L 9 AL 21/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AL 291/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 21/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 17. September 1998 wird zurückgewiesen.
II. Die Klage auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab 16. November 1995 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten des zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab 22.11.1994 streitig.

I.

Der am 1958 in Bremen geborene ledige Kläger, der über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, stand seit 06.06.1979 im Wesentlichen - unterbrochen u.a. durch den Wehrdienst - im Leistungsbezug der Beklagten. Zuletzt wurde ihm durch Bescheid vom 19.08.1994 Alhi ab 04.08.1994 in Höhe von DM 186,- wöchentlich bewilligt (BE DM 510,-; Leistungssatz 53 v.H.; Leistungsgruppe A/0). Am 04.10.1994 unterbreitete ihm die Beklagte unter Verweis auf die angekreuzte Rechtsfolgenbelehrung "R 1" eine Vollzeit- und nach Tarif bezahlte ABM-Stelle als Gemeindearbeiter bei der Stadtverwaltung N ... Diese ab 22.11.1994 zu besetzende Stelle war mit dem Neubau von Fuß- und Radwanderwegen befasst. Besondere Anforderungen an das Leistungsvermögen oder an Kenntnisse wurden nicht gestellt. Der Kläger sollte umgehend einen Vorstellungstermin vereinbaren und im Anschluss daran das Ergebnis der Verhandlungen mitteilen.

Laut Beratungsvermerk am 19.10.1994 sprach er an diesem Tage vor und teilte mit, sich bei der Stadt vorgestellt zu haben, er könne anfangen. Aufgrund mündlich gestellter Anträge auf Übergangsgeld sowie Fahrkosten wurden ihm entsprechende Formulare ausgehändigt. Daraufhin wurde eine Veränderungsmitteilung ausgefüllt, derzufolge der Kläger sich am 22.11.1994 in Arbeit abgemeldet habe. Am 18.11.1994 meldete sich jener erneut beim Arbeitsvermittler und beantragte zusätzlich die Gewährung von Arbeitskleidung. Insoweit wurde ihm ein Antragsformular zugesandt. Am selben Tag wurden auch die Lohnsteuerkarte und der Sozialversicherungausweis zurückgesandt. Schließlich wurde die Alhi-Bewilligung ab 22.11.1994 wegen Arbeitsaufnahme aufgehoben (Bescheid vom 22.11.1994).

Mit Schreiben vom 24.11.1994, eingegangen am 25.11.1994, gab der Kläger unter Beifügung eines ärztlichen Attestes bekannt, ab 21.11.1994 arbeitsunfähig erkrankt zu sein. Aus den gleichen Gründen habe die Arbeitsaufnahme zum 21.11.1994 nicht erfolgen können. Das Arbeitsamt wies mit Schreiben vom 28.11.1994 darauf hin, dass die vorgelegte AU-Bescheinigung an die Stadt N. weitergeleitet werde, da ein Arbeitsvertrag geschlossen worden sei und die Stadt als Arbeitgeber zuständig sei. Künftig sollten Bescheinigungen unmittelbar dorthin gesandt werden. Dem widersprach der Kläger, da seiner Rechtsauffassung nach kein Arbeitsvertrag vorliege. Bei der Vorstellung am 19.10.1994 sei weder schriftlich noch mündlich eine Zusage gegeben worden.

Die Stadt N. teilte dem Kläger mit, dass für die Zeit vom 21.11. mit 25.11.1994 eine entsprechende AU-Bescheinigung vorliege, seit ihrem Ablauf habe er jedoch ohne jede weitere Entschuldigung die Tätigkeit nicht aufgenommen. Nach den vorliegenden Unterlagen hätte am 21.11.1994 die Tätigkeit als ABM-Kraft angetreten werden sollen. Zunächst wurde in diesem Schreiben die Rechtsauffassung vertreten, dass ein Arbeitsvertrag bisher nicht geschlossen worden sei, auch habe der Kläger offensichtlich kein Interesse an eine Tätigkeit bei der Stadt. Aus diesem Grunde sehe man sich gezwungen, ihm mitzuteilen, dass eine Beschäftigung nicht mehr in Frage komme.

