L 8 AL 150/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 AL 51/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 150/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung (Arbeitnehmeranteil bzw. Arbeitgeberanteil) streitig, soweit die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat.

Die Klägerin zu 1) betreibt einen Container-Service. Die Klägerin zu 2) ist neben ihrem Ehemann Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin zu 1). Seit dem 01.06.1977 wurden für die Klägerin zu 2) Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt.

Mit Bescheid vom 29.05.1998 stellte die zuständige Einzugsstelle, die kaufmännische Krankenkasse (KKH), fest, dass die Klägerin zu 2) in keinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin zu 1) gestanden habe. Da man von diesem Tatbestand erst jetzt Kenntnis erhalten habe, sei rückwirkend ab Beginn der Geschäftsführertätigkeit davon auszugehen, dass kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin zu 1) vorliege. Ab 01.07.1977 habe deshalb eine Umstellung der Versicherung zu erfolgen, da die Klägerin zu 2) ab diesem Zeitpunkt als Selbständige anzusehen sei.

Mit Schreiben vom 14.04.1999 stellten die Klägerinnen daraufhin einen Antrag auf Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 01.07.1977 bis 31.12.1993.

Mit Schreiben vom 26.10.1999 teilte die KKH der Beklagten mit: " ... wir können noch nachvollziehen, dass am 17.11.1992 eine Betriebsprüfung für die Zeit vom 01.01.1990 bis 31.12.1991 und am 27.02.1996 für den Zeitraum 01.01.1992 bis 31.12.1995 durchgeführt wurde. Bei beiden Prüfungen ergaben sich keine Beanstandungen. Der Betriebsprüfbericht vom 27.02.1996 liegt uns noch vor, eine Kopie fügen wir bei. Ältere Unterlagen wurden - im Hinblick auf die Verjährungsfristen - bereits vernichtet. Die Versicherungspflicht von Frau B. wurde seinerzeit nicht geprüft."

Mit Bescheid vom 12.11.1999 erstattete die Beklagte der Klägerin zu 2) die Beiträge für die Zeit vom 01.12.1994 bis 31.05. 1998 (Arbeitnehmeranteil) in Höhe von DM 2.700,-. Bezüglich der Zeit vom 01.06.1977 bis 30.11.1994 (Betrag von DM 12.234,83) berief sich die Beklagte auf die Verjährung. Besondere Gründe, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben, lägen nicht vor.

Mit gleichlautendem Bescheid vom 12.11.1999 gegenüber der Klägerin zu 1) entschied die Beklagte bzgl. des Arbeitgeberanteils.

Zur Begründung der dagegen eingelegten Widersprüche wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erhebung der Einrede der Verjährung eine unzulässige Rechtsausübung darstelle. Bei den regelmäßigen Betriebsprüfungen hätte der Sachverhalt zutreffend aufgeklärt und beanstandet werden müssen. Es sei bekannt gewesen, dass Frau C. B. seit Juni 1977 Gesellschafter/ Geschäftsführerin und als solche nicht in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt gewesen sei, sondern in selbständiger unternehmerischer Art und Weise ihre Tätigkeit ausübte. Dass gerade jeweils auch die Versicherungspflicht von Frau C. B. geprüft wurde, sei ebenfalls eine Tatsache, die belegt werden könne. Sie sei durch die Einsicht in die Unterlagen über die jeweiligen Betriebsprüfungen nachzukontrollieren. Jedenfalls habe es nie Stichprobenprüfungen gegeben.

Die Beklagte wandte dagegen ein, die Einrede der Verjährung werde von der Bundesanstalt für Arbeit nach pflichtgemäßem Ermessen nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben. Eine besondere Härte sei im allgemeinen anzunehmen, wenn die Beitragszahlung deshalb zu Unrecht erfolgt sei,

a) weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltunshandeln der Bundesanstalt für Arbeit, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung beruhe, d.h. die fehler- hafte Beitragszahlung müsse von einer dieser Stellen nachweislich verursacht worden seien, oder b) ...

Die Erhebung der Einrede der Verjährung stelle keine un- zulässige Rechtsausübung dar. Unkenntnis über das tat- sächliche Bestehen der Versicherungsfreiheit sei ein typischer Fall einer möglicherweise eintretenden Ver- jährung. Die Bundesanstalt für Arbeit habe über das tatsächliche Bestehen der Versicherungsfreiheit nachweis- lich erst im Jahre 1999 Kenntnis erlangt.

