L 12 KA 16/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 42 KA 2210/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 16/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers hin werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Dezember 1999 und der Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 1995 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Kündigung von Ermächtigungsverträgen durch die Beklagte.

Der Kläger ist weitergebildeter Arzt für Psychiatrie und Neurologie und berechtigt, die Schwerpunkt-/Zusatzbezeichnungen Psychotherapie und Psychoanalyse zu führen. Er betreibt eine Privatpraxis in M. und war bis 30. September 2002 Chefarzt der Klinik für dynamische Psychiatrie M. und Leiter der dortigen Klinikambulanz. Mit Verträgen vom 11. August 1978 (Ersatzkassen und Regionalkassen) und vom 21. August 1978 (Postbeamtenkrankenkasse) wurde der Kläger zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zur Erbringung tiefenpsychologisch fundierter oder analytischer Psychotherapie gemäß Anlage D zum Vertrag mit der Postbeamtenkrankenkasse vom 28. Oktober 1965 a.F., § 5 Abs.3 des Arzt-Ersatzkassenvertrag a.F. und § 10 Abs.2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/ Regionalkassen a.F. ermächtigt. In den Verträgen ist gleich lautend in Ziff. V Nr. 2 geregelt, dass die KV den Vertrag kündigen könne, falls Umstände einträten, die bei einem Kassenarzt zur Entziehung der Zulassung führten.

Mit Schriftsatz vom 4. Juni 1993 hat die Beklagte den Vertrag betreffend die Ermächtigung zur Ausübung von tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gekündigt. Auf Grund einer aktuell durchgeführten Bedürfnisprüfung sei festzustellen, dass eine Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr erforderlich sei. Nach geltendem Recht stehe die vertragsärztliche Versorgung eindeutig unter dem Primat der niedergelassenen Vertragsärzte. Infolgedessen habe das Bundessozialgericht in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass über den Kreis der zugelassenen Ärzte hinaus Ärzte nur dann ermächtigt werden könnten, wenn Lücken in der vertragsärztlichen Versorgung bestünden. Im Bereich der Bezirkstelle München Stadt und Land würden auf Grund der zwischenzeitlich erfolgten gravierenden Änderung der Versorgungssituation durch die Niederlassung einer Vielzahl von Ärzten - Psychotherapie und/oder Psychoanalyse, die Leistungen, für die der Kläger ermächtigt worden sei, ausreichend und zweckmäßig in freier Praxis durchgeführt und somit sichergestellt. Ferner werde sich bedingt durch das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) die ohnehin schon große Zahl dieser Ärzte noch deutlich erhöhen.

Zu dieser Kündigung hat der Kläger mit Schreiben vom 12. Juli 1993 Stellung genommen. Im Rahmen seiner privaten Praxis behandle er seit 1977 Patienten in einzel- und gruppenpsychotherapeutischen Settings. Da er mit der Klinik einen 30-Stunden-Vertrag pro Woche besitze, sei er die meiste Zeit in einem Zeitrahmen, der demjenigen eines niedergelassenen Arztes entspreche, von insgesamt 45 Stunden tätig. Da etwa fünf Stunden davon für Vorgespräche und Angehörigengespräche sowie familientherapeutische Sitzungen aufgebracht werden müssten, sei sowohl der Klinikvertrag über 30 Stunden als auch die notwendige Präsenz in der Praxis voll erfüllt. Seinen Ausbildungsverpflichtungen komme er mit einer Stunde täglich zusätzlich nach. Er bitte seinen früher gestellten Antrag auf Kassenniederlassung für den Bereich Psychotherapie, Psychoanalyse positiv zu bescheiden.

Mit Schreiben vom 15. November 1993 haben die zwischenzeitlich bestellten Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Kündigung des Ermächtigungsvertrages Rechtsmittel eingelegt. Das eingelegte Rechtsmittel habe Suspensiveffekt, sodass bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Kündigung des Ermächtigungsvertrages der Kläger weiterhin abrechnungsbefugt sei. Mit Schreiben vom 10. November 1994 hat die KVB, Bezirkstelle München Stadt und Land, unter Darstellung des gesamten Sachverhaltes den Widerspruch des Klägers gegen die Kündigung seiner Ermächtigung dem Widerspruchsausschuss der KVB vorgelegt.