Mit Schreiben vom 02.12.1994 wies das Arbeitsamt den Kläger darauf hin, dass die Stadt ihm eine Einstellungszusage erteilt habe. Dies sei vom Arbeitsvermittler B. am 19.10.1994 nochmals bestätigt worden. Er sei derzeit nicht arbeitslos gemeldet, auch sei die Leistung von Alhi wegen der Arbeitsaufnahme eingestellt worden. Sollte er die Arbeit nicht antreten oder ihm Entlassung drohen, sei in jedem Fall eine persönliche Arbeitslosmeldung erforderlich. Insoweit sah der Kläger im Schreiben vom 07.12.1994 keine Veranlassung, sich erneut arbeitslos zu melden, und fügte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum vom 05. mit 09.12.1994 bei. Die Stadt lege keinen Wert auf eine Beschäftigung, so dass eine Lohnfortzahlung von dort nicht in Frage komme.

In Abweichung von ihrer früheren Auffassung stellte die Stadt N. mit Schreiben vom 09.12.1994 klar, dass mit dem Kläger ein mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden sei, nachdem von beiden Seiten eine entsprechende Einverständniserklärung vorgelegen habe. Danach hätte jener am 21.11.1994 eine Tätigkeit als ABM-Kraft antreten sollen. Wie bereits festgestellt worden sei, sei er offensichtlich zu diesem Zeitpunkt erkrankt gewesen. Für die Zeit vom 21. mit 25.11.1994 sei durch das Arbeitsamt eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt worden, wenn auch verspätet. Ein Arbeiter sei gemäß § 18 des Bundesmanteltarifvertrages (BMT-G II) verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen. Dauere diese länger als drei Kalendertage an, habe er eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauf folgenen allgemeinen Arbeitstag vorzulegen. Dieser Verpflichtung sei der Kläger nicht nachgekommen, nach Ablauf dieser Bescheinigung habe er weiterhin ohne jede Entschuldigung die Tätigkeit nicht aufgenommen. Er sei somit seinen Arbeitspflichten nicht nachgekommen und habe eine eindeutige und schwerwiegende Pflichtverletzung im Leistungsbereich begangen. Aus diesem Grunde sehe man sich gezwungen, das mit ihm bestehende Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Eine Fortsetzung sei unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung beider Interessen nicht mehr zumutbar.

In der Stellungnahme vom 25.11.1994 zum Vorstellungsgespräch des Klägers vom 25.12.1994 teilte die Stadt mit, der Kläger werde am 22.11.1994 eingestellt, sei allerdings bis zum 25.11. 1994 nicht erschienen.

Gegen den Aufhebungsbescheid vom 22.11.1994 wandte der Kläger ein, er habe seine Arbeitsunfähigkeit mit Schreiben vom 24.11. angezeigt. Im Übrigen sei ein Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden, denn er selbst habe keine Zusage erteilt. Sein Leistungsanspruch lebe daher wieder auf.

Einer Einladung vom 24.01.1995 zur Vorsprache am 27.01.1995 (zugestellt 25.01.1995) folgte der Kläger nicht. Daraufhin wurde er mit Schreiben vom 30.01.1995 zum 03.02.1995 vorgeladen. Die Zustellung erfolgte einerseits durch Postzustellungsurkunde, andererseits durch Einschreiben mit Rückschein. Laut ersterer wurde die Einladung am 31.01.1995 beim Postamt P. niedergelegt. Das Einschreiben mit Rückschein, welches an das vom Kläger benannte Postfach in P. gerichtet war, wurde vom Kläger erst am 06.02.1995 abgeholt.

Am 16.11.1995 stellte der Kläger Wiederbewilligungsantrag und meldete sich arbeitslos. Dieser Antrag ist nach Aktenlage nicht verbeschieden worden.

