L 12 KA 49/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 KA 115/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 49/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 4. März 1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Ablehnung eines Antrags der Klägerin, über den 1. Januar 1999 hinaus bis zum 1. Januar 2002 als Vertragsärztin zugelassen zu bleiben, rechtmäßig ist.

Die am ... 1928 geborene Klägerin wurde mit Beschluss des Zulassungsausschusses Ärzte - Oberbayern - vom 30. November 1977 als Vertragsärztin für O ... zugelassen. Nach ihren eigenen Angaben hat sie ihre vertragsärztliche Tätigkeit als praktische Ärztin im Mai 1978 aufgenommen.

Durch das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz - (GSG) vom 21. Dezember 1992 (Bundesgesetzblatt I S.2266) wurden in § 95 Abs.7 SGB V die Sätze 2 und 3 angefügt (Art.1 Nr.51h GSG), und geregelt, dass ab 1. Januar 1999 die Zulassung eines Vertragsarztes am Ende des Kalendervierteljahres endet, in dem dieser sein 68. Lebensjahr vollendet. In Art.33 § 1 des GSG ist in einer Überleitungsvorschrift bestimmt, dass bei Vertragsärzten und Vertragszahnärzten, die am 1. Januar 1999 das 68. Lebensjahr bereits vollendet haben, die Zulassung am 1. Januar 1999 endet. War der Vertragsarzt oder Vertragszahnarzt zu diesem Zeitpunkt 1. weniger als 20 Jahre als Vertragsarzt oder Vertragszahnarzt tätig und 2. vor dem 1. Januar 1993 als Vertragsarzt oder Vertragszahn arzt zugelassen, verlängert der Zulassungsausschuss die Zulassung längstens bis zum Ablauf dieser Frist.

Mit Schreiben vom 4. Mai 1998, 19. Juni 1998 und 20. August 1998 beantragte die Klägerin, ihre Zulassung über den 1. Januar 1999 hinaus bis mindestens 1. Januar 2002 zu verlängern. Sie sei zum Zeitpunkt der Vollendung des 68. lebensjahres aus Krankheitsgründen noch nicht in der Lage gewesen, sich eine angemessene Altersversorgung zu schaffen. Bei Aufnahme ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit im Mai 1978 sei sie bereits 50 Jahre alt gewesen und habe deshalb nicht mehr in die Ärzteversorgung aufgenommen werden können. Sie habe deshalb 1980 Praxisräume gekauft, um später eine angemessene Altersversorgung zu erhalten. Da kein Eigenkapital vorhanden gewesen sei, sei die gesamte Finanzierung über eine Hypothek erfolgt, die durch die geplante Praxisführung bis zum Jahre 2003 zurückgezahlt werden sollte. Anschließend sollte die Praxis vermietet werden und der Mieterlös als Altersversorgung dienen. Am 21. Februar 1981 sei sie bei einem Hausbesuch auf einer Eisplatte gestürzt und habe dabei eine kompleten Oberschenkelhalsbruch erlitten. In der Folgezeit sei sie wegen dieses Unfalls eineinhalb Jahre arbeitsunfähig gewesen und habe mehrere Praxisvertreter beschäftigen müssen. Ein Ruhen der Zulassung habe sie im Interesse ihrer Patienten nicht beantragt. Im Juli 1983 sei sie dann an einem Nierenleiden erkrankt, das eine Operation in einer Klinik erforderlich gemacht habe. Auch wegen des Nierenleidens sei sie längere Zeit arbeitsunfähig gewesen und ihre Tätigkeit als zugelassene Vertragsärztin sei nochmals für eineinhalb Jahre unterbrochen worden. Wegen der krankheitsbedingt geringen Einkünfte habe sie mit ihrer Bank eine Tilgungsstreckung vereinbart. Die Darlehensforderung ihrer Bank betrage zum Stichtag 30. Juli 1998 deshalb noch 414.882,64 DM. Bezüglich der Arbeitsunfähigkeitszeiten legte die Klägerin ihren Schreiben eine Bescheinigung der Vereinten Versicherung bei.

