L 4 KR 55/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 361/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 55/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Beitragszahlung
2. Zur Verwirkung.
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Januar 1998 und der ihm zugrunde liegende Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 1995 in der Fassung des Abänderungsbescheides vom 24. Juni 1996, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. November 1996, dahin abgeändert, dass der Kläger zur Tragung von Beiträgen aus den Monatszahlungen der H ...-AG für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis einschließlich 30. September 1994 nicht verpflichtet ist.
II. Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Beitragszahlung aus Versorgungsbezügen für die Zeit vom 01.01.1991 bis 31.07.1996 zur gesetzlichen Krankenversicherung und für die Zeit vom 01.01.1995 bis 31.07.1996 zur Pflegeversicherung.

Der am ...1941 geborene Kläger ist seit 01.01.1972 Mitglied der Beklagten und seit 01.10.1985 in der Krankenversicherung der Rentner versichert. Er war bis zu seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben Geschäftsführer der ... Bayern.

Der Kläger schloss am 19.03.1984 mit der ... - mbH Hamburg - einen Dienstvertrag über seine Bestellung als Geschäftsführer für die Zeit vom 01.04.1984 bis 31.03.1989. § 10 des Vertrages lautete: "Nach Maßgabe und im Umfang der jeweils geltenden Pensionsvereinbarung haben der Geschäftsführer Anspruch auf Pension und seine Hinterbliebenen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung. Die vom Geschäftsführer für ..., mbH verbrachte Dienstzeit vom 01.02.1969 bis 31.03.1984 wird als pensionsfähige Vordienstzeit gemäß § 6 Abs.2 Pensionsvereinbarung angerechnet. Die Wartezeit gemäß § 3 Pensionsvereinbarung ist somit bereits erfüllt."

Der Kläger erlitt im April 1984 einen Verkehrsunfall, der zu einer Querschnittslähmung führte. Auf den im Juli 1985 gestellten Rentenantrag bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gewährte der Versicherungsträger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.10.1985.

Am 13.09.1985 schloss der Kläger mit der ... gesellschaft mbH - eine Vereinbarung, wonach das bestehende Dienstverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen auf Veranlassung des Arbeitgebers mit Wirkung zum 30.09.1985 beendet wurde. Der Kläger legte zu diesem Zeitpunkt seine Funktion als Geschäftsführer nieder. Der Vertrag erhielt noch folgende Regelungen: "2. Herr ... erhält für den Verlust des Arbeitsplatzes und zur teilweisen Abgeltung seiner Pensionsanwartschaft eine Abfindung in Höhe von 180.000,00 DM, davon 24.000,00 DM brutto für netto. Der steuerpflichtige Teil der Abfindung wird ab dem 01.10.1985 Herrn ... zu dem von ihm gewünschten Zeitpunkt nach Abzug der Steuern ausgezahlt. Der steuerfreie Betrag ist zum 01.10.1985 fällig.

3. Zwischen den Beteiligten wird folgende Pensionsregelung vereinbart: a) Die ...AG zahlt ab 01.10.1985 an Herrn ... eine Rente von monatlich 2.000,00 DM bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres. Ein eventueller Hinzuverdienst des Herrn ... wird auf diese Rente nicht angerechnet. b) Diese Rente wird entsprechend den Regeln des § 14 der Pensionsvereinbarung - in seiner jeweils gültigen Fassung - dynamisiert. c) Im Falle des vorzeitigen Ablebens des Herrn ... erhält seine jetzige Ehefrau eine Witwenrente in Höhe von 60 % längstens bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Herr ... das 55. Lebensjahr vollendet hätte. d) Mit dieser Pensionsregelung treten die bisherigen Vereinbarungen über die Pensionsgewährung außer Kraft.

4. Die für September 1985 gezahlten 3.000,00 DM als Vorschuss zur Invaliditätsrente bleiben von dieser Vereinbarung unberührt und werden nicht zurückgefordert.

...

