L 6 RJ 237/01 ZVW

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 RJ 1090/95 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 237/01 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 74/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22. April 1998 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit.

Der am 1946 geborene Kläger ist jugoslawischer Staatsangehöriger. Er hat keinen Beruf erlernt und war in seiner Heimat als Landwirt tätig. Nach seinen Angaben war er zunächst bis 1969 mithelfendes Familienmitglied in der elterlichen Landwirtschaft. Für die Zeit vom 01.01.1986 bis 23.09.1992 hat er soweit er in diesem Zeitraum nicht Pflichtbeiträge in der Schweiz entrichtet hat, als selbständiger Landwirt Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung seiner Heimat entrichtet. Nach dortiger Rechtsvorschriften ist er seit 24.09.1992 als Invalide der 1. Kategorie anerkannt und bezieht Invalidenrente vom Republikfond.

Am 02.10.1969 hatte er eine versicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland aufgenommen und war hier als Fahrer von Lastkraftwagen mit kurzen Unterbrechungen bis 08.03.1983 beschäftigt. In dieser Zeit sind für ihn 163 Monate Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung nachgewiesen.

In den Zeiträumen August bis Oktober 1983, Dezember 1986 bis Juni 1987, August und September 1987, April bis Oktober 1988, April bis Dezember 1989 und Februar bis April 1990 war der Kläger insgesamt 31 Kalendermonate versicherungspflichtig in der Schweiz beschäftigt. Dafür bezieht er seit 01.11.1995 nach dem schweizerischen-jugoslawischen Versicherungsabkommen eine Teilrente aus der schweizer Sozialversicherung.

Am 25.03.1991 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22.11.1994 ab, nachdem sie aufgrund einer stationären Untersuchung im Oktober 1994 in der ärztlichen Gutachterstelle Regensburg zum Ergebnis gekommen war, dass der Kläger noch eine vollschichtige Erwerbstätigkeit sowohl als Landwirt wie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausführen könne.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.1995 zurück, weil der Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig sei.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben. Das Sozialgericht hat Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen des Klägers auf nervenärztlichem Fachgebiet durch Dr.M. und auf sozialmedizinischem Fachgebiet durch Dr.T. eingeholt. Während Dr.M. in ihrem nervenärztlichen Gutachten vom 11.11.1996 von Seiten ihres Fachgebietes keine wesentlichen Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers feststellen konnte, hat Frau Dr.T. in ihrem Gutachten vom 12.11.1996 und ergänzenden Stellungnahmen vom 16.12.1996 und 28.08.1997 den Kläger seit Ende 1995 zu keinerlei Erwerbstätigkeit von wirtschaftlichen Wert in der Lage beurteilt. Nach den vorliegenden Unterlagen müsse eine entscheidende Verschlechterung des Gesundheitszustandes nach Mai 1995 eingetreten sein. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger noch zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in der Lage gewesen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 22.04.1998 den Bescheid der Beklagte in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wegen eines im Dezember 1995 eingetretenen Leistungsfalles der Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1996 zu zahlen. In diesem Zeitpunkt habe der Kläger zwar die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht mehr erfüllt. Ebensowenig erfülle er die in § 241 Abs.2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) normierten Voraussetzungen der Übergangsregelung, da er die Jahre 1984 und 1985 nicht mit freiwilligen oder Pflichtbeiträgen belegt habe und die Zeit der Beitragsleistung in der Schweiz nicht anwartschaftserhaltend sei. Dennoch erfüllt der Kläger die Voraussetzungen des § 241 Abs.2 Satz 1 SGB VI, da er gemäß § 197 Abs.3 SBB VI auch heute noch zur Beitragszahlung berechtigt sei. Ohne die nachträgliche Zulassung der Beitragszahlung stelle dies für den Kläger eine besondere Härte gemäß § 197 Abs.3 Satz 1 SGB VI dar, mit der Folge, dass er immer noch das Recht zur freiwilligen Beitragsentrichtung habe. Dies führe gemäß § 241 Abs.2 Satz 2 SGB VI dazu, dass für einen Rentenanspruch ab 01.01.1996 eine konkrete Zahlung der Beiträge nicht erforderlich sei.

Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger habe kein Recht gemäß § 197 Abs.3 SGB VI nach Ablauf der gewöhnlichen Entrichtungsfristen noch Beiträge für die Vergangenheit zu entrichten.

Mit Urteil vom 28.09.1999 hat das Bayer. Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts Landshut aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, weil er die mit Haushaltsbegleitgesetz 1984 zum 01.01.1984 eingeführten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Leistungsfalles im Dezember 1995 nicht mehr erfülle und es ihm auch nicht mehr möglich sei, diese nachträglich zu erfüllen.

Auf die (vom Bayer. Landessozialgericht zugelassene) Revision des Klägers hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 01.02.2001 das Urteil des Bayer. Landessozialgericht aufgehoben und die Sache zu erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayer. Landessozialgericht zurückverwiesen. Der Kläger sei zwar nach deutschen Rechtsvorschriften nicht mehr berechtigt alle im Versicherungsverlauf bestehenden Lücken durch Zahlung von freiwilligen Beiträgen zu füllen. Insbesondere stehe ihm dieses Recht nicht aufgrund der in § 197 Abs.3 SGB VI getroffenen Härteregelung zu. Ebensowenig könne sich der Kläger dazu auf einen sogenannten sozialrechtlichen Herstellunganspruch berufen. Zu Recht seien auch die von dem Kläger zur Sozialversicherung der Schweiz entrichteten Beiträge nicht berücksichtigt worden.

