L 14 RA 225/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 RA 222/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 225/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 7. September 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit vom 01.12. 1998 bis 31.10.2001 und (nur) eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 01.11.2001 bis 31.10.2006 (Vollendung des 65. Lebensjahres der Klägerin).

Seit 01.11.2001 bezieht die Klägerin bei einem Leistungsfall vom 25.10.2001 Altersrente für Frauen. Wie die Probeberechnung der Beklagten ergeben hat, wäre die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, nicht aber die wegen Berufsunfähigkeit, höher als die bezogene Altersrente, weil bei der Altersrente ein Abschlag um 6,6 % wegen vorzeitiger Berentung erfolgte.

Die am 1941 geborene Klägerin hat möglicherweise von 1959 bis 1962 eine Lehre als kaufmännische Angestellte ("Kontoristin") bei der nicht mehr existierenden Firma N. Lebensmittel in S. durchlaufen und abgeschlossen. Im Rentenantrag hat sie eine abgeschlossene Ausbildung verneint, eine solche jedoch im späteren Renten- und Gerichtsverfahren unter Hinweis auf verschiedene kaufmännische Tätigkeiten behauptet, jedoch nie hierüber einen Nachweis beibringen können.

Für die Zeit vom 01.04.1956 bis 30.11.1967 - vor Eintritt ins Erwerbsleben - hat die Klägerin freiwillige Beiträge nachgezahlt. Vom 01.01.1967 bis 30.09.1991 war sie mit Unterbrechungen, u.a. wegen Schwangerschaft und Kindererziehung, (teilweise halbtags) überwiegend in Firmen der verschiedensten Branchen mit Büroarbeiten beschäftigt, u.a. von 1972 bis 1974 bei der S. KG, Parkettwerk und Rolladenfabrik, nach Einarbeitung als "Sachbearbeiterin Angebotswesen in der Vertriebsabteilung" (Arbeitszeugnis vom 31.03.1974), von 1974 bis 1978 bei der Firma G. GmBH & Co.KG als Telefonistin und später als kaufmännische Angestellte in der Finanzbuchhaltung (Arbeitszeugnis vom 15.08.1978) sowie von 1989 bis 1991 bei der Firma L. Holzwerke nach Einarbeitung und Anlernen überwiegend im Bereich der Finanzbuchhaltung - Kontierung und Verbuchung per EDV, Mahnwesen, Erledigung des allgemeinen Schriftverkehrs im Bereich des Rechnungswesens (Arbeitszeugnis vom 28.10.1991 und Auskunft vom 16.02.2000).

Von Oktober 1991 bis September 1993 folgten Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld, Krankengeld und Übergangsgeld, dann das letzte Beschäftigungsverhältnis vom 15.12.1993 bis 15.02.1995 bei der Firma K. , dort zunächst im Telefonverkauf, dann im Bereich Versand vorbereitende Tätigkeiten, zuerst auf Anweisung, später selbständig mit der Durchführung umfangreicher, administrativer Büroarbeiten samt Buchhaltung (Arbeitzeugnis vom 25.06.1996). Die Vergütung für die Bürotätigkeiten (40 Stunden wöchentlich) erfolgte - ohne Tarifbindung - mit 3.500,- DM monatlich; die Leistungen der Klägerin sollen nur zu ca. 70 % dem Entgelt entsprochen haben (Auskunft vom 02.09. 1999). Laut weiterer Auskunft des Arbeitgebers vom 14.02.2000 soll die Klägerin aus ihrer beruflichen Vergangenheit mit allgemeinen Büroarbeiten vertraut gewesen sein und noch eine Anlernzeit von sechs bis acht Monaten benötigt haben. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber beendet, nachdem die Klägerin vom Geschäftskonto einen Betrag auf ihr privates Konto überwiesen hatte (Arbeitgeberauskunft vom 02.09.1999; Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 23.05.1995 - 9 Ca 24/95 auf Bl.33 der Akte des Arbeitsamt Aalen).

Unmittelbar darauf bezog die Klägerin für 14 Monate Krankengeld und Übergangsgeld; die Entlassung aus einem von der Beklagten getragenen und vom 05.03. bis 02.04.1996 durchgeführten Heilverfahren wegen Carpaltunnelsyndroms beidseits, links Zustand nach Operation, Cervikalsyndroms bei Veränderungen der Halswirbelsäule und Chondropathia patellae beidseits erfolgte als arbeitsfähig und vollschichtig einsetzbar für allgemeine Bürotätigkeiten ohne ausschließliche Computerarbeiten bzw. Arbeiten an einer Tastatur.

Ab April 1996 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld und Krankengeld und stellte am 16.11.1998 bei der Beklagten Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit.

Die Beklagte holte das orthopädische Gutachten des Dr.S. vom 15.12.1998 und das internistische Gutachten des Dr.W. vom 28.12.1998 ein. Dr.S. diagnostizierte funktionelle cervikobrachiale Beschwerden, HWS-Syndrom bei leichter HWS-Fehlstatik, lumbales Schmerzsyndrom, präsakrale Osteochondrose, Spondylose sowie Spondylarthrose, statische Beschwerden bei beginnender tibialer Gonarthrose und massives Untergewicht. Das Leistungsvermögen der Klägerin wurde im Beruf als Kontoristin und im Bürobereich mit vollschichtig beurteilt; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wurde sie ebenfalls für vollschichtig einsetzbar in überwiegend sitzenden Tätigkeiten gehalten; vermieden werden sollten dauerndes Stehen, Arbeiten in gebückter Haltung, dauerndes Heben und Tragen von Lasten und dauernde Arbeiten über Kopf.

