L 6 RJ 317/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 10 RJ 1400/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 317/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Januar 1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger, der am 1945 geboren und aus der früheren Teilrepublik Bosnien und Herzegowina der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien stammt, hat in seiner Heimat von 1964 bis 1969 Versicherungszeiten zurückgelegt, die jetzt in der Rentenversicherung der Republik Kroatien berücksichtigt werden. Seit 1969 hält sich der Kläger als Arbeiter in der Bundesrepublik Deutschland auf.

Zu seinem beruflichen Werdegang gibt der Kläger an, von 1962 bis 1965 in seiner Heimat den Beruf eines Zimmerers erlernt zu haben. In Deutschland ist der Kläger zuletzt - vom 27.06.1994 bis 08.11.1995 - bei der Firma Dipl.-Ing. W. M. GmbH Bauunternehmung (Fa. M.), M. , beschäftigt gewesen. Nach den Auskünften dieses Unternehmens (vom 17.03.1998 und 23.08.1999) ist der Kläger als Zimmerer, beschränkt auf Schalungszimmerer und Betoneinbau, beschäftigt gewesen (Aufgaben: Erstellen von Schalungen für Wände, Decken, Unterzüge, Fundamente und Stützen). Für die Beherrschung dieser Arbeiten sei eine Anlernzeit von mehr als zwei Jahren erforderlich. Der Kläger habe nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten besessen, die von einem in Deutschland ausgebildeten Zimmermann-Facharbeiter üblicherweise erwartet werden. Er sei entsprechend den tariflichen Bestimmungen als Spezialfacharbeiter eingestuft worden.

Mit Bescheid vom 11.03.1997 und Widerspruchsbescheid vom 21.05. 1997 lehnte die Beklagte den am 31.01.1997 gestellten Antrag des Klägers auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit ab. Der Versicherte habe keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs.1 Satz 1 SGB VI, da er nach den im Verwaltungsverfahren zu seinem Gesundheitszustand und beruflichen Leistungsvermögen sowie zu seinem beruflichen Werdegang getroffenen Feststellungen nicht berufsunfähig im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift sei. Er könne nämlich leichte Arbeiten noch vollschichtig verrichten und sei als angelernter Arbeiter auf Tätigkeiten nicht allereinfachster Art des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar. Er habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Abs.1 Satz 1 SGB VI, da er nicht erwerbsunfähig im Sinne der noch strengeren Bestimmung des § 44 Abs.2 SGB VI sei.

Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen entnahm die Beklagte im Wesentlichen den von den behandelnden Ärzten des Klägers erhobenen Befunden und medizinischen Gutachten, die in einem vorangegangenen Rehabilitationsverfahren erstattet worden waren (Gutachten des Nervenarztes/Sozialmedizin Dr.M. vom 30.10.1996; Gutachten des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Prof.Dr.K. vom 30.10.1996; zusammenfassendes Gutachten der Internistin Dr.M. vom 13.11.1996). Bezüglich des beruflichen Werdegangs des Klägers stützte sich die Beklagte auf die Angaben des Klägers.

Mit der am 04.06.1997 zum Sozialgericht (SG) München erhobenen Klage verfolgte der Kläger seinen Rentenanspruch weiter. Er könne überhaupt keinen Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert mehr nachgehen.

Das SG zog die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Schwerbehindertenakten des Amtes für Versorgung und Familienförderung (AVF) München I bei und erholte einen Befundbericht vom behandelnden Arzt des Klägers (Arzt für Allgemeinmedizin Dr.G. , Befundbericht vom 07.10.1997 nebst zahlreicher medizinischer Unterlagen) sowie die bereits erwähnte Auskunft der Fa. M. vom 17.03.1998.

In einer Stellungnahme hierzu vom 07.04.1998 stufte die Beklagte den Kläger als angelernten Arbeiter des oberen Bereichs im Sinn der Rechtsprechung des BSG ein und verwies ihn zur Abwendung von Berufsunfähigkeit u.a. auf die Tätigkeit eines einfachen Pförtners.

Das SG holte über Gesundheitszustand und berufliches Leistungsvermögen des Klägers von dem Arzt für Orthopädie Dr.F. ein medizinisches Sachverständigengutachten ein (vom 03.09.1998).