Mit Schreiben vom 03.04.1996 teilte der Kläger in Ergänzung des Widerspruchsschreibens vom 27.12.1994 mit, er begehre nur Leistungen bis zum 27.01.1995. Ab dem 28.01.1995 stehe ihm auch nach seiner Auffassung kein Leistungsanspruch zu. Nach einer Mitteilung der H. Ersatzkasse lagen AU-Meldungen lediglich für den Zeitraum 21.11. mit 09.12.1994 vor. Durch Bescheid vom 09.07.1996 stellte die Beklagte wegen der o.a. Meldeversäumnisse das Ruhen des Leistungsanspruchs bis zur erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung am 16.11.1995 fest. Der Kläger habe den innerhalb von zwei Wochen liegenden zwei Meldeterminen trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht Folge geleistet und hierfür keine wichtigen Gründe mitgeteilt. Nach der Rechtsmittelbelehrung wurde dieser Bescheid gemäß § 86 Abs.1 SGG vom Widerspruch miterfasst.

Der Rechtsbehelf wurde durch Widerspruchsbescheid vom 09.08. 1996 zurückgewiesen. In Abänderung des Ausgangsbescheides sei der Aufhebung der Alhi-Bewilligung nicht nur der Beginn eines Vertragsverhältnisses zugrunde zu legen, sondern auch das Erlöschen des Anspruchs gemäß § 119 Abs.3 AFG. Ferner sei festzustellen, dass zumindest ab diesem Zeitpunkt die Verfügbarkeit im Sinne des § 103 AFG nicht mehr vorliege bzw. der Leistungsanspruch spätestens ab 28.01.1995 wegen des Eintritts von Säumniszeiten geruht habe. Es stehe zweifelsfrei fest, dass am 19.10.1994 durch mündlichen Vertrag ein Arbeitsverhältnis begründet worden sei. Nicht rechtserheblich sei, dass als Beginn der tatsächlichen Beschäftigung ein späterer Zeitpunkt vereinbart worden sei bzw. diese Beschäftigung nicht aufgenommen werden konnte. Es genüge insoweit, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich sich der Verfügungsgewalt des neuen Arbeitgebers unterstelle und damit Angehöriger des Betriebes werde. Er habe gegenüber der Stadt N. zu keinem Zeitpunkt konkret zu erkennen gegeben, dass er kein Beschäftigungsverhältnis begründen wolle, im Gegenteil auch konkludent seinen Willen am Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses bekundet. Der Kläger habe seine Verpflichtung verletzt, den Arbeitgeber unverzüglich in irgendeiner Form vom Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zu unterrichten. Wichtige Gründe hierfür seien nicht erkennbar. Dadurch sei zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt worden.

Da bereits nach Bestehen des Leistungsanspruchs ein zweites Mal Anlass für den Eintritt einer Sperrzeit gegeben worden sei, erlösche der Anspruch auf Alhi gemäß § 119 Abs.3 AFG i.V.m. § 134 Abs.4 AFG. Unabhängig davon wäre der Anspruch auf Alhi, sofern er noch bestanden hätte, wegen Eintritts von Säumniszeiten für die Zeit vom 28.01.1995 bis zur erneuten persönlichen Arbeitslosmeldung am 16.11.1995 zum Ruhen gekommen. Er habe nämlich ohne wichtigen Grund innerhalb einer Frist von zwei Wochen mindestens zwei Termine ohne wichtigen Grund versäumt und hierdurch eine verlängerte Säumniszeit bis zur erneuten Arbeitslosmeldung erwirkt. Schließlich sei der Kläger nicht mehr verfügbar. Aufgrund seiner mangelnden Arbeitsbereitschaft erfülle er das Erfordernis der subjektiven Verfügbarkeit nicht mehr, er habe über einen längeren Zeitraum hinweg Einladungen der Dienststelle N. nicht Folge geleistet und langjährige Vermittlungsbemühungen vereitelt.

Mit einem am 09.04.1996 eingegangenen Schreiben habe er im Übrigen sein Leistungsbegehren mit Ablauf des 27.01.1995 befristet. Diese Befristung sei offenkundig zur Umgehung von weiteren nach Aktenlage unter Umständen eintretenden Rechtsnachteilen erfolgt.

II.

