L 16 RJ 509/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 248/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 509/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Juli 1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Antragstellung am 13.02.1995. Die am 1944 geborene Klägerin ist gelernte Einzelhandelskauffrau, hat diese Tätigkeit bis 1964 ausgeübt und war dann noch bis 1966 als Büglerin versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend weist ihr Versicherungsverlauf bis Juli 1974 unregelmäßig Pflichtbeiträge wegen Kindererziehungszeiten auf. Aufgegeben hat die Klägerin ihren erlernten Beruf laut ihren Angaben vom 21.12.1981 gegenüber der LVA Rheinland-Pfalz nicht aus gesundheitlichen Gründen, wohingegen sie am 21.12.1983 gegenüber dem Sozialgericht Speyer geltend gemacht hat, den Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben zu haben. Der streitgegenständliche Rentenantrag datiert vom 13.02.1995. Er wurde nach einer Begutachtung durch den Chirurgen Dr.B. am 19.06.1995 mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin könne zwar als Einzelhandelskauffrau nur noch weniger als halbschichtig arbeiten, leichte Arbeiten hingegen noch vollschichtig verrichten, so dass sie weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig sei. Der Widerspruch wurde am 02.02.1996 mit derselben Begründung zurückgewiesen, nachdem eine nervenärztliche und internistische Begutachtung vollschichtiges Leistungsvermögen mit qualitativen Einschränkungen ergeben hatte. In dem am 29.02.1996 eingeleiteten Klageverfahren wies die Beklagte darauf hin, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung nicht erfüllt sind. Daraufhin trug die Klägerin vor, sie sei seit 1978 schwerbehindert und 1986 durch das Gesundheitsamt P. für nicht arbeitsfähig befunden worden. Das entsprechende Gutachten datiert vom 18.04.1986 und ist im Auftrag des OLG Frankfurt nach ambulanter Untersuchung erstellt worden. Darin heißt es, wegen chronischer Wirbelsäulenkrankheit und Depressionen sei die Klägerin nicht arbeitsfähig. Das Sozialgericht zog ärztliche Unterlagen ab 1980 von den behandelnden Ärzten und Kliniken bei, unter anderem von der Psychosomatischen Klinik B. und beauftragte den Nervenarzt Prof.Dr.S. mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage. Der Sachverständige führte aus, am 30.06.1984 hätten Restbeschwerden nach Bandscheibenoperation vorgelegen sowie ein psychovegetatives Syndrom depressiver Färbung mit hohem Zweckeinschlag im Zusammenhang mit der damals erfolgten Scheidung. Es hätte sich um keine Depression gehandelt, so dass leichte und zeitweilig mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne ungünstige Temperatureinflüsse vollschichtig zumutbar waren. Von dieser Beurteilung wich der Sachverständige auch in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12.01.1998 nicht ab, nachdem ihm die Einwände der Klägerin bekanntgegeben und zahlreiche von ihr vorgelegte Atteste aus den Jahren ab 1981 sowie die fünfbändigen Akten der LVA Rheinland-Pfalz zugeleitet worden waren. In der mündlichen Verhandlung am 30.07.1998 vor dem Sozialgericht Landshut gab die Klägerin an, zuletzt als Büglerin gearbeitet zu haben, da sie als solche wesentlich mehr als im erlernten Beruf verdient habe. Es habe sich um eine sehr anstrengende Arbeit gehandelt. Das Sozialgericht wies die Klage am 30.07.1998 mit der Begründung ab, vor dem 01.07.1984 habe entsprechend dem Gutachten Prof.Dr.S. keine Erwerbsunfähigkeit bestanden. Für einen späteren Versicherungsfall seien die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben. Berufsschutz genieße die Klägerin nicht, da sie sich vom erlernten Beruf gelöst habe. Gegen das am 04.09.1998 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 21.09.1998 Berufung ein. Sie wiederholte ihre Vorwürfe gegenüber Dr.S. und machte geltend, im Vordergrund ihres Gesundheitszustands hätten orthopädische Leiden gestanden. Sie sei bereits 1963 durch ihr Wirbelsäulenleiden stark behindert und daher berufsunfähig gewesen. Ihr sei wegen der zahlreichen Leistungseinschränkungen eine konkrete