L 12 KA 42/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 42 KA 2316/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 42/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Dezember 1999 sowie der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 25. Oktober 1999 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger antragsgemäß ins Arztregister als psychologischen Psychotherapeuten einzutragen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichten Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

In diesem Rechtsstreit geht es um die Eintragung des Klägers als psychologischer Psychotherapeut in das Arztregister.

Der 1944 geborene Kläger hat im Jahr 1972 an der Universität M. die Prüfung zum Diplom-Psychologen bestanden. Anschließend war er bis 1978 an einem psychiatrischen Krankenhaus in Hessen angestellt und von 1978 bis 1987 als Diplom-Psychologe in der Klinik H. in T. im Schwarzwald beschäftigt. Von 1987 bis 1993 leitete der Kläger eine Fachklinik der D. GmbH für Drogenabhängige in E./Landkreis F ... Danach war er bis Februar 1996 arbeitslos und übt seitdem den Beruf des Diplom-Psychologen in eigener Praxis aus. Am 7. Januar 1999 erteilte ihm das Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit die Approbation als psychologischer Psychotherapeut.

Am 26. April 1999 beantragte er bei der Beklagten, ihn in das Arztregister des Zulassungsbezirks M. als psychologischen Psychotherapeuten einzutragen. Er legte eine Bescheinigung der D. GmbH vom 26. November 1998 vor über die von ihm im der Zeit vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1993 ausgeübte psychotherapeutische Tätigkeit, unterschrieben vom damaligen Verwaltungsleiter Herrn S ...

Mit Bescheid vom 11. Mai 1999 lehnte die Beklagte die Eintrag in das Arztregister ab, weil die Voraussetzungen des § 95 c Satz 1 Nr.2, Satz 2 Nr.3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 12 Abs.3 des Gesetzes über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 16. Juni 1998 (PsychThG) nicht erfüllt seien. Zwar seien im Zeitraum vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1993 insgesamt 4.305 Stunden heilkundlicher Krankenbehandlung nachgewiesen, davon seien jedoch nur 861 Stunden vorwiegend in Verhaltenstherapie durchgeführt worden. Auch fehle die Bestätigung durch einen fachkundigen Vorgesetzten.

Der Kläger hat dagegen Widerspruch eingelegt und zur Begründung ausgeführt, nach der Bescheinigung der D. GmbH habe er bei durchschnittlich 205 Arbeitstagen im Jahr 861 Stunden in Verhaltenstherapie gearbeitet. Über den Zeitraum der Anstellung vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1993 ergebe dies 4.305 Stunden verhaltenstherapeutischer Behandlung. Das Gesetz schreibe nicht vor, dass ein fachkundiger Vorgesetzter die Bestätigung unterschreiben müsse. Im Übrigen habe das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit ihm aufgrund der vorgelegten Unterlagen die Fachkunde bestätigt. Es sei der Beklagten verwehrt, Feststellungen des Ministeriums, die zur Approbation geführt hätten, neu und nach anderen Kriterien zu bewerten. Außerdem legt er eine weitere Bescheinigung der D. GmbH vom 29. Juni 1999 vor, in der diese bestätigt, dass es sich bei den 4.305 Stunden heilkundliche Krankenbehandlung um eine Behandlung auf dem Gebiet der Verhaltenstherapie gehandelt habe.

Nach Erhebung einer Untätigkeitsklage beim Sozialgericht München wies die Beklagte mit Bescheid vom 25. Oktober 1999 den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen des § 95 c Satz 1 Nr.2, Satz 2 Nr.3 SGB V i.V.m. § 12 Abs.3 Nr.1 PsychThG seien nicht erfüllt. Der Kläger habe den Nachweis über 4.000 Behandlungsstunden in einem Richtlinienverfahren nicht führen können. Das Zeugnis der D. vom 26. November 1998 sowie die nachgereichte Bescheinigung vom 29. Juni 1999, mit der nunmehr der Verwaltungsleiter die Durchführung von 4.305 Behandlungsstunden in Verhaltenstherapie bestätige, reichten dazu nicht aus. Es fehle der Bezug zu den Einzelfällen.