Auf eine entsprechende Anfrage der Beklagten bei der KKH teilte diese mit, die letzte Betriebsprüfung sei am 27.02.1996 von Herrn N. durchgeführt worden. Es sei nur stichprobenweise geprüft worden. Da die Summenabstimmung positiv beschieden gewesen sei, habe er auch keine Veranlassung gehabt, in Einzelprüfungen einzutreten. Die Versicherungspflicht der GmbH-Geschäftsführerin Frau B. sei nicht geprüft worden. Aus der Vergangenheit lägen keine Unterlagen mehr vor, da die Zeiträume bereits verjährt seien. Im Regelfall würden die Betriebssprüfungen jedoch immer nur stichprobenhaft ausgeführt, wie dies auch die Betriebsüberwachungsverordnung (§ 6) vorsehe. Deshalb könne selbst bei einer Prüfung ohne Beanstandungen nicht ausgeschlossen werden, dass nicht sämtliche in einer Firma beschäftigten Arbeitnehmer versicherungspflichtig geprüft wurden. Gleiches gelte für die Prüfung der Lohnunterlagen.

Die Klägerinnen führten dazu aus, es könne nicht die Rede davon sein, dass aufgrund angeblich durchgeführter Stichprobenüberprüfungen übersehen worden sei, dass Frau B. tatsächlich gar nicht versicherungspflichtig beschäftigt war. Des Weiteren wurden Lohnkontenunterlagen für die Klägerin zu 2) für den Zeitraum von 1977 bis 1989 übersandt, die jeweils mit einem Prüfstempel der AOK Oberallgäu versehen waren.

Nach einer Rücksprache der Beklagten bei der AOK Kempten wurde von dort mitgeteilt, dass bei den Prüfungen lediglich geprüft werde, ob die gemeldeten Entgelte mit der Beitragszahlung übereinstimmen. Eine versicherungsrechtliche Beurteilung sei nicht erfolgt. Die letzten Unterlagen, die der AOK vorlägen, stammten aus dem Jahre 1989, wonach am 05.01.1989 eine Prüfung erfolgt war. Eine versicherungsrechtliche Beurteilung erfolge grundsätzlich nur auf Antrag.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 25.01.2000 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Das Erheben der Verjährungseinrede stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar. Die unrechtmäßige Beitragsentrichtung für die Zeit vom 01.06.1977 bis 30.11.1994 beruhe nicht auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesanstalt für Arbeit, der Einzugsstelle oder des Rentenversicherungsträgers. Sie sei nachweislich nicht von den genannten Stellen verursacht worden. Aufgrund der Angaben der KKH sei die Richtigkeit der Beitragszahlung für die Klägerin zu 2) in keiner Zeit in einem Prüfbericht aufgrund einer Betriebsprüfung ausdrücklich bestätigt worden. Die eingereichten Lohnkonten der Frau C. B. würden keinesfalls bestätigen, dass im Rahmen der von der AOK vorgenommenen stichprobenhaften Prüfungen auch tatsächlich eine spezielle Prüfung der Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit stattgefunden habe. Insofern handele es sich nach Auskunft der AOK ausschließlich um die Prüfung der Lohnkonten zur Feststellung, die an den Sozialversicherungsträger gemeldeten Entgelte mit der Beitragszahlung summarisch übereingestimmt hätten. Ein fehlerhaftes Verwaltungshandeln der Einzugsstelle habe sich somit nicht feststellen lassen, da die KKH bei den in Form von Stichprobenprüfungen durchgeführten Betriebsprüfungen nicht verpflichtet gewesen sei, alle Sachverhalte in die Prüfungen einzubeziehen.

Dagegen haben die Klägerinnen Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Dieses hat mit Beschluss vom 17.02.2000 die Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Az.: S 2 AL 51/00 verbunden und fortgeführt. Zur Begründung ihrer Klage haben die Klägerinnen im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen. Verwiesen wurde dabei auch erneut auf die in Kopie beigefügten Lohnkonten mit Prüfungsvermerken.

