L 14 KG 34/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 KG 197/95 Z
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 34/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 23. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage auf Feststellung, dass die Beklagte zur Gewährung des Kindergelds durchgehend in den Jahren von 1989 bis 1995 verpflichtet gewesen ist, wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Prozessbeteiligten ist inzwischen nur noch ein Anspruch auf Ausbildungskindergeld für Oktober 1989 bis März 1990 und für Mai 1991 bis Dezember 1995.

Der Käger bezog von der Beklagten Kindergeld für den am 1971 geborenen Sohn A. bis Ende Juni 1990. Als ein maschinell erstellter Bescheid, mit dem die Bewilligung des Kindergelds wegen (voraussichtlicher) Beendigung der Ausbildung A. am Gymnasium mit dem 31.07.1990 aufgehoben werden sollte, im Juni 1990 als unzustellbar in Rücklauf kam, verfügte ein Sachbearbeiter der Beklagten die Einstellung der Zahlungen mit Ende Juni 1990. Auf Anfrage teilte die Verbandsgemeindeverwaltung N. mit, dass sich der Kläger von seinem bisherigen Wohnsitz in O. , F.-Str., nach M. , , und die Ehefrau mit Sohn nach Irland abgemeldet hatten. Der Zeitpunkt des Wohnsitzwechsels war nicht angegeben.

Mit dem an die M. Adresse abgesandten Bescheid vom 10.09. 1990 hob die Beklagte die Kindergeldbewilligung mit Wirkung ab 01.07.1990 auf, weil A. weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) mehr habe (§ 2 Abs.5 BKGG a.F.).

Die danach von Amts wegen angestellten weiteren Ermittlungen ergaben, dass A. die Schulausbildung am Gymnasium in O. im August 1989 vor Ablegung des Abiturs "beendet" hatte. Fragen zum Sachverhalt (Schreiben der Beklagten vom 25.01.1991) beantwortete der Kläger nicht. Mit Bescheid vom 18.07.1991 hob die Beklagte die Bewilligung des Kindergelds wegen Verletzung einer Mitteilungspflicht durch den Kläger rückwirkend ab September 1989 auf und forderte das bis Juni 1990 bezahlte Kindergeld in Gesamthöhe von 500,- DM (10 Monate zu jeweils 50,- DM) zurück. Zur Begründung gab sie unter anderem an, sie gehe jetzt von einem Auslandsaufenthalt A. ab September 1989 aus; nachdem weder ein gewöhnlicher Aufenthalt noch ein Wohnsitz des Kindes im Inland vorlägen, stehe das Kindergeld nicht mehr zu (§ 2 Abs.2 und Abs.5 Satz 1 BKGG a.F.). Am 18.07.1991 ging bei der Beklagten die Mitteilung der Gemeinde O. ein, dass sich der Kläger dort zum 01.07.1989 abgemeldet hatte.

Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 18.07.1991 am 16.08. 1991 Widerspruch (Schreiben vom 09.08.1991 mit irländischer Adresse) und machte geltend, die Beklagte müsse sich an dem bindend gewordenen Bescheid vom 10.09.1990 mit der Aufhebung der Kindergeldbewilligung erst ab Juli 1990 festhalten lassen. Die Korrespondenz solle künftig über die irländische Adresse geführt werden, weil sich seine betagte Mutter sehr aufgeregt habe. Der Bescheid vom 18.07.1991 sei ihm von seiner Tochter nachgesandt worden und habe ihn am 08.08.1991 erreicht.

Die Beklagte klärte den Kläger mit Schreiben vom 05.09.1991 über Sachverhalt und Rechtslage auf (materiell-rechtlicher Anspruch, Voraussetzungen des § 48 SGB X; der bindende Bescheid vom 10.09.1990 hindere nicht eine weitergehende Aufhebung); sie bat um weitere Angaben zur Ausbildung des Sohnes in Irland und den Grund des Auslandsaufenthaltes des Klägers, damit Ausnahmetatbestände eines Kindergeldanspruchs geprüft werden könnten. Der Kläger erklärte daraufhin (Schreiben vom 21.09.1991, Eingang bei der Beklagten am 27.09.1991), er beantrage die Aufhebung des bindend gewordenen Bescheids vom 10.09.1990 und die weitere Gewährung sowie Nachzahlung von Kindergeld, da ihm die Beklagte wegen des nicht maßgebenden Aufhebungsgrunds "Auslandsaufenthalte des Sohnes" vorher nicht richtig beraten habe und er deswegen diesen Bescheid hingenommen habe, aber ihm wegen unrichtiger Beratung ein Anfechtungsrecht zustehe und die Beklagte ihn in den vorigen Stand versetzen müsse. Der Bescheid vom 10.09. 1990 sei (sinngemäß:) auch aufzuheben. Er habe sich in der Vergangenheit mehrfach und auch für längere Zeiträume in dem in seinem Miteigentum stehenden Haus in M. aufgehalten, wo seine Mutter und die Tochter S. wohnten. In Irland halte er sich aus privaten Gründen auf. Sein Sohn habe ab September 1989 ein College in Irland besucht und werde dort ab September 1991 studieren, voraussichtlich vier Jahre lang.

Die Beklagte zog die Leistungsakte (Arbeitslosengeld) des Arbeitsamts M. bei, aus der ein inländisches Beschäftigungsverhältnis des Klägers als Angestellter (HUK-Schadensregulierer) bis einschließlich September 1989 und - nach Angaben des Klägers in Antragsformularen - Auslandsaufenthalte vom 01.10. 1989 bis 24.04.1990, 01.07. bis 17.09.1990, 10.01. bis 06.03. 1991 und ab 15.04.1991 mit zwischenzeitlichem Bezug von Arbeitslosengeld hervorgingen. Sie veranlasste weiterhin zur Klärung der Wohnsitzfrage den Besuch eines Außendienstmitarbeiters bei der Mutter des Klägers im Haus in M. und ermittelte, dass diesem in Irland kinderbezogene Familienleistungen (ab 18. Lebensjahr des Kindes) nicht zustanden und auch nicht gewährt wurden (Auskunft des irischen Leistungsträgers vom 13.02.1992). Weitere Erhebungen ergaben, dass der Kläger vom 25.04. bis 30.09.1990, 18.09.1990 bis 09.01.1991 und 07.03. bis 13.04.1991 Arbeitslosengeld bezogen hatte.

Mit Bescheid vom 25.03.1992 i.d.F. des Bescheides vom 30.04.1992 bewilligte die Beklagte "unter Abänderung des Bescheids vom 18.07.1991" dem Kläger in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer (bis 30.09.1989) und als Bezieher von Arbeitslosengeld in der Zeit vom 25.04. bis 30.06.1990 gemäß Art.73, 74 Verordnung (EWG) Nr.1408/71 Kindergeld für September 1989 sowie April bis Juli 1990 und stellte damit eine Überzahlung lediglich in Höhe von 300,- DM fest. Anläßlich dieser Entscheidung teilte die Beklagte auch mit, dass dem Kläger in den Zeiträumen von September 1990 bis einschließlich Januar 1991 und von März bis April 1991 ein Anspruch auf Kindergeld nach EG-Recht in Gesamthöhe von 350,- DM (7 x 50,- DM) zustehe. Hiergegen werde mit der Überzahlung aufgerechnet, der restliche Betrag von 50,- DM an den Kläger überwiesen. Anstelle der üblichen Rechtsbehelfsbelehrung führte die Beklagte an, dass die Bescheide vom 25.03. und 30.04.1992 Gegenstand des Widerspruchsverfahrens seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.1992 wies die Rechtsmittelstelle der Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück und führte u.a. aus, dass dem Kläger über die in den angefochtenen Bescheiden genannten Leistungszeiträume hinaus Kindergeld nicht zustehe. Weder er noch A. hätten seit dem 01.09.1989 einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt; der Kläger habe sich nur besuchsweise in M. aufgehalten. Zu Recht sei die Kindergeldbewilligung für Oktober 1989 bis März 1990, Juli/August 1990, Februar 1991 und ab Mai 1991 aufgehoben worden, da in diesen Zeiträumen ein materiell-rechtlicher Anspruch nach EG-Recht nicht bestanden habe und der Kläger - obwohl durch Merkblätter belehrt - seiner Pflicht zur Mitteilung der Änderung der Wohnsitze nicht nachgekommen sei.

Mit der beim Sozialgericht Mainz erhobenen Klage beantragte der Kläger zu erkennen, dass die Rückforderung einer Kindergeldzahlung in Höhe von 300,- DM zu Unrecht bestehe und die Kindergeldkasse für die Zeit der Ausbildung seines Sohnes A. in Irland verpflichtet sei, Kindergeld zu zahlen. Im Gegensatz zur Ehefrau und zu dem Sohn A. , die er nach Irland abgemeldet habe, hätte er seinen Wohnsitz nach M. verlegt, weil absehbar gewesen sei, dass für ihn Aufenthalte in der BRD erforderlich sein würden. Gegen den Bescheid vom 10.09.1990 habe er deswegen keinen Widerspruch erhoben, weil der Bescheid mit dem Auslandsaufenthalt des Sohnes begründet gewesen sei.

Der Kläger behauptete wiederum, einen Wohnsitz in der BRD zu haben, und vertrat die Ansicht, deswegen könne er seine Mitteilungspflichten nicht grob fahrlässig verletzt haben. Auf den Wohnsitz des Sohnes komme es wohl nicht entscheidend an. Vom Erhalt eines Merkblattes sei ihm nichts bekannt. Die Beklagte sei an den nie widerrufenen und gültigen Aufhebungsbescheid vom 10.09.1990 gebunden. Er fechte diesen Bescheid nachträglich an, bzw. habe ihn bereits mit Schreiben vom 21.09.1991 angefochten, und zwar nicht mit "normalem Widerspruch", weil es hierfür zu spät sei, sondern wegen Irreführung und Fehlinformation durch die Beklagte.