Die Untätigkeitsklage wurde daraufhin als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage fortgeführt mit dem Begehren, den Kläger in das Arztregister einzutragen. Zur Begründung haben die Bevollmächtigten des Klägers vorgetragen, die Anforderungen der Beklagten an die Nachweise für die Fachkunde seien überzogen. Beim sogenannten übergangsdefinierten Fachkundenachweis habe die Approbationsbehörde bereits die Fachkunde überprüft. Die Beklagte könne darüber hinaus nur prüfen, ob der Fachkundenachweis in einem sogenannten Richtlinienverfahren erbracht sei, also, ob die vom Antragsteller bei der Approbationsbehörde vorgelegten Belege über geleistete Stunden, theoretisches Wissen und Behandlungen in einem Richtlinienverfahren (Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Therapie, psychoanalytische Therapie) geführt worden sei. Der Kläger habe bei der D. GmbH über 4.000 Behandlungsstunden in Verhaltenstherapie zurückgelegt. Die D.-Klinik in E. sei eine Fachklinik zur Behandlung Suchtkranker und habe mit sämtlichen Krankenkassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen. Die Bescheinigung enthalte Angaben zur wöchentlichen Arbeitszeit (38,5 Stunden), zum Patientenkreis (Suchtkranke) und den sich daraus ergebenden psychischen Störungsbilder. Auch der Aufgabenbereich und das Tätigkeitsfeld des Klägers seien beschrieben. Die Stundenzahl für den einzelnen Behandlungsfall könne nicht mehr angegeben werden, weil entsprechende Belege bei D. nicht mehr vorhanden seien. Einen fachkundigen Vorgesetzten habe es in der Einrichtung nicht gegeben, weil der Kläger selber der Leiter gewesen sei. Wegen der fehlenden Unterlagen sei der Umfang der Beschäftigung geschätzt worden. Man könne vom Kläger nichts faktisch Unmögliches verlangen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Dezember 1999 abgewiesen. Voraussetzung für die Eintragung von Psychotherapeuten in das Arztregister seien die Approbation als Psychotherapeut sowie der Fachkundenachweis. Beim vertragsärztlichen Fachkundenachweis handele es sich gegenüber dem Fachkundenachweis für die Approbation nicht um den Nachweis einer höheren Fachkunde, sondern um den Nachweis der Fachkunde in einem vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen anerkannten Behandlungsverfahren. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Prüfungskriterien der Approbationsbehörde im Sinne einer Bindung zu übernehmen. Es sei zu fordern, dass der Antragsteller in überzeugender, vernünftige Zweifel ausschließender Weise die vom Gesetz geforderten Voraussetzungen der vertragsärztlichen Fachkunde nachweise. § 95 c 2 Nr.3 SGB V biete mehrere alternative Möglichkeiten des Nachweises an. Der Kläger habe sich dafür entschieden, den Nachweis durch Erbringung von über 4.000 Behandlungsstunden in dem Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie zu führen. Dazu genüge eine tabellarische und zeitlich geordnete Auflistung mit den maßgeblichen Daten (verschlüsselter Patientennamen, Behandlungszeitraum, Zahl der Behandlungsstunden). Könne der Nachweis so nicht mehr geführt werden, weil Unterlagen nicht mehr greifbar seien, könnten auch Angaben ausreichen, die auf Schätzungen beruhen. Aus dem Zeugnis der D. GmbH vom 26. November 1998 gehe hervor, dass der Kläger 1989 dort in der heil- kundlichen Behandlung Suchtkranker tätig gewesen sei. Die Bescheinigung müsse nicht von einem fachkundigen Vorgesetzten oder dem Einrichtungsleiter ausgestellt sein. Die Stunden könnten auch von einem Nichtpsychotherapeuten bestätigt werden, der Kenntnis von der Tatsachenlage besitze. Dies sei beim Verwaltungsleiter der Fall. Dennoch habe die Kammer die Klage abgewiesen, weil die Erbringung der Stundenzahl im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie nicht nachgewiesen sei. Zwar ergebe sich aus den vorgelegten Bescheinigungen, dass der Kläger im oben genannten Zeitraum mindestens 4.000 Stunden an psychotherapeutischer heilkundlicher Krankenbehandlungen zurückgelegt habe, nicht jedoch dass es sich um mindestens 4.000 Stunden im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie gehandelt habe. In der Bestätigung werde nur in einem Nebensatz erwähnt, dass die 861 Psychotherapiestunden (pro Jahr) vorwiegend in Verhaltenstherapie durchgeführt worden seien. Das lasse den Schluss zu, dass ein Teil davon mit anderen Psychotherapieverfahren erbracht worden sei. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers einen 90 %-igen Anteil annehme, wäre rein rechnerisch die Stundenzahl von 4.000 bereits unterschritten. Auch die Bescheinigung vom 29. Juni 1999 sei nicht geeignet, den Mangel der Darlegung der Schätzungsgrundlagen im Bezug auf den Umfang der Behandlungsstunden in Verhaltenstherapie wettzumachen. In dieser Bescheinigung sei lediglich das Wort "vorwiegend" fallen gelassen worden.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung einlegt. Er hat eine weitere Bestätigung der D. GmbH vom 26. Juni 2000 vorgelegt, in der ausgeführt wird, in der Bestätigung vom 26. November 1998 sei dem Gesetzeswortlaut des § 12 Abs.4 Nr.1 PsychThG folgend bestätigt worden, dass der Kläger vorwiegend psychotherapeutisch tätig gewesen sei. Gleichzeitig sei das Verfahren benannt worden, in dem dieser die gesamte Zeit gearbeitet habe, nämlich: Verhaltenstherapie. Die Verwendung des Wortes "vorwiegend" habe in diesem Zusammenhang nicht bedeuten sollen, dass vom Kläger auch andere therapeutische Verfahren angewandt worden wären. Aufgrund seiner Ausbildung als Verhaltenstherapeut und in Übereinstimmung mit ihrem Konzept habe er während seiner Tätigkeit nur verhaltenstherapeutisch gearbeitet. Damit liege nunmehr der vom SG vermisste Nachweis vor.

