L 5 RJ 708/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 RJ 862/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RJ 708/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. März 2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 12.06.1996) und Alters (Bescheid vom 05.01.1998) gewährten Rente sowie über die Rechtmäßigkeit der Einbehaltung der Rentennachzahlung und Verrechnung an das Landesarbeitsamt Berlin in Höhe von DM 4.645,16 (Bescheid vom 18.10.1996).

Die Beklagte gewährte dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01.01.1995 in Höhe von monatlich DM 657,33. Die Nachzahlung für den Zeitraum vom 01.01.1995 bis 31.07.1996 in Höhe von insgesamt DM 12.411,03 wurde vorläufig einbehalten. Mit Schreiben des Landesarbeitsamtes Berlin- Brandenburg vom 26.06.1996 wurde die Beklagte ermächtigt, eine Forderung der Bundesanstalt für Arbeit - der Kläger bezog vom 12.03.1989 bis 30.11.1994 zu Unrecht Arbeitslosenhilfe in Höhe von DM 4.645,16 - gegen Leistungen der Beklagten zu verrechnen. Nach Anhörung vom 13.08. 1996 zweigte die Beklagte 4.645,16 DM von der Rentennachzahlung ab und wies den Restbetrag in Höhe von DM 7.765,87 auf das Konto des Klägers an.

Gegen den Bescheid vom 12.06.1996 erhob der Kläger Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.01.1997 als unbegründet zurückwies.

Mit an das Sozialgericht Landshut (SG) verwiesener Klage bestreitet der Kläger angesichts 365 "belegungsfähiger Kalendermonate" zunächst die Rentenhöhe. Erst mit Schreiben vom 11.10. 1999 moniert er, dass ohne jede Begründung "von der Nachzahlung noch DM 4.645,16 abgezogen" worden sei.

Durch Urteil vom 30. März 2000 hat das SG die Klagen abgewiesen. Die auf Zahlung einer höheren monatlichen Rente gerichtete Klage sei unbegründet. Renten würden nach den Vorschriften der §§ 63 ff. SGB VI entsprechend der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 SGB VI) berechnet. Es seien aber weder zusätzliche rentenrechtliche Zeiten vorgebracht, noch etwa höhere beitragspflichtige Arbeitsentgelte des Klägers angeführt worden. Die Klage gegen die Verrechnung sei unzulässig, da zunächst Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen sei.

Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt.

Er beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 30. März 2000 sowie des Bescheides vom 12.06. 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.01. 1997 und des Bescheides vom 05.01.1998 zu verurteilen, ihm eine höhere Rente zu gewähren und den Bescheid vom 18.10. 1996 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. März 2000 zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Verrechnung ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Dazu ist diese Regelung zu weit vom eigentlichen Rechtsanspruch auf Rente entfernt, auch wenn sie im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses erfolgte. Sie hat ihren Kern in einer Leistungsbewilligung der Arbeitsverwaltung und betrifft nur das Erfüllungsverhältnis des Rentenanspruchs (vgl. Meyer- Ladewig, 6. Aufl., § 96 SGG, Anmerkungen 9 und 10). Der Bescheid vom 18.10.1996 ist aber im Wege der Klageänderung zu einem weiteren Streitgegenstand geworden. Diese Klageänderung ist zulässig, da die Beklagte sich mit Schreiben vom 20.10.1999 auf die geänderte Klage sachlich eingelassen hat (§ 99 II SGG). Darin liegt eine Einwilligung iSd § 99 Absatz 1 SGG. Diese Klage ist aber unzulässig - jedenfalls aber unbegründet (vgl. nächsten Absatz) - denn wegen des bindenden - weil nicht rechtzeitig angefochtenen - Verwaltungsaktes (vgl. 77 SG) fehlt es am Rechtschutzbedürfnis. Allerdings ist diese Klage nicht aus den vom SG angeführten Gründen eines fehlenden Widerspruchverfahrens unzulässig; dann hätte im übrigen das SG das Verfahren aussetzen und nachholen lassen müssen.

Jedenfalls ist bezüglich des Bescheides vom 18.10.1996 die Klage (und damit die Berufung) unbegründet. Denn der Aufhebung der Verrechnungsentscheidung steht deren materiellrechtliche Wirksamkeit ( § 39 II SGB X) entgegen.

Die von der Beklagten errechnete Rentenhöhe ist nicht zu beanstanden. Die Einlassung der früheren Bevollmächtigten hierzu ist völlig unqualifiziert. Sie trifft in Verkennung des Rechtsbegriffs der belegungsfähigen Monate (Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum, § 71 Abs. 1 S. 1 SGB VI) bzw. deren Verwechslung mit Versicherungszeiten (Summe aller Entgeltpunkte, § 66 Abs. 1 SGB VI) nicht zu. Als plausibles Gegenbeispiel ist die sogenannte Eck-Rente anzuführen. Diese in den Publikationen des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vorgeführte Beispielsberechnung (vgl. Die Rente, Ausgabe 1999, Seite 114) gibt an, was ein durchschnittlich verdienender Versicherter nach 45 Jahren Beitragsleistung erhält. Damit wird im Jahre 1998 eine Monatsrente von 2144 DM erzielt. Die dem Kläger gewährte Rente von 662 DM erklärt sich dadurch, dass er nur 11,5 Entgeltpunkte erzielt hat, was einem durchschnittlichen Verdienst von nur über 11,5 Jahre oder von nur der Hälfte eines solchen über 23 Jahre entspricht. Tatsächlich hatte der Kläger sehr niedrige Verdienste und nur 211 Monate (17,5 Jahre) Beitragszeiten. Sein Versicherungsverlauf weist nämlich erhebliche Lücken auf, z.B. zwischen 1950 und 1952, 1959 und 1965 sowie auch von 1966 bis 1973.

Die Berufung war daher in vollem Umfang zurückzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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