L 5 RJ 110/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 14 Ar 1187/93
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 110/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen für die Einstufung in die Leistungsgruppe 1 der Landwirtschaft nach Anlage 1 zu § 22 Fremdrentengesetz.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Juli 1994 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 4. Februar 1998 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger ein höheres Altersruhegeld unter Anerkennung einer Lehrzeit als Versicherungszeit sowie im Wege des § 44 des Sozialgesetzbuches, Zehntes Buch (SGB X), eine höhere Einstufung von Beitragszeiten zusteht.

Der am ...1920 in Billed (Rumänien) geborene Kläger, Heimkehrer im Sinne des § 1 Abs. 1 HkG wegen Kriegsgefangenschaft in der ehemaligen Sowjetunion, ist am 25.05.1990 in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Nach seinen Angaben im Antrag vom 20.06.1990 war er mit der Herstellung und Reparatur von Planwägen bei seinem Vater (21.06.1935 - 19.02.1942) beschäftigt, als Soldat bei der rumänischen Armee (20.02.1942 - 10.10. 1942), bei der deutschen Wehrmacht (17.10.1942 - 23.04.1945), in russischer Gefangenschaft (23.04.1945 - 24.11.1946), weiterhin tätig als Landarbeiter (01.12.1946 - 31.12.1953), Gruppenchef (1954 - 1976), als Hilfslagerverwalter (1977 - 1979), als delegierter Warenübergeber (1980 - 1981), als selbständiger Gärtner (01.01.1982 - 31.12.1984) sowie als Gruppenchef bei der Saatgutreinigung (01.01.1985 - 31.12.1985). Seit 01.01.1986 bezieht er Rente in Rumänien.

Mit Bescheid vom 20.11.1990 gewährte die Beklagte ab 25.05.1990 (Zuzug) Altersruhegeld (Zahlbetrag ab 01.01.1991: 247,57 DM), ohne die Zeit von 21.06.1935 - 19.02.1942 als Beschäftigungszeit anzuerkennen. Auf den Widerspruch stellte die Beklagte die Rente mit Bescheid vom 17.01.1991 neu fest (Zahlbetrag ab 01.03.1991: 1052,07 DM), im übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen: Die Zeit von 1954 bis 1985 sei nicht der Leistungsgruppe 1 für den Bereich der Landwirtschaft zuzuordnen, der Lehrgang von 6 Monaten im Jahr 1954 gemäß Bescheinigung vom 09.06.1991 begründe nicht den Status als Facharbeiter. Die ungekürzte Anrechnung des Zeitraums vom 01.12.1946 bis 31.12.1953 komme nicht in Betracht (Widerspruchsbescheid vom 24.01.1992 ).

Mit Schreiben vom 08.02.1992 an das Sozialgericht München (Az: S 1 Ar 131/92), bestätigt am 13.08.1992, begehrte der Kläger, die streitigen Zeiten nach § 44 SGB X voll zu überprüfen. Wie der Bescheinigung (Adeverinta) vom 21.03.1990 zu entnehmen sei, habe er im landwirtschaftlichen Staatsgut als Gruppenführer (1954 ff), als Lagerverwaltergehilfe (ab 1977), als Beauftragter einer Übernahmestation (ab 1980-1981) sowie im Jahr 1985 als Leiter des Sektors Getreideauswahl und - behandlung 29 Jahre gearbeitet. Er sei daher ab 1954 in Leistungsgruppe 1 der Arbeiter in der Landwirtschaft bzw. von 1977 - 1981 in Leistungsgruppe 4, männliche Angestellte, einzustufen. Das SG hat die Schreiben zur weiteren Bearbeitung an die Beklagte weitergeleitet. Mit Bescheid vom 03.09.1992 wurde die Rente nach Mindesteinkommen unter Berücksichtigung eines Zuschlages (ab 01.01. 1992: 1218,28 DM) neu berechnet.