6. Mit dieser Vereinbarung sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten."

Die Beklagte erließ am 11.05.1989 den bindend gewordenen Bescheid, mit dem sie die von der ... AG gemeldeten monatlichen Zahlungen in Höhe von 2.000,00 DM ab 01.10.1985 als Versorgungsbezüge der Beitragspflicht in der Krankenversicherung der Rentner unterwarf, und verlangte für die Zeit vom 01.10.1985 bis 31.05. 1989 Beiträge von insgesamt 5.354,20 DM. Die Beiträge wurden zunächst nicht gezahlt.

Der damalige Klägerbevollmächtigte und die ... AG teilten mit den Schreiben vom 05.06. und 19.10.1989 der Beklagten mit, die monatlich gezahlte Rente in Höhe von 2.000,00 DM brutto solle nicht dazu dienen, die Versorgung nach dem Ausscheiden aus dem Beruf oder dem Erwerbsleben zu sichern. Sie solle vielmehr den Übergang in einen anderen Beruf erleichtern. Nach den Angaben des Klägers erfolgten diese Mitteilungen auf Veranlassung der Beklagten.

Etwa fünf Jahre später erkundigte sich die Beklagte mit Schreiben vom 14.09.1994 nach den Zahlungen der ...AG. Die Beklagte teilte am 14.02.1995 der H ...-AG (Rechtsnachfolgerin der ... AG) und dem Kläger mit, die auf der Grundlage der Vereinbarung vom 30.09. 1985 gewährten laufenden monatlichen Zahlungen seien beitragspflichtige Versorgungsbezüge. Es ergebe sich eine Nachforderung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen unter Beachtung der Verjährungsvorschrift ab 01.01.1991. Die H ... -AG widersprach der Auffassung der Beklagten mit Schreiben vom 07.03.1995. Der Kläger legte am 08.04.1995 eine Bestätigung seines früheren Bevollmächtigten vor, der in der sogenannten "Pensionsregelung" vom 13.09.1985 eine Abfindungsregelung sah. In der Folgezeit erinnerte die Beklagte die H ...-AG an die Zahlung der Beiträge; der Kläger erteilte der Gesellschaft daraufhin ein Zahlungsverbot.

Die Beklagte erließ am 27.07.1995 einen an den Kläger gerichteten Bescheid bezüglich der Beitragstragung, in dem sie die monatlichen Bezüge aus der Vereinbarung vom 13.09.1985 als Versorgungsbezüge bezeichnete, der Beitragspflicht unterwarf und ab 01.01.1991 die Beitragszahlung forderte.

Der Kläger machte mit dem Widerspruch vom 30.08.1995 geltend, die Vergütung aus der Vereinbarung vom 13.09.1985 sei keine beitragspflichtige Einnahme, da es sich hierbei um die Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gehandelt habe. Mit Schreiben vom gleichen Tage beantragte er beim Sozialgericht München (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Aussetzung des Vollzugs des Bescheides vom 27.07.1995 (vgl. Az.: S 3 Vr 104/95 Kr).

Die Beklagte hörte am 12.09.1995 die H ...-AG zur Beitragszahlungspflicht an, die dagegen am 28.09.1995 Widerspruch einlegte und gleichfalls die Aussetzung der Vollziehung beantragte.

Die Beklagte erläuterte mit dem weiteren Schreiben vom 25.10. 1985 der H ...-AG ein weiteres Mal ihre Rechtsauffassung - auch hiergegen legte die Gesellschaft Widerspruch ein - und erließ am 02.05. 1996 gegenüber der H ...-AG einen Beitragsbescheid, mit dem sie die Zahlung der Beiträge für die Zeit vom 01.01.1993 bis 30.04.1996 aus Versorgungsbezügen in Höhe von 13.153,90 DM forderte. Dagegen legte die Gesellschaft erneut Widerspruch ein.

Bereits am 29.04.1996 hatte der Kläger Untätigkeitsklage beim SG erhoben (S 2 Kr 142/96).

Nach nochmaliger Erläuterung der Rechtsauffassung mit Schreiben vom 23.05.1996 gewährte die Beklagte mit Schreiben vom 20.06. 1996 der H ...-AG Aussetzung der sofortigen Vollstreckung bis zum Abschluss des Vorverfahrens in der Angelegenheit des Klägers. Zugleich korrigierte sie die Beitragssumme auf 9.456,10 DM.