In dieser Bescheinigung wurde eine durchgehende AU-Zeit vom 20. Februar 1981 bis 7. März 1982 (ca. zwölf Monate und zwei Wochen) bescheinigt sowie in der Folgezeit drei weitere AU-Zeiten von jeweils fünf Wochen, sieben Wochen und zwei Wochen in der Zeit bis 5. Januar 1983, also ca. 14 Wochen in einem Zeitraum vom 7. März 1982 bis 28. Juli 1983. Es wurden dann weitere AU-Zeiten in der Folge vom 28. Juli 1983 bis 31. Dezember 1987 bestätigt, deren Dauer zwischen viereinhalb Monaten und einer Woche lagen. Insgesamt wurden für die Zeit vom 26. Mai 1982 bis 31. Dezember 1987 ca. 13 Monate AU-Zeiten bestätigt.

Mit Bescheid vom 23. September 1998 lehnte der Zulassungausschuss Ärzte - Oberbayern - den Antrag der Klägerin auf Verlängerung der Zulassung ab. Nach dem die Klägerin am 6. Februar 1998 bereits 70 Jahre alt geworden sei und am 1. Februar 1998 bereits 20 Jahre vertragsärztlich tätig gewesen sei, sei eine Verlängerung der Zulassung über das gesetzlich vorgesehene Ende hinaus, nicht möglich.

Der dagegen eingelegte Widerspruch ging am 6. Oktober 1998 beim Beklagten ein. Zur Begründung ihres Widerspruches wiederholte die Klägerin im Wesentlichen ihr Vorbringen zur Begründung ihres Antrages. Sie wies daraufhin, dass sie 1980 ihre eigene Praxis im Vertrauen darauf gekauft habe, dass sie ihren Beruf als Vertragsärztin ohne jede Beschränkung bis zur endgültigen Abzahlung der Investition ausüben könnte. Von der BfA beziehe sie lediglich eine Rente von 1.882,19 DM, allein ihre Krankenversicherung koste aber 900,00 DM im Monat. Der restliche Betrag reiche nicht aus um die laufenden Kosten zu decken. Sie sei deshalb auf ihr Einkommen aus der vertragsärztlichen Tätigkeit angewiesen. Nur bei einem Ausüben ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit könne sie sich eine Altersversorgung sichern. Das Prinzip des Vertrauenschutzes gebiete es, im Hinblick auf die von ihr getätigten Investitionen ihre Zulassung als Vertragsarzt über den 31. Dezember 1998 hinaus zu verlängern. Die durch den schweren Arbeitsunfall und die Erkrankung im Zeitraum von 1981 bis 1984 bedingte Arbeitsunfähigkeit sei zumindestens mit zwei 3/4 Jahren an die 20 Jahre Mindestfrist, die das Gesetz vorsehe, anzuhängen. Es sei ihr nicht möglich gewesen, ihre Praxis wegen Krankheit auf zwei Jahre oder länger zu schließen. Die Tätigkeit ihrer Vertreter könnten nicht als ihre Tätigkeit als Vertragsarzt gewertet werden. Im Übrigen sei der Beschluss des Zulassungsausschusses auch in formeller Hinsicht nicht korrekt gewesen, da ein Ausschussmitglied ca. zehn Minuten nach Beginn der mündlichen Verhandlung den Sitzungssaal verlassen habe und dem gesamten weiteren Verfahren ferngeblieben sei. Sie habe erstmals im April 1998 von der KV mitgeteilt bekommen, dass sie am 1. Januar 1999 ihre Zulassung als Vertragsärztin abgeben müsse. Die frühere Ankündigung im Deutschen Ärzteblatt habe sie nicht gelesen. Durch den Beschluss des Zulassungsausschusses werde sie zu einem Sozialfall, da sie keinerlei Rücklagen oder Ersparnisse habe.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 1998, beschlossen in der Verhandlung am 17. November 1998, wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Gesetzgeber des Gesundheitsstrukturgesetzes habe ein obligatorische Altersgrenze für Vertragsärzte eingeführt. Da die Klägerin zu dem im Gesetz vorgesehenen Stichtag 1. Januar 1999 das 68. Lebensjahr bereits vollendet habe und seit mehr als 20 Jahren als Vertragsärztin tätig gewesen sei, müsse der Widerspruch bei allem Verständnis für die individuelle Situation zurückgewiesen werden. Eine Fristverlängerung sei nur vorgesehen, wenn ein Vertragsarzt mit Ablauf des 31. Dezember 1998 weniger als 20 Jahre als Vertragsarzt tätig gewesen sei und bereits vor dem 1. Januar 1993 als Vertragsarzt zugelassen gewesen sei. Auch wenn das Verfahren vor dem Zulassungsausschuss mit Fehlern behaftet gewesen sei, sei eine andere Entscheidung wie die vom Zulassungsausschuss getroffene ausgeschlossen. Sie stehe in Übereinstimmung mit der Sach- und Rechtslage.