Mit Urteil vom 14.03.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen damit begründet, die Beklagte habe über die Erhebung der Verjährungseinrede nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Der Anspruch auf Beitragserstattung nach § 26 Abs.2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei dann ein Ermessensanspruch, wenn ihm ein im Ermessensweg auszuübendes Leistungsverweigerungsrecht entgegengesetzt werde. Ein ermessensfehlerhaftes Verhalten der Beklagten sei nicht feststellbar. Hierbei sei insbesondere der mit der Verjährungsregelung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Ein Versicherungsträger solle nicht nach Jahren oder Jahrzehnten mit Erstattungsansprüchen überzogen werden können. Es würde der Rechtssicherheit widersprechen, wenn es dem Zufall oder der Intensität von Ermittlungen überlassen bleiben würde, ob ein Erstattungsanspruch ggf. noch nach vielen Jahren geltend gemacht werden könne. Der rechtsstaatlichen Ordnung würde dadurch Genüge getan, da sich die Beklagte nicht auf die Verjährung eines Anspruchs berufen könne, wenn dem der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe. Ein fehlerhaftes Verhalten der Beklagten oder der KKH als Einzugsstelle sei aber nicht ersichtlich.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerinnen, die im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen verweisen. Nach Ermittlungen bei der AOK Bayern, Direktion Kempten - Oberallgäu, wurde als Betriebssprüfer für am 05.01.1989, 24.09. 1992 und 09.03.1994 durchgeführte Betriebsprüfungen Herr J. H. benannt. Im Beweisaufnahmetermin vom 11.12.2001 wurde dieser als Zeuge einvernommen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Abschließend äußerten sich die Beteiligten zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme.

Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Augsburg vom 14.03.2000 und unter Aufhebung der Bescheide vom 12.11.1999 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.01.2000 zu verurteilen, über die Anträge auf die Beitragserstattung für die Zeit vom 01.06.1977 bis 30.11.1994 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Augsburg mit Urteil vom 14.03. 2000 die Klage abgewiesen, da die Bescheide der Beklagten vom 12.11.1999 und 25.01.2000 nicht zu beanstanden sind.

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin zu 2) nicht der Versicherungspflicht unterlag bzw. unterliegt, nachdem sie neben ihrem Ehemann als Gesellschafter-Geschäftsführerin maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausübte bzw. ausübt. Dies wird im Übrigen von der Klägerin zu 2) und der Beklagten auch nicht bestritten.

Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf Erstattung der Beiträge für die Zeit vom 01.06.1977 bis 30.11.1994, weil diese Ansprüche verjährt sind.

Rechtsgrundlage für ihr Begehren ist § 185 a Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Danach sind zu Unrecht entrichtete Beiträge zu erstatten, wobei für die Erstattung die Vorschriften des SGB IV (§ 26 Abs.3, §§ 27 und 28) entsprechend gelten.

Nach § 27 Abs.2 SGB IV verjährt der Erstattungsanspruch in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind.

Zu Recht hat sich die Beklagte auch auf die Verjährung berufen. Ob ein Sozialversicherungsträger von der Einrede der Verjährung Gebrauch macht, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen (BSG SozR 1200 § 39 Nr.5). Ermessensrichtlinien dahingehend, dass die Verjährungseinrede nur dann nicht erhoben wird, wenn fehlerhaftes Verhalten des Sozialversicherungsträgers oder der Einzugsstelle zur Beitragsentrichtung geführt hat, sind nicht zu beanstanden (BSGE 58, 154 = SozR 2100 § 27 Nr.4).

So verhält es sich bei der Durchführungsanweisung zu § 27 SGB IV, wo es unter Ziffer 2.3.3 "Einrede der Verjährung" heißt: 1. Die Einrede der Verjährung wird von der Bundesanstalt für Arbeit nach pflichtgemäßem Ermessen nur in Fällen einer besonderen Härte nicht erhoben. 2. Eine besondere Härte ist im allgemeinen anzunehmen, wenn die Beitragszahlung deshalb zu Unrecht erfolgt a) ist, weil sie auf einem fehlerhaften Verwaltungshandeln der Bundesanstalt für Arbeit, der Einzugsstelle oder eines Trägers der Rentenversicherung (letztere als Prüfinstitution) beruht, d.h. die fehlerhafte Beitragszahlung muss von einer dieser Stellen nachweislich verursacht worden sein oder b) weil über den in § 27 Abs.2 SGB IV genannten Verjährungszeitraum hinaus rückwirkend Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt worden ist.

Der Sozialversicherungsträger kann sich nur dann nicht auf die Verjährung berufen, wenn dies eine unzulässige Rechtsausübung wäre (BSGE 42, 219, 222 - SozR 2200 § 29 Nr.6; BSGE 43, 227, 232 = SozR 3100 § 21 Nr.1).

Eine unzulässige Rechtsausübung liegt hier nicht vor, da weder der Beklagten selbst noch der Einzugsstelle ein fehlerhaftes Verhalten vorzuwerfen ist. Daran ändert auch nichts die Tatsache, dass regelmäßig Betriebsprüfungen durch die KKH bzw. AOK durchgeführt worden sind und dass es zu keinen Beanstandungen, insbesondere hinsichtlich der Lohnkonten der Klägerin zu 2), gekommen ist. Nach den Angaben der KKH und der AOK werden im Regelfall die Betriebsprüfungen lediglich stichprobenhaft ausgeführt, wie dies auch die Beitragsüberwachungsverordnung in § 6 vorsieht.