Die Beklagte hat unter dem Datum 2. Februar 1995 einen Bescheid bezüglich des "Widerspruchs gegen den Bescheid der KVB, Bezirkstelle München Stadt und Land vom 4. Juni 1993" (Angabe in der Betreff-Zeile) erteilt. Im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung wird ausgeführt, dass die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 1993 den Ermächtigungsvertrag des Klägers gekündigt habe und hiergegen mit Schreiben vom 19. Oktober 1993 bzw. 15. November 1993 form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt worden sei. Der Widerspruch sei nicht begründet. Die Kündigung des Ermächtigungsvertrages zur Ausübung tiefenpsychologisch fundierter bzw. analytischer Psychotherapie im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung sei wirksam. Gemäß Ziffer V 2 der Ermächtigungsverträge könne die Beklagte den Ermächtigungsvertrag kündigen, wenn Umstände einträten, die bei einem Kassenarzt zur Entziehung der Zulassung (RVO-Kassen sowie Postbeamten-Krankenkasse) bzw. die bei einem am Arzt-/Ersatzkassenvertrag beteiligten Arzt zum Widerruf der Beteiligung führten (Ersatzkassen). Eine Ermächtigung könne widerrufen werden, wenn zur Sicherstellung einer ausreichenden ärztlichen Versorgung der Versicherten die weitere Erbringung dieser Leistungen durch den ermächtigten Arzt nicht erforderlich sei. Die von der KVB-Bezirkstelle München Stadt und Land durchgeführte Bedürfnisprüfung habe zu dem Ergebnis geführt, dass eine Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung nicht mehr erforderlich sei. Zum Zeitpunkt der Ermächtigung (Juli 1978) des Klägers zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung hätten 101 ärztliche Psychotherapeuten an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen, während nach den Feststellungen der Bezirkstelle München Stadt und Land heute bereits 510 ärztliche Psychotherapeuten in freier Praxis niedergelassen seien, die auf Grund ihres umfassenden Leistungsspektrums sämtliche Leistungen in ausreichendem Maße durchführten, für die der Kläger einst ermächtigt worden sei. Die Anzahl der ärztlichen Psychotherapeuten habe sich damit verfünffacht, während die Einwohnerzahl nahezu unverändert geblieben sei.

Hiergegen richtet sich die Klage zum Sozialgericht München vom 20. Februar 1995, die mit Schriftsatz vom 5. November 1996 näher begründet wurde. Der Ermächtigungsvertrag hätte nicht gekündigt werden dürfen, da weiterhin Lücken in der vertragsärztlichen Versorgung bestehen würden. Schon die langen Wartezeiten bei den zugelassenen Kassenärzten für Therapiesuchende würden gegen eine ausreichende Versorgung auf diesem Gebiet sprechen. Weiter spreche die große Zahl der Delegationen an nicht-ärztliche Psychotherapeuten und Psychoanalytiker gegen die Feststellungen der Beklagten. Als Beweismittel für den hohen Abrechnungsanteil der delegierten nicht-ärztlichen Psychoanalytiker und Psychotherapeuten werde Herr F. von der AOK Bayern als sachverständiger Zeuge benannt. Im Übrigen biete der Kläger eine ambulante Psychotherapie für psychiatrisch schwer erkrankte Patienten an.

In dem daraufhin anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. Januar 1997 hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, dass rechtlich zweifelhaft sei, ob nicht die Zulassungsgremien anstelle der KV für den Widerruf der Ermächtigung (2-Stufen-Theorie) zuständig gewesen wären. Daneben würden auch die zum Bedarf vorgetragenen Gründe im Widerspruchsbescheid nicht genügen, um als ordnungsgemäße, fehlerfreie Bedarfsbeurteilung gelten zu können, z.B. fehle jeder Hinweis darauf, wie der Soll-Stand bei der Psychotherapie sei. Der Vorsitzende hat deshalb seinerzeit vorgeschlagen, zunächst einmal einen Antrag auf Ermächtigung für tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie im Rahmen der ambulanten Versorgung vor dem zuständigen Zulassungsausschuss zu stellen. Im streitgegenständlichen Verfahren wurde das Ruhen angeordnet.

Der daraufhin vom Kläger gestellte Antrag auf Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung wurde mit Bescheid des Zulassungsausschusses Ärzte, München Stadt und Land vom 2. November 1998 abgelehnt.

Daraufhin wurde das Klageverfahren bezüglich der Kündigung der Ermächtigung wieder aufgenommen und unter dem Aktenzeichen S 42 KA 2210/98 fortgeführt.