Bereits am 11. Dezember 1998 war beim Sozialgericht München ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung eingegangen, der mit Beschluss vom 4. März 1999 vom Sozialgericht München abgelehnt wurde. In dem Beschwerdeverfahren gegen diesen Beschluss übersandte die Beigeladene zu 1) einen Beschluss des Zulassungsausschusse Ärzte - Oberbayern - vom 16. Dezember 1998, dem zu entnehmen ist, dass die Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 30. Juli 1999 zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt worden war. In einem Erörterungstermin am 9. Juni 1999 erklärte die Vertreterin der Beigeladenen zu 1), dass der Vertragsarztsitz der Klägerin in O ... ausgeschrieben worden sei und die mündliche Verhandlung über die Nachfolgezulassung beim Zulassungsausschuss am 2. Juni 1999 stattgefunden habe. Als Nachfolgerin sei Frau Dr.B ... für die Praxis zugelassen worden. Diese werde die Tätigkeit ab 1. Juli 1999 übernehmen. Mit Bescheid vom 16. Juni 1999 ließ der Zulassungsausschuss Ärzte - Oberbayern - Frau Dr.B ... als praktische Ärztin in O ... zur Fortführung der ausgeschriebenen Praxis der Klägerin zu. Die Klägerin selbst hatte sich für Frau Dr.B ... als Praxisnachfolgerin eingesetzt. Mit Schreiben vom 12. November 1999 erklärte daraufhin der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Beschwerdeverfahren für erledigt.