Mit der zum SG Regensburg erhobenen Klage begehrte der Kläger die Aufhebung der streitbefangenen Bescheide. Der Aufhebungsbescheid sei rechtswidrig, ein Arbeitsvertrag sei nicht geschlossen worden. Er hätte sich damals eine Bedenkzeit erbeten, und erst danach eine Zusage geben wollen. Damit sei der Arbeitgeber einverstanden gewesen. Selbst wenn ein Arbeitsvertrag geschlossen worden wäre, hätte ihm nicht mangels Abmahnung gekündigt werden dürfen, so dass eine Sperrzeit nicht eingetreten sei. Ein Erlöschen des Anspruchs komme schon deswegen nicht in Betracht, da die Rechtsfolgenbelehrung nach "R 1" und nicht nach "R 2" erfolgt sei. Auch sei die Verfügbarkeit weiterhin gegeben, da er sich zumindest sei 16.11.1995 regelmäßig gemeldet habe. Er habe auch keinesfalls Vermittlungsbemühungen vereitelt.

Eine Auskunft der Stadtverwaltung N. hat ergeben, dass die ABM-Stelle mit der Reinigung von Parkhäusern und Helfertätigkeiten mit Handwerkern befasst gewesen sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17.09.1998 erging nach Aktenlage klageabweisendes Urteil. Der Kläger habe seinen Widerspruch teilweise zurückgenommen. Insoweit sei die Klage ab 28.01.1995 unbegründet und der Bescheid vom 22.11.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1996 bindend geworden. Aufgrund des vorliegenden Säumnisbescheides sei der Anspruch nämlich bis zur erneuten Arbeitslosmeldung zum Ruhen gekommen, wie der Kläger im Widerspruchsverfahren selbst vorgetragen habe.

Hinsichtlich des Zeitraums 22.11.1994 bis 27.01.1995 stehe außer vernünftigem Zweifel, dass zwischen dem Kläger und der Stadt N. am 19.10.1994 eine mündliche Vereinbarung zustande gekommen sei, wonach eine Einstellung ab 22.11.1994 als ABM-Kraft erfolgen sollte. Dies ergebe sich aus den vorhandenen Eintragungen in den Unterlagen der Stadt N. , entscheidend insbesondere auch aus dem eigenen Verhalten des Klägers, der in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an das Einstellungsgespräch unter ausdrücklicher Bezugnahme hierauf Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme und noch einmal kurz vor der vereinbarten Arbeitsaufnahme der Arbeit am 18.11.1994 beantragt habe. Auf jeden Fall habe der Kläger ab dem vereinbarten Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme aus rechtlichen Gründen der Arbeitsvermittlung nicht mehr zur Verfügung gestanden, so dass jedenfalls für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi wegen Wegfalls der objektiven Verfügbarkeit entfallen sei. Hinzu komme entscheidend, dass der Kläger mit seinem Anspruch auf Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme konkludent seine persönliche Arbeitslosmeldung für die Zeit ab der angekündigten Beschäftigung rückgängig gemacht habe, womit jedenfalls die tatbestandlichen Voraussetzungen auf Fortzahlung entfallen seien.

Wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse habe die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Alhi ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Verhältnisse aufgehoben, § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X.

III.

Mit der zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt der Kläger vor, nach richtiger Auslegung des Urteils sei eine Sperrzeit nicht verwirkt, da ein Arbeitsvertrag nicht geschlossen worden sei. Demgegenüber macht die Beklagte geltend, es sei vom Abschluss eines Arbeitsvertrages auszugehen. Das ergebe sich nicht nur aus der Darstellung der Stadt N. , sondern auch aus dem Verhalten des Klägers, welcher im Übrigen gegenüber dem Amt bekundet habe, die Arbeitsaufnahme sei an der Arbeitsunfähigkeit gescheitert, er habe sich also selbst gebunden gesehen.

Der Senat hat neben der Streitakte des ersten Rechtszuges die Leistungsakten der Beklagten beigezogen.

Der Kläger beantragt, das Urteil des SG Regensburg vom 17.09.1998 sowie den Bescheid vom 22.11.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Alhi für die Zeit vom 22.11.1994 bis 27.01.1995 sowie ab 16.11.1995 zu ge- währen.

Die Beklagte widerspricht der Klageänderung und beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Regensburg vom 17.09.1998 zurückzuweisen.