Tätigkeit zu benennen. Nachforschungen bei den früheren Arbeitgebern der Klägerin blieben ergebnislos. Der Senat zog neben den Röntgenaufnahmen der behandelnden Ärzte die Akten des Versorgungsamts Landshut sowie die Akten des Sozialgerichts Speyer bei. Daraus ergibt sich, dass die LVA Rheinland-Pfalz, deren Akten verschwunden sind, bei der Klägerin für die Zeit vom 21.12.1981 bis 12.04.1983 Erwerbsunfähigkeit festgestellt hat. Nach einer Rehabilitationsbehandlung in der Psychosomatischen Klinik B. vom 31.01.1983 bis 12.04.1983 wurde ihr Rentenantrag vom 21.12.1981 am 29.09.1983 nach nervenärztlicher Begutachtung vom 02.09.1983 abgelehnt. Im Zusammenhang mit der dagegen eingereichten Klage sind vom Sozialgericht Speyer zwei Gutachten eingeholt worden, woraufhin die Klägerin die Klage am 17.04.1984 zurückgenommen hat. Es handelte sich um das Gutachten des Nervenarztes Dr.S. vom 11.02.1984 und das des Orthopäden Dr.D. vom 09.02.1984, die beide nach ambulanter Untersuchung erstellt worden sind. Nach Ansicht des Nervenarztes war die depressive Verstimmung nicht sehr tiefgehend, so dass er die Klägerin ab der Entlassung aus der Psychosomatischen Klinik am 13.04.1983 für geeignet befand, leichte bis mittlere Erwerbstätigkeiten vollschichtig auszuführen. Besondere Bedingungen des Arbeitswegs oder der Arbeitsgestaltung hielt er nicht für erforderlich. Auch der Orthopäde hielt leichte bis mittelschwere Frauenarbeiten in warmen und zugfreien Räumen für vollschichtig zumutbar und berücksichtigte dabei einen Zustand nach Bandscheibenoperation, eine Druckempfindlichkeit am rechten Ellenbogen, eine geringe Schwäche der groben Kraft beider Hände und eine geringe Kniearthrose beidseits. Im Auftrag des Senats erstellte der Orthopäde Dr.H. am 02.03.2001 ein Gutachten nach Aktenlage zum Ausmaß der Leistungseinschränkungen am 30.06.1984. Danach waren wegen eines Postnukleotomiesyndroms, eines Cervikalsyndroms und einer Gonarthrose rechts schwere und vorwiegend mittelschwere Arbeiten unzumutbar. Ausgeschlossen waren Zwangshaltungen für Hals- und Lendenwirbelsäule, gebückte Haltungen, häufiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, Stehen oder Gehen, Tätigkeiten überwiegend im Freien, unter Einwirkung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe, häufiges Treppen- und Leiternsteigen und Kniebeugezwangshaltungen. Er hielt leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Stehen und Gehen mit den übrigen genannten qualitativen Leistungseinschränkungen für vollschichtig zumutbar. Die Beklagte teilte auf Anfrage mit, auch beim fiktiven Versicherungsfall am 18.04.1986 fehlten die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, da im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum nur 28 Monate mit Beiträgen belegt seien.

Die Klägerin beantragt: 1. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30.07.1998 und der Bescheid der Beklagten vom 19.06.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.02.1996 werden aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ab 13.02.1995 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren und zu zahlen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut, des Sozialgerichts Speyer, des Versorgungsamts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30.07.1998 ist ebenso wenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 19.06.1995 in der hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Gemäß § 43 SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden Fassung ist berufsunfähig ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI). Zwar ist das Leistungsvermögen der Klägerin soweit beeinträchtigt, dass sie ihre erlernte Tätigkeit als Einzelhandelskauffrau nicht mehr ausüben kann. Die Abklärung des Zeitpunkts, zu dem diese von Dr.B. 1995 festgestellte Leistungseinschränkung eingetreten ist, erübrigt sich jedoch deshalb, weil die Klägerin keinen Berufsschutz genießt. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat. Bisheriger Beruf ist in der Regel die der Versicherungspflicht zugrunde liegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer verrichtet hat. Ist vor der zuletzt ausgeübten weniger qualifizierten Tätigkeit wie die der Büglerin eine qualitativ höherwertige Tätigkeit aufgegeben worden, wie dies vorliegend der Fall ist, so ist zu prüfen, ob eine Lösung vom Beruf vorliegt. Hat sich der Versicherte von einer Beschäftigung gelöst, ist diese nicht mehr der bisherige Beruf im Sinn des § 43 Abs.2 SGB VI. Musste ein Beruf gesundheitsbedingt aufgegeben werden, liegt grundsätzlich keine Lösung im Sinne des Rentenrechts vor (Niesel in Kassler Kommentar, § 43 SGB VI Rdz.34 mit weiteren Nachweisen). Die Klägerin hat jedoch nicht nachweisen können, dass sie sich vom erlernten Beruf aus gesundheitsbedingten Gründen gelöst hat. Zwar hat sie im Laufe des Klageverfahrens vor dem SG Speyer vortragen lassen, dass sie ihren erlernten Beruf als Einzelhandelskaufmann bereits nach zweijähriger Ausübung wegen Wirbelsäulenbeschwerden habe aufgeben müssen. Die damalige Beklagte hat jedoch hiergegen eingewandt, die Klägerin habe am 21.12.1981 angegeben, dass sie ihren Beruf als Einzelhandelskaufmann aus anderen als gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat. In diesem Sinn hat sie sich auch gegenüber Dr.B. im Mai 1995 geäußert, als sie ihm berichtete, in jungen Jahren nie ernsthaft krank gewesen zu sein und erst seit gut zehn Jahren von Wirbelsäulenbeschwerden geplagt zu sein. Noch deutlicher war ihre Aussage in der mündlichen Verhandlung am 30.07.1998 vor dem Sozialgericht Landshut, als sie erklärte, sie habe deshalb zuletzt als Büglerin gearbeitet, weil sie als solche wesentlich mehr verdient habe. Bei der Tätigkeit als Büglerin habe es sich um eine sehr anstrengende Arbeit gehandelt. Auch wenn die Klägerbevollmächtigte weiter auf einer angeblich gesundheitsbedingten Berufsaufgabe beharrt, so kann sie dennoch auf kein entsprechendes medizinisches Attest verweisen. Anfragen an die Arbeitgeber blieben ergebnislos. Schließlich deuten der Zeitpunkt der ersten Rentenantragstellung und des ersten Antrags beim Versorgungsamts darauf hin, dass eine wesentliche Verschlimmerung erst in den 70-er Jahren eingetreten ist. Die Klägerin ist also als Büglerin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Weil ihr Restleistungsvermögen am 30.06.1984 noch für eine leichte körperliche vollschichtige Tätigkeit ausreichte, ist nicht nur ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente, sondern ein auch solcher auf Erwerbsunfähigkeitsrente ausgeschlossen. § 44 SGB VI setzt ebenso wie § 43 SGB VI neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (§§ 50 Abs.1, 51 Abs.1 SGB VI) das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalls voraus (§§ 44 Abs.1 Ziff.2 und 3, 43 Abs.1 Ziff.2 und 3 SGB VI). Erwerbsunfähig sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das die Geringfügigkeitsgrenze übersteigt. Erwerbsunfähig ist nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs.2 Satz 2 Ziff.2 i.d.F. des Gesetzes vom 02.05.1996). Diese Klarstellung der Gesetzeslage (Niesel in § 44 SGB VI Rdz.30a) enthält auch § 43 Abs.2 Satz 4, wonach berufsunfähig nicht ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann. Die Klägerin konnte eine leichte körperliche Arbeit vor dem 01.07.1984 vollschichtig ausüben. Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf das überzeugende Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr.H. , der sämliche relevanten Befunde sorgfältig gewürdigt und seine Schlussfolgerung nachvollziehbar begründet hat. Die Klägerin hat hiergegen keine Einwendungen erhoben. Hinsichtlich der Befunde auf nervenärztlichem Fachgebiet wird auf das im Auftrag des Sozialgerichts eingeholte Gutachten samt ergänzender Stellungnahme des Prof.S. Bezug genommen, dessen Ergebnisse mit dem des zeitnäher als Sachverständigen tätigen Dr.S. übereinstimmen. Dr.S. hat im Auftrag des Sozialgerichts Speyer am 11.02.1984 zur strittigen Frage ein umfangreiches nervenärztliches Gutachten nach ambulanter Untersuchung erstellt, woraufhin die Klägerin damals ihre Klage zurückgenommen hat. Ein Eingehen auf die Einwände der Klägerin gegen das Gutachten Prof.Dr.S. erübrigt sich daher.