Die Beklagte vertrat die Ansicht, dass der Bescheid vom 10.09. 1990 bindend geworden sei und - soweit die mit Klage angefochtenen Bescheide über den Zeitraum von September 1989 bis Juni 1990 hinaus eine Regelung getroffen hätten - einem Antrag auf Zugunstenentscheidung gemäß § 44 SGB Teil X (SGB X) teilweise entsprochen worden sei.

Das Sozialgericht Mainz verwies den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15.01.1993 wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Sozialgericht Nürnberg, das im Verfahren S 9 Kg 18/93.Vw die Klage mit Urteil vom 25.10.1993 abwies und die Berufung nicht zuließ, weil seiner Ansicht nach nur über einen Anspruch des Klägers für den Zeitraum von Oktober 1989 bis März 1990 in Höhe von 300,- DM gestritten werde. Dieser stehe dem Kläger nicht zu. Zwar neige die Kammer dazu, einen Wohnsitz des Klägers in der BRD im streitigen Zeitraum zu bejahen, brauche dies aber nicht abschließend zu entscheiden. Es fehle an einer weiteren Anspruchsvoraussetzung, dem Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in der BRD. Ein Fall, dass ein Kind sich lediglich zum Zwecke einer zeitlich begrenzten Schul- und Berufsausbildung im Ausland aufhalte (BSG vom 15.04.1984 - 10 Rkg 2/88), liege nicht vor.

Gegen das Urteil legte der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde ein und rügte u.a., dass die Klage wegen Gewährung des Kindergelds für die Dauer der Ausbildung seines Sohnes den Beschwerdewert von 1.000,- DM übersteige. Daraufhin ließ das Sozialgericht die Berufung zu (Beschluss vom 31.01.1994).

Im anschließenden Berufungsverfahren L 14 Kg 7/94 brachte der Kläger vor, er selbst habe in Irland keinen Wohnsitz, halte sich dort nur zeitweise - für einen längeren Urlaub - "in unserem Häuschen im EG-Ausland" auf. Auch das Finanzamt veranlage ihn - auf Einspruch hin - nicht als Ausländer. Über kurz oder lang müsse er zur Pflege seiner Mutter "seinen ständigen Wohnsitz" wieder in M. nehmen. Auch die Ehefrau habe inzwischen ihren Wohnsitz in M. genommen (Schriftsatz vom 18.05.1994). Er habe nie behauptet, dass A. derzeit einen Wohnsitz in der BRD habe. Auf dessen tatsächlichen Wohnsitz komm es beim Kindergeldanspruch nicht an. Sein Sohn halte sich nur vorübergehend in Irland zu Studienzwecken auf. Jener habe während des Studiums eine Wohnung in dem Ort G. und wohne in den Ferien in dem elterlichen irischen Haus im Ort G. bei G ...

Im Übrigen brachte der Kläger vor, die Beklagte habe seinen Antrag auf Weitergewährung des Kindergeld vom 21.09.1991 nicht verbeschieden. Mit dem Bescheid vom 10.09.1990 sei außerdem die Widerspruchsfrist nicht in Lauf gesetzt worden. Die Beklagte habe anfänglich wegen Ausbildung des Sohnes ermittelt und sei an diese Rechtsansicht gebunden (gemeint: falls das Kindergeld wegen Beendigung der Ausbildung entzogen worden ist und sich nun herausstellt, dass weiterhin Ausbildung vorliegt, kann die Beklagte das Kindergeld nicht mehr wegen fehlenden Wohnsitzes entziehen). Mit Bescheid vom 18.07.1991 sei in unzulässiger Weise die Kindergeldbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben worden. Im Übrigen müsste die Unfähigkeit der Beklagten, ordentliche Bescheide zu erteilen, nach Treu und Glauben zur Zubilligung des Kindergelds führen.

Das Bayerische Landessozialgericht hob mit Urteil vom 22.06. 1995 das sozialgerichtliche Urteil wegen verschiedener Verfahrensmängel (unter anderem Unvollständigkeit hinsichtlich der Zeit ab 01.06.1990) auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.

Im anschließenden Verfahren vor dem Sozialgericht, weitergeführt unter dem Az.: S 9 Kg 197/95 Z, brachte der Kläger - teilweise wiederholend - vor, die Ausbildung des Sohnes A. in Irland sei nur vorübergehend, es stehe bereits jetzt mit ziemlicher Sicherheit fest, dass A. nach Abschluss des Studiums (ab Januar 1996 an der Universität L.) Irland verlassen werde. Er weise vorsorglich darauf hin, dass A. üblicherweise, nicht aber 1995, einen großen Teil der fast vier Monate dauernden Sommerferien in der elterlichen Wohnung in M. verbracht habe. Er selbst halte sich seit Oktober 1989 teilweise in Irland, teilweise in Deutschland auf. Seine Ehefrau und er hätten vor mehreren Jahren ein kleines Cottage in Irland gekauft, in dem er sich aufhalte, wenn er im Lande sei. Der Aufenthalt in Irland sei bisher privater Natur, einem Beruf gehe er noch nicht nach. Er halte sich zwar zeitlich überwiegend in Irland auf, habe aber nach dem Gewicht seiner Bindungen einen Wohnsitz in M. beibehalten. Dort lebe nicht nur seine Mutter und seine Tochter, er habe dort auch Immobilienbesitz. Dabei handele es sich um das Elternhaus des Klägers, das ihm zu 3/4 und seiner Mutter zu 1/4 gehöre, und um ein weiteres Haus, das ihm zusammen mit seiner Ehefrau gehöre und vermietet sei. Die Aufenthalte in Deutschland übernehme er stets mit seiner Ehefrau, der Sohn A. komme zu anderen Zeiten alleine nach Deutschland, ebenfalls regelmäßig, aber nicht 1995. Seine Ehefrau und er seien praktisch Langzeit-Urlauber in Irland, und der dortige Aufenthalt stehe in keinem direkten Zusammenhang mit dem Studium des Sohnes bzw. dessen dortigen Aufenthalt.

Die Prozessbeteiligten schlossen in der Verhandlung am 23.06. 1999 einen Teilvergleich betreffend die Zeiträume Juli und August 1990 sowie Februar 1991; insoweit sollte dem Kläger das Kindergeld nach EG-Recht zustehen, weil das Arbeitsamt die Bewilligung des Arbeitslosengelds, das dem Kläger materiell-rechtlich nicht zugestanden hatte, nicht mehr aufheben konnte. Der Kläger erklärte weiterhin ausdrücklich, dass es ihm nur um einen Kindergeldanspruch für A. bis zum 31.12.1995 gehe, ferner dass die vorgenommene Verrechnung von Kindergeld in den Bescheiden vom 25.03. und 30.04.1992 nicht angegriffen werde. Er beantragte, dass unter Aufhebung bzw. Abänderung aller entgegenstehender Bescheide die Rückforderung von Kindergeld für Oktober 1989 bis März 1990 entfällt und ihm Kindergeld für A. von Mai 1991 bis Dezember 1995 nachgezahlt wird.

Das Sozialgericht hatte die Kindergeldakten sowie die Leistungsakten (Arbeitslosengeld) der Beklagten sowie die dazu gehörigen Prozessakten beigezogen, nicht jedoch die Steuerakte des Finanzamts M. , mit deren Beiziehung sich der Kläger einverstanden erklärt hatte, ebenso wenig die Prozessakte des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (1 K 1953/98). Aus den Akten und Unterlagen der Beklagten ergab sich u.a., dass dem Kläger aufgrund eines Antrags auf Kindergeld vom 07.03.1996 Kindergeld für A. von Januar bis Mai 1996 (monatlich 200,- DM) nach dem Einkommensteuergesetz bewilligt worden war; ein weiterer Anspruch ab Juni 1996, der zunächst wegen eines fehlenden Ausbildungsnachweises von der Bewilligung des Kindergelds nicht umfasst war, wurde im anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 10.03.1999 (1 K 1953/98) abgelehnt. Das Finanzgericht hatte den für den Anspruch erforderlichen (steuerrechtlichen) Wohnsitz des Klägers in der BRD mit ausführlicher Begründung verneint und fühlte sich nicht an die Meinung des Finanzamts M. gebunden, das auf Einspruch des Klägers hin den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1990 aufgehoben hatte, weil der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 des Einkommensteuergesetzes) sei. Hiervon war das Finanzamt ausgegangen, zumal der Kläger doch in M. ein Zimmer mit 23 qm zur Verfügung habe, das als Wohnung dienen könne.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 23.06.1999 ab, weil dem Kläger weder in der Zeit von Oktober 1989 bis März 1990 noch in der Zeit von Mai 1991 bis Dezember 1995 das Kindergeld zugestanden habe. Hierbei ging es u.a. davon aus, dass weder der Kläger noch dessen Sohn einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD gehabt hätten, und bereits bei Fehlen eines dieser Merkmale ein Kindergeldanspruch nicht mehr gegeben sei. Das Sozialgericht ging hierbei ausführlich auf die Voraussetzungen des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne von § 30 Abs.3 des Sozialgesetzbuches Teil I (SGB I) ein und zitierte hierzu umfassend Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Ferner stellte es aus den bisherigen Angaben des Klägers und allen Akten die Dauer der Aufenthalte des Klägers in der BRD, unter anderem im Jahre 1991 weniger als zehn Wochen und im Jahre 1992 weniger als sechs Wochen, dar und kam unter Berücksichtigung der Lebensplanung des Klägers, der Art und Umstände seines Verweilens im Haus in Irland sowie der Gründe der Aufenthalte in der BRD zu dem Ergebnis, dass der Kläger in den streitgegenständlichen Zeiträumen ausschließlich einen Wohnsitz im Ausland hatte; auch der Sohn des Klägers habe spätestens ab 01.10.1989 keinen Wohnsitz in Deutschland gehabt. Zwar könnten Kinder, die sich lediglich zum Zwecke einer zeitlich begrenzten Schul- oder Berufsausbildung im Ausland aufhielten, nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15.04.1984 - 10 Rkg 2/88) den Wohnsitz in der BRD beibehalten. Diese Fallgestaltung liege aber nicht vor, weil auch der Kläger und seine Ehefrau ihren Wohnsitz in Irland im streitigen Zeitraum begründet hätten und damit Umstände vorlägen, die erkennen ließen, dass A. in Irland nicht nur vorübergehend und lediglich zum Zwecke einer zeitlich begrenzten Schul- oder Berufsausbildung verweilt habe. Dies beweise die Abmeldung des Sohnes und der Ehefrau des Klägers bei der Gemeinde O. verbunden mit der Abmeldung nach Irland.

