L 3 U 4197/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 2682/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 4197/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.09.2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Verletztenrente aufgrund eines am 28.07.2014 erlittenen Arbeitsunfalls.

Die im Januar 1971 geborene Klägerin war seit März 2005 in einer Niederlassung der A. GmbH beschäftigt. Nach einem am 22.05.2009 erlittenen (hier nicht streitgegenständlichen) Arbeitsunfall zeigte sich im MRT-Befund (21.08.2009) in der rechten Schulter ein Riss am Ansatz der Supraspinatussehne am Tuberculum majus sowie ein kleiner subacromialer Osteophyt. Die Beklagte veranlasste ein chirurgisches Sachverständigengutachten, das Dr. B. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin (17.12.2009) am 27.01.2010 erstellte. Dr. B. diagnostizierte ein Rotatorenmanschettensyndrom rechts und ein Impingementsyndrom rechts und verneinte einen Unfallzusammenhang unter Hinweis auf einen anamnestisch bestehenden Vorschaden der Rotatorenmanschette, wegen des ungeeigneten Unfallhergangs und wegen der röntgenologisch festgestellten und durch die MRT-Untersuchung bestätigten Veränderungen im AC-Gelenk. Wegen dieses Arbeitsunfalls vom Mai 2009 war zwischen den Beteiligten ein Klageverfahren beim Sozialgericht Reutlingen anhängig (S 7 U 2087/10), in dessen Rahmen Prof. Dr. C. am 17.03.2011 ein fachorthopädisch-unfallchirurgisches Sachverständigengutachten zur Zusammenhangsfrage erstellte. Der Sachverständige stellte auf seinem Fachgebiet eine unauffällige Narbenbildung, eine leichte Muskelminderung, eine hochgradige aktive Bewegungseinschränkung, Bewegungsschmerzen, eine endgradige passive Bewegungseinschränkung und eine Kraftminderung der rechten Schulter bei arthroskopisch versorgter Läsion der Rotatorenmanschette fest. Diese Gesundheitsstörungen seien mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf Alterung und verschleißbedingte Veränderungen zurückzuführen. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die Schädigung in einem kausalen Zusammenhang mit dem Ereignis vom 22.05.2009 stehe. Ab sechs Wochen seit dem Ereignis vom 22.05.2009 seien keine Unfallfolgen mehr feststellbar gewesen. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bestehe nicht.

In der Zeit vom 06.06.2012 bis 15.06.2012 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der X. Klinik Bad Z., wo ein chronisches Schmerzsyndrom der rechten Schulter bei Zustand nach subakromialer Dekompression und Supraspinatus-Refixation 2010 mit partieller Schulterteilsteife, ein V.a. eine Bizepssehnentendinitis der linken Schulter bei Überlastung, ein myotendinöser Schmerz der Schultergürtel-Nackenmuskulatur, eine Epicondylitis radialis links sowie eine depressive Anpassungsstörung diagnostiziert wurden. Die ärztlich empfohlene Behandlung mit Antidepressiva lehnte die Klägerin ab und sie wurde als arbeitsfähig entlassen. Die Entlassung erfolgte vorzeitig wegen schwerer Erkrankung des Vaters der Klägerin, der am 19.06.2012 verstarb.

Am 28.07.2014 gegen 13 Uhr folgte die zu diesem Zeitpunkt als Marktleiterin beschäftigte Klägerin laut arbeitgeberseitiger Unfallanzeige einem zuvor von ihrem Kollegen beobachteten Ladendieb, der mit gestohlener Ware den Supermarkt verlassen wollte. Als die Klägerin den Täter festhielt und dieser sich losriss, stürzte die Klägerin zu Boden, wobei sie einen brennenden Schmerz in der rechten Schulter verspürte. Laut polizeilicher Strafanzeige war der 24-jährige Beschuldigte im Supermarkt beobachtet worden, wie er Waren im Gesamtwert von 28,78 EUR in seinen Rucksack gesteckt hatte und den Markt verlassen wollte. Als die Klägerin ihn noch im Windfang eingeholt und ihn festzuhalten versucht hatte, packte der Beschuldigte sie am Arm und verdrehte ihr den Arm. Mithilfe eines Passanten konnte der Beschuldigte festgehalten und ins Büro geführt werden. Wegen starker Schmerzen im Arm begab sich die Klägerin anschließend in die Klinik. Eine am 29.07.2014 in der D. Klinik D. erstellte MRT-Aufnahme der rechten Schulter ergab keinen Nachweis akuter Traumafolgen. Die Rotatorenmanschette zeigte sich bei Z.n. Refixation der Supraspinatussehne intakt. Durchgangsarzt Dr. E. (Facharzt für Chirurgie) diagnostizierte am 31.07.2014 eine Schulterzerrung rechts und verordnete wegen schmerzhafter Bewegungseinschränkung der Schulter Physiotherapie. Die Frage, ob es Hinweise für die Entwicklung eines psychischen Gesundheitsschadens gebe, verneinte Dr. E ... Am 31.07.2014 stellte sich die Klägerin in der Abteilung für berufsgenossenschaftliche Rehabilitation und Heilverfahrenssteuerung der D. Klinik D. vor. Dort gab sie u.a. an, sie würde unruhig schlafen und an das Ereignis noch häufig zurückdenken.

Im Zwischenbericht über die Nachuntersuchung am 14.08.2014 nannte Dr. E. neben der Schulterzerrung rechts auch eine "Posttraumatische Belastungsstörung" (PTBS) und empfahl die Vorstellung bei einem Neurologen/Psychiater, die am 09.10.2014 bei Dr. F. (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) stattfand. Die Klägerin gab bei dieser Untersuchung an, seit dem 28.07.2014 seien die Finger IV und V ihrer rechten Hand pelzig und sie habe Schmerzen im rechten HWS- und Schulterbereich, die bis zum Unterarm ausstrahlten. Außerdem habe sie seit dem Ereignis Magenschmerzen, könne nicht mehr richtig schlafen und habe oft das Gefühl, keine Luft zu bekommen. Außerdem habe sie Kopfschmerzen, meist linksseitig. Sie habe Anfang dieser Woche ihre Arbeit wiederaufgenommen. Obwohl sie sich völlig erschöpft fühle, wolle sie ihre Arbeit weitermachen. Dr. F. diagnostizierte eine Anpassungsstörung mit Angst und äußerte den Verdacht auf eine Läsion des Plexus brachialis rechts sowie auf eine HWS-Wurzelläsion. Er empfahl eine Abklärung der neurologischen Situation auch im Hinblick auf eine früher erlittene Schulter-Arm-Verletzung. Bereits am 30.09.2014 hatte der D-Arzt Dr. G. den Verdacht auf eine Nervenkompression der HWS geäußert und die Zuziehung eines Radiologen veranlasst. Eine daraufhin am 13.10.2014 erstellte Kernspintomographie der HWS (Dres. med. H.) ergab leichte akute Osteochondrosen mit Endplattenödem als Überlastungszeichen im Segment C6/7 rechts, eine chronische Osteochondrose bei C 5/6 sowie leichte dorsale Bandscheibenprotrusionen beider Segmente ohne wesentlichen Kompressionseffekt.

