L 4 KR 28/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 77/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 28/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30. November 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin bei der Beklagten Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) geworden ist.

Die am 1951 geborene Klägerin ist behindert (Hebephrenie) und steht unter Betreuung ihres Vaters. Sie war in den Jahren 1965 bis 1974 bei insgesamt acht Arbeitgebern beschäftigt, wobei die Arbeitsverhältnisse jeweils nur wenige Wochen dauerten. Vom 01.08.1970 bis 26.06.1978 war sie mit einem Postbeamten verheiratet und in der Postbeamtenkrankenkasse mitversichert. Seit 24.07.1978 ist sie über ihren Vater familienversichert, d.h. bis 31.12.1988 bestand für sie Anspruch auf Familienkrankenhilfe (§ 205 RVO). Seit 01.01.1989 ist die Klägerin nach § 10 SGB V bei der Beklagten versichert. Am 09.03.1992 hatte sie erfolgreich Rente beantragt, woraufhin ihr die Beklagte mit Bescheid vom 08.04.1992 mitgeteilt hatte, dass keine KVdR-Mitgliedschaft entstanden sei, weil die erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfüllt sei. Die hiergegen erhobenen Rechtsbehelfe bzw. -mittel blieben erfolglos.

Nachdem die LVA Oberfranken/Mittelfranken im Rentenstreitverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg anerkannt hatte, dass die Klägerin bereits seit 31.08.1965 erwerbsunfähig sei, was sich Versicherungszeiten nicht auswirkte, nahm der Betreuer der Klägerin dieses Anerkenntnis zum Anlass, mit Schreiben vom 30.07.1997 erneut die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung in der KVDR überprüfen zu lassen.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 09.10.1997 wegen fehlender Vorversicherungszeit weiterhin eine Mitgliedschaft ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.1998 abgewiesen. Als anrechenbare Vorversicherungszeiten seien lediglich 3 Jahre, 5 Monate und 23 Tage anzuerkennen.

Die hiergegen zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage wurde damit begründet, als Beginn der Rahmenfrist habe der Tag des Beginns der Familienversicherung zu gelten.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. November 1999 abgewiesen. Die Beklagte sei nicht gemäß § 44 Abs.2 SGB X verpflichtet, die Klägerin unter Aufhebung des Bescheides vom 08.04.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04. 1993 in die Krankenversicherung der Rentner aufzunehmen. Die Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs.1 Nr.11 SGB V oder Art.56 Abs.1 Satz 1 GRG in der bis zum 31.12. 1992 und ab 01.01.1993 jeweils geltenden Fassung. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung trägt der Bevollmächtigte der Klägerin vor, mit einer weiteren, bis jetzt nicht bekannten Versicherungszeit vom 01.08.1974 bis 19.09.1975 sei die Vorversicherungszeit erfüllt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.11.1999 und die Bescheide der Beklagten vom 19.08.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.1998 und vom 08.04.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.1993 aufzuheben und die Krankenversicherung der Rentner bei der Klägerin ab 09.03.1992 durchzuführen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Selbst wenn die vom Bevollmächtigten genannte Versicherungszeit vorliegen würde und im vollen Umfang angerechnet werden könnte, werde dennoch keine der beiden Alternativvorversicherungszeiten erfüllt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist unbegründet.

Das Sozialgericht und die Beklagte haben zutreffend festgestellt, dass die Klägerin nicht Mitglied in der Krankenversicherung der Rentner ist.

Nach § 5 Abs.1 Nr.11 SGB V sind Personen, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen und diese Rente beantragt haben, versicherungspflichtig. Die Klägerin bezieht seit 1992 Erwerbsunfähigkeitsrente. Dies reicht jedoch nicht aus für eine Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner, denn weitere Voraussetzung ist, dass in bestimmtem Umfang eine Vorversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden hat. Zum Umfang der geforderten Vorversicherung hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass für Rentner, die ihren Antrag zwischen dem 01.01.1989 und dem 31.12.1993 gestellt haben, Versicherungspflicht sowohl dann eintreten kann, wenn nach § 5 Abs.1 Nr.11 SGB V die 9/10-Belegung erfüllt ist. Ebenso werden sie versicherungspflichtig, wenn zwar nicht die 9/10-Belegung, jedoch die Halbbelegung nach früherem Recht erfüllt ist (Art.56 Abs.1, Abs.3 Halbsatz 1 GRG).

Bei der Klägerin ist weder die 9/10-Belegung noch die Halbbelegung gegeben. Die Klägerin hat, unabhängig davon, ob sie damals bereits erwerbsunfähig war, am 01.09.1965 eine Tätigkeit aufgenommen. Damit beginnt die Rahmenfrist an diesem Tag. Sie endet am Tag der Rentenantragstellung, nämlich am 09.03.1992. Die volle Rahmenfrist beläuft sich also auf 26 Jahre, 5 Monate und 29 Tage. Die zweite Hälfte der Rahmenfrist, beginnend am 10.12.1978, umfasst mehr als 13 Jahre. Mit den von der Klägerin zurückgelegten Versicherungszeiten von insgesamt 3 Jahren, 10 Monaten und 11 Tagen ist damit bei weitem weder die Halbbelegung noch die 9/10-Deckung erreicht. Der frühere Bevollmächtigte der Klägerin gibt zur Berufungsbegründung an, die Klägerin sei zusätzlich in der Zeit vom 01.08.1974 bis 19.09.1975 gesetzlich versichert gewesen. Die Berechnung allerdings, wie mit dieser zusätzlichen Zeit von einem Jahr und 19 Tagen 9/10 der zweiten Hälfte belegt sein sollen, ist nicht nachvollziehbar.

Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die LVA Oberfranken und Mittelfranken den Eintritt des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit bereits am 31.08.1965 anerkannt hat, kann keine Mitgliedschaft in der KVdR zustande kommen.

Die Klägerin hat, obwohl sie erwerbsunfähig war, eine Erwerbstätigkeit ausgeübt und war dabei versicherungspflichtig. Die nachträglich anerkannte Erwerbsunfähigkeit beseitigt nicht das Faktum der tatsächlichen Erwerbstätigkeit. Selbst wenn man jedoch unterstellte, die Klägerin hätte keine Erwerbstätigkeit aufgenommen, und sich darüber hinaus der Auffassung der Spitzenverbände der Krankenversicherung und Rentenversicherung (DOK 1992, 508) anschließen würde, dass dann als Beginn der Rahmenfrist entweder der Tag der Eheschließung oder, wenn eine Ehe nicht bestand, die Vollendung des 18. Lebensjahres als Beginn der Rahmenfrist gelten sollte, hätte die Klägerin während dieser Rahmenfristen die Halbbelegung nicht erfüllt (s. hierzu Peters in KassKomm, § 5 SGB V Rz.131). Der Tag der Eheschließung der Klägerin ist der 24.07.1970, während dieser Zeit hat die Klägerin 3 Jahre, 5 Monate und 23 Tage Vorversicherungszeit zurückgelegt. Dabei ist bereits die Zeit ab 01.01.1989 berücksichtigt, als die Klägerin gemäß § 10 SGB V über ihren Vater versichert war. Zutreffend wurden weder Zeiten der Ehe mit dem nicht pflichtversicherten Ehemann noch (gemäß der herrschenden Meinung s. Peters, a.a.O., Rz.135) Zeiten der Familienhilfe gemäß § 205 RVO berücksichtigt. Die Beklagte hat dann im Widerspruchsbescheid ausgeführt, dass die erforderliche Halbbelegung während der Rahmenfrist am 24.07.1970 bis 09.03.1992 insgesamt 10 Jahre, 9 Monate und 24 Tage beträgt. Nicht ausgerechnet hat sie die 9/10-Belegung gemäß § 5 Abs.1 Nr.11 SGB V. Es lässt sich jedoch aus den anrechenbaren Versicherungszeiten errechnen, dass auch diese Voraussetzung nicht erfüllt ist. In der zweiten Hälfte der Rahmenfrist sind lediglich Zeiten vom 01.01.1989 bis 09.03.1992, also 3 Jahre, 3 Monate und 9 Tage vorhanden. Dies sind nicht 9/10 des Zeitraums.

Die Klägerin sei darauf hingewiesen, dass sie nach Beendigung der Familienversicherung die Möglichkeit hat, gemäß § 9 Abs.1 Nr.2 SGB V freiwillig der Versicherung beizutreten. Der Beitritt ist innerhalb von 3 Monaten anzuzeigen (§ 9 Abs.2 SGB V).

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Unterliegen der Klägerin.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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