L 11 AL 137/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 AL 269/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 137/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 03.12.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger für die Zeit vom 12.07.1995 bis zum 30.08.1995 einen Anspruch auf Unterhaltsgeld (Uhg) hat.

Der 1949 geborene Kläger schloss am 16.06.1994 mit dem Verkehrsinstitut K. GmbH, K. , einen Umschulungsvertrag, der am 13.07.1994 in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse der Industrie- und Handelskammer für Würzburg und Schweinfurt eingetragen wurde.

Danach sollte der Kläger in der Zeit vom 30.05.1994 bis zum 30.08.1995 von seiner bisher ausgeübten Tätigkeit als Monteur zum Ausbildungsberuf Berufskraftfahrer mit der Fachrichtung Personenverkehr umgeschult werden. Der praktische Teil der Umschulung oblag vereinbarungsgemäß der R. Touristik GmbH, E ... Der letzte, praktische Teil der Ausbildung fand in der Zeit vom 24.05.1995 bis zum 30.08.1995 statt.

Mit Bescheid vom 01.07.1994 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 30.05.1994 bis zum 30.08.1995 für die Teilnahme an der Umschulung aufgrund des Formblattantrages vom 29.04.1994 Uhg.

Im Formblattantrag hatte der Kläger die Erklärung unterzeichnet, dass er das Merkblatt 6 "Berufliche Fortbildung und Umschulung" erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe. In dem genannten Formblatt ist unter der Nr 23 (Beginn und Dauer der Zahlung - Allgemeines) wörtlich ausgeführt: "Im Sinne des Förderungsrechts gilt eine Maßnahme als abgeschlossen, wenn Unterricht nicht mehr erteilt wird bzw die Abschlussprüfung abgelegt wurde. Die Förderung endet mit der Abschlussprüfung, auch wenn danach der Unterricht noch fortgesetzt wird. Somit können für eine Zeit nach dem letzten Tag der Teilnahme bzw nach der Abschlussprüfung auch dann keine Förderungsleistungen gezahlt werden, wenn der Träger der Bildungsmaßnahme einen späteren Zeitpunkt als Maßnahmeende bestimmt."

Am 11.07.1995 bestand der Kläger die Prüfung zum Berufskraftfahrer nicht. Der Kläger nahm aber weiter an dem Praktikum bei der R. Touristik GmbH bis zum 30.08.1995 teil.

Mit Änderungsbescheid vom 26.07.1995 wurde die Uhg-Bewilligung mit dem 11.07.1995 beendet. Der Bescheid wurde bindend.

Mit Schreiben vom 22.02.1996 begehrte der Kläger Uhg auch für die Zeit vom 12.07.1995 bis zum 30.08.1995.

Die Beklagte wertete das Schreiben vom 22.02.1996 als Antrag auf Überprüfung des Änderungsbescheides vom 26.07.1995 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Die Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag bzw die Zahlung des begehrten Uhg ab (Bescheid vom 08.03.1996, Widerspruchsbescheid vom 11.06.1996). Der Änderungsbescheid vom 26.07.1995 sei tatsächlich und rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger habe die Abschlussprüfung seiner Umschulung am 11.07.1995 nicht bestanden. Damit sei die förderungsfähige Maßnahme beendet gewesen, denn das Ziel der geförderten Maßnahme habe nicht mehr erreicht werden können. Die Uhg-Bewilligung sei mit Wirkung vom 11.07.1995 gemäß § 48 SGB X aufzuheben gewesen.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger zum Sozialgericht Würzburg (SG) Klage erhoben. Die Klage ist erfolglos geblieben (Urteil vom 03.12.1999).

Gegen das dem Kläger am 08.03.2000 zugestellte Urteil hat dieser am Montag, dem 10.04.2000, Berufung eingelegt.