Am 31.10.2014 stellte sich die Klägerin notfallmäßig bei Dr. F. vor, da sie am Arbeitsplatz "immer wieder Aussetzer" erlebe und beim Autofahren Sehstörungen gehabt habe. Dr. F. stellte eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus und veranlasste eine stationäre Aufnahme der Klägerin ab 04.11.2014 in die neurologische Abteilung der Klinik N. mit der Aufnahmediagnose "Zervikobrachial-Syndrom". Eine während dieses stationären Aufenthalts (04.11.2014 bis 08.11.2014) wegen der beschriebenen "Aussetzer" veranlasste Computertomographie des Schädels zeigte ebenso wie ein Elektroenzephalogramm keine Auffälligkeiten. Die behandelnden Ärzte äußerten den Verdacht auf eine gegenwärtig schwere depressive Episode infolge des Ereignisses vom 28.07.2014 und empfahlen eine antidepressive Medikation sowie die Aufnahme in die Warteliste der psychotherapeutischen Station mit Schwerpunkt Depression. Vom 17.11.2014 bis 11.12.2014 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der Abteilung für Allgemeinpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Klinik N., wo eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert wurde.

Ab 15.01.2015 befand sich die Klägerin in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung bei der Dipl.-Psych. I.-I., die eine Anpassungsstörung mit Angst und Depression gemischt diagnostizierte.

Bei einer ambulanten Untersuchung am 20.03.2015 berichtete die Klägerin gegenüber Dr. F., sie wolle ihre bisherige Tätigkeit als Filialleiterin wiederaufnehmen und plane eine stufenweise Wiedereingliederung. Sie sehe ihre jetzige Erkrankung als unmittelbare Folge des Arbeitsunfalls, da es ihr zuvor ja gut gegangen sei. Dr. F. diagnostizierte weiterhin eine mittelgradige depressive Episode. Die Klägerin brach die Wiedereingliederung aus gesundheitlichen Gründen ab.

Die Beklagte holte bei Prof. Dr. J. und Dr. K. ein unfallchirurgisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage ein. Diese kamen nach ambulanter Untersuchung der Klägerin (30.04.2015) am 05.05.2015 zum Ergebnis, nach dem Ereignis vom 28.07.2014 hätten die Sonographie und die Kernspintomographie des rechten Schultergelenks unmittelbar nach dem Unfallereignis keine Verletzungen objektivieren können, die diese Funktionseinschränkungen erklärten. Nach dem Unfallereignis hätten Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk vorgelegen. Es habe insofern ein einschlägiger Vorschaden bestanden, als dass nach der Operation im Januar 2010 die im Rahmen der jetzt durchgeführten gutachterlichen Nachuntersuchung bestehenden Bewegungseinschränkungen (und entsprechende Schmerzsymptomatik) vorgelegen hätten. Nach den bildgebenden Verfahren könnten objektive Unfallfolgen nicht nachgewiesen werden. Die bei der aktuellen Begutachtung vorgeführten Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk hätten schon bei der Begutachtung durch Prof. Dr. C. am 17.02.2011 bestanden. Es hätten also bereits funktionelle Einschränkungen des rechten Schultergelenks vorgelegen, die durch den Unfall vom 28.07.2014 weder verursacht noch vorübergehend richtungsgebend oder dauernd verschlimmert worden seien. Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 03.08.2014 bestanden.

Im Folgebericht vom 22.06.2015 nannte die Dipl. Psych. I.-I. als Diagnosen eine Anpassungsstörung und ein Psychotrauma mit schwerer Depression sowie ein Depersonalisations-Syndrom. Sie empfahl eine Fortsetzung der Wiedereingliederung sowie eine Tätigkeit im Bürobereich mit wenig körperlicher Beanspruchung.

Auf Veranlassung der Beklagten erstellte Prof. Dr. M. am 06.07.2015 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur Zusammenhangsfrage, bei dessen Erstellung er das psychologische Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. Psych. B.Sc. L. vom 15.06.2015 berücksichtigte. Prof. Dr. M. kam zum Ergebnis, auf neurologischem Fachgebiet bestehe bei der Klägerin keine Gesundheitsstörung, vor allem keine Schädigung des Armnervengeflechtes oder peripherer Nerven. Auf psychiatrischem Gebiet bestünden keine Gesundheitsstörungen. In der Akte sei eine Vielzahl unterschiedlicher psychiatrischer Diagnosen enthalten, unter Bezugnahme auf die diagnostischen Kriterien der Psychiatrie (DSM-5) sei jedoch keine einzige dieser Diagnosen nachzuvollziehen. Es liege weder eine PTBS vor noch eine Anpassungsstörung. Die Klägerin habe sehr eingehend über den Vorfall berichtet, eine auffällige affektive oder körperliche Beteiligung oder ein Flashback seien nicht zu beobachten gewesen. Auch bestehe kein Vermeidungsverhalten, sich mit dem Vorfall zu befassen. Der Bericht über die stationäre Behandlung in der Klinik N. in der Zeit vom 17.11.2014 bis 11.12.2014 sei nicht verständlich. Die Diagnose einer depressiven Störung werde in diesem Bericht nicht unter Bezugnahme auf diagnostische Kriterien begründet. Nach dem dokumentierten psychopathologischen Befund habe zwar eine depressive Verstimmung vorgelegen, die jedoch nicht krankheitswertig sei. Darüber hinaus sei nichts dokumentiert, was die Diagnose einer Depression begründen könne. Da die Klägerin damals in der Lage gewesen sei, sich selbst zu versorgen, sie nicht akut suizidal gewesen sei und nicht geschlossen behandelt worden sei, sei nicht nachzuvollziehen, weshalb überhaupt eine stationäre Behandlung erfolgt sei. Die diagnostischen und stationären Maßnahmen hätten ebenso gut ambulant erfolgen können. Die Klägerin sei verunsichert, da sie nicht wisse, ob sie wegen ihrer Schulterbeschwerden ihrer Berufstätigkeit weiter nachgehen könne. Dies sei nachvollziehbar. Bei der psychologischen Zusatzbegutachtung habe die Klägerin nicht hinreichend mitgewirkt und massive negative Antwortverzerrung sowohl hinsichtlich des Leistungsbildes als auch hinsichtlich der Beschwerdeschilderung gezeigt.

