L 20 RJ 242/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RJ 300/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 RJ 242/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 16/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die fehlende Meldung als Arbeitssuchender bei einem Arbeitsamt im Sinne des § 58 Abs.1 S.1 Nr.3 SGB VI kann ausnahmsweise auch als Gegebenheit tatsächlicher Art durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ersetzt werden, wenn die unterlassene Meldung auf die Verletzung einer dem Rentenversicherungsträger zuzurechnenden Obliegenheitspflicht beruht und außer Zweifel steht, dass der Versicherte in dem fraglichen Zeitraum in gleicher
Weise dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden hätte, wie er es tatsächlich vor der unterlassenen Meldung und auch später wieder getan hat.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 20.02.2001 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.1999 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.2001 Altersrente zu gewähren.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 60.Lebensjahres und Arbeitslosigkeit.

Die am 1938 geborene Klägerin bezog Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) auf Zeit vom 16.02.1984 bis 31.12.1989. Das Sozialgericht Würzburg (SG) verpflichtete mit Urteil vom 19.02.1991 die Beklagte, die Rente bis längstens 31.12.1993 zu bewilligen; diese Entscheidung wurde durch Urteil des Bayer. Landessozialgerichts (BayLSG) vom 24.03.1994 aufgehoben.

Durch Urteil des SG Würzburg vom 23.09.1998 (S 8 RJ 148/97) wurde die Beklagte verpflichtet, bei der Klägerin, die während der Rechtshängigkeit des Klage- und Berufungsverfahrens wegen der Weitergewährung von Rente wegen EU nicht arbeitsuchend gemeldet war, die Zeit vom 08.02.1990 bis 08.03.1995 als Anrechnungszeit (Arbeitslosigkeit) anzuerkennen. Für die im Versicherungsverlauf bestehende Lücke vom Januar 1990 (Beendigung der Zahlung von Rente wegen EU) entrichtete die Klägerin einen freiwilligen Beitrag. Anschließend war die Klägerin ab 29.03.1996 arbeitsuchend (ohne Leistungsbezug) gemeldet.

Am 05.10.1998 beantragte die Klägerin Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.1998 mit der Begründung ab, dass im maßgeblichen Zeitraum vom 01.05.1978 bis 31.12.1998 nur 74 Monate mit Pflichtbeiträgen vorlägen; erforderlich wären acht Jahre an Pflichtbeitragszeiten in den letzten zehn Jahren vor Rentenbeginn. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte als unbegründet zurück, weil einmal die Klägerin vom 09.03.1995 bis 28.03.1996 nicht arbeitsuchend gemeldet gewesen sei und in der Folgezeit vom 29.03.1996 bis 30.11.1998 keinen Anspruch auf Leistungen wegen Arbeitslosengeld bzw Arbeitslosenhilfe gehabt habe (Widerspruchsbescheid vom 23.04.1999).

Mit Urteil vom 20.02.2001 hat das SG die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, die Klägerin könne aus einer als wahr unterstellten Auskunft der Beklagten keine Ansprüche herleiten. Denn zum Zeitpunkt der behaupteten Auskunft Ende 1994, die Klägerin brauche sich nicht mehr arbeitslos zu melden, da sowieso eine Lücke im Versicherungsverlauf vorliege, habe diese Mitteilung der Rechtsauffassung der Beklagten entsprochen. Die Lücke im Versicherungsverlauf sei erst durch Urteil des SG vom 23.09.1998 geschlossen worden. Die Auskunft der Beklagten sei daher damals korrekt gewesen, auch bezüglich der Konsequenzen. Der Klägerin wäre es ohne weiteres zumutbar gewesen, sich gegen die damalige Rechtsauffassung der Beklagten zu wenden.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, im Dezember 1994 habe die Beklagte (Frau H. , vormals R.) mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nicht erfüllt seien, weil im Versicherungsverlauf eine Lücke sei; auch eine weitere Meldung beim Arbeitsamt würde nichts bringen. Diese Auskunft sei unvollständig gewesen. Es hätte vielmehr eines Hinweises bedurft, überprüfen zu lassen, ob diese Lücke zu schließen sei, verbunden mit der weiteren Empfehlung, vorsorglich bis zur endgültigen Klärung beim Arbeitsamt gemeldet zu bleiben.