Der Kläger hat geltend gemacht: Der Meinung des Erstgerichts, dass die Förderung der Umschulung am letzten Prüfungstage geendet habe, könne nicht gefolgt werden. Nur bei einer vorzeitig bestandenen Prüfung ende das Umschulungsverhältnis am letzten Tag der Prüfung. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des SG Würzburg vom 03.12.1999 und die Bescheide der Beklagten vom 26.07.1995 und vom 08.03.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.06.1996 aufzuheben und ihm Unterhaltsgeld für die Zeit vom 12.07.1995 bis zum 30.08.1995 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Würzburg vom 03.12.1999 zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung ihres Antrages auf den Widerspruchsbescheid vom 11.06.1996 und das Urteil des SG Würzburg vom 03.12.1999.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Bescheide der Beklagten vom 26.07.1995, 08.03.1996 und 11.06.1996 und das Urteil des SG Würzburg vom 03.12.1999.

Entscheidungsgründe:

Die noch rechtzeitig erhobene Berufung (§§ 151 Abs 1, 54 Abs 1, 2, 3 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig. Die Statthaftigkeit der Berufung ergibt sich aus der Höhe des streitigen Uhg von wöchentlich ca 295 DM (§ 144 Abs 1 Nr 1 SGG). Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt hatten (§ 124 Abs 2 SGG).

Die Berufung ist nicht begründet. Die Beklagte konnte den Änderungsbescheid vom 26.07.1995, mit dem die Bewilligung von Uhg für den Kläger ab 12.07.1995 aufgehoben worden war, nicht zurücknehmen (§ 44 Abs 1 SGB X), weil beim Erlass des Änderungsbescheides weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erweist, und weil deshalb auch eine Sozialleistung zu Unrecht nicht erbracht worden ist.

Die Leistung von Uhg für eine Umschulungsmaßnahme ist bezüglich ihrer Dauer - wie die Beklagte und das Erstgericht zu Recht entschieden haben - auf die Zeit bis zur Prüfung beschränkt, soweit eine Berufsbildungsmaßnahme im Rahmen einer ordentlichen Berufsausbildung gefördert wird. Dass die Zeit nach einer bestandenen Prüfung nicht mehr zur Maßnahme gehört, ist unstreitig (vgl BSG SozR 4100 § 44 Nr 8, Knigge/Schmidt/Marschall/ Wissing, AFG-Komm, Stand Mai 1996, § 44 Anm 7; GK-AFG, Stand Nov 1997, § 44 Anm 22, Menardt in Niesel AFG-Komm, 2.Auflage, § 44 Anm 7). Aber auch die Zeit nach einer nicht bestandenen Prüfung in einem Berufsausbildungsverhältnis ist nicht Teil einer Maßnahme iS der Förderung der beruflichen Bildung nach dem hier anzuwendenden Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Nach § 47 AFG förderte die Beklagte die berufliche Umschulung, die hier beim Kläger, der zuvor als Monteur gearbeitet hatte, mit seiner Ausbildung zum Berufskraftfahrer erfolgte. Die Umschulung war ein Teil des geschlossenen Systems der beruflichen Bildung iS des AFG. Für die Umschulung galten die allgemeinen Vorschriften der beruflichen Bildung (§§ 33 ff AFG).

Durch § 34 Abs 2 AFG in der Fassung ab 01.01.1976 (Gesetz vom 18.12.1975 - BGBl I 3113) wurde die förderungsfähige Maßnahmedauer, insbesondere die Zeit der mit der Maßnahme verbundenen praktischen Ausbildung, inhaltlich beschränkt. Nach § 34 Abs 2 AFG wurde festgesetzt, dass Zeiten einer der beruflichen Bildungsmaßnahme folgenden Beschäftigung, die der Erlangung der staatlichen Anerkennung oder der staatlichen Erlaubnis zur Ausübung des Berufes dienen, nicht Bestandteil der Maßnahme sind. Daraus ergibt sich: Wenn schon die in den Berufsgängen vorgesehenen notwendigen Praktika nicht mehr gefördert wurden, musste dies erst recht für die nach der gesetzlichen Regelung nicht notwendigen praktischen Bestandteile der Ausbildung gelten.

