L 6 RJ 254/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 580/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 254/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25. Januar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen. -

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise - ab 01.01.2001 - auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die am 1946 geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung durchlaufen. Sie ist nach ihren Angaben zuletzt - von Februar 1984 bis März 1991 - in Heimarbeit als Kabelwerkerin versicherungspflichtig beschäftigt gewesen.

Im Versicherungsverlauf der Klägerin, die vor dem 01.01.1984 (mehr als) 60 Kalendermonate mit (Pflicht-)Beitragszeiten zurückgelegt hat und bei der ab 01.06.1978 bis 31.05.1979 (letztmals) Pflichtbeiträge wegen Kindererziehung enthalten sind, befindet sich eine Lücke vom 01.06.1979 bis 05.02.1984 (nur unterbrochen durch Pflichtbeiträge wegen Arbeitslosigkeit vom 05.05.1981 bis 01.09.1981). In diesem Zeitraum ist die Klägerin ab 02.09.1981 selbständig erwerbstätig gewesen. Der Zeitraum vom 06.02.1984 bis 20.03.1991 ist sodann voll mit rentenrechtlichen Zeiten belegt. Für den Zeitraum vom 03.04.1991 bis 12.06.1991 weist der Versicherungsverlauf der Klägerin eine Überbrückungszeit ohne Anrechnung auf wegen einer vom Arbeitsamt verhängten Sperrzeit. Die anschließende Zeit stellt sich wie folgt dar:

13.06.1991 - 31.12.1991 7 Monate Arbeitslosigkeit

01.01.1992 - 30.09.1993 21 Monate Pflichtbeiträge wegen Arbeitslosigkeit

01.10.1993 - 31.03.1995 18 Monate Berücksichtigungszeit wegen Pflegetätigkeit

01.04.1995 - 17.07.1996 7 Monate Pflichtbeiträge wegen Pflegetätigkeit

18.07.1996 - 24.09.1997 13 Monate Lücke

25.09.1997 - 04.05.1998 9 Monate Pflichtbeiträge für Pflegetätigkeit

05.05.1998 - 28.03.1999 10 Monate Lücke

29.03.1999 - 28.06.1999 3 Monate Lücke (Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug)

29.06.1999 - 04.10.2000 16 Monate Lücke

05.10.2000 - 09.10.2001 12 Monate Lücke (Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug)

10.10.2001 - 31.01.2002 3 Monate Lücke

01.02.2002 - 31.12.2002 11 Monate Lücke (versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung)

Die Klägerin gibt an (Schreiben vom 19.02.2003), sie habe sich zunächst beim Arbeitsamt arbeitssuchend gemeldet, sei dann aber dort nicht mehr als arbeitssuchend geführt worden, weil sie aus gesundheitlichen Gründen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte.

Einen ersten auf Zahlung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit gerichteten Antrag der Klägerin vom 26.02.1997 hat die Beklagte abgelehnt (Bescheid vom 14.07.1997; Widerspruchsbescheid vom 14.11.1997). Sowohl dem Bescheid vom 14.07.1997 als auch dem Widerspruchsbescheid vom 14.11.1997 war das "Merkblatt 6" (Formblatt RXM 020, Stand: 01.01.1997) beigefügt, mit dem die Klägerin über die Notwendigkeit und Möglichkeit, die Anwartschaft auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten, aufgeklärt wurde.

Den am 10.03.1999 erneut gestellten Antrag der Klägerin hat die Beklagte mit Bescheid vom 18.03.1999 und Widerspruchsbescheid vom 30.09.1999 abgelehnt, weil die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Versicherte leichte Arbeiten noch vollschichtig verrichten könne. Bezüglich des Gesundheitszustands und des beruflichen Leistungsvermögens der Klägerin stützte sich die Beklagte dabei im wesentlichen auf ein Gutachten des Arztes für Chirurgie, Sozialmedizin Dr. B. vom 9.9.1999.

Mit der am 18.10.1999 zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihren Rentenanspruch weiter. Sie könne auch keine leichten Arbeiten mehr verrichten. Zur weiteren Begründung legte sie einen Arztbrief des Radiologen Priv.-Doz. Dr. K. vom 28.10.1999 und eine "Ärztliche Stellungnahme" des Facharztes für Innere Medizin - Rheumatologie - Chirotherapie - Psychotherapie Dr. N. vom 28.01.2000 vor.

