L 14 KG 33/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
14
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KG 197/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 KG 33/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 30. Oktober 1998 die Bescheide des Beklagten vom 10. Juli 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 1995 insoweit aufgehoben, als hierdurch eine Aufrechnung erklärt worden ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung des Kindergelds für ein Kind im Zeitraum von September 1994 bis einschließlich März 1995 und die Rückforderung von Leistungen in Gesamthöhe von 490,- DM.

Der Kläger, ehemals leitender Ministerialrat in der Rechtsabteilung des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen und seit 01.01.1994 Ruhestandsbeamter mit Wohnsitz im Inland, erhielt von dem Beklagten ab Januar 1994 für seine studierenden Söhne B. , geb. am 1967, und M. , geb. am 1970, auf den Sockelbetrag gemindertes Kindergeld in Höhe von 140,- DM (zweimal 70,- DM) monatlich. Der Bezug der Leistungen für B. über dessen 27.Lebensjahr hinaus beruht auf der Ableistung von Zivildienst von August 1986 bis März 1988 und der Vorlage von Studienbescheinigungen der Universität M. , Fakultät Medizin, für das Sommersemester 1994 und das Wintersemester 1994/95.

Anfang des Jahres 1994 wurde der Kläger von Amts wegen durch Übersendung eines Merkblatts für Kindergeld sowie "Wichtige Hinweise für Kindergeldberechtigte", durch ein auf Anfrage ergangenes aufklärendes Schreiben der Bezügestelle vom 08.03.1994 und durch Hinweise in auszufüllenden Formblättern (u.a. vom 20.03.1994) informiert, dass Bruttoeinkünfte der studierenden Kinder von monatlich 750,-DM kindergeldschädlich seien und für die Zeit, in der Bezüge in dieser Höhe anfielen, das Kindergeld wegfalle.

Mit Schreiben vom 05.11.1994 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass sein Sohn B. während des Medizinstudiums eine praktische Ausbildung durchlaufe, und zwar ab 01.05.1994 ohne Erzielung von Einkünften in den USA und vom 01.09. bis 31.12.1994 am Kantonsspital S./Schweiz. Für September 1994 legte er eine Lohnabrechnung des Krankenhauses vor, aus der sich ein monatlicher Bruttolohn von 1.120 sfr (nach damaliger Umrechnung 1.323,84 DM) und nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen ein Nettolohn von 1.043,30 sfr (1.233,18 DM) ergaben. Zur Auszahlung kamen, nach Abzug von "Nebenkosten Rediffusion (KSP)" in Höhe von 10 sfr, Zimmermiete Schüler/ Praktikant in Höhe von 190 sfr und Quellensteuer in Höhe von 74,05 sfr ein Betrag von 769,25 sfr (nach damaligem Umrechnungskurs 909,25 DM).

Mit Bezügemitteilung vom 12.01.1995 für Februar 1995 wurde der Kläger vom Beklagten über die Einstellung der kinderbezogenen Leistungen für B. und eine Überzahlung an Kindergeld von 280,- DM (4 x 70,-DM) informiert; die Überzahlung werde von den Bezügen für Februar 1995 einbehalten.

Der Kläger wandte sich hiergegen u.a. mit der Begründung, dass den Bruttobezügen seines Sohnes für wenige Monate erhebliche Werbungs- und Ausbildungskosten gegenüberstünden.

Mit Schreiben vom 15.03. und 07.04.1995 teilte der Kläger mit, dass sein Sohn die praktische Ausbildung in der Schweiz "bis längstens 30.04.1995" fortsetze bzw. zum 31.03.1995 beende und das Studium voraussichtlich im Juni 1995 abschließen werde. Er reichte eine Lohnabrechnung des Kantonsspitals der Universität G. für Januar 1995 ein. Hierin ist dem Sohn des Klägers ein Bruttolohn von 770 sfr (958,96 DM) und - nach Abzug von Versicherungsbeiträgen - ein Nettolohn von 719,60 sfr (895,44 DM) bescheinigt.

Mit zwei Aufhebungs- und Rückforderungsbescheiden vom 10.07. 1995 mit dem Betreff "Änderung der für den Kindergeldanspruch wesentlichen Verhältnisse" hob der Beklagte die Kindergeldbewilligung für B. in Höhe von 70,- DM monatlich für die Zeiträume vom 01.09. bis 31.12.1994 und vom 01.01. bis 31.03. 1995 auf und forderte 280,- DM (4 x 70,-DM) und 210,- DM (3 x 70,- DM) zurück. Zur Begründung wurde angegeben, dass B. durch berufspraktische Tätigkeit monatlich 1.120,- bzw. 770,- sfr brutto erzielt habe und damit die kindergeldschädliche Grenze von 749,- DM überschritten sei.

Im ersten Bescheid vom 10.07.1995 ist der Zusatz enthalten, der überzahlte Betrag von 280,-DM werde ab Abrechnungsmonat 01.02.1995 in monatlichen Raten von 280,- DM von dem laufenden Kindergeld einbehalten, es werde für diesen Betrag die Aufrechnung erklärt." Im zweiten Bescheid vom 10.07.1995 ist ebenfalls geregelt: Der überzahlte Betrag von 210,- DM werde ab Abrechnungsmonat 01.08.1995 in monatlichen Raten von 210,- DM vom laufenden Kindergeld einbehalten und insoweit die Aufrechnung erklärt.

Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.11.1995 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem angegeben, dass der Kläger über die ab 01.01.1994 erfolgte Änderung des Bundeskindergeldgesetzes - insbesondere über die kindergeldschädliche Grenze bei Einkommen aus Ausbildungsverhältnis oder Erwerbstätigkeit - hingewiesen worden sei und ihm ein Kindergeldanspruch gemäß § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung nicht mehr zustehe. Eine offensichtliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes sei nicht ersichtlich, so dass die Bezügestelle gehalten sei, das Gesetz zu vollziehen.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München beantragte der Kläger, den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 10.07.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.1995 zu verurteilen, ihm das Kindergeld für den Sohn B. im Zeitraum September 1994 bis einschließlich März 1995 zu gewähren. Er brachte vor, der Beklagte habe entgegen dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 22.11.1994 - 10 RKg 17/92 (SozR 3-5870 § 2 Nr.29) die mit der Ausbildung des Sohnes B. verbundenen Aufwendungen nicht beachtet. Das BSG habe bereits unter anderem in seiner Entscheidung vom 24.09.1986 - 10 RKg 9/85 (SozR 5870 § 2 Nr.46) die vom Arbeitgeber erstatteten Fahrtkosten aus den "Bruttobezügen" des Kindes herausgenommen. Auch der Gesetzgeber sei (gemeint: ab 01.01.1996) von dem bisher geltenden Bruttoprinzip abgerückt. Die Abzüge vom Bruttolohn im Zeitraum September bis Dezember 1994, nämlich Sozialversicherungsbeiträge und Zimmermiete, seien mit der Erzielung des Lohnes untrennbar verbunden gewesen; von Januar bis März 1995 sei gesondert eine Zimmermiete von 250,- DM angefallen. Im einzelnen werde geltend gemacht: Aufwendungen 1994: Bewerbungskosten von ca. 50,- DM, Aufwendungen für benötigte Berufskleidung von 80,- DM, Kosten für Hin- und Rückfahrt M.-S. und sechs weitere Fahrten von etwas über 220 Entfernungskilometer mit eigenem Pkw, Mehraufwendungen für Verpflegung bei auswärtiger Unterbringung in der Schweiz und auf den Reisen; Aufwendungen 1995: Bewerbungskosten von ca. 50,- DM, Aufwendungen für Berufskleidung von ca.80,- DM, Kosten für Hin- und Rückfahrt sowie drei weitere Fahrten zwischen dem Studienort M. und G. mit dem Pkw über 600 Entfernungskilometer, zusätzliche Miete am Tätigkeitsort von 250,- DM, Kosten für tägliche Fahrten am Beschäftigungsort (16 Entfernungskilometer) von täglich etwa 10,- DM sowie Mehraufwendungen für Verpflegung bei auswärtiger Unterbringung und auf den Reisen.

Außerdem rügte der Kläger im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29.05.1990 eine zu geringe Entlastung bei der Einkommensbesteuerung zuzüglich des gewährten Kindergelds; das Existenzminimum seiner Kinder sei bei Wegfall des Kindergelds für B. von September 1994 bis März 1995 besteuert worden. Es sei auch die Frage aufzuwerfen, auf welche Rechtsnorm sich die von der Beklagten ausgesprochene Rückforderung und Einbehaltung stütze; eine Rechtsgrundlage sei nicht ersichtlich. Selbst wenn die Rückforderung in Frage käme, könne daran gedacht werden, dass sie nur in dem Umfange begründet sei, als sein Sohn in den fraglichen Monaten Einkünfte über dem gesetzlichen Grenzbetrag erzielt habe.

Die Beklagte hielt das Urteil des BSG vom 12.11.1994 - 10 RKg 17/92 (Berücksichtigung von ausbildungsbedingten Aufwendungen bei Einkünften aus au-pair-Verhältnis) für falsch, soweit hierin vom eindeutig gesetzlich festgelegten Bruttoprinzip abgewichen werde. Eine zweite hiervon abweichende höchstrichterliche Entscheidung sei nicht bekannt.

Mit Urteil vom 30.10.1998 wies das Sozialgericht die Klage ab und ließ die Berufung wegen des unter 1.000,- DM liegenden Beschwerdegegenstands nicht zu. Es ging davon aus, dass bei Prüfung der kindergeldschädlichen Einkommensgrenze der vom Gesetzgeber vorgegebene Bruttobetrag von 750,- DM maßgeblich sei und Abzüge nicht zulässig seien. Das Urteil des BSG vom 22.11.1994 - 10 RKg 17/92 - beziehe sich auf au-pair-Verhältnisse und sei vorliegend nicht anwendbar. Der Beschluss des BVerfG vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86 (SozR 3- 5870 § 10 Nr.1), auf den sich der Kläger berufen habe, betreffe lediglich die Höhe des Kindergelds von 1983 bis 1985. Seitdem habe der Gesetzgeber die Kinderfreibeträge bis zum Jahre 1994 auf das zehnfache angehoben und außerdem das Kindergeld erhöht, so dass eine Verfassungswidrigkeit des jetzigen Familienlastenausgleichs nicht zu erkennen sei. Im Übrigen gehe es vorliegend um den Wegfall des Kindergelds und nicht um die Höhe dieser Leistung, so dass schon deshalb der Rechtsstreit nicht auszusetzen sei, um eine Entscheidung des BVerfG gemäß Art.100 des Grundgesetzes (GG) herbeizuführen.

Auf die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 13.10.1999 die Berufung wegen eines Verfahrensfehlers - fehlende Gründe des Urteils hinsichtlich der Einhaltung der Verfahrensvorschriften des Sozialgesetzbuches Teil X (SGB X) durch die Beklagte - zugelassen.

Im anschließenden Berufungsverfahren trägt der Beklagte in Bezug auf diesen Beschluss mit den vom Senat abgeforderten Stellungnahmen vor, vorliegend habe es bei der Erteilung der Bescheide vom 10.07.1995 keiner vorherigen Anhörung bedurft, weil der Kläger vorweg Informationen über den Wegfall des Kindergelds bei Erreichen der monatlichen Bruttogrenze von 750,- DM gehabt und dann den Tatbestand für den Wegfall des Kindergelds selbst mitgeteilt habe; in einem solchen Falle wäre eine Anhörung, d.h. eine nochmalige Unterrichtung über die Rechtsauffassung der Kindergeldstelle, überflüssig und würde einen Formalismus darstellen; außerdem habe sich der Kläger in Kenntnis des Inhalts dieser Bescheide in dem hiergegen erhobenen Widerspruch auf seine Schreiben vom 15.03., 07.04. und 30.06.1995 bezogen, mit denen er sich bereits mit dem Wegfall des Kindergeldanspruchs auseinandergesetzt habe. Unabhängig davon hätte von einer Anhörung gemäß § 24 Abs.2 Nr.5 SGB X (Anpassung einkommensabhängiger Leistungen an geänderte Verhältnisse) abgesehen werden können.