Die Beklagte teilte mit Bescheid vom 24.06.1996 dem Kläger gleichfalls den geänderten Nachforderungsbetrag mit und wies mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.1996 den Widerspruch des Klägers zurück.

Der Kläger hat hiergegen am 21.11.1996 Klage beim SG erhoben. Die Beklagte hat mit dem weiteren, an den Kläger gerichteten Bescheid vom 19.12.1996 die Nachentrichtung von Krankenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.05.1996 bis 31.07.1996 aus den Versorgungsbezügen in Höhe von insgesamt 498,54 DM sowie für die Zeit vom 01.01.1995 bis 31.07.1996 Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 480,42 DM gefordert.

Der Kläger hat am 31.01.1996 den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz und am 03.01.1997 die Untätigkeitsklage zurückgenommen.

Die H ...-AG hat am 14.01.1997 einen Betrag in Höhe von 10.435,06 DM gezahlt.

Das SG hat mit Urteil vom 29.01.1998 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die monatliche Zahlung aus der Vereinbarung des Klägers mit dem ehemaligen Arbeitgeber vom 13.09.1985 stelle eine beitragspflichtige Einnahme dar. Die Beitragsforderung der Beklagten sei weder verjährt noch verwirkt. Die streitige Zahlung an den Kläger sei eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung, da mit ihr ein Versorgungszweck verfolgt werde, wenn der Versorgungsanspruch durch ein biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst werde und die Leistung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses zugesagt worden sei. Es handele sich nicht um eine Abfindungsregelung.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 03.04.1998, mit der er weiterhin geltend macht, die am 13.09.1985 getroffene Vereinbarung habe eine Abfindung für den Wegfall des Arbeitsplatzes sowie eine Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes bezweckt. Sie stelle keinen Ersatz für die Pensionsvereinbarung dar. In der mündlichen Verhandlung einigten die Beteiligten sich, dass die Beitragsforderung zur Pflegeversicherung sich nach der rechtskräftigen Entscheidung über die Beitragsforderung zur gesetzlichen Krankenversicherung richten solle.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.01.1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.07.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.11.1996 und den Bescheid vom 19.12.1996 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -); der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 1.000,00 DM (§ 144 Abs.1 Satz 1 Nr.1 SGG). Es handelt sich um eine Klage, mit der der Kläger mit berechtigtem Interesse die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, d.h. der Tragung von Beiträgen, begehrt (§ 55 Abs.1 Nr.1 SGG).

Da es hier um die Tragung von Beiträgen geht, war die Zahlstelle am Rechtsstreit nicht zu beteiligen (Bundessozialgericht (BSG) vom 06.02.1992 SozR 3-2500 § 229 Nr.1).

Die Berufung ist überwiegend begründet.

Das angefochtene Urteil war abzuändern. Die monatlichen Zahlungen aufgrund des Vertrages vom 13.09.1985 an den Kläger unterlagen zwar der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, diese Beitragsforderung ist aber bis 30.09.1994 verwirkt.

Die Zuständigkeit für die Beitragszahlung aus Versorgungsbezügen regelt § 256 Sozialgesetzbuch V (SGB V). Nach Abs.1 dieser Vorschrift haben für Versicherungspflichtige, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, die Zahlstellen der Versorgungsbezüge die Beiträge aus Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse zu zahlen. § 256 Abs.2 Satz 1 SGB V verweist auf § 255 Abs.2 Satz 1 und 2 SGB V. Ist danach bei der Zahlung der Rente die Einbehaltung von Beiträgen nach Abs.1 unterblieben, sind die rückständigen Beiträge durch den Träger der Rentenversicherung aus der weiterhin zu zahlenden Rente einzubehalten. Davon ist die Tragung der Beiträge zu unterscheiden, wozu gemäß § 250 Abs.1 Nr.1 SGB V das Mitglied verpflichtet ist.

Die streitigen monatlichen Zahlungen der ... gesellschaft mbH bzw. der H ...-AG unterliegen der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 229 Abs.1 Satz 1 Nr.5 SGB V).