Der Senat hat den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers durch Beschluss vom 24.04.2002 abgelehnt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Streitakten beider Rechtszüge sowie der Leistungsakten der Beklagten Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift der Senatssitzung vom 27.02.2003.

Entscheidungsgründe:

Die mangels einer Beschränkung gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) grundsätzlich statthafte, im Übrigen form- und fristgerecht eingelegte, und insgesamt zulässige Berufung des Klägers, §§ 143 ff. SGG, erweist sich als in der Sache nicht begründet. Zutreffend hat das SG die Klage abgewiesen.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nur noch der Bescheid vom 22.11.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.08. 1996, mit dem die Leistungsbewilligung ab 22.11.1994 aufgehoben worden ist.

Infolge der teilweisen Rücknahme des Widerspruchs vom 27.12.1994 ist der Aufhebungsbescheid ab 28.01.1995 bis zur Beendigung des Bewilligungsabschnitts mit Ablauf des 03.08.1995 bestandskräftig geworden. Darüber hinaus hat der Kläger den Säumnisbescheid vom 09.07.1996 weder im sozialgerichtlichem noch im Berufungsverfahren substantiiert angegriffen und schießlich Ansprüche im Zeitraum 28.01. mit 15.11.1995 nicht erhoben. Auch insoweit ist Bestandskraft eingetreten, § 77 SGG.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren im Wege der Klageänderung die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alhi ab 16.11.1995 begehrt, ist ein Verwaltungsakt nicht ergangen. Der Antrag vom 16.11.1995 ist nämlich nach Aktenlage noch nicht verbeschieden. Die Beklagte hat der Klageänderung nicht zugestimmt, auch ist Sachdienlichkeit nicht gegeben, § 99 SGG.

Hinsichtlich der Aufhebung der Alhi-Bewilligung ab 22.11.1994 stimmt der Senat der vom SG bestätigten Auffassung der Beklagten zu, dass zwischen dem Kläger und der Stadt N. am 19.10.1994 ein Arbeitsverhältnis unabhängig davon wirksam begründet worden ist, dass der Antritt der Beschäftigung erst zum 22.11. 1994 erfolgen sollte. Aufgrund der Stellungnahme der Stadt N. einerseits sowie der Angaben des Klägers laut Beratungsvermerk und schließlich aufgrund dessen konkludenten Handelns durch die Anträge auf Förderung der Arbeitsaufnahme steht dies zur Überzeugung des erkennenden Senates fest. So hat sich die Stadt N. auf der Rückseite des für sie gedachten Vermittlungsvorschlags vom 04.10.1994 bereits am 25.11.1994 ausdrücklich geäußert: Der Bewerber wird am 22.11.1994 bis 21.11.1995 eingestellt, er ist allerdings bis 25.11.1994 noch nicht erschienen. Gleichlautend hat der Kläger sich am 19.10.1994 gegenüber dem zuständigen Arbeitsvermittler B. bei einer persönlichen Vorsprache geäußert, er habe sich bei der Stadt vorgestellt und könne anfangen.

Dies lässt keine vernünftigen Zweifel daran offen, dass gleichlautende Erklärungen hinsichtlich einer Einigung über die Parteien des Arbeitsverhältnisses, die einschlägige Arbeit und die Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses wie im Vermittlungsvorschlag konkretisiert vorliegen. Insoweit bleibt für die später vom Kläger behauptete Bedenkzeit kein Raum. Die im Schreiben der Stadt N. vom 01.12.1994 missverständliche Passage: "Wir stellen hierzu fest, dass bislang ein Arbeitsvertrag mit Ihnen nicht geschlossen wurde", steht hierzu nicht notwendig in einem diametralen Gegensatz. Denn der erste Absatz des Schreibens beginnt mit der Passage:"Nach unseren Unterlagen sollten Sie am 21.11.1994 eine Tätigkeit antreten". Darüber hinaus ging die Stadt offensichtlich von einer Pflicht zur Vorlage einer AU-Bescheinigung und von einer weiter bestehenden Verpflichtung zur Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses aus, ansonsten wäre das Schreiben in sich nicht verständlich. Weitere Äußerungen beziehen sich auf Erfahrung mit dem Kläger aus dem Jahre 1991, als es ebenfalls nicht zu einer Arbeitsaufnahme gekommen ist (vgl. Beschluss des Senates vom 17.05.1999, L 9 AL 111/94).

