L 10 AL 400/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 442/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 400/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 17.10.2000 und der Bescheid vom 20.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2000 insoweit abgeändert, als eine Sperrzeit von lediglich 6 Wochen eingetreten ist und die Beklagte zur entsprechenden Leistung von Arbeitslosengeld verurteilt wird.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für beide Rechtszüge zur Hälfte.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.

Die am 1973 geborene Klägerin absolvierte eine Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten und war - einschließlich Ausbildung - in diesem Beruf vom 01.09.1990 bis 31.10.1999 beschäftigt, wobei sie vom 12.11.1997 bis 31.03.1998 nach ihrer am 16.09.1997 geborenen Tochter F. Erziehungsgeld bezog. Am 19.10.1999 beendete die Klägerin das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag zum 31.10.1999 und meldete sich am 25.10.1999 arbeitslos. Als Grund für die Arbeitsaufgabe führte die Klägerin an, sie werde den Vater ihrer Tochter, mit dem sie seit acht Jahren fest verbunden sei, am 29.05.2000 heiraten. Dieser sei aus beruflichen Gründen nach Dänemark verzogen. Zum 01.02.2000 sei geplant, zu ihm mit der gemeinsamen Tochter zu ziehen, um die Erziehungsgemeinschaft herzustellen. Das Arbeitsverhältnis habe sie beendet, um den Zusammenzug zum Wohle des Kindes besser vorzubereiten und durchführen zu können. Tatsächlich zog die Klägerin am 15.12.1999 nach Dänemark und nahm dort am gleichen Tag eine Beschäftigung als Fabrikangestellte auf (Arbeitsvertrag vom 13.12.1999). Mit Bescheid vom 20.12.1999 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 29.02.2000 - stellte die Beklagte den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit vom 01.11.1999 bis 23.01.2000 fest. Die Klägerin habe durch Aufhebungsvertrag ihr Beschäftigungsverhältnis selbst gelöst und dadurch grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt, weil sie nicht mit einem Anschlussarbeitsplatz habe rechnen können. Der zum 01.02.2000 geplante Umzug zum Verlobten und Vater des gemeinsamen Kindes könne im Bezug auf das Beendigungsdatum 31.10.1999 nicht als wichtiger Grund anerkannt werden. Die Klägerin habe das Beschäftigungsverhältnis nicht zum Zweck der Herstellung der Erziehungsgemeinschaft gelöst, sondern um die Herstellung der Erziehungsgemeinschaft vorzubereiten. Die dreimonatige Vorbereitungszeit sei aber nicht erforderlich gewesen, wie der tatsächliche Umzug bereits zum 15.12.1999 beweise. Der Arbeitgeber wäre auch bereit gewesen, das Arbeitsverhältnis erst zum geplanten Umzugstermin 31.01.2000 zu beenden. Eine besondere Härte liege nicht vor.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) - nach Verweisung durch das örtlich unzuständige SG Neu-Brandenburg - hat die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 20.12.1999 sowie des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2000 die Beklagte zu verpflichten, die Sperrzeit für die Zeit vom 01.11.1999 bis 14.12.1999 hinsichtlich der Leistungsart Arbeitslosengeld aufzuheben. Sie hat dies mit der Herstellung der Lebens- und Erziehungsgemeinschaft begründet und vorgebracht, die Sperrzeit von 12 Wochen stelle zumindest eine besondere Härte dar. Mit Urteil vom 17.10.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Der wichtige Grund der Familienzusammenführung habe nicht den Beendigungstermin 31.10.1999 erfasst. Die Klägerin wäre verpflichtet gewesen, das Arbeitsverhältnis bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt fortzuführen.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und zusätzlich zum Vorbringen erster Instanz darauf hingewiesen, dass durch die 12-wöchige Sperrzeit ein Verlust sozialrechtlicher Ansprüche in Dänemark entstehe und somit eine besondere Härte vorliege.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des SG Nürnberg vom 17.10.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.12.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom vom 29.02.2000 aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 01.11.1999 bis 14.12.1999 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 17.10.2000 zurückzuweisen.

Der Senat hat die Leistungsakten der Beklagten (Nr 31A027466) beigezogen und diese ebenso wie die Akten beider Rechtszüge, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 16.07.2002 gemacht. Auf diese Akten wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), jedoch nur zum Teil begründet. Durch den Aufhebungsvertrag vom 19.10.1999 hat die Klägerin den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsplatzverlustes gem § 144 Drittes Buch Sozialgesetzbuch -SGB III- veranlasst. Jedoch stellt der Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit eine besondere Härte dar, so dass diese auf sechs Wochen zu verkürzen ist (§ 144 Abs 3 SGB III).