Mit Bescheid vom 06.08.2015 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Folgen des Arbeitsunfalls vom 28.07.2014 ab. Nach dem 03.08.2014 habe die Klägerin keinen Anspruch auf Heilbehandlung oder sonstige Leistungen der Berufsgenossenschaft. Folge des Arbeitsunfalls sei ein Zustand nach folgenlos ausgeheilter Zerrung des rechten Armes und der Schulter mit unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis 03.08.2014. Die darüberhinausgehenden Beschwerden seien auf die vorbestehende Schädigung der rechten Schulter zurückzuführen. Auf neurologischem und psychiatrischem Fachgebiet lägen keine Unfallfolgen vor.

Zur Begründung des hiergegen am 21.08.2015 erhobenen Widerspruchs wurde vorgetragen, die Klägerin habe ganz erhebliche dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen aus dem Arbeitsunfall vom 28.07.2014. Zum einen bestünden auf orthopädischem und neurologischem Fachgebiet Beeinträchtigungen des rechten Armes und der rechten Hand. Vor dem Arbeitsunfall vom Juli 2014 habe sie trotz der Folgen des Unfalls aus dem Jahr 2009 den rechten Arm und die rechte Schulter uneingeschränkt benutzen können. Inzwischen könne sie mit dem rechten Arm keine schweren Lasten mehr tragen und leide zudem an Taubheitsgefühlen im rechten Arm. Hinzu kämen Kopfschmerzen und Schwindelgefühle sowie extreme Verspannungen im Nackenbereich. Die Klägerin leide an einer schweren PTBS, die von der behandelnden Dipl.-Psych. I.-I. diagnostiziert worden sei.

Mit Schreiben vom 03.09.2015 erläuterte die Beklagte ihre medizinische Bewertung der Unfallfolgen. Die Klägerin habe bereits bei den Begutachtungen vom 17.12.2009 und 17.03.2011 anhaltende Schmerzen im rechten Schultergelenk mit Ausstrahlung in den Arm beklagt. Schon damals sei auch die Beweglichkeit im Schultergelenk eingeschränkt gewesen. Die zeitnah zum Unfall vom 29.07.2014 durchgeführte MRT-Untersuchung der rechten Schulter hätte keinen Hinweis auf frische Verletzungsfolgen ergeben. Bei der neurologischen Begutachtung hätten anhand erfolgter Nervenleitmessungen Nervenschädigungen ausgeschlossen werden können. Es bestehe auch keine PTBS, da die entsprechenden Kriterien nicht vorlägen. Auch der zeitliche Verlauf und der Umgang mit dem Vorfall sprächen gegen die Annahme einer PTBS. Außerdem habe die Klägerin bereits vor dem Unfall – so anlässlich des stationären Aufenthaltes im Juni 2012 – über Beschwerden auf psychiatrischem Fachgebiet (deutliche psychovegetative Erschöpfung im Zusammenhang mit der Stressbelastung am Arbeitsplatz) geklagt.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 10.09.2015 bat die Klägerin ohne weitere Begründung ihres Widerspruchs um den Erlass eines rechtsbehelfsfähigen Widerspruchsbescheides.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.10.2015 zurück.

Die Klägerin hat am 23.10.2015 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben (S 4 U 2682/15) und zur Begründung erneut darauf hingewiesen, sie habe vor dem hier streitgegenständlichen Arbeitsunfall keine Beschwerden an der rechten Schulter und am rechten Arm gehabt. Außerdem leide sie unfallbedingt an einer schweren PTBS. Es sei undenkbar, dass sie ihre ehemalige verantwortungsvolle berufliche Tätigkeit wieder ausüben könne. Dies sei unfallbedingt.

In der Zeit vom 09.11.2015 bis 20.11.2015 hat die Klägerin sich zur stationären Schmerzbehandlung in den O. Kliniken in O. befunden. Im Entlassungsbericht sind folgende Diagnosen gestellt worden: Cervicobrachialgie rechts, Zustand nach Schulterdistorsion rechts bei vorbestehender Rotatorenmanschettenläsion, Plexus-brachialis-Irritation rechts, PTBS, mittelgradige depressive Episode, generalisierende Schmerzen unter anderem im Bereich der linken Schulter, Kreuzschmerz, chronische komplexe Schmerzerkrankung im Stadium III nach Gerbershagen, Insomnie und Tinnitus.

Das SG hat den behandelnden Oberarzt und die Diplompsychologin der O. Kliniken schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört. Dipl.-Psych. P. hat am 21.12.2015 mitgeteilt, die von der Klägerin beschriebenen Symptome wie wiederholende Erinnerungen an den Vorfall, Vermeidung und Übererregbarkeit könnten nach den ICD-10 Kriterien einer PTBS zugeordnet werden. Oberarzt Dr. Q. hat mitgeteilt, der frühere stationäre Aufenthalt der Klägerin in der X. Klinik im Jahr 2012 sei ihm nicht bekannt gewesen. Die Symptome einer PTBS bestünden seit mehr als vier Wochen und schränkten die Leistungsfähigkeit der Klägerin in wichtigen Lebensbereichen ein.

Die Klägerin hat den Entlassungsbericht eines orthopädisch ausgerichteten und von der Deutschen Rentenversicherung finanzierten Heilverfahrens vorgelegt, das ganztägig ambulant in der Zeit vom 19.01.2016 bis 08.02.2016 im R. durchgeführt wurde.