Dr. F. stellte beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest: I. Chondrosis intervertebralis C 3 bis C 5, Spondylochon- drose C6 bis C 7, Uncovertebralarthrose und Spondylarthrose der Halswirbelsäule. II. Costotransversalarthrose, geringe Wirbelsäulenskoliose. III. Ausgeprägte Spondylochondrose L 5/S 1 mit Retropositio L 5, Spondylose der Lendenwirbelsäule, abgelaufene Scheuermann sche Erkrankung. IV. Hüftgelenksdysplasie beidseits, initiale Coxarthrose rechts. V. Leichte Schultereckgelenksarthrose links. VI. Als Nebendiagnosen: Spreiz-Senk-Füße mit Zehendeformierungen, mäßige Varikose mit geringen Ödemen an beiden Beinen. Der Kläger könne unter Berücksichtigung von qualitativen Einschränkungen leichte Arbeiten noch vollschichtig verrichten. Gutachten auf anderen medizinischen Fachgebieten seien nicht erforderlich, da nach der Handflächenbeschwielung keine durch Gesundheitsstörungen auf anderen medizinischen Fachgebieten bedingte weitere Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens vorliegen könne.

Mit Urteil vom 14.11.1999 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente, da er nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs.2 SGB VI sei. Er könne nämlich nach dem Ergebnis der durchgeführten medizinischen Ermittlungen - insbesondere nach dem Gutachten Dr.F. - noch vollschichtig arbeiten. Nach dem festgestellten Berufsbild sei er als angelernter Arbeiter des unteren Bereichs zu beurteilen und somit auf alle Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Am 28.06.1999 (Montag) ging die Berufung des Klägers gegen dieses ihm am 27.05.1999 zugestellte Urteil ein. Zur Begründung trug er vor, sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Er übersandte u.a. ein arbeitsamtsärztliches Gutachten des Dr.R. vom 20.04.2000, das dem Kläger für leichte Arbeiten ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestiert; die volle Leistungsfähigkeit sei gegeben. Außerdem legte er mehrere Arztbriefe vor (u.a. Internist, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr.B. und Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr.K. vom 20.09.1999 und 16.05.2002 und weitere, die an seinen Allgemeinarzt Dr.G. gerichtet sind).

Der Senat zog die Klageakten des SG München sowie die Verwaltungsakten der Beklagten bei und erholte die schon genannte (ergänzende) Auskunft von der Fa. M. vom 23.08.1999.

Sodann erholte der Senat über die Qualifikationsebene des Klägers ein berufskundliches Sachverständigengutachten von dem Zimmermeister - Bautechniker W. W. (Gutachten vom 17.05.2001). Der Sachverständige stellte beim Kläger einen Kenntnisstand fest, der bei Fehlen berufsspezifischer Vorkenntnisse einer Anlernzeit von etwa einem bis zwei Jahren bedürfe.

Zu Gesundheitszustand und beruflichem Leistungsvermögen des Klägers holte der Senat Befundberichte von den behandelnden Ärzten ein (Urologische Klinik und Poliklinik der Ludwig-Maximilian-Universität M. , Befundberichte vom 12.04.2001 und 18.01.2002; Augenarzt Dr.E. , Befundbericht vom 10.12. 2001; Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr.R. , Befundbericht vom 10.12.2001; Internist, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr.B. und Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr.K. , Befundbericht vom 10.12.2001; Arzt für Orthopädie Dr.S. , Befundbericht vom 12.12.2001; Arzt für Allgemeinmedizin Dr.G. , Befundbericht vom 19.12.2001; HNO-Arzt Dr.I. , Befundbericht vom 21.12.2001; Facharzt für Neurologie M. S. , Befundbericht vom 19.02.2002).