Dr.S. stellte an Gesundheitsstörungen eine Refluxösophagitis, einen Zustand nach Zoster-Neuralgie des Plexus lumbosacralis, ein depressives Syndrom mit Gewichtsabnahme, Kreislauflabilität und Verdacht auf Schilddrüsenfunktionsstörung fest und hielt hierdurch die Arbeitsfähigkeit der Klägerin nicht für beeinträchtigt.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18.01.1999 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, weil die Klägerin trotz "Refluxösophagitis, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule. Insgesamt keine schwerwiegenden Funktionseinschränkungen" noch in der Lage sei, in ihrem bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig zu sein. Darüber hinaus bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin u.a. geltend, eine Vielzahl ihrer Erkrankungen sei nicht berücksichtigt worden. Die Beklagte holte einen Befundbericht des Internisten Dr.P. ein und beauftragte den Neurologen und Psychiater Dr.M. mit der Erstellung des Gutachtens vom 31.03.1999. Dieser konnte ein relevantes depressives Syndrom nicht objektivieren, allenfalls psychoreaktive Vorgänge, vor allem im Rahmen des erfolgten Umzugs (Herbst 1998), bei einer gewissen Disposition, in seelischen Spannungssituationen somatisch zu reagieren. Eine etwas verminderte seelische Belastbarkeit sei unter diesem Gesichtspunkt anzuerkennen. Bei den Diagnosen pseudoradikuläres lumbales Schmerzsyndrom und Migräne wurde die Klägerin für fähig gehalten, vollschichtig leichte Arbeiten im Wechselrhythmus ohne Zeitdruck, ohne Akkord, ohne Einfluss von Kälte, Nässe sowie Zugluft, ohne Heben und Tragen von Lasten und ohne Schichtarbeit zu verrichten; die Geschicklichkeit beider Hände - die Klägerin brachte noch Schmerzen im Bereich der linken Hand trotz einer Carpaltunnel-Operation vor 15 Jahren sowie Einschlafen des Ring- und Zeigefingers vor - sei nicht beeinträchtigt.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den erhobenen Rechtsbehelf mit Widespruchsbescheid vom 09.06.1999 zurück, weil weder Berufsunfähigkeit noch Erwerbsunfähigkeit bestünden.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht München machte die Klägerin erneut zahlreiche Beschwerden und vielfältige Schmerzbilder geltend, berief sich auf die Feststellung eines Grads der Behinderung von 40 v.H. und legte einen Arztbrief des Allgemeinarztes Dr.H. vom 20.10.1998 vor, der die Ansicht vertrat, seiner Einschätzung nach gäbe es keine berufliche Tätigkeit, mit der die Klägerin in dem erforderlichen Umfang einen relevanten Lebensunterhalt erzielen könne.

Das Sozialgericht zog die Schwerbehindertenakte des Amts für Versorgung und Familienförderung (AVF) Augsburg bei und holte von dem Internisten Dr.P. , dem Allgemeinarzt Dr.H. und dem Neurologen und Psychiater Dr.A. Befundberichte ein, weiterhin vom letzten Arbeitgeber die Auskunft vom 02.09.1999. Anschließend bestellte das Sozialgericht den Orthopäden Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 08.10.1999 folgende Diagnosen:

a) chronisch-rezidivierendes rechts betontes cervicobrachiales (Halswirbelsäulen-Schulter-Arm-)Syndrom ohne Anhalt für eine Nervenwurzelirritation bei Fehlstatik und degenerativen Veränderungen der HWS, b) rezidivierende Migräneattacken, c) chronisch-rezidivierendes lumbales Pseudoradikulär- syndrom ("Scheinwurzelreizsyndrom") bei degenerativen Veränderungen am lumbosacralen Übergang, d) Irritation des Nervus ulnaris in der Loge de Guygon links mit sensiblem Defizit im Nervus ulnaris Versorgungsgebiet, e) motorisches Defizit der Muskulatur, die vom Nervus medianus versorgt wird, als Residuum eines Carpaltunnelsyndroms links mit eingeschränkter Greiffunktion der linken Hand, f) rezidivierend aktivierte Heberden-Arthrose des Zeigefingers rechts, g) femoropatellares Schmerzsyndrom beidseits bei muskulärer Imbalance und initialer medial betonter Gonarthrose rechts.

Dr.H. hielt die Klägerin für fähig, leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen zu verrichten, wobei die sitzende Position überwiegen sollte. Zu vermeiden seien häufiges Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, häufiges Bücken, Tätigkeiten über Kopf und Schulterhöhe sowie in Zwangshaltungen der Wirbelsäule, häufiges Treppen und Leitern steigen, Kniebeuge-Zwangshaltungen, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen (Zeitdruck, Akkord, Fließbandarbeit, sonstige taktgebundene Arbeiten, Wechsel- und Nachtschicht, Gefährdung an laufenden Maschinen). Nicht zumutbar seien wegen der motorischen Defizitsymptomatik mit eingeschränkter Greiffunktion der linken Hand sowie wegen der sensiblen Störungen im Versorgungsgebiet des Nervus ulnaris links Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände voraussetzten; auch häufiges Maschineschreiben oder Arbeiten an einem PC seien nicht zu empfehlen. Das Leistungsanforderungsprofil einer Büroangestellten entspreche zwar einer leichten Arbeit, beinhalte allgemein jedoch Tätigkeiten, die der Klägerin nicht zumutbar seien. Sofern die qualitativen Leistungseinschränkungen im Rahmen der Ausübung des Berufs einer Büroangestellten beachtet würden, sei das Leistungsvermögen der Klägerin mit vollschichtig einzustufen.

Aufgrund der von der Klägerin erhobenen Einwendungen holte das Gericht die ergänzende Stellungnahme des Dr.H. vom 20.11.1999 ein, in der dieser mit ausführlicher Begründung an seiner Leistungsbeurteilung festhielt.

Nachdem die Klägerin Fotokopien ihrer Arbeitszeugnisse übersandt und das Gericht weitere Arbeitgeberauskünfte eingeholt hatte, beauftragte letzteres den Nervenarzt Dr.H. mit der Untersuchung und Begutachtung. Der Sachverständige erhob in seinem Gutachten vom 22.03.2000 folgende Diagnosen: 1. Chronisches Cervikal- und Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen und geringer Funktionseinschränkung ohne radikuläre Symptomatik, 2. Restsymptomatik nach operiertem Carpaltunnelsyndrom links mit Tenaratrophie, motorischem und leichten sensiblem Defizit im Bereich des linken Daumens, 3. geringgradige distale Irritation des linken Nervus ulnaris ohne motorisches Defizit, 4. Migräne, 5. Gonarthrose rechts ohne Funktionseinschränkung.

Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin leichte und teilweise mittelschwere Arbeiten bei Beachtung der bereits von Dr.H. aufgeführten qualitativen Einschränkungen und ohne Einwirkung von Kälte, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe vollschichtig verrichten könne. Zumutbar seien nicht Arbeiten mit ganz besonderer Anforderung an die Gebrauchsfähigkeit der linken Hand. Für den Bürobereich gelte dies sicher nicht. Die seit 14 Jahren bestehende Restsymptomatik nach operiertem Carpaltunnelsyndrom links in Form einer Tenaratrophie bedinge bei der Rechtshänderin keine gravierende Leistungsminderung. Entsprechendes gelte auch für die geringe Hypästhesie des fünften Fingers links und des Daumens rechts.

Nach Eingang eines bereits vor Gutachtenserstellung angeforderten Befundberichts des Orthopäden Dr.R. vom 30.03.2000 und nach von der Klagepartei erneut vorgebrachten Einwänden gegen die Begutachtung holte das Sozialgericht die ergänzende Stellungnahme des Dr.H. vom 08.05.2000 ein; der Sachverständige setzte sich mit den Einwändungen ausführlich auseinander und verblieb bei seiner Einschätzung des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin.

Nachdem die Anfragen des Sozialgerichts bei allen bekannten Arbeitgebern über die Tätigkeiten der Klägerin nicht mehr erbrachten als die bisherigen Arbeitgeberbescheinigungen, fragte das Sozialgericht noch bei der von der Klägerin benannten Schwester S. G. wegen der Berufsausbildung nach. Diese teilte mit: "Vom Hörensagen unserer Mutter wusste ich, dass meine Schwester ihre Lehre erfolgreich beendet hatte".