Zutreffende Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, weil die Klägerin nicht nur Beseitigung der Sperrzeit, sondern auch Leistungen im Zeitraum bis zur Arbeitsaufnahme am 15.12.1999 begehrt.

Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) hat, wer arbeitslos ist, die Anwartschaftszeit erfüllt und sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat (§ 117 Abs 1 SGB III). Wie der gesamte Akteninhalt zeigt, sind diese Anspruchsvoraussetzungen vom 01.11.1999 bis zur Arbeitsaufnahme in Dänemark am 15.12.1999 erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Dieser Anspruch ruhte allerdings wegen Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit.

Nach § 144 Abs 1 Nr 1 SGB III in der bis 30.06.2001 geltenden Fassung trat eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn die arbeitslose Person das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe), ohne für dieses Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Die Sperrzeit beginnt mit dem ersten Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Während der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Alg (§ 144 Abs 2 SGB III). Würde eine Sperrzeit von 12 Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgeblichen Tatsachen eine besondere Härte bedeuten, so umfasst die Sperrzeit sechs Wochen (§ 144 Abs 3 Satz 1 SGB III). Die Klägerin hat durch den Aufhebungsvertrag vom 19.10.1999 ihr bestehendes Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch die Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, weil sie nicht mit einem Anschlussarbeitsplatz zum 01.11.1999 rechnen konnte und nach ihrem eigenen Vorbringen auch nicht gerechnet hat (zur groben Fahrlässigkeit bei Sperrzeit vgl BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 S 57 und SozR 4100 § 119 Nr 34 S 169 zur inhaltsgleichen Vorgängernorm § 119 Arbeitsförderungsgesetz - AFG).

Die Klägerin konnte sich für ihr Verhalten auch nicht auf einen wichtigen Grund berufen. Ein solcher Grund liegt dann vor, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft an der Vermeidung von Versicherungsfällen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht (mehr) zumutbar ist (vgl BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14; LSG Niedersachsen vom 31.10.2000 - L 7 AL 52/00). Kann die bisherige Arbeitsstelle von einer neuen gemeinsamen Wohnung aus nicht mehr zumutbar erreicht werden, wird von der Rechtsprechung der Zuzug zum Verlobten als wichtiger Grund anerkannt, wenn die Aufgabe der Beschäftigung zum gewählten Zeitpunkt erforderlich war, um ab dem beabsichtigten Heiratstermin die eheliche Lebensgemeinschaft herzustellen (BSG SozR 4100 § 119 Nr 34). In gleicher Weise ist ein Zuzug zum Lebenspartner als wichtiger Grund anerkannt, wenn der Arbeitsplatz aufgegeben wird, um die Erziehungsgemeinschaft mit dem anderen Elternteil eines gemeinsamen Kindes herzustellen (BSG SozR 4100 § 119 Nr 17). Diese auf Art 6 Grundgesetz (GG) - Schutz von Ehe und Familie - beruhenden Grundsätze rechtfertigen die Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses bereits zum 31.10.1999 nicht, weil zu diesem Zeitpunkt weder die Lebensgemeinschaft der Klägerin mit dem Verlobten noch die Erziehungsgemeinschaft zum Wohl der gemeinsamen Tochter F. hergestellt werden sollte. Denn der Zuzug sollte erst zum 01.02.2000 realisiert werden, so dass die Arbeitsaufgabe nur zur Vorbereitung des Zuzugs zum Verlobten der Klägerin erfolgt ist. Zudem wird nach den Grundsätzen zur Anerkennung des Zuzugs zum nichtehelichen Lebenspartner als wichtigen Grund stets eine intensive Arbeitssuche in der Nähe des künftigen gemeinsamen Wohnorts vor Lösung des bestehenden Arbeitsverhältnisses gefordert (vgl BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 15 und 16; LSG Niedersachsen Urteil vom 31.10.2000, L 7 AL 52/00). Dies wird zum Einen damit begründet, dass Ausdruck der Ernsthaftigkeit und Intensität der Beziehung die Arbeitssuche am künftigen Wohnort ist, zum Anderen mit dem Entfall des finanziellen Vorteils durch die Bewilligung des Alg gegenüber der Notwendigkeit einer doppelten Haushaltsführung. Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein wichtiger Grund stets unter Würdigung des Rechts der Arbeitsförderung zu sehen ist, das vom Vorrang der Vermittlung in Arbeit geprägt ist (§ 4 SGB III). Aus diesem Grundsatz folgt auch die Obliegenheit, den Eintritt der Arbeitslosigkeit zu vermeiden, indem entweder das bestehende Arbeitsverhältnis so lang wie möglich beibehalten wird (vgl BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 S 58) oder aber am künftigen Wohnort schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine intensive Suche zur Erlangung eines Anschlussarbeitsplatzes aufgenommen wird (BSG aaO). Gegen diese Obliegenheit hat die Klägerin in beiderlei Hinsicht verstoßen. Sie hat nicht solange wie möglich den Beendigungszeitpunkt hinausgezögert obgleich der Arbeitgeber bereit war, sie bis 31.01.2000 zu beschäftigen. Sie hat auch nicht vor dem 31.10.1999 intensiv am künftigen Wohnort in Dänemarkt nach einer Arbeitsstelle gesucht. Daran ändert auch die spätere tatsächliche intensive Arbeitssuche der Klägerin nichts, die mit dem Arbeitsverhältnis zum 15.12.1999 auch erfolgreich war, weil der Sperrzeittatbestand § 144 Abs 1 SGB III nach dem klaren Wortlaut auf die Verhältnisse bei Eintritt der Sperrzeit, also zum 01.11.1999 abstellt.