Das SG hat mit Schreiben vom 20. Oktober 1999 bei der Beklagten angeregt zu prüfen, ob der Klageanspruch nicht insoweit anerkannt werden könne, als der von der KV erlassene Widerspruchsbescheid aufgehoben werde. Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. November 1999 Stellung genommen. Die streitgegenständliche Ermächtigung sei mit Schriftsatz vom 4. Juni 1993 wirksam zum 30. September 1993 gekündigt worden. Anders als in dem Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht unter dem Aktenzeichen B 6 KA 70/98 R sei der Kläger des vorliegenden Verfahrens nicht durch Erlass eines Verwaltungsaktes, sondern im Wege einer vertraglichen Vereinbarung zur Teilnahme an der kassen-/vertragsärztlichen Versorgung als ermächtigter Arzt berechtigt worden. Zwischenzeitlich habe sich auf Anregung des Sozialgerichts München auch der nach derzeit geltendem Recht für die Ermächtigung zuständige Zulassungsausschuss Ärzte, München, Stadt und Land mit der Angelegenheit befasst und festgestellt, dass für die Teilnahme des Klägers an der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer Ermächtigung bei der gegebenen Bedarfslage kein Raum mehr sei. Die Einschätzung des Zulassungsausschusses Ärzte, wonach sich die Versorgungssituation auf dem Gebiet der Psychotherapie durch das In-Kraft-Treten des Psychotherapeutengesetzes am 1. Januar 1999 deutlich gebessert habe und noch deutlich bessern werde, könne nur geteilt werden. Die psychotherapeutische Versorgung unterliege nun der Bedarfsplanung, bei der die überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte und die Psychotherapeuten eine Arztgruppe im Sinne des § 101 Abs.2 SGB V bilden (vgl. § 101 Abs.4 SGB V sowie Nr.7 des 3. Abschnitts der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte in der am 27. Oktober 1999 in Kraft getretenen Fassung). Die Bedarfsplanung habe zwischenzeitlich stattgefunden und habe für den für den Kläger maßgeblichen Planungsbereich München Stadt sowie auch für den Planungsbereich München Land ergeben, dass der Landesausschuss Ärzte und Krankenkassen am 25. Oktober 1999 gemäß § 103 Abs.1 SGB V für die Psychotherapeuten jeweils eine Überversorgung festgestellt und Zulassungsbeschränkungen angeordnet habe.

Die Klägervertreter haben hierzu mit Schriftsatz vom 1. Dezember 1999 Stellung genommen. Die Beklagte habe im Jahre 1993 den Ermächtigungsvertrag nicht wirksam kündigen können, da die Zulassungsgremien und nicht die Beklagte für den Widerruf von Ermächtigungen zuständig seien. Der vom BSG entschiedene Rechtsstreit (Az.: B 6 KA 70/98 R) sei mit dem vorliegenden vergleichbar. Obwohl die Beklagte sowohl die Ermächtigung erteilt als auch den Vertrag abgeschlossen habe, habe ihr nach der Rechtsprechung des BSG die Entscheidung über die Beendigung der Ermächtigung nicht mehr zugestanden, sondern nach der gesetzlichen Änderung eben den Zulassungsgremien. Die Beendigung der Ermächtigung könne aber auch aus sachlichen Gründen keinen Bestand haben. Zum Zeitpunkt der Kündigung des Vertrages habe es - worauf das Gericht bereits hingewiesen habe - keine Planung für die psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung gegeben. Zum Zeitpunkt der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hätten gerade einmal unverbindliche Umfragen der Beklagten bei psychotherapeutisch tätigen Ärzten bezüglich freier Therapieplätze existiert. Richtig sei, dass sich der Zulassungsausschuss Ärzte - München Stadt und Land mit der Angelegenheit befasst habe. Ein bestandskräftiger Bescheid liege jedoch nicht vor. Der Bescheid des Zulassungsausschusses sei nämlich weder nach den gesetzlichen Vorschriften unterzeichnet noch rechtswirksam zugestellt worden. Rein vorsorglich sei beim Berufungsausschuss für Ärzte Bayern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Versäumung der Widerspruchsfrist beantragt und gleichzeitig Widerspruch eingelegt worden.

Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 7. Dezember 1999 die Klage abgewiesen. Die Kündigung sei zu Recht erfolgt. Es liege auch ein entsprechender Kündigungsgrund vor. Denn der Kläger sei nicht nur im Rahmen seiner Ermächtigung durch die Tätigkeit in der von ihm betriebenen Praxis in München-Mitte an der ambulanten Versorgung gesetzlich Versicherter beteiligt, sondern darüber hinaus im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als Chefarzt mit 30-Stunden-Vertrag in einer Münchner Psychiatrischen Klinik tätig, die ihrerseits zur Erbringung psychotherapeutischer und psychiatrischer Leistungen ermächtigt sei. Angesichts dessen stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger eine ärztliche Tätigkeit ausübe, die ihrem Wesen nach nicht mit der Tätigkeit des Vertragsarztes am Vertragsarztsitz zu vereinbaren sei (§ 20 Abs.2 Ärzte-ZV). Denn es bestehe die konkrete Gefahr einer Interessenkollision zwischen der Tätigkeit als ärztlicher Leiter der ermächtigten Klinik, die ebenfalls tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapieleistungen erbringe, und der Tätigkeit als (persönlich) ermächtigter Arzt in freier Praxis. Insbesondere bestehe die Besorgnis, dass Patienten im ermächtigten Institut in einer anderen Art und Weise behandelt würden, als dies ohne den doppelten Bezugspunkt zur ambulanten Versorgung zu erwarten stünde. Dies deshalb, weil sie als Patienten der Praxis in Frage kämen oder weil sie sich dort bereits in Behandlung befänden oder sich dort nicht in Behandlung begeben hätten. Diese Interessenkollision könne nicht anders aufgelöst werden als durch die Beseitigung einer der beiden Bezugspunkte des Klägers zur ambulanten Versorgung. Ein milderes Mittel als dem § 20 Abs.2 Ärzte-ZV in Verbindung mit § 95 Abs.4 Satz 3, Abs.6 SGB V über die Ziffern V 2 der Verträge durch Kündigung zum Durchbruch zu verhelfen, stehe nicht zur Verfügung. Eine zu erwägende Erklärung, wonach sich der Kläger verpflichte, Patienten der Klinik als persönlich ermächtigter Arzt nicht zu behandeln, stelle sich als nicht geeignet dar. Aus diesen Gründen habe der Beklagten aus Ziffer V 2 in Verbindung mit § 95 Abs.4 und Abs.6 SGB V, § 20 Abs.2 ZV-Ä ein Kündigungsrecht zugestanden, welches wahrgenommen worden sei. Die Kammer müsse deshalb nicht entscheiden, ob eine Kündigung auch auf § 59 SGB X gestützt werden könne. Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. Juni 1999 - Az.: B 6 KA 70/98 R - ergebe sich, dass auf Grund der grundlegenden Umgestaltung des Ermächtigungsrechtes durch das GRG zum 1. Januar 1989 es in der alleinigen Kompetenz der Zulassungsgremien stehe, die Bedarfslage bezüglich Ermächtigungen zu beurteilen. Daraus lasse sich für die Konstellation eines Widerrufs des ermächtigenden Verwaltungsaktes schließen, dass die Zuständigkeit für die Ermächtigungsbeendigungen ohne weiteres auf den Zulassungsausschuss übergegangen sei. Gründe, die für einen gesetzlich angeordneten Parteiwechsel im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Vertrages sprächen, seien nicht erkennbar. Ein Kündigungsrecht greife aber dann nicht sofort ein, falls ein Anpassungsverlangen in Gestalt des Abschlusses eines Änderungsvertrages bezüglich eines Parteiwechsels hätte erfolgen können. Erst dann, wenn der Arzt ein entsprechendes Verlangen abgelehnt hätte, wäre die KV zur Kündigung berechtigt gewesen. Allerdings bleibe für ein Anpassungsverlangen nach Auffassung der Kammer kein Raum, wenn aus rechtlichen Gründen dem eintretenden Zulassungsausschuss keine andere gesetzmäßige Option als die sofortige Kündigung verbleibe, weil einer Weiterverwendung des Arztes eine Interessenkollision im Sinne von § 20 Abs.2 ZV-Ä im Wege stehe und es auf eine Bedarfsprüfung nicht mehr ankomme.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 22. März 2000 zum Bayerischen Landessozialgericht, die mit Schriftsatz vom 2. November 2000 näher begründet wurde. Die zulässige Berufung sei begründet. Die Beklagte habe die Ermächtigungsverträge nicht rechtswirksam kündigen können. Sie sei hierzu weder aktiv legitimiert gewesen noch sei die Kündigung begründet. Die Kündigung hätte durch das zuständige Gremium, nämlich den Zulassungsausschuss für Ärzte, München, Stadt und Land ausgesprochen werden müssen. Auf Grund der grundlegenden Umgestaltung des Ermächtigungsrechts durch das GRG zum 1. Januar 1989 sei es in der alleinigen Kompetenz der Zulassungsgremien, Zulassungen auszusprechen und zu widerrufen, Bedarfslagen bezüglich Ermächtigungen zu beurteilen, Ermächtigungen zu erteilen und zu widerrufen. Dies sei durch das Bayerische Landessozialgericht so entschieden worden und vom BSG in seinem Urteil vom 9. Juni 1999 (Az.: B 6 KA 70/98 R) bestätigt worden. Das Sozialgericht habe hierzu selbst richtigerweise ausgeführt, dass für die Konstellation eines Widerrufs des ermächtigenden Verwaltungsakts die Zuständigkeit für die Ermächtigungsbeendigung ohne weiteres auf den Zulassungsausschuss übergegangen sei. Das SG bleibe jede Begründung schuldig, weshalb es entgegen der eigenen Ausführungen die Beendigung des Ermächtigungsvertrages durch die Beklagte dennoch für rechtswirksam halte. Der Verweis auf § 20 Ärzte-ZV und der zwar nicht explizit ausgeführte, doch aus den Gründen ersichtliche Hinweis, auch der Zulassungsausschuss hätte nicht anders handeln können, gebiete es nicht, die in Zulassungsfragen allein zuständigen Gremien zu übergehen. Vorsorglich werde weiter geltend gemacht, dass das sozialgerichtliche Urteil ein Überraschungsurteil gewesen sei. Es sei in der Sitzung nicht angesprochen und erörtert worden, dass die erkennende Kammer auf § 20 Ärzte-ZV abstellen wolle. Die angebliche Interessenkollision als Kündigungsgrund im Sinne des § 20 Abs.2 Ärzte-ZV liege nicht vor. Das SG habe übersehen, dass der Kläger keine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung innegehabt habe, sondern lediglich ermächtigt gewesen sei. Die Beklagte habe im Übrigen den Ermächtigungsvertrag nicht wegen einer Interessenkollision gekündigt, sondern wegen einer angeblich beim Kündigungsausspruch bestehenden zufriedenstellenden psychotherapeutischen Versorgung der gesetzlich Versicherten im Raum München. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei zweifelhaft, ob nicht explizit vorgetragene Beendigungsgründe geprüft werden können. Eine unter Umständen mögliche Kündigung des Vertrages wegen einer geänderten Bedarfssituation (§ 59 SGB X) scheitere daran, dass die Beklagte die Beurteilungserwägungen, die zu einer qualitativen und quantitativen Bedarfsverneinung führen, nicht bzw. nicht vollständig in ihren Bescheiden wiedergegeben habe, worauf das SG zutreffend hinweise.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Dezember 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 1993 und den Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 1995 aufzuheben.