Durch Bescheid vom 16.09.1992 lehnte die Beklagte den Antrag ab, die Bescheide vom 17.01.1991 und 24.01.1992 zurückzunehmen. Die Voraussetzungen für die Einstufung in die Leistungsgruppe 1 der Landwirtschaft nach Anlage 1 zu § 22 Fremdrentengesetz (FRG) lägen nicht vor. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Zeitraum (1954 bis 1985) sei unter Auswertung der vorliegenden Angaben zutreffend der Leistungsgruppe L 2 zugeordnet (Widerspruchsbescheid vom 17.09.1993).

Mit Klage vor dem Sozialgericht München (SG) hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt: Er habe eine Ausbildung im Betrieb seines Vaters als Wagner abgeschlossen, habe ab 1938 bis 1942 weitergearbeitet und in der Landwirtschaft der Eltern mitgeholfen. Er sei 7 Jahre auf dem Staatsgut als Landarbeiter beschäftigt gewesen und habe sich mit einem Kurs von 6 Monaten als Gruppenleiter weiter qualifiziert. Von 1954 bis 1976 habe er wie ein Vorarbeiter eine ihm unterstellte Arbeitsgruppe angeleitet und überwacht. Von 1977 bis Dezember 1981 sei er überwiegend aufsichtsführend tätig gewesen, im Jahr 1985 als Bereichsleiter für die Saatgutreinigung.

Mit Urteil vom 21.07.1994 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger sei als herausgehobener Landarbeiter von 1954 bis 1985 tätig gewesen, erfülle aber bei Berücksichtigung seines Vortrages in der mündlichen Verhandlung nicht die Voraussetzungen für die Einstufung in höhere Leistungsgruppen (L 1, Landwirtschaft, bzw. B 4, Angestellte).

Gegen das am 19.09.1994 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.10.1994 Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt (Az: L 5 Ar 478/94 ) und im wesentlichen die bisherige Begründung wiederholt. Wegen des erstmaligen Begehrens, die Zeit von 21.06.1935 bis 21.06.1938 als Lehrzeit anzurechnen, hat der Senat mit Beschluss vom 09.07.1997 das Ruhen des Verfahrens angeordnet und den Rechtsstreit nach Erlaß des ablehnenden Bescheides vom 04.02.1998 fortgesetzt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 17.01.1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.01.1992 zurückzunehmen und die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG vom 21.07.1994 sowie des Bescheides vom 16.09.1992 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.09.1993 und des Bescheides vom 04.02.1998 zu verurteilen, 1) die Zeit der im elterlichen Betrieb zurückgelegten Lehre (21.06.1935 - 21.06.1938) ab dem 16. Lebensjahr in Form einer Ausfallzeit nach § 1259 Abs. 1 Nr. 4 a RVO zu berücksichtigen, 2) eine Leistungsgruppen-Berichtigung insoweit vorzunehmen, als für den Zeitraum 01.07.1954 bis 31.12.1976 die Leistungsgruppe 2.1 der ArV, für den Zeitraum 01.01.1977 bis 31.12.1981 die Lgr 4.4 der AnV und für den Zeitraum 01.01.1985 bis 31.12.1985 die Lgr 2.1 der ArV angerechnet wird und ihm ab 25.05.1990 höheres Altersruhegeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.07.1994 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 04.02.1998 abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Prozeßakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die erledigte Prozeßakte des SG München (Az: S 1 Ar 131/92). Auf ihren Inhalt wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß den §§ 143 ff, 151 SGG zulässig, jedoch sachlich unbegründet.