In der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2002 hat der Senat die Klägerin informatorisch angehört. Sie hat erklärt, bei ihrem Gespräch mit der Zeugin H. im Oktober 1994 sei ihr mitgeteilt worden, dass sie wegen der damals bestehenden Lücke im Versicherungsverlauf im Januar 1990 eine höhere Summe an freiwilligen Beiträgen nachzuentrichten habe, wenn sie ihren Versicherungsschutz hinsichtlich einer Rente wegen EU / BU aufrecht erhalten wolle. Ergänzend dazu hat der Bruder der Klägerin, Herr K. (Beistand der Klägerin), erklärt, die Klägerin habe sich etwa ein Jahr später an ihn gewandt und ihn gebeten, ihr in ihren Rentenangelegenheiten behilflich zu sein. Sie hätten daraufhin im Februar 1996 bei der Beratungsstelle der Beklagten in Würzburg vorgesprochen, wo ihnen die Auskunft erteilt worden sei, eine weitere Arbeitslosmeldung sei in jedem Fall vorteilhaft. Daraufhin habe sich die Klägerin am 29.03.1996 wieder arbeitsuchend gemeldet. Die Zeugin H. konnte sich an den Inhalt der Vorsprache der Klägerin im Zeitraum Oktober 1994 nicht mehr erinnern.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des SG Würzburg vom 20.02.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.1999 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.2001 Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Mit Bescheid vom 05.11.2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente für langjährig Versicherte mit Wirkung ab 01.01.2002.

Dem Senat haben die Verwaltungsunterlagen der Beklagten und die früheren Klageakten des SG Würzburg S 8 Ar 295/90, S 8 RJ 148/97, S 8 RJ 300/99 und die frühere Berufungsakte des BayLSG L 14 Ar 262/91 vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist auch begründet. Auf den Antrag der Klägerin war der Bescheid vom 23.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.2001 Altersrente zu gewähren. Zwar hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 23.11.1998 zu Recht die Bewilligung von Altersrente nach § 39 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der damals geltenden Fassung abgelehnt. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Altersrente nach § 38 SGB VI (aF) sind aber erfüllt, § 237 SGB VI gilt erst für Zeiträume ab 01.01.2000.

Nach § 38 SGB VI in der bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie 1. das 60. Lebensjahr vollendet haben, 2. arbeitslos sind und innerhalb der letzten eineinhalb Jahre vor Beginn der Rente insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren oder Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben, 3. in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeitragszeiten haben, wobei sich der Zeitraum von zehn Jahren um Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, die nicht auch Pflichtbeitragszeiten sind, verlängert, und 4. die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben. Die Klägerin vollendete im Dezember 1998 das 60. Lebensjahr; die Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit und der Erfüllung der Wartezeit von 15 Jahren sind unstreitig erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch die erforderliche Anzahl von Pflichtbeiträgen (acht Jahre) innerhalb der Rahmenfrist von zehn Jahren erfüllt. Die Zeit vom 09.03.1995 bis 28.03.1996 ist nämlich als Anrechnungszeit (Arbeitslosigkeit) anzuerkennen. Darauf hat die Klägerin ein Recht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Damit verlängert sich der Zeitraum von zehn Jahren entsprechend.

Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist anwendbar, wenn die Folgen einer im Rahmen des Sozialrechtsverhältnisses eintretenden Pflichtverletzung eines Leistungsträgers im Gesetz weder speziell geregelt noch in anderer Weise, etwa durch Härteklauseln, Wiedereinsetzung oder Fiktionen erfasst sind. Der auf Herstellung in Anspruch genommene Leistungsträger muss eine Pflicht aus dem Sozialrechtsverhältnis, die ihm dem Anspruchssteller gegenüber obliegt, objektiv rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt haben; diese Pflichtverletzung muss (als wesentliche Bedingung) einen sozialrechtlichen Nachteil verursacht, dh zu Lasten des Betroffenen ein Recht (zB ein Leistungsrecht) vereitelt haben, das ihm ohne die Pflichtverletzung zugestanden hätte. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob sich der behauptete Nachteil nach Art und Entstehungsweise aus einer Gefahr entwickelt hat, zu deren Abwendung die verletzte konkrete Pflicht diente. Die verletzte Pflicht muss demnach darauf gerichtet sein, den Betroffenen im Sinne eines inneren Zusammenhangs vor den eintretenden Nachteilen zu bewahren. Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, kann der Betroffene vom Leistungsträger verlangen, so gestellt zu werden, als stehe ihm das beeinträchtigte Recht noch im vollen Umfang zu (vgl aus der Rspr des Bundessozialgerichts -BSG-: SozR 2100 § 27 Nr 2; SozR 3-4100 § 103 Nr 8; SozR 5070 § 10 Nr 31). Zu den Obliegenheiten, deren Verletzung den Herstellungsanspruch begründen kann, gehört insbesondere die Pflicht zur Auskunft und Beratung nach §§ 14 und 15 SGB I. Zu verlangen ist vom Leistungsträger eine dem konkreten Anlass entsprechende "verständnisvolle Förderung" der Interessen des Betroffenen.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Herstellungsanspruchs liegen nach Auffassung des Senats vor. Die Klägerin hatte, wie jede einzelne Versicherte, einen Anspruch auf individuelle Beratung über die Möglichkeiten der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes bei Eintritt von BU oder EU und einer Altersrente sowie über die Folgen eines Anwartschaftsverlustes. Diese musste nach Inhalt und Form dem besonderen Bedarf angepasst sein. Für die Klägerin war es von besonderer Bedeutung, im Anschluss an die Einstellung der Rente wegen EU darüber unterrichtet zu werden, was zu veranlassen war, um den Versicherungsschutz aufrecht erhalten zu können. Denn von der Wahrnehmung oder dem Verzicht auf rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten hingen die Aufrechterhaltung oder der Verlust der Anwartschaft auf eine spätere Rente ab. Die unterlassene Meldung beim Arbeitsamt hatte schließlich auch den Anwartschaftsverlust auf Altersrente nach § 38 SGB VI zur Folge, dessen nachteilige Wirkungen die Klägerin in diesem Verfahren abzuwenden sucht.

Auf Seiten der Beklagten bestand somit objektiv die Beratungspflicht, die Klägerin auf die Notwendigkeit einer Meldung beim Arbeitsamt sowie auf den drohenden Verlust der Anwartschaft bei Nichtmeldung beim Arbeitsamt hinzuweisen. Gerade im Hinblick auf die Gefahr eines so weitreichenden Rechtsverlustes muss die Beratung klar und eindeutig erfolgen und auch für einen juristisch nicht vorgebildeten Versicherten verständlich sein (BSG SozR 3-1200 § 14 Nr 5). Diesen Anforderungen an ihre Beratungspflicht ist die Beklagte im Oktober 1994 nicht nachgekommen.

Die Beklagte hätte die Klägerin vielmehr darauf hinweisen müssen, wie sie es auch später bei der Vorsprache der Klägerin im Februar 1996 durch den Mitarbeiter G. getan hat, sich vorsorglich weiterhin arbeitsuchend zu melden. Insbesondere hätte sich die Beklagte zur Überzeugung des Senats nicht allein darauf berufen dürfen, wegen der im Versicherungsverlauf bestehenden Lücke im Januar 1990 sei eine weitere Meldung beim Arbeitsamt zwecklos gewesen. Denn wie durch das Urteil des SG Würzburg vom 23.09.1998 festgestellt wurde, war diese Rechtsauffassung der Beklagten unrichtig. Ein Sozialleistungsträger hat einem Versicherten aber alle möglichen und sinnvollen Gestaltungsvarianten aufzuzeigen. Von einer umfassenden Information der Klägerin durch die Beklagte kann daher vorliegend nicht ausgegangen werden. Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, sie sei damals von der Richtigkeit ihrer Auffassung überzeugt gewesen. Denn ein Versicherungsträger muss für die Richtigkeit der von ihm vertretenen Rechtsauffassung einstehen (BSGE 49, 76 ff); er trägt damit auch das Risiko für die Richtigkeit seiner Auskunft. Die Auskunft der Beklagten im Oktober 1994 entsprach demnach nicht den Erfordernissen einer individuellen und umfassenden Beratung. Die Beratung durch die Beklagte war somit nach Auffassung des Senats dem Beratungsbedarf der Klägerin nicht angepasst und inhaltlich nicht korrekt. Diese unvollständige Auskunft der Beklagten war auch ursächlich dafür, dass sich die Klägerin in der Folgezeit nicht arbeitsuchend meldete, sondern erst dann wieder, als sie ihre Rentenangelegenheit ihrem Bruder übergab (März 1996). Damit besteht zwischen dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden und dem rechtswidrigen Verhalten der Beklagten ein ursächlicher Zusammenhang.