Das SG zog die Verwaltungsakten der Beklagten einschließlich der bei dieser vorhandenen Röntgenaufnahmen der Klägerin bei, erholte von der AOK Bayern, Direktion N. , eine Auskunft über Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und ärztliche Behandlungen der Klägerin, und holte Befundberichte sowie medizinische Unterlagen von den behandelnden Ärzten der Klägerin ein (Radiologe Priv.-Doz. Dr. K. , Befundbericht vom 10.07.2000; Augenarzt M. H. , Befundbericht vom 18.07.2000; Facharzt für Innere Medizin - Rheumatologie - Chirotherapie - Psychotherapie Dr. N. , Befundbericht vom 24.07.2000; HNO-Arzt Dr. E. , Befundbericht vom 25.07.2000; Facharzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie Dr. K. , Befundbericht vom 16.08.2000). Die Landwirtschaftliche Krankenkasse Niederbayern-Oberpfalz teilte dem SG mit, die Klägerin sei nicht Mitglied; vom Arbeitsamt Regensburg erhielt das SG die Auskunft, dass keine ärztlichen Unterlagen vorhanden seien.

Sodann erholte das SG von einem Arzt Dr. M. im Termin vom 20.09.2000 ein medizinisches Sachverständigengutachten. Dr. M. hielt die Klägerin für fähig, leichte Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten.

Nach Vertagung der mündlichen Verhandlung aufgrund eines Antrags nach § 109 SGG führte die Beklagte bei der Klägerin in der Fachklinik für Rehabilitation im Rheumazentrum B. vom 11.10.2000 bis 08.11.2000 ein stationäres Heilverfahren durch. Im Entlassungsbericht ist ausgeführt, dass die Klägerin noch vollschichtig arbeiten könne, dabei aber Heben, Tragen oder Bewegen schwerer Lasten, einseitige Körperhaltung sowie Streßbelastung vermeiden müsse.

In seinem im Rahmen des § 109 SGG erstatteten Gutachten vom 07.08.2001 kam der Facharzt für Innere Medizin - Rheumatologie - Chirotherapie - Psychotherapie Dr. N. zum Ergebnis, die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit mit gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen.

Nach einer diesbezüglich kritischen Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten/Internist Dr. R. vom 27.08.2001 erholte das SG ein Gutachten von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Sportmedizin Dr. G. (vom 1.12.2001). Dr. G. hielt die Klägerin für vollschichtig einsetzbar für Arbeiten ohne Streßbelastung sowie ohne Akkord- oder Wechselschichtbedingungen.

In einem nun von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Arbeitsamts Regensburg, Dienststelle N. , vom 28.09.2001 wird die Auffassung vertreten, die Klägerin könne täglich nur noch weniger als drei Stunden arbeiten.

Mit Urteil vom 25.01.2002 wies das SG die Klage ab. Es folgte den Dres. M. und G ... Die auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbare Klägerin sei vollschichtig leistungsfähig.

Am 22.05.2002 ging die Berufung der Klägerin gegen dieses ihr am 26.04.2002 zugestellte Urteil beim Bayer. Landessozialgericht ein. Zur Begründung trug sie vor (Schreiben vom 16.07.2002), ihr Gesundheitszustand sei von Dr. N. zutreffend beurteilt worden; seine Auffassung werde auch von dem medizinischen Sachverständigen des Arbeitsamts vertreten. Insbesondere sei auf ihre Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet, vor allem das Fibromyalgiesyndrom, hinzuweisen. Sie fügte ihrer Berufungsbegründung die bereits dem SG vorgelegten Unterlagen bei (Arztbrief Dr. K. vom 28.10.1999; "Ärztliche Stellungnahme" Dr. N. vom 28.01.2000; arbeitsamtsärztliches Gutachten vom 28.09.2001).

Der Senat zog die Klageakten des SG Regensburg und die Verwaltungsakten der Beklagten bei. In einer vom Senat erholten Auskunft des letzten Arbeitgebers der Klägerin, der Firma D. Deutschland GmbH, vom 05.08.2002 ist ausgeführt, die Klägerin habe als Kabelwerkerin eine ungelernte Tätigkeit ausgeübt, die eine Anlernzeit von vier bis acht Wochen erfordere. Die Einstufung sei nach Lohngruppe 5 (sc. des Tarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer der bayerischen Metallindustrie) erfolgt. Außerdem holte der Senat medizinische Sachverständigengutachten ein von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. (Gutachten vom 06.11.2002), von dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. (Gutachten vom 04.11.2002) und von dem Internisten Dr. E. (Gutachten vom 25.11.2002).