Die Beklagte habe hinsichtlich des Zeitraums Oktober 1989 bis März 1990 die Bewilligung des Kindergeld gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X zurücknehmen dürfen, weil der Kläger grob fahrlässig seiner Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei. So habe er unter dem 11.10.1994 versichert, dass er alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen wahrheitsgetreu und vollständig gemacht habe. Ihm sei bekannt, dass er alle Änderungen, die für den Anspruch auf Kindergeld von Bedeutung seien, unverzüglich dem Arbeitsamt - Kindergeldkasse - anzuzeigen habe. Das "Merkblatt über Kindergeld" habe er erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen. Ihm sei bekannt, dass der Anspruch auf Kindergeld zu einem späteren Zeitpunkt durch amtliche Unterlagen nachgewiesen werden müsse und das Kindergeld bis dahin unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlt werde. Eine entsprechende Erklärung habe der Kläger später unter dem 07.12.1978 unterschrieben und ebenfalls unter dem 14.03.1983 sowie unter dem 26.08.1983. Eine solche Erklärung sei auch unter dem 30.12.1986 erfolgt; zuletzt sei der Kläger mit Schreiben vom 07.01.1988 darauf hingewiesen worden, er sei verpflichtet, dem Arbeitsamt jede Änderung in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld von Bedeutung seien, unverzüglich anzuzeigen. Näheres hierüber könne er in den Nrn.34 bis 37 des Merkblattes über Kindergeld entnehmen. Damit sei der Kläger zuletzt zeitnah auf seine allgemeine Verpflichtung zur Mitteilung bedeutsamer Umstände hingewiesen worden und könne sich nicht darauf berufen, ein Merkblatt über Kindergeld vor "20 Jahren" erhalten zu haben.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung vertritt der Kläger die Auffassung, "dass das Kindergeld formell nicht aufgehoben wurde und daher vom 01.10.1989 bis 31.12.1995 - abzüglich der Teilgewährungen in diesem Zeitraum - zu zahlen ist". Der Aufhebungsbescheid vom 18.07.1991 sei im Vorverfahren durch denjenigen vom 25.03.1992 ersetzt worden, welcher einen neuen Aufhebungsgrund enthalte. Für den neuen Aufhebungsgrund habe die Beklagte keinen neuen Aufhebungsbescheid erlassen, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, weil eine Leistung nur durch einen derartigen Bescheid aufgehoben werden könne. Sie könne nicht im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens aus neuem Grund aufgehoben werden, weil sich dieses ja mit dem Widerspruch gegen den ursprünglichen Grund befasse. Nur der neue Grund sei aber vorliegend Gegenstand des Widerspruchsbescheides. Die Beklagte habe somit im Widerspruchsbescheid über Bescheide befunden, die erst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens selbst erlassen worden seien. Einen Bescheid über den Widerspruch, der die Gründe des Bescheides vom 18.07.1991 betreffe, gebe es bis heute nicht.

Der Kläger ist ferner der Ansicht, die Beklagte habe durch ihr Verhalten bei Bescheiderteilung und im Widerspruchsverfahren zum Ausdruck gebracht, dass seine Wohnsitzsituation, die ohnehin nicht Gegenstand der ersten Bescheide gewesen sei, einem Anspruch nicht entgegenstehe. Weiterhin habe sie zum Ausdruck gebracht, dass sie hinsichtlich des Sohnes die Anspruchsvoraussetzungen für einen Kindergeldanspruch unterstelle, sofern dieser in Irland weiter studiere. Durch ihr Verhalten habe die Beklagte somit einen Vertrauensgrundsatz dahingehend geschaffen, dass im Falle des Vorliegens der zu ermittelnden Tatsachen und Voraussetzungen auch Kindergeld gewährt werde.

Zu seinem Wohnsitz bringt der Kläger nochmals vor, die Beklagte habe die Aufhebung der Kindergeldbewilligung nicht darauf gestützt und dürfe dies auch nicht im Widerspruchsbescheid tun, ohne dass vorher ein entsprechender Aufhebungsbescheid ergangen sei. Die Beklagte habe ihn auch nicht dazu angehört. Nachdem eine Änderung grundsätzlich erst mit Zustellung des Bescheids in Kraft trete und ein Bescheid über den Wohnsitz des Klägers nicht vorliege, bedeute dies in der Praxis, dass die Leistung aus diesem Grunde nicht mehr aufgehoben werden könne. Außerdem habe das Sozialgericht unrichtigerweise nur einen einzigen Wohnsitz seinerseits angenommen, und nicht zwei Wohnsitze, weil es auf dem Lebensmittelpunkt abgestellt habe. Für richtig werde gehalten, dass zum Beispiel ein längerer Auslandsaufenthalt gegen eine andere inländische Beziehung wirtschaftlicher, sachlicher oder privater Art abzuwägen sei. Derartiges habe nicht stattgefunden. Das Sozialgericht habe sich mit der regelmäßigen Benutzung der Wohnung in M. beschäftigt und aus den gesamten Umständen Fehlschlüsse gezogen. Im Übrigen führt er aus, dass er an beiden Häusern in der BRD Wartungs- und Reparaturarbeiten selbst ausführen oder überwachen habe müssen, weiterhin die Mietangelegenheiten regeln. Dies alles habe regelmäßige Aufenthalte in M. erforderlich gemacht. Er habe sich auch aus familiären und sonstigen Gründen in M. aufgehalten.

Der Aufenthalt des Sohnes in Irland sei nur ein vorübergehender gewesen (anfängliche Prognose), unter anderem wegen der extrem hohen Arbeitslosigkeit in dem Auswandererland Irland. Der Sohn habe die großen Ferien teilweise in der M. Wohnung verbracht, außerdem in Bremen (1996) ein mehrmonatiges Praktikum absolviert. Er habe sich auch bei deutschen Firmen um Arbeit beworben. Er wohnte und wohne weiterhin in einer eigenen Wohnung in Irland; mit zwei oder drei Studenten sei am jeweiligen Studienort grundsätzlich ein komplettes Haus angemietet worden, so dass es sich um eine vollwertige Wohnung und nicht nur um eine Studentenbude handele. Der vorübergehenden Ausbildungssituation in Irland stehe nicht entgegen, dass die Eltern nach den Feststellungen des Sozialgerichts auch dort ihren Wohnsitz begründet hätten. Für einen derartigen Schluss gebe es jedoch keinen Erfahrungssatz, was ja auch vorliegend bestätigt werde. Der Sohn könne jederzeit in die M. Wohnung der Eltern ziehen, wo auch schon vorher die Tochter gewohnt habe, oder er könne sich eine eigene Wohnung in Deutschland beschaffen.

Er, der Kläger, habe auch nicht seine Meldepflichten grob fahrlässig verletzt. Der Schulwechsel als solcher sei überhaupt nicht anzuzeigen gewesen, ebenso wenig der Umzug der Ehefrau. Die Verlegung seines Wohnsitzes habe er, der Kläger, nicht anzeigen müssen, weil er in M. einen Wohnsitz im eigenen Haus gehabt habe. Im Übrigen habe die Beklagte die ganze Zeit über Kenntnis von der Situation gehabt und sich nicht daran gestört. Sie könne daher nicht später dem Kläger Vorwürfe machen.

Die Beiziehung der Akten des Finanzgerichtes, die Gegenstand der letzten mündlichen Verhandlung gewesen seien, werde nicht für zulässig gehalten. Er wende sich gegen die Beiziehung dieser Akte, weil das Urteil vom 10.03.1999 eine große Anzahl falscher Tatsachenfeststellungen enthalte. Er habe eine Genehmigung zur Beiziehung der Akten des Finanzamtes erteilt, aber nicht zur Beiziehung der Akte des Finanzgerichtsprozesses. Es werde um Überprüfung gebeten, ob das Urteil des Sozialgerichts nicht schon wegen eines diesbezüglichen Formfehlers aufzuheben sei.