Andererseits sei noch ungeklärt, ob dem Kläger die Möglichkeit zur Füllung der vorhandenen Beitragslücken im jugoslawischen Versicherungsverlauf noch offen stehe. Es sei daher zu prüfen, ob eine Beitragsbelegung für die Jahre 1984 und 1985 sowie für die Zeit der Beschäftigung in der Schweiz noch durch Entrichtung freiwilliger Beiträge zur jugoslawischen Versicherung möglich sei. Dies habe das Bayer. Landessozialgericht zur abschließenden Beurteilung der Rentenansprüche des Klägers noch zu ermitteln. Der Senat hat darauf ein Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Referenten T.P. am Institut für Ostrecht in München eingeholt, der in seinen schriftlichen Gutachten vom 04.11.2002 zu dem vom Bundessozialgericht aufgeworfenen Fragen Stellung genommen hat. Er ist darin zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger nach jugoslawischen Rechtsvorschriften keine Möglichkeit hat, die Zeit vor Eintreten in die Pflichtversicherung für selbständige Landwirte oder auch die Zeit in der er in der Schweiz pflichtversichert gewesen war noch mit Beiträgen zur jugoslawischen Rentenversicherung zu belegen. Dazu hat der Kläger eine Mitteilung des Chefs der "gemeinschaftlichen Verwaltungsdienstleistungen der Organe der Republik Serbien" vom 21.11.2001 übergeben, worin ihm bestätigt wird, dass es keine gesetzliche Möglichkeit für die Nachentrichtung von Beiträgen zum serbischen Versicherungsträger für die Zeit von 1984 und 185 gebe.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.04.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger und Berufungsbeklagte beantragt sinngemäß, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.04.1998 zurückzuweisen.

Beigezogen waren die Akten der Beklagten, die des Sozialgerichts Landshut und des Bundessozialgerichts. Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der beigezogenen Akten und den der Akte des Bayer. Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist auch begründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß §§ 43, 44 SGB VI hat. Für den im Dezember 1995 eingetretenen Leistungsfall der Erwerbsunfähigkeit erfüllt der Kläger mit seinen Versicherungsverlauf nicht mehr die besonderen mit Haushaltsbegleitgesetz 1984 eingeführten einschränkenden Voraussetzungen und kann diese auch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr erfüllen.

Hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den im Haushaltsbegleitgesetz 1984 getroffenen einschränkenden Voraussetzungen, hat das zurückverweisende Urteil des Bundessozialgerichts eine eindeutige Aussage getroffen. Danach hat der Kläger keine Möglichkeit die Lücken in seinem Versicherungsverlauf nachträglich mit Beiträgen zur Arbeiterrentenversicherung Deutschlands zu schließen. Insbesondere lässt sich ein solches Recht nicht aus der in § 197 SGB VI getroffene Härteregelung ableiten. Ebensowenig lassen sich die vom Kläger zur schweizer Rentenversicherung entrichteten Pflichtbeiträge zur Erfüllung der besonderen beitragsrechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aus der deutschen Rentenversicherung berücksichtigen. Zur Begründung im Einzelnen wird dazu auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Bayer. Landessozialgerichts vom 28.09.1999 sowie auf die Gründe des Urteils des Bundessozialgerichts vom 01.02.2001 verwiesen, die die vom Bayer. Landessozialgericht in seinem Urteil vertretene Rechtsauffassung bestätigen.

Die in der Schweiz zurückgelegten Beiträge lassen sich auch nicht nach der nunmehr getroffenen Vereinbarung zwischen der Europäischen Union und der Schweiz berücksichtigen, da diese lediglich Staatsbürger der Europäischen Union und der Schweiz als begünstigten Personenkreis umfasst (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 30.04.2002 L 114/6 f. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit Art.1, 24).

Der Kläger hat auch nicht die Möglichkeit die in seinem Versicherungsverlauf auf diese Weise bestehenden Beitragslücken durch Entrichtung weiterer Beiträge zur Invalidenversicherung seiner Heimat zu schließen und so einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu begründen. Dies ergibt sich aus den Ausführungen im Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Referenten P. am Institut für Ostrecht München vom 04.10.2002 sowie der diese Ausführungen bestätigenden Bescheinigung der Verwaltungsdienstleistungen der Organe der Republik Serbien vom 21.11.2001 wonach für den Kläger keine rechtliche Möglichkeit besteht die Beitragslücke der Jahre 1984 und 1985 durch Zahlung Versicherungsbeiträgen in Jugoslawien zu schließen.

Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund des auch nach der Überzeugung des Senates im Dezember 1995 eingetretenen Leistungsfalls der Erwerbsunfähigkeit.

Auf die Berufung der Beklagten war daher das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 22.04.1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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