Mit Urteil vom 07.09.2000 wies das Sozialgericht die Klage ab, wobei es sich im Wesentlichen auf das Ergebnis der Beweiserhebung stützte und im Übrigen die Ansicht vertrat, die Klägerin könne in ihrem erlernten Beruf als kaufmännische Angestellte noch vollschichtig tätig sein, so dass sich die Frage der Verweisbarkeit von vornherein nicht stelle. Unter Berücksichtigung ihrer funktionellen Einschränkungen könne sie z.B. als kaufmännische Sachbearbeiterin eingesetzt werden. Eine solche Tätigkeit sei eine Fachangestelltentätigkeit, die nach der Gehaltsgruppe III des Bayerischen Einzelhandelstarifvertrages bezahlt werde.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung wendet sich die Klägerin dagegen und vertritt die Ansicht, die gerichtlichen Sachverständigen hätten in ihren Gutachten größenteils lediglich die in den Akten bereits vorhandenen Gutachten des Vorverfahrens wiedergegeben. Eine wirklich eigenständige Begutachtung habe nicht stattgefunden. Die bei ihr vorhandenen Beschwerden seien von den Sachverständigen überhaupt nicht berücksichtigt, sondern lediglich als subjektive Wahrnehmungen abgetan worden. Diese Betrachtungsweise widerspreche jedoch jeglicher moderner Medizin, die in der heutigen Zeit den Schmerz durchaus als eigenständigen Leidensfaktor erkannt habe. Unter Berücksichtigung dieser Umstände müsse man zu dem Schluss kommen, dass bei ihr beide Hände aufgrund der jeweils vorhandenen Leiden nicht mehr für eine vollschichtige Bürotätigkeit eingesetzt werden könnten. Die Durchführung von Schreibarbeiten mit dem PC, der Maschine oder der Hand seien ihr aufgrund der nach kürzester Zeit auftretenden massiven Schmerzen und Bewegungseinschränkungen nicht möglich, hinzu kämen noch die bei einer sitzenden Tätigkeit umgehend auftretenden Schulter- und Rückprobleme, die ebenso wie die Migräne eine vollschichtige Tätigkeit nicht zuließen.

Bereits der Gutachter Dr.H. habe ausgeführt, dass ihr aufgrund der motorischen Defizitsymptomatik mit eingeschränkter Greiffunktion der linken Hand sowie der sensiblen Störungen im Versorgungsbereich des Nervus ulnaris links Arbeiten, die die volle Gebrauchsfähigkeit der Hände voraussetzten, nicht zumutbar seien; auch seien häufiges Maschineschreiben oder Arbeiten am PC nicht empfehlenswert. Auch der behandelnde Arzt Dr.H. habe in dem beigelegten Attest vom 15.01.2001 bestätigt, dass im Berufskreis einer Büroangestellten nur ein Leistungsvermögen von regelmäßig ca. zwei bis unter vier Stunden gegeben sei.

Der Senat hat die Versichertenakte der Beklagten, die Leistungsakte des Arbeitsamts Memmingen und die Schwerbehindertenakte des AVF Augsburg sowie die Röntgenfilme der Dres. S. und R. beigezogen, weiterhin Befundberichte mit ärztlichen Unterlagen vom Orthopäden Dr.R. und Neurologen und Psychiater Dr.F. eingeholt.

In dem vom Senat in Auftrag gegebenen Gutachten vom 30.05. 2001 des Orthopäden Dr.U. diagnostizierte dieser folgende Gesundheitsstörungen: Degenerative Veränderung des 4. bis 7. Halswirbelkörpers und des Bandscheibenraumes C 5/C 6, Deformierungen des 5. und 7. Halswirbelkörpers nach knöcherner Verletzung, beginnende osteochondrotische Veränderungen der Brust- und Lendenwirbelsäule, degenerative Veränderungen des Zwischenwirbelraumes L 5/S 1, Schultersteife ohne röntgenologische Veränderungen rechts, Verdacht auf freie Gelenkkörper linker Ellenbogen, klinisch Läsion des Nervus medianus und ulnaris der linken Hand, degenerative Veränderungen des Endgelenkes des zweiten Fingers rechts, Hüftsteife ohne röntgenologische Veränderungen rechts, operierte Innen- und Außenmeniskusläsion rechts, mittels Kernspintomogramm nachgewiesene Innenmeniskusläsion links sowie Chondropathia patellae beidseits. Nicht mehr zumutbar seien der Klägerin schwere und mittelschwere Arbeiten (einschließlich des Hebens und Tragens von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über 5 kg), überwiegendes Gehen (Arbeiten im Wechselrhythmus befürwortet), Arbeiten im Freien, häufiges Bücken, Treppen- und Leiternsteigen sowie Arbeiten auf Gerüsten, an Maschinen und am Fließband. Die Gehfähigkeit sei nicht wesentlich eingeschränkt. Die Klägerin sei im Telefonverkauf bzw. bei leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts nicht beeinträchtigt und könne hier sowie in Tätigkeiten einer kaufmännischen Angestellten vollschichtig eingesetzt werden, sofern nicht die uneingeschränkte Belastbarkeit der Hände oder die freie Beweglichkeit der Schulter- und Ellenbogengelenke gefordert werde. Vorbehaltlich einer neurologischen Zusatzbegutachtung halte er die Klägerin nicht mehr für in der Lage, mehr als 30 Minuten täglich Schreibarbeiten mit beiden Händen (z.B. Schreibmaschinen- oder Computerschreiben) auszuführen. Das Schreiben mit der rechten Hand sei der Klägerin vollschichtig zumutbar.

In dem weiterhin eingeholten neurologischen Gutachten des Dr.R. vom 11.10.2001 ist dieser zu dem Ergebnis gekommen, bei der Klägerin sei eine sensible, geringe motorische Störung der linken nicht dominanten Hand mit einer Minderung der groben Kraft und sensiblen Taubheit festzustellen, weiterhin (anamnestisch) ein Morbus Raynaud mit Kälteempfindlichkeit der Hände und Finger durch äußere Temperaturschwankungen sowie eine Migräne. Die Migräne sei eine behandelbare Erkrankung, so dass diese bei der Berufsweise einer kaufmännischen Angestellten keine Einschränkung darstelle. Anders sei aber das Sulcussyndrom zu beurteilen, das die Klägerin in der Computerarbeit behindern könne. Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts und Telefonverkauf wären aber durch diese minimale Gesundheitseinschränkung nicht weiter beeinträchtigt.

