L 6 RJ 7/98

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 Ar 644/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 7/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 28. November 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Anschluß eine bis 30.06.1996 befristete Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Der am ...1960 geborene Kläger hat vom 13.09.1977 bis 13.09.1980 eine Lehre als Maurer zurückgelegt und mit der Gesellenprüfung abgeschlossen. Anschließend und insbesondere auch zuletzt ist er nach seinen Angaben überwiegend als Maurer berufstätig gewesen. Der letzte Arbeitgeber des Klägers hat mitgeteilt, dieser sei zunächst aufgrund seiner Angaben und gedeckt durch ein Betriebsratsmitglied als Maurer-Facharbeiter beschäftigt und entlohnt worden. Nachdem seine schlechte und zu langsame Arbeitsleistung festgestellt worden sei, habe der Kläger nur noch einen Lohn zwischen Facharbeiter und Hilfsarbeiter erhalten.

Vom 01.02.1992 bis 31.12.1992 zahlte die Beklagte dem Kläger befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 31.01.1992). Ab 01.01.1993 bis 30.06.1996 erhielt der Kläger sodann Rente wegen Berufsunfähigkeit (Bescheide vom 15.01.1994 und 12.07.1994). Medizinische Grundlage der Berentung waren vom sozialmedizinischen Dienst der Beklagten festgestellte Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet.

Den Antrag des Klägers auf Weiterzahlung dieser Rente vom 29.05.1996 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.11.1996 und Widerspruchsbescheid vom 14.02.1997 ab. Der Kläger könne als Maurer noch vollschichtig arbeiten. Der Widerspruchsbescheid wurde am 19.02.1997 mit eingeschriebenem Brief zur Post gegeben.

Am 21.03.1997 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) München mit dem sinngemäßen Begehren, die Beklagte im Anschluß an die befristete Rente wegen Berufsunfähigkeit zur Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu verpflichten.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.11.1997 ab, wobei es gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verfuhr. Der Gerichtsbescheid wurde am 05.12.1997 mit eingeschriebenem Brief zur Post gegeben.

Am 05.01.1998 ging die Berufung des Klägers gegen diesen Gerichtsbescheid beim Bayer. Landessozialgericht ein.

Der Senat zog die Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG München und die Rehabilitationsakten des Arbeitsamts München bei; er führte Ermittlungen zum beruflichen Werdegang des Klägers durch und holte Befundberichte sowie Unterlagen über ärztliche Behandlungen des Klägers ein.

Sodann erholte der Senat medizinische Sachverständigengutachten von dem Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr.L ... (Gutachten nach persönlicher Untersuchung vom 06.04.1999 einschließlich einer ergänzenden Stellungnahme vom 12.04.2000) und von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.K ... (Gutachten nach Aktenlage vom 25.02.2000 und Gutachten nach persönlicher Untersuchung vom 19.10.2000).

Die medizinischen Sachverständigen des Senats stellten beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest: I. Leichtgradiges Lendenwirbelsäulensyndrom mit sich daraus ergebender geringgradiger Funktionseinschränkung; keine Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes. II. Senk-Spreiz-Füße beidseits bei 0-Bein-Fehlstellung; Ausschluß einer Arthrose der Gelenke der unteren Extremitäten. III. Geringe intellektuelle Minderbegabung. IV. Verdacht auf akzentuierte Persönlichkeit (Persönlichkeitsstörung). Der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses mittelschwere, kurzfristig auch schwere Arbeiten vollschichtig verrichten; es bestünden keine Beschränkungen des Anmarschwegs zur Arbeitsstätte.

Der Senat hat den Beteiligten die von der Bundesanstalt für Arbeit in dem "Grundwerk ausbildungs- und berufskundlicher Informationen" (gabi) aufgelisteten gesundheitlichen Eignungsvoraussetzungen für den Beruf eines Maurers zur Kenntnis gegeben.

Der in der mündlichen Verhandlung nicht anwesende und auch nicht vertretene Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des SG München vom 28.11.1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.11.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 30.06.1996 hinaus Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG München vom 28.11.1997 zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Akte des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Gerichtsbescheid des SG München vom 28.11.1997 ist nicht zu beanstanden, da der verminderter Erwerbsfähigkeit hat.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 Abs. 1 SGB VI, weil er seit Ablauf der befristet geleisteten Rente bis jetzt nicht im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift berufsunfähig ist. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI sind nämlich nur solche Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen auf weniger als die Hälfte derjenigen von gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist (Satz 1). Die hier genannten Tatbestandsmerkmale der Berufsunfähigkeit liegen beim Kläger nicht vor.

Das hiernach zunächst festzustellende berufliche Leistungsvermögen des Klägers ist kaum vermindert. Er kann nämlich ohne qualitative Einschränkungen mittelschwere, kurzfristig auch schwere Arbeiten vollschichtig verrichte. Beschränkungen des Anmarschweges zur Arbeitsstätte liegen nicht vor.

Diese Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers ergibt sich vor allem aus den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr.L ... und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.K ... Der Senat schließt sich den Aussagen dieser schlüssigen und überzeugenden Gutachten an.

Aus ihnen ergibt sich, daß der Kläger auch seinen erlernten Beruf als Maurer noch vollschichtig ausüben kann. Er ist den Belastungen, die dieser Beruf nach den Feststellungen der Bundesanstalt für Arbeit mit sich bringt - überwiegend mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten - zweifellos noch gewachsen. Der Kläger ist athletisch angelegt, seitengleich gut bemuskelt und somit aus körperlicher Sicht in jeder Hinsicht leistungsfähig; Anzeichen für eine höhergradige körperliche Schonung, wie sie vom Kläger behauptet wird, lassen sich nicht erkennen.

Da der Kläger seinen erlernten Beruf weiterhin ausüben kann, ist er nicht berufsunfähig und hat damit auch keinen entsprechenden Rentenanspruch.

Erst recht hat er keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs. 1 SGB VI, weil er die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit im Sinne des zweiten Absatzes dieser Vorschrift nicht erfüllt.

Durch das Gesetz zur Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl. I S. 1827) ist keine Änderung eingetreten, die für den Kläger günstig wäre, so daß er auch ab 1.1.2001 keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG München vom 28.11.1997 war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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