Die Fragen des Senats, wann ihm die Anfrage der Beklagten vom 08.09.1990 und der Bescheid vom 10.09.1990 zugegangen seien, kann der Kläger nicht beantworten. Er trägt vor, beide seien zusammengeheftet gewesen und an seine M. Adresse gesandt worden, wann, wisse er nicht.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass Kindergeld nicht rechtskräftig aufgehoben wurde, daher vom 01.10.1989 bis 31.12.1995 zu gewähren ist, abzüglich der Teilzahlungen in diesem Zeitraum, hilfsweise, die Bescheide vom 18.07.1991, 25.03.1992 und 30.04.1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1992 insoweit aufzuheben, als die Kindergeldbewilligung (im Zeitraum von September 1989 bis Juni 1990) für Oktober 1989 bis März 1990 aufgehoben und einen Betrag von DM 300,- zurückgefordert bzw. aufgerechnet worden ist, weiterhin insoweit, als ein Kindergeldanspruch (im Zeitraum ab Juli 1990) für Juli und August 1990, Februar 1991 und ab Mai 1991 versagt worden ist, außerdem die Beklagte zu verurteilen, ihm Kindergeld für A. für Juli 1990, August 1990, Februar 1991 und ab Mai 1991 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat zum Verfahren beigezogen: vier Band Kindergeldakten der Beklagten, fünf Band Klageakten des Sozialgerichts Nürnberg in Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung (S 8 AL 481, 482 483, 484/91 und S 13 AL 797/98 (einschließlich der hierzu gehörenden Berufungsakte B 244/97 des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz-Saarland), zwei Band Prozessakten des Sozialgerichts Nürnberg in Kindergeldangelegenheiten (S 9 Kg 18/93 Vw = S 9 Kg 197/95 Z), vier Band Prozessakten des Sozialgerichts Mainz in Angelegenheiten Arbeitslosenversicherung (S 7 Ar 5, 6, 7, 8/92, darin eingeheftet auch die Berufungsakte des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz 1 Ar 107/95 und 1 Ar 121/97), die Prozessakte des Arbeitsamts Mainz in Angelegenheiten Kindergeld sowie die bereits abgeschlossenen Streitakten des Bayerischen Landessozialgerichts in Kindergeldangelegenheiten (L 14 Kg 7/94 und 27/95 sowie L 14 B 423/99 KG), außerdem (die vom Kläger eingereichten) Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1991 bis 1995.

Widersprochen hat der Kläger der Beiziehung der Akte des Landgerichts Mainz 1.0.529/00 betr. einen Rechtsstreit des Klägers gegen die Beklagte wegen Schadensersatzes (Amtspflichtverletzung im Verwaltungsverfahren wegen Arbeitslosengeld).

Dem Senat lagen die Prozessakten beider Rechtszüge zur Verhandlung vor, weiterhin die angeführten beigezogenen Akten (ohne Akte des Landgerichts Mainz, des Finanzamts M. und des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz). Zur Ergänzung des Tatbestands im Einzelnen, insbesondere hinsichtlich des umfangreichen Vortrags des Klägers in vielen Prozessen, wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), in der Hauptsache jedoch nicht begründet.

Der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass dem Kläger in den noch streitbefangenen Zeiträumen (Oktober 1989 bis März 1990 und Mai 1991 bis Dezember 1995) materiell-rechtlich kein Kindergeldanspruch zusteht. Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung des Kindergelds für den Sohn A. für die Zeit vom 01.10.1989 bis 31.03.1990 aufgehoben und 300,- DM gezahltes Kindergeld zurückgefordert (Bescheid vom 18.07.1991, abgeändert durch Teilabhilfebescheide vom 25.03. und 30.04.1992 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1992); die Aufrechnungsentscheidung selbst, d.h. die Vollziehung der Rückforderung durch Aufrechnung gegen eine Nachzahlung, hat der Kläger ausdrücklich nicht beanstandet.

Die Beklagte hat weiterhin zu Recht die Bewilligung des Kindergelds für die Zeit ab Mai 1991 abgelehnt; insoweit ist eine Neuverbescheidung durch die Teilabhilfebescheide vom 25.03. und 30.04.1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05. 1992 erfolgt, die ebenfalls nicht zu beanstanden ist.

1) Zur Auslegung der Berufungsanträge des Klägers und zur Klarstellung, inwieweit Bescheide der Beklagten - nach dem sinngemäßen Begehren des Klägers - unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich eingetretenen neuen Sachverhalte noch abzuändern bzw. (teilweise) aufzuheben sind, weist der Senat auf Folgendes hin: Der Bescheid vom 10.09.1990, mit dem die Kindergeldbewilligung mit Wirkung ab 01.07.1990 aufgehoben worden ist, ist rechtsverbindlich geworden. Mangels Vermerks der Aufgabe zur Post auf diesem Bescheid (Zweitschrift in den Akten der Beklagten) kann der Zeitpunkt der Bekanntgabe gegenüber dem Kläger zwar nicht genau bestimmt werden, aber die Frist zur Einlegung des Widerspruchs von einem Monat (§ 84 Abs.1 SGG) ist jedenfalls abgelaufen. Der Kläger vermochte den Zeitpunkt des Zugangs auf nachträgliches Befragen nicht mehr anzugeben. Als er aber Widerspruch gegen den späteren Bescheid vom 18.07.1991 erhob (Schreiben vom 09.08.1991), erwähnte er hierin auch den Bescheid vom 10.09.1990, der seiner Ansicht nach rechtsverbindlich sein und dem Bescheid vom 18.07.1991 entgegenstehen sollte).

Eine Bekanntgabe ist somit spätestens am 09.08.1991 erfolgt, die Widerspruchsfrist also spätestens am 09.09.1991 abgelaufen. Zu Recht hat der Kläger mit dem am 27.09.1991 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 21.09.1991 die Bestandskraft eingeräumt; wenn er damals gleichwohl ein "Anfechtungsrecht" und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geltend gemacht hat, so war ihm Wiedereinsetzung schon deshalb nicht zu gewähren, weil der von der Beklagten im Bescheid vom 10.09.1990 genannte Grund für die Aufhebung der Kindergeldbewilligung (kein Wohnsitz und ständiger Aufenthalt des Kindes in der BRD) zutreffend gewesen und der Kläger nicht unverschuldet an der rechtzeitigen Einlegung des Widerspruchs gehindert gewesen ist (§ 67 Abs.1 SGG).

Der rechtsverbindliche Bescheid vom 10.09.1990 (Aufhebung der Kindergeldbewilligung ab 01.07.1990) ist auch nicht, wie der Kläger meinte, durch den Bescheid vom 18.07.1991 (Aufhebung des Kindergelds dem Wortlaut nach ab September 1989 und Rückforderung des für September 1989 bis Juni 1990 gezahlten Betrags) ersetzt worden. Mit dem letztgenannten Verwaltungsakt ist nur insoweit entschieden, als die Kindergeldbewilligung noch wirksam gewesen ist, also für die Zeit vom 01.09.1989 bis 31.06. 1990.

Allerdings vermag der rechtsverbindliche Bescheid vom 10.09. 1990 mit der ausgesprochenen Rücknahme der Kindergeldbewilligung ab 01.07.1990 keine unbegrenzte Wirkung entfalten und ist für die jetzt nur noch streitbefangene Zeit ab 01.05.1991 ohne Bedeutung (§ 39 Abs.2 SGB X), denn die Beklagte hatte mit den Bescheiden vom 25.03. und 30.04.1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1992 nicht nur teilweise dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 18.07.1991 (betreffend den Zeitraum September 1989 bis Juni 1990) durch Bewilligung des Kindergelds für September 1989 und April bis Juni 1990 abgeholfen, sondern nebenbei zugleich über den Zeitraum ab 01.07.1990 entschieden; so wurde dem Kläger noch das Kindergeld für September 1990 bis Januar 1991 und für März/April 1991 bewilligt. Hierin kann zwar - auf das Schreiben des Klägers vom 21.09.1991 - eine Zugunstenverbescheidung gemäß § 44 SGB X (teilweise Rücknahme des rechtsverbindlich gewordenen Bescheids vom 10.09.1990) zumindest für die Zeit von September 1990 bis Januar 1991 gesehen werden. Für die Zeit ab 01.03.1991 ist jedoch von einer erneuten Verbescheidung eines "Neuantrags" auszugehen. Der Kläger wandte sich zwar mit Schreiben vom 21.09.1991 gegen den rechtsverbindlichen Bescheid vom 10.09.1990, er hat aber auch beantragt, das Kindergeld weiterhin zu gewähren und nachzuzahlen. Zu seinen Gunsten war ehemals davon auszugehen, dass neben einem möglichen Antrag gemäß § 44 SGB X und einem verfristeten Widerspruch auch ein "Neuantrag" vorgelegen hat, den die Beklagte im Rahmen der Sechsmonatsfrist des § 9 Abs.2 BKGG a.F., also mit Wirkung ab 01.03.1991 erneut zu verbescheiden hatte. Dies ist mit Bescheiden vom 25.03. und 30.04.1999 sowie Widerspruchsbescheid vom 22.05.1992 insoweit geschehen, als dem Kläger noch Kindergeld für März und April 1991 bewilligt und sein Antrag im Übrigen abgelehnt worden ist.

Nach jetzigem Sachstand der Berufung kommt dem Bescheid vom 10.09.1990 keine Auswirkung mehr zu, da er für die Zeit vom 01.07.1990 bis 31.04.1991 durchgehend durch die Bescheide vom 25.03. und 30.04.1992 und im Übrigen aufgrund des sozialgerichtlichen Vergleichs vom 23.06.1999 aufgehoben ist und für die Zeit ab 01.05.1991 (bis 31.12.1995) eine erneute Verbescheidung erfolgte, so dass insoweit die Bestimmungen der §§ 44, 48 SGB X nicht berücksichtigt werden müssen.