Der Senat erholte sodann medizinische Sachverständigengutachten von dem Internisten Dr.E. (Gutachten vom 17.06.2002), von dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr.L. (Gutachten vom 04.06.2002) und von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.K. (zusammenfassendes Gutachten unter dem Datum vom 05.06.2002 unter Verwertung eines psychologischen Zusatzgutachtens des Dipl.Psych. P. vom 16.07.2002). Den Sachverständigen wurde hierbei vom Senat insbesondere auch die Frage vorgelegt, ob der Kläger nach seinem beruflichen Leistungsvermögen noch in der Lage sei, den Anforderungen einer Berufstätigkeit als Pförtner oder Warenaufmacher zu genügen, wie sie in einer berufskundlichen Auskunft des Landesarbeitsamts Hessen vom 01.09.1999 geschildert sind. Die Beklagte hatte diese Auskunft mit Schreiben vom 01.06.2001 dem Senat übersandt und die fraglichen Berufstätigkeiten als dem Kläger zumutbare Verweisungsberufe benannt.

Dr.K. fasste die beim Kläger seit spätestens Januar 1997, dem Zeitpunkt des Rentenantrags, vorliegenden Gesundheitsstörungen wie folgt zusammen:

1. Seit mehreren Jahren bestehender essentieller Tremor, derzeit korrekt therapiert.

2. Neurasthenie ohne Anhaltspunkte für eine schwerwiegende depressive Erkrankung.

3. Chronisches Halswirbelsäulen-Syndrom leichter Ausprägung, chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom leichter bis mittelschwerer Ausprägung ohne Zeichen eines peripher neurogenen Defektes.

4. Coxalgien links, Chondropathia patellae beidseits, Senk-Spreiz-Füße, Hallux valgus-Deformität.

5. Leichtgradige Vena-saphena-parva-Varikosis.

6. Verdacht auf ein Intrinsic-Asthma (Differentialdiagnose: rezidivierend obstruktive Bronchitis).

7. Axiale Hernie mit Verdacht auf Refluxkrankheit.

8. Hörminderung.

Zum beruflichen Leistungsvermögen führte Dr.K. aus, der Kläger könne seit Januar 1997 unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten mit der Möglichkeit zum Wechsel der Ausgangslage (Sitzen, Stehen, Gehen) vollschichtig (d.h. acht Stunden täglich) verrichten; hierbei sei das Heben oder Tragen von Lasten über 12,5 Kilogramm ebensowenig zumutbar wie häufiges Bücken, ausschließliches Arbeiten an Maschinen oder am Fließband, ständiges Arbeiten im Freien, Akkord- oder Schichtarbeit, außerdem Arbeiten unter Exposition gegenüber Hitze, Nässe, Kälte, vermehrtem Staubanfall, bronchialreizenden Gasen oder Dämpfen. Der Kläger könne Fußwege von mehr als 500 Meter an einem Stück in angemessener Geschwindigkeit (höchstens 15 Minuten für 500 Meter) zurücklegen, um die Entfernungen zwischen Wohnung, öffentlichem Verkehrsmittel und Arbeitsplatz vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende zu überwinden. Er könne sich auch noch innerhalb von drei Monaten auf eine neue Berufstätigkeit nicht einfachster Art umstellen. Insbesondere kämen die Berufe eines Pförtners oder Warenaufmachers in Betracht. Dem stünden die schlechten Ergebnisse der psychologischen Testung nicht entgegen, da sie zumindest teilweise auf Simulation seitens des Klägers zurückzuführen seien.

Der Senat wies den Kläger darauf hin, dass eine Verweisung auf den Beruf eines einfachen Pförtners in Betracht gezogen werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.01.1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.03.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.05.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.02.1997 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise wegen Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG München vom 14.01.1999 ist nicht zu beanstanden, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit und - ab 01.01.2001 - auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht, vgl. § 300 Abs.2 SGB VI. Für den Anspruch des Klägers sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung (n.F.) maßgebend, soweit auch hilfsweise vorgetragen ist, dass jedenfalls ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei, vgl. § 300 Abs.1 SGB VI.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs.1 SGB VI a.F., weil er ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 31.01.1997 bis jetzt nicht im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift berufsunfähig ist. Nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F. sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit liegen beim Kläger nicht vor.

Das nach Satz 1 dieser Vorschrift zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ist bereits eingeschränkt. Er kann aber seit Januar 1997 unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten mit der Möglichkeit zum Wechsel der Ausgangslage (Sitzen, Stehen, Gehen) noch vollschichtig (d.h. etwa acht Stunden täglich) verrichten; hierbei ist das Heben oder Tragen von Lasten über 12,5 Kilogramm ebensowenig zumutbar wie häufiges Bücken, ausschließliches Arbeiten an Maschinen oder am Fließband, ständiges Arbeiten im Freien, Akkord- oder Schichtarbeit, außerdem Arbeiten unter Exposition gegenüber Hitze, Nässe, Kälte, vermehrtem Staubanfall, bronchialreizenden Gasen oder Dämpfen. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor, da der Kläger die durchschnittlich erforderlichen Fußwege zurücklegen kann (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr.10). Der Kläger kann sich auch noch innerhalb von drei Monaten auf eine neue Berufstätigkeit nicht einfachster Art umstellen; dieser Feststellung stehen die schlechten Ergebnisse der psychologischen Testung nicht entgegen, da sie zumindest teilweise auf Simulation seitens des Klägers zurückzuführen sind.

Dieses berufliche Leistungsvermögen des Klägers ergibt sich vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Internisten Dr.E. , des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr.L. und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.K ... Der Senat schließt sich den Aussagen dieser schlüssigen und überzeugenden Gutachten an. Durch sie sind im Übrigen die im erstinstanzlichen und im Verwaltungsverfahren erholten Gutachten in ihren wesentlichen Ergebnissen bestätigt worden.

Nach dem beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr.21 ff. mit weiteren Nachweisen). Maßgeblicher Hauptberuf ist vorliegend der eines Schalungszimmerers, wie ihn der Kläger zuletzt bei der Fa. M. ausgeübt hat. Diesen Beruf kann der Kläger nicht mehr ausüben, weil er allgemeinkundig eine Belastbarkeit für mittelschwere Arbeiten voraussetzt.

Obwohl der Kläger seinen maßgeblichen Beruf nicht mehr ausüben kann, ist er aber dennoch nicht berufsunfähig. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben können; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 1246 Nr.138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu 2 Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist der Kläger der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, und zwar des oberen Bereichs (Ausbildungs- bzw. Anlernzeit von mehr als einem bis zu 2 Jahren, vgl. BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 Nr.45), zuzuordnen. Dies ergibt sich aus den gutachtlichen Feststellungen des Zimmermeisters - Bautechnikers W. W. , den der Senat mit der berufskundlichen Begutachtung des Klägers beauftragt hat. Der Senat schließt sich dem Ergebnis dieser Begutachtung an, die auf einer Prüfung beruht, die dem Gesundheitszustand des Klägers und der Tatsache angemessen war, dass der Kläger schon lange Jahre berufstätig gewesen ist, somit nicht denselben Kenntnis- und Fertigkeitsstand haben kann, wie ihn ein Auszubildender bei der Gesellenprüfung üblicherweise besitzt.

Als angelerntem Arbeiter des oberen Bereichs ist dem Kläger die Verweisung auf den Beruf eines einfachen Pförtners sozial zumutbar, weil sich eine Pförtnertätikeit schon im Hinblick auf die ihr innewohnende Kontrollfunktion typischerweise aus dem Kreis einfachster ungelernter Tätigkeiten heraushebt (vgl. hierzu BSG-Urteil vom 05.04.2001 - B 13 RJ 61/00 R). Aber auch nach seinem beruflichen Leistungsvermögen ist der Kläger hierfür geeignet, wie insbesondere Dr.K. im Hinblick auf die Ausführungen des Landesarbeitsamts Hessen zu den Anforderungen einer Pförtnertätigkeit festgestellt hat. Der Senat hat den Kläger auf die in Aussicht genommene Verweisung hingewiesen.

Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz als einfacher Pförtner auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs.2 Satz 4 SGB VI, dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr.8).

Der Kläger, der keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs.1 SGB VI, gültig bis 31.12. 2000, weil er die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift nicht erfüllt. Nach § 44 Abs.2 Satz 2 Nr.2 SGB VI. sind solche Versicherte nicht erwerbsunfähig, die - wie der Kläger - (irgend)eine Berufstätigkeit noch vollschichtig ausüben können; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach den §§ 43, 240 SGB VI n.F. hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da hiernach - wie bisher - ein Rentenanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn ein Versicherter - wie der Kläger - einen zumutbaren anderen Beruf als den bisherigen vollschichtig ausüben kann.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG München vom 14.01.1999 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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