Das SG hat von Amts wegen ein sozialmedizinisch-nervenärztliches Sachverständigengutachten zur Zusammenhangsfrage eingeholt, das Dr. S. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin (21.04.2016) am 04.05.2016 erstellt hat. Dr. S. hat den bisherigen Akteninhalt referiert, den körperlichen Allgemeinbefund, die neurologischen und psychischen Befunde erhoben und die Klägerin einer ausführlichen testpsychologischen Untersuchung unterzogen. Im Rahmen der von Dr. S. erhobenen biografischen Anamnese hat die Klägerin unter anderem angegeben, sie sei nach der von der Deutschen Rentenversicherung gewährten ambulanten Rehamaßnahme im Rahmen einer Wiedereingliederung auf eine Tätigkeit im Außendienst vorbereitet worden und sei nun seit März 2016 nach innerbetrieblicher Umsetzung weiterhin bei der Firma A. beschäftigt. Sie sei jetzt vollschichtig (37,5 Wochenstunden) als Payback-Trainerin in der Projektabteilung tätig. Täglich absolviere sie zwei Schulungstermine von jeweils etwa 1,5 Stunden in unterschiedlichen A.-Märkten, wobei sie bis zu 300 km täglich fahren müsse. Sie habe Sorgen, weil sie nach der Umsetzung wesentlich weniger verdiene, was sich ungünstig auf ihre Rentenkasse auswirke. Bezüglich orthopädischer und neurologischer Unfallfolgen hat Dr. S. darauf hingewiesen, dass der Verdacht auf eine Läsion des Plexus brachialis rechts oder auf eine HWS-Wurzelläsion bereits durch den MRT-Befund vom 13.10.2014 entkräftet worden sei. Das Vorliegen einer PTBS hat Dr. S. ausgeschlossen, da bereits das erste der gemäß den ICD-10 erforderlichen Kriterien nicht gegeben sei. Bei dem streitigen Unfallereignis habe es sich für die Klägerin, die nach eigenen Angaben (gegenüber Prof. Dr. M., Akten-ID 155-3 der Verwaltungsakte) während ihrer Tätigkeit als Marktleiterin mehrfach im Monat Ladendiebe stelle, bereits nicht um ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß gehandelt, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (ICD-10 F43.1). Außerdem habe die Klägerin bei der polizeilichen Aufnahme der Strafanzeige am Unfalltag auf das Ereignis nicht mit intensiver Angst, Hilflosigkeit und Entsetzen reagiert (vgl. polizeiliche Strafanzeige, ab Akten-ID 135-1 der Verwaltungsakte). Dr. S. hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die erstmals und fachfremd von dem Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. E. am 14.08.2014 genannte Diagnose einer PTBS dann im weiteren Verlauf von verschiedenen Behandlern ungeprüft übernommen worden sei. Dr. S. hat auf ihrem Fachgebiet bei der Klägerin eine rezidivierende depressive Störung, eine gegenwärtig mittelgradig ausgeprägte depressive Episode mit somatischem Syndrom und eine anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert. Seit November 2014 habe die Klägerin unter zwei depressiven Episoden gelitten. Zuvor sei bereits im Juni 2012 in der X. Klinik ein leichter depressiver Verstimmungszustand festgestellt worden. Nach dem Unfall im Juli 2014 sei es erneut zu einer depressiven Anpassungsstörung gekommen, die zwei bis drei Wochen angedauert und sich mit Wiederaufnahme der Berufstätigkeit Anfang September 2014 wieder gebessert habe. Im September und Oktober 2014 habe die Klägerin ihrer Berufstätigkeit nachgehen können. Die im November 2014 aufgetretene gravierende depressive Episode – die zu dem Unfallereignis vom Juli 2014 weder in zeitlicher noch in ursächlicher Verbindung gestanden habe – habe eine stationäre Behandlung in der Klinik N. erforderlich gemacht. Erneut habe dann die behandelnde Psychotherapeutin im Verlaufsbericht vom 22.06.2015 Symptome einer mittelschweren depressiven Episode beschrieben. Diese depressiven Episoden seien zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung bei Prof. Dr. M. und Dipl.-Soz. Psych. B.Sc. L. (Juni 2015) vollständig abgeklungen gewesen. Zum Bericht der O. Klinik (stationäre Schmerztherapie vom 09.11.2015 bis 20.11.2015) sei anzumerken, dass die dort genannten Diagnosen depressive Episode und PTBS nach den ICD-10 Kriterien nicht nebeneinandergestellt werden könnten. Außerdem habe der zuständige Oberarzt nach eigener Aussage keine Kenntnis davon gehabt, dass die Klägerin bereits 2012 in der X. Klinik stationär behandelt worden sei. Die Diagnosestellung einer schweren depressiven Episode und einer PTBS im Bericht über die ambulante orthopädische Rehamaßnahme (19.01.2016 bis 08.02.2016) sei nicht überzeugend, da eine solche ambulante Maßnahme gar nicht durchführbar gewesen wäre, wenn tatsächlich eine schwere depressive Episode vorgelegen hätte. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 14.08.2014 und der anschließend zwei bis drei Wochen andauernden Anpassungsstörung der Klägerin. Die diagnostizierte rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig ausgeprägte depressive Episode mit somatischem Syndrom, sei nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich oder teilursächlich auf das Unfallereignis vom 28.07.2014 zurückzuführen. Gleiches gelte für die anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, die in dieser Form schon vor dem Ereignis vom Juli 2014 bestanden und bereits 2012 Veranlassung zu einer ersten stationären schmerztherapeutischen Behandlung in der X. Klinik gegeben habe. Durch das Unfallereignis seien auch keine neurologischen Schäden verursacht worden. Da durch das streitige Unfallereignis mithin keine dauerhaften Gesundheitsstörungen auf neuropsychiatrischem Fachgebiet verursacht worden seien, lasse sich keine unfallbedingte MdE angeben.

Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat das SG sodann gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein psychiatrisches Gutachten bei Dr. T. eingeholt, das dieser am 20.02.2017 nach zwei je zweistündigen ambulanten Untersuchungen der Klägerin am 25.01.2017 und am 30.01.2017 sowie unter Berücksichtigung des neuropsychologischen Zusatzgutachtens der Dipl.-Psych. U. vom 20.02.2017 erstellt hat. Dr. T. hat eine mittelgradige bis schwere depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Erkrankung diagnostiziert und daneben "subsyndromale Anteile einer PTBS" gesehen. Initial nach dem Trauma habe sich ein Vermeidungsverhalten gezeigt, da die Klägerin nicht mehr einkaufen gegangen sei. Es bestünden deutliche Schlafstörungen, Angst und Depression und die Klägerin berichte von häufigen Erinnerungen an das Trauma. Allerdings sei das Trauma-Kriterium nicht erfüllt, nach dem es sich um "ein Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes" gehandelt haben müsse, "die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde". Es sei daher von "einer sonstigen Reaktion auf schwere Belastung" (ICD-10 F 43.8) auszugehen. Die Klägerin habe zwar bereits schon häufiger mit Ladendieben zu tun gehabt, vor dem streitigen Ereignis sei es jedoch noch nie zu einem körperlichen Angriff gekommen. Bei der Episode im Jahr 2012 habe es sich um eine leichte depressive Episode gehandelt. Obwohl bei der Klägerin eine Vulnerabilität für depressive Episoden bestehe, habe zum Unfallzeitpunkt psychische Gesundheit bestanden. Das Unfallereignis vom Juli 2014 sei daher wesentlich teilursächlich für die bestehenden Gesundheitsstörungen. Die mittelgradige bis schwere depressive Episode, die sich aufgrund des für die Klägerin als traumatisch erlebten Ereignisses entwickelt habe, bedinge eine MdE um 60 v.H. Im Gegensatz zu dem von Prof. Dr. M. beschriebenen Befund sei die Klägerin bei den Vorstellungsterminen bei Dr. T. durchweg depressiv erschienen. Entgegen der Beurteilung der Dr. S. bestehe sowohl ein zeitlicher als auch ein inhaltlicher Zusammenhang der Symptomatik mit dem Unfallereignis, da im Durchgangsarztbericht bereits knapp drei Wochen nach dem Ereignis eine PTBS beschrieben worden sei. Bei den verschiedenen ärztlichen Vorstellungen seit dem Unfall sei von der Klägerin jeweils einheitlich anamnestisch eine depressive Symptomatik seit und im Zusammenhang mit dem Unfall berichtet worden. Auch im Arztbrief der Psychiatrischen Klinik N. sei anamnestisch die Symptomatik als seit dem Unfall bestehend beschrieben worden. Die Arbeitsaufnahme im September 2014 erscheine allein nicht ausreichend für die Annahme einer Gesundung der Klägerin, da sie bereits in der ersten Woche gegenüber Dr. F. eine Überlastung und Erschöpfung beschrieben habe.