Dr. K. erhob bei der Klägerin nervenärztlicherseits eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und einen lumbalen Bandscheibenvorfall ohne verwertbare radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen.

Dr. L. stellte auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen fest:

1. Beginnende Heberden-Arthrose D II und D III beidseits, Rhi zarthrose links bei Ausübbarkeit der Grob- und Feingriffor men und glaubwürdigen subjektiven Beschwerden.

2. Leichtgradiges Halswirbelsäulen-Schulter-Arm- und Lendenwir belsäulen-Syndrom mit sich daraus ergebendem Funktionsdefi zit ohne Zeichen eines peripher?neurogenen Defekts.

3. Vena-saphena-parva-Varikosis ohne Ulcusleiden der Haut.

4. Arthralgie linkes Sprunggelenk, ausgeprägte Senkspreizfüße beidseits bei Hallux-valgus-Deformität mit der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel.

Aus internistischer Sicht diagnostizierte Dr. E.:

1. Ausgeprägtes Schmerzsyndrom (differenzialdiagnostisch: so matoformes Schmerzsyndrom bzw. primäres oder sekundäres Fi bromyalgie-Syndrom).

2. Arterieller Hypertonus.

3. Varikosis rechts.

4. Gefäßrisikofaktoren: a) Adipositas Grad I; b) Hyperlipidä mie; c) Verdacht auf beginnenden Diabetes mellitus.

5. Leichte Stressinkontinenz.

6. Nebenbefundlich: Struma diffusa, kleine Leberzyste.

Dr. E. schloß sich in seiner zusammenfassenden Würdigung des Begutachtungsergebnisses der Auffassung von Dr. K. an, dass die Klägerin aufgrund des nervenärztlich-psychiatrischen Befundes jetzt nicht mehr in der Lage sei, eine vollschichtige Erwerbsätigkeit auszuüben. Ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom März 1999 habe die Klägerin unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses zunächst noch vollschichtig (acht Stunden täglich) arbeiten können. Ab dem Zeitpunkt der jetzigen Begutachtung durch Dr. K. im November 2002 sei lediglich ein täglich vier- bis fünfstündiges Leistungsvermögen gegeben.

Mit Schreiben vom 13.01.2003 anerkannte die Beklagte bei der Klägerin das Vorliegen von voller Erwerbsminderung ab 04.11.2002; eine Rentenleistung könne jedoch nicht erfolgen, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht mehr erfüllt seien.

Die Klägerin vertrat die Auffassung (Schreiben vom 19.02.2003), sie sei bereits seit dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom März 1999 voll erwerbsgemindert. Diesbezüglich legte sie weitere medizinische Unterlagen vor (Rheumazentrum B./Dres. W. und D. , Arztbrief vom 28.08.1996; Allgemeinarzt Dr. R. , Ärztliche Bescheinigung vom 22.05.2003; Facharzt für Chirurgie, Sportmedizin Dr. S. , Fachärztliche Bescheinigung vom 03.05.2003; Radiologe Priv.-Doz. Dr. K. , Arztbrief vom 28.10.1999 und vom 26.2.2002; Chefarzt der Radiologie im Klinikum des Landkreises N. Dr. M. , CT-Befund vom 19.08.1996).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 25.01.2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 01.04.1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, weiter hilfsweise - ab 01.01.2001 - Rente wegen voller Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten - Verwaltungsakten der Beklagten; Klageakte des SG Regensburg - und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG Regensburg vom 25.1.2002 ist nicht zu beanstanden, weil die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit und auch keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Anspruch der Klägerin auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist wegen der Antragstellung vor dem 31.03.2001 an den Vorschriften des SGB VI in der bis 31.12.2000 geltenden alten Fassung (a.F.) zu messen, da geltend gemacht ist, dass dieser Anspruch bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01.01.2001 besteht, vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI. Für den Anspruch der Klägerin sind aber auch die Vorschriften des SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden neuen Fassung (n.F.) maßgebend, soweit sinngemäß auch (hilfsweise) vorgetragen ist, dass jedenfalls ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung seit einem Zeitpunkt nach dem 31.12.2000 gegeben sei, vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI.

Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (zum Begriff vgl. § 33 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB VI a.F.) nach den §§ 43 Abs. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F., weil die Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht bis spätestens Dezember 2000 eingetreten war (vgl. wegen des Zeitpunkts Dezember das BSG-Urteil vom 23.06.1994 - 4 RA 70/93 = SozR 3-2600 § 300 Nr. 3), wobei ohnehin im Hinblick auf die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen diese spätestens im Mai 1999 hätten vorliegen müssen.

Bei der Klägerin hat seit dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom 10.03.1999 bis 03.11.2002 Berufsunfähigkeit im Sinn des § 43 Abs. 2 SGB VI a.F. wie auch im Sinn des wörtlich übereinstimmenden § 240 Abs. 2 SGB VI n.F. nicht vorgelegen, weil hiernach nur solche Versicherte berufsunfähig sind, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt hierbei alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit sind von der Klägerin bis 03.11.2002 nicht erfüllt worden.

Das nach Satz 1 dieser Vorschriften zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ist vor dem 04.11.2002 bereits eingeschränkt gewesen. Sie hat aber unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses körperlich leichte und geistig einfache Arbeiten mit der Möglichkeit zum gelegentlichen Wechsel der Körperposition noch vollschichtig (acht Stunden täglich) verrichten können. Hierbei sind dauerhaft stehende Tätigkeiten ebenso zu vermeiden gewesen wie Heben oder Tragen von Lasten über 7,5 kg, Tätigkeiten, welche an Kraft und Geschicklichkeit der Finger beider Hände besondere Ansprüche gestellt hätten, häufiges Bücken, Zwangshaltungen sowie Arbeiten an Maschinen oder am Fließband. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte haben nicht vorgelegen, da die Klägerin die durchschnittlich erforderlichen Fußwege hat zurücklegen können (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Sie ist auch noch in der Lage gewesen, sich auf eine neue einfache Berufstätigkeit umzustellen.

Dieses berufliche Leistungsvermögen der Klägerin ergibt sich vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. , des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. und des Internisten Dr. E ... Der Senat schließt sich diesen schlüssigen und überzeugenden Gutachten an.

Bei der Klägerin liegen jetzt folgende wesentlichen Gesundheitsstörungen vor:

- Somatoforme Schmerzstörung (differenzialdiagnostisch: somato formes Schmerzsyndrom bzw. primäres oder sekundäres Fi bromyalgie-Syndrom).

- lumbalen Bandscheibenvorfall ohne verwertbare radikuläre Reiz- oder Ausfallserscheinungen.

- Beginnende Heberden-Arthrose D II und D III beidseits, Rhiz arthrose links bei Ausübbarkeit der Grob- und Feingrifformen und glaubwürdigen subjektiven Beschwerden.

- Leichtgradiges Halswirbelsäulen-Schulter-Arm- und Lendenwir belsäulen-Syndrom mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defekts.

- Vena-saphena-parva-Varikosis ohne Ulcusleiden der Haut.

- Arthralgie linkes Sprunggelenk, ausgeprägte Senkspreizfüße beidseits bei Hallux-valgus-Deformität mit der Notwendigkeit des Tragens orthopädischer Hilfsmittel.

- Arterieller Hypertonus.

- Varikosis rechts.

- Gefäßrisikofaktoren: a) Adipositas Grad I; b) Hyperlipid ämie; c) Verdacht auf beginnenden Diabetes mellitus.

- Leichte Stressinkontinenz.

- Nebenbefundlich: Struma diffusa, kleine Leberzyste.