Die gegen den Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 1998 erhobene Klage ging am 15. Januar 1999 beim Sozialgericht München ein. Zur Begründung der Klage wurde vorgetragen, der Klägerin stehe ein Anspruch auf Verlängerung ihrer kassenärztlichen Zulassung zu, da sie wegen ihrer Krankheitszeiten zum 1. Januar 1999 weniger als 20 Jahre lang als Vertragsärztin tätig gewesen sei und bereits vor dem 1. Januar 1993 zugelassen gewesen sei. Ob die Zulassung im Rahmen der gebundenen Entscheidung nach § 25 Abs.7 Satz 3 SGB V vom Zulassungsausschuss zu verlängern sei, hänge allein davon ab, ob die Klägerin als Vertragsärztin tatsächlich praktiziert habe, da der Wortlaut der zitierten Vorschrift allein auf das Tätigsein als Vertragsarzt abstelle. Die lediglich formelle Dauer der Zulassung sei insoweit unmaßgeblich. Der verfassungsmäßig garantierte Grundsatz der Verhältnissmäßigkeit und insbesondere der Vertrauensschutz geböten es, gerade diejenigen Ärzte zu schützen, die vor dem 1. Januar 1993 im Vertrauen auf eine zeitlich unbegrenzte Tätigkeit als Vertragsarzt hohe Investitionen getätigt hätten. Ohne die krankheitsbedingten Ausfallzeiten hätte die Kläger die Möglichkeit gehabt, die 20-jährige Tätigkeitsdauer als Vertragsärztin auch tatsächlich auszufüllen und wäre somit in der Lage gewesen, sich eine hinreichende Altersversorgung aufzubauen und die getätigten Investitionen zu erwirtschaften. Dass die Klägerin diese Zeit nicht gehabt habe, sei nicht im Bereich selbstverschuldeter, individueller Lebensplanung zuzuordnen, sondern allein auf die erheblichen Krankheitszeiten zurückzuführen. Dass der Praxisbetrieb während er krankheitsbedingten Ausfallzeiten der Klägerin durch Vertretungsärzte weitergeführt worden sei, ändere daran nichts. Zum Einen habe die Klägerin dadurch erhebliche Mehrkosten zu tragen gehabt, so dass der Praxisbetrieb zum Verlustgeschäft geworden und lediglich deshalb aufrecht erhalten worden sei, um den Patientenbestand zu erhalten. Während dieser Zeit sei die Möglichkeit der Klägerin erheblich eingeschränkt gewesen, sich genügend Mittel für ihre Altersversorgung und die Tilgung der bestehenden Verbindlichkeiten für die Praxis zu erwirtschaften. Die Tätigkeit eines Vertretungsarztes im Praxisbetrieb der Klägerin können deshalb nicht als eigenes Tätigsein der Klägerin im Sinne des § 95 Abs.7 Satz 3 SGB V zugerechnet werden. Die Klägerin habe ihre vertragsärztliche Tätigkeit im Mai 1978 begonnen. Verlängere man die 20 Jahresfrist um die Zeit, in der sie krankheitsbedingt nicht habe tätig sein können, also mindestens 2 1/2 Jahre, dann stehe der Klägerin ein Anspruch auf Verlängerung ihrer kassenärzlichen Zulassung mindestens bis zum 30. November 2000 zu.

Mit Urteil vom 4. März 1999 wies das Sozialgericht München die Klage ab. Es bestehe keine Veranlassung, die Verfassungsmäßigkeit der Altersbegrenzung in Frage zu stellen. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der vertragsärztlichen Tätigkeit über den 1. Januar 1999 hinaus, weil die Klägerin noch nicht 20 Jahre als Vertragsärztin tätig gewesen sei, lägen nicht vor. Es bestünden zwar keine Zweifel, dass die Klägerin tatsächlich durch Krankheitszeiten längere Zeit gehindert gewesen sei, persönlich eine vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben. Diese Zeiten seien jedoch bei der Berechnung der 20 Jahresfrist nicht herauszurechnen, da die Zulassung der Klägerin auch während der Krankheitszeiten unverändert fortbestanden habe. Stelle man allein auf das Tätigsein eines Vertragsarztes ab, müssten Urlaube, Krankheiten, Vertretungen oder ähnliches generell herausgerechnet werden. Abgesehen von den praktischen Schwierigkeiten würden damit die vom Gesetzgeber zwingend vorgeschriebene obligatorische Beendigung der vertragsärztlichen Zulassung mit Vollendung des 68. Lebensjahres in kaum überprüfbarer Art und Weise unterlaufen. Die 20-Jahresgarantie sei eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift für Altfälle. Die Auslegung könne nur zum dem Ergebnis führen, dass die Zeiten, in denen der Arzt persönlich seine Praxis führe und die, in denen er sie durch einen Vertreter weiter betreibe, insoweit rechtlich gleichzubehandeln seien. Diese Gleichstellung sei auch von ratio legis her geboten, da während der Tätigkeit eines Vertreters die Praxis zum einen weitergeführt werde und zum anderen die Abrechnung auch weiterhin über den Vertragsarzt und nicht durch den Vertreter erfolge. Damit sei der Praxisinhaber regelmäßig in der Lage, Rücklagen für seine Alterssicherung zu tätigen. Auch seien diese Zeiten in der Regel durchaus geeignet, der Amortisation der Praxis zu dienen. Wenn die Klägerin hierzu, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage gewesen sei, rechtfertige dies nicht eine so extensive Auslegung des Art.33 § 1 Satz 2 GSG wie von der Klägerin begehrt. Eine individuell ausgestaltete Härtefallregelung, die in Fällen wie den der Klägerin ein Abweichen von der Grundregel des § 95 Abs.7 SGB V ermöglichen würden, sei im Gesetz nicht enthalten. Anderes wäre es allenfalls, wenn die Klägerin während ihrer Krankheitszeiten ein Ruhen der Zulassung beantragt hätte, da während des Ruhens keinerlei Praxistätigkeit stattfinde.