§ 229 Abs.1 Satz 1 SGB V enthält eine Aufzählung von Einkommensarten, die aufgrund ihrer Einkommens- bzw. Unterhaltsersatzfunktion mit den Einnahmen aus einer Rente vergleichbar sind. Es handelt sich um Leistungen, die wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Die Bezüge müssen daher die Funktionen der entsprechenden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen, d.h. bei Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit und im Alter Einkommensersatzfunktion sowie bei der Hinterbliebenenversorgung Unterhaltsersatzfunktion haben. Es ist nicht erforderlich, dass derartige Ansprüche durch Beitragszahlung erworben werden. Auch kann auf der Leistungsseite die konkrete Einkommensbezogenheit in Einzelheiten fehlen und nur noch in allgemeiner Form, d.h. durch Zahlung einkommensunabhängiger Pauschalbeträge, jedoch mit Einkommensersatzfunktion, gewahrt sein (KassKomm-Peters, § 229, Rdnr.5). Schon aus diesem Grunde ist der Einwand des Klägers unbeachtlich, die streitigen Leistungen seien eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Denn auch diese Leistungsfunktion ist, wenn sie die einzige der Vereinbarung vom 13.09.1985 gewesen wäre, der Einkommensersatzfunktion zuzurechnen. Dem Kläger ist durch den Verlust des Arbeitsplatzes, aus welchen Gründen auch immer, ein Einkommensverlust entstanden.

Es handelt sich bei den streitigen monatlichen Zahlungen um Renten der betrieblichen Altersversorgung gemäß § 229 Abs.1 Satz 1 Nr.5 SGB V (früher § 180 Abs.8 Satz 2 Nr.5 Reichsversicherungsordnung). Das BSG hat in zahlreichen Entscheidungen dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen betriebliche Leistungen den Versorgungsbezügen zuzurechnen sind. Es sind danach verschiedene Formen des Erwerbs eines Versorgungsanspruches oder auch der Zahlung der Versorgungsbezüge zulässig, wenn die Leistungen z.B. aus Beiträgen der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers zusammen finanziert werden. Die Versorgungsbezüge können in einem konstanten Pensionsanspruch bestehen. Beitragspflichtig sind auch Renten aus Lebensversicherungsverträgen, die der Arbeitgeber aus Anlass des Beschäftigungsverhältnisses für den Arbeitnehmer abgeschlossen hat (vgl. KassKomm-Peters a.a.O., Rdnr.12 mwN auf die höchstrichterliche Rechtsprechung).

Das BSG hat eine Rente der betrieblichen Altersversorgung als Versorgungsbezug auch dann als beitragspflichtig qualifiziert, wenn sie auf einem Sozialplan beruht, der Leistungen für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Betrieb vorsieht (BSG vom 26.03.1996 SozR 3-2500 § 229 Nr.12). Es hat hierin entschieden, dass Renten, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des BetrAVG darstellen, stets als Versorgungsbezüge beitragspflichtig sind. Die Zwecke, die die Beteiligten bei der Vereinbarung einer solchen Leistung verfolgen, sind für deren Beitragspflicht unerheblich. Entscheidend ist allein, dass die objektiven Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung vorliegen. Unabhängig davon können auch andere Leistungen, die eine Einkommensersatz- bzw. Unterhaltsersatzfunktion haben, Versorgungsbezüge sein.

In einer früheren Entscheidung hatte das BSG für Recht erkannt, dass zu den beitragspflichtigen Versorgungsbezügen auch eine Rente der betrieblichen Altersversorgung gehört, die den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters ersetzt (BSG vom 10.03.1994, SozR 3-2500 § 229 Nr.3).

Diese Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall gleichfalls anzuwenden. Denn auch der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ist eine Ausgleichsleistung für die dem Unternehmen entstandenen wirtschaftlichen Vorteile aufgrund der Tätigkeit eines anderen (vgl. Baumbach/Duden/Hopt, HGB, § 89 b, Anm.1).