Ganz im Vordergrund der Symptomatik steht bei der Klägerin ein ausgeprägtes Schmerzsyndrom. Aus nervenärztlicher Sicht wird eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Aus internistischer Sicht lässt sich ein primäres Fibromyalgie-Syndrom, wie vordiagnostiziert, definitionsgemäß derzeit nicht bestätigen. Es ist im Anschluss an Dr. K. davon auszugehen, dass es sich bei der Fibromyalgie letztendlich um eine somatoforme Schmerzstörung handelt, nicht zuletzt deswegen, weil viele Patienten mit einem sogenannten Fibromyalgie-Syndrom psychopathologisch auffällig sind. Der psychiatrische Befund der Klägerin ist auch deutlich pathologisch, wohingegen neurologisch keine funktionell bedeutsamen Ausfälle vorliegen. Die seit Jahren bestehende seelische Problematik hat zu einer auf die körperliche Ebene projizierte Schmerzsymptomatik geführt. Gegenüber den Vorbefunden ist eine deutliche Verschlechterung festzustellen. Derzeit ist die Klägerin aufgrund des nervenärztlich-psychiatrischen Befundes nicht in der Lage, eine vollschichtige Erwerbsätigkeit auszuüben. Die außer dem Schmerzsyndrom auf internistischem Fachgebiet nachgewiesenen Gesundheitsstörungen haben noch zu keinen schwerwiegenden Funktionsstörungen geführt. Es sind deshalb lediglich einzelne qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen. Eine quantitative Leistungseinschränkung ist aufgrund der internistischen Gesundheitsstörungen nicht gerechtfertigt. Auch die Erkrankungen des orthopädischen Fachgebiets haben noch zu keiner wesentlichen Leistungseinschränkung, insbesondere noch zu keiner quantitativen Einschränkung geführt. Die Funktionsdefizite im Halswirbelsäulen-, Lendenwirbelsäulen- und Schulterbereich sind nur als leichtgradig zu bezeichnen. Zu fordern ist deshalb ein gelegentlicher Wechsel der Körperposition. Das Greifvermögen ist durch die Fingergelenksarthrosen nicht beeinträchtigt. Ab dem Zeitpunkt des Rentenantrags vom März 1999 hat die Klägerin unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses noch vollschichtig (acht Stunden) arbeiten können. Ab dem Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. K. im November 2002 ist lediglich ein vier- bis fünfstündiges Leistungsvermögen gegeben.

Die von der Klägerin nach Abschluß der Begutachtungen vorgelegten medizinischen Unterlagen (Rheumazentrum B./Dres. W. und D. , Arztbrief vom 28.08.1996; Allgemeinarzt Dr. R. , Ärztliche Bescheinigung vom 22.05.2003; Facharzt für Chirurgie, Sportmedizin Dr. S. , Fachärztliche Bescheinigung vom 03.05.2003; Radiologe Priv.-Doz. Dr. K. , Arztbrief vom 28.10.1999 und vom 26.02.2002; Chefarzt der Radiologie im Klinikum des Landkreises N. Dr. M. , CT-Befund vom 19.08.1996) sind ohne Beweiswert. Es werden nämlich nur bekannte Befunde aufgeführt, die nicht zum beruflichen Leistungsvermögen in Beziehung gesetzt werden; eine Auseinandersetzung mit den vorliegenden Gutachten findet zudem auch in Ansätzen nicht statt.

Nach dem - im vorliegenden Fall bis 03.11.2002 vollschichtigen - beruflichen Leistungsvermögen ist weiterer Ausgangspunkt für die Feststellung der Berufsunfähigkeit der Hauptberuf des Versicherten. Bei dessen Bestimmung ist grundsätzlich von der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit auszugehen (vgl. KassKomm-Niesel § 43 SGB VI Rdnr. 21 ff. mit weiteren Nachweisen), somit von dem einer Kabelwerkerin, wie ihn die Klägerin bei der Fa. D. ausgeübt hat.

Auch wenn die Klägerin ihren maßgeblichen Beruf vor November 2002 bereits nicht mehr hat ausüben können, ist sie dennoch nicht berufsunfähig gewesen. Für die Annahme von Berufsunfähigkeit reicht es nämlich nicht aus, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann; vielmehr sind - wie sich aus § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a.F., § 240 Abs. 2 SGB VI n.F. ergibt - Versicherte nur dann berufsunfähig, wenn ihnen auch die Verweisung auf andere Berufstätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen oder sozial nicht mehr zumutbar ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. u.a. SozR 2200 1246 Nr. 138).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der sozialen Wertigkeit des bisherigen Berufs. Um diese zu beurteilen, hat das BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als 2 Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu 2 Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 138 und 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht auschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. z.B. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 27 und 33). Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143 m.w.N.; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5).

Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die Klägerin der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters, und zwar des unteren Bereichs (Ausbildungs- oder Anlernzeit von 3 Monaten bis zu einem Jahr, vgl. BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 35/93 = SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45), zuzuordnen. Dies ergibt sich aus der tariflichen Einstufung ihrer Berufstätigkeit in die Lohngruppe 5 des Tarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmer der bayerischen Metallindustrie (zwei Stufen unter der untersten Facharbeiterlohngruppe 7).