Ebenfalls auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin (§ 109 SGG) hat das SG dann ein unfallchirurgisches Gutachten eingeholt, das Prof. Dr. V. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin (25.04.2017) am 09.06.2017 erstellt hat. Prof. Dr. V. hat bei der Klägerin auf seinem Fachgebiet eine Bewegungseinschränkung der HWS auf ca. 50 % in allen Freiheitsgraden und eine erhebliche Bewegungseinschränkung der rechten Schulter mit Abduktion von 40° (aktiv) diagnostiziert. Diese Gesundheitsstörungen seien mit Wahrscheinlichkeit nicht ursächlich auf das Unfallereignis vom 28.07.2014 zurückzuführen, was sich bei Zugrundelegung der zeitnah nach dem Unfallereignis durchgeführten Kernspintomographie ergebe. Auf unfallchirurgischem Gebiet bestehe keine MdE in rentenberechtigendem Maß.

In einer vom SG erbetenen ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme hat Dr. T. am 12.07.2017 an seiner bisherigen Beurteilung der Zusammenhangsfrage festgehalten. Er stimme mit Dr. S. darin überein, dass außer dem Unfallereignis auch andere Faktoren (biografische Faktoren, Anlagefaktoren, Charakterstruktur und Lebensumstände) gegeben seien, die die Entwicklung der depressiven Störung mitbegünstigt haben könnten. Einen konkreten Anhalt für eine wesentliche andere Ursache für die Entwicklung der depressiven Störung sehe er jedoch nicht. Soweit Dr. E. in den D-Arztberichten vom 02.09.2014 und 23.01.2015 aufgrund der Schilderungen der Klägerin (sie würde unruhig schlafen und häufig an das Ereignis zurückdenken) eine PTBS diagnostiziert habe, sei dies nicht zutreffend gewesen. Die Tatsache, dass die Klägerin ihre Arbeit im Oktober 2014 kurzfristig wieder habe aufnehmen können, reiche jedoch nicht aus, um eine Gesundung anzunehmen. Im weiteren Verlauf hätten Dr. F. (Berichte vom 10.10.2014 und 31.10.2014) eine Anpassungsstörung mit Angst und die Klinik N. im November 2014 eine schwere depressive Episode diagnostiziert. Die Dokumentation zeige, dass bei der Klägerin eine längerdauernde psychische Beeinträchtigung bestehe, für die der Unfall eine wesentliche Mitursache sei.

Die Klägerin hat noch den Bericht des Unfallchirurgen Dr. W. vom 07.07.2017 (Auswertung Kernspintomographie der HWS vom 22.05.2017 und vom 29.06.2017) sowie einen nicht die Klägerin betreffenden Nachschaubericht des Dr. W. vom 13.08.2017 vorgelegt.

Mit Urteil vom 20.09.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Gestützt auf die Gutachten der Prof. Dr. J. und Dr. K. sowie des Prof. Dr. V. hat das SG bezüglich der Funktionsstörungen aufgrund der deutlich eingeschränkten Beweglichkeit des rechten Schultergelenks und der erheblichen Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule einen Unfallzusammenhang verneint. Die eingeschränkte Schulterbeweglichkeit habe schon bei der Begutachtung durch Prof. Dr. C. im Februar 2011 vorgelegen. In diesem Zusammenhang sei auch die stationäre Behandlung in der X. Klinik im Sommer 2012 zu sehen, die wegen eines chronischen Schmerzsyndroms an der rechten Schulter eingeleitet worden sei. Auch die Sonographie und die Kernspintomographie des rechten Schultergelenks unmittelbar nach dem Arbeitsunfall im Juli 2014 hätten keine Verletzungen objektivieren können, was gegen einen Unfallzusammenhang spreche. Das SG hat weiterhin – gestützt auf das Gutachten der Dr. S. – festgestellt, dass bei der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet eine rezidivierende depressive Störung mit mittelgradigem bis schwerem Ausprägungsgrad mit somatischem Syndrom und eine anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren bestünden. Da bereits das Trauma-Kriterium nicht erfüllt sei, liege eine PTBS nicht vor, was Prof. Dr. M., Dr. S. und letztlich auch Dr. T. bestätigt hätten. Soweit Dr. T. neben der mittelgradigen bis schweren depressiven Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Erkrankung auch eine "sonstige Reaktion auf schwere Belastung" diagnostiziert habe, überzeuge dies nicht. Der Sachverständige habe diese Diagnose nur damit begründet, dass das Trauma-Kriterium einer PTBS nicht erfüllt sei. Es sei jedoch nicht überzeugend, quasi als "Minus zu einer PTBS" ohne nachvollziehbare Begründung von einer "sonstigen Reaktion auf eine schwere Belastung" auszugehen, denn Dr. T. habe keine spezifischen Beobachtungen und vegetativen Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der "schweren Belastung" objektiviert und benannt. Die rezidivierende depressive Störung der Klägerin und ihre anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren seien nicht wahrscheinlich auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Gestützt auf das Gutachten der Dr. S. hat das SG dargelegt, der Arbeitsunfall habe lediglich zu einer vorübergehenden Anpassungsstörung geführt und die überdauernden und letztlich schlimmer gewordenen psychiatrischen Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit durch den Arbeitsunfall verursacht worden.