Für die weiterhin noch streitbefangene Zeit von Oktober 1989- Teilabhilfebescheide vom 25.03. und 30.04.1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1992 die Aufhebung einer Kindergeldbewilligung gemäß § 48 SGB X und die Rückforderung eines gezahlten Kindergelds von 300,- DM nach § 50 Abs.1 SGB X.

Das Begehren des Klägers macht daher nur Sinn als Antrag, unter Aufhebung des sozialgerichtlichen Urteils a) die Bescheide vom 25.03. und 30.04.1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1992 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, Kindergeld für die Zeit vom 01.05.1991 bis 31.12.1995 zu zahlen, b) die Bescheide vom 18.07.1991, 25.03. und 30.04.1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1992 insoweit abzuändern, als die Aufhebung der Kindergeldbewilligung für die Zeit von Oktober 1989 bis März 1990 und die Rückforderung einer Überzahlung von 300,- DM aufgehoben werden, weiterhin die Beklagte zu verpflichten, das mit Bescheid vom 25.03. und 30.04.1992 bewilligte Kindergeld von 350,- DM (300,- DM verrechnet, 50,- DM ausbezahlt) in Höhe von 300,- DM zur Auszahlung zu bringen.

Ein derartiger Antrag deckt sich im Wesentlichen mit dem Hilfsantrag des Klägers, der dementsprechend zu interpretieren gewesen ist (§ 123 SGG), und ist unbegründet.

Unzulässig hingegen war der Hauptantrag des Klägers, den er erstmals im Berufungsverfahren aufgrund seiner nahezu abenteuerlichen Ansichten und Rechtskonstruktionen gestellt hat. Hier lag nach dem ausdrücklichen Willen des Klägers eine Feststellungsklage vor (Antrag auf Feststellung, dass die Kindergeldbewilligung durch die von der Beklagten seit 1990 erteilten Bescheide nicht rechtsverbindlich aufgehoben worden ist, d.h. präzise ausgedrückt, die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, aufgrund der angeblich nicht aufgehobenen und daher noch wirksamen Kindergeldbewilligung für A. vom 28.10.1974 das Kindergeld vom 01.10.1989 bis 31.12.1995 - ausgenommen die bereits erfolgten "Teilzahlungen" - zu leisten). Sowohl eine Feststellungsklage (§ 55 Abs.1 SGG) als auch eine eventuell in eine allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs.4 SGG) umzudeutende Klage sind unzulässig, weil der Kläger vorliegend allein mit der primär hierfür vorgesehenen Anfechtungsklage, ggf. verbunden mit einer Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage, zum Ziel kommen konnte. Die von der Beklagten erteilten Bescheide stehen, gleich ob die Bescheidsbegründung richtig ist (so die Auffassung des Senats) oder unrichtig ist (so der Kläger), dem Begehren des Klägers auf Kindergeld entgegen und bedurften im Falle der Leistungsgewährung der gerichtlichen Aufhebung.

Laut Kläger soll die im Jahre 1974 erfolgte Bewilligung des Kindergelds für A. , ein Dauerverwaltungsakt, "nicht formell" von der Beklagten aufgehoben worden sein, weil der Aufhebungsbescheid vom 18.07.1991 durch den vom 25.03.1992 (und den vom 30.04.1992) ersetzt worden sei, der einen neuen Aufhebungsgrund enthalte. Für den neuen Aufhebungsgrund sei aber kein neuer Aufhebungsbescheid erlassen worden, der nicht im Widerspruchsbescheid liegen dürfe. Der Senat vermag hierzu festzustellen, dass der Bescheid vom 10.09.1990 die Zeit ab 01.07.1990 betrifft und rechtsverbindlich geworden ist, lediglich seine Wirksamkeit durch erneute Verbescheidung für die Leistungszeit ab 01.03.1991 verloren hat. Der Aufhebungsbescheid vom 18.07.1991 betrifft lediglich die Zeit von September 1989 bis Juni 1990 und wurde durch die Abhilfebescheide vom 25.03. und 30.04.1992 insofern modifiziert, d.h. teilweise geändert und nicht ersetzt, als Leistungen für September 1989 und April bis Juni 1990 aufgrund des EG-Rechts (Arbeitslosengeldbezug) ausgenommen worden sind. Der im Bescheid vom 18.07.1991 genannte Grund für die Aufhebung der Kindergeldbewilligung (fehlender inländischer Wohnsitz des Sohnes und fehlender gewöhnlicher Aufenthalt im Inland) für die Zeit von Oktober 1989 bis März 1990 blieb im Übrigen bestehen, wurde - entgegen der irrigen Annahme oder den irreführenden Behauptungen des Klägers - nicht ausgewechselt bzw. "ersetzt".

Mit den Bescheiden vom 25.03. und 30.04.1992 erfolgte im Übrigen eine erneute Verbescheidung des Antrags des Klägers vom 27.09.1991 auf Kindergeld für die Zeit ab 01.03.1991 (Gewährung des Kindergelds für März und April 1991 nach EG-Recht i.V.m. dem Arbeitslosengeldbezug des Klägers, im Übrigen Ablehnung); insoweit wurde keine früher bestehende Kindergeldbewilligung aufgehoben, sondern ein erneuter Antrag ablehnend verbeschieden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.1992 sind die Bescheide vom 18.07.1991, 25.03. und 30.04.1992 inhaltlich bestätigt worden. Erstmals hier wurde sowohl für die Aufhebung der Kindergeldbewilligung als auch für die Ablehnung des Kindergeldantrags vom 27.09. 1991 ein weiterer Grund genannt, nämlich dass es auch am inländischen Wohnsitz des Klägers bzw. dessen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland fehle. Ein Auswechseln bzw. ein "Ersetzen" des Grundes für die Aufhebung der Kindergeldbewilligung und für die Ablehnung des im Jahre 1991 gestellten Antrags fand nicht statt. Vielmehr wurde im Widerspruchsbescheid nur ergänzend ein weiterer Grund genannt, warum ein Kindergeldanspruch ebenfalls nicht bestehen könne.

Unabhängig davon hat der Kläger nicht beachtet, dass maßgebender Regelungssatz der Bescheide der Beklagten (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) die Aufhebung einer Kindergeldbewilligung und die Ablehnung eines Kindergeldantrags (Verneinung eines Kindergeldanspruchs -Versagung -) waren. Hierüber wurde ein Ausspruch getroffen. Die Begründung des Regelungssatzes eines Verwaltungsakts gehört nicht zum Regelungssatz und nimmt auch nicht an der Rechtsverbindlichkeit teil; sie ist austauschbar, ersetzbar, ergänzbar und kann auch unrichtig sein oder fehlen, ohne dass hierdurch die Regelung, dass eine Bewilligung aufgehoben oder ein Kindergeldantrag abgelehnt wird, in ihrem Bestand bzw. ihrer Wirksamkeit betroffen wird. Mithin bedurfte es keines neuen Aufhebungsbescheids oder Ablehnungsbescheids, wenn die Beklagte andere Gründe als bisher für eine bereits ausgesprochene Aufhebung oder Ablehnung für maßgebend oder zusätzlich für einschlägig hielt. Eine andere Frage ist es, ob das Nachschieben von Gründen einen Verwaltungsakt fehlerhaft machen kann, insbesondere wegen mangelnder Anhörung. Dies bestätigt aber keineswegs die irrealen Vorstellungen des Klägers, dass ein Aufhebungsbescheid mit einem "alten Aufhebungsgrund" keine rechtliche Existenz bzw. Wirkung habe und bei einem "neuen Aufhebungsgrund" ein erneuter Aufhebungsbescheid ergehen müsse, weil ansonsten eine Aufhebung "formell" nicht bewirkt sei, also rechtlich nicht existiere. Das allgemeine Verwaltungsrecht und daran anknüpfend das SGB X unterscheiden streng zwischen dem Verwaltungsakt im Sinne der Regelung eines Einzelfalles mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen (§ 31 Satz 1 SGB X) und der Begründung des Verwaltungsakts (§ 35 SGB X). Dementsprechend ist die Wirksamkeit und Nichtigkeit eines Verwaltungsakts geregelt (§ 39 ff. SGB X). Eindeutig geht aus § 41 Abs.1 Nr.2 und Abs.3, § 42 SGB X hervor, dass das Fehlen der Begründung eines Verwaltungsakts (ebenso eine unrichtige oder unvollständige Begründung) den Verwaltungsakt nicht unwirksam und nichtig macht, sondern der gleichwohl wirksame Verwaltungsakts allenfalls fehlerhaft ist, wobei aber solche Mängel - nur bei Ermessensbescheiden - zur gerichtlichen Aufhebung führen. Ausdrücklich ist zudem in § 41 Abs.1 Nr.2 SGB X vorgesehen, dass eine erforderliche Begründung eines Verwaltungsakts nachträglich gegeben werden kann, also nach Erteilung eines Bescheids und selbst nach Ergehen des Widerspruchsbescheids, damit erst recht erstmals in einem Widerspruchsbescheid. Fehlt bei Verwaltungsakten, die - wie vorliegend - keine Ermessensentscheidung erfordern, die Begründung und wird sie auch nicht nachträglich beigebracht, so ist der in seinem Regelungssatz wirksame Verwaltungsakt zwar fehlerhaft, dies würde aber nicht zur gerichtlichen Aufhebung führen. Dieses Ergebnis ist aus § 41 Abs.3 und § 42 SGB X herzuleiten (Eine andere Frage ist wiederum, ob in Zusammenhang mit einem solchen Verwaltungsakt die Vorschriften über die Anhörung verletzt worden sind und der Verwaltungsakt deswegen fehlerhaft sein könnte).