Als angelernter Arbeiterin des unteren Bereichs ist der Klägerin zur Abwendung von Berufsunfähigkeit die Verweisung auf praktisch alle - auch ungelernte - Berufstätigkeiten sozial zumutbar gewesen, denen sie körperlich, geistig und seelisch gewachsen ist. Der Benennung eines konkreten Verweisungsberufs bedarf es dabei grundsätzlich nicht. Auch hat bei der Klägerin weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorgelegen, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auch bei einer Versicherten erforderlich machen würde, die der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen ist. Ob der Klägerin ein Arbeitsplatz auf dem Gesamtgebiet der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich vermittelt hätte werden können, ist rechtlich unerheblich, da bei vollschichtig einsatzfähigen Versicherten der Arbeitsmarkt als offen anzusehen ist und das Risiko der Arbeitsvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist; dementsprechend bestimmt § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI, dass nicht berufsunfähig ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, und dass hierbei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist (vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend den Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).

Die Klägerin, die nicht berufsunfähig gewesen ist, weil sie auf eine andere Berufstätigkeit verweisbar gewesen ist, ist erst recht nicht erwerbsunfähig im Sinn der noch strengeren Vorschrift des § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB VI a.F. gewesen.

Auch nach § 240 SGB VI n.F. hat die Klägerin ab 01.01.2001 keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, weil sie - wie bereits erörtert - bis 03.11.2002 nicht berufsunfähig im Sinn des zweiten Absatzes dieser Vorschrift gewesen ist.

Die Klägerin, die seit 04.11.2002 aufgrund ihres nur noch vier- bis fünfstündigen Leistungsvermögens unter Berücksichtigung der Verschlossenheit des Arbeitsmarkts voll erwerbsgemindert ist, hat dennoch ab 01.12.2002 (§ 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI) keinen Anspruch auf die entsprechende Rente gemäß § 43 Abs. 2 SGB VI n.F.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI n.F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nämlich nur, wenn sie - neben anderen Voraussetzungen - in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt die Klägerin nur bis zu einem (nicht gegebenen, vgl. oben) Eintritt der Erwerbsminderung spätestens im Mai 1999: der Zeitraum 01.11.1992 bis 04.05.1998 enthält gerade noch drei Jahre Pflichtbeitragszeiten und 13 Monate Lücke; der Fünf-Jahres-Zeitraum gestattet insgesamt 24 Monate Lücke, so dass an den Mai 1998 noch 11 Monate Lücke angefügt werden können, ohne dass der Fünf-Jahres-Zeitraum überschritten wäre, mit dem Ergebnis, dass der Fünf-Jahres-Zeitraum im April 1999 endet. Da aber - wie oben ausgeführt - die Erwerbsminderung nicht noch im Mai 1999 eingetreten ist, sondern erst im November 2002, hat die Klägerin im Fünf-Jahres-Zeitraum vor November 2002 keine drei Jahre Pflichtbeiträge, sondern nur sieben Monate (so auch zutreffend die Beklagte in der Anlage zu ihrem Schreiben vom 13.01.2003).

Gemäß § 43 Abs. 4 SGB VI n.F. verlängert sich der Fünf-Jahres-Zeitraum um darin liegende Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Nr. 1 und 3), um Berücksichtigungszeiten (Nr. 2) und Ausbildungszeiten (Nr. 4). Solche Verlängerungstatbestände, die ab Januar 1991 vorliegen müßten, sind bei der Klägerin in den Lücken vom 18.07.1996 bis 24.09.1997 sowie ab 05.05.1998 nicht ersichtlich:

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind auch nicht nach den §§ 43 Abs. 5 SGB VI n.F. in Verbindung mit § 53 SGB VI erfüllt, weil es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten wäre, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit, Wehr- oder Zivildienstbeschädigung, Gewahrsam im Sinne des § 1 des Häftlingshilfegesetzes, Eintritt der Erwerbsunfähigkeit vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung).

Auch nach der Übergangsvorschrift des §§ 241 Abs. 2 SGB VI n.F. erfüllt die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht.

Nach Satz 1 dieser Vorschrift sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder der Berufsunfähigkeit im Sinn von § 240 SGB VI n.F. für Versicherte nicht erforderlich, die - wie die Klägerin - vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit mit 1. Beitragszeiten, 2. beitragsfreien Zeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine Zeit nach Nummer 4, 5 oder 6 liegt, 4. Berücksichtigungszeiten, soweit während dieser Zeiten eine selbständige Tätigkeit nicht ausgeübt worden ist, die mehr als geringfügig war, 5. Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder 6. Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1992 (Anwartschaftserhaltungszeiten) belegt ist oder wenn die Berufsunfähigkeit vor dem 01.01.1984 eingetreten ist. Satz 2 der Vorschrift bestimmt, dass für Kalendermonate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, eine Belegung mit Anwartschaftserhaltungszeiten nicht erforderlich ist.