Gegen das ihr am 11.10.2017 zugestellte Urteil des SG richtet sich die am 06.11.2017 eingegangene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie vorträgt, entgegen der Annahme des SG sei sie von dem Ladendieb nicht lediglich am Arm festgehalten worden, sondern dieser habe sie am Arm gefasst und gegen ein Regal geschleudert. Im Hinblick auf die Vorschäden im Bereich des rechten Armes sei dieses Unfallereignis sehr wohl dazu geeignet gewesen, das Trauma-Kriterium der PTBS auszufüllen. Auch aus der Schilderung der Dipl.-Psych. P. über den Aufenthalt in der O. Klinik ergäben sich Symptome des Wiedererlebens des als traumatisch erlebten Ereignisses vom 28.07.2014, die den Kriterien einer PTBS nach ICD-10 zugeordnet werden und als verzögerte Reaktion auf den Unfall angesehen werden könnten. Es sei auch nicht zutreffend, dass sie aufgrund der chronischen Schulterproblematik bereits seit dem Arbeitsunfall von 2009 immer wieder depressiv gewesen sei. Vielmehr habe zum Zeitpunkt ihres Aufenthaltes in der X. Klinik ihr Vater im Sterben gelegen, weshalb sie die Klinikbehandlung danach habe abbrechen müssen. Entgegen der Beurteilung der Dr. S. habe sich die Symptomatik im September 2014 mit Wiederaufnahme der Arbeit nicht gebessert und die depressive Episode habe nicht erst im November 2014 begonnen. Denn knapp drei Wochen nach dem Unfallereignis sei im D-Arztbericht eine PTBS beschrieben worden. Außerdem sei sie bei dem Unfallergebnis nicht nur "fast zu Boden" gestürzt, sondern tatsächlich zu Boden gestürzt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.09.2017 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 06.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2015 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 04.08.2014 eine Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 60 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Hinweis auf die Gutachten der Prof. Dr. J. und Dr. K., des Prof. Dr. V. und der Dr. S. hält sie die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.

Die zuvor zuständig gewesene, ehemalige Vorsitzende des erkennenden Senats hat die Klägerin mit Verfügung vom 29.03.2018 darauf hingewiesen, nach Auswertung der gesamten Aktenlage erscheine die vom SG vorgenommene Prüfung der Kausalität zwischen der bei der Klägerin bestehenden psychischen Erkrankung und dem Unfall vom 28.07.2014 überzeugend. Das Bundessozialgericht (BSG) fordere im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung die Feststellung einer psychischen Erkrankung unter Verwendung eines Schlüssels und einer Bezeichnung nach einem anerkannten Diagnosesystem (z.B. ICD-10). Soweit Dr. T. eine "sonstige Reaktion auf schwere Belastung" nach F 43.8 ICD-10 annehme, habe er diese Feststellung getroffen, ohne auf das Merkmal "schwere" Belastung einzugehen. Am Vorliegen einer solchen schweren Belastung dürften hier Zweifel bestehen.

Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin (§ 109 SGG) hat der Senat bei Dr. T. eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme dazu eingeholt, inwieweit das in den Angaben der Klägerin gegenüber der Polizei am Unfalltag beschriebene konkrete Unfallereignis die Anforderungen an eine "schwere" Belastung nach ICD-10 erfülle. Dr. T. hat am 02.08.2018 mitgeteilt, er habe die Klassifikation "sonstige Reaktion auf schwere Belastung (ICD-10 F43.8)" als Restkategorie und zusätzlich zur Klassifikation der psychopathologischen Symptomatik der Klägerin als depressive Episode gewählt, da das konkrete Unfallereignis nach seiner Einschätzung nicht den Anforderungen des Trauma-Kriteriums der Weltgesundheitsorganisation für eine PTBS (ICD-10 F43.1) genüge. Damit habe er dem Umstand gerecht werden wollen, dass sich in der konkreten Psychopathologie der Klägerin neben der rein depressiven Symptomatik subsyndromale Symptome einer PTBS fänden. Im Fall der Klägerin sei nach seiner Einschätzung eine genauere Quantifizierung der Schwere der "sonstigen Reaktion auf schwere Belastung" nicht erforderlich, da die wesentliche Psychopathologie der Klägerin im Rahmen der unstreitig bestehenden, zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung mittelgradig ausgeprägten depressiven Episode zu sehen sei. Dem konkreten Unfallereignis komme eine wesentliche teilursächliche Bedeutung für die im Wesentlichen als depressive Episode zu bezeichnende psychopathologische Symptomatik der Klägerin zu, unabhängig davon, ob eine wie auch immer geartete schwere Definition der Restkategorie "sonstige Reaktion auf schwere Belastung" erfüllt sei oder nicht.

Mit Verfügung vom 23.05.2019 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, es sei vorgesehen, durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sind dargelegt worden.

Die Bevollmächtigte der Klägerin hat sich mit Schriftsatz vom 01.07.2019 ergänzend geäußert und vorgetragen, nachdem die Klägerin bereits beim Unfall vom 22.05.2009 eine Schädigung des rechten Schultergelenks erlitten habe und aus dem Arbeitsleben gerissen worden sei, sei das weitere Unfallereignis vom 28.07.2014 mit erneuter Verletzung der rechten Schulter durchaus als "Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes" zu bewerten. Außerdem hat sie ein von der Klägerin selbst verfasstes Schreiben vom 17.06.2019 vorgelegt, in der diese darauf verweist, vor dem Unfallereignis abgesehen von der Schulter keine gesundheitlichen Probleme gehabt zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet über die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des SG vom 20.09.2017, mit dem die auf Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 06.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2015 und auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztenrente gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Die Klägerin erstrebt weiter die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente. Diese prozessualen Ziele verfolgt die Klägerin zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage.

Die Beklagte hat zu Recht die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Nach der Rechtsprechung des BSG ist für einen Arbeitsunfall im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang) ist sowie diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - juris Rz. 16 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - juris; BSG, Urteil vom 18.01.2011 - B 2 U 9/10 R - juris; BSG Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - juris).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - juris Rz. 17 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris). Es gelten die allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast. Danach trägt derjenige, der ein Recht – hier Gewährung einer Verletztenrente – für sich beansprucht, nach Ausschöpfung aller Möglichkeiten der Ermittlung die materielle Beweislast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen dieses Rechts (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 2/11 R - juris Rz. 28 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - juris; BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - juris).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Klägerin am 28.07.2014 zwar einen Arbeitsunfall erlitten. Denn die von dem Ladendieb ausgehende körperliche Gewaltanwendung, der sie am 28.07.2014 ausgesetzt war, ist ihrer versicherten Tätigkeit zuzurechnen und hat ein zeitlich begrenztes, von außen auf ihren Körper einwirkendes Ereignis dargestellt, wodurch mit der inzwischen folgenlos verheilten Zerrung des rechten Armes und der Schulter ein Gesundheitserstschaden wesentlich verursacht worden ist.

Diese von der Beklagten mit Bescheid vom 06.08.2015 als Unfallfolge anerkannte Zerrung von Arm und Schulter bedingt jedoch keine MdE um mindestens 20 v. H., da sie folgenlos ausgeheilt ist und aus ihr keinerlei Funktionseinschränkungen resultieren. Die bei der Begutachtung durch Prof. Dr. J. und Dr. K. festgestellte deutliche Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenks und die erhebliche Bewegungseinschränkung der HWS sind nicht ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 28.07.2014 zurückzuführen. Dies hat das SG nach Auswertung der gesamten Aktenlage und gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. C. sowie des Prof. Dr. J. und des Dr. K. ausführlich dargelegt und überzeugend festgestellt, dass es an einem konkreten Schädigungsmodell fehlt, anhand dessen ein Zusammenhang der von der Klägerin beschriebenen Funktionseinschränkungen mit dem Arbeitsunfall vom 28.07.2014 hergestellt werden könnte. Im Übrigen hat die Klägerin bezogen auf Funktionsstörungen an Schulter und HWS im Berufungsverfahren nicht zu erkennen gegeben und in der Sache nichts dazu vorgetragen, dass und inwieweit sie die erstinstanzliche Entscheidung für fehlerhaft hält. Der erkennende Senat schließt sich bezüglich der Krankheitsbilder auf unfallchirurgischem und orthopädischem Fachgebiet den Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Widerspruchs- und Klageverfahren uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Andauernde psychische Erkrankungen, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 28.07.2014 zurückzuführen sind, liegen bei der Klägerin nicht vor. Psychische Störungen infolge eines Unfallereignisses sind nur dann als Unfallfolgen zu berücksichtigen, wenn sie als Gesundheitsschaden zu bewerten sind und ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang mit dem Unfallereignis besteht. Zum Nachweis einer Erkrankung auf psychiatrischem Fachgebiet im – wie bereits oben dargelegt erforderlichen – Vollbeweis ist zu beachten, dass dieser nicht bereits deswegen geführt ist, weil die in Rede stehende psychische Erkrankung von einem behandelnden oder begutachtenden Arzt oder Therapeuten in der Diagnoseliste aufgeführt wird. Dies stellt für das Gericht zunächst nur einen Anhaltspunkt dafür dar, dass diese Gesundheitsstörung vorliegen könnte. Bei der Prüfung, ob die jeweils in Rede stehende Erkrankung tatsächlich mit dem erforderlichen Vollbeweis nachweisbar ist, sind folgende Grundsätze zu beachten: Zur Berücksichtigung einer psychischen Störung als Unfallfolge ist eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme (z. B. ICD-10 = 10. Revision der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme der WHO aus dem Jahr 1989; DSM-5 = Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung, das in der aktuellen Fassung 2013 in den USA veröffentlicht wurde und seit 2014 in der deutschen Fassung vorliegt) unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erforderlich, damit die Feststellung nachvollziehbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, juris).

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze sind durch den Arbeitsunfall vom 28.07.2014 eine PTBS, eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung, eine depressive Störung oder eine Schmerzstörung als Unfallfolge nicht verursacht worden. Das SG hat – gestützt auf die Gutachten des Prof. Dr. M. und der Dr. S. – ausführlich begründet und dargelegt, dass vorliegend bereits das Trauma-Kriterium der PTBS nicht erfüllt ist, da der Arbeitsunfall nicht als ein Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes bewertet werden kann, das bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Das SG hat in Auswertung der Gutachten des Prof. Dr. M. und der Dr. S. ausgeführt, dass dies ausdrücklich auch unter Berücksichtigung des Umstands gilt, dass die vorgeschädigte rechte Schulter der Klägerin betroffen war. Auch insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Widerspruchs- und Klageverfahren uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Trauma-Kriterium ungeachtet dessen nicht erfüllt ist, ob die Klägerin bei dem Geschehen nun fast oder vollständig zu Boden stürzte oder gegen ein Regal geschleudert wurde, wobei sich für Letzteres aus der Unfallschilderung der Klägerin in der Geschädigten-Vernehmung vom Unfalltag kein Anhalt ergibt. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus dem Vorbringen im klägerischen Schriftsatz vom 01.07.2019, nach dem die Klägerin durch die im Mai 2009 erlittene Schädigung des rechten Schultergelenks bereits aus dem Arbeitsleben gerissen worden sei und sich die erneute Verletzung der rechten Schulter am 28.07.2014 vor diesem Hintergrund durchaus als "Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes" dargestellt habe. Diese von der Klägerin zuletzt im Berufungsverfahren noch angeführten Umstände (die wiederholte Verletzung des rechten Schultergelenks, die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, der gescheiterte Wiedereingliederungsversuch 2015 und die aus gesundheitlichen Gründen erfolgte innerbetriebliche Umsetzung beim Arbeitgeber) waren sowohl Prof. Dr. M. als auch Dr. S. bekannt und sind von beiden Sachverständigen bei der Gutachtenerstellung berücksichtigt und zutreffend nicht als nicht ausreichend für eine Annahme des Trauma-Kriteriums bewertet worden. Gleiches gilt für die Argumentation des SG, dass die wegen des Fehlens des Trauma-Kriteriums quasi als "Minus zu einer PTBS" von Dr. T. angenommene "sonstige Reaktion auf schwere Belastung" nicht festgestellt werden kann. Selbst wenn man jedoch das Vorliegen des Trauma-Kriteriums einer PTBS oder das Vorliegen einer "schweren Belastung" in dem von Dr. T. genannten Sinne unterstellen wollte, ergäbe sich im Ergebnis keine abweichende Entscheidung, da es hier – was ebenfalls Prof. Dr. M. und Dr. S. schlüssig und überzeugend dargelegt haben – an der notwendigen auffälligen affektiven oder körperlichen Betroffenheit und auch am spezifischen Vermeidungsverhalten fehlt. Diesbezüglich ergeben sich weder aus der vom Senat noch gem. § 109 SGG eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Dr. T. vom 02.08.2018 noch aus dem klägerischen Schriftsatz vom 01.07.2019 neue Erkenntnisse. Dr. T. hat die Schwere der "sonstigen Reaktion auf schwere Belastung" auch hier nicht näher spezifiziert, sondern allein auf die zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung festgestellte mittelgradig ausgeprägte depressive Episode verwiesen, für die nach seinem Verständnis dem streitigen Unfallereignis eine wesentliche teilursächliche Bedeutung zukomme. Auch in dieser Stellungnahme des Dr. T. fehlt es weiterhin an der Objektivierung und Benennung der für eine PTBS typischen Merkmale. Der Senat schließt sich insoweit ebenso wie auch das SG den schlüssigen Darlegungen im Gutachten der Dr. S. an, die überzeugend darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin bereits bei der Unfallaufnahme bei der Polizei keinesfalls mit intensiver Angst, Hilflosigkeit und Entsetzen reagiert und im weiteren Verlauf kein Vermeidungsverhalten gezeigt hat. Eine solche, für eine PTBS typische Symptomatik ist weder bei der Untersuchung durch Prof. Dr. M. noch durch Dr. S. feststellbar gewesen und in den Akten auch an anderer Stelle nicht beschrieben bzw. durch psychopathologische Befunde objektiviert worden. An dieser Stelle ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Diagnose einer PTBS erstmals am 14.08.2014 von dem Chirurgen/Unfallchirurgen Dr. E. – daher also fachfremd – ohne entsprechende Befunderhebung genannt und dann im weiteren Verlauf von den behandelnden Ärzten in der O. Klinik (09.11.2015 bis 20.11.2015) wiederum übernommen wurde, ohne dass die notwendigen Kriterien anhand des psychopathologischen Befundes überprüft worden wären. Neue Erkenntnisse haben sich diesbezüglich im Berufungsverfahren nicht ergeben, so dass weiterhin eine PTBS und eine sonstige Reaktion auf schwere Belastung nicht feststellbar sind.

Die im Übrigen in Rede stehenden Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet – rezidivierende depressive Störung und anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren – sind weder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 28.07.2014 verursacht noch in relevanter Weise verschlimmert worden. Dass bei der Klägerin schon vor dem 28.07.2014 psychische Leiden vorlagen, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass ab 06.06.2012 ein stationärer Aufenthalt der Klägerin in der X. Klinik in Bad Z. notwendig war, in dessen Verlauf die behandelnden Ärzte ein chronisches Schmerzsyndrom der rechten Schulter bei Zustand nach subakromialer Dekompression und Supraspinatus-Refixation 2010 mit partieller Schulterteilsteife, einen V.a. eine Bizepssehnentendinitis Schulter links bei Überlastung, einen myotendinösen Schmerz der Schultergürtel-Nackenmuskulatur, eine Epicondylitis radialis links sowie eine depressive Anpassungsstörung diagnostizierten. Aus dem auch insoweit schlüssigen und überzeugenden Gu.utachten der Dr. S. ergibt sich, dass es nach dem streitigen Arbeitsunfall erneut zu einer depressiven Anpassungsstörung gekommen ist, die zwei bis drei Wochen angedauert und sich mit Wiederaufnahme der Berufstätigkeit (Anfang September 2014) wieder gebessert hat. Die dann im November 2014 aufgetretene gravierende depressive Episode führte zur stationären Behandlung in der Klinik N ... Ungeachtet der bezüglich dieses letzteren Klinikaufenthalts von Prof. Dr. M. geäußerten Bedenken (der klinisch dokumentierte psychopathologische Befund sei nicht krankheitswertig und eine stationäre Behandlung gar nicht notwendig gewesen) bleibt aufgrund des Gutachtens der Dr. S. festzustellen, dass sich die Schmerzstörung und die depressive Erkrankung der Klägerin in die Zeit vor dem Arbeitsunfall vom 28.07.2014 zurückverfolgen lassen. Den diesbezüglichen Ausführungen des SG schließt sich der erkennende Senat nach eigener Überprüfung des Vorbringens im Widerspruchs- und Klageverfahren ausdrücklich an. In ihrem im Berufungsverfahren noch nachgereichten eigenen Schreiben vom 17.06.2019 führt die Klägerin aus, sie habe vor dem streitigen Arbeitsunfall (abgesehen von der Schulter) keine gesundheitlichen Probleme gehabt und ihre psychischen Probleme könnten nicht allein mit dem Tod ihres Vaters zu tun haben. Dieses Vorbringen führt indes im Ergebnis zu keiner anderen Entscheidung. Zum einen haben die psychischen Gesundheitsstörungen, die zur Aufnahme in der X. Klinik am 06.06.2012 geführt haben, bereits zeitlich vor dem Versterben des Vaters (19.06.2012) bestanden und sind also nicht erst durch diesen Verlust verursacht worden. Davon abgesehen haben weder Prof. Dr. M. noch Dr. S. einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Tod des Vaters und dem Entstehen der rezidivierenden depressiven Störung und anhaltenden Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren hergestellt. Unabhängig davon bleiben für die Entscheidung letztlich relevant die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen der Dr. S., auf die auch das SG maßgeblich abgestellt hat: Die Sachverständige hat dargelegt, dass die Entstehungsfaktoren einer rezidivierenden depressiven Störung komplex und in biografischen und Anlagefaktoren, in der Charakterstruktur und in den Lebensumständen der betroffenen Person zu suchen sind. Dr. S. hat auch herausgearbeitet, dass sich bei der notwendigen isolierten Betrachtung der unmittelbar nach dem Arbeitsunfall Ende Juli 2014 aufgetretenen depressiven Episode ergibt, dass diese zwei bis drei Wochen angedauert und sich mit Wiederaufnahme der Berufstätigkeit Anfang September 2014 wieder gebessert haben muss, da ein Arbeiten ansonsten nicht möglich gewesen wäre. Wenn der Klägerin auch nach eigenen Angaben die Berufstätigkeit im September und Oktober 2014 schwergefallen ist, war sie dennoch dazu im Stande. Weiter hat Dr. S. dargelegt, dass nach dem derzeitigen medizinischen Kenntnisstand unter anderem ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen schwerwiegenden exogenen Faktoren und dem Krankheitsbeginn zu fordern ist. Für die im November 2014 dann aufgetretene gravierende depressive Episode fehlt nach Einschätzung der Dr. S. dieser enge zeitliche und ursächliche Zusammenhang zum Unfallereignis vom 28.07.2014. Dafür, dass bei der Klägerin zumindest seit Juni 2012 eine psychische Erkrankung in Form von immer wieder aufgetretenen und jeweils vollständig abgeklungenen depressiven Episoden vorliegt, spricht nach überzeugender Einschätzung der Sachverständigen auch, dass zum Zeitpunkt der gutachterlichen Untersuchung bei Prof. Dr. M. (Juni 2015) auf psychiatrischem Gebiet keine Gesundheitsstörungen festgestellt werden konnten. Der erkennende Senat schließt sich der Feststellung des SG an, dass die langfristige (seit mindestens Juni 2012 dokumentierte) rezidivierende depressive Störung und anhaltende Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren der Klägerin nicht durch den Arbeitsunfall vom 28.07.2014 erklärt werden kann. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, reicht allein ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Beginn einer Krankheitsentwicklung oder Verschlimmerung nicht aus, um einen ursächlichen Zusammenhang zu begründen.

Mithin hat die Klägerin keinen Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente und die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Rechtskraft
Aus
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