Allerdings würde der Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen im Hinblick auf die für den Eintritt maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten, so dass die Sperrzeitdauer auf sechs Wochen zu reduzieren ist (§ 144 Abs 3 Satz 1 SGB III). Zur Beurteilung der Frage, ob der Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit nach den für ihren Eintritt maßgeblichen Tatsachen für den Arbeitslosen eine besondere Härte bedeutet, sind die Gesamtumstände des Einzelfalles zu bewerten. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach diesen gesamten Umständen eine Sperrzeit mit der Regeldauer von 12 Wochen im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 14 S 60 unter Hinweis auf BSG SozR 4100 § 119 Nr 32 und SozR 3-4100 § 119 Nr 11). Dem Gesetzeswortlaut zufolge beurteilt sich die Frage der besonderen Härte allein nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen. Außerhalb des Sperrzeittatbestandes liegende sowie nach Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses eintretende Umstände können grundsätzlich keine Berücksichtigung finden (BSG SozR 3-4100 § 119 a Nr 3; BSG SozR 4100 § 119 Nr 34). Jedoch können Umstände persönlicher oder wirtschaftlicher Art ausnahmsweise dann berücksichtigt werden, wenn sie zu den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen gehören bzw sich auf diese Tatsachen zwangsläufig auswirken. Dies hat zur Folge, dass unter dem Gesichtspunkt der Härte gegebenenfalls auch Umstände persönlicher oder wirtschaftlicher Art Berücksichtigung finden können (BSG SozR 4100 § 119 Nr 33 S 166). Ebenso müssen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes beachtet werden (BSG SozR 3-4100 § 119 a Nr 3; BSG vom 04.09.2001 - B 7 AL 4/01 R). Dabei ist besonders zu beachten, dass in Rechtsstreitigkeiten über den Eintritt einer Sperrzeit nach Aufgabe des Arbeitsplatzes wegen Zuzugs zum Verlobten (oä) regelmäßig schon von Seiten der Arbeitsämter die Sperrzeitdauer herabgesetzt worden war (BSG SozR 4100 § 119 Nr 33 S 167).