2) Der Kläger vertrat unrichtigerweise auch die Rechtsauffassung, dass einzelne Tatbestandsmerkmale (Wohnsitz und ständiger Aufenthalt oder Ausbildung des Kindes) eines Anspruchs isoliert verbeschieden und abgelehnt oder bejaht würden. Jedenfalls ist wohl aus seinem Vorbringen zu entnehmen, dass dann, wenn in einem Bescheid das Kindergeld nicht wegen des Wohnsitz des Kindergeldberechtigten aufgehoben worden sei, hierauf nicht später abgestellt werden dürfe. Zutreffend ist jedoch zum einen, dass im Widerspruchsbescheid vom 22.05.1992 sowohl auf seinen als auch auf den Wohnsitz des Kindes eingegangen worden ist; auch der Widerspruchsbescheid stellt einen Bescheid dar, und Geltung hat der Ausgangsbescheid immer nur in der Fassung des Widerspruchsbescheids. Zum anderen gehören bei Ablehnung eines Kindergeldanspruchs oder Aufhebung einer Kindergeldbewilligung das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einzelner Anspruchsvoraussetzungen nur zur Begründung des Verwaltungsakts, d.h. des Regelungssatzes, dass ein Kindergeldantrag abgelehnt oder eine bestehende Kindergeldbewilligung aufgehoben werden. Insoweit wird auf das vom Senat oben zu 1) Ausgeführte Bezug genommen.

Einen rechtlich zutreffenden "Aufhänger" haben die Rügen des Klägers nur insoweit, als damit die gesetzlich vorgesehene Anhörung betroffen sein kann. Allerdings kann dies im Hinblick auf die streitbefangenen Zeiträume zwischen Oktober 1989 und Dezember 1995 nur für die Aufhebung der Kindergeldbewilligung (Oktober 1989 bis März 1990) und nicht die Ablehnung eines erneuten Kindergeldantrags (ab Mai 1991) von Bedeutung sein. § 24 Abs.1 SGB X setzt das "Eingreifen" (Minderung oder Entziehung) in Rechte eines Beteiligten voraus, worunter auch eine "formale" Rechtsposition wie der Bezug von Kindergeld aufgrund bewilligenden Verwaltungsakts trotz fehlenden Kindergeldanspruchs zu verstehen ist, nicht aber die Ablehnung eines erstmaligen oder erneuten Kindergeldantrags, der auf die künftige Gewährung einer Rechtsposition gerichtet ist (BSG vom 01.03.1979 - 6 RKa 17/77 in SozR 1200 § 34 Nr.8 m.w.N.).

Abgesehen von dieser Differenzierung bleibt festzustellen, dass die Beklagte nicht gegen die Anhörungspflicht verstoßen hat mit der Folge, dass erteilte (und somit wirksame) Bescheide einen zur gerichtlichen Aufhebung führenden Mangel bzw. Fehler aufweisen könnten.

Vor einem Rechtseingriff soll "Gelegenheit" gegeben werden, "sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern" (§ 24 Abs.1 SGB X). Ein Verstoß hiergegen ist unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird (§ 41 Abs.1 Nr.3 SGB X), z.B. im Widerspruchsverfahren vor Erteilung des Widerspruchsbescheides. Eine förmliche Anhörung (mit förmlichen Anhörungsschreiben) ist entbehrlich, wenn der Kläger anderweitig von der Beklagten (z.B. im Ausgangsbescheid oder einem Schreiben) über den Rechtseingriff und die Gründe hierfür Kenntnis erlangte und die Möglichkeit hatte, sich hierzu zu äußern (BSG vom 25.01.1979 - 3 RK 35/77). Dies gilt bis zum Ergehen des Widerspruchsbescheids.

Vorliegend war der Kläger mit dem (im vorliegenden Rechtstreit kaum mehr bedeutsamen) Bescheid vom 10.09.1990 sowie mit Bescheid vom 18.07.1991 über den konkreten Rechtseingriff und den Grund informiert (fehlender inländischer Wohnsitz bzw. fehlender gewöhnlicher Aufenthalt im Inland des in Ausbildung stehenden Sohnes); soweit es um die Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit, d.h. die Leistungszeit vor Bekanntgabe des Bescheids ging, wurde auch hierzu auf den tragenden Tatbestand, die grob fahrlässige Verletzung der Mitteilungspflicht des Klägers, hingewiesen. Weiterhin hat die Beklagte mit aufklärendem Schreiben vom 05.09.1991 nochmals auf die Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs hingewiesen, u.a. auch darauf, dass gemäß § 1 BKGG a.F. der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben müsse. Der Kläger ist dann zur Beantwortung der die Beklagte interessierenden Fragen und damit auch zu einer Stellungnahme aufgefordert worden. Bis zur Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides vom 22.05.1992 hatte er von den entscheidungserheblichen Umständen Kenntnis und hinreichend Gelegenheit, sich zu äußern. Hiervon hat er im Übrigen auch ausführlich durch Vortrag bestimmter Tatsachen und Vorbringen seiner Rechtsansichten Gebrauch gemacht. Ein wesentlicher Anhörungsfehler liegt nicht vor.

3) Das vom Kläger behauptete "Vertrauen", das die Beklagte durch ihre schrittweisen Ermittlungen in ihm geweckt haben sollte, nämlich dass Kindergeld wegen der Wohnsitzsituation des Klägers und wegen der Wohn- und Aufenthaltsverhältnisse des Sohnes, wenn dieser nur - gleich in welchem Lande - eine Ausbildung absolviere, nicht versagt oder entzogen werde, ist dem Senat nicht nachvollziehbar, ebenso wenig, wie dieses "Vertrauen" im Sinne einer Spekulation der Entziehung oder Versagung des Kindergeld entgegenstehen soll.

Zutreffend ist, dass der Leistungsträger bei Bewilligung oder Weitergewährung einer Leistung alle Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs zu prüfen hat. Bei Ablehnung hingegen kann, aber muss er nicht alle Tatbestandsmerkmale prüfen, und der ablehnende Bescheid kann auf das Fehlen eines einzigen Tatbestandsmerkmals oder mehrerer gestützt werden.

Wie sich aus den Akten ergibt, hat die Beklagte die Entziehung des Kindergelds zunächst auf das Fehlen eines einzigen Tatbestandsmerkmals und später - nach Hinweisen an den Kläger - im Widerspruchsbescheid vom 22.05.1992 auf das Fehlen zweier Merkmale gestützt. Wenn die Beklagte während des Widerspruchsverfahrens darüber hinaus Weiteres ermittelt hat (z.B. Ausbildung des Sohnes in Irland), so geschah dies - so auch die Beklagte in ihrem Schreiben vom 05.09.1991 an den Kläger - im Hinblick darauf, das unter Zuhilfenahme der EG-Vorschriften Ausnahmetatbestände vorliegen könnten, die abweichend von §§ 1, 2 BKGG a.F. die Zahlung des Kindergelds dennoch zulassen könnten.

Diese nachträglichen Ermittlungen der Beklagten beruhten vor allem darauf, dass der Kläger vor und nach Erteilung der Bescheide vom 10.09.1990 und 18.07.1991 seiner Mitteilungspflicht nicht oder nicht rechtzeitig und umfassend nachgekommen ist. Abgesehen davon hat die Beklagte keine Zusage abgegeben, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung im Sinne von § 34 SGB X), ebenso wenig sich irreführend und den Kläger täuschend verhalten. Es war allein Sache des Klägers, wenn er an seinen unrichtigen Rechtsauffassungen festhaltend Fehlschlüsse gezogen haben sollte und sich - am realen Sachverhalt vorbei - Vorstellungen gemacht haben sollte, was sich die Beklagte entgegen deren Äußerungen insgeheim denkt. Ein rechtlich relevanter, von der Beklagten gesetzter Vertrauenstatbestand ist jedenfalls nicht ersichtlich.

4) Sowohl das Fehlen eines Wohnsitzes des Klägers in der BRD als auch ein Fehlen des Wohnsitzes des Sohnes A. rechtfertigten es, die Kindergeldbewilligung aufzuheben (§ 48 SGB X) als auch die weitere Gewährung abzulehnen. Zu Recht hatte das Sozialgericht einen inländischen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers und des Kindes verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Sachverhaltsfeststellungen und Würdigung des Sozialgerichts im Urteil vom 23.06.1999 Bezug genommen (§ 136 Abs.3 SGG). Wesentliche neue Gesichtspunkte vermochte der Kläger auch im anschließenden Berufungsverfahren nicht vorzutragen.