In den erteilten Bescheiden sei zwar die Norm für die Aufhebung nicht genannt worden. Es gehe jedoch eindeutig der Charakter der Entscheidung hervor. Im Betreff sei auf die wesentliche Änderung der Verhältnisse hingewiesen worden, die Bescheide seien als Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide bezeichnet worden, und aus dem Gesamtzusammenhang und der Bescheidbegründung ergebe sich, dass eine Aufhebung der Kindergeldbewilligung wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse - kindergeldschädliches Einkommen - erfolgt sei.

Außerdem habe es gemäß § 35 Abs.2 Nr.2 SGB X keiner Begründung bedurft. Die Kindergeldbewilligung habe gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden können, weil dem Kläger definitiv seine fehlende Kindergeldberechtigung bekannt gewesen sei. Dieser, selbst Jurist, sei über die Auffassung der Beklagten zur Sach- und Rechtslage seit langem informiert worden; für ihn sei es auch ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass die Kindergeldbewilligung bei Überschreiten der Einkommensgrenze aufgehoben werde.

Der Kläger vertritt die Ansicht, das Urteil des Sozialgerichts sei ohne Gründe ergangen und damit fehlerhaft und aufzuheben. Es lasse nicht erkennen, dass sich das Gericht mit seinen Einwänden gegen die Rechtmäßigkeit der Einstellung der Zahlung, der Aufhebung der Bewilligung, der Rückforderung und der Aufrechnung des Kindergelds befasst habe. Hinzu komme, dass der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden mit keinem Wort auf die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der Kindergeldbewilligung eingegangen sei, obwohl er darum gebeten habe. Der Beklagte habe im Februar 1995 die Überzahlung des Kindergeldes von den Bezügen einbehalten, ohne zuvor die Bewilligung des Kindergelds aufzuheben; es sei davon auszugehen, dass hierfür eine Rechtsgrundlage fehle und das Vorgehen rechtswidrig gewesen sei. Der Beklagte habe die vorgeschriebene Anhörung unterlassen, von der dann nicht abgesehen werden könne, wenn er Einwendungen gegen den Wegfall des Kindergeldes für den Sohn B. erhoben habe. Schließlich sei es nicht um die Anpassung, sondern um den Wegfall der Sozialleistung gegangen, abgesehen davon auch um die Rückforderung und Aufrechnung.

Der Beklagte habe wegen seines Ermessens eine Bescheidsbegründung nicht gemäß § 35 Abs.2 Nr.2 SGB X für entbehrlich halten dürfen. Bei ihm, dem Kläger, habe Unkenntnis über das Vorgehen des Beklagten bestanden, wie aus seinem Schreiben vom 05.11.1994 zu entnehmen sei. Außerdem habe es sich bei den Entscheidungen über die Einstellung der Zahlung, den Wegfall der Bewilligung, die Rückforderung und die Aufrechnung um Ermessensentscheidungen gehandelt. Die rückwirkende Aufhebung sei rechtswidrig gewesen (Ermessensfehlgebrauch). Es liege ein atypischer Fall vor, wenn bei einem einheitlichen Ausbildungsverhältnis zwar einerseits Einkünfte erzielt würden, andererseits hierfür wiederum nicht unerhebliche Aufwendungen gemacht werden müssten. Außerdem wäre bei einer rückwirkenden Aufhebung zu prüfen gewesen, ob das Existenzminimum für B. noch gesichert gewesen sei; denn der Wegfall des Kindergelds sei wegen Anrechnung von Einkommen des Kindes nur dann nicht verfassungsrechtlich zu beanstanden, wenn das Kind über ein Einkommen verfüge, das das Existenzminimum abdecke (BVerfG SozR 3-5870 § 2 Nr.9).

Stünde das Kindergeld wegen Überschreitens der Einkommensgrenze für Ausbildungsvergütungen nicht mehr zu, so könne die Bewilligung aufgrund des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X nur in Höhe der Überschreitung des Betrags von 750,- DM rückwirkend aufgehoben werden (BSG SozR 3-5870 § 2 Nr.31).

Schließlich treffe auch nicht zu, dass er im Sinne von § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X gewusst oder infolge grober fahrlässiger Weise nicht gewusst habe, dass der Kindergeldanspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen sei; er sei davon überzeugt gewesen, dass die vom Kind erzielten Einkünfte nicht zum Wegfall des Kindergelds führen könnten.

Die Aufrechnung, eine Ermessensentscheidung, sei jedenfalls insoweit rechtswidrig, als der aufgerechnete Betrag den Betrag des laufenden monatlichen Kindergelds (gemeint Kindergeld für den weiteren Sohn M.) übersteige; außerdem dürfe erst verrechnet werden, wenn der Festsetzungsbescheid über die Rückforderung bestandskräftig geworden sei.

Der Senat hat eine Devisentabelle der Deutschen Bundesbank, Übersichten über die Regelsätze nach dem Bundessozialhilfegesetz und die Anfang des Jahres 1994 von dem Beklagten versendeten Informationsblätter beigezogen; weiterhin hat der Kläger nach Aufforderung noch Kopien seiner Bezügemitteilungen für die Zeit ab 01.12.1994 sowie eine Lohnabrechnung des Kantonsspitals St.G. für die Zeit vom 01.09. bis 31.12.1994 (Gesamtbruttolohn 4.480 sfr, Gesamtnettolohn 4.173 sfr) eingereicht. Zwei Terminsverlegungsanträgen des Klägers hat der Senat nicht stattgegeben.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 30.10.1998 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom 10.07.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.1995 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten und des Inhalts der Bezügeabrechnungen und der Schreiben/Informationsblätter des Beklagten, wird hierauf sowie auf die zu Beweiszwecken beigezogene Besoldungs- und Kindergeldteilakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die - nach form- und fristgerechter Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde zugelassene - Berufung (Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens als Berufungsverfahren - § 145 Abs.5 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) ist auch im Übrigen zulässig, jedoch nur in geringem Umfange begründet.

Der Senat konnte in der Hauptsache am 29.11.2002 entscheiden, nachdem der Kläger bereits am 08.11.2002 eine Terminsmitteilung erhielt sowie mit den Schreiben vom 08. und 22.10.2002 vorsorgliche Mitteilungen über beizuziehende/beigezogene Unterlagen und einen Hinweis, dass der Senat durchaus auch der Rechtsauffassung der Beklagten den Vorzug geben könnte.

Dem Terminsverlegungsantrag vom 08.11.2002 konnte der Senat nicht stattgeben, weil der Kläger sich zugleich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt und im Übrigen hinreichend Gelegenheit zur schriftlichen Äußerung sowie zur Beibringung von angeforderten Unterlagen - die der Senat zur Abrundung des Bildes, aber nicht unbedingt für seine Entscheidung benötigte - hatte und auch wahrnahm.

Einen weiteren Antrag des Klägers vom 18.11.2002, den Termin vom 29.11.2002 aufzuheben und ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, hilfsweise den Termin vom 29.11.2002 abzusetzen und die mündliche Verhandlung zu vertagen, hielt der Senat nicht für sachgerecht, weil zu einer Entscheidung am 29.11. 2002 ohne mündliche Verhandlung der Termin nicht vorweg aufzuheben war (§ 126 SGG); der Kläger hatte zudem bereits mit gerichtlichem Schreiben vom 11.11.2002 weitere Hinweise bekommen. Soweit es dem Kläger - nach weiterer (fünfseitiger) Stellungnahme zur Sache - nurmehr darum ging, die Rechtsauffassung des Gerichts zu erkunden, "die zu der Einführung von Zahlenmaterial über tatsächliche Verhältnisse durch das Gericht geführt" habe, damit er sich auch hierzu äußern könne, so ist darauf hinzuweisen, dass ihm bereits mit Schreiben vom 22.10.2002 mitgeteilt wurde, dass er als Klagepartei Urteile des Bundessozialgerichts zitiert habe, in denen auch von Sozialhilfe bzw. Sozialhilfebedürftigkeit die Rede sei, so dass vorsorglich hierzu auch Zahlenmaterial (Regelsätze nach dem Bundessozialhilfegesetz für 1994/95) in den Prozess eingeführt werde.

Nicht möglich erschien es jedoch, dem Kläger vor Prozessende schriftlich oder in der Verhandlung mündlich das Ergebnis der künftigen Beratung und den Inhalt des künftigen Urteils mitzuteilen, d.h. ob und inwieweit das Zahlenmaterial Verwendung finden könnte. Im Übrigen war sich der Kläger bewusst - er hat hierzu nicht nur Rechtsprechung zitiert, sondern sich ausführlich darüber ausgelassen - dass Sozialhilfebedarf bzw. Bedürftigkeit bei der Frage der Verfassungswidrigkeit der Einkommensgrenze des § 2 Abs.4 BKGG und der Rückforderung von Sozialleistungen eine Rolle spielen können.

Dem Kläger steht nach Überzeugung des Senats ein Kindergeldanspruch nicht zu; die Bewilligung wurde wirksam mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben und die entstandene Überzahlung zu Recht zurückgefordert. Lediglich die Aufrechnung war rechtswidrig und musste aufgehoben werden.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens lediglich die Bescheide vom 10.07.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.1995 gewesen sind.

Die Besoldungsmitteilungen des Beklagten beinhalten lediglich Informationen über die Zusammensetzung und Berechnung der Besoldung bzw. Versorgungsbezüge und über das Kindergeld (siehe den dortigen ausdrücklichen Hinweis unter Nr.1). Wenn es sich hierbei auch um zwei völlig unterschiedliche Leistungen handelt, die getrennt nach unterschiedlichen materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorschriften zu behandeln sind, so ist dennoch zu sehen, dass nach den Hinweisen auf der Rückseite der Bezügemitteilungen nach dem Willen der Behörde kein Verwaltungsakt ergehen sollte. Auch hinsichtlich des Kindergelds wurden dem Kläger in Besoldungsmitteilungen nur Informationen gegeben, wie z.B., das kein Kindergeldanspruch mehr bestehe, dass eine "Einbehaltung" erfolge und dass erst künftig, nach Erhebung von "Einwendungen", ein Verwaltungsakt ergehe.

Die vom Kläger gegen die Bezügemitteilungen hinsichtlich des Kindergelds erhobenen "Widersprüche" stellen daher "unstatthafte" Rechtsbehelfe dar; auch in Bezug auf die zeitlich erst danach erteilten Aufhebungsbescheide liegt hierin kein rechtswirksamer Rechtsbehelf. Das Schreiben des Klägers vom 08.08. 1995, mit dem er die mit Schreiben vom 15.03., 07.04. und 30.06.1995 eingelegten Rechtsbehelfe ("Widersprüche" gegen die Bezügemitteilungen) gegen die Bescheide vom 10.07.1995 aufrechterhielt und bekräftigte, war als erstmals wirksam eingelegter Widerspruch zu werten.