Gemäß § 28 p Abs.1 Satz 1 SGB IV (in der bis 31.12.1995 gültigen Fassung) überwachten die Einzugsstellen die Abgabe von Meldungen und die Zahlung des Gesamt-Sozialversicherungsbeitrags. Sie prüften mindestens alle vier Jahre insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen. Erst durch das Gesetz vom 16.12.1997 (BGBl. I S.279) ist geregelt, dass die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfungen bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht erlassen, die dann die Bundesanstalt für Arbeit leistungsrechtlich binden (§ 336 SGB III). Nach der Beitragsüberwachungsverordnung vom 22.05. 1989 (BGBl I S.992) betraf aber, wie schon ausgeführt, die Prüfung primär die Vollständigkeit der Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie die Eintragungen im Beitragsnachweis. Somit sind hier von Seiten der Einzugsstellen ordnungsgemäße und nicht fehlerhafte Prüfungen durchgeführt worden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Meldepflicht und damit die Prüfung, ob ein Anstellungsvertrag die Kriterien eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne der Zweige der gesetzlichen Sozialversicherung erfüllt, nach § 28 a SGB IV primär den Arbeitgebern obliegt. Bei einem Gesellschafter/Geschäftsführer einer GmbH ist es von daher erst recht Primärverantwortung des Gesellschafter/Geschäftsführers, die Gesellschaftsverträge und Anstellungsverträge so zu gestalten, dass das jeweils gewollte Ziel erreicht wird. Einzugsstelle und Beklagte können im Lohnabzugsverfahren grundsätzlich davon ausgehen, dass die Arbeitgeber die Versicherungspflicht richtig beurteilen und im Zweifelfall eine Auskunft bzw. eine Entscheidung vom zuständigen Versicherungsträger oder der Einzugsstelle einholen (BSG SozR 2100 § 27 SGB IV Nr.4).

Dass hier kein Fehlverhalten der Einzugsstellen vorlag, hat letztlich auch die Einvernahme des Zeugen, des Betriebsprüfers J. H. , bestätigt. Auch er bekundete, dass man sich bei den Betriebsprüfungen an der Vorschrift des § 28 k SGB IV orientiert und eben überprüft habe, inwieweit das gemeldete Arbeitsentgelt das Zutreffende bzgl. der abgeführten Beiträge war. Im Übrigen bekundete er, dass in Fällen, in denen schon seit geraumer Zeit Prüfungen stattgefunden haben, nicht bei jeder Prüfung erneut die einzelne Verteilung bzgl. der Versicherungspflicht überprüft werde.

Die von Seiten der Klägerinnen vorgenommene Beweiswürdigung der Bekundungen des Zeugen H. sind nicht geeignet, eine andere Entscheidung herbeizuführen. Es ist tatsächlich, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, nicht verwunderlich, dass der Zeuge keine Erinnerung an die Klägerin zu 2) im Termin hatte. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Betriebsprüfungen schon eine geraume Zeit zurückliegen und der Zeuge nahezu täglich Betriebe prüft. Zutreffend ist auch der Hinweis der Beklagten, dass es schon verwunderlich ist, dass die im Termin persönlich anwesende Klägerin zu 2) bei der Beweisaufnahme mit keinem Wort erwähnt hat, dass Herr H. bei ihr keine Betriebsprüfungen vorgenommen habe. Weitere Ermittlungen des Gerichts zur Feststellung, ob im streitgegenständlichen Zeitraum von 1977 bis 1994 weitere Betriebsprüfer als der Zeuge H. bei der Klägerin zu 1) Betriebsprüfungen vorgenommen haben, verliefen ergebnislos, da von der Einzugsstelle die Betriebsprüfungsunterlagen nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist bereits vernichtet wurden. Wenn von Seiten der Klägerinnen im Wesentlichen vorgetragen wird, dass es der Einzugsstelle eindeutig habe klar sein müssen, dass die Klägerin zu 2) in keinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin zu 1) gestanden habe, so stellt sich doch die Frage, warum dann über Jahre hinweg Beiträge entrichtet wurden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 SGG zugelassen, weil es der Frage grundsätzliche Bedeutung beimisst, ob in Fällen vergleichbarer Art die Erhebung der Verjährungseinrede eine zuzulässige Rechtsausübung darstellt.
Rechtskraft
Aus
Saved