Aufgrund der Ausführungen des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil hatte der Kläger nachfolgend behauptet, er halte sich regelmäßig und zwangsläufig in der BRD "auch aus familiären und sonstigen Gründen" auf (Schreiben vom 31.05.2001), aber im Wesentlichen nur vorgetragen, dass er wegen der Sorge um sein Haus in N. und um das zu drei Viertel in seinem Eigentum stehende Haus in M. sich in der BRD aufgehalten habe. Andere substantiierte Darlegungen sind nicht vorhanden. So führte der Kläger in zahlreichen Schreiben Umbau-, Reparatur- und Renovierungsarbeiten an beiden Häusern an, weiterhin einen Prozess mit Mietern, die Zwangsräumung, die Bemühung um Beseitigung von Schäden an der Mietsache und den Abschluss eines neuen Mietvertrags (vgl. Schreiben vom 26.05.2001 in der jetzigen Berufung, Schreiben vom 19.04.1991 und 30.11.1998 in SG Mainz 7 Ar 4/92 mit L 1 Ar 121/97; Schreiben vom 11.04.1995 in SG Mainz S 7 Ar 5/92 mit L 1 Ar 107/95). Selbst die mehrmaligen Arbeitslosmeldungen und Aufenthalte in der BRD führte er vor allem auf ein vertragswidriges Verhalten der Mieter (mehrmaliges monatelanges Einstellen von Mietzahlungen) und den Zwang zurück, für notwendige anderweitige Einkünfte bei Mietausfall sorgen zu müssen. Seine Lebensplanung hat er in diesem Zusammenhang so dargestellt, dass er im Jahre 1989 im Einvernehmen mit seiner Ehefrau eine gut bezahlte Arbeitsstelle aufgegeben habe, um mit den Mieteinnahmen ein "bescheidenes Leben" in Irland, teilweise bei Selbstversorgung (u.a. Gemüsegarten) zu führen. An anderer Stelle wird anlässlich eines vorgesehenen Sozialgerichtstermins - ergänzend angeführt, dass die Teilnahme am Termin bei Verlängerung seines Aufenthalts in der BRD wegen dringender Arbeiten in Irland (Sicherung der Ernte) und den hohen Lebenshaltungskosten in der BRD sowie aus anderen Gründen (Versicherungsschutz des Anwesens in Irland) nicht möglich sei (Schreiben vom 01.12. 1994 in SG Mainz S 7 Ar 5/92 mit L 1 Ar 107/95. Hier erwähnt er im Übrigen auch ausdrücklich, dass sein Sohn A. in Irland wohne). Von der gesamten Lebensplanung her einschließlich aller Umstände, u.a. auch der Aufgabe der 150m² großen Familienwohnung in N. , der Vermietung des Hauses, der Schaffung einer "Wohngelegenheit" mit einem einzigen Zimmer von 16 oder 23² in der Mansarde des Hauses in M. , ist nach wie vor davon auszugehen, dass der Kläger seinen Wohnsitz nach Irland verlegt hat und in der BRD weder über einen Wohnsitz noch über einen ständigen Aufenthalt verfügte; das Sozialgericht hat dies in allen Einzelheiten begründet. Allein die Sorge um sein Vermögen, aus dem der Kläger die Mittel für seinen Auslandsaufenthalt bezieht, ist nicht geeignet, einen Lebensmittelpunkt auch in der BRD zu begründen. Dies gilt auch bei Urlaubs- und Ferienreisen sowie sonstigen Besuchen (vgl. u.a. BSG vom 07.09. 1988 - 10 Rkg 4/87 in SozSich 1989, 318, und vom 28.05.1997 - 14/10 Rkg 14/94 in SozR 3-5870 § 2 Nr.36).

Für die Verlegung eines Wohnsitzes und nicht nur für die Begründung eines zweiten Wohnsitzes im Ausland unter Beibehaltung eines Wohnsitzes in der BRD spricht ferner der Kauf eines Hauses in Irland mit den dortigen Aufenthalten, die Vermietung der ehemals großzügigen Wohnung und die Zurückhaltung einer bescheidenen Nutzungsmöglichkeit in einem Haus, in dem der Kläger bisher nicht gelebt hatte.

Auch der Sohn A. hatte in der BRD weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt. Einen inländischen Wohnsitz des Kindes hatte der Kläger in zahlreichen Schreiben nicht behauptet oder verneint, aber am Schluss mehr oder minder konkludent vorgetragen, dass sich sein Sohn in der BRD ja eine Wohnung nehmen könne. Es verhält sich aber so, dass A. mit seinen Eltern aus dem Haus in N. ausgezogen ist und sich zum Studium nach Irland begab. Ein Zimmer in dem Haus in M. hat er vorher nicht bezogen; hierzu wäre auch kein Platz gewesen. In diesem Haus mit 80 m² wohnt schon die Großmutter und die Schwester, angeblich auch der Kläger, der bereits - dies musste er einräumen - auf die Mitbenutzung von Räumen im Haushalt der Mutter angewiesen gewesen ist. An anderer Stelle hat der Kläger eingehend geschildert, dass der Sohn sich am Studienort zuerst in G. (und ab 1996 in L.) mit Kollegen ein komplettes Haus gemietet und daher über eine vollwertige Wohnung und nicht nur eine Studentenbude in Irland verfügt hatte.

Es bestehen hingegen nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass A. in der BRD in der elterlichen Wohnung, die nicht mehr existierte, oder sonstwo eine Wohnung ständig zur Verfügung hatte und diese auch genutzt hat und nutzte. Der Wohnsitz im sozialrechtlichen Sinne knüpft aber an das Innehaben einer Wohnung und der beständigen Nutzung an. Die vom Kläger vorgebrachte Möglichkeit, dass A. in die angebliche Wohnung der Eltern im Haus in M. einziehen hätte können, (jedoch sicherlich nicht bis Dezember 1995, nachdem dort bereits die Großmutter und S. wohnte), oder sich eine eigene Wohnung in der BRD beschaffen hätte können, ist für einen inländischen Wohnsitz nicht hinreichend. Im Hinblick auf die streitbefangene Zeit bis 31.12.1995 muss nicht weiter darauf eingegangen werden, wie die (zum Großteil nicht bekannten) Umstände im Jahre 1996 zu werten sind, als A. ein mehrmonatiges Praktikum in B. absolvierte, um anschließend in Irland weiter zu studieren.

Einen Wohnsitz im Inland hatte A. aufgegeben. Im Übrigen hätte er unter den vorliegenden Umständen von 1989 bis 1995 auch nachträglich, als er sich in Irland aufhielt, nicht wieder einen Wohnsitz in der BRD begründen können. Der Kläger hatte wohl hierauf angespielt, als er nachträglich mit Schriftsatz vom 04.03.1996 behauptete, A. komme zu anderen Zeiten, als er selbst sich im M. Haus aufhalte, in die BRD (s. auch Erörterungstermin vom Sozialgericht am 04.03.1996) und A. komme auch regelmäßig, aber nicht im Jahre 1995. Belege hierzu hat der Kläger nicht beigebracht, aber an anderer Stelle erwähnt, dass A. seine großen Ferien teilweise in der M. Wohnung verbracht habe, mit Ausnahme des Jahres 1995 (Schriftsatz vom 13.10.1999). Unter solchen Umständen kann aber weder ein im Inland bereits bestehender Wohnsitz aufrecht erhalten noch ein solcher neu begründet werden. Wer sich gelegentlich zu Ferien- und Besuchszwecken in einem anderen Land als seinem Wohnland aufhält, hat in diesem Land noch keinen Wohnsitz. Dies gilt selbst dann, wenn A. - was aber nicht anzunehmen ist - die bisherige Wohnung (diese war im Haus in O.) beibehalten hätte. Wie das Bundessozialgericht, allerdings unter weiteren Prämissen (Besuche des im Ausland studierenden Kindes bei den Eltern in der dort von Anfang an weiter bestehenden inländischen Wohnung) entschieden hat, behält der Student den ehemaligen Wohnsitz nur bei, wenn er regelmäßig die gesamte Ferien- und Freizeit bei den Eltern verbringt (BSG vom 30.09.1996 - 10 Rkg 29/95 in SozR 3-5870 § 2 Nr.33), also nicht nur mit Abstand von einem Jahr, und auch nicht, wenn er nur einen Teil einer einzigen Ferienzeit hierzu verwendet.

Der Kläger argumentierte hier in Bezug auf Wohnsitz oder zumindest ständigen Aufenthalt des Sohnes A. in der BRD in indirekter Weise (s. Schriftsatz vom 21.09.1991). Er glaubte, mit seinen Behauptungen und Darlegungen, dass A. sich nur "vorübergehend" zu Studienzwecken in Irland befinde, dartun zu können, dass A. dann wohl einen Wohnsitz oder zumindest einen ständigen Aufenthalt in der BRD haben müsse. Nun kann es unter Umständen richtig sein, dass A. plante, in Irland die höhere Schule abzuschließen, dann zu studieren und dann in der BRD erwerbstätig zu sein, mithin, dass nicht sicher gewesen ist, ob er nach Schul- und Studienaufenthalt - also nach vielen Jahren - wieder zurückkehren werde. Wer jedoch seinen Wohnsitz in der BRD aufgibt und eine Wohnung mit seinem Lebensmittelpunkt in Irland einrichtet, hat eben keinen inländischen Wohnsitz mehr, sondern plant allenfalls, seinen neu begründeten alleinigen Wohnsitz in Irland nach mehreren Jahren wieder aufzugeben.

Dasselbe gilt für den "gewöhnlichen Aufenthalt" im Sinne von § 30 Abs.3 Satz 2 SGB I. Der gewöhnliche Aufenthalt unterscheidet sich vom Wohnsitz im Wesentlichen nur dadurch, dass an einem bestimmten Ort der "Lebensmittelpunkt" besteht, ohne dass jemand dort eine Wohnung (und damit einen Wohnsitz) hat. Wer sich aber auf Jahre hinaus unter Aufgabe der bisherigen Wohnung ins Ausland begibt, nur "besuchsweise" zurückkehrt und sich vorbehält, irgendwann auf Dauer zurückzukehren, hat im Inland noch keinen ständigen Aufenthalt. Geplant ist dann eben eine längere tatsächliche Verweildauer im Ausland (mit den dortigen sozialen Kontakten auch zu den Eltern, mit einer dortigen Wohnung und mit der dortigen Ausbildung), und ein gewöhnlicher Aufenthalt in Irland ist nur deshalb nicht anzunehmen, weil A. dort auch eine Wohnung inne hatte und damit einen Wohnsitz hatte. Das "Wohnen" als weitergehender Begriff schließt den gewöhnlichen Aufenthalt (ohne Innehabung einer Wohnung) am Wohnort aus.