Zu Recht hat das SG entschieden, daß der Kläger eine höhere Einstufung seiner Tätigkeit in Rumänien für den geltend gemachten Zeitraum (01.07.1954 - 31.12.1981, 01.01.1985 - 31.12.1985) als in Leistungsgruppe L 2 (Arbeiter in der Landwirtschaft) nicht beanspruchen kann. Damit liegen insoweit die Voraussetzungen einer Rücknahme des Bescheides vom 17.01.1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.01.1992 nicht vor, da die Beklagte bei Erlaß des Bescheides weder das Recht unrichtig angewandt hat noch von einem Sachverhalt ausgegangen ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 Abs. 1 SGB X). Ebensowenig ist die Entscheidung der Beklagten zu beanstanden, die geltend gemachte Zeit vom 21.06.1935 - 21.06.1938 (Lehrzeit) nicht als Ausfallzeit zu berücksichtigen. Die Klage gegen den Bescheid vom 04.02.1998, der nach § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, ist daher abzuweisen.

Soweit der Kläger weitere Zeiten zur Anerkennung sowie eine höhere Einstufung begehrt, sind diese nicht streitgegenständlich. Der Antrag, die Zeit als selbständiger Gärtner von 01.01.1982 bis 31.12.1984 als Beitragszeit anzuerkennen, ist nach dem Schreiben des Klägers vom 20.08.1992 noch offen. Der geltend gemachten Zeit als Wagnergeselle bei seinem Vater von 1938 bis 1942 steht der bindende Bescheid vom 17.01.1991 entgegen, einen diesbezüglichen Antrag nach § 44 SGB X hat der Kläger nicht gestellt. Die Beklagte hat im Bescheid vom 16.09.1992 nicht zum Ausdruck gebracht, daß sie in Kenntnis der Bindungswirkung des Bescheides vom 17.01.1991 diesbezüglich dessen Aufhebbarkeit überprüft und darüber entschieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.1997, Az: 4 RA 25/96).

Vorliegend sind die gesetzlichen Bestimmungen der Reichsversicherungsordnung (RVO, in Kraft bis 31.12.1991) sowie die Vorschriften des Fremdrentengesetzes in der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung anzuwenden (FRG, Art. 6 § 4 Abs. 2 FANG), da der Versicherte bei Antragstellung im Juni 1990 den Anspruch vor dem 31.03.1992 (§ 300 II SGB VI, in Kraft seit 01.01.1992) bzw. vor dem 01.07.1990 geltend gemacht hat.

Rechtsgrundlage ist § 1248 Abs. 5 RVO in Verbindung mit den Vorschriften des FRG. Für die gemäß § 15 FRG grundsätzlich anzuerkennenden Zeiten ist die Rentenbemessungsgrundlage nach § 22 Abs. 1 FRG in der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung nach Maßgabe der Anlage 5 zu ermitteln, wobei der Kläger entsprechend der ausgeübten Beschäftigung als Arbeiter in der Landwirtschaft einer Leistungsgruppe nach Anlage 1, Buchstabe A.2 zuzuordnen ist.

Für den streitigen Zeitraum (01.07.1954 - 31.12.1976, 01.01. 1985 - 31.12.1985) kann der Kläger keine Zuordnung in Leistungsgruppe 1 noch - für die Zeit von 01.01.1977 bis 31.12. 1981 - in Leistungsgruppe 4 als Angestellter (Anlage 1, Buchstabe B) beanspruchen, da er die in der Leistungsgruppendefinition näher beschriebenen Voraussetzungen nicht erfüllt.