Durch die ausdrückliche Einführung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit für alle Maßnahmen (§ 34 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AFG idF ab 01.01.1982 - Gesetz vom 22.12.1981, BGBl I S 1497) wurde die Beschränkung auf die Förderung des Notwendigen weiter verdeutlicht. In § 10 Abs 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) vom 29.04.1993 idF vom 16.03.1994 (ANBA 1994, 295) wurde dementsprechend wiederholt, dass die Dauer der Maßnahme auf das zum Erreichen des Maßnahmezieles Notwendige beschränkt ist.

Mit dem Nichtbestehen der Abschlussprüfung einer beruflichen Umschulung wird jedoch deutlich, dass das Ziel der Umschulung mit dieser Maßnahme nicht mehr erreicht werden kann. Damit war eine Förderung über diesen Zeitpunkt hinaus zweckwidrig und nicht mehr notwendig iS des § 34 AFG.

Das schloss nicht aus, dass eine weitere Förderung eines Umschülers durch die Beklagte nach einer nicht bestandenen Prüfung durch die Förderung oder Teilförderung in Frage kommen konnte (vgl § 6 Abs 2 AFuU). Eine derartige Förderung stand aber unter der Voraussetzung einer erneuten Prüfung durch die Beklagte vor dem Beginn der Maßnahme bzw Teilmaßnahme (§ 34 Abs 1 Satz 2 AFG idF durch Gesetz vom 18.12.1992 - BGBl I S 2044 - in Kraft ab 01.01.1993).

Ohne Bedeutung für die Maßnahmedauer ist die arbeitsrechtliche Ebene zwischen dem Kläger und den Maßnahmeträgern. Dadurch konnte der Anspruch auf Förderung durch die Beklagte nicht erweitert werden (vgl SozR 4100 § 44 Nr 8 S 24).

Da nach der nicht bestandenen Prüfung keine notwendige Maßnahme mehr vorlag, konnte der Teil des Ausbildungsabschnitts nach der Prüfung auch nicht mehr gefördert werden. Die Beklagte hat die Uhg-Bewilligung deshalb zu Recht für die Zeit ab 12.07.1995 aufgehoben.

Die rechtliche Vorgabe für den Änderungsbescheid vom 26.07.1995 gab § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X iVm § 152 Abs 3 AFG idF durch das Gesetz vom 21.12.1993 (BGBl I 2353), da eine wesentliche Änderung in den der Uhg-Bewilligung zugrunde liegenden Verhältnissen eingetreten war. Die Maßnahme, für deren Teilnahme das Uhg bewilligt wurde, war durch das Nichtbestehen der Prüfung beendet. Dass dem Kläger nach der nicht bestandenen Prüfung kein Uhg mehr zustand, hat er auch gewusst, oder nur nicht gewusst, weil er grob fahrlässig gehandelt hat. Er hatte gegenüber der Beklagten schriftlich erklärt, dass er von dem Inhalt des Merkblattes 6 "Berufliche Fortbildung und Umschulung" Kenntnis genommen habe. In dem Merkblatt ist unter Punkt 23 auch für den Kläger unmissverständlich ausgeführt, dass nach der Abschlussprüfung keine Förderungsleistungen mehr zustehen, auch wenn der Maßnahmeträger einen späteren Zeitpunkt als Maßnahmeende bestimmt hatte.

Es ist ohne Bedeutung, ob evtl beim Änderungsbescheid vom 26.07.1995 Vorschriften über die Anhörung nicht beachtet wurden, denn § 44 SGB X dient nicht zur Korrektur von Verstößen gegen die Anhörungspflicht (Steinwedel in Kass Komm, Stand Dez 2000, § 44 SGB X, Anm 31, 32 mwN).

Zusammenfassend ist also festzustellen, dass die Berufung gegen das Urteil des SG Würzburg vom 03.12.1999 keinen Erfolg haben konnte.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich (§ 160 SGG). Bei der Prüfung, ob die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, war auch zu berücksichtigen, dass die hier maßgebenden Vorschriften des AFG nicht mehr in Kraft sind.
Rechtskraft
Aus
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