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die allein streitigen monatlichen Leistungen aus der Vereinbarung vom 13.09.1985 an den Kläger überwiegend eine Einkommens- und Unterhaltsersatzfunktion haben und auch den Erfolg der Tätigkeit des Klägers für den früheren Arbeitgeber berücksichtigen. Soweit sie, wie der Kläger geltend macht, auch den Verlust des Arbeitsplatzes ausgleichen sollen, steht dieser Zweck der Beitragspflicht zwar nicht entgegen. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung in Nr.2 hat die einmalige Zahlung in Höhe von 180.000,00 DM bezweckt, den Verlust des Arbeitsplatzes auszugleichen und die Pensionsanwartschaft teilweise abzugelten. Die Beklagte hat aber diese Leistung der Beitragspflicht nicht unterworfen.

Die Nr.3 der Vereinbarung enthält eine Pensionsregelung. Da die Beteiligten der Vereinbarung in Nr.2 zwischen dem Verlust des Arbeitsplatzes und einer Pensionsregelung unterschieden haben, muss davon ausgegangen werden, dass sie in Nr.3 der Vereinbarung eine Pensionsregelung wirklich gemeint haben. Für die Eigenschaft dieser monatlichen Zahlung als Versorgungsbezug spricht ferner die Verweisung auf § 14 der Pensionsvereinbarung, wonach die monatlichen Zahlungen in der Höhe dynamisiert sind. Es heißt hierin, dass alle Pensionen, die nach dieser Pensionsvereinbarung gezahlt werden, jährlich zum Oktober angepasst werden, wobei die Anpassung nach der Maßgabe der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindexes eines Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushaltes erfolgt. Ferner ist zu berücksichtigen, dass mit dieser Vereinbarung alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten worden sind. Gerade daraus ergibt sich der enge Bezug zu der früheren Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer. Schließlich hat die Vereinbarung auch eine Unterhaltsersatzfunktion, da sie der Ehefrau des Klägers bei seinem vorzeitigen Ableben eine Witwenrente zugesagt hat.

Die Beklagte hat auch die Verjährungsregelung des § 25 Abs.1 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) beachtet, wonach Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähren, in dem sie fällig geworden sind.

Die Beitragsforderung der Beklagten ist jedoch verwirkt in der Zeit von Januar 1991 bis September 1994. Verwirkung setzt voraus, dass ein Sozialversicherungsträger einen Beitrag über einen längeren Zeitraum hinweg nicht geltend gemacht hat und besondere Umstände hinzutreten, die ein späteres Geltendmachen nach Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch) als missbräuchlich erscheinen lassen (BSG vom 30.11.1978 BSGE 47, 194; KassKomm-Seewald, § 25 SGB IV, Rdnr.12). Solche die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BSG a.a.O.). Zwar ist der Beitragsbescheid vom 11.05.1989 bindend geworden. Die Beklagte hat aber die Beitragsforderung nicht weiter verfolgt. Der Kläger, der damals mit der Beklagten wegen der Beitragspflicht in Verhandlungen stand, durfte darauf vertrauen, dass die Beklagte die Angelegenheit auf sich beruhen lässt. Er durfte aufgrund dieses Verhaltens der Beklagten annehmen, dass die Angelegenheit bereinigt ist. Der Senat hält das Vorbringen des Klägers, wonach die "Bestätigung" über den Abfindungscharakter der Zahlungen in den beiden Schreiben vom 05.06. und 19.10.1989 auf Veranlassung der Beklagten erfolgt sei, für glaubwürdig. Offensichtlich hat die Beklagte diese dann als ausreichend erachtet, von ihrer bisherigen Forderung abzusehen bzw. den Einwänden des Klägers stattzugeben. Die Beklagte hat erst nach über fünf Jahren die Beitragssache wieder aufgegriffen, so dass das verspätete Geltendmachen der Beitragsforderung unter diesen besonderen Umständen als treuwidrig zu werten ist, d.h. wegen Verwirkung nicht zur Zahlung verpflichtet.

Für die Zeit nach September 1994 verbleibt es bei der von der Beklagten festgestellten Beitragsforderung, da die Beklagte im September 1999 die Beitragsangelegenheit wieder aufgegriffen und dem Kläger insoweit Vertrauensschutz nicht mehr zugestanden hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs.1 Nr.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved