L 4 KR 58/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 202/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 58/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 23. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte verpflichtet ist, Kosten zu erstatten, die durch die Operation des Beigeladenen J. S. im Krankenhaus der Klägerin entstanden sind.

Die Klägerin hat sich mit Fax vom 05.08.1999 an die Beklagte gewandt und mitgeteilt, sie habe bei dem am 08.10.1925 geborenen Beigeladenen J. S. am 05.08.1999 notfallmäßig eine Operation durchgeführt, nachdem die behandelnden Vertragsärzte eine notwendige und dringliche Herzoperation diagnostiziert hatten und den Beigeladenen im Hause der Klägerin angemeldet hatten. Der Beigeladene hat am 04.08.1999 eine Abtretungserklärung unterschrieben, worin er sowohl seinen Kostenerstattungsanspruch als auch sämtliche sonstigen Ansprüche aus Anlass des Behandlungsverhältnisses bei der Klägerin an die Klägerin abtrat. Die Erklärung enthält den Hinweis, das H. GmbH sei kein Vertragskrankenhaus. Die Kostenübernahme durch die Krankenversicherung sei daher an eine Einzelfallentscheidung des Versicherers gebunden.

Die Beklagte hat mit Bescheiden vom 09.08.1999 dem Beigeladenen und der Klägerin gegenüber eine Kostenübernahme abgelehnt. Da es sich um kein zugelassenes Vertragskrankenhaus handele, sei die Übernahme der stationären Behandlungskosten ausgeschlossen.

Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein, ebenso die Stieftochter des Beigeladenen. Diese gab an, die Einweisung des Beigeladenen sei nicht auf dessen Wunsch, sondern vom Kreiskrankenhaus A. vorgenommen worden. Der Stationsarzt und Prof. S. hätten angegeben, die Kostenfrage sei geklärt. Ihr Vater sei darüber aufgeklärt worden, dass das H. kein zugelassenes Krankenhaus nach dem SGB V sei. Er habe keine Erklärung unterschrieben, nach der er als Privatpatient aufgenommen wurde. Unterschrieben habe er nur die Abtretungserklärung.

Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.1999 zurückgewiesen. Es sei der Beklagten aus rechtlichen Gründen verwehrt, die Kosten einer stationären Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus zu übernehmen. Ein Notfall habe nicht vorgelegen. Es habe sich um eine geplante Operation gehandelt, welche ohne Wartezeit in den zugelassenen herzchirurgischen Einrichtungen in Bayern hätte durchgeführt werden können.

Die Klägerin erhob "fristwahrend" Klage zum Sozialgericht Landshut. Die Klage wurde nicht begründet. Die Beklagte begründete ihren Klageabweisungsantrag u.a. damit, ein Notfall sei unwahrscheinlich. Zum einen hätte die Einweisung vom Kreiskrankenhaus A. dann nicht nach Ingolstadt erfolgen dürfen, weil das Herzzentrum R. fast 30 km näher lag. Auch Münchner Krankenhäuser wären schneller zu erreichen gewesen. Gegen einen Notfall spreche auch, dass der Versicherte einen Tag vor der Operation eine Abtretungserklärung zugunsten der Klägerin unterschrieben habe.

Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2002 abgewiesen. Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs.3 SGB V seien nicht gegeben. Über die am 05.08.1999 im Herzzentrum durchgeführte Operation sei die Beklagte erst am 06.08. 1999 informiert worden, eine rechtswidrige Leistungsablehnung scheide schon aus diesem Grund aus. Ein Notfall habe nicht vorgelegen. Auf die Frage, ob die vorgelegte Abtretungserklärung rechtliche Wirksamkeit entfalte, komme es deshalb nicht mehr an.

Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung, die ebenfalls nicht begründet wurde. Auf Anfrage des Senats lässt der Beigeladene erklären, er habe von der Klägerin keine Rechnung erhalten. Der Vertreter der Klägerin legt die an die Beklagte gerichtete Rechnung vom 23.08.1999 vor, mit der DM 23.707,17 gefordert werden.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut und den zugrunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 09.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, DM 23.707,17 an Operations- und Behandlungskosten für den Beigeladenen zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihren Vortrag in der ersten Instanz.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der bei- gezogenen Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat zutreffend festgestellt, dass ein Kostenerstattungsanspruch nicht gegeben ist. Ein Notfall lag nicht vor.

Grundsätzlich dürfen Krankenkassen Krankenhausbehandlung für ihre Versicherten nur in zugelassenen Krankenhäusern erbringen (§ 108 SGB V). Beim Krankenhaus der Klägerin handelte es sich nicht um ein zugelassenes Krankenhaus, dies ist unbestritten. Nur bei Vorliegen eines Notfalles richtet sich der Vergütungsanspruch des Krankenhauses dann gegen die Krankenkasse (s. BSG Urteil vom 09.10.2001, SozR 3-2500 § 13 Nr.25). Die Notfallbehandlung eines Kassenpatienten durch ein nicht zugelassenes Krankenhaus erfolgt nämlich als Sachleistung zu Lasten der Krankenversicherung. Ein Notfall im Sinne des § 76 Abs.1 SGB V liegt dann vor, wenn eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein an der Versorgung teilnahmeberechtigter Arzt nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Dies ist vor allem der Fall, wenn ohne eine sofortige Behandlung durch einen Nichtvertragsarzt Gefahren für Leib und Leben entstehen oder heftige Schmerzen unzumutbar lange andauern würden (Hess, KassKomm Rdz.12 zu § 76 SGB V mwN). Im Fall des Beigeladenen ist ein Notfall bereits deshalb nicht anzunehmen, weil sich der Beigeladene am 04.08.1999 im Kreiskrankenhaus A. , einem zugelassenen Krankenhaus befunden hat. Er war transportfähig. Zugelassene Krankenhäuser, wie z.B. das Herzzentrum Regensburg oder die Münchner Krankenhäuser, wären schneller zu erreichen gewesen. Es bestand somit keinerlei Notwendigkeit, den Kläger zur Operation von A. nach Ingolstadt zu transportieren. Die Operation fand im Übrigen erst am 05.08.1999 statt, nachdem der Beigeladene aus gesundheitlichen Gründen auch nicht gehindert war, eine Abtretungserklärung zugunsten der Klägerin zu unterschreiben. Ein eigener Leistungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten ist nicht zustande gekommen.

Auch aus der Abretungserklärung kann die Klägerin keine Rechte herleiten. Unabhängig davon, dass gemäß § 53 Abs.2 SGB I Ansprüche auf Geldleistungen nur übertragen und verpfändet werden können zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind, oder wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im wohl verstandenen Interesse des Berechtigten liegt, eine Abtretung im vorliegenden Fall also nicht zulässig wäre, fehlt ein Anspruch, der abzutreten wäre. Dem Beigeladenen ist nämlich kein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs.3 SGB V gegenüber der Beklagten entstanden. Nach § 13 Abs.3 SGB V sind Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Da die Klägerin dem Beigeladenen keine Rechnung gestellt hat, sind ihm keine Kosten entstanden. Aber auch wenn solche noch erwachsen könnten, wäre kein Freistellungsanspruch entstanden (dazu BSG vom 09.10.2001 a.a.O.), denn die Beklagte hat sich nie geweigert, die für notwendig erachtete Behandlung durchzuführen und hat sie auch nicht verzögert oder anderweitig die Inanspruchnahme der Privatklinik herbeigeführt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 193, 197 a SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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