Die gegen das am 21. April 1999 zugestellte Urteil eingelegte Berufung ging am 7. Mai 1999 beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zu ihrer Begründung wurde zunächst vorgetragen, die Klägerin begehre nach wie vor eine Verlängerung ihrer Zulassung als Vertragsärztin weil andernfalls ihr Recht auf freie Berufsausübung (Art.12 Grundgesetz) in unzumutbarer Weise beeinträchtigt werde. Im Übrigen werde auf das Vorbringen im Klageverfahren Bezug genommen.

Nach Durchführung des Erörterungstermins im Beschwerdeverfahren erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, es sei zutreffend, dass die Klägerin ihre Praxis durch Vertrag vom 27. Mai 1999 an Frau Dr.B ... verkauft habe, da die ihr erteilte Ermächtigung unwiderruflich bis zum 30. Juli 1999 befristet gewesen sei. Die Ablehnung der Verlängerung durch den Beklagten und das Sozialgericht München sei jedoch rechtswidrig. Die Klägerin beabsichtige deshalb, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Durch die Ablehnung habe sie Monat für Monat einen Verdienstausfall erlitten. Außerdem sei der Verkauf der Praxis unter Zeitdruck erfolgt, so dass nur ein wesentlich geringerer Kaufpreis habe erzielt werden können. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit durch das Landessozialgericht solle als Grundlage für den beabsichtigten Zivilprozess dienen. Damit sei ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung gegeben und der Übergang zum Feststellungsantrag zulässig.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 4. März 1999 festzustellen, dass der Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 1998 rechtwidrig ist.

Die Beigeladenen zu 1) mit 7) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 1) hält die Fortsetzungsfeststellungsklage bereits für unzulässig, da hierfür das allgemeine Rechtsschutzinteresse und zudem das notwendige besondere Feststellungsinteresse fehle. Der angefochtene Bescheid des Beklagten entspreche den gesetzlichen Vorgaben in § 1 des Art.33 GSG und sei somit rechtmäßig. Das Bundesverfassungsgericht und das Bundessozialgericht hätten bereits entschieden, dass die Vorschrift des Art.33 GSG verfassungsgemäß sei.

Dem Senat liegen zur Entscheidung die Verwaltungsakte des Zulassungsausschusses, die Verwaltungsakte des Berufungsausschusses, die Klageakte, Az.: S 33 KA 115/99, die Verfahrensakte für den vorläufigen Rechtsschutz, Az.: S 33 KA 2386/98 ER sowie die dazugehörige Beschwerdeakte L 12 B 140/99 KA ER und die Berufungsakte, Az.: L 12 KA 49/99 vor. Auf den Inhalt dieser Akten, insbesondere den der vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist auch statthaft (§ 143 SGG). Der Zulässigkeit der Berufung steht auch nicht entgegen, dass die Praxis der Klägerin zum 1. Juli 1999 von einer Praxisnachfolgerin übernommen wurde. Zwar hat sich der angefochtene Verwaltungsakt des Beklagten vom 18. Dezember 1998 durch die Zulassung einer Praxisnachfolgerin am Vertragsarztsitz der Klägerin erledigt, dadurch ist aber die für Rechtsmittel erforderliche Beschwer nicht entfallen. Für das Rechtsmittel eines Klägers genügt nach herrschender Meinung eine formelle Beschwer in dem Sinne, dass die vorinstanzliche Entscheidung seinem Begehren nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfang entsprochen hat (siehe auch SGB, SozR Nr.22 zu § 166 SGG und SozR 3-1500 § 54 Nr.40). Im Übrigen ist auch eine sogenannte materielle Beschwer gegeben, denn für solche Zulässigkeitsvoraussetzungen kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels an. Die Berufung ging am 7. Mai 1999 beim Bayer. Landessozialgericht ein, zu diesem Zeitpunkt war der Praxissitz der Klägerin noch nicht nach besetzt und sie war aufgrund der ihr erteilten Ermächtigung noch vertragsärztlich tätig. (siehe auch BSG, SozR 3-1500 § 54 Nr.40). Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist auch nach Erledigung des angefochtenen Verwaltungsaktes des Beklagten vom 18. November 1998, der allein Gegenstand des Klage -und Berufungsverfahrens ist (BSG, SozR 3- § 96 Nr.1), noch zulässig, denn die Klägerin hat gemäß § 131 Abs.1 Satz 3 SGG die bisher erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt und behauptet, sie beabsichtige, Schadensersatzklage zu erheben. Durch die angefochtene Ablehnung der Verlängerung ihre Zulassung als Vertragsärztin über den 1. Januar 1999 hinaus sei ihr ein Schaden entstanden, weil der Verkauf der Praxis unter Zeitdruck erfolgt sei, so dass nur ein wesentlich geringerer Kaufpreis habe erzielt werden können. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides des Beklagten solle ihr eine Grundlage für den Zivilprozess verschaffen (siehe Meyer-Ladewig, SGG, 6.Aufl., § 131 Rdnrn.9 f., 10c). Damit ist ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung gegeben und der Übergang zum Feststellungsantrag zulässig.

Die Klage ist jedoch auch mit dem Fortsetzungsfestellungsantrag unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Dezember 1998 ist rechtlich nicht zu beanstanden und das Sozialgericht hat deshalb mit seinem Urteil vom 4. März 1999 die Klage gegen diesen Bescheid zurecht abgewiesen. Die Begründung im Urteil des Sozialgerichts ist sowohl im Lösungsweg als auch inhaltlich zutreffend, so dass gemäß § 153 Abs.2 SGG in dem Urteil von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden kann.