Das Tatbestandsmerkmal der lückenlosen Belegung der Zeit ab 01.01.1984 mit den genannten Zeiten erfüllt die Klägerin nicht. So hat sie im Januar 1984 aufgrund ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit, die eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung ausschließt (vgl. § 241 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI n.F.) bereits eine erste Lücke.

Für den Zeitraum vom 03.04.1991 bis 12.06.1991 ergibt sich eine weitere Lücke, weil die darin liegende Überbrückungszeit ohne Anrechnung wegen einer vom Arbeitsamt verhängten Sperrzeit keine Anwartschaftserhaltungszeit darstellt (vgl. dazu auch KassKomm-Niesel § 58 SGB VI Rdnr. 103 ff.).

Die nächste Lücke, in der die Klägerin Hausfrau gewesen ist, umfaßt den Zeitraum 18.07.1996 bis 24.09.1997. Auch die Zeit ab 05.05.1998 ist ohne Hinweise auf das Vorliegen von Anwartschaftserhaltungszeiten.

Die ab 01.01.1984 bis zum Zeitpunkt des Rentenantrags vom 10.03.1999 vorliegenden Lücken können nicht durch eine nachträgliche Belegung mit Beiträgen - es kommen nur freiwillige in Betracht - gefüllt werden.

Nach der seit 01.01.1992 in Kraft befindlichen Vorschrift des § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge nur wirksam, wenn sie bis zum 31.03. des Jahres, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (zur Anwendbarkeit des § 197 Abs. 2 SGB VI auf freiwillige Beiträge für das Jahr 1991, jedoch nicht für die Jahre davor, vgl. BSG-Urteil vom 15.12.1994 - 12 RK 55/93 = SozR 3-2600 § 197 Nr. 1 - S. 3/4). Die in § 197 Abs. 2 SGB VI genannte Frist wird gemäß § 198 Satz 1 SGB VI durch ein Verfahren über einen Rentenanspruch unterbrochen.

Hieraus ergibt sich, dass jedenfalls die Beiträge für Januar 1984 und für April und Mai 1991 - auch unter Berücksichtigung des Rentenantrags vom 26.02.1997 - nicht mehr nachgezahlt werden können. Dies gilt auch hinsichtlich der Beiträge für den Zeitraum August 1996 bis August 1997. Zwar hat letzterer Rentenantrag und das darauf beruhende Verfahren die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI unterbrochen bis zur Zustellung des Widerspuchsbescheids vom 14.11.1997. Die Beiträge für 1996 und 1997 hätten aber dann innerhalb von drei Monaten - also spätestens im Februar 1998 - gezahlt werden müssen. Mit der in § 198 SGB VI genannten Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI sind nämlich die auf den Ablauf des Bestimmungsjahres folgenden drei Kalendermonate gemeint; dies hat zur Folge, dass die nach Ende eines Unterbrechungstatbestands laufende neue Frist insgesamt (nur) drei Monate beträgt (der Senat schließt sich in diesem Punkt den überzeugenden Argumenten im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.02.1996 - L 13 An 2021/95 an; diese Ansicht entspricht auch der ganz überwiegenden Meinung in der Literatur). Aber selbst wenn man von einer 15-monatigen Frist ausginge, die Nachzahlung also bis Februar 1999 als zulässig ansehen würde, änderte dies am Ergebnis nichts, weil der nächste Rentenantrag erst am hinsichtlich der freiwilligen Beiträge für 1996 und 1997 auf jeden Fall bereits abgelaufen gewesen ist.

Auch § 197 Abs. 3 SGB VI greift nicht zugunsten der Klägerin ein (vgl. zum folgenden Abschnitt BSG-Urteil vom 11.05.2000 - B 13 RJ 85/98 R = SozR 3-5750 Art. 2 § 6 ArVNG Nr. 18 - Seite 67 -). Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in § 197 Abs. 1 und 2 SGB VI genannten Frist zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Selbst wenn man eine etwaige Rechtsunkenntnis als unverschuldetes Hindernis der Beitragszahlung anerkennen würde (was aber das Funktionieren eines Staatswesens unmöglich machen würde und daher abzulehnen ist), so könnte sich die Klägerin dennoch nicht mehr auf mangelndes Verschulden berufen. Sie hat nämlich jedenfalls hinsichtlich der Beiträge für 1984 und 1991 die in § 27 Abs. 3 SGB X geregelte Jahresfrist, die auch im Rahmen des § 197 Abs. 3 SGB VI entsprechend gilt, versäumt; die Nachzahlung wäre - § 27 Abs. 3 letzter Halbsatz SGB X - demnach allenfalls dann noch zuzulassen, wenn diese - worauf es im vorliegenden Fall keinen Hinweis gibt - zuvor infolge höherer Gewalt unmöglich gewesen wäre. Hinsichtlich der Beiträge für 1996 und 1997 könnte sich die Klägerin ohnehin nicht - vgl. unten - auf Rechtsunkenntnis berufen.

