vorlegten. Die Erteilung des Aufenthaltstitels setze im Regelfall die Sicherung des Lebensunterhaltes voraus. Hierzu gehöre auch eine Krankenversicherung ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels verlange damit vorab den Nachweis einer Krankenversicherung. Selbst wenn die Ausländerbehörde zusagen würde, einen Aufenthaltstitel von mehr als 12 Monaten Dauer zu erteilen, wäre auch die Sicherung des Lebensunterhaltes Voraussetzung. Eine Besonderheit, um im hiesigen Fall von diesem Erfordernis absehen zu können, sei nicht zu erkennen.

Die Klägerin hat am 12.12.2018 Klage zum SG erhoben. Sie führt aus, die Aufenthaltstitel bzw Fiktionsbescheinigungen seien durchweg nahtlos ausgestellt worden, aktuell gültig bis 09.03.2019. Die Ausländerbehörde fordere vor Erteilung des Aufenthaltstitels einen Nachweis einer Krankenversicherung. Zugleich fordere die Beklagte vor Bescheinigung der Versicherungspflicht einen Aufenthaltstitel. Die Voraussetzungen seien gegeben, da die Klägerin über erhebliches Vermögen (448.423 EUR) und ein entsprechendes Einkommen (2.710,22 EUR monatlich) verfüge.

Die Beklagte hat erwidert, die Ausführungen der Klägerin, sobald eine Versicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V durchgeführt werde, könne auch ein (unbefristeter oder jedenfalls längerer) Aufenthaltstitel gewährt werden und deshalb sei der Krankenversicherungsschutz durch die Beklagte zu bestätigen, enthielten einen unzutreffenden Zirkelschluss. Der mit der Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhaltes verbundene Nachweis einer Krankenversicherung sei vor der Erteilung des Aufenthaltstitels zu führen, nicht danach.

Die Klägerin hat am 27.02.2019 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Mit Beschluss vom 04.03.2019 hat das SG den Antrag abgelehnt (S 16 KR 928/16 ER). Die dagegen eingelegte Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 23.04.2019 (L 11 KR 1132/19 ER-B) zurückgewiesen.

Mit Gerichtsbescheid vom 15.05.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht nach dem SGB V versicherungspflichtig. Die Versicherungspflicht nach dem allein in Betracht kommenden § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V setze angesichts der kanadischen Staatsangehörigkeit der Klägerin voraus, dass diese über eine Niederlassungs- oder Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als 12 Monate nach dem AufenthG verfügt und für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG besteht (§ 5 Abs 11 SGB V). Nach § 2 Abs 3 Satz 1 AufenthG sei der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten könne; hierzu gehöre auch eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Von einer Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts werde auch im Falle der Klägerin aufenthaltsrechtlich nicht abgesehen, was nach § 38 Abs 3 AufenthG in besonderen Fällen möglich wäre. Auch ehemalige Deutsche mit Aufenthaltstitel nach § 38 Abs 2 AufenthG seien daher verpflichtet, einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz selbst herzustellen, was eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V ausschließe. Die Fiktionsbescheinigung ändere nichts an der Befristung der vorangegangenen Aufenthaltserlaubnis auf nicht mehr als ein Jahr. Die im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Falschberatung durch die Beklagte könne daran nichts ändern. Zwar könne dem Schreiben der Beklagten vom 13.04.2016 entnommen werden, dass ein Aufenthaltstitel für mehr als 12 Monate ausreichen solle, um die Pflichtversicherung zu begründen. Dies sei jedoch eine zumindest verkürzte Darstellung, da als weitere Voraussetzung die fehlende Abhängigkeit des Aufenthaltstitels von der Sicherung des Lebensunterhalts bestehe. Im Übrigen erfordere ein Herstellungsanspruch, dass nachteilige Folgen für den Betroffenen durch rechtmäßiges Verwaltungshandeln beseitigt werden könnten. Dies sei hier nicht der Fall, da die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V nicht gegeben seien.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 18.05.2019 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 13.06.2019 eingelegte Berufung der Klägerin. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der die Lebensunterhaltssicherung voraussetze, verlange immer den Nachweis einer Krankenversicherung. In der Folge sei festzuhalten, dass die Ausländerbehörde einen Nachweis der Krankenversicherung vor Erteilung des Aufenthaltstitels und gleichzeitig die Beklagte den Aufenthaltstitel vor Feststellung der Versicherungspflicht vorgelegt haben wolle. Eine Aufenthaltsgenehmigung werde ausgestellt, sobald der Krankenversicherungsschutz durch die Beklagte garantiert werde. Dies dürfte zumindest unter der Bedingung möglich sein, dass in der Folge auch eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werde.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 15.05.2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin gemäß § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf den Beschluss des Senats vom 23.04.2019 (L 11 KR 1132/19 ER-B). § 5 Abs 11 Satz 1 SGB V verlange, dass für die Erteilung des Aufenthaltstitels keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG bestehe. Auch wenn die Klägerin aus ihrem Vermögen die Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts erfüllen könne, entfalle diese Verpflichtung jedoch nicht, sondern bleibe auch weiterhin nach dem Aufenthaltsgesetz bestehen. Es liege kein Fall vor, bei dem von der Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts abgesehen werde.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 06.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.11.2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Durchführung einer (Pflicht-)Versicherung bei der Beklagten.

Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs 1, 55 SGG). Auf die Ausführungen des SG hierzu wird Bezug genommen (§ 153 Abs 2 SGG).

Für die Durchführung der Versicherung kommt als Grundlage nur § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V in Betracht. Nach dieser Vorschrift über die sog Auffangversicherung sind Personen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in § 5 Abs 5 SGB V oder den in § 6 Abs 1 oder 2 SGB V genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Nach § 5 Abs 11 Satz 1 SGB V werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG besteht.

Die Klägerin war zwar nach ihren Angaben zuletzt in Deutschland gesetzlich krankenversichert und hat derzeit keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall. Ein Anspruch auf Durchführung der Pflichtversicherung der Klägerin scheitert jedoch daran, dass sie nicht zu dem Kreis ausländischer Personen gemäß § 5 Abs 11 SGB V gehört, für den eine Auffangversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V in Betracht kommt.

Die Klägerin ist als kanadische Staatsangehörige nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz. Die Klägerin ist nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels, für dessen Erteilung keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG besteht.

Der der Klägerin nach § 38 Abs 1 Nr 2, Abs 2 und 5 AufenthG für die Zeit vom 17.06.2016 bis 16.06.2017 erteilte Aufenthaltstitel als ehemalige Deutsche setzt nach § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Die in § 5 Abs 3 AufenthG genannten Ausnahmen von dieser Anforderung liegen nicht vor. Nach § 2 Abs 3 Satz 1 AufenthG ist der Lebensunterhalt gesichert, wenn der Ausländer ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann.

Auf die Frage, ob die Klägerin ihren Lebensunterhalt tatsächlich selbst sichern kann, kommt es hierbei nicht an. Maßgeblich ist, ob eine gesetzliche Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts als Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltstitels besteht. Es ist dabei allein auf die Gesetzeslage und nicht darauf abzustellen, ob bzw wie die Ausländerbehörde diesen konkreten Fall bei Erteilung oder Versagung eines Aufenthaltstitels umgesetzt hat (vgl BSG 03.07.2013, B 12 KR 2/11 R, SozR 4-2500 § 5 Nr 20 = juris Rn 20). § 5 Abs 11 SGB V nimmt allein auf die in § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG vorgesehene Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts Bezug und stellt nicht darauf ab, dass der Betroffene zur Sicherstellung in der Lage ist. Die Vorschrift knüpft allein an die abstrakt vorgesehene Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts als Voraussetzung für die Erteilung des Aufenthaltstitels an. Dies steht auch mit dem Sinn und Zweck der Norm in Einklang. Ein Versicherungsschutz nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V ist nicht geboten in den Fällen, in denen Ausländer gemäß § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG verpflichtet sind, dafür zu sorgen, dass ihr Lebensunterhalt einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt ist. Diese Personen verfügen insoweit über eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall (vgl BT-Drs 16/3100 S 95). Es besteht daher in diesen Fällen regelmäßig kein Bedarf für die Auffangversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V.