Im Klage- und Berufungsverfahren sind die Bezügemitteilungen als (vermeintliche) Verwaltungsakte nicht mehr angefochten worden, und dies zu Recht, so dass insoweit nicht mehr zu entscheiden gewesen ist; gleichwohl bleibt festzuhalten, dass der Vortrag des Klägers, soweit er sich (teilweise) auch auf die Bezügemitteilungen bezieht - sinngemäß wurden gerade insoweit mangelnde Anhörung und Begründung von Verwaltungsakten gerügt - neben der Sache liegt. Abzustellen ist allein auf die Bescheide vom 10.07.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.1995.

Insoweit ist die (isolierte) Anfechtungsklage (§ 54 Abs.1 Fall 1 SGG) der zutreffende Rechtsbehelf. Eine Verpflichtungsklage, wie sie in erster Instanz erhoben wurde (Klage auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts - § 54 Abs.2 Fall 2 SGG), ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig und hätte vom Sozialgericht nicht wegen Unbegründetheit, sondern wegen Unzulässigkeit abgewiesen werden müssen. Hat die (isolierte) Anfechtungsklage Erfolg und werden die angefochtenen Aufhebungsbescheide der Beklagten vom Gericht aufgehoben, hat der von der Verwaltung aufgehobene oder zurückgenommene begünstigende Dauerverwaltungsakt (Kindergeldbewilligung) wieder Bestand, so dass bereits ein bewilligender Verwaltungsakt über die Leistung vorliegt und ein neuer Bescheid nicht erteilt werden muss. Eine allgemeine Leistungsklage hingegen (Klage auf Zahlung des Kindergelds = Realakt) wäre - bei Fehlen besonderer Umstände - unzulässig, weil ein Anspruch auf die Leistung kraft Kindergeldbewilligung (Dauerverwaltungsakt) besteht und davon auszugehen ist, dass die Verwaltung diesen Anspruch bei Wegfall der Aufhebungsbescheide im Falle einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung auch erfüllen wird (BSG vom 12.12.1985 - 7 RAr 75/ 84 und vom 15.02.1979 - 7 RAr 69/78 in BSGE 55,227 und 48,33).

Die (isolierte) Anfechtungsklage ist für das Erreichen des vom Kläger angestrebten Zieles völlig hinreichend. Wird dieser vom Gericht stattgegeben, hat das zur Folge, dass die Beklagte Kindergeld (nur) für den Zeitraum vom 01.09.1994 bis 31.03.1995 nachzuzahlen hat, nachdem die Beklagte das Kindergeld für den Sohn B. mit Wirkung ab 01.04.1995 wieder bewilligt (Bescheid vom 06.10.1995) und später wegen Ende des Studiums wieder entzogen hat.

Soweit der Kläger der Auffassung ist, in zweiter Instanz wäre das sozialgerichtliche Urteil schon deswegen aufzuheben, weil es an einem erheblichen Verfahrensmangel (Fehlen eines Teils der Begründung und damit letztlich ohne Gründe) leidet, und im Übrigen zur Hauptsache zu entscheiden, so wird dies den vorliegenden Gegebenheiten nicht gerecht. Es ist zwar richtig, wie in dem Beschwerdebeschluss des Senats vom 13.10.1999 zur Zulassung der Berufung dargelegt worden ist, dass das erstgerichtliche Urteil in einem wesentlichen Punkt unvollständig ist und dies dem Fehlen von Urteilsgründen allgemeinhin gleich steht, mithin ein absoluter Revisionsgrund vorliegen würde. Der Senat ist jedoch nicht Revisionsinstanz, und von der alternativen Möglichkeit, entweder das angefochtene Urteil wegen wesentlichen Verfahrensmangels aufzuheben und dann auch die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen oder in der Hauptsache selbst - ohne Konsequenzen aus dem Verfahrensmangel zu ziehen - selbst zu entscheiden (§ 159 Abs.1 Nr.2 SGG), hat der Senat aus Gründen der Prozessökonomie letzteres gewählt. Die Entscheidung in der Hauptsache wiederum ergibt, dass das erstinstanzliche Urteil (im Tenor) weitestgehend zu bestätigen war.

Die Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide der Beklagten vom 10.07.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11. 1995 sind nicht rechtswidrig und daher nicht aufzuheben. Soweit Fehler in Bezug auf das vom SGB X und SGB I vorgeschriebene Verfahren vorliegen, sind diese nicht relevant bzw. gelten als geheilt, so dass deswegen nicht die Aufhebung durch das Gericht beansprucht werden kann (§§ 41, 42 SGB X). In materiell-rechtlicher Hinsicht sind die Bescheide der Beklagten vom 10.07.1995 nicht zu beanstanden, weil eine Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse vorliegt, so dass die Voraussetzungen für einen materiell-rechtlichen Kindergeldanspruch nicht mehr erfüllt sind. Zu beanstanden waren damit lediglich die Bescheide der Beklagten vom 10.07.1995 über die Aufrechnung überzahlter Kindergeldleistungen.

A) Aufhebung und Rückforderung 1.) Gemäß § 48 Abs.1 Satz 2 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen oder/und rechtlichen Verhältnisse aufgehoben werden, soweit ein Tatbestand des Satzes 2 Nrn.1 bis 4 vorliegt. Nr.3 betrifft den Fall, dass nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Damit erfasst sind auch Einkünfte des Kindes; die Vorschrift stellt nicht auf den Kindergeldberechtigten allein ab (BSG vom 24.03.1983 - 10 RKg 17/82 in SozR 5870 § 2 Nr.30). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile des SGB X, worunter das BKGG gemäß § 1 Nr.13 SGB I fällt, anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (§ 48 Abs.1 Satz 3 SGB X).

Gemäß § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG (in der vor 1994 geltenden Fassung) werden bei Kindergeldberechtigten die in Schul- und Berufsausbildung stehenden Kinder ab dem 16. Lebensjahr nicht berücksichtigt, wenn ihnen aus dem Ausbildungsverhältnis Bruttobezüge in Höhe von wenigstens 750,- DM zustehen. Laut § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG in der ab 01.01.1994 geltenden und vorliegend anzuwendenden Fassung gilt dies für Bruttobezüge in Höhe von wenigstens 750,- DM monatlich aus dem Ausbildungsverhältnis oder aus einer Erwerbstätigkeit.

Der Sohn des Klägers hat derartige Bruttobezüge erhalten, wobei diese bei Umrechnung von Schweizer Franken in Deutsche Mark laut beigezogenem Devisenkurs der Deutschen Bundesbank ab 01.09.1994 über 1.320,- DM monatlich und ab 01.01.1995 über 950,- DM monatlich lagen. Selbst netto machten die Bezüge im Jahre 1994 noch rund 1.100,- DM aus, weil der Auszahlungsbetrag von 909,25 sfr darauf beruht, dass eine Zimmermiete von 190,- sfr abgezogen worden ist; im Jahre 1995 belief sich der monatliche Nettobetrag noch auf knapp 900,- DM.

Nach dem eindeutigen und klaren Wortlaut des Gesetzes fällt der Kindergeldanspruch für den jeweiligen Monat weg, in dem die Bruttobezugs-Grenze von 750,- DM erreicht oder überschritten wird. Das Monatsprinzip ist eindeutig im BKGG verankert und sachlich gerechtfertigt, sodass es nicht darauf ankam, dass das Kind des Klägers einige Monate lang vor dem 01.09.1994 sich in den USA zu Ausbildungszwecken aufhielt und hier vermehrt ausbildungsbedingte Unkosten anfielen. Verfassungsrechtlich wäre der Gesetzgeber nicht gehindert gewesen, auch ab 01.01.1996 uneingeschränkt und nicht nur partiell am bisherigen Monatsprinzip festzuhalten und nicht auf das Prinzip des Jahresgesamteinkommens überzugehen. Dies geschah allein aus Zweckmäßigkeitsgründen, ohne dass die vorher gewählte Möglichkeit willkürlich wäre. Eine relevante Ungleichbehandlung von Studenten mit vorübergehenden Einkünften im Vergleich zu anderen Personengruppen liegt nicht vor. Es kam nicht darauf an, dass der Gesetzgeber die in Einzelfällen jeweils gerechteste und zweckmäßigste Lösung gefunden hat, und es ist durchaus einsehbar, dass ein gewisser Ausgleich von finanziellen Belastungen der Familie dann nicht geboten ist, wenn das Kind in dem Monat, in dem es die Einkommensgrenze überschreitet, in der Lage ist, sich im Wesentlichen selbst zu unterhalten. Das Kindergeld stellt nur einen gewissen "Beitrag" dar und hat nicht zum Ziele, alle Belastungen der Eltern auszugleichen. (BSG vom 22.01.1998 - B 14/10 KG 19/95 R in SozR 3-5870 § 9 Nr.4; BSG vom 24.09.1986 - 10 RKg 6/85 in SozR 5870 § 2 Nr.46).

Die "einheitliche Betrachtungsweise", auf die sich der Kläger unter Berufung auf die Urteile des BSG vom 22.11.1994 - 10 RKg 17/92 und vom 28.10.1996 - 10 RKg 30/95 (SozR 3-5870 § 2 Nrn.29 und 34) zu seinen Gunsten stützen will, besagt im Hinblick auf den jetzt streitigen Fall nichts. In der Zeit vor dem 01.01.1994 war es von großer Bedeutung, ob Bezüge bzw. Vergütungen aus dem Ausbildungsverhältnis stammten oder aus einer sonstigen Erwerbstätigkeit, also dem Ausbildungsverhältnis zuzurechnen waren, oder nicht (bejahend BSG vom 28.10.1996, a.a.O., bei der entgeltlichen au-pair-Tätigkeit im Haushalt der "Gasteltern" im Rahmen einer Sprachausbildung im Ausland; verneinend BSG vom 28.10.1996, a.a.O., zur Halbtagstätigkeit eines Kindes bei Besuch des Abendgymnasiums). Je nach der Wertung der Erwerbstätigkeit lagen bei "Bruttobezügen ab 750,- DM" vor dem 01.01.1994 kindergeldschädliche Einkünfte vor oder nicht vor. Die Differenzierung ist seit dem 01.01.1994 entfallen, nachdem der Gesetzgeber Bruttobezüge aus Ausbildungsverhältnis und aus Erwerbstätigkeit gleichermaßen erfasst hat. Unabhängig davon wären - ohne dass dies ab 01.01.1994 noch eine Bedeutung hätte - die Einkünfte des Sohnes aus einer berufspraktischen Tätigkeit entsprechend zahlreichen Urteilen des BSG zu Berufspraktika dem Ausbildungsverhältnis zuzurechnen, weil die berufspraktische Tätigkeit im Ausbildungsgang für Ärzte vorgesehen oder empfohlen ist und die Zeit und Arbeitskraft des Kindes generell überwiegend in Anspruch nimmt.