Zumutbar seien der Klägerin vollschichtig leichte körperliche Arbeiten nicht ausschließlich im Stehen, ohne häufiges Heben und Tragen von Lasten, ohne Bücken und Treppensteigen sowie ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, an Maschinen und am Fließband. Die Klägerin könne täglich Schreibarbeiten zwischen vier und sechs Stunden verrichten. Auch (sonstige) Tätigkeiten, die entsprechend der Feinmotorik und Fingerfertigkeit ihrer Hände konzipiert seien, könne sie mindestens vier Stunden bis täglich sechs Stunden ausüben. Die zeitliche Einschränkung ergebe sich durch die feinmotorische Störung der linken Hand und der von ihr immer wieder vorgebrachten Migräne- und Spannungskopfschmerzen. Mit einer Besserung der subjektiven Symptome, im Vordergrund stünden die Migräne und Spannungskopfschmerz, sei in nächster Zeit nicht zu rechnen, es sei denn, sie begebe sich in eine entsprechende fachärztliche Behandlung.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13.12.2001 äußerte sich Dr.R. noch dahingehend, dass im Vergleich zu den Befunden laut Gutachten des Dr.H. keine Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse eingetreten sei. Der Zustand der Klägerin sei im Jahre 1988 und auch bei seiner Untersuchung im Oktober 2001 gleich geblieben.

Die Klägerin äußert sich hierzu dahingehend, dass sie bereits in den letzten 15 Jahren sehr viele verschiedene Möglichkeiten zur Behandlung ihrer Migräne wahrgenommen habe, u.a. Tabletten, Massage mit Fango und Bewegungsübungen, Krankengymnastik und in den Jahren 1995/1996 Akupunktur. Hinsichtlich der Einsatzfähigkeit der rechten Hand sei darauf hinzuweisen, dass Dr.U. mehr als 30 Minuten tägliche Schreibarbeit mit beiden Händen nicht für zumutbar gehalten habe.

Die Beklagte sieht in der Migräne eine behandlungsfähige Gesundheitsstörung, wobei im Falle der Klägerin weder neuere Medikamente (Serotonin-Agonisten wie Naramic) noch eine Migräneprophylaxe zur Anwendung gekommen und die Behandlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft worden seien. Der Klägerin sei das Aufsuchen einer Kopfschmerzambulanz oder die stationäre Behandlung in einer neurologischen Klinik nur zu empfehlen. Eine quantitative Leistungsminderung sei nicht ersichtlich. Auch aus den sonstigen Gesundheitsstörungen seien nur geringgradige Einschränkungen des Erwerbsvermögens abzuleiten. Die Klägerin könne als angelernte Bürokraft noch tätig sein, sofern Arbeiten am Computer nicht überwiegen würden. Ansonsten könne sie auf die Tätigkeit einer Registratorin oder einer Mitarbeiterin am Empfang bzw. an Informationsstellen in öffentlichen Verwaltungen oder vergleichbaren Institutionen verwiesen werden. Auch komme eine berufliche Tätigkeit als Telefonistin in Betracht, die aufgrund der üblichen Ausstattung von Arbeitsplätzen für Telefonisten weitgehend einhändig verrichtet werden könne.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 07.09.2000 und den Bescheid der Beklagten vom 18.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.06.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 01.12.1998 an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, und vom 01.11.2001 an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bis zum 31.10.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge vor. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird hierauf sowie auf den Inhalt der beigezogenen Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) , aber unbegründet. Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass der Klägerin ein Rentenanspruch nicht zusteht.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (§ 43 Abs.2 Sätze 1, 2 und 4 des Sozialgesetzbuches Teil VI - SGB VI - in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung).

Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße bzw. monatlich 630,00 DM übersteigt; erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs.2 SGB VI in den vom 01.01.1992 bis 31.12.2000 geltenden Fassungen).

Teilweise erwerbsgemindert ist der Versicherte, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, und voll erwerbsgemindert der Versicherte, der unter den gleichen Voraussetzungen außer Stande ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs.1 Satz 2 und Abs.2 Satz 2 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung). Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsfähigkeit erhält auch der Versicherte, der vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist (Übergangsvorschrift des § 240 Abs.1 SGB VI n.F.).

Die genannten Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. Berufsunfähigkeit oder wegen geminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt die Klägerin nicht. Wesentliche Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet liegen seit 1998 bis heute nicht vor.

Hinsichtlich der Halswirbelsäule besteht (auch zuletzt) nur eine endgradige Bewegungseinschränkung bei entsprechenden radiologischen Veränderungen der Halswirbelkörper; auch hinsichtlich der Brust- und Lendenwirbelsäule liegen - gemessen an den Personen in der Altersgruppe der Klägerin - nur wenig das übliche Maß übersteigende Bewegungseinschränkungen vor, wie Dr.U. ausgeführt hat und im Übrigen auch das Messprotokoll zur Wirbelsäule, die diesem Gutachten beigefügt ist, ergibt. Wurzelreizerscheinungen oder Wurzelkompressionszeichen konnten im Laufe der Jahre nicht objektiviert werden, was insbesondere gegen eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens spricht. Wird von vorübergehenden floriden Krankheitserscheinungen abgesehen, bestand und besteht im Wesentlichen ein unspezifisches Lumbalsyndrom ohne radikuläre Ausfälle.

Die Beweglichkeit des rechten Schultergelenks ist hinsichtlich Überkopfarbeiten nicht gegeben. Die Hebung des rechten Arms betrug bei Dr.U. seitwärts 115¬ (gegenüber links bis 180¬) und bei Vorwärtshebung 100¬ (gegenüber links mit 180¬), wohingegen die Ellenbogengelenke frei waren und die Beweglichkeit des Handgelenks rechts gegenüber links nur geringgradig eingeschränkt.

Beide Kniegelenke der Klägerin wiesen leichte degenerative Veränderungen auf. Eine früher arthroskopisch festgestellte Innen- und Außenmeniskusläsion mit Außenmeniskus-Hinterhorneinriss rechts und ein Innenmeniskushinterhorneinriss links haben zwar vorübergehend eine intensive Behandlung erforderlich gemacht und sprechen für eine eingeschränkte Belastbarkeit insbesondere bei längerem Stehen und Gehen oder bei Tätigkeiten im Knien und Bücken. Die Bewegungsfähigkeit ist jedoch in hinreichendem Umfange erhalten. Das Beugen und die Streckung waren rechts (gegenüber links) leicht eingeschränkt (Beugung rechts bis 120¬, links bis 140¬), beim Sitzen genügt die Beugefähigkeit bis 90¬; Überstreckung links und rechts bis 15 bzw. 10 Grad, zum ungehinderten Gehen genügt die vollständige Streckung des Beines bis Null Grad; wesentliche funktionelle Behinderungen beim Gehen, Stehen oder Sitzen resultieren hieraus nicht. Bei der Untersuchung des U. und früher bei Dr.H. bestanden auch keine Entzündungszeichen (Erguss), die Seitenbänder der Kniegelenke waren fest, die Gelenke wiesen keine Schubladenzeichen auf.