Es entspricht der gesetzgeberischen Entscheidung, dass in Fällen, in denen die Erteilung des Aufenthaltstitels von der Sicherstellung des Lebensunterhalts einschließlich des Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln abhängig sein soll, nicht über den Weg der Auffangversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V doch eine Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu ermöglichen. Vielmehr soll die Voraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts gerade die Inanspruchnahme vermeiden.

Damit kommt für die Klägerin die Auffangversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V nicht in Betracht. Es kommt kein Aufenthaltstitel in Betracht, der keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Ab 1 Nr 1 AufenthG beinhaltet. Ein Fall des § 38 Abs 3 AufenthG, wonach in besonderen Fällen der Aufenthaltstitel abweichend von § 5 AufenthG erteilt werden kann, liegt nach dem Schreiben der Ausländerbehörde vom 11.12.2018 nicht vor. Ehemalige Deutsche, die einen Aufenthaltstitel nach § 38 Abs 2 AufenthG erhalten, sind verpflichtet, die Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich des ausreichenden Krankenversicherungsschutzes selbst sicherzustellen, was eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V ausschließt (vgl Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rn 478).

Auch die Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs 5 AufenthG ist nicht geeignet, die Voraussetzungen von § 5 Abs 11 SGB V zu erfüllen. Nach § 81 Abs 4 Satz 1 AufenthG gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend, wenn der Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt. Mit der Fiktionsbescheinigung wird diese Wirkung der Antragstellung bescheinigt (§ 84 Abs 5 AufenthG). Es gilt daher vorliegend der erteilte Aufenthaltstitel nach § 38 Abs 1 Nr 2, Abs 2 und 5 AufenthG, der die Sicherung des Lebensunterhalts zur Voraussetzung hat, als fortbestehend. Es liegt damit auch im Wege der Fiktion lediglich ein Aufenthaltstitel vor, der an die Sicherung des Lebensunterhalts anknüpft.

Aus den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ergibt sich ebenfalls kein Anspruch der Klägerin auf Durchführung einer Pflichtversicherung. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift nach den allgemeinen richterrechtlichen Grundsätzen bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist. Auf der Rechtsfolgenseite muss durch die Vornahme einer Amtshandlung des Trägers ein Zustand hergestellt werden können, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (stRspr; vgl BSG 06.11.2008, B 1 KR 8/08 R; BSG 28.09.2010, B 1 KR 31/09 R, BSGE 106, 296 = SozR 4-2500 § 50 Nr 2). Ungeachtet der Frage, ob in der unvollständigen Darstellung der Voraussetzungen für die Durchführung einer Auffangversicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 iVm Abs 11 SGB V der Beklagten in ihrem Schreiben vom 13.04.2016 eine Pflichtverletzung zu sehen ist, würde eine vollständige Beschreibung der tatbestandlichen Voraussetzung für die Durchführung der Auffangversicherung nicht zu der angestrebten Absicherung im Krankheitsfall führen. Dass die Klägerin die Voraussetzungen des § 5 Abs 11 Satz 1 SGB V nicht erfüllt, weil sie keinen auf mehr als zwölf Monate befristeten Aufenthaltstitel hat, der nicht an die Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG anknüpft, liegt nicht an der unvollständigen Mitteilung der Beklagten. Selbst wenn die Beklagte hier die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 13 iVm § 5 Abs 11 SGB V vollständig benannt hätte, könnte die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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