Wenn der Gesetzgeber die Berücksichtigung von "Bruttobezügen" vorgesehen hat, so ist dies nicht im Sinne des Vortrags des Klägers dahingehend auslegungsfähig, dass Sonderausgaben und Werbungskosten im Sinne des Steuerrechts oder auch nur einzelne der vom Kläger benannten Aufwendungen abzugsfähig wären. Der Wortlaut des Gesetzes ist klar und eindeutig und lässt eine gegenteilige Auslegung nicht zu; eine solche wäre contra legem. Auch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes wurden die "Bruttobezüge" nie als Nettobezüge verstanden, sondern vielmehr als Bruttoentgelt im sozialversicherungsrechtlichen (und nicht im steuerrechtlichen) Sinne (BSG vom 10.06.1980 - 11 RA 76/79 und vom 18.02.1981 - 1 RA 113/79 in SozR 2200 § 1262 Nrn.13 und 19 zu § 39 Abs.3 Satz 4 AVG mit Hinweis auf BSG-Urteile zu § 1248 Abs.4 Satz 1 Buchst. b RVO: "Steuerliche Abzüge sind unzweifelhaft Teil der Bruttobezüge"; Vgl. ferner BSG vom 24.09.1986 - 10 RKg 6/85 in SozR 5870 § 2 Nr.46 unter Bezug auf die Gesetzesmaterialien zum BKGG; BSG vom 24.09.1986 - 10 RKG 9/85 in SozR 5870 § 2 Nr.47 unter Bezug auf die Gesetzesmaterialien zu BKGG, RVO und AVG: nur die vom Ausbildungsbetrieb einem Auszubildenden geleistete Fahrgelderstattung für tatsächlich entstandene Fahrtkosten soll nicht zu den Bruttobezügen gehören; BSG vom 22.11.1988 - 10 RKg 21/87 in SozR 5870 § 2 Nr.59: Bruttobezüge sind solche im Sinne von § 14 Abs.1 SGB IV hierzu soll auch das vom Ausbildungsbetrieb ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Fahrtkosten gezahlte Wegegeld gehören; BSG vom 30.10.1991 - 10 RKg 10/90 in SozR 3-5870 § 2 Nr.17: Zu den Bruttobezügen aus Sprachausbildung gehören auch Sachbezüge wie Wohnvorteile und Taschengeld aus au-pair-Tätigkeit, die Bruttobezüge im Sinne des Kindergeldrechts können weiter gefasst sein als das sozialversicherungspflichtige Entgelt; BSG vom 28.05.1997 - 14/10 RKg 27/95 in SozR 3-5870 § 2 Nr.38: Maßgebend bei Ausbildungsvergütungen ist das Bruttoeinkommen ohne Rücksicht auf individuell anfallende Ausbildungskosten).

Soweit der Kläger auf Nettobezüge seines Sohnes im Sinne eines Betrags nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern abstellen will, kann dies nur eine persönliche, in keiner Weise vom Gesetz (vgl. hier § 14 Abs.2 SGB IV) oder von der Rechtsprechung gestützte Ansicht darstellen. Nach einhelliger Rechtsprechung des BSG ist bei der Ausbildungsvergütung der Bruttobetrag zugrunde zu legen, wobei der Gesetzgeber bereits berücksichtigt hat, dass bei derartigen Einkünften üblicherweise Sozialversicherungsabgaben (und ggf. Steuern) abgeführt werden (vgl. u.a. BSG vom 28.05.1997, a.a.O.). Den möglichen Abzug von Werbungskosten, damit letztlich ein kindergeldschädliches Einkommen im Sinne eines steuerrechtlichen Nettoeinkommens (Einkünfte gemäß § 2 Abs.2 EStG), hat das BSG zu der bis zum 31.12.1995 geltenden Gesetzeslage im Kindergeldrecht nie vertreten.

Sofern im Rechtsstreit auch Urteile des BSG zu Fahrtkosten erwähnt worden sind, ging es hierin keineswegs um die Qualifizierung als Werbungskosten oder die Begründung der von den Bruttobezügen abzusetzenen berufs- bzw. ausbildungsbedingten Aufwendungen, also letztlich darum, entgegen dem Gesetz ein kindergeldschädliches Nettoeinkommen als maßgebliches zu erklären. Vielmehr verhielt es sich so, dass das BSG die vom Gesetzgeber vorgegebenen Bruttobezüge für maßgeblich hielt und sich nur die Frage ergab, ob von der Ausbildungsstätte erstattete Fahrtkosten - einmal bei Erstattung in tatsächlicher Höhe, ein andermal bei pauschalem Aufwendungsersatz - 1) zu dem sozialversicherungspflichtigen (Brutto-) Entgelt zählten oder nicht zählten und 2) falls sie nicht sozialversicherungspflichtiges (Brutto-) Entgelt darstellten, gleichwohl nach Sinn und Zweck des BKGG den Bruttoeinkünften im (§ 2 Abs.2 Satz 2 BKGG zuzurechnen seien.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Kindergeldrecht zeigt in seiner Entwicklung auf - dies gilt im Übrigen für die (erstatteten) Fahrtkosten wie auch für das Entgelt aus au-pair-Tätigkeit - dass grundsätzlich auf das Bruttoentgelt im Sinne der Sozialversicherung abzustellen ist und in besonderen Einzelfällen sogar "Einkünfte", die nicht sozialversicherungspflichtig sind, den Bruttoeinkünften im Sinne des § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG zuzurechnen sind (vgl. insbesondere BSG vom 24.09.1986, a.a.O., zu den Fahrtkosten und dem Wert kostenfreier Mahlzeiten in steuerpflichtiger Höhe; ferner BSG vom 30.10.1991, a.a.O., zu dem Erhalt von freier Unterkunft, Verpflegung sowie einem wöchentlichen Taschengeld: es komme letztlich nicht darauf an, ob die au-pair-Tätigkeit als Erwerbstätigkeit gegen Entgelt anzusehen sei oder nicht- wie immer zu klassifizierendes Verhalten des Kindes ein gewisser Erwerb erzielt werde, der zum Unterhalt verwendbar sei; vgl. auch BSG vom 22.11.1994 - a.a.O.: zu den Bruttobezügen im Sinne von § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG zählt mehr als nur das versicherungspflichtige Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs.1 SGB IV).

Nur scheinbar entsteht der Eindruck, dass das Urteil des BSG vom 22.11.1994, a.a.O., den Begriff der Bruttoeinkünfte bei ausbildungsbedingten Aufwendungen im Sinne von Nettoeinkünften des Steuerrechts interpretieren will. Das BSG ging in dieser Entscheidung zunächst von den Bruttobezügen aus dem Ausbildungsverhältnis (wozu die Tätigkeit im Haushalt der ausländischen Gasteltern nach "einheitlicher Betrachtungsweise" zählen soll) aus, hielt jedoch in diesem Fall einen "Abzug" in Höhe der vom Kind aufzubringenden Gebühren (nur) für Sprachkurse für angebracht (immerhin wurden hier von den Bruttobezügen nicht weitere Kosten für auswärtige Unterbringung abgesetzt). In einem solchen Falle dürfe es keinen Unterschied machen, ob - was denkbar wäre - die Gasteltern im Ausland als Gegenleistung für die au-pair-Tätigkeit neben freier Unterkunft und Verpflegung und einem (entsprechend niedrigerem) Taschengeld auch den Besuch eines Sprachkurses auf ihre Kosten gewährten, oder ob das Kind die Gebühren für diesen Sprachkurs aus seinen Einkünften für die au-pair-Tätigkeit bei höherem Entgelt selbst bestreiten müsse. Zwar habe der Gesetzgeber in § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG auch aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung auf Brutto- und nicht auf Nettobezüge abgestellt. Dem entspreche, dass zum Beispiel bei den regelmäßig während eines betrieblichen Ausbildungsverhältnisses bezogenen Ausbildungsvergütungen nicht im Einzelnen zu prüfen sei, welche Werbungskosten (z.B. Fahrtkosten) dem Auszubildenden entstünden. Nach Auffassung des BSG-Senats könne dies jedoch dann nicht gelten, wenn aus einem als einheitlich zu wertenden Ausbildungsverhältnis zwar einerseits Einkünfte erzielt würden, andererseits aber hierfür wiederum nicht unerhebliche Aufwendungen getätigt werden müssten.

Dieses Urteil des BSG, eine vereinzelt gebliebene und nicht völlig klare Entscheidung, ist vom BSG weder hierin noch später näher interpretiert worden. Sollte hier in Sonderfällen ein Abweichen von dem Begriff "Bruttoeinkünfte" und eine Zuwendung zu dem Abzug von Werbungskosten und der Bestimmung der kindergeldschädlichen Grenze durch ein Nettoeinkommen in anderen Fällen als in regelmäßig während eines betrieblichen Ausbildungsverhältnisses bezogenen Ausbildungsvergütungen für zulässig gehalten worden sein, so wäre dies nach Ansicht des jetzt erkennenden Senats gesetzeswidrig, weil nach dem Wortlaut des § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG, der Entstehungsgeschichte und der vom Gesetzgeber vorgegebenen pauschalierenden vereinfachenden Betrachtungsweise kein Raum für eine Lückenfüllung oder andersartige Auslegung in Sonderfällen verbleibt.

Außerdem wäre der Kindergeld-Senat des BSG in späteren Entscheidungen von einem (möglicherweise in Sonderfällen angeblich anzuwendenden) Begriff der Nettoeinkünfte wieder abgerückt. In den Urteilen vom 28.05.1997 - 14/10 RKg 27/95 (SozR 3- 5870 § 2 Nr.38) und vom 28.05.1997 - 14/10 RKg 38/95 hat der BSG-Kindergeldsenat jedenfalls ausgeführt, dass mit jeder Ausbildung bestimmte Kosten, wenn auch in unterschiedlicher Höhe, verbunden seien, und dies der Gesetzgeber schwerlich übersehen haben könne. Jener habe sich dennoch für eine pauschale Festsetzung von Einkommensgrenzen entschieden, ohne Rücksicht auf individuell anfallende Ausbildungskosten. Eine solche Pauschalierung könne verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden. Insbesondere bei weiter Entfernung der Ausbildungsstelle hätte der Gesetzgeber eine vollständig gerechte Lösung zwischen Kindern ohne oder mit geringem Einkommen, solchen mit Einkommen und hohen Kosten sowie solchen mit Einkommen und geringen oder fehlenden Kosten aber nur im Wege verwaltungsaufwendiger Einzelberechnungen finden können; ähnliches würde bezüglich Arbeitsmittel und Arbeitskleider gelten ... Die am 01.01.1996 in Kraft getretene Einschränkung in § 2 Abs.2 Satz 3 BKGG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 I, Seite 1250 ("Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind, bleiben hierbei außer Betracht; entsprechendes gilt für Einkünfte, soweit sie für solche Zwecke verwendet werden.") ließe nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe damit nur eine schon vorher geltende Einschränkung deklaratorisch geregelt. Dieser Schluss verbietet sich schon deshalb, weil das Recht des Familienlastenausgleichs (jetzt Familienleistungsausgleich) vollkommen neu geregelt sei und eine Systemumstellung von einer Sozialleistung zu einer im Regelfall steuerrechtlichen Lösung stattgefunden habe.