Auch ein Fehlverhalten der Beklagten in Gestalt eines Verstoßes gegen ihre Beratungspflicht nach § 14 SGB I, das in anderem Zusammenhang Grundlage für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wäre und vorliegend zu einer besonderen Härte im Sinn des § 197 Abs. 3 SGB VI führen könnte (vgl. KassKomm-Peters § 197 SGB VI Rdnr. 19), liegt nicht vor. 1984 lag mangels irgendeines Kontaktes zwischen Klägerin und Beklagter keine Anlass zur Beratung vor. Durch das dem Bescheid vom 14.07.1997 und dem Widerspruchsbescheid vom 14.11.1997 beigefügte "Merkblatt 6" ist die Klägerin darüber hinreichend informiert worden, dass sie für unbelegte Zeiten zur Aufrechterhaltung der Rentenanwartschaft freiwillige Beiträge zahlen muss. Bei diesbezüglichen Unklarheiten oder Schwierigkeiten aller Art hätte sie sich an die Beklagte wenden können und müssen. Das Merkblatt 6 hat auch ausreichende Informationen geboten, denn die Anforderungen an ein Merkblatt dürfen nicht überspannt werden, da sich die vollständige Darstellung aller möglichen Fallgestaltung nicht durchführen lässt und ein zu großer Umfang des Merkblatts eher zur Desinformation der versicherten führen würde; ein Merkblatt ist dann ausreichend, wenn es - wie vorliegend - geeignet ist zu bewirken, dass der Versicherte seinen Beratungsbedarf erkennen kann und muss.

Sollte das Arbeitsamt anläßlich der Verhängung der Sperrzeit im Jahr 1991 die Klägerin nicht auf die anwartschaftsrechtliche Problematik hingewiesen haben, also ein der Beklagten zuzurechnender Beratungsfehler des Arbeitsamts vorliegen, so kann dies nicht mehr als kausal für das Unterlassen der Zahlung freiwilliger Beiträge für 1991 angesehen werden. Die Klägerin hat sich nämlich, obwohl sie sich der Lücken in ihrem Versicherungsleben bewußt gewesen sein muss (insbesondere auch der ganz aktuellen Lücken in den Jahren 1996 und 1997), nicht an die Beklagte gewandt, als sie das Merkblatt 6 erhalten hat.

Die Lücken sind auch nicht (vgl. oben Nr. 2 und 3) mit beitragsfreien Zeiten, also mit Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzeiten belegt, vgl. § 54 Abs. 4 SGB VI. Eine Zurechnungszeit im Sinn des § 59 SGB VI scheidet schon deshalb aus, da sie erst mit dem Eintritt der Erwerbsminderung beginnen kann, vgl. § 59 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI, somit vorliegend erst im November 2002. Ersatzzeiten gemäß den §§ 250, 251 SGB VI kommen nicht in Betracht, da diese nur Tatbestände betreffen, die im Zusammenhang mit dem 2.Weltkrieg und dessen Folgen sowie im Zusammenhang mit der deutschen Teilung stehen. Von den in den §§ 58, 252 SGB VI genannten Anrechnungszeiten wäre nur an eine Anrechnungszeit wegen Krankheit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) oder wegen Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI) zu denken, die aber beide mangels eines entsprechenden Nachweises ausscheiden.

Die sonstigen in § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI genannten Tatbestände, nämlich Berücksichtigungszeiten, Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts im Beitrittsgebiet, liegen nicht vor oder sind ganz offensichtlich nicht gegeben.

Da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung schon seit Mai 1999 und erst recht beim Eintritt der Erwerbsminderung im November 2002 nicht mehr vorgelegen haben und auch nicht mehr herstellbar sind, die Klägerin somit keinen Rentenanspruch hat, war die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Regensburg vom 25.01.2002 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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