Die Vertreterin der Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 21. Mai 2001 dargelegt, dass das Urteil des Sozialgerichts München rechtmäßig sei. Es liege weder eine "Überraschungsentscheidung" noch eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 103 SGG vor. Vielmehr sei die gesamte Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht München ausführlich erörtert worden. Für die Kündigung der Ermächtigungsverträge sei allein die Beklagte zuständig gewesen. Das Urteil des Bundessozialgerichts vom 9. Juni 1999 (Az.: B 6 KA 70/98 R) sei vorliegend nicht einschlägig, denn es habe ausdrücklich nur den Fall zum Gegenstand, dass eine Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen habe, für seine Beseitigung nicht (mehr) zuständig sei, wenn sie entweder zu keinem Zeitpunkt zuständig gewesen sei oder ihre Zuständigkeit nach Erlass des Verwaltungsaktes, um dessen Beseitigung es gehe, entfallen sei. Unabhängig davon habe sich auch der Zulassungsausschuss Ärzte München Stadt und Land mit der Frage der weiteren Teilnahme des Klägers an der vertragsärztlichen Versorgung befasst und den entsprechenden Antrag des Klägers mit Bescheid vom 23. November 1998 abgewiesen. Die Beklagte sei zu der vorliegenden Kündigung gemäß Ziffer V Nr.2 der Ermächtigungsverträge sowie auch gemäß § 59 Abs.1 Satz 1 SGB X berechtigt gewesen. Die damalige Bedarfsprüfung habe ergeben, dass weder ein quantitativer noch ein qualitativer Bedarf für ein Tätigwerden des Klägers bestehe. Ein solcher Bedarf habe sich auch zwischenzeitlich nicht ergeben. Der Kläger könne des Weiteren nicht (mehr) als persönlich ermächtigter Arzt an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, weil er an dieser bereits in der Funktion als Leiter der Dynamisch-Psychiatrischen Klinik M. teilnehme. Psychiatrische Institutsambulanzen hätten gemäß § 118 Abs.1 Satz 1 SGB V auf Antrag einen Rechtsanspruch auf bedarfsunabhängige Ermächtigung. Für etwaige persönliche Ermächtigungen zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten - ggf. in freier Praxis - für Ärzte, die in der Institutsambulanz beschäftigt seien, sei daneben kein Raum. Die Ausübung beider Tätigkeiten nebeneinander berge die konkrete Gefahr einer Interessen- und Pflichtenkollision, welche zum Zweck der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Versorgung und dem Schutz der Versicherten zu vermeiden sei (vgl. BSG, Urteil vom 5. November 1997 - Az.: 6 Rka 52/97). Der Regelungsgehalt des § 20 Abs.2 Ärzte-ZV stehe einer Tätigkeit als ermächtigter Arzt neben der Tätigkeit als ärztlicher Leiter der Dynamisch-Psychiatrischen Klinik M. in München entgegen. Insoweit werde Bezug genommen auf die in Anlage beiliegende Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern vom 30. Oktober 1998 an den Zulassungsausschuss Ärzte München Stadt und Land. Der Kläger sei ungeachtet des Status als ärztlicher Leiter der ermächtigten Institutsambulanz für die weitere Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung wegen Interessenkollision nicht mehr geeignet. Es werde insoweit auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und hier insbesondere auf die bereits oben genannte den Kläger betreffende Entscheidung vom 25. November 1998, Az.: B 6 KA 18/98 B, verwiesen. Hier habe das BSG festgestellt, dass bereits die Tätigkeit als Krankenhausarzt die Zulassung in der Regel dann hindere, wenn dieser als Krankenhausarzt in die stationäre Patientenversorgung unmittelbar eingebunden sei und die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung im Einzugsbereich des Krankenhauses begehre. Gemäß Ziffer V Nr.2 der streitgegenständlichen Ermächtigungsverträge in Verbindung mit § 95 Abs.4 Satz 3 und Abs.6 SGB V habe die Beklagte kündigen können, weil Umstände eingetreten seien, die bei einem Kassenarzt zur Entziehung der Zulassung bzw. bei einem am Arzt-/Ersatzkassenvertrag beteiligten Arzt zum Widerruf der Beteiligung führten. Dieser Umstand sei hier gegeben, denn dem Kläger fehle jedenfalls die wichtige Zulassungsvoraussetzung der Eignung.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte mit dem Az.: S 42 KA 2210/98 (vormals: S 42 KA 323/95), die Berufungsakte mit dem Az.: L 12 KA 16/00 sowie die erledigte Berufungsakte mit dem Az.: L 12 KA 57/97 zur Entscheidung vor, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren und auf deren sonstigen Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs.1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch begründet.