Mit diesen Ausführungen wurde, falls der BSG im Urteil vom 22.11.1994 vom Bruttoprinzip erstmals abweichen wollte, die bisher einhellige und unumstrittene Rechtsprechung zur Geltung des Bruttoprinzips wiederhergestellt. Unabhängig davon kann jedenfalls das Urteil vom 22.11.1994 als Einzelfallentscheidung in einem Sonderfall, wie er generell nicht vorliegt, außer Betracht bleiben. Wird die spätere Rechtsprechung vorsichtig ausgewertet, dürfte auch kaum anzunehmen sein, dass in diesem genannten Urteil die Abzugsfähigkeit von "Werbungskosten" schlechthin - gleich ob im gesetzlichen Regelfalle oder in besonders gelagerten Ausnahmefällen - "zugelassen" werden sollte; immerhin hat das BSG lediglich die Sprachkursgebühren angesprochen, nicht jedoch beruflich bedingte Mehrkosten bzw. Mehraufwendungen wie z.B. Unkosten für eine vorübergehende Wohnung am Ausbildungsort (Sachbezüge aus entgeltlicher Tätigkeit) und Mehraufwendungen für Essen bei auswärtiger Unterbringung (Anmerkung: Was zu den Bruttoeinkünften zählen soll, wie die von den Gasteltern gewährte Unterkunft und Verpflegung gegen Mitarbeit im Haushalt, müsste bei Geltung des Nettoentgeltprinzips andererseits ganz oder teilweise wiederum als Ausgaben/Werbungskosten als abzugsfähig angesehen werden). Nicht zu übersehen ist auch, dass das BSG-Urteil vom 22.11.1994 auf die Regelung eines Sonderfalls aus Gleichsbehandlungsgründen abstellt: Falls das au-pair-Verhältnis die Voraussetzungen einer Ausbildung im Sinne von § 2 Abs.2 BKGG a.F. erfüllt, sollen diejenigen, die Unterkunft, Verpflegung und höheres Taschengeld von den Gasteltern erhalten und die Sprachkursgebühren selbst bezahlen, denjenigen gleichgestellt werden, die Unterkunft, Verpflegung, Sprachkursgebühren (Zahlung von den Gasteltern unmittelbar an die Ausbildungsstätte) und niedrigeres Taschengeld erhalten. Ein derart gelagerter Sonderfall ist beim Kind B. des jetzigen Klägers nicht gegeben. Abgesehen davon weist der jetzt erkennende Senat darauf hin, dass er eine Gleichbehandlung der vom BSG angeführten zwei Personengruppen im au-pair-Verhältnis zustimmt, aber in dem entgegengesetzten Sinne, dass auch die von den Gasteltern unmittelbar getragenen bzw. beglichenen Gebühren für ein Sprachinstitut zu den Bruttoeinkünften des au-pair-Mädchens zählen (kostenloser Besuch einer Schule als Sachbezug) und nicht hiervon - als Werbungskosten oder sonstwie - absetzbar sind. Auch bei dieser Lösung wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt. Unbeschadet dessen lässt sich die im Jahre 1993 geltende Sach- und Rechtslage keinesfalls auf die berufspraktische Tätigkeit des Sohnes des Klägers im Jahre 1994 im Rahmen seines Studiums übertragen. Bereits die Rechtslage war eine andere. Der jetzt streitgegenständliche Fall wird nach dem ab 01.01.1994 geltenden Recht beurteilt, der vom BSG im Urteil vom 22.11.1994 entschiedene Fall bezieht sich auf einen Zeitraum vor dem 01.01.1994. Vor diesem Zeitpunkt waren kindergeldunschädliche Bruttobezüge nur Einkünfte aus Ausbildungsverhältnis, wobei der Gesetzgeber in erster Linie an Auszubildende im Sinne des Berufsausbildungsgesetzes ("Lehrlinge") gedacht hat, wenn auch Personen mit anderer Berufsausbildung nicht ausgenommen waren; nicht zu den kindergeldschädlichen Bruttoeinkünften zählten aber bis 31.12.1993 Einkünfte aus einer von der Berufsausbildung getrennt zu sehenden Erwerbstätigkeit.

Nach dem 01.01.1994 sollten zu den kindergeldschädlichen Bruttoeinkünften nicht nur diejenigen aus Ausbildungsverhältnis, sondern auch die anhaltenden wie auch vorübergehenden Einkünfte aus sonstiger Erwerbstätigkeit zählen. Erfasst werden sollten ausdrücklich - unabhängig von der Qualifikation ihrer Einkünfte aus Ausbildung oder aus Erwerbstätigkeit - die Studierenden im Gegensatz zu Schülern allgemeinbildender Schulen (s. § 2 Abs.2 Satz 2, 2. Halbsatz BKGG). Damit ergaben sich nicht mehr diejenigen Härtefälle, die vor dem 01.01.1994 bei au-pair-Verhältnissen und sonstigen Sprachausbildungen im Ausland auftraten: Hier bestand die missliche Lage, dass die über 16 Jahre alten Kinder in Schul- und Berufsausbildung (z.B. Dolmetscher- und Übersetzerausbildung an ausländischen Sprachschulen), die - in derselben wirtschaftlichen Lage wie ein Kind im au-pair-Verhältnis - eine von dem Sprachstudium getrennt zu sehende Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer ausübten, kindergeldunschädliche Einkünfte erwarben, wohingegen bei au-pair-Tätigkeit das Entgelt sowie auch Sachbezüge und Taschengeld als Bruttobezüge aus dem Ausbildungsverhältnis als kindergeldschädlich angesehen worden sind. Nachdem sich, allerdings nur bis zum 31.12.1993, die "einheitliche Betrachtungsweise" als sehr ungünstig für Personen im au-pair-Verhältnis im Vergleich zu anderen Erwerbstätigen erwies, bestand auf der anderen Seite durchaus auch ein Motiv für die Rechtsprechung, dasjenige, das zu den Bruttoeinkünften aus Ausbildung zählte, gering zu halten, d.h. die einerseits sehr extensive Auslegung der Bruttobezüge im Sinne von § 2 Abs.2 BKGG andererseits in Sonderfällen wieder einzuschränken bzw. abzumildern.

Ob dieses Motiv allerdings zu einer gesetzesentsprechenden Lösung im Urteil des BSG vom 22.11.1994 führte, mag weiterhin dahinstehen.

Es bestand ferner bei au-pair-Tätigkeit sowohl vor als auch nach dem 01.01.1994 eine Besonderheit, wie sie bei Studien mit vorgesehenen Berufspraktika nicht in Erscheinung trat. Die "einheitliche Betrachtungsweise" war keineswegs konsequent. Bei der Frage, ob eine Ausbildung im Sinne des BKGG vorlag - diese war nur gegeben, wenn Zeit und Arbeitskraft des Kindes durch Ausbildung überwiegend in Anspruch genommen waren - wurde lediglich auf die Belastung durch Erlernen der ausländischen Sprache (Besuch der Sprachschule, Zeit für den Weg zur Schule und zurück, Zeit für häusliche Vor- und Nacharbeiten) abgestellt, nicht dagegen auch auf die Tätigkeit des Kindes im Haushalt der Gasteltern, eine für den Kindergeldberechtigten ungünstige Verfahrensweise, die einer "einheitlichen Betrachtungsweise" völlig widerspricht. Bei der Frage, ob Einkünfte aus dem Ausbildungsverhältnis vorlagen, wurde hingegen die Tätigkeit im Haushalt und der Besuch der Sprachenschule als Einheit gesehen, was erneut für einen Kindergeldanspruch ungünstig sein konnte.

Die Versuchung, nun wenigstens Einnahmen im Bereich des ersten Tatbestands und Ausgaben im Bereich des zweiten Tatbestands der Ausbildung miteinander zu "verrechnen", liegt nahe. Dies entspricht zwar einer einheitlichen Betrachtungsweise, ist aber dann nur systemgerecht, wenn die Ausgaben auch bei sonstigen "einheitlichen" Ausbildungstatbeständen verrechenbar wären, d.h. als die Bruttobezüge mindernd angesehen werden könnten. Dies gilt aber nicht für die Kosten einer Berufsausbildung, die der Gesetzgeber bei Festlegung der allgemeinen Grenze von 750,- DM ohne Rücksicht auf die Höhe pauschalierend mitberücksichtigt hat.

Unabhängig von der Wertung der Rechtsanwendung und Rechtsauslegung des Gesetzes im Urteil des BSG vom 22.11.1994, a.a.O., unter Zugrundelegung einer Rechtslage, wie sie ab 01.01.1994 nicht mehr bestand, ergibt sich jedenfalls bei einer au-pair-Tätigkeit ein tatsächlicher Sonderfall, wie er bei Fach- und Hochschulausbildungen mit nach Beginn der Studienzeit zu absolvierenden Berufspraktika nicht besteht, weil - während der als durchgehend anzusehenden Studienzeit - der Vorlesungsbetrieb durch die Ableistung der praktischen Tätigkeit vorübergehend abgelöst wird, beides nicht gleichzeitig stattfindet.

Als Ergebnis ist zusammenzufassen, dass sich hinsichtlich eines ehemals bestehenden Kindergeldanspruchs des Klägers die tatsächlichen Verhältnisse ab 01.09.1994 insoweit geändert haben, als das Kind B. anzurechnendes Einkommen bezogen hat, das bei richtiger Anwendung des § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG in der ab 01.01.1994 geltenden Fassung zum Wegfall des materiell-rechtlichen Anspruchs führte. Allein dieser Tatbestand rechtfertigt es nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 und Satz 3 SGB X, die ehemals hinsichtlich des Sohnes B. ausgesprochene Kindergeldbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X ("soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde") gilt nicht nur für das Erzielen von Einkünften durch den Inhaber des Anspruchs auf Sozialleistungen, sondern auch für das Erzielen von Einkünften durch Dritte (hier das Kind), von dem der Anspruch (hier des kindergeldberechtigten Elternteils) abhängig ist (BSG vom 24.03.1983 - 10 RKg 17/82 in SozR 5870 § 2 Nr.30).

Bei Beachtung sonstiger Verfahrensvorschriften (Anhörung, Begründung eines Verwaltungsakts) des SGB X oder SGB I wäre eine Aufhebung der Kindergeldbewilligung auch nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 SGB X (Verletzung der Mitteilungspflichten - verspätete Meldung über die Aufnahme einer praktischen Tätigkeit durch den Sohn B. bei Erzielung von Entgelt über 750,- DM) und § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X (Wissen oder Wissenmüssen um die Nichtberechtigung bei Bezug des Kindergelds ab 01.09.1994) möglich gewesen; hierauf kam es aber angesichts des relativ einfach gelagerten Tatbestands des § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X nicht an.

Entgegen der Ansicht des Klägers bedurfte es bei der Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit auch nicht der Ausübung eines Ermessens. Der Gesetzeswortlaut ("soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden") ist dahingehend zu verstehen, dass grundsätzlich aufgehoben werden muss; lediglich in atypischen Fällen ist Ermessen auszuüben. Ein atypischer Fall war aber nicht anzunehmen.

Ein grobes Fehlverhalten des Beklagten, das maßgeblich und in zurechenbarer Weise die Überzahlung mit herbeigeführt hätte, lag nicht vor. Der Kläger mit seinem aktenkundigen Ruhegehaltsbezügen als leitender Ministerialrat von über 4000 Euro monatlich wird durch die rückwirkende Aufhebung auch nicht vermehrt sozialhilfebedürftig oder erstmals sozialhilfebedürftig. Der gutgläubige Erhalt des Kindergelds ab 01.09.1994 und der gutgläubige Verbrauch (Entreicherung) sind ebenfalls nicht gegeben.

Bereits Anfang des Jahres 1994 hat der Kläger das Merkblatt Kindergeld mit den Bezügemitteilungen übersandt bekommen und den Erhalt in der Erklärung vom 20.03.1994 (Vordruck zur Überprüfung des Kindergeldanspruchs nach dem WMFG) unterschriftlich bestätigt. In diesem Merkblatt ist ausdrücklich aufgeführt, dass Bruttobezüge aus Ausbildungsverhältnis sowie auch aus Erwerbstätigkeit von 750,- DM oder mehr zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen. Entsprechende Hinweise ergaben sich auch aus dem Vordruck selbst, in dem Fragen nach den Bruttobezügen beantwortet werden sollten.

Weitere Hinweise bekam der Kläger anläßlich seiner Anfrage vom 14.02.1994, ob und inwieweit sich Bezüge des Maschinenbau studierenden Sohnes M. von mehr als 1.000,- DM auf Versorgungsbezüge, Kindergeld und Beihilfeanspruch auswirken würden. Anläßlich dieses Schreibens erhielt der Kläger das Schreiben der Beklagten vom 08.03.1994 mit der Information, dass das Kindergeld für Studenten bei Bruttobezügen aus nichtselbständiger Arbeit von mindestens 750,- DM monatlich entfalle; dies gelte auch bei einmaliger oder vorübergehender Erwerbstätigkeit während der vorlesungsfreien Zeit.