Die Beugefähigkeit des rechten Hüftgelenks war auf 100¬ (im Vergleich zu 140¬ links) eingeschränkt.

Alle diese Gesundheitsstörungen bedingen keine zeitliche Einschränkung der Erwerbsfähigkeit. Ihnen wird hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass die Klägerin nurmehr leichte körperliche Arbeiten (damit auch kein schweres Heben und Tragen) überwiegend im Sitzen (mit Möglichkeit des Haltungswechsels) verrichten soll und gehäuftes Hocken oder Knien zu vermeiden sind; beidhändiges Arbeiten über Kopf bzw. über der Waagerechten ist nicht mehr zumutbar, wohingegen es aber der Klägerin durchaus möglich ist, Gegenstände mit der linken Hand bis über Kopf zu erreichen und zu holen. Mit Ausnahme der Bewegungseinschränkung der rechten Schulter sind die funktionellen Einbußen gering, wirken sich lediglich bei generell einseitig belastenden oder körperlich beanspruchenden Tätigkeiten - z.B. bei vollschichtigen mittelschweren und schweren körperlichen Arbeiten - aus, nicht jedoch bei Büroarbeiten.

Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin wird durch Erkrankungen auf internistischem Gebiet nicht eingeschränkt. Dasselbe gilt für einen Herpes Zoster. Hierbei wesentlich ist keineswegs, worauf die Klägerin aber offenbar großen Wert legte, ob Zoster-Viren bei der jährlichen Blutuntersuchung feststellbar oder nicht feststellbar sind. Maßgebend sind die aus einer Infektion folgenden anhaltenden wesentlichen Gesundheitsstörungen, die die Erwerbsfähigkeit einschränken und nicht verwechselt werden dürfen mit vorübergehenden Erkrankungen, die lediglich kürzer dauernde Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bedingen, wie es z.B. bei einem akuten Schub des Herpes Zoster der Fall wäre. Insoweit ist festzustellen, dass im Kreiskrankenhaus H. eine Neuralgie des Plexus lumbosacralis rechts vom 02.bis 14.10. 1996 behandelt worden ist, wobei als Ursache eine Varizella- Zoster-Virus-Infektion vermutet wurde (grenzwertig hoher IgG-Ak). Der Befund besserte sich nach Behandlung (Krankenbericht vom 21.10.1996). Nachfolgende neurologische Kontrolluntersuchungen fielen im Wesentlichen ohne Befunde aus, so dass der Neurologe und Psychiater Dr.A. im Arztbrief vom 24.02.1997 konstatierte, dass offensichtlich bei insgesamt deutlich rückläufigen Beschwerden kein florider Prozess vorliege. Ein akuter Schub des Herpes Zoster bzw. davon herrührende entzündliche Prozesse sind seitdem nicht mehr festgestellt worden. Der Nachweis von Zoster-Viren im späteren Titern ist bei Fehlen entsprechender, sich auf den Körper auswirkender Symptome ohne Belang. Soweit die Klägerin sich nachträglich im Schriftsatz vom 10.01.2002 darauf berufen hat, dass "die Beweglichkeit der Gelenke durch die Erkrankung (gemeint: Herpes Zoster) eingeschränkt sei, so ist dies vermutlich unzutreffend, aber im Übrigen irrelevant. Abgesehen davon, dass sich Bewegungseinschränkungen der Gelenke durch Ursachen auf orthopädischem und neurologischem Gebiet plausibel erklären lassen, bleibt festzustellen, dass das Ausmaß der Bewegungseinschränkungen selbst feststeht und diese funktionellen Einschränkungen und nicht deren Ursachen für die Beurteilung des Erwerbsvermögens von Bedeutung sind.

Was im Wesentlichen einer Berufsausübung der Klägerin entgegenstehen könnte, sind Gesundheitsstörungen im Bereich beider Hände und eine Migräne. Laut Krankengeschichte erfolgte im Jahre 1973 eine Prellung des linken Ellenbogengelenks, seit etwa dieser Zeit traten auch gelegentliche Gefühlsstörungen im Bereich der Finger 4 und 5 links auf, die zumindest anfangs einem Halswirbelsäulen-Syndrom zugeschrieben worden sind. Im Jahre 1988 fand dann eine Carpaltunnelsyndrom-Operation statt (Freilegung des Mittelhandnervens im Bereich des linken Handgelenks). In mehreren Gutachten, zuletzt in dem des Dr.U. vom 30.05.2001, ist festgehalten, dass die Muskulatur im Bereich des linken Daumenballens beuge- und streckseitig gemindert ist, weiterhin die des Kleinfingerballens links geringgradig. Dr.U. hat zudem auf eine Minderung der Zwischenhandmuskulatur links hingewiesen. Radiologisch ergab sich ferner eine degenerative Veränderung des Endgelenkes des rechten Zeigefingers.

Die hieraus folgenden Einschränkungen der Klägerin im alltäglichen Leben sind gering, zumal sie Rechtshänderin ist und mit dem rechten Arm bzw. der Hand auch Arbeiten unter voller Kraftentfaltung möglich sind. Auch im Bereich kaufmännischer Tätigkeiten und Büroarbeiten fallen sie nicht wesentlich ins Gewicht. Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass die "Einschränkungen der Funktionsfähigkeit" der linken Hand im Wesentlichen nur die grobe Kraft betreffen. Die Beweglichkeit der Finger rechts war frei. Laut Gutachten des Dr.U. (siehe Meßblatt und auch Beschreibungen im Text des Gutachtens) konnten alle Finger frei gestreckt und auch die quere Handhohlfalte berührt werden (voller Faustschluss), und waren auch die Bewegungen der einzelnen Finger regelrecht. Eine Minderung der groben Kraft zeigte sich links beim Faustschluss sowie bei dem Spitz- und Klemmgriff.

Diese Erscheinungen lagen im Wesentlichen bereits zur Zeit des Heilverfahrens im März/April 1996 vor, die Arthrose im Gelenk des Zeigefingers rechts ergab sich später. Schon Dr.H. hatte in seiner Stellungnahme vom 20.11.1999 darauf hingewiesen, dass die behauptete Nichteignug der Klägerin für das Bedienen der Tastatur an Schreibmaschine und PC unzutreffend sei, weil die Betätigung der Tastatur nicht im Spitzgriff in Form einer Greiffunktion erfolgt, sondern durch Beugen und Strecken in den Grundgelenken der Langfinger, welches bei der Klägerin beidseits ungehindert möglich ist; sofern das Endgelenk des Fingers rechts das Fixieren eines Schreibwerkzeuges nicht (auf Dauer) möglich mache, könne dieses auch mit Daumen- und Mittelfinger problemlos fixiert werden, so dass sogar einem ganztägigem Schreiben mit der Hand nichts entgegenstehe.