So gehören nach § 22 FRG, Anlage 1, Buchstabe A.2 (Arbeiter in der Landwirtschaft) zur Leistungsgruppe 1 "Arbeiter mit langjähriger Berufserfahrung oder Fachausbildung, die besonders verantwortungsvolle, schwierige oder qualifizierte Arbeiten ausführen". Nach der Rechtsprechung des BSG (Band 29, 181, 183) geht die Einstufung nach den Beschäftigungsmerkmalen der Definitionen stets der Einstufung nach den Berufsbezeichnungen in den Berufskatalogen vor. Dieser Vorrang kommt schon im Gesetz dadurch zum Ausdruck, daß den Berufskatalogen der Leistungsgruppen der Vorbehalt vorangestellt ist, daß sich nicht nach den Merkmalen der ausgeübten Beschäftigung die Einstufung in eine andere Leistungsgruppe ergibt. Die Zuordnung zu einer bestimmten Leistungsgruppe setzt sonach voraus, daß die in Frage stehende Beschäftigung die Merkmale der Definition dieser Leistungsgruppe aufweist; daß die Beschäftigung im Berufskatalog der Leistungsgruppe genannt ist, reicht nicht aus. Das gilt auch dann, wenn eine Beschäftigung keiner von zwei allein in Betracht kommenden Definitionen Leistungsgruppen voll entspricht. Jede Definition enthält gleichsam das Minimum von Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Beschäftigung der entsprechenden Leistungsgruppe zugeordnet werden kann. Weist also eine Beschäftigung Merkmale auf, die sie über eine niedrigere Leistungsgruppe hinauszuheben scheinen, so folgt daraus noch nicht, daß sie der höheren Leistungsgruppe zuzuordnen wäre. Für eine solche Zuordnung ist vielmehr nur dann Raum, wenn die Tatbestandsmerkmale der höheren Leistungsgruppe in vollem Umfang gegeben sind. Ist das nicht der Fall, ergibt sich im Sinne des den Berufskatalogen vorangestellten Vorbehalts "nach den Merkmalen der ausgeübten Beschäftigung" die Einstufung in die niedrigere Leistungsgruppe; sie ist dann eine "andere" als diejenige des Berufskatalogs (vgl. BSG, Urteil v. 16.12.1981, Az: 11 RA 80/80, in: SozR 5050 § 22 FRG Nr. 13).

Ausgehend von den Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren und vor dem SG kommt eine höhere Einstufung als Leistungsgruppe 2 der Anlage 1, A.2 nicht in Betracht.

In der Zeit von 1954 bis 1976 war der Kläger nach eigenen Angaben Chef einer Arbeitsgruppe von 20 bis 30 Landarbeitern mit Überwachung und Anleitung der Saisonkräfte und Tagelöhner. Zusätzlich mußte er eine Stunde pro Tag Evidenzen führen, d.h. die Arbeitsleistung jedes Arbeiters aufschreiben. Daneben fand ein- bis zweimal pro Woche eine Sitzung der Gruppenleiter der LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) statt, bei der der Vorsteher (Brigadier) weitere Weisungen erteilt hat. Eine Einstufung in Leistungsgruppe 1 ergibt sich daraus nicht. So hat der Kläger keine Fachausbildung von in der Regel 3 Jahren abgeschlossen, die Ausbildung als Gruppenleiter für die Zeit von 6 Monaten genügt dafür nicht. Daß der Kläger in der Zeit als als Landarbeiter von 1946 bis 1953 eine entsprechende Ausbildung durchlaufen hat, hat er weder vorgetragen noch ist dies aus den Akten ersichtlich. Gegen eine "Ausführung besonders verantwortungsvoller, schwieriger und qualifizierter Arbeiten" spricht insbesondere, daß der Kläger nach seinen eigenen Angaben den ganzen Tag selbst mitgearbeitet hat, eine besondere Ausbildung für diese Tätigkeit nicht notwendig war.

Im Jahr 1985 war der Kläger nach seinen Angaben in der Weizenreinigung und bei der Mischung von Saatgut eingesetzt. Er hatte jeweils an einer entsprechenden Maschine zu arbeiten, etwa fünf Arbeitskollegen arbeiteten jeweils neben ihm. Zur Vorbereitung wurde der Kläger ein paar Wochen eingeführt, aktuelle Änderungen hatte er umzusetzen. Gleichzeitig war er für die Buchführung der Gruppe zuständig, die je nach Größe der Gruppe mindestens 15 Minuten pro Tag in Anspruch nahm. Aufgrund der relativ kurzen Einweisungszeit von ein paar Wochen sowie der Verpflichtung, die regelmäßigen Anweisungen des Vorgesetzten auszuführen, kann trotz der Aufsicht über eine Gruppe von fünf Mitarbeitern eine Einstufung in Leistungsgruppe 1 ebensowenig wie in der Zeit ab 1954 bejaht werden.