Der Kläger, ein Jurist in ehemals leitender Position und dazu der Rechtsabteilung eines Ministeriums, konnte hieraus ohne Weiteres den Schluss ziehen, dass bei entsprechenden von B. erzielten Bruttobezügen ihm ein Kindergeldanspruch auch für dieses Kind nicht mehr zustand und mit der Rückforderung zu rechnen war. Die Einwände des Klägers, dass aus seinen Schreiben an die Beklagte ab November 1994 hervorgehe, dass er unsicher hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs gewesen sei, oder sogar, dass er nicht bösgläubig gewesen sei, liegen neben der Sache. Mit Schreiben vom 05.11.1994 zeigte der Kläger erstmals kindergeldschädliche Einkünfte seines Sohnes B. an und wandte sich vorsorglich gegen eine Minderung seiner Bezüge, weil ganz erhebliche Ausbildungskosten angefallen und diese in der Zeit von Mai bis August 1994 (praktische Tätigkeit in den USA) besonders hoch gewesen seien. Hieraus vermag der Senat nur zu entnehmen, dass der Kläger nicht nur fähig und in der Lage gewesen ist, den Wegfall des Kindergeldanspruchs kraft Gesetzes ab 01.09.1994 gedanklich zu vollziehen (allein dies ist schon hinreichend für eine "Bösgläubigkeit"), sondern dass er dies tatsächlich auch getan hatte, und nun versuchte, Gründe zu finden, um dieser Rechtsfolge zu entgehen.

Entsprechendes gilt für das zweite Schreiben vom 15.03.1995. Hier teilte der Kläger mit, er sei durch die für die Zeit ab 01.02.1995 geltende Bezügemitteilung vom 12.01.1995 von der Einstellung des Kindergelds und einer Überzahlung von 280,- DM (September bis Dezemer 1994) unterrichtet worden und erhebe hiergegen Widerspruch; vorgelegt wurde zugleich ein Nachweis für die Einkünfte B. für Januar 1995. Der weitere Satz ("Mir ist nicht bekannt, welche Leistung ab welchem Zeitpunkt, in welcher Höhe und für welchen Zeitraum aus welchem gesetzlichen Grund aberkannt worden sein soll."), ist als Rüge gedacht und bezieht sich u.a. darauf, dass noch kein rechtsbehelfsfähiger Bescheid hinsichtlich des überzahlten Kindergelds und des überzahlten Ortszuschlags erteilt worden ist, vermag jedenfalls angesichts der Vorgeschichte keinen guten Glauben am Fortbestehen der Kindergeldberechtigung zu begründen. Hierauf weist eindeutig der weitere Satz hin, dass er seine vorsorgliche Begründung gegen eine etwaige Einstellung des Kindergelds wiederhole, weil den Bruttobezügen für wenige Monate erhebliche jährliche Werbungs- und Ausbildungskosten gegenüberstünden, so dass er von seinen Unterhaltspflichten nicht entlastet werde und eine Erstattung oder Minderung des Kindergelds nicht begründet sei. Erneut wird hier lediglich ersichtlich, dass der Kläger um die kindergeldschädliche Grenze und auch um das Monatsprinzip wusste, er nur gegen den Vollzug des eindeutigen Gesetzes mit eigenen Argumenten (Unbilligkeit des Monatsprinzips) ankämpfen wollte.

Das weitere Schreiben vom 07.04.1995 mit Mitteilung der Beendigung der bisherigen Beschäftigung des Sohnes in G. zum 31.03. 1995 und des weiteren Studiums B. ohne Erzielung von Einkünften vom 01.04. bis 30.06.1995 diente lediglich dem Erhalt des Kindergelds für die Zeit von April bis Juni 1995.

Mit weiterem Schreiben vom 30.06.1995 monierte der Kläger erneut, dass den Bezügemitteilungen mit Tilgungen und Aufrechnungen (Kindergeld und Anteil am kinderbezogenen Ortszuschlag) nicht zu entnehmen sei, ab wann und für welche Zeit kinderbezogene Leistungen für B. eingestellt und weitergewährt würden. Es ergingen dann - im Übrigen ohne vorherige Einstellung des laufenden Kindergelds, wie aus den Beklagtenakten und den Bezügemitteilungen des Klägers hervorgeht - die streitgegenständlichen Bescheide vom 10.07.1995 (Zeitraum von September 1994 bis März 1995) sowie weitere Bescheide über das Kindergeld ab April 1995 und dem erneuten Wegfall ab Juli 1995 (sowie im Übrigen auch Bescheide zur Rückforderung des überzahlten Ortszuschlags).

Aus dem gesamten Schriftverkehr ist keineswegs zu entnehmen, dass der Kläger gutgläubig bei Empfang der Kindergeldzahlung für die Monate vom 01.09.1994 bis 31.03.1995 hinsichtlich eines zustehenden Kindergeldanspruchs gewesen ist und - worauf es in erster Linie ankommt - er trotz eindeutiger Mitteilung der Gesetzeslage guten Glaubens hinsichtlich des Gegenteils sein durfte. Vielmehr musste er damit rechnen, dass ihm entsprechend den Informationen der Kindergeldkasse über die Kindergeldvorschriften ein Anspruch auf diese Leistung nicht zustand und überzahlte Leistungen zurückgefordert würden.

Die Beklagte hat insoweit keinen Vertrauenstatbestand gesetzt, und das wohl später erworbene Wissen des Klägers um eine Rechtsprechung, die er weitgehend in unzutreffender Weise in einem für ihn günstigen Sinne interpretierte, wäre auch bei Vorliegen in der Zeit der entstandenen Überzahlungen allenfalls nur geeignet gewesen, bei einem vernünftig und objektiv Denkenden Zweifel zu begründen, ob er kindergeldberechtigt sei oder entsprechend dem klaren Gesetzeswortlaut und den Informationen der zuständigen und fachkundigen Verwaltungsstelle nicht sei.

Ein atypischer Fall (mit der Folge der Ermessenreduzierung auf Null) ist auch nicht insoweit gegeben, als die rückwirkende Aufhebung (und Rückforderung) der Kindergeldbewilligung vermehrte Sozialhilfebedürftigkeit des Klägers zu Folge gehabt hätte (BSG vom 12.12.1995 - 10 RKg 9/95 in SozR 3-1300 § 48 Nr.42); entsprechendes muss auch gelten, wenn erstmals Sozialhilfebedürftigkeit eingetreten wäre, also ohne Kindergeldzahlung ehemals (bei rechtzeitigem Antrag) ein Anspruch auf Sozialhilfe realisiert hätte werden können.

Derartiges ist vom Kläger nicht behauptet worden, auch nach Aktenlage ergeben sich hierfür nicht die geringsten Hinweise. Der Kläger und sein Sohn B. haben im Zeitraum September 1994 bis März 1995 keine Sozialhilfe bezogen. Unter Berücksichtigung der hohen Versorgungsbezüge des Klägers von 4000 Euro und mehr und der zusätzlichen Einkünfte des Sohnes B. tritt mit Sicherheit, auch wenn der Bedarf eines Vier-Personen-Haushalts berücksichtigt wird, deswegen keine Sozialhilfebedürftigkeit erstmals auf, falls die Zahlung des Kindergelds in Höhe von 70,- DM nicht erfolgt wäre; hierzu wird auf die vom Senat beigezogenen Regelsätze nach § 22 des Bundessozialhilfegesetzes für die Jahre 1994 und 1995 Bezug genommen.

Letzten Endes kann ein atypischer Fall im Rahmen des § 48 SGB X auch nicht damit begründet werden, dass der Gesetzgeber im Bereich des § 2 Abs.2 BKGG eine typisierende Regelung für Auszubildende und Studierende hinsichtlich kindergeldschädlicher Bruttobezüge getroffen hat, und der Kläger durch die Aufhebung der Kindergeldbewilligung und Rückforderung in atypischer Weise hiervon betroffen worden sein soll.

Der Senat kann bereits nicht nachvollziehen, warum ein angeblich atypischer Fall im Rahmen des § 2 Abs.2 BKGG darin bestehen soll, dass der Kläger für einen bestimmten Zeitraum nicht materiell-rechtlich kindergeldberechtigt gewesen ist. Das Kindergeld orientiert sich nicht an der Unterhaltsfähigkeit der Eltern und dem jeweiligen konkreten Unterhaltsbedarf des Kindes. Es ist als "allgemeines" Kindergeld konzipiert und ist so verwaltungstechnisch auch zu handhaben gewesen; es kam nicht darauf an, ob - mehr oder minder zufälligerweise oder unter Umständen sogar willkürlich - hohe Aufwendungen für den Lebensbedarf eines Kindes (z.B. hohe Miete, z.B. hohe Aufwendungen für den Kauf eines Eigenheims und dadurch Schaffung von Wohnraum für das Kind, teures Essen) und den Ausbildungsbedarf (Ausbildung am Wohnort oder im Ausland; Studium an einer staatlichen Einrichtung ohne Gebühren oder an einem teuren Privatinstitut) bestanden oder nicht. Entsprechend der Ausgestaltung eines "gewissen", allgemein der Höhe nach festgelegten Beitrags zum Zwecke der Unterhaltung eines Kindes, der wiederum nach vereinfachenden pauschalierenden Regelungen bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen durch das Kind (nicht durch die Eltern) nicht mehr für Kinder in Berufsausbildung erforderlich erscheint, kann kein atypischer Fall des Nichtbezugs von Kindergeld vorliegen, wenn diese Grenzen überschritten werden.

Unbeschadet dessen erscheint es dem Senat auch nicht logisch, dass ein (angeblich) atypischer Fall des Wegfalls von Kindergeld im Bereich des § 2 Abs.2 BKGG zugleich einen atypischen Fall im Rahmen des § 48 SGB X, der zur Ausübung von Ermessen bei der Entscheidung über die Aufhebung einer Kindergeldbewilligung führt, darstellen soll. Erforderlich für einen atypischen Fall im Sinne von § 48 SGB X ist es, dass besonders gelagerte Sachverhalte (grobes Verschulden der Behörde, vermehrte Sozialhilfebedürftigkeit bzw. andere entgangene Sozialleistungen, Weiterleitung des an sich zustehenden Kindergelds von einem Nichtberechtigten an den wahren Berechtigten, der für sich keinen rechtzeitigen Antrag gestellt hat, usw.) vorliegen, die von den Normalfällen - normalen, üblichen Umständen - wie sie allgemeinhin bei Tatbeständen des § 48 Abs.1 Satz 2 Nrn.1 bis 4 SGB X auftreten, so signifikant abweichen, dass die Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsakts nicht gerechtfertigt erscheint; hinzu kommen müssen ferner besondere Umstände wie z.B. eine besondere Bedrängnis des Leistungsempfängers oder eine besondere Härte, die sich wiederum am Sinn und Zweck des § 48 SGB X und damit nicht nach materiell-rechtlichen Vorschriften alleine ausrichtet. Im Falle des Klägers besteht lediglich, aus dem Blickwinkel der Verfahrensvorschrift des § 48 SGB X gesehen, der Fall, dass der Kläger einige Zeit lang die Voraussetzungen für eine Sozialleistung erfüllte und dann einige Monate nicht mehr erfüllte. Es liegt geradezu der klassische typische Fall der rückwirkenden Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsakts wegen nachträglichen Erzielens von Einkommen oder Vermögens vor, zumal jegliche Besonderheiten wie z.B. gutgläubiger Bezug und gutgläubiger Verbrauch der Leistungen fehlen.

Nachdem der Sohn des Klägers mit seinen Bruttobezügen die kindergeldschädliche Grenze von mtl. 750,- DM um einen höheren Betrag als das Kindergeld selbst von 70,- DM monatlich überschritten hat, kann auch nicht der Fall vorliegen, dass der über 750,- DM liegende Betrag geringer als der Kindergeldvorteil ist, so dass - entsprechend dem Ziel der Vermeidung von "Doppelleistungen" - die Bewilligung nur in Höhe der Überschreitung rückwirkend aufgehoben werden sollte, falls Gutgläubigkeit bestand (BSG vom 12.12.1995 - 10 RKg 9/95 in SozR 3-5870 § 2 Nr.31). Es erübrigen sich damit weitere Ausführungen, ob und inwieweit der vom BSG angesprochene Fall passend oder unpassend erscheint, weil eine Doppelleistung (z.B. Kindergeld und Sozialhilfe) ohnehin nicht vorliegt.

2. Hinsichtlich der Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidungen der Beklagten liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Anhörung, der eine (gerichtliche) Aufhebung der Verwaltungsentscheidung zur Folge hat, nicht vor (§ 24 Abs.1, § 41 Abs.1 SGB X). Ein Anhörungsmangel gilt als geheilt. Bei der Beurteilung des Vorgangs ist zunächst nicht auf die (nicht erfolgte Einstellung des Kindergelds) und die Einbehaltung laut den Bezügemitteilungen abzustellen, wie es der Kläger teilweise in seiner Argumentation getan hat, sondern auf die Bescheide vom 10.07.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.1995.

Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in die Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (§ 24 Abs.1 SGB X); von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen (§ 24 Abs.2 Nr.5 SGB X). Eine "Anpassung" beinhaltet nicht nur eine Änderung der Höhe der Sozialleistung, sondern ggf. auch den Wegfall (BSG vom 27.01.1981 - 5 b/5 RJ 56/80 in SozR 1200 § 34 Nr.14); besondere, überraschende oder zumindest für den Bürger nicht ersichtliche, zusätzliche Umstände, worauf die geänderten Einkommensverhältnisse (hier Bruttobezüge des Kindes) beruhen und weswegen sie angerechnet werden, lagen nicht vor (BSG, a.a.O., zu dem Sonderfall der Anrechnung des "einkommensabhängigen" Unterhaltsanspruchs auf die wieder aufgelebte Witwenrente, wenn hier zugleich die Umstände des erklärten Unterhaltsverzichts festzustellen und zu würdigen waren).

Auch wenn § 24 Abs.2 Nr.5 SGB X hinweggedacht würde, ergäbe sich kein anhaltender Anhörungsmangel. Die Beklagte hatte den Kläger vor Erteilung der Bescheide vom 10.07.1995 zu den entscheidungserheblichen Tatsachen anzuhören, d.h. zu dem Wegfall des materiell-rechtlichen Kindergeldanspruchs (einschließlich des betroffenen Zeitraums) und zu der Absicht, wegen Änderung der wesentlichen Einkommensverhältnisse die Kindergeldbewilligung rückwirkend aufzuheben und das Kindergeld zurückzufordern. Nach Ansicht des Senats gehört der verfahrensrechtliche Tatbestand, weswegen rückwirkend aufgehoben werden soll, auch zum Inhalt der Anhörung. Vorliegend soll nicht auf die in Frage kommenden §§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.2 und vor allem Nr.4 SGB X (Verletzung der Mitteilungspflicht durch verspätete Mitteilung und vor allem Wissen/Wissenmüssen um die Nichtberechtigung) abgestellt werden, sondern allein auf § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB X (Erzielung von Einkommen, das zum Wegfall des Anspruchs führt).

Zu den genannten Anhörungstatbeständen hat die Beklagte den Kläger nicht formell vor Erteilung der streitgegenständlichen Bescheide angehört; der Mangel ist jedoch im Widerspruchsverfahren geheilt worden. Spätestens mit Erteilung der Bescheide vom 10.07.1995 hatte der Kläger alle Informationen zu den entscheidungserheblichen Tatsachen, und es bestand auch die Möglichkeit der Äußerung hierzu, wovon er im Übrigen auch Gebrauch gemacht hat; bekannt waren auch Zeitraum und Höhe der Überzahlung sowie die Absicht der Rückforderung. Nicht erforderlich war es, dem Kläger den konkreten Paragraphen zu benennen, auf den die Aufhebung und die Rückforderung gestützt werden. Es genügte, dass er die Möglichkeit zur Stellungnahme zu den Tatsachen hatte, auf die die Aufhebung gestützt werden konnte; im Übrigen ist die Beklagte auf die inhaltlichen Voraussetzungen des § 48 SGB X eingegangen. Keinesfalls war es erforderlich, im Anhörungsverfahren die vom Kläger vorgetragenen rechtlichen Einwände zu würdigen und hierzu nochmals die Rechtsauffassung der Beklagten darzulegen; ebenso wenig waren in die Anhörung hinsichtlich des Kindergelds andere Konsequenzen außerhalb des Bereichs der Sozialleistungen (Ortszuschlag, Beihilfeberechtigung) einzubeziehen.

3. Die Bescheide vom 10.07.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.1995 enthalten auch eine hinreichende Begründung.

Der von der Beklagten nebenbei erwähnte Einwand, es habe gemäß § 25 Abs.2 Nr.1 BKGG in der damaligen Fassung keiner Bescheiderteilung und damit auch keiner Begründung bedurft, ist allerdings nicht zutreffend. Nach dieser Vorschrift kann von der Erteilung eines Bescheids abgesehen werden, wenn der Berechtigte anzeigt, dass die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Kindes nicht mehr erfüllt sind. Eine "Anzeige" stellt aber eine Erklärung des Berechtigten dar, und diese beinhaltet die Mitteilung von Tatsachen, wobei der Vorgang von dem äußeren Eindruck getragen wird, dass der Anzeigende um den damit verbundenen Wegfall der Kindergeldberechtigung weiß. Die Verpflichtung zur Bescheiderteilung entfällt aber nicht, wenn der Betroffene zugleich mit der "Anzeige" kund tut, dass er die Sozialleistung weiterhin in Anspruch nehmen will bzw. mit der üblicherweise aus der "Anzeige" folgenden Konsequenz nicht einverstanden ist (vgl. BSG vom 06.04.1989 - 10 RKg 4/88 und 17/88: gewollte, unmissverständliche Erklärung zum Wegfall bzw. zur Befristung des Kindergelds).

Im vorliegenden Streitfall war eine Bescheiderteilung mit Begründung erforderlich, und die Beklagte ist dem in hinreichender Weise auch nachgekommen. Die Darlegung von Ermessensgründen war nicht erforderlich, weil die Aufhebung und Rückforderung hier keine Ermessensentscheidung erforderten. Ebenso wenig war es notwendig, hinsichtlich der vom Kläger geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken im Einzelnen zu argumentieren und sich mit den vorgetragenen, teilweise weit hergeholt erscheinenden "Angriffs- und Verteidigungsmitteln" schriftlich auseinanderzusetzen, wenn das Ergebnis des Verwaltungsakts dem klaren Gesetzeswortlaut entspricht. Abgesehen davon hätte das Fehlen der Begründung eines "gebundenen" Verwaltungsakts ohnehin nur zur Folge, dass die Versäumung einer Rechtsmittelfrist als unverschuldet gilt; die Aufhebung des Verwaltungsakts könnte deswegen nicht begehrt werden (§ 41 Abs.3 und § 42 SGB X).

B) Die Aufrechnung der entstandenen Überzahlung (weitere Teilentscheidungen in den Bescheiden vom 10.07.1995) verstößt aber gegen die Vorschriften des SGB X und SGB I und ist als rechtswidrig aufzuheben.

Rechtstechnisch gesehen liegt eine Verrechnung und nicht eine Aufrechnung vor, nachdem die Besoldung des Klägers und das Kindergeld verschiedenartige Ansprüche sind und auch verschiedene Ämter, einerseits die Besoldungsbezügestelle für den Dienstherrn, andererseits die Kindergeldkasse, tätig werden. Für die Verrechnung gelten zunächst die Vorschriften über die Aufrechnung (§§ 52, 51 SGB I).

Aufgrund zweier verspäteter Mitteilungen des Klägers über Bruttobezüge des Sohnes B. und der Notwendigkeit, die Versorgungsbezüge des Klägers mehrmals neu festzustellen, ist die Beklagte im Ergebnis so verfahren, dass das Kindergeld für B. (und den weiteren Sohn M.) nicht zur Einstellung kam, vielmehr die sich abzeichnende Überzahlung für September bis Dezember 1994 in einer Rate (280,- DM) von den Bezügen des Klägers für Februar 1995 und die Überzahlung für Januar bis März 1995 in einer einzigen Rate von 210,- DM von den Bezügen des Klägers einschließlich des Kindergelds für ein zweites Kind für August 1995 "einbehalten" worden sind. Die "Einbehaltung" vor Erteilung der Bescheide vom 10.07.1995 war rechtswidrig. Hierin liegt keine Entziehung/Rückforderung des Kindergelds (vgl. BSG vom 23.02.1988 - 10 RKg 7/87 in SozR 5870 § 25 Nr.2), ebenso wenig ein Verwaltungsakt über die Aufrechnung. Nachdem die Beklagte die Aufrechnung mit späteren Verwaltungsakten vom 10.07.1995 geregelt hat, war die "Einbehaltung" im Februar und im August 1995 weiterhin rechtswidrig. Der vorweggenommene Vollzug der Rückforderung im Wege der Aufrechnung verstößt gegen die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und späterer Klage (§ 86 Abs.2, § 97 Abs.1 Nr.2 SGG a.F.).

Unabhängig davon waren die Aufrechnungsentscheidungen der Beklagten in den Verwaltungsakten vom 10.07.1995 rechtswidrig. Die hierin verfügte Aufrechnung war tatsächlich nicht möglich, denn ein überzahltes Kindergeld von 280,- DM kann nicht in einer einzigen Rate mit dem dem Kläger für Februar zustehenden Kindergeld (es waren nur noch 70,- DM für den weiteren Sohn M.) aufgerechnet werden; dasselbe gilt für die Aufrechnung der Überzahlung von 210,- DM im August 1995 in einer einzigen Rate mit dem dem Kläger zustehenden Kindergeld für August 1995 von 2 x 70 = 140,- DM.

Soweit tatsächlich Kindergeld nicht mit Kindergeld, sondern mit Besoldungsbezügen "verrechnet" worden ist, hat der Beklagte insoweit keinen Bescheid erteilt, so dass es sich erübrigt, darauf einzugehen, ob, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen dies zulässig ist. Soweit der Beklagte zustehendes Kindergeld mit überzahltem Kindergeld aufgerechnet hat, verstößt dies gegen § 51 Abs.2 SGB I; die Vorschrift lässt eine Aufrechnung nur bis zur Hälfte zu, soweit der Leistungsberechtigte dadurch nicht hilfebedürftig wird.

Es erscheint auch nicht möglich, die Aufrechnungsregelung der Beklagten richterlich anders, z.B. mit mehreren gesetzesentsprechenden monatlichen Raten, umzugestalten (vgl. hierzu in einem ähnlichen Fall des BSG vom 16.09.1981 - 4 RJ 107/78 in SozR 1200 § 51 Nr.11: Die gesamte Aufrechnung wird hinfällig).

Unabhängig davon war die Aufrechnung, soweit es um das sozialrechtliche Kindergeld geht, auch aus sonstigen rechtlichen Gründen nicht aufrechtzuerhalten. Eine Anhörung ist nicht erfolgt und kann auch im Widerspruchsverfahren nicht als nachgeholt gelten, weil der Beklagte weder formell die Anhörung nachgeholt noch dem Kläger anderweitig hinreichend Informationen an die Hand gegeben hat, so dass die Möglichkeit für einen sachgerechten Vortrag eröffnet wäre. Die Aufrechnung ist zudem- gegeben worden. Erforderlich ist dies umso mehr, als es sich bei der Aufrechnung (§ 51 SGB I) um eine Ermessensentscheidung handelt (BSG vom 11.10.1979 - 3 RK 88/77 und vom 16.09.1981 - 4 RJ 107/78 in SozR 1200 § 51 Nrn. 5 und 11).