Der Senat weist ferner darauf hin, dass die Gesundheitsstörungen auf neurologischem Gebiet viele Jahre bestanden; gelegentliche Reizungen des Sulcus ulnarus ab 1983 traten immer wieder auf. Frühere Carpaltunnelsyndrome, nach Operation im Jahre 1988 noch ein "Restzustand", und alle Gesundheitsstörungen haben die Klägerin nicht gehindert, jahrelang einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Aufgabe der letzten Beschäftigung erfolgte auch nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern wegen eines Verstoßes der Klägerin gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten, so dass die unmittelbar anschließende Arbeitsunfähigkeit von mehr als einem Jahr doch etwas verwundert.

Ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Büroarbeiten ergibt sich auch aus der Beurteilung des Dr.H. und des Dr.H. , wobei letzterer ausdrücklich bereits die Muskel- und Kraftminderung links und das Auftreten von Hypästhesien in verschiedenen Fingern berücksichtigt hatte. Einschränkungen beim Bedienen der Tastatur von Schreibmaschine und PC hat die Klägerin überbetont und im Rechtsstreit unzutreffend als berufshindernd- die Tätigkeit einer reinen Schreibkraft ausgeübt, und dies wird auch nicht vom Senat zugemutet. Nach ihren Angaben und Zeugnissen hat sie entweder allgemeinhin Büroarbeiten verrichtet, war zeitweise auch Telefonistin und im Telefonverkauf tätig oder hat - jeweils nach Einarbeitung - verschiedene speziellere Einzeltätigkeiten einer kaufmännischen Angestellten durchgeführt (Finanzbuchhaltung, Versandwesen). Hier wird ständiges Arbeiten am PC nicht gefordert, so sind u.a. auch Briefe zu öffnen, Rechnungen und Belege sowie Beanstandungen zu prüfen, Vorgänge zu registrieren, zusammenzustellen und abzulegen. Arbeiten am PC mögen in der heutigen Zeit notwendig sein, ein achtstündiges Schreiben wird jedoch nicht gefordert und erscheint aufgrund der Vielfalt der Betätigungen im Bürobereich auch nicht nachvollziehbar. Selbst wenn Vorgänge am PC aufzurufen und einzusehen sind, so ist dies nicht notwendigerweise immer mit Schreibarbeiten verbunden.

Die frühere Bewertung mit "nicht überwiegend PC-Arbeiten" hat Dr.R. mit vier bis unter sechs Stunden präzisiert. Dem schließt sich der Senat an. Die Beurteilung mit höchstens 30 Minuten erfolgte im orthopädischen Gutachten des Dr.U. ausdrücklich nur vorläufig, wobei zugleich ersichtlich ist, dass Gesundheitsstörungen auf rein orthopädischem Gebiet eine solche Einschränkung nicht rechtfertigen könnten und die maßgebliche Beurteilung und Gesamtbeurteilung aus neurologischer Sicht erfolgen müssten. Dies ist aufgrund der bereits dargelegten Behinderung, wie sie Dr.H. und Dr.U. auch dargelegt haben, schlüssig nachzuvollziehen. Dem Neurologen und Psychiater Dr.R. lag eine umfassende Dokumentation der Krankengeschichte einschließlich der Schwerbehindertenakte mit Arzt- und Krankenberichten über nahezu zehn Jahre vor, und sein Ergebnis deckt sich auch mit dem Allgemeinwissen, dass Schreibarbeiten (per Hand) und an der Tastatur keine besondere Kraftentfaltung erfordern.

Unschlüssig erscheint die Beurteilung des Leistungsvermögens der Klägerin durch Dr.R. mit vier bis sechs Stunden lediglich, wenn sie sich auf kaufmännische Tätigkeiten, auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sowie auf die Büroarbeiten und den Telefonverkauf beziehen sollte. Die diesbezüglichen Beweisfragen 3. und 3.a (allgemein) in der gerichtlichen Beweisanordnung hat aber Dr.R. unter denselben Nummern in seinem Gutachten dahingehend beantwortet, dass Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und der Telefonverkauf (nach Eigenart der Behinderung) möglich seien und bei kaufmännischen Tätigkeiten eine Behinderung bei PC-Arbeiten bestehe, die aber mit vier bis sechs Stunden angesetzt wurde. Zeitliche Einschränkungen einzelner Verrichtungen auf weniger als vollschichtig wurden ansonsten nicht vorgesehen und sind auch bei den Gesundheitsstörungen der Klägerin, die von Dr.R. selbst als leicht und nicht weiter beeinträchtigend bezeichnet wurden, nicht ableitbar.

Wenn Dr.R. nunmehr unter der Beweisfrage 3.b möglicherweise zu einem scheinbar anderen Ergebnis kommt (vier bis sechs Stunden, bezogen allgemein auf alle Erwerbstätigkeiten), so mag dies zum Teil auf die etwas missverständlich formulierte Beweisfrage ("wieviel Stunden täglich kann die Klägerin ihre beruflichen Tätigkeiten noch ausüben") zurückzuführen sein, ist aber auch im Übrigen nicht nachvollziehbar, nachdem der Sachverständige selbst dargelegt hat, dass sich die zeitlichen Einschränkungen bei Arbeiten an der Tastatur ergäben und bei Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sowie bei allgemeinen Büroarbeiten diese Bedeutung nicht habe. Insoweit schließt sich der Senat der abweichenden Beurteilung der übrigen Sachverständigen an, die schlüssig erscheinen und den dem Dr.R. unterlaufenden offensichtlichen Fehler nicht aufweisen.

Dasselbe gilt für die von der Klägerin vorgetragene Migräne. Auch hier hatte Dr.R. auf Seite 5 seines Gutachtens ausgeführt, dass diese Gesundheitsstörung eine behandelbare Erkrankung darstelle, die bei der Berufsweise einer kaufmännischen Angestellten keine Einschränkung mit sich bringe. Eine Seite später ist zu lesen, dass "die Einschränkung auf sechs bis vier Stunden täglich (in den bisherigen beruflichen Tätigkeiten?) sich aus den Gesundheitsstörungen hinsichtlich der linken Hand und den nunmehr von der Klägerin als Kardinalsyndrom behaupteten Migräne- und Spannungskopfschmerzen ergebe. Auch diese Bewertung ist in sich unschlüssig, so dass der Senat sich der Auffassung des Dr.H. anschließen musste. Es ist nicht nachzuvollziehen, inwieweit periodisch auftretende und wieder verschwindende Schmerzzustände bzw. - nach Angaben der Klägerin - Migräneattacken das Leistungsvermögen dauernd, d.h. für alle Arbeitstage, auf vier bis unter sechs Stunden einschränken sollen.

Hinsichtlich der Gesundheitsstörungen auf neurologischem Gebiet hat sich der Senat im Übrigen an die Gutachten auf neurologischem Gebiet gehalten, soweit es die qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit betrifft, und hat sich nicht etwa an dem Gutachten des Dr.H. orientiert, der als Orthopäde und insoweit fachlich nicht hinreichend kompetent das neurologische Gebiet mitbeurteilt und dem Senat überzogen erscheinende qualitative Einschränkungen vorgesehen hat.