Ein gleichwertiger gewöhnlicher Aufenthalt in der BRD ist daneben nicht anzunehmen. Der Sachverhalt ist nicht dergestalt, dass A. abwechselnd in Irland und in der BRD lebte und sich die wirtschaftlichen und persönlichen Beziehungen zu beiden Aufenthalten in ihrer Intensität nicht wesentlich unterschieden.

Es muss daher nicht auf die streitige Meinung eingegangen werden, dass es mehr als nur einen einzigen Wohnsitz, aber nicht zwei gewöhnliche Aufenthalte geben könne (BFH in Bundessteuerblatt 1984 II S.11 ff.). Die Rechtsprechung im Bereich des Sozialrechts bejaht wohl die Möglichkeit zweier gewöhnlicher Aufenthalte, wenn in zwei Gebieten Wohnungen bzw. Wohnmöglichkeiten unterhalten werden und im Übrigen von zwei gleichberechtigten Lebensmittelpunkten ausgegangen werden kann (BSG vom 28.07.1967 - 4 RJ-411/66 in BSGE 27, 88 zum gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 1319 Abs.2 RVO). Weder die erste noch die zweite Voraussetzung ist aber bei A. erfüllt, letzteres schon deswegen nicht, weil ein Schwerpunkt der persönlichen Existenz nicht in der BRD liegt sowie die Stetigkeit und Regelmäßigkeit seines Aufenthalts im Inland nicht durch zeitweilige Besuche bereits gegeben ist.

5) Wenn die Beklagte für verschiedene kürzere Zeiträume ab 1989 Kindergeld bewilligt hat, beruhte das nicht auf der Unterstellung eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts des Klägers und/oder seines Sohnes im Inland, sondern allein auf der Tatsache, dass der Kläger im September 1989 noch als Arbeitnehmer galt (versicherungspflichtiges Entgelt) und ab April 1990 gelegentlich Arbeitslosengeld bezog sowie für A. (ab 18. Lebensjahr) nach den irländischen Gesetzen kein Kindergeld vorgesehen und daher auch nicht gezahlt wurde (Art.73, 74 EG-VO 1408/71); unerheblich war hierbei, dass der Kläger das Arbeitslosengeld teilweise, für mehrere Monate, zu Unrecht erhalten hatte und die Rückforderung dieser Leistung an formalen Voraussetzungen des SGB X scheiterte.

6) Die Ablehnung des erneut vom Kläger mit Schreiben vom 21.09. 1991 gestellten Kindergeldantrags war daher rechtmäßig, wobei sich diese Feststellung des Senats nurmehr auf die streitige Zeit von Mai 1991 bis Dezember 1995 beziehen musste. Die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung der Kindergeldbewilligung waren ebenfalls erfüllt. Materiell-rechtlich bestand vor 1989 ein Kindergeldanspruch und ist ab Herbst dieses Jahres entfallen (Änderung der wesentlichen Verhältnisse gemäß § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X). Die rückwirkende Aufhebung der Kindergeldbewilligung war gerechtfertigt, weil der Kläger einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse (zumindest) grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X). Der Kläger ist, wie das Sozialgericht ausführlich dargestellt hat, mehrmals auf seine Pflichten zur Mitteilung bedeutsamer Umstände hingewiesen worden, zuletzt in den Jahren 1986 und 1988. Hierauf wird gemäß § 153 Abs.3 SGG Bezug genommen. Der Kläger ist angestellter Sachbearbeiter eines Versicherungsunternehmens mit gutem Verdienst nach eigenen Angaben gewesen, laut den Steuerbescheiden für 1986 und 1987 bei einem Einkommen aus unselbständiger Arbeit von mehr als 60.000,- DM. Eine solche Stelle erfordert neben einer Schulausbildung eine abgeschlossene qualifizierte Berufsausbildung. Nach seinem Bildungsstand und seiner geistigen Wendigkeit, erkennbar aus seinem durchaus geschickten Taktieren und Argumentieren in seinen Prozessen, war er auch ohne Weiteres in der Lage zu erkennen, dass er seinen Verzug ins Ausland oder den Verzug seines Sohnes ins Ausland hätte melden müssen. Die Beklagte hatte ihm unter anderem diese Tatbestände in den Merkblättern ausdrücklich mitgeteilt, so dass sie für jeden Laien verständlich und erkenntlich waren. Hierbei ging es nicht darum, dass der Kläger korrekte rechtliche Wertungen aus den jeweiligen Umständen zog und das Ergebnis seiner Beurteilung der Beklagten mitteilte, sondern lediglich darum, relevant erscheinende bzw. möglicherweise bedeutsame Umstände anzuzeigen, so dass die Beklagte in die Lage versetzt wird, die zutreffende rechtliche Auswertung vorzunehmen. Mithin kann sich der Kläger nicht darauf berufen, er habe der Beklagten nicht anzeigen müssen, dass er und sein Sohn einen Wohnsitz in Irland genommen hätten. Seine Wohnsitznahme in Irland mit dortigem überwiegenden Aufenthalt hätte er selbst dann anzeigen müssen, wenn er der Ansicht gewesen wäre, er habe ja noch einen Wohnsitz in M ...

Letzten Endes spielt dies jedoch keine Rolle, weil auch die Tatsache des Verzugs von A. nach Irland genügt hätte, und die Verletzung der diesbezüglichen Mitteilungspflicht für die Aufhebung der Kindergeldbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit ausreichend ist.

7) Aufgrund des nach § 48 SGB X ergangenen Bescheids vom 18.07.1991 war der Kläger gemäß § 50 Abs.1 SGB X zur Erstattung der noch bestehenden Überzahlung in der Zeit von Oktober 1989 bis einschließlich März 1990 in Höhe von 300,- DM (6 x 50,-DM) verpflichtet. Die Forderung der Beklagten ist mit einem Nachzahlungsanspruch von 350,- DM aufgerechnet worden (Bescheide vom 25.03. und 30.04.1992). Diese Regelung hat der Kläger ausdrücklich nicht (mehr) beanstandet, d.h. anfechten wollen, vielmehr hing der Bestand des Aufrechnungsbescheides allein von der Wirksamkeit des Rückforderungsbescheides ab; der Aufrechnungsbescheid hat sich vorliegend nicht "auf andere Weise" erledigt (§ 39 Abs.2 SGB X), weil der Rückforderungsbescheid nicht aufzuheben war und damit weiterhin existent ist.

8) Soweit der Kläger rügte, dass das Sozialgericht die Akten des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (1 K 1953/98) nicht hätte beiziehen dürfen und unter Umständen schon deshalb das angefochtene Urteil aufzuheben sei, geht dies weitgehend schon deshalb am Kern der Sache vorbei, weil die Akten des Finanzgerichts nicht beigezogen worden sind. Das Urteil des Finanzgerichts gelangte vielmehr im Zuge der Anforderung von Aktenunterlagen in Zusammenhang mit den Kindergeld- und Arbeitslosengeldstreitigkeiten von der Beklagten an das Sozialgericht. Ein Beiziehungs- oder gar Verwertungsverbot vermag der Senat schon deswegen nicht zu erkennen, weil die Offenbarung von Daten zulässig ist für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe nach dem SGB X oder die Durchführung eines damit zusammenhängenden gerichtlichen Verfahrens (§ 69 Abs.1 Nr.1 SGB X). Im Übrigen gelangte das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz auch zu den Steuerakten des Klägers und ist somit Bestandteil dieser Akten, mit deren Beiziehung sich der Kläger einverstanden erklärt hat. Unabhängig davon ist festzustellen, dass das Sozialgericht - wie in seinem maßgeblichen Urteil erkenntlich ist - sich eine eigene Überzeugung gebildet und sich hierbei nicht auf steuerrechtliche Daten gestützt hat, die der Kläger nicht in den verschiedenen Rechtsstreiten wegen Arbeitslosengeld oder Kindergeld bis Dezember 1985 selbst offenbart hätte. Im Übrigen hätte ein Verstoß gegen §§ 67 ff. SGB X durch das Sozialgericht auch nicht zur Folge gehabt, dass das erstinstanzliche Urteil aufzuheben gewesen wäre. Der Senat ist im Berufungsverfahren Rechts- und Tatsacheninstanz und hat sich eine eigene Überzeugung gebildet.

Der Senat hat sich hierbei nicht auf die ehemals beigezogene Akte des Landesgerichts Mainz 1 O 529/00 gestützt, obwohl diese wegen des Klagetatbestandes von Interesse hätte sein können (Amtsverschulden der Beklagten in Zusammenhang mit den Verfahren wegen Arbeitslosengeld, wobei durch das Arbeitslosengeld wiederum ein Bezug zum Kindergeld besteht oder bestehen könnte.) Vielmehr ist die Akte vorsorglich angefordert worden, am 17.05.2001 eingegangen und ist - ohne Auswertung - am 25.06. 2001 zum dortigen Prozess zurückgegeben worden. Sie ist seitdem beim Bayerischen Landessozialgericht nicht wieder in Einlauf gekommen und lag auch nicht in der mündlichen Verhandlung und Beratung vor.

Nachdem die Berufung des Klägers keinen Erfolg hatte, war sie mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Abzuweisen war ferner die vom Kläger erstmals im Berufungsverfahren erhobene Feststellungsklage (Hauptantrag). Für die Erstattung der außergerichtlichen Kosten bestand auch im Hinblick darauf, dass der Rechtsstreit teilweise, wegen mehrerer Monate Kindergelds während des Arbeitslosengeldbezugs für den Kläger Erfolg hatte, keine Veranlassung. In Anbetracht des von 1989 bis 1995 streitigen Kindergelds fiel der minimale Teilerfolg nicht ins Gewicht.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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