C) Eine Vorlage von Rechtsfragen an das Bundesverfassungsgericht hielt der Senat nicht für geboten, weil er aufgrund der bisherigen einschlägigen Entscheidungen des BVerfG und des BSG von der Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG in der damaligen Fassung nicht überzeugt ist.

Soweit der Kläger sich auf die Entscheidung des BVerfG vom 29.05.1990 - 1 BvL 20/84, 26/84 und 4/86 (SozR 3-5870 § 10 Nr.1) beruft, liegt dies neben der Sache. Es geht hier lediglich um die Höhe des Kindergelds, wobei zu berücksichtigen ist, dass das Kindergeld vor dem Jahre 1996 zwar eine sozialrechtliche Leistung darstellt, aber insoweit einen steuerrechtlichen Bezug hat, als das Kindergeld ehemals die steuerlichen Kinderfreibeträge ersetzten und ab 1983 bei Wiedereinführung der Kinderfreibeträge in zu geringer Höhe ergänzen sollte. Nur soweit Kindergeld überhaupt gewährt wird, stellt sich die Frage, ob das Einkommen des Kindergeldberechtigten einer zu hohen Besteuerung unterliegt (das Kindergeld wird hierbei in einen zusätzlichen fiktiven Kinderfreibetrag umgerechnet) und so der Teil an Einkommen, der dem Existenzminimum des Kindes dient, in verfassungswidriger Weise besteuert worden ist. Nur in diesem Zusammenhang unterliegen die kindergeldrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften einer Gesamtprüfung.

Wird hingegen kein Kindergeld gewährt, so z.B. wegen des § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG, stellt sich in Bezug auf das Existenzminimum die Frage einer verfassungswidrigen, zu hohen Besteuerung allein im EStG; hierfür sind die Finanzgerichte zuständig. Das Verbot, durch zu hohe Besteuerung das vom Bürger selbst erzielte Einkommen nicht in Höhe des Existenzminimums eines Kindes zu entziehen, stellt sich als Verbot des "Wegnehmens" dar. Keineswegs ging es in der zitierten Entscheidung des BVerfG um das "Geben" von Leistungen aus allgemeinen Steuermitteln. Das Geben von Leistungen seitens des Staates zur Sicherung des Existenzminimums wird durch Art.1 und insbesondere Art.2 GG erzwungen; es besteht aber hier - ebenso wie aus Art.6 GG (Familie) und Art.20 Abs.1 GG (Sozialstaat) - kein Anspruch auf eine konkrete Leistung nach einem bestimmten Gesetz, wie ihn der Kläger offenbar vorliegend auf Kindergeld nach dem BKGG herleiten will; der Gesetzgeber hat sich hinsichtlich der Gewährung von Leistungen ("Geben") für eine Regelung im Sozialhilfebereich entschieden. Nach Auffassung des Senats ist es unzutreffend, einen vom Gesetzgeber nicht oder nicht mehr vorgesehenen Anspruch auf Kindergeld mit zu hoher Besteuerung des Einkommens des Betroffenen zu begründen.

Es ist im Übrigen nie Sinn und Zweck des Kindergelds gewesen, den Kindergeldberechtigten für Erziehung, Sorge und materielle Aufwendungen einen Betrag in die Hand zu geben, der das Existenzminimum des Kindes abdeckt, und noch viel weniger, auch einen Sonderbedarf des Kindes (teilweise) zu befriedigen. Die Leistung nach dem BKGG ist als "allgemeines" Kindergeld ohne Rücksicht auf die jeweiligen konkreten Aufwendungen für das Kind, die höchst unterschiedlich - und nebenbei oft nur subjektiv zweckmäßig, erforderlich und notwendig - sein können, konzipiert und stellt nur einen "gewissen Beitrag" des Staates dar. Demgegenüber ist es auch gerechtfertigt, wenn das Kind wesentlich zu seinem Unterhalt beitragen kann, dass dieser zugegebenermaßen kleine staatliche Beitrag entfällt.

Soweit der Kläger sich auf den Beschluss des BVerfG vom 02.08. 1990 - 1 BvR 1431/86 in SozR 3-5870 § 2 Nr.9 (Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des BSG vom 24.09.1986 - 10 RKg 6/85 in SozR 5870 § 2 Nr.46) - beruft, verkennt er die Zusammenhänge. Seine Aussage, der Wegfall des Kindergelds wegen Einkommensanrechnung sei nur dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Kind, für das Kindergeld nicht mehr bezahlt werde, über ein Einkommen verfüge, das das Existenzminimum abdecke, trifft keineswegs das, was das BVerfG meinte und ausführte. In diesem Beschluss ersparte sich das BVerfG Ausführungen darüber, ob und inwieweit kindergeldrechtliche und steuerrechtliche Probleme (Existenzminimum) zur Prüfung anstehen könnten, weil bereits das Kind mit dem von ihm erzielten Einkommen (brutto weniger als 750,- DM, aber zuzüglich Sachleistungen wie Fahrgelderstattung und unentgeltliche Mahlzeiten) über ein das Existenzminimum abdeckendes Einkommen verfügte, so dass sich nicht mehr die Frage stellte, ob dann ein Anteil im Einkommen der Eltern als Existenzminimum für das Kind in verfassungswidriger Weise besteuert worden sein könnte.

Letztlich bliebe dem Kläger, nachdem ein Kindergeldanspruch vom Gesetz nicht vorgesehen ist, die Berufung auf das "Willkürverbot" des Art.3 GG. Eine Ungleichbehandlung liegt aber nicht vor, weil alle Kindergeldberechtigten von § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG a.F. gleichermaßen betroffen sind. Soweit der Kläger besonders hohe außergewöhnliche Aufwendungen wegen auswärtiger Unterbringung des Kindes geltend machte, ist das bereits der Sache nach nicht nachvollziehbar. Die Kosten für Bewerbungen in der geltend gemachten Höhe sind nicht glaubhaft; die Kosten für berufsbedingte Kleidung (2 x 80,- DM) betragen, auf sieben Monate verteilt, knapp 23,- DM. Die Kosten für Heimfahrten (zugrunde gelegt wird der steuerliche Pauschsatz für 1994 und 1995 von 70 Pfennig pro Entfernungskilometer) halten sich in Grenzen; zu berücksichtigen ist ferner, dass auch andere Kinder in Berufsausbildung täglich größere Strecken zurücklegen müssen, und der Großteil der Fahrten des Sohnes des Klägers nur monatlich erfolgte. Solche Unkosten können im Wesentlichen ohne vermehrte Aufwendungen für die Eltern von den Einkünften des Kindes bestritten werden. Abgesehen davon ist das Kindergeld nicht zur Abdeckung eines besonders hohen Bedarfs eines Kinds im Einzelfalle gedacht, so dass auch bei der Einkommensgrenze für den Wegfall des Kindergelds hierauf nicht Rücksicht genommen werden muss.

Der Senat vermag keine Ungleichbehandlung zu sehen, weil eine solche sich nicht in dem Bereich der Konzeption des Anspruchs abspielt. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung wiederholt dargelegt worden, dass der Grenzbetrag von 750,- DM brutto aus Gründung der Verwaltungsvereinfachung - Ordnung von Massenerscheinungen - festgelegt worden ist und atypische Fälle, in denen das vom Kind erzielte Einkommen dessen Unterhaltsbedarf nicht abdeckt, einen Verstoß gegen Art.3 GG nicht begründen können (BSG vom 24.09.1986, BVerfG vom 02.08.1990, BSG vom 28.05.1997 und vom 22.01.1998, alle a.a.O.).

Der Gesetzgeber war auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die allgemeinen Lebenshaltungskosten und damit die Kosten für den Unterhalt von Kindern seit Inkrafttreten des § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG im Jahre 1976 erheblich gestiegen sind, nicht gehalten, den gestiegenen Belastungen durch Erhöhung der Grenze von 750,- DM Rechnung zu tragen (BSG vom 24.09.1986, a.a.O., unter Berufung auf BSG SozR 5870 § 10 Nr.8). Gestiegene Lebenshaltungskosten kann der Gesetzgeber, sofern er zum Ausgleich hierfür einen Kindergeldanspruch nicht vorsieht, auch im Sozialhilferecht oder in anderen Gesetzen berücksichtigen, und muss - im Hinblick auf die Nichtbesteuerung des Existenzminimums - ggf. im Steuerrecht Vorsorge treffen. Die Begründung eines Kindergeldanspruchs muss aber nicht wegen des Verbots der Besteuerung ("Nehmen") oder wegen der Gewährung eines Existenzminimums ("Geben") erfolgen.

Aus den genannten Gründen war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen. Der vom Kläger erzielte Erfolg im Rechtsstreit war so gering, dass dem Senat eine Berücksichtigung nicht angebracht erschien.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Eine grundsätzliche Rechtsfrage erscheint schon deswegen nicht gegeben, weil im Jahre 1996 das Kindergeldrecht im Wesentlichen in das Steuerrecht überführt und dort sowohl dogmatisch als auch in den Einzelregelungen anders ausgestaltet worden ist. Nachdem es vorliegend um einen weit zurückliegenden Leistungszeitraum geht und dem jetzigen Rechtsstreit vergleichbare Fälle nicht oder kaum mehr anhängig sein dürften - beim 14. Senat steht nur der vorliegende Streitfall zur Entscheidung an - kann ein Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und an der Fortentwicklung des Rechts nicht erkannt werden. Abgesehen davon sieht der Senat keine offenen Rechtsfragen; das BSG ist auf die Argumente des Klägers in zahlreichen Entscheidungen bereits eingegangen.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass der entscheidende Senat mit seinem Urteil von einer Entscheidung des BSG oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht. Der Kläger hat lediglich zahlreiche von ihm zitierte höchstrichterliche Entscheidungen entweder missverstanden oder fehlinterpretiert. So ist nicht zu erkennen, dass der Satz "Nicht unerhebliche Aufwendungen für die Berufsausbildung mindern (als Werbungskosten ?) die vom Kind erzielten Bruttobezüge im Sinne von § 2 Abs.2 Satz 2 BKGG a.F." in dem vom Kläger hervorgehobenen Urteil des BSG vom 22.11.1994 - 10 RKg 17/92 - zur tragenden Begründung dieses Urteils gehört. Abgesehen davon erscheint eine Divergenz aus folgender Überlegung auch nicht zu bestehen: Hat das BSG lediglich in einem Sonderfall (au-pair-Verhältnis) unter Berücksichtigung der Umstände des dortigen Falles entschieden, betrifft dies nicht den jetzigen Rechtsstreit mit anders gelagertem Sachverhalt. Sollte das BSG aber eine allgemeine Aussage zur 750,- DM-Grenze in einer Vielzahl von Fällen getroffen haben, so ist es nach jahrzehntelanger Rechtsprechung lediglich ein einziges Mal geschehen und durch die nachfolgende Rechtsprechung des BSG wieder bereinigt worden (vgl. BSG vom 28.05.1997 - 14/10 Rkg 27/95 und 38/95: Ausbildungsbedingte Kosten sind nicht von den Bruttoeinkünften abzuziehen; es gilt nach wie vor das Bruttoprinzip ohne Rücksicht auf die Höhe individuell anfallender Ausbildungskosten).
Rechtskraft
Aus
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