Die Migräne ist bei der Klägerin zumindest seit ca. 15 Jahren bekannt (Vgl. die Angaben der Klägerin im Gutachten des Dr.W. vom 28.12.1998: "Migräneanfälle seit zehn Jahren". Vgl. weiterhin die klägerischen Angaben im Bericht zum Heilverfahren vom 27.04. bis 25.05.1993: "Seit dem 30. Lebensjahr Migräne", also seit ca. 1971); die Gesundheitsstörung hat nie eine zentrale Bedeutung erlangt. Eine gezielte und konsequente Behandlung und Therapie ist laut Arztbriefen des Hausarztes Dr.H. und des Neurologen und Psychiaters Dr.A. nicht erfolgt, und die Migräne steht auch nach Inhalt dieser Arztbriefe keineswegs im Vordergrund. Quasi als "Nebenbefund" fand diese Gesundheitsstörung oft nur eine Erwähnung am Schluss in den Arztbriefen und Befundberichten des Allgemeinarztes Dr.H. , wenn sie nicht sogar völlig weggelassen worden ist. So ist z.B. im ausführlichen Befundbericht des Hausarztes vom 20.10.1998 für die Beklagte nicht die Rede von einer Migräne, obwohl auch relativ unbedeutende sowie teilweise vorübergehende Gesundheitsstörungen wie ein Reizmagen-Syndrom und Arthralgien nach Sprunggelenksdistorsion ihren Platz fanden. Bemerkenswert ist ferner, dass laut den aktenkundigen Arztbriefen des Neurologen und Psychiaters Dr.A. , die sowohl Dr.H. als auch Dr.A. im Rentenverfahren und Rechtsstreit vorgelegt haben, eine fachärztiche Behandlung wegen der Kopfschmerzen nicht stattfand und die Klägerin den Facharzt wegen anderer Gesundheitsstörungen aufgesucht hatte. Ins Bild passt auch, dass die Migräne in die Anamnese des Kreiskrankenhauses H. - neurologische Abteilung - vom 21.10.1996 keinen Eingang gefunden hat, obwohl die Klägerin sogar Nebensächlichkeiten anführte, wie z.B. "gelegentliches Kribbeln beider Vorfüße, vor allem in Ruhe" und sich der Hinweis findet: "Als Jugendliche Halswirbelkörper-Fraktur, daher seit Jahren HWS-Beschwerden". Tatsächlich differenzierte die Klägerin erst wesentlich später zwischen Migräneattacken, gegen die sie das Medikament Migrexa einnehme, und sonstigen Kopf- und Nackenschmerzen, wobei sie zu Gelonida greife (Schriftsatz vom 19.04.2000). Insgesamt soll die Migräne im Laufe der Jahre zugenommen haben, wobei die Angaben zwischen einmal im Monat, zweimal im Monat, ein bis zweimal in der Woche oder einmal pro Woche schwankten und meistens nicht genau zwischen Hals- und Hinterkopfbeschwerden und Migräne differenziert wurde. Auch im Befundbericht des Dr.F. vom 18.12.2000 rangieren "Migränebeschwerden" noch an letzter Stelle.

Erstmals im Berufungsverfahren hat die Klägerin der Migräne das Hauptgewicht zugemessen, wobei sie zuletzt behauptete, während eines Migräneschubs vollkommen arbeitsunfähig zu sein (Schriftsatz vom 10.01.2001), weiterhin sinngemäß, dass das Leiden einer Behandlung nicht zugänglich sei. Richtig mag dies durchaus sein, soweit durch eine Behandlung das Migräneleiden nicht zum Verschwinden gebracht werden kann. Das Vorbringen der Klägerin erscheint aber im Übrigen weitaus überzogen und teilweise unglaubwürdig. Sie nimmt bei Bedarf selbst Tabletten ein, behauptet eine fachkundige Behandlung seit Jahren, die laut Arztbriefen und Befundbericht nicht stattfand, und bezweifelt von vornherein in (unzutreffender) laienhafte Weise mögliche Abhilfen, z.B. durch einen Kopfschmerzspezialisten und moderne Medikamente, weil es sich ja nicht um Kopfschmerzen, sondern um Migräne handele (Schriftsatz vom 10.01.2002). Sie behauptet, wegen der Migräne verschiedene Behandlungen wie Massage mit Fango, Bewegungsübungen, Krankengymnastik und Akupunktur versucht zu haben (Schriftsatz vom 28.03.2002), obwohl diese Behandlungen (die Akupunktur ausgenommen) nicht für die Migräne einschlägig sein können und im Übrigen alle genannten Behandlungen, die Maßnahmen aus dem Bereich der Physiotherapie darstellen, wegen der vorübergehenden, d.h. später abklingenden Neuralgie des Plexus lumbosacralis rechts und nicht wegen der Migräne unternommen worden sind, wie sich aus dem Krankenhausbericht vom 21.10.1996 ergibt.

Eine maßgebende Beeinträchtigung, insbesondere eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin, bei Büroarbeiten und sonstigen kaufmännischen Tätigkeiten vermag der Senat nicht zu sehen, ebenso wenig maßgebende Zeiten der mit der Erwerbsunfähigkeit nicht gleichzusetzenden Arbeitsunfähigkeit, die im Rahmen der Erwerbsfähigkeit nur dann Bedeutung erlangen können, wenn sie so gehäuft auftreten, so dass von einer wirtschaftlich verwertbaren Arbeitskraft nicht mehr gesprochen werden könnte. Insgesamt stützt sich der Senat neben den schlüssig erscheinenden Teilen der neurologischen Begutachtung auf die Tatsache, dass die Klägerin trotz Migräneerscheinungen erwerbstätig gewesen ist, dass die Krankengeschichte bedeutsame Aussagen über eine wesentliche Gesundheitsstörung nicht enthält, dass ein Leidensdruck nicht ersichtlich ist und eine zielgerichtete Behandlung und Untersuchung nicht unternommen worden sind, obwohl die Klägerin wegen jeder ihrer sonstigen Gesundheitsstörungen Behandlungen und abklärende Untersuchungen angestrebt hat. Bedeutsam ist ferner - dies hat die Klägerin im Rechtsstreit nicht verlauten lassen -, dass sie auf ein seit längerem auf dem Markt befindliches Migränemittel (Migrexa) "ausreichend anspricht" (so der Neurologe und Psychiater Dr.A. in seinem Bericht an das AVF Ulm vom 20.02.1998), also eine Kupierung der wesentlichen Beschwerden, die ohne Medikation ein bis zwei Tage andauern und ca. zweimal im Monat auftreten sollen (vgl. Dr.A.), erreicht werden kann.