Der Kläger hat folgenden Antrag gestellt:

Das Urteil des Sozialgerichts München vom 7. Dezember 1999 wird aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Mai 1999 und der Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 1999 werden ebenfalls aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als psychologischen Psychotherapeuten in das Arztregister einzutragen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass auch die nachgereichte Bescheinigung vom 26. Juni 2000 nicht geeignet sei, die bestehenden Zweifel an der erforderlichen verhaltenstherapeutischen Tätigkeit im Umfang von 4.000 Stunden nachzuweisen. Der Erteilung der Approbation komme hinsichtlich der Fachkunde weder eine Tatbestandwirkung zu, noch beschränke sie die Prüfungskompetenz der Beklagten. Berufsrechtlicher und zulassungsrechtlicher Fachkundenachweis sei nicht identisch. Beide unterschieden sich darin, dass es für den berufrechtlichen Fachkundenachweis ausreiche, eine heilkundliche, psychotherapeutische Tätigkeit erbracht zu haben, während der zulassungsrechtliche Fachkunde- nachweis nur in einem anerkannten Richtlinienverfahren, hier der Verhaltenstherapie, geführt werden könne.

Der Senat hat die Klageakte des SG München, die Akte der Beklagten sowie die Approbationsakte des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit zum Verfahren beigezogen. Außerdem wurde eine eidesstattliche Versicherung des Klägers vom 24. September 2001 eingeholt, in der dieser angibt, er sei vom 01.06.1987 bis 31.12. 1993 als Leiter der D.-Fachklinik für Suchtkranke im E. angestellt gewesen. Dort seien Krankenbehandlungen im Sinne des SGB V durchgeführt worden aufgrund eines Versorgungsvertrages gemäß § 111 SGB V. Er habe die verhaltenstherapeutischen Therapieverfahren und Behandlungsmethoden angewandt, die dem damaligen Stand der Forschung entsprachen. Für ihn seien jeden Tag über vier Stunden an rein therapeutischer Arbeit auf dem Gebiet der Verhaltenstherapie angefallen. Desweiteren wurde eine eidesstattliche Versicherung der Diplom- Psychologin W. vom 30. Oktober 2001 eingeholt, wonach diese den Kläger während seiner Tätigkeit bei D. durchgehend supervisorisch begleitet hat. Aufgrund der vom Kläger vorgestellten Patienten und der angewendeten therapeutischen Maßnahmen könne sie bestätigen, dass die im Supervisions-Team vorgestellten Patienten im Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie behandelt wurden. Dasselbe hat der Diplom-Psychologe B. mit eidesstattlicher Versicherung vom 28. September 2001 bestätigt. Er sei selber bei D. als Leiter tätig gewesen. Später habe er das Team und den Kläger regelmäßig supervidiert. Aufgrund der in der Supervision vorgestellten Arbeitsweise könne er bestätigen, dass der Kläger - sein Nachfolger als Leiter bei D. - grundlegend verhaltenstherapeutisch gearbeitet habe. Das Konzept der vom Kläger praktizierten Entwöhnungsbehandlungen habe auf der Grundlage lerntheoretischer Bedingungen beruht mit entsprechend verhaltenstherapeutisch angelegter Intervention zur Langzeitentwöhnung. Der Kläger habe sowohl einzel- als auch gruppentherapeutisch gearbeitet.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs.1 SGG) Berufung ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Eintragung in das Arztregister als psychologischer Psychotherapeut.

Nach § 95 c Abs.1 Satz 1 SGB V, eingeführt durch Art.2 Ziffer 12 des Gesetzes über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom vom 16. Juni 1998 (BGBl.I S.1311), setzt die Eintragung eines Psychotherapeuten in das Arztregister voraus: 1.) Die Approbation als Psychotherapeut nach § 2 oder § 12 des Psychotherapeutengesetzes und 2.) den Fachkundenachweis.

Die unter 1.) genannte Voraussetzung ist im vorliegenden Fall zweifelsfrei erfüllt, denn das Bayer. Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit hat dem Kläger mit Urkunde vom 7. Januar 1999 die Approbation als psychologischer Psychotherapeut erteilt. Wie sich aus der beigezogenen Akte ergibt, stützt sich diese Entscheidung auf die Übergangsvorschrift des § 12 Abs.4 PsychThG. Ob die dort genannten Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind, ist weder von der Beklagten noch vom Senat einer erneuten Prüfung zu unterziehen.

Umstritten ist zwischen den Partien, ob auch die unter Nr.2) genannten Voraussetzung erfüllt ist, mit anderen Worten, ob der Kläger den Fachkundenachweis nach § 95 c Abs. 2 SGB V erbracht hat. Nach § 95 c Abs.2 Nr.3 SGB V setzt der Fachkundenachweis für den nach § 12 des PsychThG approbierten Psychotherapeuten, also auch für den Kläger, voraus, dass er die für eine Approbation geforderte Qualifikation, Weiterbildung oder Behandlungsstunden, Behandlungsfälle und die theoretische Ausbildung in einem durch den Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.1 SGB V anerkannten Behandlungsverfahren nachweist. Ein solches "Richtlinienverfahren" ist gemäß Abschnitt B I Nr.1.2 der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Psychotherapierichtlinien vom 3. Juli 1987 die Verhaltenstherapie.