Die Streitsache ist - entgegen der Besetzung in erster In- stanz - gemäß § 12 Abs.3 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 33 Satz 2, 40 Satz 1 SGG in sogenannter gemischter Besetzung mit einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Ärzte und Psychotherapeuten zu entscheiden. Für die Abgrenzung der in § 12 Abs.3 Satz 1 SGG angesprochenen Angelegenheiten des Vertragsarztrechts von den in Satz 2 genannten Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten kommt es zwar nach der Grundregel darauf an, wie nach den maßgebenden rechtlichen Vorschriften die Verwaltungsstelle zusammengesetzt ist, über deren Handeln zu entscheiden ist. Ist allerdings gerade zweifelhaft und umstritten, ob ein allein aus Vertragsärzten oder ein paritätisch (gemischt) zusammengesetztes Entscheidungsgremium zuständig ist, so ist in sog. gemischter Besetzung der Richterbank zu entscheiden. Vorliegend haben die Beteiligten im Rahmen des Berufungsverfahrens die Frage in den Mittelpunkt gestellt haben, ob die Beklagte überhaupt zur Kündigung des öffentlich-rechtlichen Ermächtigungsvertrages noch zuständig war und auch nach Auffassung des Senats kommt es streitgegenständlich auf diese Frage an (vgl. zum Ganzen Wenner in NZS 1999, 17 ff. "Die Besetzung der Kammern und Senate der Sozialgerichte im Streitverfahren aus dem Kassenarztrecht"). Vor dem Hintergrund der streitgegenständlichen Fragestellung hat der Senat den Berufungsausschuss gemäß § 75 Abs.2 SGG beigeladen (vgl. zum Ganzen BSG, SozR 3-2500 § 95 Nr.2).

Auf die Berufung des Klägers, der sich im Rahmen des Berufungsverfahrens zuletzt auf ein reines Anfechtungsbegehren beschränkt hat, waren das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Dezember 1999 sowie der Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 1995 aufzuheben. Die Beklagte ist nach Auffassung des Senats für die Kündigung der streitgegenständlichen Verträge gemäß deren Ziff. V Nr.2 nicht mehr zuständig.

Rechtsgrundlage der dem Kläger erteilten Ermächtigungen waren § 14 Abs.1 BMV-Ä (soweit in dem Vertragstext noch § 10 Abs.2 BMV-Ä genannt wird, ist darauf hinzuweisen, dass der frühere Ermächtigungstatbestand des § 10 Abs.2 BMV-Ä am 30. Juni 1978 außer Kraft getreten ist und für den ab 1. Juli 1978 geltenden, am 11. August 1978 unterschriebenen Vertrag § 14 Abs.1 BMV-Ä in der ab 1. Juli 1978 geltenden Fassung, der an Stelle des früheren Ermächtigungstatbestandes des § 10 Abs.2 BMV-Ä getreten ist, Anwendung findet) bzw. § 5 Ziff.3 des Arzt/Ersatzkassen/ Vertrages (EKV) vom 1. Oktober 1963 in der 1978 geltenden Fassung. Hinsichtlich der dem Kläger erteilten Ermächtigung zur Ausübung tiefenspychologisch fundierter oder analytischer Psychotherapie in der Kassenärztlichen Versorgung nach der zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Postbeamtenkrankenkasse abgeschlossenen Vereinbarung (Anlage D zum Vertrag mit der Postbeamtenkrankenkasse vom 28. Oktober 1995) werden in § 1 der Anlage D zu dem Vertrag die in der Kassenärztlichen Versorgung getroffenen Regelungen für entsprechend anwendbar erklärt. Nach § 14 Abs.1 BMV-Ä a.F. konnten die Kassenärztlichen Vereinigungen nach Maßgabe des § 31 Abs.2, 5 und 6 Zulassungsordnung für Kassenärzte (ZO-Ä) über den Kreis der zugelassenen und beteiligten und nach § 131 Abs.1 und 3 ZO-Ä ermächtigten Ärzte hinaus weitere Ärzte oder ärztlich geleitete Einrichtungen ambulant zur Ausführung ärztlicher Sachleistungen oder anderer bestimmter ärztlicher Leistungen auf Überweisung durch einen Kassenarzt ermächtigen, soweit dies zur Sicherstellung der Kassenärztlichen Versorgung erforderlich war. Die gesetzliche Grundlage dieses Ermächtigungstatbestandes enthielt § 31 Abs.2 ZO-Ä. Nach dieser mit der heute geltenden Vorschrift des § 31 Abs.1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) im Wesentlichen übereinstimmenden Vorschrift konnten die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen im Bundesmantelvertrag Regelungen treffen, die über die Voraussetzungen des § 31 Abs.1 ZO-Ä hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der Kassenärztlichen Versorgung vorsahen. Nach § 5 Ziff. 3 EKV-Ä a.F. konnte die Kassenärztliche Vereinigung im Einvernehmen mit dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) Nichtvertragsärzte oder ärztlich geleitete Einrichtungen zur Durchführung bestimmter ärztlicher Sachleistungen ermächtigen.

Die dargestellte Rechtslage hinsichtlich der Erteilung von Ermächtigungen ist mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheit-Reformgesetz - GRG vom 20. Dezember 1988 - BGBl. I Seite 2477) zum 1. Januar 1989 (In-Kraft-Treten des SGB V) grundlegend geändert worden.

Zwar sind die auf der Grundlage des § 31 Abs.2 ZO-Ä i.V.m. §§ 10 Abs.2, 14 Abs.1 BMV-Ä a.F. bzw. § 5 Ziff.3 EKV a.F. erteilten Ermächtigungen in ihrem Bestand erhalten geblieben (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 95 Nr.20 S.79). Die früher in § 14 Abs.1 BMV-Ä bzw. § 5 Ziff. 3 EKV-Ä geregelten Ermächtigungstatbestände (so genannte Ergänzungsermächtigungen) auf der Grundlage des § 31 Abs.2 ZO-Ä finden sich nunmehr auf der Grundla- ge des § 31 Abs.2 Ärzte-ZV in § 5 Abs.1 BMV-Ä bzw. § 9 Abs.1 EKV-Ä. Die Neugestaltung des Ermächtigungsrechts zum 01.01.1989 hat allerdings zur Folge, dass für alle Entscheidungen im Zulassungsrecht und damit auch für Entscheidungen über die Erteilung oder den Widerruf einer Ermächtigung, wozu auch die Erteilung bzw. der Widerruf von Ergänzungsermächtigungen auf der Grundlage der §§ 5 Abs.1 BMV-Ä, 9 Abs.1 EKV-Ä bzw. §§ 10 Abs.2, 14 EMV-Ä a.F., 5 Ziff.3 EKV-Ä a.F. gehören, ausschließlich gemäß § 95 Abs.4 Satz 3 in Verbindung mit Abs.6 sowie §§ 96 Abs.1, 97 Abs.1 SGB V die Zulassungs- und Berufungsausschüsse zuständig sind. Soweit in den §§ 5 Abs.1 BMV-Ä, 9 Abs.1 EKV-Ä noch die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen für die Erteilung der sogenannten Ergänzungs- bzw. Katalogermächtigungen bestimmt ist, ist das von § 31 Abs.2 Ärzte-ZV nicht gedeckt (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 1998, SozR 3-5520 § 31 Nr.8, Seite 24 ff.). Die Partner der Bundesmantelverträge sind im Rahmen ihrer Rechtsetzungsbefugnis auf der Grundlage des § 31 Abs.2 Ärzte- ZV lediglich noch berechtigt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermächtigung über die in der Zulassungsverordnung selbst geregelten Fälle hinaus zu erweitern. Die Bindung der Partner der Bundesmantelverträge an die Ausgestaltung des Rechtsinstituts der Ermächtigungen im SGB V und darauf aufbauend in § 31 Abs.2 Ärzte-ZV schließt es aber aus, in den Bundesmantelverträgen Regelungen zu treffen, die die Zuständigkeit für die Erteilung von Ermächtigungen und das Verwaltungsverfahren abweichend von den Grundsätzen regeln, die generell für die Teilnahme von Nichtvertragsärzten an der vertragsärztlichen Versorgung gelten. Die dem entgegenstehenden Zuständigkeitsregelungen in § 5 Abs.1 BMV-Ä, 9 Abs.1 EKV-Ä sind daher wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig.

Die vom Wortlaut der §§ 5 Abs.1 BMV-Ä, 9 Abs.1 EKV-Ä abweichende alleinige Zuständigkeit der Zulassungsgremien für die Erteilung von Ergänzungs- bzw. Katalogermächtigungen gilt auch für deren Widerruf und zwar auch dann, wenn die betreffende Ermächtigung auf der Grundlage der §§ 10 Abs.2 BMV-Ä a.F., 14 Abs.3 BMV-Ä a.F. bzw. 5 Ziff.3 EKV-Z a.F. von der seinerzeit zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung vor In-Kraft-Treten des GRG am 01.01.1989 erteilt worden ist. Dies hat das Bundessozialgericht bereits für den Fall entschieden, dass die Ermächtigung vor dem 1. Januar 1989 auf der Grundlage der §§ 14 Abs.1 BMV-Ä a.F., 5 Nr.3 EKV-Ä von der KÄV durch Verwaltungsakt erteilt worden ist, so dass die Ermächtigung nach dem 1. Januar 1989 von den allein zuständigen Zulassungsgremien durch Verwaltungsakt zu widerrufen ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. Juni 1999, SozR 3-2500 § 95 SGB V Nr.20, Seite 80 ff., mit dem das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 19. August 1998, L 12 KA 108/97 bestätigt wurde).