Wird wie vorliegend der sozialrechtliche Herstellungsanspruch bejaht, so ist der Zustand herbeizuführen, der bestehen würde, wenn sich der Leistungsträger rechtmäßig verhalten hätte. Der rechtmäßige Zustand ist dabei derjenige, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aus dem Versicherungsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Dies bedeutet vorliegend, dass die Klägerin so zu stellen ist, als hätte sie sich bereits im Anschluss an die Auskunft im Oktober 1994 arbeitsuchend gemeldet. Der Klägerin ist daher ein Anspruch auf Einräumung der sozialrechtlichen Befugnisse zuzugestehen, die sie hätte, wenn die unrichtige Auskunft nicht erteilt worden wäre.

Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des glaubwürdigen Vortrags der Klägerin sowie ihres Bruders fest, der die Klägerin seit März 1996 in ihrer Rentenangelegenheit berät. Der Senat ist auch zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin seit 1994 um die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes der Altersrente besorgt war, was daraus hervorgeht, dass sie sich zum ersten Mal im Telefonat im Oktober 1994 an die Beklagte wandte und zum anderen am 10.11.1995 bei der Beklagten wegen der Altersrente anfragte, wobei die Beklagte im Bescheid vom 21.11.1995 wiederum keine Information bezüglich einer Meldung beim Arbeitsamt gab.

Der Senat verkennt nicht, dass diese Entscheidung mit der ständigen Rechtsprechung des BSG zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch schwerlich in Übereinstimmung zu bringen ist. Gegebenheiten tatsächlicher Art lassen sich nach dieser Rechtsprechung durch einen Herstellungsanspruch idR nicht ersetzen, so kann insbesondere das Fehlen der Verfügbarkeit bei Arbeitslosigkeit nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden (BSG vom 17.07.1997, Az: 7 RAr 12/96; vom 12.06.1992, Az: 11 RAr 65/91; vom 15.12.1994, Az: 4 RA 64/93; und vom 27.02.1991, Az: 5 RJ 90/89). Dieser Auffassung ist der Senat bisher auch gefolgt (s. Urteil vom 23.11.2000, Az: L 20 RJ 672/99). Vorliegender Sachverhalt ist jedoch insofern besonders gelagert, als für den Senat außer Zweifel steht, dass die Klägerin, die um eine Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes für ihre Altersrente stets bemüht war, dem Arbeitsmarkt vom 09.03.1995 bis 28.03.1996 in gleicher Weise zur Verfügung gestanden hätte, wie sie es tatsächlich ab 29.03.1996 getan hat, wenn ihr die Beklagte eine entsprechende und zutreffende Auskunft erteilt hätte. Für eine fehlende Verfügbarkeit liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Dass für die Klägerin keine Zeiten der Arbeitslosigkeit gemeldet wurden, lag nicht an einer fehlenden Arbeitslosigkeit, sondern allein an der fehlenden Meldung als Arbeitssuchende, die im Hinblick auf die falsche Auskunft der Beklagten unterblieb. Wegen des fortgeschrittenen Alters der Klägerin und eines fehlenden Anspruches auf Arbeitslosengeld oder -hilfe ist es nachvollziehbar, dass die Klägerin auch bei objektiv und subjektiv vorliegender Verfügbarkeit eine Meldung unterließ.

Somit ist im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs auch die Zeit vom 09.03.1995 bis 28.03.1996 als Anrechnungszeit (Arbeitslosigkeit) iS des § 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI anzuerkennen. Daraus ergibt sich, dass der Zeitraum vom 08.02.1990 bis 30.11.1998 durchgehend als Anrechnungszeit zu gelten hat. Damit verlängert sich der 10-Jahres-Zeitraum iS des § 38 Nr 3 SGB VI entsprechend vor den von der Beklagten angenommenen Zeitraum (01.05.1978). Vor diesem Zeitpunkt sind ab 06.11.1972 durchgehend Pflichtbeiträge vorhanden. Dies hat zur Folge, dass die Voraussetzung des § 38 Nr 3 SGB VI - das Erfordernis von insgesamt acht Jahren Pflichtbeitragszeiten - ohne weiteres erfüllt ist. Damit sind die Voraussetzungen für die Bewilligung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 38 SGB VI erfüllt.

Die Beklagte war daher antragsgemäß unter Aufhebung des Bescheides vom 23.11.1998 und des Widerspruchsbescheides 23.04.1999 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.2001 Altersrente zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung und einer Abweichung von den angeführten Entscheidungen des BSG (Urteile vom 15.12.1994, Az: 4 RA 64/93 und vom 17.06.1997, Az: 7 RAr 12/96) ist die Revision zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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