Auf die Feststellung eines Grads der Behinderung um 40 v.H. laut Bescheid des AVF Ulm vom 07.04.1998 kann sich die Klägerin nicht berufen, weil eine solche Festsetzung nicht auf das Erwerbsvermögen im rentenversicherungsrechtlichen Sinne bezogen ist. Abgesehen davon erfolgte die Feststellung des Grads der Behinderung nicht wegen der Migräne, wie die Klägerin im Rechtsstreit behauptet hat, sondern - ohne eigene Untersuchung und Begutachtung des AVF Ulm anhand von Arztbriefen - wegen "Schädigung kleiner Handmuskeln und Fingergelenksarthrose, Migräne, Wirbelsäulenbeschwerden und Nervenschmerzen an den Beinen sowie wegen (Anmerkung: nicht bestehender) Hüftgelenksveränderungen".

Mit ihrem eingeschränkten Leistungsvermögen kann die Klägerin ihre bisherigen Berufstätigkeiten im kaufmännischen Bereich weiterhin verrichten. Hinzuweisen ist darauf, dass sie nach eigenen Angaben sowie auch den des letzten Arbeitgebers im Telefonverkauf tätig gewesen ist (wobei allein hier eine Einarbeitung in die Produktpalette innerhalb von drei Monaten möglich war), und zuletzt Bürotätigkeiten allgemeiner Art bzw. die jeweils anfallenden Büroarbeiten erledigt hat (wobei hier nicht ganztags PC-Arbeiten bzw. Schreiben an Schreibmaschine und PC zu verrichten waren). Das eingeschränkte Umstellungsvermögen bezieht sich auf andere als die bisher ausgeübten Tätigkeiten bzw. andere als kaufmännische Tätigkeiten.

Nur nebenbei wird darauf hingewiesen, dass der angebliche "Berufsschutz" nur zur Auswirkung käme, wenn die Klägerin ihre bisherige Berufstätigkeit nicht mehr verrichten könnte und sie auf andere Tätigkeiten verwiesen werden müsste, wobei dann eine eingeschränkte Verweisbarkeit besteht. Dies wäre aber wiederum nur der Fall, wenn sie über die umfassenden Kenntnisse und Fähigkeiten und die dementsprechend weite Einsetzbarkeit einer Fachangestellten verfügt hat, wie sie z.B. durch eine dreijährige Ausbildung zur Einzel- oder Großhandelskauffrau erwartet werden kann, und auch im Berufsleben eine dementsprechende Position bekleidet (und sich von einer solchen Tätigkeit nicht gelöst) hat. Eine entsprechende abgeschlossene Berufsausbildung hat die Klägerin bei Stellung ihres Rentenantrags verneint und später eine abgeschlossene Ausbildung als "Kontoristin" bzw. als "Finanzbuchhalterin" behauptet. Einen dementsprechenden Ausbildungsberuf vermochte der Senat nicht festzustellen. Bei der "Kontoristin" handelt es sich um eine Tätigkeitsumschreibung im Berufsleben (Tätigkeit in einem Kontor/Büro), wobei die erforderliche Qualifikation je nach den wahrzunehmenden Verrichtungen höchst unterschiedlich ausfallen kann; von ungelernten über angelernte bis zu gelernten Tätigkeiten ist hier alles möglich. Nach dem "Deutschen Wörterbuch" wird der Begriff "Kontorist" erklärt mit "kaufmännischer Angestellter für leichte Büroarbeiten" und "Büroangestellter". Denkbar, aber nicht zwingend ist also z.B. eine Lehre als Kauffrau im Einzelhandel oder im Großhandel, aber auch andere hinführende Ausbildungen. Laut einschlägigen berufskundlichen Werken ("Die anerkannten Ausbildungsberufe", hrsgg. vom Bundesinstitut für Berufsausbildung", und "Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen", hrsgg von der Bundesanstalt für Arbeit) kann aber ein anerkannter Ausbildungsberuf (Lehre) zur Kontoristin oder Finanzbuchhalterin, der von 1959 bis 1962 absolviert hätte werden können, nicht festgestellt werden. Hinsichtlich der "Kontoristin" gab es keine Verordnung über die Berufsausbildung; für den "Bilanzbuchhalter" und zugehörige Berufe existierten erst ab dem Jahre 1975 Richtlinien der einzelnen Industrie- und Handelskammern. Für den qualifizierten Finanzbuchhalter ist ein mindestens achtsemestriges Hochschulstudium (Handelswissenschaft, Betriebswirtschaft oder ähnliche Fächer) vorgesehen.

Die Klägerin konnte für eine abgeschlossene Berufsausbildung Nachweise nicht vorlegen, das Zeugnis soll angeblich beim Umzug verlorengegangen sein, was fraglich bleiben muss, nachdem die Klägerin Zeugnisse der späteren Arbeitgeber vorlegen konnte, aber nicht das Prüfungszeugnis. Die Aussage der Schwester "vom Hörensagen" gibt keinen hinreichenden Beweis; hierzu wird bereits auf die Unsicherheiten verwiesen, was die Klägerin der Mutter und die Mutter der Schwester in zutreffender oder unzutreffender Weise mitgeteilt haben könnte und was unter Umständen die Schwester wiederum richtig oder falsch verstanden hat.

Die Klägerin ist auch keineswegs nach angeblichem Abschluss der Berufsausbildung ins Erwerbsleben eingetreten, sondern hat nach einer anschließenden Pause erst als Kindermädchen gearbeitet und sich dann im Hotelfach umorientiert (laut ihren von Dr.H. niedergelegten Angaben war sie im Hotelfach circa sechs Jahre als angelernte Kraft beschäftigt.) Wenn sie später Tätigkeiten aus dem Bereich einer gelernten kaufmännischen Angestellten verrichtet hat, so muss jedenfalls offen bleiben, ob sie in diesem Teilbereich sowie - dies ist entscheidend - in allen Bereichen einer "Gelernten" über die Kenntnisse und Fähigkeiten einer Fachangestellten verfügt hat und dementsprechend in qualifizierter Stellung umfassend einsetzbar gewesen ist. Es mag durchaus sein, dass sie lediglich angelernt gewesen ist (oder die Prüfung nicht bestanden hat) und mit leichteren und weniger qualifizierten Tätigkeiten beschäftigt gewesen und lediglich in ausgewählten Bereichen (z.B. Finanzbuchhaltung - angelernt laut Auskunft der Firma L. GmbH) tätig gewesen ist. Sowohl die von der Klägerin eingereichten Zeugnisse der Arbeitgeber als auch die vom Sozialgericht - soweit möglich - eingeholten Arbeitgeberauskünfte sind zu wenig aussagekräftig, um die berufliche Position der Klägerin, den "zuletzt ausgeübten Beruf", der Wertigkeit nach ausreichend beurteilen zu können. Nach der Auskunft des letzten Arbeitgebers entsprachen die Leistungen der Klägerin jedenfalls nicht der einer Fachangestellten mit abgeschlossener Ausbildung.

Unter Berücksichtigung des gesamten Sachverhalts war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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