L 14 RJ 72/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 RJ 951/99 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RJ 72/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18. Oktober 2000 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit streitig.

Die im Jahre 1954 geborene Klägerin, eine kroatische Staatsangehörige, wurde angeblich ab Juni 1996 in ihrem Heimatland berentet. Die Beklagte hingegen hatte die Gewährung von Leistungen wegen Erwerbsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit abgelehnt.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Sozialgericht Landshut mit Urteil vom 18.10.2000 ab, weil die Klägerin bei den vom Sachverständigen Dr. Z. im Gutachten vom 16.10.2000 festgestellten Gesundheitsstörungen (Wirbelsäulensyndrom bei Abnützungserscheinungen und Zustand nach Bandscheibenoperation bei L5/S1 ohne neurologische Ausfallserscheinungen; Kniegelenksbeschwerden bei beginnenden Abnützungserscheinungen; psychovegetatives Syndrom) noch in der Lage sei, vollschichtig leichte körperliche Arbeiten im Wechselrhythmus (überwiegend im Sitzen) ohne schweres Heben und Tragen von Lasten zu verrichten.

Das Urteil wurde - laut Rückschein des Einschreibens - der Klägerin in Kroatien am 09.11.2000 zugestellt. Die Berufung, von der Klägerin datiert mit dem 01.02.2001, wurde laut Poststempel auf dem Umschlag am 02.02.2001 (Freitag) zur Post gegeben und ging beim Bayerischen Landessozialgericht am 12.02.2001 (Montag) ein.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr Rentenbegehren weiter und legt hierzu ärztliche Unterlagen vor. Sie ist auf die Versäumung der Berufungsfrist, eine mögliche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Kenntnis des Gerichts hingewiesen worden, dass mit mindestens sieben Tagen für den Postweg von der Bundesrepublik Deutschland nach Kroatien bzw. zurück zu rechnen sei (Schreiben vom 12.03. und 14.03. 2001). Hierauf teilt sie mit (Schriftsatz vom 21.03.2001), dass die Berufung wegen ihres schweren Gesundheitszustandes nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Krankheiten hätten sie willens- und handlungsunfähig gemacht, wie sich aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen ergebe. Z. B. sei sie am 08.01.2001 ambulant und vom 22.01. bis 25.01.2001 im Kurbad Lipik behandelt sowie am 01.02.2001 von einem Arzt in Osijek untersucht worden. Vom 07.02. bis 16.02.2001 sei sie täglich im Klinikum Osijek wegen Schmerzen behandelt worden. Insbesondere habe sie die gesamte ärztliche Dokumentation vorlegen wollen und dies hätte Zeit beansprucht. Die Klägerin legt zur Begründung ihres Vorbringens weitere ärztliche Unterlagen vor.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 18.10.2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.03.1999 aufzuheben und diese zu verpflichten, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zu verwerfen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Versichertenakte der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und formgerecht eingelegte Berufung ist verspätet eingegangen und daher unzulässig.

Die Frist zur Einlegung der Berufung betrug für die Klägerin, da die Zustellung des angefochtenen Urteils im Ausland erfolgte, drei Monate (§ 151 iVm § 153 Abs.1, § 87 Abs.1 Satz 2 SGG). Hierauf wurde sie in dem angefochtenen Urteil ordnungsgemäß hingewiesen. Das Urteil wurde der Klägerin laut Rückschein am 09.11.2000 zugestellt. Damit begann die Rechtsmittelfrist am 10.11.2000 und endete mit Ablauf des 09.02.2001 (§ 64 Abs.1 bis 3 SGG). Die Berufungsschrift der Klägerin ging jedoch erst am 12.02.2001 beim Bayer. LSG und demnach verspätet ein.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Abs.1 SGG kann der Klägerin nicht gewährt werden. Es sind keine Gründe erkennbar, dass sie ohne Verschulden verhindert gewesen wäre, die für sie maßgebliche Frist zur Einlegung der Berufung einzuhalten. Schwierigkeiten oder Verzögerungen bei der Beschaffung ärztlicher Unterlagen stellen kein Hindernis dar, die Berufung zu verfassen und zur Post zu geben. Die Berufung kann zur Fristwahrung vorweg ohne Begründung, damit erst recht ohne die die Begründung untermauernden Nachweise, eingelegt werden, und die ärztlichen Belege können jederzeit nachgereicht werden.

Ein Fall der vorübergehenden Willens- und Handlungsunfähigkeit während des Laufs der Berufungsfrist liegt ebenfalls nicht vor. Laut den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen war sie während der Berufungsfrist, wie auch vorher und nachher, in (fast ausschließlich ambulanter) Behandlung wegen eines Cervikal- und Lumbalsyndroms mit Ausstrahlung in die Extremitäten und mit Parästhesien. Es fanden sowohl ärztliche Untersuchungen als auch physikalische Behandlungen statt, im Übrigen gehäuft erst ab dem 05.02.2001, zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin ihre Berufung bereits zur Post gegeben hatte. Mehr als eine gewisse zeitliche Beanspruchung der Klägerin durch ärztliche Behandlung, die ihr aber nicht jeglichen Spielraum zur Erledigung anderer Dinge hätte nehmen können, sind nicht ersichtlich.

Es sind nicht die geringsten Hinweise dafür vorhanden, dass die Fähigkeit der Klägerin, einen Willen zu bilden, beeinträchtigt gewesen ist. Auch von Handlungsunfähigkeit im Sinne eines körperlichen Hindernisses, die Berufung zu verfassen (oder schreiben zu lassen) und auf den Postweg zu bringen (oder bringen zu lassen), sind nicht ersichtlich. Sollte die Klägerin nicht mobil gewesen sein, wäre es ihr zuzumuten gewesen, fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies gilt selbst dann, wenn sie durchgehend zu Hause bettlägerig oder stationär in einem Krankenhaus aufgenommen gewesen wäre, wofür sich nach Aktenlage keine Hinweise ergeben. Vielmehr konnte sie Ärzte zur ambulanten Untersuchung aufsuchen und wäre auch nicht gehindert gewesen, einen Brief zur Post zu bringen.

Eine wesentliche Behinderung ihrer Handlungsfähigkeit hat sie zwar verbal behauptet, aber dazu nichts erläuternd vorgetragen; hierüber ergibt sich auch nichts aus den ärztlichen Unterlagen. Ebenso fehlt es an einem Vortrag, dass es ihr - im Falle einer wesentlichen Behinderung - unmöglich gewesen wäre, fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Es ist nicht glaubhaft gemacht worden, dass die Klägerin all dasjenige getan hat, was einer gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist, und dass sie dennoch nicht die Berufungsfrist einhalten konnte. Unter Würdigung aller Umstände ist davon auszugehen, dass die Versäumnis der Verfahrensfrist nicht unvermeidbar gewesen ist. Mit einem längeren Postlauf bei Briefsendungen ins Ausland musste die Klägerin rechnen; so hat sie z.B. das von ihr angefochtene Urteil, im Rückschein des Einschreibens als Sendung vom 02.11.2000 gekennzeichnet, erst am 09.11.2000 erhalten.

Daher war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved