L 9 AL 357/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 622/94
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 357/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Bemerkung
verbunden mit S 35 AL 473/94
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 15. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist Arbeitslosenhilfe für das Jahr 1991.

Die Klägerin, zuletzt in der Rechtsabteilung von S. in der Registratur beschäftigt, bezog seit 13.10.1989 Anschluss-Arbeitslosenhilfe in Höhe von zunächst 86.94 DM wöchentlich, ab 01.02.1990 von 193,74 DM. Dem zugrunde lag als von seiten der Klägerin nach §§ 136 Abs.2 Satz 2, 112 Abs.7 AFG noch erzielbares Arbeitsentgelt das Gehalt eines Verwaltungsangestellten in BAT VII in Höhe von monatlich 2.637,00 DM, ab 13.10.1989 nach einer Beschäftigung von 20 Stunden, ab 01.02.1990 nach einer Vollzeitbeschäftigung von 39 Stunden in Leistungsgruppe A/0. Von dem sich daraus ergebenden Leistungssatz von 123,60 DM bzw. 230,40 DM zog das Arbeitsamt noch einen Unterhaltsanspruch der Klägerin gegen ihren Vater in Höhe von 36,66 DM wöchentlich ab. Zur Vorgeschichte im Einzelnen siehe das Urteil des Senats vom 14.11.2002, Az.: L 9 AL 356/98.

Mit Bescheid vom 24.10.1990 bewilligte das Arbeitsamt der Klägerin Arbeitslosenhilfe für den Bewilligungsabschnitt vom 13.10.1990 bis 12.10.1991 in Höhe von wöchentlich 199,74 DM unter Fortführung der bisherigen Bemessungsgrundlage und der Anrechnung von 36,66 DM wöchentlich.

Mit Bescheid vom 31.10.1990 hob das Arbeitsamt die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ab 13.10.1990 wegen des Besuchs einer Bildungsmaßnahme seitens der Klägerin auf.

Am 07.11.1990 beantragte die Klägerin die Wiederbewilligung der Arbeitslosenhilfe.

Wegen dreier, jeweils achtwöchiger, mittlerweile bestandskräftig gewordener Sperrzeiten (Maßnahmeabbruch ab 26.10.1990, Ablehnung einer Beschäftigung bei der Firma C. am 20.11.1990, Ablehnung einer Beschäftigung als städtische Spielplatzaufsicht am 09.01.1991) versagte das Arbeitsamt die Bewilligung der Leistung vom 26.10.1990 bis 11.04.1991, wegen zweier Meldeversäumnisse am 07.05.1991 und 14.05.1991 für die Zeit vom 08.05.1991 bis 10.07.1991 (Urteil des Senats vom 13.12.2001 in der Sache L 9 Al 249/97).

Mit Bescheid vom 03.12.1991 bewilligte das Arbeitsamt der Klägerin Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 11.07.1991 bis zum Ende des Bewilligungsabschnitts am 12.10.1991 in Höhe von wöchentlich 200,34 DM. Von dem Nachzahlungsbetrag von 2.704,59 DM erstattete das Arbeitsamt dem Sozialamt vorgeleistete Sozialhilfe in Höhe von 2.535,13 DM (Abzweigungsbescheid vom 02.12. 1991), so dass ein Nachzahlungsbetrag von 169,46 DM zur Auszahlung an die Klägerin kam.

Mit Bescheid vom 16.12.1992 bewilligte das Arbeitsamt des Weiteren Arbeitslosenhilfe für den davor liegenden Zeitraum vom 12.04.1991 bis 07.05.1991 in Höhe von wöchentlich 237,00 DM. Von dem Nachzahlungsbetrag von 869,00 DM erstattete das Arbeitsamt 454,52 DM an vorgeleisteter Sozialhilfe an das Sozialamt (Abzweigungsbescheid vom 16.12.1992), so dass an die Klägerin 423,48 DM ausbezahlt wurden.

Im nachfolgenden Bewilligungsabschnitt bewilligte das Arbeitsamt der Klägerin vom 13.10.1991 bis 09.11.1991 mit Bescheid vom 18.12.1991 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 209,34 DM, insgesamt 837,36 DM, mit Bescheid vom 20.01.1992 für den Zeitraum vom 11.11.1991 bis 20.12.1991 für die Zeit des Besuchs einer Maßnahme (unter Zugrundelegung des zuletzt bei der Firma S. bezogenen Gehalts) Unterhaltsgeld in Höhe von 348,60 DM wöchentlich, insgesamt 2.033,50 DM, mit Bescheid vom 18.02.1992 Arbeitslosenhilfe vom 21.12.1991 bis 31.12.1991 wiederum in Höhe von 209,34 DM wöchentlich, insgesamt 314,01 DM. Sämtliche Beträge wurden an die Klägerin in voller Höhe ausbezahlt.

Insgesamt wurden der Klägerin damit für das Jahr 1991 Arbeitslosenhilfe und Unterhaltsgeld in Höhe von 6.758,46 DM bewilligt und unter Abzug von Erstattungsleistungen an die Sozialhilfe in Höhe von 2.980,65 DM Leistungen in Höhe von 3.777,81 DM ausbezahlt.

Die Klägerin focht die Bewilligungsbescheide vom 03.12.1991 und 16.12.1991, nebst Abzweigungsbescheiden vom 02.12.1991 und 16.12.1992, sowie die Bewilligungsbescheide vom 18.12.1991, vom 20.01.1992 und vom 18.02.1992 nicht an.

Am 06.05.1994 erhob die Klägerin "Feststellungs- und Verpflichtungsklage hinsichtlich der offenen Arbeitslosenhilfe-Leistungen für den Zeitraum vom 01.01.1991 bis 13.10.1991".

Sie beantragte: 1. Es wird festgestellt, dass zwischen dem wöchentlichen Alhi-Betrag laut Alhi-Bescheid vom 03.12.1991 und dem wöchentlichen Alhi-Betrag laut Alhi-Tabelle 1991 eine Differenz von 73,26 DM zu Lasten der Klägerin besteht. 2. Das Arbeitsamt (Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg) wird deshalb verpflichtet, einen berichtigten Alhi-Bescheid für das Jahr 1991 zu erlassen. 3. Es wird festgestellt, dass für den Zeitraum vom 01.01.1991 bis 12.10.(13.10.)1991 eine Arbeitslosenhilfeschuld in Höhe von 10.546,49 DM besteht, zuzüglich 4 % Verzugszinsen seit dem 01.11.1991 zum Stichtag 31.05.1994 = 11.674,51 DM. 4. Das Arbeitsamt München (Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg) wird verpflichtet, den am Stichtag 31.05.1994 offenen Betrag von 11.674,51 DM unverzüglich auszuzahlen, zuzüglich 4 % Verzugszinsen bis zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.10.1998 abgewiesen.

Die Feststellungsanträge unter Ziffer 1) und Ziffer 3) seien unzulässig, es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, da die entsprechenden Feststellungen im Rahmen einer Leistungsklage hätten getroffen werden müssen. Einer solchen Leistungsklage hätte die Klägerin aber durch Anfechtung der maßgeblichen Bewilligungsbescheide den Weg bereiten müssen. Die in Ziffer 2) erhobene Verpflichtungsklage sei unzulässig, da es an der Beschwer durch einen vorausgegangenen Verwaltungsakt fehle, mit dem die Beklagte gegebenenfalls einen Antrag auf nachträgliche Berichtigung der Bewilligungsbescheide für das Jahr 1991 abgelehnt habe. Da ein solcher Antrag nicht gestellt worden sei, sei der Klageantrag zu Ziffer 2) auch nicht als Untätigkeitsklage zulässig. Der Antrag zu Ziffer 4) sei zwar als allgemeine Leis- tungsklage zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin habe einen unmittelbaren Anspruch nur auf Zahlung der ihr im Jahr 1991 bewilligten Arbeitslosenhilfe, die ihr auch ausgezahlt worden sei.

Mit der Berufung beantragt die Klägerin: "1. Das Arbeitsamt München/die Bundesanstalt für Arbeit Nürnberg wird verpflichtet, für das Jahr 1991 die berichtigten Bescheide nach dem Tabellenwert für Arbeitslosenhilfe zu erstellen. 2. Das Arbeitsamt München/die Bundesanstalt für Arbeit Nürnberg wird verpflichtet, für das Jahr 1991 den offenen Differenzbetrag von 4.549,56 DM zuzüglich 4 % Verzugs- und Prozesszinsen bis 2002 unverzüglich an die Klägerin auszubezahlen. "

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten des SG und Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere statthafte und form- wie fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet.

Der Streitgegenstand ist gegenüber der ersten Instanz insoweit erweitert, als die Klägerin nunmehr die Berichtigung sämtlicher Bescheide über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für das Jahr 1991 begehrt. Der Senat sieht hierin jedoch keine Klageänderung, nachdem der Klagegrund, aus dem die Klägerin die Unrichtigkeit der Alhi-Bewilligungen herleitet, derselbe ist (§ 99 Abs.3 Nr.2 SGG).

Der Antrag auf Auszahlung einer Differenz zu ihren Gunsten von 4.549,56 DM umfasst nunmehr das ganze Jahr 1991, wobei die Klägerin aber anders als in der ersten Instanz von einer Auszahlung der der Sozialhilfe erstatteten Leistungen absieht.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Die Rechnung der Klägerin stellt sich dar wie folgt: Sie erstellt eine Gesamtjahresabrechnung für 1991 einschließlich des Bezugszeitraums für Unterhaltsgeld vom 11.11.1991 bis 20.12.1991. Dabei legt sie einen über dem bewilligten Arbeitslosen- hilfesatz liegenden monatlichen Alhi-Leistungssatz von 273,60 DM wöchentlich zugrunde, den sie aus ihrem zuletzt bei der Firma S. erzielten Verdienst von 3.247,00 DM monatlich und zwar ohne Abzug eines Unterhaltsanspruchs gegen ihren Vater herleitet. Den Wochenbetrag legt sie auf sieben Bezugstage in der Woche um und ermittelt so einschließlich der Zeiten, in denen ihr Arbeitslosenhilfe versagt wurde, einen für das Jahr 1991 geschuldeten Arbeitslosenhilfebetrag von 12.024,72 DM. Dazu rechnet sie einen ihr für den Zeitraum vom 11.11.1991 bis 20.12. 1991 geschuldeten Betrag an Unterhaltsgeld von 1.904,40 DM. Hierbei geht sie von einer Überzahlung seitens des Arbeitsamts aus, da sie für den Unterhaltsgeld-Zeitraum lediglich einen Leistungssatz von wöchentlich 317,40 DM statt der vom Arbeitsamt geleisteten 348,60 DM ansetzt. Insgesamt ergibt dies nach Rechnung der Klägerin einen von ihr für das Jahr 1991 zu beanspruchenden Gesamtbetrag von Arbeitslosenhilfe und Unterhaltsgeld in Höhe von 14.529,12 DM. Als ihr ausgezahlten Betrag aus Arbeitslosenhilfe und Unterhaltsgeld setzt die Klägerin statt der tatsächlich ausbezahlten 3.777,81 DM einen Betrag in Höhe von 3.838,15 DM an, da sie versehentlich einen 1992 zuzuordnenden Zahlbetrag von 60,34 DM dem Jahr 1991 zuordnet. So kommt die Klägerin zu einer Differenz von 10.690,97 DM für das Jahr 1991 zwischen dem ihr zustehenden Anspruch aus Arbeitslosenhilfe und Unterhaltsgeld und den ihr tatsächlich ausbezahlten Beträgen. Im Gegensatz zur ersten Instanz zieht die Klägerin hiervon die ihr geleisteten Sozialhilfebeträge ab, dies aber auch für das gesamte Jahr 1991, also auch für die Zeiträume in denen das Arbeitsamt keinerlei Leistungen bewilligt und gezahlt und auch nicht an das Sozialamt erstattet hat. Unter Abzug des von ihr in dieser Weise angesetzten Sozialhilfebetrags von 6.141,00 DM von 10.690,97 DM kommt die Klägerin auf diese Weise auf den ihr seitens der Beklagten noch für das Jahr 1991 geschuldeten Betrag von 4.549,56 DM.

Mit dem Antrag, das Arbeitsamt zu verpflichten, "für das Jahr 1991 die berichtigten Bescheide nach dem Tabellenwert für Arbeitslosenhilfe zu erstellen", begehrt die Klägerin demnach, soweit es um die Höhe der Leistung geht, die Bewilligungsbescheide vom 03.12.1991 und vom 16.12.1992 sowie vom 18.12.1991, vom 20.01.1992 und vom 08.02.1992 nach Maßgabe ihrer Berechnungsgrundlagen bezüglich des Bemessungsentgelts und ohne Anrechnung eines Unterhaltsanspruchs gegen ihren Vater abzuändern. Diese Bescheide sind jedoch sämtlich bestandskräftig geworden. Die Klägerin hat keinen Widerspruch eingelegt. Wenn die Klägerin sich nunmehr nach mehreren Jahren unmittelbar und ausdrücklich an das Gericht gewandt hat mit dem Antrag, die Beklagte zur Abänderung der Bewilligungsbescheide für 1991 zu verpflichten, so lässt sich diese Klage nicht als Widerspruch auslegen. Selbst wenn man im Klageantrag einen Antrag auf Zugunstenentscheidungen der Beklagten nach § 44 SGB X sehen könnte, müsste über diesen zunächst im Verwaltungsverfahren entschieden werden, bevor die Klägerin gerichtlichen Rechtschutz in Anspruch nehmen kann.

Soweit die Klägerin einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für 1991 auch für die Zeiträume geltend macht, für die das Arbeitsamt die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe versagt hat, nämlich vom 01.01.1991 bis 11.04.1991 und vom 08.05.1991 bis 10.07. 1991, sind die entsprechenden Versagungsbescheide Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung gewesen und bestandskräftig geworden (Urteil des Senats vom 13.12.2001 in der Sache L 9 Al 249/97). Auch insoweit ist ein unmittelbares erneutes Begehren um gerichtlichen Rechtschutz unzulässig.

Der von der Klägerin unter Ziffer 2) gestellte, gegenüber der ersten Instanz variierte Zahlungsantrag ist nichts anderes als ein Annex zu Ziffer 1) im Rahmen einer unechten Leistungsklage nach § 54 Abs.4 SGG und demnach aus den gleichen Gründen unzulässig.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 15.10.1998 war demnach - auch in der Gestalt, die die Klagen im Berufungsverfahren angenommen haben - zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und das Urteil weicht nicht ab von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht auf dieser Abweichung.
Rechtskraft
Aus
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