Als Hilfslagerverwalter (01.01.1977 - 31.12.1979) war der Kläger verpflichtet, landwirtschaftliche Produkte wie Samen u.a.m. auszugeben. Gleichzeitig war er nach seinen Angaben auch verantwortlich dafür, an die Arbeiter der LPG die Deputate auszugeben. Als delegierter Warenübergeber (01.01.1980 - 31.12.1981) hatte er die Aufgabe, die geerntete Ware entgegenzunehmen und zu prüfen. Danach mußte er darüber Buch führen und an den Staat die geerntete Ware abliefern.

Die Voraussetzungen nach § 22 FRG, Anlage 1, Buchstabe B (Rentenversicherung der Angestellten), der Leistungsgruppe 4, erfüllt der Kläger in der Zeit von 01/1977 bis 12/1981 nicht. Eine abgeschlossene Berufsausbildung als Angestellter liegt nicht vor. Eine mehrjährige Berufstätigkeit wäre nur dann zu bejahen, wenn der Kläger in einem der Versicherungspflicht der Angestelltenversicherung unterfallenden Beruf vor dem 01.01.1977 tätig gewesen wäre. Der Kläger war vorher als landwirtschaftlicher Arbeiter tätig, so daß die Voraussetzungen der Leistungsgruppe 4 nicht erfüllbar sind.

Ebenso scheidet eine Einstufung nach Leistungsgruppe 1 (Arbeiter in der Landwirtschaft) für den Zeitraum von Januar 1977 bis Dezember 1981 aus. Die Ausgabe von landwirtschaftlichen Produkten sowie von Deputaten an die Arbeiter mit der erforderlichen Lagerverwaltung unter Aufsicht eines verantwortlichen Lagerverwalters erscheint nicht einem Lagerarbeiter nach der oben genannten Definition der Leistungsgruppe 1 vergleichbar. Dies gilt auch für die Tätigkeit des Klägers als delegierter Warenübernehmer. Daß der Kläger in diesem Zeitraum wie ein Vorarbeiter tätig gewesen ist, schließt insbesondere die Bezeichnung Lagerverwaltergehilfe in der Adeverinta vom 21.03.1990 aus.

Eine Gleichstellung von Arbeitern mit langjähriger Berufserfahrung und Arbeitern mit Fachausbildung kommt nur dann in Betracht, wenn diese besonders verantwortungsvolle, schwierige oder qualifizierte Arbeiten ausführen. Selbst wenn der Kläger einzelne Merkmale der Leistungsgruppe 1 in den jeweiligen Zeitabschnitten erfüllt hat, reicht dies nach den oben zitierten Rechtsprechung des BSG nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, daß die Tatbestandsmerkmale der höheren Leistungsgruppe in vollem Umfang gegeben sind. Dies kann für den geltend gemachten Zeitraum von 1954 bis 1981 und im Jahr 1985 nicht bejaht werden.

Die vom Kläger geltend gemachte Lehrzeit (21.06.1935 - 21.06. 1938) kann weder als Beitragszeit (§ 15 FRG) noch als Beschäftigungszeit (§ 16 FRG) anerkannt werden. Für Lehrlinge, die im elterlichen Handwerksbetrieb ausgebildet worden sind, bestand nach rumänischen Versicherungsrecht grundsätzlich seit 01.06. 1932 Versicherungspflicht in der rumänischen Rentenversicherung (vgl. VDR-Kommentar, SGB, Anhang Band 1, FRG, § 15, Ziff. 7.31). Daß der Vater des Klägers Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet hat, hat dieser weder vorgetragen noch ist dies aus den Akten ersichtlich. Eine Beitragszeit nach § 15 FRG kann daher nicht anerkannt werden.

Ebensowenig kommt die Anerkennung einer Beschäftigungszeit nach § 16 Abs. 1 FRG in Betracht. Eine Beschäftigungszeit kann nach § 16 Abs. 1 FRG erst ab Vollendung des 16. Lebensjahres, d.h. für den Kläger grundsätzlich erst ab 08.12.1936 berücksichtigt werden. Als Beweismaßstab gilt § 4 Abs. 1 FRG. Danach genügt es für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel er- strecken soll, überwiegend wahrscheinlich ist.

Eine Lehrzeit des Klägers im streitigen Zeitraum ist jedoch nicht überwiegend wahrscheinlich. So hat der Kläger im Antrag zur Feststellung nicht nachgewiesener Zeiten vom 20.06.1990 angegeben, daß er in der Zeit vom 21.06.1935 bis 19.02.1942 in der Wagnerei seines Vaters Johann Neiss mit der Herstellung und Reparatur von Planwägen beschäftigt war. In der Spalte "Arbeitsverdienst" ist Kost und Wohnung angegeben, die Frage nach Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung wird verneint. Die Frage Nr. 5.7 nach einer abgeschlossenen Lehrzeit (Anlern- zeit) hat der Kläger mit "Nein" beanwortet. Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, daß der Kläger nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis in Form eines Lehrverhältnisses, sondern im Rahmen familienhafter Mithilfe tätig war.

Die Angaben der Zeugen ... und ... sowie von ..., damals im selben Ort wohnhaft wie der Kläger, können diese Überzeugung nicht erschüttern. Die Zeugen ... sagen aus, daß der Kläger als Wagnerlehrling sowie dann als Geselle bei seinem Vater tätig gewesen sei. Darüber, ob der Kläger ein Entgelt für seine Arbeit erhalten hat bzw. ob Beiträge zur Sozialversicherung abgeführt worden sind, können keine Angaben gemacht werden. Der Zeuge ... hat angegeben, daß der Kläger von 1935 bis 1942 in der elterlichen Landwirtschaft mitgeholfen hat. Angaben über eine Ausbildung als Wagner werden nicht gemacht. Welche näheren Erkenntnisquellen außer dem gleichen Wohnort die Zeugen (Alter im Jahr 1935: 9, 17 bzw. 15 Jahre) für ihre Angaben besitzen, ist nicht ersichtlich. Was die späteren anderslautenden Angaben des Klägers angeht, wird den Erstangaben im Antrag vom Juni 1990 ein höherer Beweiswert zuerkannt. Insgesamt kann daher eine Beschäftigungszeit nach § 16 FRG nicht anerkannt werden.

Soweit der Kläger für den in Frage stehenden Zeitraum eine Ersatzzeit nach § 1259 Abs. 1 Nr. 4 a RVO (ab 01.01.1992: Anrechnungszeit nach § 252 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI) zur Anerkennung begehrt, kann dies ebenfalls keinen Erfolg haben. So sind Lehrzeiten im Ausland keine Ausfallzeiten, da sie nach deutschem Recht weder "nicht versicherungspflichtig" noch "versicherungsfrei" sein konnten (BSGE 48, 100). Wurden von nach dem FRG Berechtigten Lehrzeiten in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten ausländischen Gebieten, wozu auch Rumänien gehört, zurückgelegt, handelt es sich nicht um Ausfallzeiten, sondern um Beitragszeiten, denen gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 FRG weder Beitragsklassen noch Bruttoarbeitsentgelte zugeordnet werden (vgl. Kasseler Kommentar, Sozalversicherungsrecht, RVO § 1259, RN 54). Wie oben dargelegt, liegen keine Beitragszeiten vor. § 1255 a Abs. 2 RVO, der die Bewertung beitragsloser Zeiten vor dem 01.01.1965 regelt, scheidet aus, da die geltend gemachten Zeiten nicht als Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG in Verbindung mit § 22 Abs. 2 Satz 2 FRG anerkannt werden können. Eine Anerkennung der geltend gemachten Lehrzeit als Versicherungszeit kommt daher nicht in Betracht.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21.07.1994 als unbegründet zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 04.02.1998 als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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