Die Klägerin war 1984 sowohl aus orthopädischer als auch aus nervenärztlicher Sicht noch zu einer vollschichtigen Leistung fähig. Infolge einer Bandscheibenoperation L5/S1 mit Hemilaminektomie L5 links im Jahre 1972 litt die Klägerin unter einem Postnukleotomiesyndrom des Schweregrads I bis II nach Krämer. Damit waren wiederkehrende linksbetonte Lumboischialgien, Hypästhesien und ein nicht mehr auslösbarer Achillessehnenreflex links verbunden. Darüber hinaus lag ein wiederkehrendes Halswirbelsäulensyndrom vor, dem geringe degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule zugrunde lagen und das mit keiner Nervenwurzelirritation verbunden war. Wegen Verschleißveränderungen des linken Kniegelenks klagte die Klägerin auch über Beschwerden in Form einer Chondropathia patellae. Zweifellos hatte insbesondere die Erkrankung an der Lendenwirbelsäule eine eingeschränkte Belastungsfähigkeit des Achsorgans zur Folge. Der Ausprägungsgrad der Gesundheitsstörungen war jedoch nicht so hoch, als dass sich daraus eine Einschränkung für Tätigkeiten unter den üblichen Arbeitsbedingungen ableiten ließe. Unzumutbar waren Schwerarbeit und vorwiegend mittelschwere Arbeiten, Tätigkeiten in Zwangshaltungen für Hals- und Lendenwirbelsäule, gebückte Haltungen, Arbeiten, die mit häufigem Heben, Tragen und Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel einhergehen, Tätigkeiten überwiegend in einförmiger Körperhaltung und Arbeiten überwiegend im Freien unter Einwirkung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe. Darüber hinaus waren Arbeiten mit häufigem Treppen- und Leiternsteigen und mit Kniebeugezwangshaltungen für die Klägerin ungeeignet. Im Positiven konnte die Klägerin noch leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung in geschlossenen und temperierten Räumen zu ebener Erde vollschichtig verrichten.

Zusätzliche Leistungseinschränkungen lassen sich aus nervenärztlicher Sicht nicht begründen. Zwar lagen 1984 eindeutige Zeichen einer depressiven Verstimmung vor, die angesichts des Entlassungsberichts der Psychosomatischen Klinik Bad Dürkheim am ehesten als neurotische Depression zu qualifizieren sind. Wiederholt wurde der Wunsch nach Berentung als auffällig vermerkt. Dass die depressive Verstimmung nicht sehr tief reichte, ging aus dem Ergebnis des von Dr.S. 1984 durchgeführten Persönlichkeitstestes hervor. Ein psychovegetatives Syndrom depressiver Färbung stellt ebenso wenig eine nennenswerte Leistungsminderung für leichte körperliche Tätigkeiten dar, wie mehrmals diagnostizierte Migräne und Neuralgie. Entscheidend ist, dass die Klägerin trotz zahlreicher qualitativer Leistungseinschränkungen in der Lage war, eine Vollzeittätigkeit unter den in Betrieben in der Regel üblichen Arbeitsbedingungen zu verrichten. Sie war auch nicht gehindert, geeignete Arbeitsplätze von ihrer Wohnung aus aufzusuchen. Da sie noch vollschichtig verwendbar war, bot sich ihr im maßgeblichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein so breites Tätigkeitsfeld, dass ihr der allgemeine Arbeitsmarkt praktisch nicht verschlossen war. Etwas anderes hätte nur zu gelten, wenn wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifischer Leistungsbehinderungen eine konkrete Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarkts benannt werde müsste, die der vollschichtig einsatzfähigen Versicherten noch zumutbar wäre. Das positive Leistungsvermögen der Klägerin ist jedoch noch dergestalt, dass das Tätigkeitsfeld ungelernter leichter körperlicher Tätigkeit nur verhältnismäßig gering eingeschränkt ist. Angesichts der erhaltenen Funktionstüchtigkeit der oberen Extremitäten, der Sinnesorgane und der erhaltenen Mobilität erscheint die Klägerin für eine Vielzahl von Tätigkeiten wie Kontrollieren, Sortieren, Verpacken, Abnehmen und Zureichen etc. einsatzfähig. Die Klägerin war daher weder erwerbsunfähig noch berufsunfähig. Mangels medizinischer Unterlagen ist ein frühestmöglicher Versicherungsfall allenfalls am 18.04.1986 denkbar, als im Auftrag des OLG Frankfurt vom Gesundheitsamt P. ein Gutachten erstellt worden ist. Ausgehend hiervon erfüllt die Klägerin die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht. In den letzten fünf Jahren davor hat die Klägerin keine drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung zurückgelegt. Im danach maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 17.04. 1981 bis 17.04.1986 liegen keine Pflichtbeiträge und eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung von lediglich 28 Monaten vor. Die Verlängerung des Bemessungszeitraums kann also allenfalls 28 Pflichtbeiträge ergeben, hingegen keine 36. Weil der Versicherungsfall nicht vor dem 01.01.1984 eingetreten ist, scheidet auch eine Anspruchsbegründung über § 240 Abs.2 und § 241 Abs.2 SGB VI aus. Bei einem Versicherungsfall bis zum 30.06.1984 wäre eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht notwendig gewesen (Art.2 § 6 ArVNG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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