Ergänzend ist zu dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Berufungsverfahren auszuführen: In Art.33 § 1 GSG ist bestimmt, dass die Zulassung eines Vertragsarztes, der am 1. Januar 1999 das 68. Lebensjahr vollendet hat, zu diesem Zeitpunkt endet, soweit der Arzt zuvor zumindest 20 Jahre vertragsärztlich tätig war. Die Zulassungsgremien sind in diesen Fällen wegen ihrer Bindung an geltendes Recht gehindert, den Zulassungsstatus der über 68-jährigen Ärzte über den 1. Januar 1999 hinaus zu verlängern. Unstreitig hat die am 6. Februar 1928 geborene Klägerin zum 1. Januar 1999 das 68. Lebensjahr bereits vollendet und sie war zu diesem Zeitpunkt auch bereits mehr als 20 Jahre als Vertragsarzt tätig gewesen. Die Kläger wurde mit Bescheid des Zulassungsausschusses für Ärzte - Oberbayern - vom 30. November 1977 als Vertragsärztin zugelassen und war verpflichtet ihre vertragsärztliche Tätigkeit in O ... spätestens drei Monate nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheides aufzunehmen. Nach ihren eigenen Angaben hat sie tatsächlich ihre vertragsärztliche Tätigkeit im Mai 1978 aufgenommen. Damit war sie zum 1. Januar 1999 mehr als 20 Jahre als Vertragsärztin tätig. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin für die Zeit vom 20. Februar 1981 bis 31. Dezember 1987 laut den Unterlagen ihrer privaten Krankenversicherung längere Zeit arbeitsunfähig war (einmal zwölf Monat und zwei Wochen, einmal vier Monate und zwei Wochen sowie dreimal zwei Monate und mehrere einmonatige bzw. vierzehntägige AU-Zeiten). Die Klägerin hat sich nach ihrem eigenen Vorbringen in diesen Arbeitsunfähigkeitszeiten stets von einem von der KV zu genehmigenden Vertreter vertreten lassen. Sie hat in diesen Zeiträumen aber die ärztlichen Leistungen, die sie krankheitsbedingt nicht selbst erbringen konnte und die durch einen genehmigten Vertreter erbracht wurden, selbst als Vertragsärztin mit der KV abgerechnet und deshalb selbst an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen. Nach dem damals geltenden § 368a Abs.5 und § 26 sowie § 32 Abs.1 der damals geltenden Zulassungsordnung-Ärzte wäre innerhalb von zwölf Monaten eine Vertretung wegen Krankheit nur bis zur Dauer von drei Monaten möglich gewesen. Wenn also die Klägerin tatsächlich krankheitsbedingt für einen längeren Zeitraum als drei Monate nicht in der Lage gewesen wäre, ihre vertragsärzliche Tätigkeit auszuüben, wäre sie verpflichtet gewesen, dies dem Zulassungsausschuss mitzuteilen und dieser hätte ein Ruhen der Zulassung anordnen müssen. Im Übrigen kann die Klägerin mit der Bescheinigung ihrer privaten Krankenkasse lediglich belegen, in den dort angegebenen Zeiten Krankengeld bezogen zu haben, nicht aber, dass sie tatsächlich gehindert war, ihre vertragsärztliche Tätigkeit (auch mit Hilfe eines Vertreters) auszuüben. Die Klägerin war somit für einen längeren Zeitraum als 20 Jahren als Vertragsärztin zugelassen.

Der Senat hat im Hinblick auf die bereits vom Sozialgericht zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 31. März 1998, SozR 3-2500 § 95 Nr.17) und des Bundessozialgerichts (Urteil vom 25. November 1998, SozR 3-2500 § 95 Nr.18) keine Bedenken, dass die Vorschrift über die Beendigung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit nach Vollendung des 68. Lebensjahres mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

Das BSG hat in seiner Entscheidung auch ausgeführt, dass für Ausnahmeregelungen, wie sie die Klägerin für sich anstrebt, das Gesetz auch unter Härtegesichtspunkten keinen Raum lässt. Das Fehlen einer allgemeinen Härteregelung bei der Altersgrenze stellt keine ausfüllungsfähige oder ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke dar, sondern entspricht der Absicht des Gesetzgebers. Das ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut der Vorschrift, der eine Ausnahme von der gesetzlichen Beendigung der Zulassung nur für solche Ärzte vorsieht, die vor dem maßgeblichen Stichtag noch nicht 20 Jahre vertragsärztlich tätig gewesen sind. Wenn der Gesetzgeber lediglich einen Ausnahmetatbestand regelt und darüberhinaus auf eine allgemeine Härteklausel verzichtet, ist die Folgerung zwingend, dass über den ausdrücklich geregelten Ausnahmetatbestand hinaus die gesetzliche Grundregel auf alle Betroffenen anzuwenden ist (BSG a.a.O. S.67). Da der Bescheid des Beklagten den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, kann die Berufung der Klägerin auch mit dem gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrag, die Rechtswidrigkeit dieses Bescheides festzustellen, keine Erfolg haben. Die Berufung ist deshalb zurückzuweisen.

Bei der Entscheidung über die Kosten gemäß § 193 SGG ist zu berücksichtigen, dass auch die Berufung der Klägerin ohne Erfolg bleibt.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind im Hinblick auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundessozialgerichtes nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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