Aufgrund der weiteren Korrespondenz hat die Stadt dann auch mit Schreiben vom 09.12.1994 klar gestellt, dass ein Arbeitsvertrag in mündlicher Form geschlossen wurde. Dies sei mit dem voraus- gegangenen Schreiben im Übrigen auch nicht in Abrede gestellt worden. Infolge der nicht rechtzeitigen Erfüllung der Obliegenheiten eines städtischen Arbeiters hat die Stadt daraufhin das Beschäftigungsverhältnis fristlos gekündigt. Im Übrigen hat der Kläger infolge der beiden Anträge auf Förderung der Arbeitsaufnahme vom 19.10. und 18.11.1994 selbst entscheidende Indizien für einen mündlich geschlossenen Arbeitsvertrag und dessen bevorstehenden Vollzug geliefert. Seine Äußerung im Beratungsvermerk vom 19.10.1994 hat das Erstgericht mit Recht dahin ausgelegt, dass jener seine persönliche Arbeitslosmeldung ohne Einschränkung rückgängig gemacht und damit zu erkennen gegeben hat, das der bisher vorliegende Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit abgeschlossen war. Daher ist der Senat, der von den zeitnahen Einlassung des Klägers ausgeht, insoweit ebenso wenig wie das Sozialgericht gehalten, nach mehr als acht Jahren den Sachverhalt weiter aufzuklären.

Verfahrensrechtlich ergibt sich die Berechtigung zur Aufhebung des vorgenannten Sachverhaltes allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 48 SGB X. Hinsichtlich der Aufhebung für die Zukunft, also ab dem Zeitpunkt, zu dem der Aufhebungsbescheid vom 22.11.1994 dem Kläger bekanntgegeben worden ist, ergibt sich die Befugnis ohne weiteres aus § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X. Insoweit kommt es auf eine etwaige zumindest grobe Fahrlässigkeit des Klägers nicht an. Soweit jedoch eine rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung vorliegt, war sie nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X gerechtfertigt; denn der Kläger musste auch bei Anwendung nur geringer Sorgfalt wissen, dass er nach einer Abmeldung in Arbeit und der Rücknahme der Arbeitslosmeldung keinen Anspruch auf Alhi mehr haben konnte. Soweit schließlich die Beklagte daneben den Bescheid vom 09.07.1996 erlassen hat, der rückwirkend eine Säumniszeit und damit ein Ruhen im Zeitraum 28.01.1995 bis 16.11.1995 festgestellt hat, hat der Kläger seinen Rechtsbehelf zurückgenommen. Soweit erstmals durch Widerspruchsbescheid vom 09.08.1996 zusätzlich die Verfügbarkeit rückwirkend ab 22.11. 1994 aberkannt worden ist, wirkt sich dieser Umstand, der lediglich in den Gründen ausgeführt ist, angesichts der bereits aufgrund der fehlenden Arbeitslosmeldung durch Bescheid vom 22.11. 1994 für die Zukunft aufgehobenen Bewilligung ebenso wenig aus wie das aufgrund der fehlenden Rechtsfolgenbelehrung "R 2" zu Unrecht angenommene Erlöschen des Anspruchs gemäß § 119 Abs.3 AFG.

Im Ergebnis sind die streitbefangenen Bescheide ebenso wenig zu beanstanden wie das Urteil des Sozialgerichts.

Die Kostenfolge ergibt sich aus den Vorschriften der §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf den Verfahrensausgang war die Beklagte, die für das Berufungsverfahren keine Veranlassung gegeben hat, nicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen zu verpflichten, die dem Kläger zu dessen Rechtsverfolgung entstanden sind.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor. Weder wirft dieses Urteil nämlich eine entscheidungserhebliche höchstrichterlich bisher nicht geklärte Rechtsfrage grundsätzlicher Art auf, noch weicht es ab von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht hierauf.
Rechtskraft
Aus
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