Aber auch für den Fall, dass die ursprüngliche Ermächtigung auf der Grundlage der §§ 10 Abs.2, 14 Abs.1 BMV-Ä a.F., 5 Nr.3 EKV-Ä vor dem 1. Januar 1989 im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erteilt wurde, der eine Kündigungsmöglichkeit seitens der KÄV vorsah, gilt, dass die Ermächtigung des Arztes nach dem 1. Januar 1989 nicht mehr von der KÄV, sondern ausschließlich nur von den Zulassungsgremien beendet werden kann.

Die Zuständigkeit der Zulassungsgremien für den Widerruf einer Ermächtigung gemäß § 95 Abs.4 Satz 1 i.V.m. Abs.6 sowie §§ 96 Abs.1, 97 Abs.1 SGB V gilt ausnahmslos und unterscheidet nicht danach, wann und auf welcher Grundlage die fragliche Ermächtigung erteilt wurde. Mit dieser Regelung ist gewährleistet, dass die Zuständigkeit für die Erteilung und in gleicher Weise für den Widerruf bedarfsabhängiger Ermächtigungen ab 1. Januar 1989 generell bei den Zulassungsgremien liegt. Für die Erteilung wie für den Widerruf von Ermächtigungen ist die Beurteilung der konkret bestehenden Bedarfssituation von ausschlaggebender Bedeutung. Zu deren Bewertung sowie zur Entscheidung über die zur Behebung eines bestehenden Versorgungsdefizites in Betracht kommenden Maßnahmen (z.B. Sonderbedarfzulassungen, Ermächtigungen) sind die Zulassungs- und Berufungsausschüsse als Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen berufen. Die generelle Zuweisung der Zuständigkeit für die Erteilung und den Widerruf bedarfsabhängiger Ermächtigungen an die Zulassungsgremien verhindert Unterschiede in der Beurteilung der Bedarfslage zwischen den Zulassungsgremien und der KÄV, je nachdem, auf welcher Rechtsgrundlage das Ermächtigungsbegehren gestützt wird.

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass die der Beklagten in den streitgegenständlichen Ermächtigungsverträgen in Ziff.V Nr.2 eingeräumte Kündigungsmöglichkeit mit Wirkung ab 1. Januar 1989 nicht mehr von der Beklagten ausgeübt werden kann. Dies gilt namentlich für die erfolgte Kündigung aus Bedarfsgesichtspunkten. Es kann damit dahingestellt bleiben, ob die Beklagte berechtigt gewesen wäre, die Ermächtigungsverträge Unter/-Überordnungsverhältnis ergeht, zu kündigen. Andererseits führt die generelle Zuordnung der Zuständigkeit für die Erteilung und den Widerruf von Ermächtigungen ab 1. Januar 1989 an die Zulassungsgremien nicht zu einer Funktions- und Rechtsnachfolge der Zulassungsgremien in die vertragliche Rechtsposition der Beklagten, insbesondere was die Vornahme einer Kündigung nach der Ziff. V Nr.2 des Vertrages betrifft. Der Widerruf der Ermächtigung hat vielmehr durch Verwaltungsakt der Zulassungsgremien gemäß § 95 Abs.4 Satz 1 i.V.m. Abs.6 sowie §§ 96 Abs.1, 97 Abs.1 SGB V zu erfolgen. Dies ist umso unbedenklicher, als sich der Kläger in den streitgegenständlichen Verträgen unter Ziff. III bzw. 3 hinsichtlich seiner Tätigkeit den für Kassenärzte geltenden gesetzlichen, satzungsmäßigen und vertraglichen Bestimmungen unterworfen hat. Eine solche Bindung ergibt sich zudem schon aus § 95 Abs.4 Satz 2 SGB V.

Aus diesen Gründen war auf die Berufung des Klägers das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Dezember 1999 und der Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 1995 aufzuheben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.1 SGG und beruht auf der Erwägung, dass der Kläger in beiden Rechtszügen obsiegt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG liegen nach Auffassung des Senats nicht vor.

Eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs.2 Nr.1 SGG weist der vorliegende Rechtsstreit nicht auf, weil in tatsächlicher Hinsicht bei der konkreten Fallgestaltung eine Wiederholung ähnlicher Fälle nicht zu erwarten ist und in rechtlicher Hinsicht die bisher bereits ergangene Rechtsprechung des BSG (insbesondere Urteil vom 9. Juni 1999, SozR 3-2500 § 95 Nr.20) hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der hier streitgegenständlichen Rechtsfragen gibt.
Rechtskraft
Aus
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