Anders als die Beklagte und das Erstgericht hält es der Senat für erwiesen, dass der Kläger die für die Approbation nach § 12 PsychThG geforderte Qualifikation, Weiterbildung oder Behandlungsstunden, Behandlungsfälle und theoretische Ausbildung auf dem Gebiet der Verhaltenstherapie erworben hat. Dies gilt insbesondere für die nach § 12 Abs.4 Satz 1 und Satz 2 Nr.1 PsychThG geforderten 4.000 Stunden psychotherapeutischer Tätigkeit im Angestelltenverhältnis. Ob ein diesbezüglicher Nachweis erbracht ist, kann vom Gericht entsprechend dem Gebot des effektiven Rechtschutzes (Art.19 Abs.4 Grundgesetz) in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht in vollem Umfang überprüft werden. Der Beklagten steht insoweit kein Beurteilungsspielraum zu. Auch ist das Gericht nicht an die Anforderungen gebunden, die die Beklagte für erforderlich hält, etwa dass die Tätigkeit von einem fachlich qualifizierten Vorgesetzten bestätigt sein müsste.

Der Senat stimmt dem Sozialgericht darin zu, dass der Nachweis der Behandlungsstunden grundsätzlich durch eine tabellarische und zeitlich geordnete Auflistung mit den maßgeblichen Angaben (verschlüsselter Patientennamen, Behandlungszeitraum, Zahl der Behandlungsstunden, Richtlinienverfahren) zu führen ist. Wenn ein solcher Nachweis jedoch aus welchen Gründen auch immer nicht möglich ist, muss sich der Nachweis ausnahmsweise auch durch andere Unterlagen oder sonstige Beweismittel führen lassen. Das Gericht hat gemäß § 128 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob sich aus den vorliegenden Beweismitteln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass der Kläger mindestens 4.000 Behandlungsstunden auf verhaltenstherapeutischem Gebiet einschließlich der dazu notwendigen Diagnostik und Fallbesprechungen im Zeitraum vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1998 durchgeführt hat und die erforderliche theoretische Ausbildung nachgewiesen hat. Letzteres ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Es liegt eine Bescheinigung der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie vom 20. Oktober 1998 vor.

Streitig ist jedoch, ob der Kläger als Leiter der D.-Klinik in E. vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1993 mindestens 4.000 verhaltenstherapeutische Behandlungsstunden einschließlich der dazu notwendigen Diagnostik und Fallbesprechungen nachgewiesen hat. Auch dies ist nach der Auffassung des Senats spätestens im Hinblick auf die im Zuge des Berufungsverfahrens eingeholten eidesstattlichen Erklärungen nicht mehr zu bezweifeln. Der Kläger hat zum Nachweis zunächst eine Bescheinigung vom 26. November 1998 der D. GmbH, unterschrieben vom Verwaltungsleiter, Herrn S. vorgelegt. Danach schätze dieser, dass der Kläger in fünf Jahren insgesamt 4.305 Stunden heilkundlicher Krankenbehandlung "überwiegend in Verhaltenstherapie" bei der D. GmbH erbracht hat. Diese Formulierung ist, wie die Beklagte und das Erstgericht zutreffend feststellen, zum Nachweis der mindestens 4.000 verhaltenstherapeutischen Behandlungsstunden nicht ausreichend.