Unter Anwendung dieser Grundsätze und unter Berücksichtigung aller Umstände des zu entscheidenden Falles ist hier die Sperrzeitdauer auf die Hälfte herabzusetzen. Die Sperrzeit ist eingetreten, weil die Klägerin das Arbeitsverhältnis zum 31.10.1999 aufgegeben hatte mit dem Ziel des Umzugs zum Verlobten am 01.02.2000. Eine 12-wöchige Sperrzeit (bis 23.01.2000) hätte also zur Folge, dass die Klägerin, die von vornherein ihren 52-wöchigen Anspruch auf Alg (§ 127 SGB III) nur zu rund einem Viertel ausschöpfen wollte, nur für wenige Tage realisieren könnte. Die Sperrzeit, die keine Strafe ist (vgl BT - DRS V/2291 S 83; Bieback NZA 1986, 121), würde damit die Klägerin im Vergleich zum Regelfall, bei dem ein mehrmonatiger Leistungsbezug im Anschluss an die Sperrzeit (bis zu 24 Monate, vgl § 127 Abs 2 iVm § 128 Abs 1 Nr 4 SGB III) möglich ist, übermäßig hart treffen. Die Aufgabe des Arbeitsplatzes erfolgte auch, um den Zuzug zum Verlobten vorzubereiten. Dieser Zuzug ist nicht als willkürlich anzusehen, sondern durch das anzuerkennenden Bestreben bestimmt, eine langjährige, tiefe menschliche Beziehung aufrechtzuerhalten (BSG SozR 4100 § 119 Nr 33 S 166) sowie die Erziehungsgemeinschaft mit dem Vater der Tochter F. herbeizuführen. Grund für die Sperrzeit ist also die Vorbereitungszeit für ansich anerkennenswerte und sperrzeithindernde Gründe, die die Klägerin in nicht rechtfertigbarem Maß in Anspruch genommen hat. Sperrzeitauslösend ist damit das Überziehen der Vorbereitungszeit, für die - auch nach Ansicht der Beklagten - eine gewisse Zeitspanne zuzugestehen wäre. Das Überziehen des zuzugestehenden Zeitraums um weniger als drei Monate kann aber den Eintritt einer fast gleich langen Sperrzeit unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht begründen. Hinzu kommt, dass die Klägerin die Arbeit aufgegeben hatte als die Eheschließung mit dem Partner, zu dem sie ziehen wollte, bereits auf den 29.05.2000 festgelegt war. Es bestand damit das feste Versprechen der Ehe (§§ 1297 ff BGB) und damit ein Verhältnis, dass nach den Wertungen des Gesetzgebers entsprechend der systematischen Stellung der Regelungen zum Verlöbnis im ersten Abschnitt des Vierten Buches des BGB (Bürgerliche Ehe) dem Eherecht zuzuordnen ist. Wenn aber bereits das Bestreben, eine langjährige, tiefe menschliche Beziehung aufrechtzuerhalten im Rahmen der Härteregelung Berücksichtung finden kann (BSG SozR 4100 § 119 Nr 33 S 166), muss dies für ein dem Eherecht näherstehendes Verlöbnis umso mehr gelten. Weiterhin sind die Wertungen auch außerhalb des Arbeitsförderungsrechtes zu beachten, die bei einem Mutter-Kleinkind-Verhältnis Besonderheiten anerkennen. Diese zeigen sich insbesondere in dem Anspruch auf Freistellung von der Arbeit zur Gewährung von Erziehungsurlaub/Elternzeit (§ 15 BErzGG) sowie in dem Fehlen einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit, einem Erwerb nachzugehen, soweit noch nicht schulpflichtige Kinder zu betreuen sind (st.Rspr. vgl BGH FamRZ 1969 204; BGH FamRZ 1980, 487). Die Arbeitsaufgabe allein zur Betreuung der im maßgeblichen Zeitpunkt erst zweijährigen Tochter F. hätte also den Eintritt einer Sperrzeit nicht rechtfertigen können. Schließlich kann im Ausnahmefall (vgl BSG vom 25.08.1981 - 7 RAr 47/80) Berücksichtigung finden, dass sich die Klägerin intensiv darum bemüht hat, nach ihrem arbeitsförderungsrechtlichen Fehlverhalten durch Suche nach einer Arbeitsstelle die Nachteile von der Versichertengemeinschaft abzuwenden, indem sie zum 15.12.1999 eine selbst gesuchte Arbeitsstelle angetreten hat. Dabei hatte die Klägerin insbesondere akzeptiert, dass die Tätigkeit als Fabrikarbeiterin erheblich unter ihrer Qualifikation als ausgebildete Sozialversicherungs-Fachangestellte lag.

Die Feststellung einer 12-wöchigen Sperrzeit wird damit unverhältnismäßig, so dass die Dauer auf sechs Wochen zu reduzieren ist.

In der Folge hiervon ist der Klägerin Alg für die Zeit zuzusprechen, in der sie nach Ende der sechswöchigen Sperrzeit und vor dem Umzug nach Dänemark und der dortigen Arbeitsaufnahme am 15.12.1999 sämtliche Anspruchsvoraussetzungen auf Alg erfüllt hatte. Insoweit werden das Urteil des SG Nürnberg und die streitgegenständlichen Entscheidungen abgeändert und die Beklagte zur Alg-Gewährung verurteilt.

Kosten: § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Halbierung der Sperrzeit auf den besonderen Umständen des zu entscheidenden Einzelfalles beruht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Dabei hat der Senat die zu dieser Rechtsfrage bereits ergangene Rechtsprechung berücksichtigt und angewandt, so dass keine Abweichung im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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