Die Zweifel rechtfertigen sich allerdings nicht daraus, dass diese Bestätigung vom Verwaltungsleiter unterschrieben war und auch nicht daraus, dass es sich insoweit lediglich um eine Schätzung handelt. Denn für die von der Beklagten gefordete Unterschrift einer fachkompetenten Person gibt es keine Rechtsgrundlage. Dieser Umstand kann allenfalls im Rahmen der Beweiswürdigung bei der Abwägung der Gesamtumstände des Einzelfalls von Belang sein. Auch eine Schätzung ist als ausreichend anzusehen, wenn - wie hier - keine Unterlagen über die Behandlungen mehr zur Verfügung stehen und deshalb auch nicht vom Antragsteller vorgelegt werden können. Die vorgelegte Schätzung ist auch, was die Gesamtstundenzahl anbelangt, im Wesentlichen nachvollziehbar. Es erscheint glaubhaft, dass der Kläger, wie er auch in seiner eidesstattlichen Erklärung vom 24. September 2001 dargelegt hat, täglich über vier Stunden rein therapeutisch tätig war. Das ergibt bei durchschnittlich 205 Arbeitstagen pro Jahr 820 Stunden jährlich, während der fünfjährigen Beschäftigungsdauer vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1993 mithin 4.100 Behandlungsstunden. Durch die Formulierung "vorwiegend" in der Bescheinigung vom 26. November 1998 konnten, wie Beklagte und Sozialgericht zutreffend feststellen, in der Tat Zweifel entstehen, ob die Gesamtstundenzahl von 4.000 Stunden tatsächlich erreicht wird, nämlich dann, wenn ein Teil der Therapiestunden mit nicht richtliniengemäßer Therapie verbracht worden wäre. Die diesbezüglichen Zweifel sind jedoch nach der Auffassung des Senats durch die weitere Beweiserhebung ausgeräumt. Es erscheint zunächst durchaus plausibel, wenn Herr S. mit einer weiteren Bescheinigung vom 26. Juni 2000 erklärt, die Verwendung des Wortes "vorwiegend" habe nicht bedeuten sollen, dass vom Kläger auch andere therapeutische Verfahren angewandt wurden, sondern habe sich lediglich am Gesetzeswortlaut des § 12 Abs.4 Ziffer 1 PsychThG orientiert, wo eine "vorwiegend psychotherapeutische" Tätigkeit gefordert sei. Tatsächlich habe der Kläger aufgrund seiner Ausbildung als Verhaltenstherapeut und in Übereinstimmung mit dem Konzept des Hauses während seiner Tätigkeit dort nur verhaltenstherapeutisch gearbeitet. Diese Erklärung hält der Senat für plausibel. Hinzu kommt, dass die Supervisoren des Klägers Diplom-Psychologin A. W. und Diplom-Psychologe E. B. eidesstattlich erklärt haben, dass der Kläger in den von ihnen supervidierten Fällen verhaltenstherapeutisch gearbeitet habe. Für besonders aussagekräftig hält der Senat insofern die Erklärung des Diplom-Psychologen E. B. , der vor dem Kläger Leiter bei D. in E. war und danach monatlich vier bis acht Stunden dort supervisorisch tätig war. Nach dessen Angaben hat der Kläger dort nach diesem Verfahren sowohl einzel- als auch gruppentherapeutisch gearbeitet.

Der Einwendung der Beklagte in der Berufungserwiderung, aus einer vom Kläger im Rahmen eines Antrags auf bedarfsunabhängige Zulassung (der abgelehnt wurde) vorgelegten Bestätigung der Ambulanz der Klinik M. vom 23. Dezember 1998 ergäbe sich, dass er auch andere Verfahren als die Verhaltenstherapie angewandt habe, nämlich die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ist entgegen zu halten, dass es sich dabei um Behandlungen außerhalb der Angestelltentätigkeit beim D. handelte, nämlich um Behandlungen in den Jahren 1996 und 1997, die der Kläger in eigener Praxis auf Kostenerstattungbasis durchgeführt hat.

Zusammenfassend kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass der Kläger die in § 95 c Abs.1, Abs.2 Nr.3 SGB V genannten Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister erfüllt hat, nämlich die Approbation als Psychotherapeut nach § 12 PsychThG und den Fachkundenachweis in Form von mehr als 4.000 Behandlungsstunden in dem Richtlinienverfahren der Verhaltenstherapie. Die Eintragung in das Arztregister kann ihm deshalb nicht mehr verweigert werden.

Die Entscheidungen des Erstgerichts und der Beklagten waren aufzuheben und diese zu verurteilen, den Kläger in das Arztregister einzutragen.

Die Kostenentscheidung gemäß § 193 Abs.1 SGG berücksichtigt, dass der Kläger mit seinem Begehren obsiegt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Eine grundsätzliche Bedeutung ist nicht erkennbar; vielmehr stehen Fragen der Beweiswürdigung im Vordergrund.
Rechtskraft
Aus
Saved